Urteil des OLG Brandenburg vom 04.02.2010

OLG Brandenburg: urkunde, gegen die guten sitten, zwangsvollstreckung, schwiegersohn, darlehensvertrag, negative feststellungsklage, wirtschaftliches interesse, grundstück, persönliches interesse

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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 4.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
4 U 32/10
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts
Cottbus vom 04. Februar 2010 in der den Parteien am 30. April bzw. 04. Mai 2010
zugestellten Fassung wird zurückgewiesen.
Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus
vom 04. Februar 2010 in der den Parteien am 12. bzw. 15. Februar 2010 zugestellten
Fassung aufgehoben.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
Gerichtskosten für die Berufungsinstanz, die durch das aufgehobene Urteil verursacht
worden sind, werden nicht erhoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung gegen
Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren
Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von
110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Gründe
I.
Die Kläger erwarben im Jahr 1991 das Eigentum an den Flurstücken 299/1 und 299/2 der
Flur 1 in F…. Am 29. Mai 1992 nahmen die Kläger bei der Beklagten zwei Darlehen über
9.000,00 DM und 30.000,00 DM auf. Diese wurden durch Einräumung einer Grundschuld
auf den vorgenannten Grundstücken sowie die persönliche Haftungsübernahme der
Kläger und sofortige Zwangsvollstreckungsunterwerfung in ihr gesamtes Vermögen
abgesichert.
Das Flurstück 299/1 verkauften die Kläger im Jahr 1994 für 4.000,00 DM an ihre Tochter
und deren Ehemann. Diese errichteten auf dem Grundstück ein Einfamilienhaus, welches
sie mit einem durch die Beklagte gewährten Darlehen finanzierten. Der diesbezügliche
Darlehensvertrag vom 27. Juli 1994 über 170.000,00 DM weist den Schwiegersohn der
Kläger als Darlehensnehmer aus. Die Kläger und ihre Tochter sind als Gesamtschuldner
benannt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage K 4 (Bl. 32 ff. d.A.) Bezug
genommen.
Am 10. August 1994 bewilligten die Kläger ausweislich der
Grundschuldbestellungsurkunde zu Gunsten der Beklagten eine Grundschuld in Höhe
von 200.000,00 DM auf dem Flurstück 299/1. In der Grundschuldbestellungsurkunde sind
die Kläger als Eigentümer und Sicherungsgeber und die Tochter und der Schwiegersohn
als Darlehensnehmer bezeichnet. In Ziffer 2. der Urkunde unterwarfen sich die Kläger
wegen des Grundschuldkapitals und der Zinsen hierauf der sofortigen
Zwangsvollstreckung in das belastete Grundeigentum. Ferner verpflichteten sich die
Kläger, ihre Tochter und ihr Schwiegersohn gemäß Ziffer 4. der Urkunde gegenüber der
Beklagten zur sofortigen Zahlung eines der Grundschuld mit Zinsen entsprechenden
sofort fälligen Betrages und unterwarfen sich insoweit der sofortigen
Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird
auf die Anlage K 3 (Bl. 25 ff. d.A.) Bezug genommen.
In einem weiteren Darlehensvertrag mit der Beklagten vom 02. Dezember 2002 über
60.000,00 € wurden wiederum der Schwiegersohn der Kläger als Darlehensnehmer und
die Kläger und ihre Tochter als Gesamtschuldner bezeichnet. In den dortigen
Unterschriftenzeilen sind der Schwiegersohn und die Tochter der Kläger als
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Unterschriftenzeilen sind der Schwiegersohn und die Tochter der Kläger als
Darlehensnehmer und die Kläger als „weitere Darlehensnehmer/Gesamtschuldner“
bezeichnet worden.
Die Beklagte betreibt gegen die Kläger die Zwangsvollstreckung aus der notariellen
Urkunde vom 10. August 1994.
Die Kläger haben die Auffassung vertreten, sie seien nicht als Darlehensnehmer,
sondern wie Bürgen zu behandeln. Ihre Verpflichtungserklärungen seien wegen krasser
finanzieller Überforderung sittenwidrig.
Die Kläger haben beantragt,
1. festzustellen, dass die Darlehensverträge vom 27.07.1994 unter der Vertrags-
Nr. ...01 über 86.919,62 € sowie vom 25.11.2002 unter der Vertrags-Nr. ...52 über
60.000,- € jeweils ihnen gegenüber aufgrund der Sittenwidrigkeit ihrer Mitverpflichtung
nichtig sind,
2. die Zwangsvollstreckung aus Ziffer 4. der Urkunde der Notarin … Nr. 1590 der
Urkundenrolle für das Jahr 1994 vom 10.08. 1994 für unzulässig zu erklären,
3. gemäß § 770 ZPO die Einstellung der Zwangsvollstreckung aus der Urkunde
der Notarin …, Nr. 1590 der Urkundenrolle des Jahres 1994 anzuordnen.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Kläger hätten die Verpflichtung zur
Rückzahlung des Darlehens auch dadurch übernommen, dass sie, was unstreitig ist, mit
Erklärung vom 08. Juli 1994 jeweils den Beitritt als Gesamtschuldner zum Bausparvertrag
ihres Schwiegersohnes erklärt hätten.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die
tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs.
1 ZPO).
Aufgrund eines Versehens der Geschäftsstelle beim Landgericht Cottbus ist an die
Parteien unter dem 12. bzw. 15. Februar 2010 zunächst eine Urteilsausfertigung
zugestellt worden, die nicht der verkündeten Fassung des Urteils entsprach und
folgenden Tenor enthält:
1. Es wird festgestellt, dass der Darlehensvertrag vom 25.11.2002 mit der Vertrags-Nr.
...52 keine Ansprüche der Beklagten gegen die Kläger begründet.
2. Die Zwangsvollstreckung aus der Vereinbarung unter Ziffer 4. der notariellen Urkunde
der Notarin … in C… vom 10. August 1994 (Nr. 1590 der UR für das Jahr 1994) ist
unzulässig.
3. Die Zwangsvollstreckung aus Ziffer 4. der vorgenannten Urkunde wird bis zur
Rechtskraft dieses Urteils einstweilen eingestellt.
4. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
5. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger zu je ¼ und die Beklagte zu 1/2.
6. Das Urteil ist hinsichtlich Ziffer 2. des Tenors gegen Sicherheitsleistung in Höhe von
30.000,- € vorläufig vollstreckbar.
Im Übrigen ist es gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden
Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatsächlich hat das Landgericht in seinem am 04. Februar 2010 verkündeten Urteil – den
Parteien in dieser Fassung zugestellt am 30. April bzw. 04. Mai 2010 - folgendes
tenoriert:
1. Es wird festgestellt, dass die Darlehensverträge vom 27.07.1994 (Vertragsnummer
...01) und vom 25.11.2002 (Vertragsnummer ...52) keine Ansprüche der Beklagten
gegen die Kläger begründen.
2. Die Zwangsvollstreckung aus der Vereinbarung unter Ziffer 4. der notariellen Urkunde
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2. Die Zwangsvollstreckung aus der Vereinbarung unter Ziffer 4. der notariellen Urkunde
der Notarin … in C… vom 10. August 1994 (Nr. 1590 der UR für das Jahr 1994) ist
unzulässig.
3. Die Zwangsvollstreckung aus Ziffer 4. der vorgenannten Urkunde wird bis zur
Rechtskraft dieses Urteils einstweilen eingestellt.
4. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
5. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
6. Das Urteil ist hinsichtlich Ziffer 2. des Tenors gegen Sicherheitsleistung in Höhe von
30.000,- € vorläufig vollstreckbar.
Im Übrigen ist es gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden
Betrages vorläufig vollstreckbar.
Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, der Antrag auf Feststellung der
Nichtigkeit der Darlehensverträge sei nur teilweise zulässig. Die Nichtigkeit eines
Vertrages sei kein Rechtsverhältnis, sondern lediglich eine Vorfrage des Bestehens oder
Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses. Der Antrag beinhalte jedoch den Antrag auf
Feststellung, dass die Kläger aus diesem Darlehensvertrag nicht verpflichtet seien. Denn
mit der Feststellung der Nichtigkeit würde zwangsläufig festgestellt, dass die Kläger aus
dem Vertrag nichts schulden. Somit sei die Feststellung des Nichtbestehens einer
Forderung aus dem Vertrag nicht etwas anderes als mit dem Antrag auf Feststellung der
Nichtigkeit begehrt werde, sondern ein Weniger. Dem stehe auch nicht entgegen, dass
die Feststellung des Nichtbestehens von Ansprüchen aus dem Vertrag insofern über die
Feststellung der Nichtigkeit hinaus gehe, als sie auch auf anderen Umständen als der
Nichtigkeit beruhen könnte. Die Beurteilung, ob ein Mehr oder Weniger vorliege, könne
sich jedoch nur auf den Inhalt der Entscheidung beziehen, nicht jedoch auf die
Begründung.
Die von den Klägern mit Vertrag von 2002 übernommene Verpflichtung sei wegen
krasser finanzieller Überforderung der Kläger sittenwidrig. Die Kläger seien lediglich
Sicherungsgeber und daher einem Bürgen gleichzustellen. Die Kläger seien im Vertrag
jedenfalls nicht eindeutig als Darlehensnehmer bezeichnet worden. Es ergebe sich
zudem aus dem Gesamtkontext, dass die Kläger nicht gleichberechtigte
Darlehensnehmer sein sollten. Insbesondere sei nicht ersichtlich, dass die Kläger ein
eigenes wirtschaftliches Interesse an der Darlehensgewährung gehabt hätten. Die
Beklagte habe nicht substanziiert dargelegt, dass den Klägern die Darlehensvaluta
teilweise zugeflossen seien. Ein etwaiges emotionales Interesse der Kläger, ihre Tochter
und den Schwiegersohn in ihrer Nähe zu haben, mache sie nicht zu Darlehensnehmern.
Der Wert des von den Klägern bewohnten Flurstückes 299/2 könne auf ca. 20.000,00 €
geschätzt werden. Es verbleibe dann noch ein offener Darlehensbetrag von ca.
40.000,00 €. Daraus folge eine monatliche Zinsbelastung von 175,00 €. Diese zu tragen
seien die Kläger unter Berücksichtigung ihrer Einkommensverhältnisse im Jahr 2002 aber
nicht in der Lage gewesen.
Eine krasse finanzielle Überforderung sei auch nicht deshalb zu verneinen, weil die
Darlehensvaluta aus dem Vertrag von 2002 lediglich zur Erfüllung der Verbindlichkeit aus
dem Vertrag von 1994 verwendet worden sei. Denn eine Verpflichtung aus dem Vertrag
von 1994 sei hierdurch nicht zurück geführt worden, da auch dieser Vertrag wegen
Sittenwidrigkeit nichtig gewesen sei. Insoweit seien die Kläger ebenfalls krass finanziell
überfordert gewesen, da sie nicht in der Lage gewesen seien, die monatlichen
Zinsverpflichtungen zu bedienen.
Hinsichtlich des Vertrages aus dem Jahr 1994 berühme sich die Beklagte zwar keiner
Forderung mehr, da sie behaupte, diese sei durch die Valuta aus dem Vertrag von 2002
erloschen. Da das Bestehen eines Anspruches aus dem Vertrag von 1994 aber als
Vorfrage relevant sei, sei die Klage als Zwischenfeststellungsklage zulässig. Es könne
nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass die Beklagte zukünftig doch noch
Ansprüche aus dem Vertrag von 1994 geltend mache.
Die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde sei unzulässig. Insoweit komme es
nicht darauf an, ob im Zusammenhang mit dem Vertrag von 2002 zwischen den
Parteien eine Vereinbarung getroffen worden sei, aufgrund derer sich die Verpflichtung
aus dem Schuldversprechen von 1994 nunmehr auf die Darlehensverpflichtung aus dem
Vertrag von 2002 beziehe. Denn die Vollstreckung sei bereits deshalb unzulässig, weil
die Forderung aus dem Vertrag von 1994 erloschen sei. Aber auch aus dem Vertrag von
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die Forderung aus dem Vertrag von 1994 erloschen sei. Aber auch aus dem Vertrag von
2002 seien die Kläger nicht verpflichtet.
Gegen die den Parteien am 30. April bzw. 04. Mai 2010 zugestellte Fassung des Urteils
wendet sich die Beklagte mit der Berufung. Zur Begründung führt sie aus, der
Feststellungsantrag sei von den Klägern nicht so wie beschieden gestellt worden. Die
Feststellungsklage sei unzulässig, da einzelne Vorfragen nicht Gegenstand eines
Rechtsverhältnisses sein könnten. Es bestehe auch kein Interesse der Kläger daran, die
Nichtigkeit der Darlehensverträge gegenüber den Eheleuten O… festzustellen.
Die Darlehensverträge seien auch wirksam. Zum Zeitpunkt des Vertrages vom 27. Juli
1994 seien die Kläger noch Eigentümer des Grundstückes 299/1 gewesen, so dass eine
Grundschuld auf den Flurstücken 299/1 und 2 eingeräumt worden sei. Wenn das
Landgericht pauschal feststelle, dass die Beklagte keine Rechte aus den
Darlehensverträgen gegen die Kläger herleiten könne, beinhalte dieses auch die in den
Darlehensverträgen vereinbarten Sicherheiten. Selbst wenn die persönliche
Haftungsübernahme der Kläger unwirksam sein sollte, sei jedoch die Bestellung der
Grundschulden wirksam erfolgt und könne daher als Sicherheit verwertet werden.
Zudem sei im Vertrag vom 27. Juli 1994 vereinbart worden, dass die Sicherheiten auch
für Darlehen haften sollen, welche die Kläger zu den Vertragsnummern 8...001, 8...401
und 8...501 selbst aufgenommen hätten, da sie, die Beklagte, im Zusammenhang mit
der Bestellung der Briefgrundschuld über 200.000,00 DM die Löschungsbewilligung für
die Briefgrundschuld über 39.000,00 DM erteilt habe, welche bis dahin die
Darlehensverbindlichkeiten der Kläger abgesichert habe.
Die Kläger hätten den Beweis, dass sie keine Mitdarlehensnehmer seien, nicht erbracht.
Zumindest seien sie aber Mithaftende.
Die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde könne auch allenfalls hinsichtlich
der Kläger für unzulässig erklärt werden. Eine Vollstreckung aus der Urkunde zumindest
in das Grundstück sei jedoch zulässig.
Im Rahmen der Verhandlungsführung sei zudem mehrfach das rechtliche Gehör verletzt
worden.
Die Beklagte beantragt,
teilweise abändernd, die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Ferner beantragen die Kläger,
das Urteil des Landgerichts Cottbus, Az.: 2 O 12/09, in der am 12. bzw.
15.02.2010 zugestellten Fassung aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Kläger zurückzuweisen.
Die Kläger verteidigen das erstinstanzliche Urteil in der den Parteien am 30. April bzw.
04. Mai 2010 zugestellten Fassung. Sie machen geltend, bereits mit Schriftsatz vom 16.
Dezember 2009 sei erklärt worden, der ursprüngliche Feststellungsantrag möge dahin
ausgelegt werden, dass gegenüber den Klägern keine Wirksamkeit durch die Verträge
entfaltet werde. Das Landgericht habe eine entsprechende Auslegung vorgenommen.
Jedenfalls werde aber nunmehr auf die Ausurteilung durch das Landgericht Bezug
genommen und würden die dort festgestellten Anträge wiederholt. Dass nur die
Feststellung der Nichtigkeit der Darlehensverträge ihnen gegenüber begehrt werde, sei
bereits im Klageantrag mit der Formulierung „jeweils gegenüber den Klägern“
berücksichtigt.
Die Darlehen mit den Nummern 8...401 und 8...501 seien hier irrelevant, da sie bereits
getilgt seien. Bei dem Vertrag mit der Nummer 8...001 handele es sich um kein sie
betreffendes Darlehen.
Der Antrag auf Unzulässigkeitserklärung der Zwangsvollstreckung beziehe sich auch
lediglich auf die Parteien des Rechtsstreits.
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Gegen das Urteil in der am 12. bzw. 15. Februar 2010 zugestellten Fassung wenden sich
die Kläger mit der Berufung. Sie sind der Auffassung, da das Urteil den Parteien
zugestellt worden sei und somit der Anschein eines ordnungsgemäßen Urteils bestehe,
müsse auch die Berufung hiergegen zulässig sein. Da dieses Urteil weiterhin in der Welt
sei, entfalle auch nicht die Beschwer.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachvorbringens wird auf die zwischen den
Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die Berufung der Kläger ist zulässig und führt zur Aufhebung des Urteils in der am 12.
bzw. 15. Februar 2010 zugestellten Fassung.
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
1. Der Statthaftigkeit der Berufung der Kläger steht nicht entgegen, dass ein Urteil in der
am 12. bzw. 15. Februar 2010 zugestellten Fassung überhaupt nicht gemäß § 310 ZPO
verkündet worden ist. Das Urteil in dieser Fassung stellt ein sogenanntes Scheinurteil
dar. Es handelt sich lediglich um einen Urteilsentwurf, der trotz Zustellung an die
Parteien keine Rechtswirkungen äußert (BGH, NJW 1999, 1192; Brandenburgisches
Oberlandesgericht, NJW-RR 2002, 356; OLG Frankfurt a.M., NJW-RR 95, 511).
Gleichwohl ist die Berufung gegen diesen Rechtsakt zulässig. Die erteilte Ausfertigung
stellt dem äußeren Anschein nach ein Urteil dar und ist damit durch ihre bloße Existenz
geeignet, schutzwürdige Interessen der nach dem Inhalt beschwerten Partei zu
beeinträchtigen. Solange die Partei, zu deren Gunsten das Scheinurteil lautet, die ihr
übermittelte Ausfertigung nicht zurückgegeben hat, lässt sich nicht mit hinreichender
Sicherheit ausschließen, dass dem Gegner dadurch Nachteile entstehen können. Dass
die Beklagte die Ausfertigung des Scheinurteils zurück gereicht hat, ist jedoch nicht
ersichtlich. Die Kläger behalten daher ein berechtigtes Interesse daran, den Vorgang
mittels einer förmlichen Entscheidung zu beseitigen (BGH, NJW 1999, 1192; NJW 1996,
1969, 1970; NJW 1991, 703, 704; NJW 1964, 248). Ihre Beschwer folgt bereits aus der
bloßen Existenz des sie teilweise belastenden Scheinurteils.
Die Beschwer entfällt auch nicht dadurch, dass die Beklagte ihrerseits ein Rechtsmittel
gegen das ordnungsgemäß verkündete Urteil eingelegt hat. Denn bei Zurückweisung
der Berufung der Beklagten besteht dennoch die Gefahr, dass unter Bezugnahme auf
das Scheinurteil der Anschein erweckt wird, die Berufung der Beklagten habe sich gar
nicht auf die Feststellung des Nichtbestehens von Ansprüchen aus dem
Darlehensvertrag von 1994 bezogen, da insoweit die Klage bereits durch das
Landgericht abgewiesen worden sei. Zwar bestünde im Fall des vollständigen Erfolges
der Berufung der Beklagten diese Gefahr nicht, da dann die Klage – ob nun insgesamt
oder nur der Rest – abzuweisen wäre. Die Zulässigkeit der Berufung kann aber nicht
davon abhängig gemacht werden, wie die Entscheidung in der Sache ausfällt, zumal
auch nicht auszuschließen ist, dass in einer etwaigen Revisionsinstanz die Entscheidung
des Berufungsgerichts abgeändert würde.
Auf der Grundlage eines Rechtsmittels gegen ein Scheinurteil ist dem Berufungsgericht
eine Entscheidung in der Sache verwehrt (BGH, NJW 1964, 248). Vielmehr ist
grundsätzlich das Urteil, schon weil es sich um ein nicht verkündetes Schlussurteil
handelt, aufzuheben und die Sache an das erstinstanzliche Gericht zurückzuverweisen.
Eine Zurückverweisung ist im vorliegenden Fall allerdings entbehrlich, da auch gegen das
wirksam ergangene Urteil Berufung eingelegt worden ist und somit die Sache ohnehin
zur Entscheidung des Berufungsgerichts steht. Ist die erste Instanz formell
ordnungsgemäß abgeschlossen, kommt eine Zurückverweisung an diese nicht in
Betracht (BGH, NJW 1996, 1969, 1970).
2. Die Berufung der Beklagten bleibt ohne Erfolg.
a) Die von den Klägern erhobene Feststellungsklage ist zulässig.
aa) Gemäß § 256 ZPO kann nur auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens
eines Rechtsverhältnisses geklagt werden, nicht aber auf die bloße Feststellung von
Vorfragen oder von Elementen eines Rechtsverhältnisses (BGH, NJW 1984, 1556). Dabei
sind jedoch prozessuale Anträge unter Berücksichtigung ihres erkennbaren Sinnes
auszulegen und zu werten (vgl. BGH, WM 1982, 543, 544). Auf den Hinweis des
Landgerichts vom 10. Dezember 2009, dass die Feststellung der Nichtigkeit der
Verträge wegen Sittenwidrigkeit kein Rechtsverhältnis darstelle und auch Zweifel daran
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Verträge wegen Sittenwidrigkeit kein Rechtsverhältnis darstelle und auch Zweifel daran
bestünden, ob die Nichtigkeit als solche ein Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 ZPO
darstelle, den Interessen der Kläger jedoch genügt sein dürfte, wenn sie die Feststellung
beantragen, dass sie der Beklagten aus den in Rede stehenden Verträgen nichts mehr
schulden, haben die Kläger ausgeführt, dass das Gericht den Antrag auslegen möge,
nämlich auf Feststellung der Nichtigkeit der beiden Darlehensverträge. Zwar haben die
Kläger erstinstanzlich nicht explizit vorgetragen, dass aus der behaupteten Nichtigkeit
der Darlehensverträge auch das Nichtbestehen von Ansprüchen ihnen gegenüber folge.
Gleichwohl ist das Vorbringen dahin zu verstehen, dass das Berufen auf die
Sittenwidrigkeit und Nichtigkeit der Verträge vor dem Hintergrund erfolgte, dass hiermit
das Nichtbestehen von Ansprüchen der Beklagten gegenüber den Klägern aus diesen
Verträgen zum Ausdruck gebracht werden sollte. Es kann auch nicht angenommen
werden, dass die Kläger entgegen dem gerichtlichen Hinweis an einem Verständnis ihres
Antrages festhalten wollten, welches aus Sicht des Landgerichts zur Unzulässigkeit
desselben geführt hätte. Vielmehr zeigt ihre Bitte um Auslegung des Antrages gerade,
dass dieser in einem Sinn verstanden werden möge, bei dem das Feststellungsbegehren
auch aus Sicht des Landgerichts zulässig ist.
bb) Eine derartige Feststellungsklage des Inhalts, dass der Beklagten aus den
Darlehensverträgen keine Ansprüche zustehen, ist entgegen der Annahme des
Landgerichts sogar als negative Feststellungsklage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO und nicht
nur als Zwischenfeststellungsklage gemäß § 256 Abs. 2 ZPO zulässig (vgl. auch OLG
Düsseldorf vom 19.11.2010 – 17 U 15/07, Tz. 73, zitiert nach juris). Das rechtliche
Interesse auf Feststellung folgt daraus, dass sich die Beklagte des Bestehens
entsprechender Ansprüche aus den Verträgen berühmt hat. Dieses Interesse entfällt
erst dann, wenn das Berühmen eindeutig und endgültig aufgegeben wird (Roth in
Stein/Jonas, Kommentar zur Zivilprozessordnung, 22. Aufl., § 256 Rn. 55). Eine derartige
Aufgabe des Berühmens durch die Beklagte liegt auch in Bezug auf den
Darlehensvertrag von 1994 nicht vor. Soweit die Beklagte zunächst vorgetragen hat,
dass mit dem Darlehensvertrag aus dem Jahr 2002 der Vertrag von 1994 umgeschuldet
worden sei, hat sie ihren Vortrag in der Folgezeit dahin präzisiert, dass der neue
Darlehensvertrag die Fortführung (Prolongation) des alten nach Wegfall der
Zinsfestschreibung sei. Angesichts dessen geht die Beklagte letztlich vom Fortbestand
des alten Vertrages in der Form des Vertrages vom 25. November 2002 aus. Es ist auch
nicht ersichtlich, dass die Beklagte trotz einer etwaigen Feststellung des Nichtbestehens
von Ansprüchen aus dem Vertrag vom 25. November 2002, sofern man diesen isoliert
betrachtet, gleichwohl nicht die Absicht hätte, dann auf das Bestehen von Ansprüchen
aus dem Vertrag vom 27. Juli 1994 abzustellen.
cc) Der Einwand der Beklagten, eine Feststellung des Nichtbestehens von Ansprüchen
aus den Darlehensverträgen würde vom Umfang her auch die in den
Darlehensverträgen vereinbarten Sicherheiten umfassen, ist unzutreffend. Ein derartig
umfassendes Verständnis kann weder den Anträgen der Kläger noch der Intention des
Landgerichts entnommen werden. Vielmehr soll mit der Feststellung lediglich zum
Ausdruck gebracht werden, dass wegen der Nichtigkeit der Mithaftungsübernahme der
Kläger ihnen gegenüber aus den Darlehensverträgen selbst keine vertraglichen
Ansprüche geltend gemacht werden können. Eine Aussage über die hiervon zu
abstrahierenden Sicherheiten ist von der Reichweite des Feststellungsausspruches nicht
erfasst.
dd) Soweit die Beklagte schließlich ausführt, die Kläger hätten kein Interesse daran, die
Nichtigkeit der Darlehensverträge gegenüber den Eheleuten O… feststellen zu lassen,
ist dies zwar richtig. Derartiges wird von dem Klageantrag, der lediglich das
Nichtbestehen entsprechender Ansprüche gegenüber den Klägern beinhaltet, aber
ebenfalls nicht erfasst.
b) Die Feststellungsklage ist auch begründet.
Die Kläger sind aus den Verträgen von 1994 und 2002 nicht wirksam verpflichtet worden,
so dass der Beklagten ihnen gegenüber keine Ansprüche hieraus zustehen.
Die Mithaftungsübernahme der Kläger ist gemäß § 138 BGB sittenwidrig.
aa) Sie sind nicht Mitdarlehensnehmer der vorgenannten Verträge geworden.
Mitdarlehensnehmer ist, wer ein eigenes – sachliches und/oder persönliches – Interesse
an der Kreditaufnahme hat und als im Wesentlichen gleichberechtigter Partner über die
Auszahlung und Verwendung der Valuta mitentscheiden darf. Mithaftender ist dagegen
jede Person, die, ohne Bürge zu sein, zur Absicherung für einen Kredit, der von einem
anderen aufgenommen und verwendet wird, von vornherein oder später im Wege des
Schuldbeitritts die Mitverpflichtung für die Zahlung der Zinsen und die Rückzahlung des
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Schuldbeitritts die Mitverpflichtung für die Zahlung der Zinsen und die Rückzahlung des
Darlehens übernimmt (BGH, NJW 2009, 2671, 2672; MünchKommBGB/Berger, 5. Aufl., §
488 Rn. 139). Ob das eine oder andere vorliegt, bestimmt sich ausschließlich nach den
persönlichen Verhältnissen der betreffenden Person. Die rechtliche Wertung wird durch
den Wortlaut des Vertrages, insbesondere durch die darin verwendeten formalen
Bezeichnungen der Vertragsparteien, nicht präjudiziert; er bildet vielmehr nur den
Ausgangspunkt der Auslegung (MünchKommBGB/Berger, 5.Aufl., § 488 Rn. 140).
Bereits der Wortlaut des Vertrages vom 27. Juli 1994 lässt aber keinen Rückschluss
darauf zu, dass die Kläger als Mitdarlehensnehmer behandelt werden sollten. Vielmehr
ist als Darlehensnehmer lediglich Herr M… O… aufgeführt. Die Kläger sind hingegen
sowohl im Vertragsrubrum als auch in der Unterschriftenzeile lediglich als
Gesamtschuldner benannt worden.
Ebenso sind die Kläger im Vertrag vom 25. November 2002 im Vertragsrubrum lediglich
als Gesamtschuldner bezeichnet worden. Soweit die Unterschriftenzeile den Vermerk
„weitere Darlehensnehmer/Gesamtschuldner (auch Ehegatte)“ aufweist, ist nicht
ersichtlich, dass die im Vertragsrubrum getroffene Zuordnung als Gesamtschuldner
hierdurch wieder in Frage gestellt werden sollte.
Ferner kann aus dem Umstand, dass im Vertrag vom 27. Juli 1994 aufgeführt ist, dass
der Darlehensnehmer sich im Rahmen der Grundschuldbestellung verpflichtet, sich der
sofortigen Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen zu unterwerfen und auch
die Kläger eine solche Unterwerfungserklärung in der Grundschuldbestellungsurkunde
vom 10. August 1994 abgegeben haben, nicht gefolgert werden, dass sie doch
Mitdarlehensnehmer sind. Vielmehr ist bereits aus dem Rubrum der
Grundschuldbestellungsurkunde ersichtlich, dass lediglich die Tochter und der
Schwiegersohn der Kläger als Darlehensnehmer benannt sind, wohingegen die Kläger als
Eigentümer und Sicherungsgeber aufgeführt sind.
Trotz der Stärke der Verhandlungsposition der kreditgewährenden Bank (vgl. hierzu
BGH, NJW 2009, 1494, 1495) spricht hier also nicht einmal der Wortlaut der Verträge für
eine Mitdarlehensnehmerschaft der Kläger.
Die für eine Mitdarlehensnehmerschaft der Kläger darlegungs- und beweisbelastete
Beklagte (vgl. BGH a.a.O.) hat auch sonst keine relevanten Umstände vorgetragen, aus
denen eine solche folgt. Insbesondere ist nichts dafür ersichtlich, dass die Kläger einen
eigenen Anspruch auf Auszahlung der Darlehensvaluta hatten und befugt gewesen
wären, über deren Verwendung gleichberechtigt mit zu entscheiden.
Soweit die Beklagte ursprünglich vorgetragen hatte, dass ein Teil der Darlehensvaluta
aus dem Vertrag von 1994 an die Kläger geflossen sei, hierfür aber ohnehin keinen
Beweis angetreten hatte, hat sie auf den Hinweis des Landgerichts vom 10. Dezember
2009, dass es neben einem Beweisantritt ferner an einer konkreten Darlegung fehle,
nichts Weiteres vorgebracht.
Auch der Umstand, dass die Kläger dem Bausparvertrag ihres Schwiegersohnes am 08.
Juli 1994 als Gesamtschuldner beigetreten sind, spricht nicht für eine
Mitdarlehensnehmerschaft. Die Kläger waren gerade nicht selbst Bausparer des für die
Bedienung des Darlehens erforderlichen Bausparvertrages, sondern lediglich
Schuldbeitretende. Die Kläger haben sich ausweislich des Schuldbeitritts auch
ausdrücklich damit einverstanden erklärt, dass der Bausparer über den Bausparvertrag
allein verfügt.
Der weitere Vortrag der Beklagten, betreffend ein Interesse der Kläger daran, ihre
Tochter und ihren Schwiegersohn in ihrer Nähe zu halten, macht die Kläger ebenfalls
nicht zu Mitdarlehensnehmern. Ein solches Interesse kann – unabhängig davon, dass
bloße mittelbare Vorteile schon grundsätzlich nicht geeignet sind, eine
Mitdarlehensnehmerschaft zu begründen - ohnehin nicht bereits daraus abgeleitet
werden, dass die Kläger das Flurstück 299/1 an ihre Tochter und ihren Schwiegersohn für
einen Kaufpreis von lediglich 4.000,00 DM veräußert haben. Ausweislich des
Bewertungsgutachtens vom 15. April 1991 betrug der Bodenwert der Flurstücke 299/1
und 299/2, welche eine Gesamtfläche von 1.187 m² aufweisen, insgesamt lediglich
11.322,00 DM. Hieraus ergibt sich für die auf die Tochter und den Schwiegersohn der
Kläger übertragene Fläche von 663 m² ein Preis von 6.323,91 DM. Angesichts dieser
Wertdifferenz kann nicht davon ausgegangen werden, dass hierdurch die Entscheidung
der Tochter und des Schwiegersohnes der Kläger, in deren Nähe zu bleiben, maßgeblich
beeinflusst worden ist.
Auch der Umstand, dass die Kläger auf dem Grundstück ihrer Tochter und ihres
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Auch der Umstand, dass die Kläger auf dem Grundstück ihrer Tochter und ihres
Schwiegersohnes ein Eiscafé betrieben, lässt keinen Schluss auf eine
Mitdarlehensnehmerschaft zu. Soweit die Beklagte hierzu eine Gewinnermittlung der
Klägerin zu 2. zur Akte reicht (Anlage B 5; Bl. 203 d.A.), kann hieraus schon deshalb
nichts abgeleitet werden, weil sie den Zeitraum vom 01. Juli 1990 bis zum 31. Dezember
1990 erfasst, der Darlehensvertrag jedoch erst zu einem späteren Zeitpunkt
geschlossen worden ist. Nach dem Vortrag der Kläger erfolgte der Verkauf jedoch
damals aus einem Eiswagen heraus. Dass ein – nach dem Bericht des Zwangsverwalters
vom 11. Januar 2008 ohnehin nicht im ordentlichen Geschäftsbetrieb zu betreibendes -
Eiscafé auf dem ihrer Tochter und ihrem Schwiegersohn übertragenen Grundstück
eingerichtet werde, war nach dem Vortrag der Kläger zum Zeitpunkt des Abschlusses
des Darlehensvertrages nicht geplant gewesen. Soweit die Beklagte dieser Behauptung
entgegen tritt, hat sie hierfür keinen Beweis angeboten.
Ferner lässt auch die unentgeltliche Nutzung einer Garage durch die Kläger auf dem
Flurstück 299/1 nicht den Schluss zu, sie hätten allein deswegen ein eigenes Interesse
am Abschluss des Darlehensvertrages gehabt. Ohnehin ist nicht ersichtlich, dass die
Garage erst durch die Tochter der Kläger und ihren Ehemann errichtet worden ist. Stand
die Garage aber bereits vor der Veräußerung des Flurstückes 299/1 auf dem Grundstück
und wurde diese durch die Kläger mit veräußert, kann erst Recht nicht angenommen
werden, dass die Kläger etwaige Nutzungsrechte hieran dadurch absichern wollten, dass
sie Mitdarlehensnehmer werden. Vielmehr hätte es bei einem derartigen Interesse nahe
gelegen, entsprechende Abreden vor der Veräußerung des Flurstückes 299/1 zu treffen.
bb) Da die Kläger lediglich Mithaftende sind, ist ihre allein aus der emotionalen
Verbundenheit zu ihrer Tochter und ihrem Schwiegersohn zu erklärende
Mithaftungsübernahme sittenwidrig. Sie sind durch diese finanziell krass überfordert
worden. Eine krasse finanzielle Überforderung des Mithaftenden bei nicht ganz geringen
Bankschulden liegt grundsätzlich vor, wenn dieser voraussichtlich nicht einmal die von
den Darlehensvertragsparteien festgelegte Zinslast aus dem pfändbaren Teil seines
laufenden Einkommens und Vermögens bei Eintritt des Sicherungsfalls dauerhaft allein
tragen kann. In diesem Fall ist nach der allgemeinen Lebenserfahrung ohne Hinzutreten
weiterer Umstände widerleglich zu vermuten, dass der dem Hauptschuldner persönlich
besonders nahestehende Mithaftende die ihn vielleicht bis an das Lebensende
übermäßig finanziell belastende Personalsicherheit allein aus emotionaler Verbundenheit
mit dem Hauptschuldner gestellt und der Kreditgeber dies in sittlich anstößiger Weise
ausgenutzt hat (BGH, NJW 2009, 2671, 2672).
aaa) Der Kläger zu 1. bezog nach seinen Angaben im Jahr 1994 ein Einkommen von
1.426,00 DM. Soweit hierdurch der pfändungsfreie Betrag von 1.209,00 DM nach § 850 c
Abs. 1 ZPO in der damals geltenden Fassung um 227,00 DM überschritten wurde,
genügt auch dieser Betrag unabhängig von etwaigen Unterhaltspflichten des Klägers
gegenüber der Klägerin zu 2. nicht, die auf den Darlehensvertrag anfallenden
monatlichen Zinsen von 1.112,08 DM (170.000,00 DM x 0,0785 : 12) zu bedienen.
Hieran würde sich auch nichts ändern, wenn man auf das anlässlich eines
Darlehensantrages vom 15. Dezember 1995 (Anlage B 4; Bl. 185 d.A.) vom Kläger zu 1.
angegebene Einkommen von 1.544,00 DM abstellen würde.
Gleichermaßen genügte das von der Klägerin zu 2. angegebene Einkommen von 960,00
DM bzw. entsprechend ihrer Angaben im Darlehensantrag vom 15. Dezember 1995 von
1.153,00 DM erst Recht nicht, die anfallenden Darlehenszinsen bedienen zu können.
Vielmehr lag das Einkommen der Klägerin zu 2. sogar unterhalb der
Pfändungsfreigrenzen.
bbb) Die Kläger waren auch nicht unter Berücksichtigung ihrer Vermögensverhältnisse in
der Lage, die Verbindlichkeiten zu bedienen. Soweit sie im Zeitpunkt des Abschlusses
des Darlehensvertrages noch jeweils hälftige Miteigentümer der Flurstücke 299/1 und
299/2 waren, waren diese mit einer Grundschuld von 39.000,00 DM belastet. Angesichts
des im Jahr 1991 ermittelten Grundstückswertes von 44.000,00 DM bedeute dies eine
nahezu wertausschöpfende Belastung des Eigentums. Ist das Vermögen des
Mithaftenden derart belastet, ist es jedoch bei der Beurteilung seiner Leistungsfähigkeit
nicht zu berücksichtigen (BGH, DNotZ 2002, 863, 864). In Ansehung der auf die von den
Klägern aufgenommenen Darlehen über 9.000,00 DM bzw. 30.000,00 DM entfallenden
Zinsen von monatlich 61,88 DM bzw. 218,75 DM und der dem gegenüber stehenden
Bausparbeiträge von 27,00 DM bzw. 30,00 DM kann auch nicht davon ausgegangen
werden, dass die Darlehen zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages von 1994
bereits nennenswert zurück geführt worden sind.
Selbst wenn man aber den Wert des jeweiligen Miteigentumsanteils von jeweils
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Selbst wenn man aber den Wert des jeweiligen Miteigentumsanteils von jeweils
22.000,00 DM von dem zu verzinsenden Betrag von 170.000,00 DM in Abzug brächte,
verblieben monatliche Zinsverbindlichkeiten in einer Höhe, die die Kläger mit dem
pfändungsfreien Betrag ihres Einkommens (bei der Klägerin zu 2. gab es nicht einmal
einen solchen) nicht zu bedienen in der Lage waren.
Ein weiter gehendes Vermögen der Kläger ist auch nicht ersichtlich. Etwaige fiktive
Mieteinnahmen müssen sich die Kläger nicht anrechnen lassen. Wie bereits das
Landgericht zutreffend ausgeführt hat, beruht die soeben vorgenommene Berechnung
gerade auf der Überlegung, dass die Kläger gehalten sind, ihr Grundstück zu verwerten.
Angesichts dessen stünde ihnen das Grundstück aber nicht mehr zur unentgeltlichen
Nutzung zur Verfügung, so dass sie weder Mieteinkünfte hieraus erzielen noch den
Verbrauch eigenen Einkommens durch sodann aufzubringenden Mietzahlungen
ersparen könnten.
Soweit die Tochter der Kläger und deren Ehemann sich mit der
Grundschuldbestellungsurkunde vom 10. August 1994 ebenfalls der sofortigen
Vollstreckung in ihr gesamtes Vermögen unterworfen haben und darüber hinaus auch
das Flurstück 299/1 infolge der Grundschuldbestellung als Sicherheit diente, ändert dies
an der krassen finanziellen Überforderung der Kläger nichts. Anderweitige Sicherheiten
sind im Rahmen der Wirksamkeitsprüfung finanziell übermäßig belastender
Mithaftungsübernahmen nur zu berücksichtigen, wenn sie das Haftungsrisiko des
Betroffenen in rechtlich gesicherter Weise auf ein vertretbares Maß beschränken (BGH,
NJW 2009, 2671, 2672). Dies ist jedoch nur dann der Fall, wenn den Mithaftenden mit
Rücksicht auf die weitere Sicherheit allenfalls eine seine finanzielle Leistungsfähigkeit
nicht übersteigende „Ausfallhaftung” trifft. Dazu muss aber gewährleistet sein, dass der
Kreditgeber ihn erst nach einer ordnungsgemäßen Verwertung der anderen Sicherheit in
Anspruch nimmt (BGH, NJW 2009, 2671, 2673). Derartiges ist hier nicht ersichtlich.
Vielmehr zeigt gerade das Kündigungsschreiben vom 25. Juli 2008, dass die Beklagte die
Kläger auch schon vor der Verwertung anderer Sicherheiten in Anspruch nehmen wollte.
Zudem bestand bei Abschluss des Vertrages aus dem Jahr 1994 auch keine Gewähr
dafür, dass diese anderweitigen Sicherheiten in einem Maße werthaltig sein würden,
dass eine etwaige Ausfallhaftung die Kläger lediglich in einem sie nicht finanziell krass
überfordernden Maße belastet hätte.
Ferner stellt die Grundschuld auf dem Flurstück 299/1 schon deshalb keine in die
Berechnung einzubeziehende anderweitige Sicherheit dar, weil sie auch zur Sicherung
aller künftig bestehenden oder neu entstehenden Forderungen der Beklagten gegen
Schuldner und Eigentümer diente (vgl. auch BGH, NJW 2009, 2671, 2673; NJW 2002,
2705, 2707). Nach der im Zeitpunkt des Darlehensvertragsschlusses und der
Grundschuldbestellung bereits avisierten Übertragung des Eigentums an dem durch die
Grundschuld belasteten Grundstück an die Tochter der Kläger und ihren Ehemann
hatten die Kläger mithin keinen Einfluss mehr darauf, welche Forderungen alles durch die
Grundschuld abgesichert werden.
Angesichts dessen, dass die Beklagte ferner nicht zur vorrangigen Verwertung an sie
abgetretener Ansprüche aus einer vom Schwiegersohn der Kläger abgeschlossenen
Risikolebensversicherung verpflichtet war, ändert auch dieser – von der Beklagten
ohnehin bestrittene - Umstand nichts an der krassen finanziellen Überforderung der
Kläger.
cc) Aufgrund der krassen finanziellen Überforderung der Kläger ist zu vermuten, dass sie
die Mithaftung nur aufgrund ihrer emotionalen Verbundenheit zu ihrer Tochter und ihrem
Schwiegersohn übernommen haben und die Beklagte dies als Kreditgeberin in sittlich
anstößiger Weise ausgenutzt hat (BGH, NJOZ 2003, 359). Diese Vermutung hat die
Beklagte nicht entkräftet.
dd) Da mithin die Mithaftungsübernahme im Vertrag vom 27. Juli 1994 wegen der
krassen finanziellen Überforderung der Kläger sittenwidrig ist, ist gemäß §§ 138, 139
BGB zumindest der hierauf gerichtete Vertragsteil nichtig, so dass der Beklagten keine
Ansprüche aus diesem Vertrag gegen die Kläger zustehen.
In Ermangelung gegen die Kläger bestehender Ansprüche aus dem Vertrag von 1994
stehen der Beklagten gegen die Kläger aber auch keine solchen aus dem Vertrag vom
25. November 2002 zu. Stellt sich der Vertrag aus dem Jahr 2002 lediglich als
Prolongation des Vertrages von 1994 dar, ergibt sich dies bereits daraus, dass durch ihn
keine neuen Ansprüche begründet werden sollten und alte gerade nicht bestanden.
ee) Aber auch die Annahme eines neuen, eigenständigen Vertrages führt nicht zu einem
anderen Ergebnis. In diesem Fall wäre mangels bestehender Verbindlichkeiten der Kläger
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anderen Ergebnis. In diesem Fall wäre mangels bestehender Verbindlichkeiten der Kläger
aus dem Vertrag von 1994 die erneute Mithaftungsübernahme wiederum als Belastung
der Kläger zu werten. Hinsichtlich dieser sind die Kläger ebenfalls in krasser Weise
finanziell überfordert gewesen. Bei Abschluss dieses Vertrages betrug gemäß § 850 c
Abs. 1 ZPO in der damals geltenden Fassung der monatliche Pfändungsfreibetrag
930,00 €. Bei einem Einkommen des Klägers zu 1. von knapp unter 1.000,00 € wären
also monatlich lediglich ca. 70,00 € pfändbar gewesen. Dies hätte jedoch nicht genügt,
um die monatlichen Zinsen von 262,50 € (60.000,00 € x 0,0525 : 12) tilgen zu können.
Die monatliche Rente der Klägerin zu 2., die sich in einer Spannbreite von 1.050,00 DM
bis 753,00 € entwickelt hat, liegt wiederum unterhalb der Pfändungsfreigrenze.
Soweit im Jahr 2002 die Darlehen der Kläger über insgesamt 39.000,00 DM bereits in
nennenswertem Maße zurück geführt worden sein sollten, würde selbst bei Verwertung
des jeweiligen Miteigentumsanteils der Kläger an dem ihnen weiterhin gehörenden
Flurstück 299/2 – auch unter Berücksichtigung etwaiger zwischen 1991 und 2002
eingetretener marktbedingter Wertsteigerungen des Grundeigentums – der aus dem
Darlehen von 60.000,00 € verbleibende Restbetrag monatliche Zinsforderungen
auslösen, die die Kläger mit ihrem jeweiligen pfändungsfreien Einkommen (bei der
Klägerin zu 2. gibt es ein solches ohnehin nicht) nicht abzudecken in der Lage wären.
Aufgrund der Sittenwidrigkeit der Mithaftungsübernahme aus dem Vertrag vom 25.
November 2002 bestehen hieraus keine Ansprüche der Beklagten gegenüber den
Klägern.
ff) Die Anwendung des § 138 BGB auf die Mithaftungsvereinbarung wird zudem nicht
durch die bloße Möglichkeit einer Restschuldbefreiung gemäß §§ 286 ff. InsO
ausgeschlossen. Die §§ 286 ff. InsO stehen in keinem Konkurrenzverhältnis zu § 138
BGB. Dies folgt schon daraus, dass die §§ 286 ff. InsO rein begrifflich das Bestehen einer
wirksam begründeten Schuld voraussetzen. Ferner gibt es auch keinen konkreten
Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber mit der neuen Rechtsfigur der
Restschuldbefreiung den persönlichen Anwendungsbereich des § 138 BGB einschränken
wollte (BGH, NJW 2009, 2671, 2673 f.).
2. Darüber hinaus ist die Zwangsvollstreckung der Beklagten aus der notariellen
Urkunde der Notarin … vom 10. August 1994 – UR-Nr. 1590/1994 -, soweit es die
Vollstreckung in das persönliche Vermögen der Kläger betrifft, unzulässig.
a) Ob die Vollstreckung aus der Urkunde insgesamt unzulässig ist, bedarf keiner Klärung,
da die Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 03. September
2009 ausdrücklich erklärt haben, dass sich der diesbezügliche Klageantrag nur auf Ziffer
4. der Urkunde, welche die Vollstreckung in das gesamte Vermögen der Kläger aufgrund
ihrer persönlichen Haftungsübernahme betrifft, beziehen soll.
b) Soweit die Kläger geltend machen, die abstrakte Unterwerfungserklärung und damit
der Vollstreckungstitel, sei unwirksam, gehört eine derartige Einwendung zwar nicht in
das Verfahren nach § 767 ZPO und kann nicht Gegenstand einer
Vollstreckungsabwehrklage sein. Sie kann aber zum Gegenstand einer prozessualen
Gestaltungsklage analog § 767 Abs. 1 ZPO gemacht werden (BGH, NJW 1994, 460 ff.).
Darüber hinaus ist der Vortrag der Kläger dahin zu verstehen, dass sie den im Rahmen
der Vollstreckung aus der notariellen Urkunde geltend gemachten Ansprüchen wegen
einer rechtsgrundlosen Gewährung des Schuldversprechens und damit aufgrund eines
aus § 812 BGB folgenden Anspruches auf Rückgabe des Schuldversprechens die
Bereicherungseinrede gemäß § 821 BGB entgegen halten wollen (andernfalls ist
jedenfalls eine Rechtsmissbräuchlichkeit einer Vollstreckung auch von Amts wegen zu
berücksichtigen; vgl. Thüringer Oberlandesgericht vom 25.06.2008 – 4 U 820/06). Hierbei
handelt es sich um einen materiell-rechtlichen Einwand, der Gegenstand einer
Vollstreckungsabwehrklage gemäß § 767 Abs. 1 ZPO sein kann.
Sowohl die Klage analog § 767 ZPO als auch die Vollstreckungsabwehrklage gemäß §
767 ZPO können miteinander verbunden werden (BGH, WM 2005, 828, 829).
c) Bei der Übernahme der persönlichen Haftung, wie sie in Ziffer 4. der
Grundschuldbestellungsurkunde erfolgt ist, handelt es sich um ein abstraktes
Schuldversprechen im Sinne von § 780 BGB. Durch dieses Versprechen wird, ohne einen
Rechtsgrund in Bezug zu nehmen, allein auf den Leistungswillen des Versprechenden
abgestellt, so dass der Gläubiger sich zur Begründung seines Anspruchs nur auf das
Versprechen zu berufen braucht (BGH, NJW 1991, 1677).
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Das derart von den Klägern übernommene Schuldversprechen ist aber ebenfalls gemäß
§ 138 Abs. 1 BGB nichtig.
Eine solche Nichtigkeit ergibt sich unabhängig davon, dass durch das Schuldversprechen
in erster Linie die wirksame Darlehensschuld der Tochter und des Schwiegersohnes der
Kläger abgesichert werden sollte, wegen der Abstraktheit des Schuldversprechens nicht
bereits daraus, dass die Mithaftungsübernahme der Kläger sittenwidrig war (vgl. BGH,
WM 1976, 907, 909). Jedoch ist auch das abstrakte Schuldversprechen nichtig, wenn die
Übernahme der abstrakten Verpflichtung ebenfalls gegen die guten Sitten verstößt.
Hiervon ist auszugehen, wenn das Anerkenntnis des Anerkennenden finanziell krass
überfordert und dieses nur Ansprüche der Bank gegen einen Dritten sichert (vgl. OLG
Koblenz, NJW-RR 2003, 1559; OLG Köln, BB 1995, 1608; Staudinger/Marburger,
Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (2009), § 780 Rn. 18). Denn in diesem Fall ist
die Eingehung des Schuldversprechens Ausdruck derselben emotionalen Verbundenheit
des Versprechensgebers zum Schuldner und wird lediglich aufgrund der so bestehenden
Drucksituation abgegeben, obwohl der Versprechensgeber nicht ansatzweise in der Lage
ist, die hieraus resultierende Verbindlichkeit zu bedienen.
aa) Eine krasse finanzielle Überforderung der Kläger liegt hier aus den bereits oben
dargelegten Erwägungen vor.
bb) Zwar ist das Schuldversprechen hier nicht ausschließlich in Bezug auf
Verbindlichkeiten Dritter abgegeben worden. Denn ausweislich Ziffer IV. des
Darlehensvertrages vom 27. Juli 1994 sollten die im Grundschuldbestellungsformular
vereinbarten Sicherheiten auch für die Darlehen aus den Verträgen 8…001, 8...401 und
8...501 haften. Bei den beiden letztgenannten Darlehen handelt es sich um solche der
Kläger, hingegen ist die Beklagte dem Vortrag der Kläger, dass sie das erstgenannte
Darlehen nicht betreffe, nicht näher entgegen getreten. Anlässlich der von den Klägern
selbst aufgenommenen Darlehen hatten diese aber bereits zwei Jahre zuvor, nämlich
am 09. Juni 1992, ein abstraktes Schuldversprechen abgegeben. Das in der Urkunde
vom 10. August 1994 abgegebene Schuldversprechen hat somit die Haftung der Kläger
erweitert, und zwar ausschließlich um solche Dritte betreffende Verbindlichkeiten.
Zudem ist hier ein Schuldversprechen abgegeben worden, welches ganz überwiegend
Verbindlichkeiten betraf, welche nicht den Klägern, sondern Dritten zuzuordnen waren.
Hinsichtlich dieses ganz überwiegenden Teils handelten die Kläger aber nur aus
emotionaler Verbundenheit, so dass jedenfalls in Bezug auf den Verbindlichkeiten Dritter
betreffenden Teil des Schuldversprechens dieses gemäß § 139 BGB nichtig ist (vgl. zur
Teilnichtigkeit auch BGH, NJW 2001, 815, 817).
Ist aber die Übernahme des Schuldversprechens, soweit hierdurch Verbindlichkeiten der
Tochter und des Schwiegersohnes der Kläger abgesichert werden sollten, nichtig, ist
hieraus auch die Zwangsvollstreckung unzulässig. Dass die Beklagte die Vollstreckung
wegen Verbindlichkeiten aus den Darlehen der Kläger selbst betreibt, ist hingegen nicht
ersichtlich. Vielmehr sind, diese nachdem unstreitigen Parteivortrag inzwischen getilgt.
Mithin ist die Vollstreckung aus Ziffer 4. der Urkunde vom 10. August 1994 insgesamt
unzulässig.
d) Angesichts der soeben dargestellten Nichtigkeit des Schuldversprechens bedarf es
keiner Entscheidung mehr, ob hier unter Berücksichtigung dessen, dass neben einer
Grundschuldbestellung zur Absicherung von Verbindlichkeiten Dritter noch eine
persönliche Haftungsübernahme der Kläger erfolgt ist, unter AGB-rechtlichen
Gesichtspunkten überhaupt eine wirksame Abgabe eines Schuldversprechens in der
Urkunde vom 10. August 1994 vorliegt. Ebenso kann offen bleiben, ob die
Sicherungszweckerklärung im Darlehensvertrag vom 27. Juli 1994, wonach die eigenen
Darlehensverbindlichkeiten der Kläger in die am 10. August 1994 erklärte
Haftungsübernahme eingebunden worden sind, angesichts dessen, dass die Kläger
hierzu bereits am 09. Juni 1992 eine Schuldübernahme abgegeben hatten,
überraschend im Sinne des § 3 AGBG war.
3. Soweit die Beklagte mit der Berufung rügt, dass in der mündlichen Verhandlung vom
03. September 2009 ihr rechtliches Gehör verletzt worden sei, da ihr Antrag auf
Schriftsatznachlass nicht berücksichtigt worden sei, ist diesem Einwand schon deswegen
nicht weiter nachzugehen, da hierauf die Entscheidung des Landgerichts nicht beruht.
Das Urteil ist nicht auf die mündliche Verhandlung vom 03. September 2009 ergangen,
sondern im schriftlichen Verfahren mit Schriftsatzfrist bis zum 14. Januar 2010. Mithin
war auch das weitere Vorbringen der Beklagten Gegenstand der Entscheidungsfindung.
4. Aufgrund der Zurückweisung der Berufung der Beklagten besteht auch für die
Änderung der durch das Landgericht getroffenen einstweiligen Anordnung gemäß § 770
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Änderung der durch das Landgericht getroffenen einstweiligen Anordnung gemäß § 770
ZPO kein Raum.
5. Angesichts des nahezu vollständigen Unterliegens der Beklagten – die
Klageabweisung durch das Landgericht, gegen welche sich die Kläger nicht gewandt
haben, war nur marginal - hat diese gemäß § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO die Kosten des
Rechtsstreits erster Instanz vollständig zu tragen. Soweit ursprünglich die Klage noch auf
Herausgabe der Urkunde vom 10. August 1994 gerichtet war, haben die Kläger die
diesbezügliche Klage zurück genommen. Der Wert dieses Antrages ist im Vergleich zu
der übrigen Klageforderung äußerst geringfügig gewesen und hat auch keine höheren
Kosten verursacht.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat gemäß §§ 97 Abs. 1, 91 Abs. 1 ZPO die
Beklagte zu tragen. Dies gilt auch für etwaige Kosten der Berufung der Kläger gegen das
Scheinurteil, da die Kläger insoweit mit ihrer Berufung obsiegt haben.
Gemäß § 21 Abs. 1 S. 1 GKG sind jedoch Gerichtskosten, die gegebenenfalls durch das
aufgehobene Urteil verursacht worden sind, nicht zu erheben, da sie bei richtiger
Behandlung der Sache nicht entstanden wären.
6. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711
ZPO.
7. Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst, da die Sache weder grundsätzliche
Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts gebieten (§ 543 Abs. 2 Nr. 1
und 2 ZPO).
Streitwert für das Berufungsverfahren: bis 50.000,00 €
Der Streitwert einer Vollstreckungsgegenklage richtet sich nach dem Wert des zu
vollstreckenden Anspruchs (Zöller/Herget, Kommentar zur Zivilprozessordnung, 28.
Aufl., § 3 Rn. 16 Stichwort Vollstreckungsabwehrklage). Ausweislich des Schreibens der
Beklagten vom 24. September 2009 (Bl. 388 d.A.) beträgt der Wert der offenen
Forderungen nach der Versteigerung des Flurstücks 299/1 lediglich noch 44.643,23 €.
Dies bestimmt sowohl den Wert der Feststellungsklage als auch der
Vollstreckungsgegenklage. Weder ist ersichtlich, dass gegenüber den Klägern weiter
gehende Ansprüche aus den Darlehensverträgen geltend gemacht werden könnten
noch dass eine darüber hinaus gehende Vollstreckung zu befürchten steht.
Da die Feststellungsklage und die Vollstreckungsabwehrklage auf dasselbe
wirtschaftliche Interesse gerichtet sind, findet eine Wertaddition nicht statt.
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