Urteil des OLG Brandenburg vom 22.02.2007

OLG Brandenburg: geschäftsführung ohne auftrag, schlüssiges verhalten, vertragsschluss, abnahme, grundbuch, vergütung, duldungsvollmacht, familie, begriff, vertragsübernahme

1
2
3
4
Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht
11. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
11 U 72/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 164 BGB, § 631 BGB, § 670
BGB, § 683 BGB, § 812 Abs 1 S
1 BGB
Werkvertrag: Vergütungspflicht eines Ehegatten als
Grundeigentümer für im Rahmen eines Werkvertrages zwischen
dem anderen Ehegatten und einem Werkunternehmer erbrachte
Werkleistungen; Bereicherungsanspruch; Werkvertrag als
Geschäft des täglichen Lebens - hier abgelehnt
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 22. Februar 2007 verkündete Urteil des
Landgerichts Neuruppin - Az.: 2 O 254/06 - abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gebührenstreitwert für die Berufungsinstanz, zugleich Wert der Beschwer des Klägers:
5.731,20 €
Gründe
I.
Der Kläger begehrt von der Beklagten restlichen Werklohn für die Durchführung von
Elektroarbeiten an einem Doppelhaus. Wegen des Sach- und Streitstandes erster
Instanz, der sich im Berufungsrechtszug nicht geändert hat, wird zur Vermeidung von
Wiederholungen auf den Tatbestand der landgerichtlichen Entscheidung Bezug
genommen. Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt und zur
Begründung ausgeführt:
Es bestehe ein Vertragsverhältnis zwischen den Parteien. Der Ehemann der Beklagten
habe jedenfalls eine Duldungsvollmacht gehabt, für diese zu handeln, sodass es nicht
auf die Frage ankomme, ob das Verhalten der Beklagten als Genehmigung des
Handelns aufgefasst werden könne. Schließlich liege in der Leistung einer
Abschlagszahlung das deklaratorische Anerkenntnis des Zahlenden, passiv legitimiert zu
sein.
Im Übrigen ergäbe sich der Anspruch aus §§ 677, 683 BGB. Der Kläger habe die Arbeiten
an dem im Miteigentum der Beklagten stehenden Haus erbracht und damit ein Geschäft
der Beklagten geführt. Da die Elektroinstallation mit Willen der Beklagten erbracht
worden sei, müsse diese die übliche Vergütung bezahlen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Urteils, welches der Beklagten am 28. Februar
2007 zugestellt worden ist, wird auf bei den Akten befindliche Leseabschrift (Bl. 69)
Bezug genommen. Gegen dieses Urteil richtet sich die am 28. März 2007 eingelegt
Berufung, die die Beklagte am 27. April 2007 wie folgt begründet hat: Für das Bestehen
einer Duldungsvollmacht komme es auf das Verhalten des Vertretenen vor oder bei
dem Vertragsschluss an; das Verhalten nach Vertragsschluss sei vom Landgericht zu
Unrecht herangezogen worden. Auch sei der Vertrag nicht dadurch im Verhältnis der
Streitparteien wirksam geworden, dass die Beklagte diesen genehmigt hätte. Ein
genehmigungsbedürftiges Rechtsgeschäft habe indes nicht vorgelegen, weil ein
wirksamer Vertrag mit dem Ehemann der Beklagten zu Stande gekommen sei. Eine
Zahlung beinhalte ohne weitere Anhaltspunkte gerade nicht ein deklaratorisches
Anerkenntnis. Schließlich könne der Anspruch nicht aus dem Gesichtspunkt der
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
Anerkenntnis. Schließlich könne der Anspruch nicht aus dem Gesichtspunkt der
Geschäftsführung ohne Auftrag hergeleitet werden, weil ein gültiger Vertrag (mit dem
Ehemann der Beklagten) vorgelegen habe.
Die Beklagte beantragt,
abändernd die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe der Berufungserwiderung vom 22.
Mai 2007 und weist ergänzend darauf hin, dass sich die Mitverpflichtung der Beklagten
jedenfalls aus § 1357 BGB ergebe.
II.
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt
und begründet worden (§§ 517, 519, 520 ZPO). Der Prozessbevollmächtigte der
Beklagten hat seine Postulationsfähigkeit durch Vorlage einer Kopie der
Zulassungsurkunde der Rechtsanwaltskammer T… belegt.
In der Sache hat das Rechtsmittel Erfolg. Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten der
Anspruch auf Zahlung des restlichen Werklohns unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt
zu.
1. Ein vertraglicher Anspruch des Klägers gegenüber der Beklagten scheidet aus. Der
Ehemann des Beklagten hat diese nicht wirksam gem. § 164 BGB vertreten, weil es
schon an einem Handeln im fremden Namen fehlt. Der schriftliche Vertrag ist unstreitig
ausschließlich mit dem Ehemann der Beklagten geschlossen worden. Die äußeren
Umstände des Vertragsschlusses deuten aus der maßgeblichen Sicht des Klägers auch
nicht darauf hin, dass der Ehemann der Beklagten für diese hätte handeln wollen. Der
Kläger hat im Schriftsatz vom 27. Oktober 2006 (Bl. 38) selbst vorgetragen, dass die
Verhandlungen ausschließlich mit dem Ehemann geführt worden sind. Selbst wenn die
Beklagte beim Vertragsschluss anwesend war, wie der Kläger mit Schriftsatz vom 02.
Februar 2007 vorgebracht hat, ergibt sich aus der Tatsache, dass nur der Ehemann
unterschrieben hat, gerade, dass auch nur dieser verpflichtet werden sollte. Andernfalls
hätte für den Kläger nichts näher gelegen, als die Unterschriftsleistung auch der
Beklagten zu fordern. Der dem Kläger zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht
bekannte Umstand, dass der Ehemann der Beklagten nicht als Eigentümer des
Baugrundstücks im Grundbuch verzeichnet war, ist in diesem Zusammenhang
irrelevant. Es gibt keinen allgemeinen Grundsatz, dass der Bauauftraggeber stets oder
auch nur typischerweise für denjenigen kontrahieren will, der im Grundbuch steht. Die
fehlende Identität von Grundstückseigentümer und Besteller kann vertragsrechtlich -
anders als etwa im Rahmen des § 648 BGB (vgl. Palandt/Sprau § 648 RN 3) - nicht
überwunden werden.
Da es schon an einem Handeln des Ehemanns im Namen der Beklagten fehlt, kommt
es auf die Frage nicht an, ob sich aus den weiteren Umständen ergeben würde, dass er -
wie das Landgericht angenommen hat - zur Vertretung der Beklagten berechtigt
gewesen wäre.
Vorbezeichnete Auffassung entspricht im Übrigen auch derjenigen des Klägers bis
Anfang des Jahres 2006. Der Kläger hat die Rechnungen bis dahin ausschließlich an den
Ehemann der Beklagten adressiert. Die Herstellerbescheinigung vom 25. August 2003
weist ausschließlich den Ehemann der Beklagten als Bauherrn aus. Schließlich ist der
Kläger zunächst auch nur gegen den Ehemann der Beklagten gerichtlich vorgegangen,
indem er seine Forderung gegen diesen zur Insolvenztabelle angemeldet hat.
2. Die Beklagte ist auch nicht nachträglich als zusätzliche Vertragspartnerin des Klägers
in den Vertrag eingetreten. Sie hat - auch nicht durch schlüssiges Verhalten -
dahingehende rechtsgeschäftliche Erklärungen nicht abgegeben.
Dass die Beklagte während der Bauausführung öfters anwesend war und auf die
Einzelheiten der Gestaltung Einfluss genommen hat, macht diese noch nicht zur
Vertragspartnerin, zumal die schriftlichen Zusatzaufträge auch nur vom Ehemann der
Beklagten unterzeichnet sind. Die Tatsache, dass die Beklagte auf die Teil- und auf die
Schlussrechnung Teilbeträge gezahlt hat, ist insoweit ebenfalls unbeachtlich. Nach § 267
BGB kann die Leistung auch durch Dritte erfolgen, sofern nicht Schuldner und Gläubiger
17
18
19
20
21
22
23
BGB kann die Leistung auch durch Dritte erfolgen, sofern nicht Schuldner und Gläubiger
dies übereinstimmend ablehnen. Der Dritte wird, wenn er eine Teilleistung erbringt, nicht
ohne weiteres Schuldner der noch ausstehenden Restleistung. Schließlich ist im Rahmen
der Abnahme (Protokoll vom 26. August 2003; Bl. 36 d.A.) keine kumulative
Vertragsübernahme erfolgt. Wenn im Eingang dieses Protokolls unter der Rubrik
„Bauherr“ „Fam. G…“ aufgeführt ist, ist diese Bezeichnung als ungenaue Ortsangabe zu
verstehen. Dass irgend einer der an der Abnahme Beteiligten - die Beklagte hat nicht
unterzeichnet - mit dieser Formulierung rechtsgeschäftliche Folgen im Hinblick auf die
Vertragspartnerschaft beabsichtigt hat, ist weder zu ersehen noch im Einzelnen vom
Kläger vorgetragen worden.
3. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass die Zahlung der Teilbeträge durch die
Beklagte als deklaratorisches Anerkenntnis der Schuldnerstellung (Passivlegitimation)
gewertet werden müsste. In der Rechtsprechung ist zwar teilweise anerkannt, dass sich
der Adressat einer Rechnung, nachdem er Teilzahlungen geleistet hat, nicht mehr darauf
berufen kann, er sei nicht Vertragspartner (vgl. OLG Köln MDR 207, 27). So liegt der Fall
hier indes nicht; denn die Rechnungen sind vor den Teilzahlungen, wie ausgeführt, eben
nicht an die Beklagte adressiert worden.
4. Aus § 1357 Abs. 1 S. 2 BGB lässt sich eine Mitverpflichtung der Beklagten neben
ihrem Ehemann nicht herleiten. Die Leistungen, die der Kläger erbracht hat, dienen nicht
zur Deckung des angemessenen Lebensbedarfs der Familie. Von diesem gesetzlichen
Begriff nicht umfasst sind Geschäfts größeren Umfangs, die ohne Schwierigkeiten
zurückgestellt werden könnten und die typischerweise zwischen den Ehegatten
abgesprochen zu werden pflegen (vgl. Staudinger, Bearb. 2000, § 1357 RN 38 mit
weiteren Nachweisen). Ein Vertrag über die Neuanlage einer Elektroinstallation als Teil
einer Neubauerstellung gehört jedenfalls - anders als etwa ein notwendiger
Reparaturauftrag - nicht dazu (vgl. Palandt/Brudermüller § 1357 RN 14).
5. Anders als das Landgericht in seiner Hilfsbegründung aufgeführt hat, kommt neben
dem vertraglichen Entgeltanspruch des Klägers gegen den Ehemann der Beklagten ein
Anspruch aus dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 683, 670 BGB)
nicht in Betracht. Der Bundesgerichtshof (NZBau 2004, 34) hat hierzu ausgeführt:
„Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann eine
Geschäftsbesorgung für einen anderen auch dann vorliegen, wenn der Geschäftsführer
zur Besorgung des Geschäfts einem Dritten gegenüber verpflichtet ist ( BGHZ 143, 9,
14; vgl. BGHZ 40, 28, 31; 140, 102, 109 m.w.N.). Jedoch kommt in solchen Fällen eine
Inanspruchnahme des Geschäftsherrn dann nicht in Betracht, wenn die Verpflichtung auf
einem mit einem Dritten wirksam geschlossenen Vertrag beruht, der Rechte und
Pflichten des Geschäftsführers und insbesondere die Entgeltfrage umfassend regelt
(Seiler in MünchKomm BGB aaO Rdn. 15; vgl. Beuthien in Soergel BGB 12. Aufl. § 677
BGB Rdn. 11; Ehmann in Erman BGB 10. Aufl., Rdn. 5 vor § 677 BGB ). Eine solche
umfassende Regelung der Entgeltfrage innerhalb der wirksamen Vertragsbeziehung ist
hinsichtlich des Ausgleichs für die jeweils erbrachten Leistungen auch im Verhältnis zu
Dritten grundsätzlich abschließend. Den Rückgriff auf Aufwendungsersatzansprüche
verwehrt der aus der Parteiautonomie folgende Vorrang der vertraglichen Rechte
gegenüber dem Ausgleich der aus der erbrachten Leistung resultierenden Vorteile
Dritter, die außerhalb des Vertrags stehen. Mit der vereinbarten Vergütung erhält der
Vertragspartner die Bezahlung, die er nach der Privatrechtsordnung erwarten kann.
Wollen die Parteien eine Mithaftung des Dritten für das Vertragsentgelt herbeiführen,
haben sie die Möglichkeit, dies durch Vereinbarung mit ihm zu erreichen, insbesondere
ihn in ihre Absprache einzubeziehen. Die spätere Insolvenz des Vertragspartners ändert
hieran nichts; sie bietet nach der dem Gesetz zugrunde liegenden Systematik keine
Grundlage für die Begründung von Aufwendungsersatzansprüchen gegenüber Dritten.
Zweck des Instituts der Geschäftsführung ohne Auftrag ist es nicht, das Insolvenzrisiko
der Parteien aufzufangen und auf Dritte zu verlagern.“
Dem folgt der Senat uneingeschränkt.
6. Gleiches gilt im Ergebnis für einen Anspruch aus Bereicherungsrecht. Der hier allein in
Betracht zu ziehende Anspruch aus Nichtleistungskondiktion (§ 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt.
BGB) ist schon deshalb ausgeschlossen, weil der Kläger die Installationsarbeiten auf
Grund eines Leistungsverhältnisses zum Ehemann der Beklagten erbracht hat
(Grundsatz des Vorrangs des Leistungsverhältnisses).
7. Schließlich hat der Kläger die Voraussetzungen eines deliktischen Anspruchs (§ 823
Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 263 StGB) nicht hinreichend vortragen können.
Insbesondere ist nicht erkennbar, dass der Ehemann der Beklagten im
Zusammenwirken mit dieser planmäßig den Vertrag mit dem Kläger geschlossen hat,
24
Zusammenwirken mit dieser planmäßig den Vertrag mit dem Kläger geschlossen hat,
obwohl bekannt war, dass der Vertrag vom Ehemann der Beklagten ganz oder teilweise
nicht würde erfüllt werden können. So sind nähere Angaben zu der Frage, wie sich die
Vermögensverhältnisse des Ehemanns zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses
darstellten und welche Kenntnis die Beklagte hiervon hatte, aus dem klägerischen
Vorbringen nicht zu entnehmen.
III.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Das Urteil ist gemäß § 708
Nr. 10 ZPO für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Die Anordnung einer
Abwendungsbefugnis hat nach § 713 ZPO zu unterbleiben. Die Revision ist nicht
zuzulassen, da der Rechtsstreit grundsätzliche Fragen nicht berührt und eine
Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts nicht erforderlich ist. Der
Streitwert für das Berufungsverfahrens entspricht demjenigen erster Instanz.
Datenschutzerklärung Kontakt Impressum