Urteil des OLG Brandenburg vom 26.03.2008

OLG Brandenburg: nettoeinkommen, trennung, anschlussberufung, befristung, erwerbseinkommen, eltern, vermietung, selbstbehalt, verpachtung, nebentätigkeit

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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 2.
Senat für
Familiensachen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
10 UF 65/08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 1361 BGB
Trennungsunterhalt: Geltendmachung des Realsplittings bei
einem Anerkenntnis; mietfreies Wohnen in einem nach der
Trennung erworbenen Haus; Erwerbsobliegenheit bei Betreuung
eines gerade 3 Jahre alten Kindes
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin wird das am 26.
März 2008 verkündete Urteil des Amtsgerichts Prenzlau teilweise abgeändert und
insgesamt neu gefasst.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Trennungsunterhalt, den zukünftigen
monatlichen im Voraus bis zum 5. eines jeden Monats, wie folgt, zu zahlen:
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung und die weitergehende Anschlussberufung werden
zurückgewiesen.
Von den erstinstanzlichen Kosten hat die Klägerin 54 % und der Beklagte 46 % zu
tragen. Die Kosten des Berufungsrechtszugs werden der Klägerin zu 51 % und dem
Beklagten zu 49 % auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Die Klägerin macht Trennungsunterhalt ab September 2007 geltend. Im
Berufungsverfahren geht es nur noch um die Zeit ab Januar 2008.
Die am ….7.1972 geborene Klägerin und der am ….4.1972 geborene Beklagte haben
am 12.7.2003 geheiratet. Am ….10.2005 wurde die gemeinsame Tochter A… geboren.
Die Trennung der Parteien erfolgte am 1.5.2007. Der Scheidungsantrag des Beklagten
wurde der Klägerin am 11.6.2008 zugestellt. Das Scheidungsverfahren ist beim
Amtsgericht noch anhängig.
Mit Anwaltsschreiben vom 22.8.2007 forderte die Klägerin den Beklagten auf, ab
September 2007 monatlichen Trennungsunterhalt in Höhe von 600 € zu zahlen.
Durch das angefochtene Urteil hat das Amtsgericht den Beklagten verurteilt, an die
Klägerin Trennungsunterhalt wie folgt zu zahlen:
Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf das
angefochtene Urteil Bezug genommen.
Gegen diese Entscheidung wendet sich der Beklagte mit der Berufung. Er trägt vor:
Für die ersten 10 Monate des Jahres 2008 ergebe sich rechnerisch nur ein
Unterhaltsanspruch von 372 €. Der Unterhaltsanspruch sei bis Oktober 2008 zu
befristen. Dies gelte zum einen deshalb, weil Anspruch auf Basisunterhalt nur bis zur
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befristen. Dies gelte zum einen deshalb, weil Anspruch auf Basisunterhalt nur bis zur
Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes bestehe. Im Übrigen folge dies auch aus §
1578 b BGB. Werde eine Befristung nicht im vorliegenden Verfahren vorgenommen, sei
er in einem etwaigen Abänderungsprozess mit dem Befristungseinwand präkludiert.
Der künftige angemessene Lebensbedarf der Klägerin sei danach zu bemessen, welches
Einkommen sie ohne die Ehe gehabt hätte. Während der Ehe sei sie selbstständig tätig
gewesen.
Künftig werde es keine Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung mehr geben. Er
wolle seinen Miteigentumsanteil an dem Bungalow veräußern. Dies könne auch durch
Verkauf an die Klägerin geschehen.
Die Parteien haben den Rechtstreit in Höhe von 486 € monatlich für die Monate Januar
bis Mai 2008 in der Hauptsache für erledigt erklärt.
Der Beklagte beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage für die Zeit ab November
2008 insgesamt abzuweisen und für die Zeit von Januar bis Oktober 2008, soweit er zu
höherem Unterhalt als monatlich 372 € verurteilt worden sei,
und die Anschlussberufung zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen nach Maßgabe der
Hauptsachenerledigungserklärung sowie abzüglich gezahlter 372 € monatlich von Juni
bis Oktober 2008
und ferner im Wege der Anschlussberufung,
den Beklagten unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, an
sie monatlichen Unterhalt von 550 € ab Januar 2008 und 608 € ab September 2008 zu
zahlen, jedoch unter Berücksichtigung der Hauptsachenerledigung und für die Zeit von
Juni bis Oktober 2008 abzüglich der gezahlten 372 € monatlich.
Sie trägt vor:
Da der Beklagte sein aktuelles Einkommen nicht dargelegt habe, müsse davon
ausgegangen werden, dass sich die Einkünfte trotz der Versteuerung nach Steuerklasse
I nicht vermindert hätten. So könne es im Jahr 2008 eine Gehaltserhöhung gegeben
haben. Auch müsse der Beklagte jedenfalls hinsichtlich des bereits erstinstanzlich
anerkannten Betrages von 200 € monatlich einen Steuerfreibetrag im Rahmen des
Realsplittings in Anspruch nehmen. Da sie selbst keine Steuern entrichten müsse,
bedürfe es eines Nachteilsausgleichs insoweit nicht.
Das Ferienhaus werde weiterhin vermietet.
Da der Beklagte das Haus, in dem er wohne, gekauft habe, müsse er sich wegen
mietfreien Wohnens einen Wohnvorteil zurechnen lassen. Dieser belaufe sich angesichts
der Größe der Wohnung von 130 qm auf 450 €.
Der Unterhaltsanspruch bestehe über Oktober 2008 hinaus fort. Sie habe, nachdem sie
im Jahr 1993 eine Ausbildung zur Industriekauffrau abgeschlossen habe, im Oktober
1996 eine selbstständige Tätigkeit aufgenommen und einen Kiosk eröffnet. Den Kiosk
habe sie nach der Eheschließung weiterbetrieben und erst in Abstimmung mit dem
Beklagten aufgegeben, als sie im sechsten Monat schwanger gewesen sei. Im Jahr 2004
habe man gemeinsam das Ferienhaus erworben, um hieraus Einnahmen zu erzielen.
Damit habe man erreichen wollen, dass eine Tätigkeit außer Hauses für sie entbehrlich
sei und sie sich ganz der Familie widmen könne. Vor diesem Hintergrund könne sie nicht
unmittelbar nach Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes auf eine Berufstätigkeit
verwiesen werden.
Wollte man ihr eine Berufstätigkeit ansinnen, so könne diese angesichts der
Öffnungszeiten der Kita von 6:30 bis 17:00 Uhr und im Hinblick auf die Fahrtzeiten
maximal mit einer Dauer von sechs Stunden am Tag angesetzt werden.
Wegen des weiteren Vorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der
Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
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Der Senat hat die Parteien angehört. Insoweit wird auf den Berichterstattervermerk zum
Senatstermin vom 13.1.2009 verwiesen.
II.
Berufung und Anschlussberufung sind nur zum Teil erfolgreich. Unter Berücksichtigung
der übereinstimmend erklärten Erledigung des Rechtstreits in der Hauptsache in Höhe
von 486 € für die Monate Januar bis Mai 2008 und des vom Beklagten gezahlten
Trennungsunterhalts in Höhe von 372 € in den Monaten Juni bis Oktober 2008 ist der
Beklagte verpflichtet, der Klägerin Trennungsunterhalt gem. § 1361 BGB in dem aus der
Urteilsformel ersichtlichen Umfang zu zahlen.
1. Mit Rücksicht auf die Mahnung vom 22.8.2007 kann die Klägerin dem Grunde nach
Trennungsunterhalt ab September 2007 verlangen, §§ 1361 Abs. 4 Satz 4, 1360a Abs. 3,
1613 BGB. Mit Berufung und Anschlussberufung wird das Urteil des Amtsgerichts jedoch
nur für die Zeit ab Januar 2008 angefochten, sodass es einer Einkommens- und
Unterhaltsberechnung für die Monate September bis Dezember 2007 nicht mehr bedarf.
2. Der Unterhaltsbedarf bemisst sich auch beim Trennungsunterhalt nach den ehelichen
Lebensverhältnissen, vgl. § 1361 Abs. 1 Satz 1 BGB (s. auch Wendl/Pauling, Das
Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 4, Rz. 30). Hierfür
heranzuziehen sind zunächst die Einkünfte des Beklagten.
a) Das Erwerbseinkommen des Beklagten kann grundsätzlich anhand der vorgelegten
Verdienstbescheinigungen für die Monate Januar bis Dezember 2008 ermittelt werden.
aa) Ausgewiesen sind insoweit folgende Nettobezüge:
Insgesamt ergibt sich so für das Jahr 2008 ein Nettoeinkommen von 20.270,58 €, was
einem Monatsdurchschnitt von rund 1.689 € entspricht.
bb) Dieses Nettoeinkommen ist um den Betrag zu erhöhen, der sich ergäbe, wenn der
Beklagte im Hinblick auf einen anerkannten Trennungsunterhalt von monatlich 200 € für
die Zeit von Januar bis Oktober 2008 einen entsprechenden Freibetrag in der
Lohnsteuerkarte hätte eintragen lassen.
Den Unterhaltspflichtigen trifft grundsätzlich eine Obliegenheit, mögliche Steuervorteile
im Wege des Realsplittings nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu realisieren, soweit dadurch
nicht eigene Interessen verletzt werden (BGH, FamRZ 2008, 968 ff., Rz. 37). Die
Verpflichtung des Unterhaltsschuldners zur Inanspruchnahme steuerlicher Vorteile aus
dem Realsplitting geht allerdings nur soweit, wie seine Unterhaltspflicht einem
Anerkenntnis oder einer rechtskräftigen Verurteilung folgt oder freiwillig erfüllt wird (BGH,
FamRZ 2007, 882, Rz. 28). Sind die Voraussetzungen für die Geltendmachung eines
Realsplittings erfüllt, sind auch Freibeträge in die Lohnsteuerkarte einzutragen
(Wendl/Gerhardt, a.a.O, § 1, Rz. 594 a). Dies gilt allerdings nicht, wenn noch über die
Unterhaltshöhe insgesamt gestritten wird (ebenda). Lässt der Unterhaltspflichtige
allerdings einen Teilbetrag unangegriffen, so trifft ihn insoweit auch weiterhin eine
Obliegenheit zur Durchführung des Realsplittings (vgl. BGH, FamRZ 2007, 793, Rz. 43).
Ein Anerkenntnis hat der Beklagte, worauf die Klägerin zutreffend hinweist, mit
Schriftsatz vom 5.2.2008 in Höhe von 200 € monatlich für die Zeit von Januar bis
Oktober 2008 erklärt (Bl. 19). Im Hinblick auf diesen Betrag war dem Beklagten möglich
und zumutbar, gem. § 39a Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 2 EStG die Eintragung eines
entsprechenden Freibetrages auf der Lohnsteuerkarte zu beantragen. Allerdings war
eine Eintragung des Freibetrages mit Wirkung vom 1.1. des Jahres 2008 nicht möglich,
da der Beklagte den Betrag von 200 € monatlich erst im Februar 2008 anerkannt hat,
also einen entsprechenden Antrag auf Eintragung eines Freibetrages nicht mehr im
Monat Januar 2008 hätte stellen können, § 39a Abs. 2 Satz 7 EStG. Insoweit greift die
Vorschrift des § 39a Abs. 2 Satz 6 EStG ein. Danach hat das Finanzamt den Freibetrag
durch Aufteilung in Monatsfreibeträge, erforderlichenfalls Wochen- und Tagesfreibeträge,
jeweils auf die der Antragstellung folgenden Monate des Kalenderjahres gleichmäßig zu
verteilen. Demzufolge ist der Unterhalt, zu dessen Zahlung sich der Beklagte verpflichtet
hat, also 2.000 € (= 10 Monate x 200 €), auf 10 Monate, nämlich von März bis
Dezember 2008, zu verteilen. Eine fiktive Steuerberechnung muss hinsichtlich der
Verdienstabrechnungen ab März 2008 vorgenommen werden. Dabei ist von den jeweils
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Verdienstabrechnungen ab März 2008 vorgenommen werden. Dabei ist von den jeweils
ausgewiesenen Bruttoeinkünften und den Beitragssätzen für die Sozialversicherung, wie
sie den Verdienstabrechnungen zugrunde liegen, auszugehen. Im Hinblick auf den zu
berücksichtigenden Freibetrag von 200 € erfolgt lediglich eine Verminderung des für
Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag einzubehaltenden Betrages. Unter Beibehaltung
der tatsächlichen Nettoeinkünfte in den Monaten Januar und Februar 2008 und einer
fiktiven Berechnung der Nettoeinkünfte bei Zugrundelegung eines Freibetrages von 200
€ ab März 2008 sind unterhaltsrechtlich folgende Monatsbeträge heranzuziehen:
Auf diese Weise ergibt sich ein fiktives Nettoeinkommen des Beklagten von 20.983,72 €.
1.749 €
b) Vom Nettoeinkommen des Beklagten sind unstreitig pauschal 5 % für berufsbedingte
87 €
%).
c) Für Unterhaltszwecke nicht heranzuziehen sind die in den Verdienstabrechnungen als
„persönliche Be- und Abzüge“ vom Nettoeinkommen ausgewiesenen Beiträge für die
Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes, als „ZVK/VBL-AN“ bezeichnet. Für die
Monate Januar bis Dezember 2008 ergibt sich insoweit insgesamt ein Abzugsbetrag von
56 €
sich im Rahmen der zulässigen Höchstgrenze für eine zusätzliche Altersvorsorge von 4
% des Bruttoeinkommens hält (vgl. BGH, FamRZ 2005, 1817).
d) Die ehelichen Lebensverhältnisse der Parteien werden weiterhin geprägt durch
geringfügige Nebeneinkünfte des Beklagten als Vertrauensmann für die H…
Versicherung. Aus der im Senatstermin vom 13.1.2009 vorgelegten „Bestätigung für
das Finanzamt“ dieser Versicherungsgesellschaft ergibt sich, dass der Beklagte insoweit
für das Jahr 2008 216,62 € erhalten hat. Dies entspricht einem monatlichen
18 €
e) Eine Erhöhung des unterhaltsrechtlich bedeutsamen Einkommens des Beklagten
aufgrund von Steuererstattungen findet nicht statt. Steuerbescheide für den
maßgeblichen Zeitraum, d.h. seit Januar 2008, hat der Beklagte nach eigenem
Vorbringen nicht erhalten. Entsprechendes hat die Klägerin vorgetragen, die auch
ausgeführt hat, dass eine Steuererklärung für das Jahr 2007 noch nicht abgegeben
worden sei. Angesichts dessen müssen Steuererstattungen auf Seiten beider Parteien
außer Betracht bleiben.
f) Ein Wohnvorteil für das mietfreie Wohnen im eigenen Haus ist dem Beklagten nicht
zuzurechnen. Denn die ehelichen Lebensverhältnisse waren nicht dadurch geprägt, dass
er Eigentümer eines Wohngrundstücks war.
Nach den Angaben der Klägerin im Senatstermin vom 13.1.2009 haben die Parteien
während des ehelichen Zusammenlebens, also bis zur Trennung im Mai 2007, ein ihr
gehörendes Haus bewohnt, wobei ihren Eltern der Nießbrauch vorbehalten worden sei.
Das Haus, das der Beklagte nun bewohnt, hat er nach den unbestrittenen Angaben im
Senatstermin vom 13.1.2009 erst im Dezember 2007, also nach der Trennung der
Parteien, gekauft und ist erst im Juni 2008 als Eigentümer ins Grundbuch eingetragen
worden. Dementsprechend kann der Wohnvorteil nicht als eheliche Lebensverhältnisse
prägend einkommenserhöhend berücksichtigt werden.
Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu
den sogenannten wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen. Danach sind spätere
Änderungen des verfügbaren Einkommens grundsätzlich zu berücksichtigen, und zwar
unabhängig davon, wann sie eingetreten sind, ob es sich um Minderungen oder
Verbesserungen handelt oder ob die Veränderung auf Seiten des Unterhaltspflichtigen
oder des Unterhaltsberechtigten eingetreten ist (BGH, FamRZ 2008, 968, Rz. 44).
Allerdings will das Unterhaltsrecht den geschiedenen Ehegatten nicht besser stellen, als
er während der Ehe stand oder auf Grund einer absehbaren Entwicklung ohne die
Scheidung stehen würde. Daher sind nur solche Steigerungen des verfügbaren
Einkommens zu berücksichtigen, die schon in der Ehe angelegt waren, nicht aber z. B.
ein Einkommenszuwachs auf Grund eines Karrieresprungs (BGH, FamRZ 2008, 968, Rz.
46). Entsprechend ist ein Wohnvorteil nicht prägend, wenn ein Ehegatte das Haus oder
die Ehewohnung erst nach der Trennung bzw. Scheidung mit nichtprägenden Mitteln,
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die Ehewohnung erst nach der Trennung bzw. Scheidung mit nichtprägenden Mitteln,
z.B. einer Erbschaft, einem Lottogewinn oder nach der Trennung aufgebauten
Ersparnissen, erworben und bezogen hat (Wendl/Gerhardt, a.a.O., § 1, Rz. 367a).
Der Vorteil des mietfreien Wohnens im eigenen Hause auf Seiten des Beklagten war
nicht bereits in der Ehe angelegt, da der Beklagte sein Haus erst nach der Trennung
erworben hat. Dies gilt ungeachtet des Umstands, dass er nach eigenen Angaben vor
dem Senat den Kaufpreis von 130.000 € nur zu 50.000 € fremdfinanziert und im Übrigen
80.000 €, die ihm seine Mutter geschenkt hat, für den Erwerb eingesetzt hat. Denn auch
die Schenkung der Mutter ist nach den unbestrittenen Angaben des Beklagten erst im
Dezember 2007 und damit nach der Trennung erfolgt. Dass der von der Mutter
geschenkte Betrag aus dem Verkauf des Bauerngehöfts der Eltern stammt, der nach
dem Tode des Vaters des Beklagten im Jahr 2006 und damit etwa noch vor der Trennung
der Parteien erfolgt ist, ändert daran nichts. Denn der Erwerb eines Eigenheims ist
frühestens dann in der Ehe angelegt, wenn der betreffende Ehegatte über die
finanziellen Mittel für den Erwerb bereits während des Bestehens der ehelichen
Lebensgemeinschaft verfügt hat. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Daher kann
dahinstehen, ob ein eheprägender Wohnvorteil nicht ohnehin erst später, nämlich von
dem Zeitpunkt an gegeben ist, von dem an ein eigenes Haus tatsächlich bewohnt wird
(vgl. auch Wendl/Gerhardt, a.a.O., § 1, Rz. 365).
g) Weiterhin sind unterhaltsrechtlich Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung zu
berücksichtigen. Die Parteien sind hälftige Miteigentümer eines sogenannten
„Bungalows“, der vermietet ist. Unstreitig sind für jede der Parteien monatliche
150 €
Ebenfalls unstreitig werden Einnahmen aus der Vermietung einer Ferienwohnung seit
November 2007 nicht mehr erzielt.
h) Die ehelichen Lebensverhältnisse werden weiterhin durch den Unterhalt für das
gemeinsame Kind geprägt. Der vom Beklagten insoweit geleistete Barunterhalt ist seit
Januar 2008 mit dem entsprechenden Zahlbetrag, also dem Tabellenunterhalt abzüglich
hälftigen Kindergeldes, zu berücksichtigen (vgl. Nr. 15.1 der Unterhaltsleitlinie des
Brandenburgischen Oberlandesgerichts, Stand 1.1.2008 sowie Wendl/Gerhardt, a.a.O., §
4, Rz. 193).
Nach den unbestrittenen Angaben des Beklagten im Schriftsatz vom 15.12.2008 (Bl.
236) hat er im Jahr 2008 insgesamt Kindesunterhalt in Höhe von 2.494 € geleistet. Dies
208 €
202 €
was dem Mindestunterhalt für das der ersten Altersstufe angehörende Kind abzüglich
hälftigen Kindergeldes entspricht (vgl. die Zahlbetragstabelle in Anlage II der genannten
Leitlinien). Von diesem Betrag ist auch im Jahr 2009 auszugehen, da Anhaltspunkte für
davon abweichende Zahlungen nicht gegeben sind (vgl. auch Wendl/Gerhardt, a.a.O., §
4, Rz. 200).
i) Danach ergibt sich das folgende bereinigte Einkommen des Beklagten:
Bei der Bemessung des Ehegattenunterhalts sind Erwerbseinkünfte um einen
Erwerbstätigenbonus von 1/7 als Anreiz zu kürzen (Nr. 15.1 der genannten Leitlinien).
Anders als vom Amtsgericht angenommen, kommt daher ein Erwerbstätigenbonus im
Hinblick auf die Mieteinnahmen nicht in Betracht. Demzufolge geht im Jahr 2008 ein
1.364 €
1.343 €
Unterhaltsberechnung ein.
3. Die ehelichen Lebensverhältnisse werden weiterhin geprägt durch die Einkünfte der
Klägerin.
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a) Ein Erwerbseinkommen erzielt die Klägerin erst seit November 2008. Nach dem
vorgelegten Arbeitsvertrag vom 30.10.2008 (Bl. 128) beträgt die Bruttovergütung 975 €.
Auf dieser Grundlage ergibt sich, wie der vorgelegten Verdienstabrechnung für
November 2008 (Bl. 211) zu entnehmen ist, ein monatliches Nettoeinkommen von rund
763 €
b) Weitere Erwerbseinkünfte sind der Klägerin nicht etwa fiktiv zuzurechnen.
aa) Soweit es die Zeit von Januar bis Oktober 2008 betrifft, ist die Klägerin zwar keiner
Erwerbstätigkeit nachgegangen. Im Hinblick auf die Betreuung des gemeinsamen Kindes
der Parteien bestand aber auch keine Erwerbsobliegenheit. Denn das Kind hat erst am
14.10.2008 das dritte Lebensjahr vollendet. Ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt
wegen Betreuung eines Kindes besteht gemäß § 1570 Abs. 1 Satz 1 BGB für mindestens
3 Jahre nach der Geburt des Kindes. Der in dieser Vorschrift enthaltene Rechtsgedanke
ist beim Trennungsunterhalt entsprechend heranzuziehen (vgl. Wendl/Pauling, a.a.O., §
4, Rz. 19a).
bb) Für die Zeit ab November 2008 ist der Klägerin nicht fiktiv ein höheres
Erwerbseinkommen als dasjenige, das sie tatsächlich erzielt, zuzurechnen. Nach dem
bereits angeführten Arbeitsvertrag beträgt die Arbeitszeit für die Klägerin 30 Stunden
wöchentlich. Eine zeitliche Ausdehnung dieser Beschäftigung kann mit Rücksicht auf die
Betreuung des gerade 3 Jahre alten Kindes nicht verlangt werden. Von einem Elternteil,
der ein Kind betreut, das den Kindergarten besucht, kann in der Regel keine
Vollbeschäftigung erwartet werden (OLG Jena, FamRZ 2008, 2203; Wendl/Pauling, a.a.O.,
§ 4, Rz. 73). Die neue Regelung des § 1570 BGB verlangt keineswegs einen abrupten
übergangslosen Wechsel von der elterlichen Betreuung zur Vollzeittätigkeit (OLG
Düsseldorf, FamRZ 2008, 1861; Ehinger, in: Ehinger/Griesche/Rasch, Handbuch
Unterhaltsrecht, 5. Aufl., Rz. 440a unter Bezugnahme auf BT-Drucks. 16/6980). Vor
diesem Hintergrund genügt die Klägerin ihrer Erwerbsobliegenheit durch Ausübung einer
Erwerbstätigkeit von 30 Stunden wöchentlich.
c) Vom Erwerbseinkommen der Klägerin sind ebenfalls unstreitig 5 % für berufsbedingte
38 €
d) Die Kosten, welche die Klägerin für die Betreuung der Tochter in der KITA aufwenden
muss und die monatlich 15 € betragen, sind nicht vom Einkommen abzusetzen.
Die mit einer Fremdbetreuung verbundenen Kosten stellen in der Regel keine
berufsbedingten Aufwendungen des betreuenden Elternteils dar. So dienen
Aufwendungen für den Kindergartenbesuch in erster Linie erzieherischen Zwecken. Sie
bestimmen daher jedenfalls den Bedarf des Kindes und nicht denjenigen des
betreuenden Elternteils (BGH, FamRZ 2008, 1152 ff., Rz. 19). Die für den
Kindergartenbesuch anfallenden Kosten sind somit unabhängig davon, ob die
Einrichtung halb- oder ganztags besucht wird, zum Bedarf eines Kindes zu rechnen
(BGH, FamRZ 2008, 1152 ff., Rz. 17). Jedenfalls soweit die Kosten nicht den Aufwand für
den halbtägigen Kindergartenbesuch übersteigen, sind sie regelmäßig im laufenden
Kindesunterhalt enthalten, falls dieser das Existenzminimum für ein Kind des
entsprechenden Alters deckt (BGH, FamRZ 2008, 1152, Rz. 25). Vor diesem Hintergrund
ist vorliegend im Hinblick auf den geringen Kostenaufwand von 15 € monatlich davon
auszugehen, dass der vom Beklagten gezahlte Kindesunterhalt in Höhe des
Mindestunterhalts und damit des Existenzminimums den finanziellen Betreuungsbedarf
des Kindes deckt. Ein gesonderter Abzug auf Seiten der Klägerin scheidet daher aus.
e) Auch auf Seiten der Klägerin ist ein Wohnvorteil für mietfreies Wohnen im eigenen
Haus nicht zu berücksichtigen. Nach den unbestritten gebliebenen Angaben der Klägerin
im Senatstermin vom 13.1.2009 hat sie das von ihr bewohnte Haus im Januar 2008 auf
die Eltern zurück übertragen müssen und zahlt nun an die Eltern Miete. Für den im
Berufungsrechtszug im Streit stehenden Zeitraum ab Januar 2008 jedenfalls kann daher
von einem Wohnvorteil nicht ausgegangen werden.
f) Wie beim Beklagten sind auch bei der Klägerin Einnahmen aus Vermietung und
150 €
2009 zu berücksichtigen.
g) Nach alledem ist von folgenden bereinigten Einkünften der Klägerin auszugehen:
In die Unterhaltsberechnung gehen mit Rücksicht auf den Erwerbstätigenbonus folgende
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In die Unterhaltsberechnung gehen mit Rücksicht auf den Erwerbstätigenbonus folgende
Beträge ein:
4. Der Unterhaltsbedarf der Klägerin beläuft sich auf die Hälfte der beiderseits in die
Unterhaltsberechnung einzustellenden Beträge. Es ergibt sich folgender monatlicher
Bedarf:
5. Begrenzt wird die Unterhaltspflicht des Beklagten durch seine Leistungsfähigkeit,
wobei insoweit der billige Selbstbehalt von 1.000 € zu berücksichtigen ist (Nr. 21.4 der
genannten Leitlinien). Bei der Prüfung der Leistungsfähigkeit ist ein Erwerbstätigenbonus
nicht abzusetzen (Nr. 21.1 der Leitlinien). Bei dem Vorwegabzug des Kindesunterhalts
dagegen kann es bleiben, da dessen Unterhaltsanspruch seit dem 1.1.2008 Vorrang
gegenüber demjenigen Anspruch seiner Mutter genießt, § 1609 BGB n.F. Danach stehen
dem Beklagten für den Unterhalt der Klägerin folgende Beträge zur Verfügung:
Angesichts dessen ist der Beklagte zwar für die Zeit ab November 2008 verpflichtet, den
sich nach Ziffer 4 ergebenden Unterhaltsbedarf in vollem Umfang zu befriedigen. Für die
Zeit davor, die Monate Januar bis Oktober 2008, besteht eine Leistungspflicht jedoch nur
in Höhe von 566 €, obwohl sich ein Quotenunterhalt von 607 € errechnet.
6. Eine weitere Begrenzung ist mit Rücksicht auf den mit der Anschlussberufung
verfolgten Antrag geboten, § 528 ZPO. Ein Betrag von 608 €, der jeden nach den
vorstehenden Ausführungen geschuldeten Unterhalt übersteigt, wird mit Rücksicht auf §
1613 Abs.1 BGB erst ab September 2008 geltend gemacht. Für die Zeit davor kann nur
der beantragte Betrag von 550 € zugesprochen werden.
7. Bei der Tenorierung zu berücksichtigen ist die Erledigungserklärung in Höhe von 486 €
monatlich für die Zeit von Januar bis Mai 2008. Gleiches gilt hinsichtlich der gezahlten
372 € monatlich von Juni bis Oktober 2008.
8. Nach alledem ist der Beklagte verpflichtet, monatlichen Unterhalt, wie folgt zu zahlen:
Für die Monate September bis Dezember 2007 verbleibt es mangels Angriffs in der
Berufungsinstanz bei dem vom Amtsgericht zuerkannten Betrag von insgesamt 558 €.
9. Eine Befristung des Unterhaltsanspruchs scheidet entgegen der Auffassung des
Beklagten aus. Die Vorschrift des § 1578 b BGB gilt nach ihrer systematischen Stellung
allein für den nachehelichen Unterhalt. Auf den Trennungsunterhalt ist die Bestimmung
auch nicht entsprechend anwendbar (OLG Düsseldorf, FamRZ 2008, 1539; Schürmann
in: Eschenbruch/Klinkhammer, Der Unterhaltsprozess, 5. Aufl., Kap. 1, Rz. 1023).
Es kann dahinstehen, ob der Unterhaltsanspruch zu einem Zeitpunkt, als das
gemeinsame Kind der Parteien das 3. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte, auf die Zeit
bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres zu befristen gewesen wäre. Soweit es um den
sogenannten Basisunterhalt nach § 1570 Abs. 1 Satz 1 BGB geht, wird allerdings die
Auffassung vertreten, dass eine entsprechende Befristung auszusprechen sei (vgl. zum
Meinungsstand Maurer, Anm. zu BGH, FamRZ 2008, 968, 975 m.w.N.). Problematisch ist
in diesem Zusammenhang, ob eine etwa gebotene Befristung auch im Rahmen des
Trennungsunterhalts möglich ist. Dies alles kann aber auf sich beruhen. Denn vorliegend
liegt der Schluss der mündlichen Verhandlung erst nach Vollendung des 3. Lebensjahres
des Kindes. Ein Unterhaltsanspruch der Klägerin ist gerade auch mit Rücksicht auf die
weiterhin notwendige Betreuung dieses Kindes, wie ausgeführt, gegeben. Eine Befristung
des Unterhaltsanspruchs kommt somit nicht in Betracht.
10. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
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