Urteil des OLG Brandenburg vom 28.11.2006

OLG Brandenburg: bedürftigkeit, link, quelle, sammlung, eherecht, thüringen, verwandtschaft, unterhaltspflicht, gläubigerwechsel, behandlung

1
2
3
4
5
Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 2.
Senat für
Familiensachen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
10 WF 279/06
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 23b Abs 1 Nr 5 GVG, § 621 Abs
1 Nr 4 ZPO, § 1607 Abs 3 BGB, §
1610 Abs 2 BGB
Sachlich zuständiges Gericht für die Regressklage des
Scheinvaters gegen den biologischen Vater
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers vom 5. Dezember 2006 wird der
Beschluss des Amtsgerichts Eberswalde vom 28. November 2006 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das
Amtsgericht zurückverwiesen.
Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Die gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde führt zu der aus der
Beschlussformel ersichtlichen Entscheidung. Dem Kläger kann Prozesskostenhilfe aus
den vom Amtsgericht angeführten Gründen nicht versagt werden. Denn dieses ist
ungeachtet des Wertes zuständig, weil es sich um eine Familiensache handelt.
Gemäß §§ 23 b Abs. 1 Nr. 5 GVG, 621 Abs. 1 Nr. 4 ZPO handelt es sich um eine
Familiensache, wenn die durch Verwandtschaft begründete gesetzliche Unterhaltspflicht,
also etwa diejenige zwischen Vater und Kind, betroffen ist. Zwar sind Parteien des
vorliegenden Rechtsstreits nicht Vater und Tochter. Vielmehr verlangt der Kläger als sog.
Scheinvater vom Beklagten, dem biologischen Vater des am 6.2.1998 geborenen Kindes
E., Erstattung geleisteten Unterhalts. Dabei handelt es sich aber weiterhin um den
Unterhaltsanspruch des Kindes (vgl. dazu Schwonberg, FuR 2006, 443 ff., 445), er ist
lediglich gemäß § 1607 Abs. 3 BGB auf den Scheinvater übergegangen (vgl.
Palandt/Diederichsen, BGB, 66. Aufl., § 1607, Rz. 15). Durch den Gläubigerwechsel
ändert sich der Charakter des Unterhaltsanspruchs nicht (vgl. Göppinger/Wax/van Els,
Unterhaltsrecht, 8. Aufl., Rz. 2005, Buchst. i; s. a. Zöller/Philippi, ZPO, 26. Aufl., § 621,
Rz. 39 b), sodass eine Familiensache vorliegt.
Diese Beurteilung (so auch OLG Koblenz, FamRZ 1999, 658; LG Flensburg, Beschluss
vom 11.8.2005 - 1 O 4/05 - veröffentlicht in der Juris-Datei; MünchKomm/Bernreuther,
ZPO, 2. Aufl., § 621, Rz. 59; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 27. Aufl., § 621, Rz. 11; a. A.
OLG Thüringen, FamRZ 2003, 1125 f; Zöller/Philippi, a.a.O., § 621, Rz. 44 a - entgegen
der Vorauflage) steht nicht in Widerspruch zu der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs. Soweit dieser in einem vergleichbaren Fall das Vorliegen einer
Familiesache verneint hat (BGH, FamRZ 1979, 218 f), beruht dies auf der damals
geltenden Gesetzeslage, nach der nur Unterhaltsansprüche ehelicher Kinder
Familiensachen waren, nicht jedoch Unterhaltsansprüche nichtehelicher Kinder, zu
denen das in einer Ehe geborene Kind nach erfolgreicher Vaterschaftsanfechtung zählt.
Bei dem vom Kläger ferner geltend gemachten Anspruch auf Erstattung der durch den
Ehelichkeitsanfechtungsprozess entstandenen Kosten handelt es sich ebenfalls um eine
Familiensache. Denn diese Kosten sind in entsprechender Anwendung von § 1610 Abs. 2
BGB und damit nach unterhaltsrechtlichen Grundsätzen durch den biologischen Vater
auszugleichen (vgl. BGHZ 57, 229 ff.; BGH, FamRZ 1988, 387 ff.; s. a. OLG Koblenz,
FamRZ 1999, 658; Johannsen/Henrich/Graba, Eherecht, 4. Aufl., § 1607, Rz. 5 b;
Schwonberg, FuR 2006, 501 ff., 502).
Die Sache wird gemäß § 572 Abs. 3 ZPO an das Amtsgericht zurückverwiesen. Das
Amtsgericht, das bisher aus seiner Sicht zutreffend weder die Erfolgsaussicht der Klage
im Übrigen noch die Bedürftigkeit des Klägers geprüft hat, wird dies nun nachholen und
über den Prozesskostenhilfeantrag des Klägers entscheiden.
6
Die Nebenentscheidung beruht auf § 127 Abs. 4 ZPO.
Datenschutzerklärung Kontakt Impressum