Urteil des OLG Brandenburg vom 10.11.2005

OLG Brandenburg: öffentlich, trennung, arbeitslosigkeit, nummer, sicherheit, wahrscheinlichkeit, auskunft, ausschluss, form, deckungskapital

1
2
3
4
Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 2.
Senat für
Familiensachen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
10 UF 241/05
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 1587 Abs 2 BGB, § 1587b Abs
1 BGB, § 1587b Abs 5 BGB, §
1587c Nr 1 BGB, § 1587c Nr 2
BGB
(Versorgungsausgleich: Einbezug einer EU-Rente -
Voraussetzungen des Ausschlusses des Versorgungsausgleichs
nach § 1587c Nr. 1 BGB)
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts
Fürstenwalde vom 10. November 2005 abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst.
Von dem Versicherungskonto Nummer … der Antragstellerin bei der Deutschen
Rentenversicherung B.-B. wird eine angleichungsdynamische Rentenanwartschaft von
monatlich 69,57 €, bezogen auf das Ende der Ehezeit am 31. Januar 2004, auf das
Versicherungskonto Nummer … des Antragsgegners bei der Deutschen
Rentenversicherung B.-B. übertragen. Der Monatsbetrag ist in Entgeltpunkte (Ost)
umzurechnen.
Wegen der Anwartschaft der Antragstellerin aus dem privaten
Leibrentenversicherungsvertrag Nummer … bei der D., Lebensversicherungsverein a. G.,
bleibt der schuldrechtliche Versorgungsausgleich vorbehalten.
Es bleibt bei der erstinstanzlichen Kostenentscheidung.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Der Beschwerdewert wird auf 1.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Parteien streiten über die Durchführung des öffentlich-rechtlichen
Versorgungsausgleichs.
Die im November 1958 geborene Antragstellerin und der im Juni 1954 geborene
Antragsgegner haben im Juni 1980 die Ehe geschlossen, aus der eine zwischenzeitlich
volljährige Tochter hervorgegangen ist.
Im Oktober 1977 hat die Antragstellerin, die seinerzeit eine Fachschule für
Krankenschwestern besuchte, einen Verkehrsunfall erlitten, der zu einer Beendigung
ihrer Ausbildung führte. Seither ist die Antragstellerin hochgradig sehbehindert und
bezieht Invaliden-/Erwerbsunfähigkeitsrente. Nach 1977 hat sie praktisch keinen Tag
versicherungspflichtig gearbeitet. Zwischen 1978 und 1983 fanden einige
Rehabilitationsversuche statt, die nicht zum Erfolg führten. Eine Umschulung auf einen
Blindenberuf ist nicht erfolgt.
Im Oktober 2001 kam es zur Trennung der Parteien durch Auszug der Antragstellerin
aus der Ehewohnung. Auf den im Februar 2004 zugestellten Scheidungsantrag der
Ehefrau hin hat das Amtsgericht im März 2005 die Ehe der Parteien geschieden. Durch
den angefochtenen Beschluss aus November 2005 hat das Amtsgericht sodann den aus
dem Verbund abgetrennten und den zu Gunsten des Antragsgegners errechneten
öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich (im Folgenden: VA) nach § 1587 c BGB
ausgeschlossen und den Ausgleich im Übrigen dem schuldrechtlichen VA vorbehalten.
Zur Begründung hat es ausgeführt, die Durchführung des VA sei wegen grober
Unbilligkeit auszuschließen. Der ausgleichsberechtigte Antragsgegner verfüge bereits
über eine ausreichende eigene Versorgung und die ausgleichspflichtige Antragstellerin
sei nicht mehr in der Lage, den Verlust ihrer Anwartschaften in Zukunft auszugleichen,
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
sei nicht mehr in der Lage, den Verlust ihrer Anwartschaften in Zukunft auszugleichen,
da sie schwerbehindert sei und kaum noch sehen könne. Außerdem habe der
Antragsgegner eine zusätzliche Alterssicherung in Form einer privaten
Lebensversicherung nach der Trennung vorzeitig aufgelöst. Seine Behauptung, auf
Grund langer Arbeitslosigkeit keine Chancen mehr auf dem Arbeitsmarkt zu haben, sei
spekulativ.
Gegen diese Entscheidung wendet sich der Antragsgegner mit seiner Beschwerde. Er
macht geltend, die Voraussetzungen für einen Ausschluss des öffentlich-rechtlichen VA
lägen nicht vor. Er habe während der gesamten Ehezeit als Alleinverdiener durch seine
Tätigkeit als Baufacharbeiter den Lebensunterhalt der Familie sichergestellt und die aus
der Sehbehinderung der Antragsteller resultierenden Nachteile mitgetragen. Seit 1999
sei er im Wesentlichen arbeitslos. Eine ausreichende Altersversorgung habe er nicht
erworben, und er habe kaum Erwerbsmöglichkeiten in der Zukunft bzw. nur im Rahmen
von Hilfsarbeiten. Er sei daher nicht in der Lage, seine Rentenanwartschaften in
ausreichendem Maß aufzustocken. Seine Kapitallebensversicherung habe er im Jahr
2001 gekündigt, da er die finanziellen Mittel infolge Arbeitslosigkeit für seinen
Lebensunterhalt benötigt habe.
Der Antragsgegner beantragt,
den Beschluss vom 10.11.2005 abzuändern und den Versorgungsausgleich
durchzuführen.
Die Antragstellerin beantragt die Zurückweisung der Beschwerde und verteidigt die
angefochtene Entscheidung.
Wegen der weiteren Feststellungen sowie des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf
die Entscheidung des Amtsgerichts sowie den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze
nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners ist begründet. Sie führt dazu, dass auch
der öffentlich-rechtliche VA durchzuführen ist. Dies hat im Wege des Rentensplittings
gemäß § 1587 b Abs. 1 BGB durch Übertragung einer angleichungsdynamischen
Rentenanwartschaft auf sein Versicherungskonto in Höhe von monatlich 69,57 € zu
erfolgen.
1. Während der als Ehezeit geltenden Zeit vom 1.6.1980 bis zum 31.1.2004 (§ 1587 Abs.
2 BGB) haben beide Parteien gesetzliche Rentenanwartschaften bei der DRV erworben.
Der Ehezeitanteil ihrer fiktiven Altersversorgungen in Form angleichungsdynamischer
Anwartschaften beläuft sich
- für den Antragsgegner auf monatlich 405,19 € und
- für die Antragstellerin auf monatlich 543,41 € .
Ferner besitzt die Antragstellerin ein Anrecht aus einer privaten Leibrentenversicherung
bei der D. mit bislang nicht ausgeübtem Kapitalwahlrecht. Das ehezeitliche
Deckungskapital ist mit 1.546,54 € mitgeteilt worden.
2. Aus dem mitgeteilten ehezeitlichen Deckungskapital der Leibrentenversicherung der
Antragstellerin errechnet sich durch Multiplikation mit dem Umrechnungsfaktor und dem
allgemeinen Rentenwert am Ende der Ehezeit eine dynamische Rente in Höhe von
monatlich (1.546,54 x 0,0001742628 x 26,13 =) 7,04 € (vgl. zu Umrechnungsfaktor und
allgemeinem Rentenwert, Brüdermüller/Schürmann, Tabellen zum Familienrecht, 26.
Aufl., S. 42, 39). Den zu Gunsten des Antragsgegners vorzunehmenden Ausgleich
dieses der Realteilung nach § 1 Abs. 2 VAHRG unterliegenden Anrechts hat das
Amtsgericht zu Recht dem schuldrechtlichen VA vorbehalten.
3. Das Amtsgericht hat nicht die gezahlte (höhere) Rente wegen verminderter
Erwerbsfähigkeit (im Folgenden: EU-Rente) der Antragstellerin berücksichtigt, sondern im
Rahmen seiner Ausführungen über die Frage der Durchführung des öffentlich-rechtlichen
VA nur den Ehezeitanteil ihrer fiktiven (niedrigeren) Altersversorgung. Diese
Handhabung geht auf eine entsprechende Auffassung der DRV zurück. Sie hat diese
Ansicht damit begründet, dass die EU-Rente der Antragstellerin zwar auf unbestimmte
Zeit bewilligt wurde. Es sei jedoch vorgesehen, ihre weitere Rentenberechtigung in
bestimmten Zeitabständen zu überprüfen.
Das reicht allerdings für sich allein für die zu treffende Prognose nicht aus.
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
Das reicht allerdings für sich allein für die zu treffende Prognose nicht aus.
Voraussetzung für die Berücksichtigung des Rentenzahlbetrages im VA ist vielmehr die
Prognose in der Sache selbst. Es stellt sich also die Frage, ob im konkreten Einzelfall
angesichts der Schwere der in Rede stehenden Erkrankung mit einer Entziehung der EU-
Rente vor Erreichen der Altersgrenze nicht mehr zu rechnen ist und damit feststeht,
dass sie sich auf die Rente wegen Alters auswirken wird (vgl. hierzu BGH, FamRZ 2005,
1461/1462). Davon ist vorliegend auszugehen. Der vom Senat beauftragte
Sachverständige und Facharzt für Arbeitsmedizin, Dr. G., kommt in seinem
ausführlichen Gutachten vom 18.5.2006, dem der Senat auf Grund der überzeugenden
Ausführungen folgt, zu folgenden Ergebnissen:
"Die ärztlichen Gutachten der Jahre 1978 bis zurzeit, die nicht erfolgreichen
Rehabilitationsbemühungen, das Fehlen eines Blindenberufes sowie die Ergebnisse der
eigenen Untersuchungen erlauben mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die
Aussage, dass Frau H. vor Erreichen der Altersgrenze ihre Erwerbstätigkeit nicht
wiedererlangen wird.
Im Ergebnis der Facharztgutachten, der prüfärztlichen Stellungnahmen und der
eigenen Untersuchungen kann ebenfalls mit an Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit prognostiziert werden, dass die Antragstellerin auf Dauer
erwerbsunfähig bleiben wird."
Danach ist der Bruttobetrag des ehezeitlichen EU-Rentenanteils im VA in Ansatz zu
bringen. Diesen hat die DRV in ihrer Auskunft vom 21.2.2006 mit monatlich 544,32 €
mitgeteilt.
4. Hinsichtlich des von der Antragstellerin nach dem Landesblindengesetz bezogenen
Blindengeldes hat das Amtsgericht zutreffend angenommen, dass es nach seiner
Zweckbestimmung nicht in den VA fällt. Dieses dient nämlich der Leistungsverbesserung
und als Nachteilsausgleich für den Berechtigten. Nach den gesetzlichen Bestimmungen
der §§ 1, 4 LBlindG erhalten Blinde und hochgradig sehbehinderte Personen eine
entsprechende Hilfe zum Ausgleich der durch diese Behinderung bedingten
Mehraufwendungen. Das Blindengeld trifft damit eine Leistungsart, die nicht Gegenstand
des Ausgleichs nach den § 1587 ff BGB ist (vgl. in diesem Zusammenhang auch
Johannsen/Henrich/Hahne, Eherecht, 4. Aufl., § 1587 BGB, Rz. 15).
5. Neben der dem schuldrechtlichen VA vorbehaltenen privaten Leibrentenversicherung
ergibt sich danach rechnerisch ein Ausgleichsanspruch des Antragsgegners von [(544,32
€ - 405,19 €) : 2 =] gerundet 69,57 € monatlich.
6. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts liegen die Voraussetzungen für die
Anwendung der Härteklausel nach § 1587 c BGB nicht vor. Insbesondere ist mit der
Durchführung des VA eine grobe Unbilligkeit für die ausgleichsverpflichtete
Antragstellerin im Sinne von § 1587 c Nr. 1 BGB nicht verbunden.
Dem VA liegt der aus Art. 6 Abs. 1 i. V. m. Art. 3 Abs. 2 GG folgende Gedanke zu
Grunde, dass beide Eheleute gleichermaßen an dem in der Ehe erworbenen Vermögen
berechtigt sind.
Deshalb sind die während der Ehe nach Maßgabe der von den Ehegatten vereinbarten
Arbeitsteilung erwirtschafteten Versorgungsanrechte bei der Scheidung gleichmäßig auf
beide Partner zu verteilen (vgl. hierzu BVerfG, FamRZ 1980, 326/333). Der VA dient
ebenso wie der Zugewinnausgleich der Aufteilung von gemeinsam erwirtschaftetem
Vermögen der Eheleute, welches nur wegen der in der Ehe gewählten
Aufgabenverteilung einem der Ehegatten rechtlich zugeordnet war. Dabei korrespondiert
mit der Rechtfertigung des Eingriffs in die durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten
Rechtspositionen des ausgleichsverpflichteten Ehegatten durch Art. 6 Abs. 1 i. V. m. Art.
3 Abs. 2 GG ein verfassungsrechtlicher Anspruch aus eben diesen Grundrechten auf
gleiche Teilhabe an dem in der Ehe erworbenen Vermögen (vgl. hierzu BVerfG, FamRZ
2003, 1173). Der VA hat damit seine Wurzel im güterrechtlichen Prinzip der
Vermögensteilung, daneben aber auch in unterhaltsrechtliche Überlegungen zur
Sicherung des Altersvorsorgeunterhalts.
In diesem Zusammenhang hat die Härtefallklausel des § 1587 c Nr. 1 BGB, welche im
Streitfall nach dem Vorbringen der Antragstellerin in erster Linie in Betracht zu ziehen
ist, die Funktion eines Gerechtigkeitskorrektivs. Sie soll als Ausnahmeregelung eine am
Gerechtigkeitsgedanken ausgerichtete Entscheidung in solchen Fällen ermöglichen, in
denen die schematische Durchführung des VA zur "Prämierung" einer groben Verletzung
der aus der ehelichen Gemeinschaft folgenden Pflichten führen oder gegen die
tragenden Prinzipien des VA verstoßen würde. Bei der Auslegung des Merkmals der
26
27
28
29
30
31
32
33
tragenden Prinzipien des VA verstoßen würde. Bei der Auslegung des Merkmals der
groben Unbilligkeit in § 1587 c Nr. 1 BGB ist daher zu beachten, dass es Zweck dieser
Vorschrift ist, solche mit der Durchführung des VA verbundenen Eingriffe in die
geschützten Rechte des Ausgleichsverpflichteten zu vermeiden, die nicht mehr durch
Art. 6 Abs. 1 i. V. m. Art. 3 Abs. 2 GG gerechtfertigt sind (vgl. hierzu BVerfG, a.a.O., 1173
f.; Johannsen/Henrich/Hahne, a.a.O., § 1587 c BGB, Rz. 28). Dagegen ist es nicht
Aufgabe dieser Vorschrift, jede systembedingte Unstimmigkeit zu beseitigen (vgl. hierzu
Borth, Versorgungsausgleich, 3. Aufl., Rz. 721).
Von diesen Grundsätzen ausgehend lassen sich die Voraussetzungen für einen
Ausschluss oder eine teilweise Herabsetzung des VA vorliegend nicht feststellen.
a) Die im Rahmen des § 1587 c Nr. 1 BGB anzulegenden strengen Maßstäbe
rechtfertigen es nicht, den zu Gunsten des Antragsgegners durchzuführenden öffentlich-
rechtlichen VA wegen grober Unbilligkeit auszuschließen oder zu kürzen. Aus den
dargestellten Grundsätzen folgt, dass eine Beseitigung oder Einschränkung des VA
durch Anwendung der Härteklausel des § 1587 c Nr. 1 BGB nur für solche Fälle in
Betracht kommt, in denen auf Grund besonderer Verhältnisse die starre Durchführung
des VA dessen Grundgedanken in unerträglicher Weise widersprechen und zu einem
grob unbilligen Ergebnis führen würde. Davon kann jedoch vorliegend nicht ausgegangen
werden.
aa) In die im Rahmen von § 1587 c Nr. 1 BGB bedeutsame Beurteilung, ob der VA zu
einem wirtschaftlichen Ungleichgewicht zu Lasten des Ausgleichspflichtigen führt, sind
beiderseits auch die außerhalb der Ehezeit erworbenen Renten/Anwartschaften
einzubeziehen (vgl. hierzu Palandt/Brudermüller, BGB, 65. Aufl., § 1587 c, Rz. 21). Im
Zeitraum bis zum Ende der Ehezeit (31.1.2004) hat der Antragsgegner insgesamt -
einschließlich der vor der Ehezeit erworbenen Anrechte - eine monatliche
Rentenanwartschaft von 546,70 € erworben. Im gleichen Zeitraum hat die Antragstellerin
Anrechte in Höhe von monatlich 627,62 € (fiktive Altersrente) bzw. 883,94 € (gezahlte
Rente) erlangt. Nach Durchführung des VA durch Übertragung einer monatlichen
Rentenanwartschaft in Höhe der errechneten 69,57 € erwirbt der Antragsgegner
bezogen auf den Rentenzahlbetrag keine günstigere, sondern hat immer noch eine
geringere Alterssicherung als die Antragstellerin. Obwohl die Antragstellerin nie im
Arbeitsleben stand, hat sie folglich die höhere Altersversorgung erreicht; dagegen
besitzt der Antragsgegner, der während der fast 24 Jahre andauernden Ehe jedenfalls bis
1999 immer berufstätig war, die schlechtere Alterssicherung. Die Durchführung des VA
wird also gerade nicht zu dem vom Amtsgericht zu Lasten der Antragstellerin
angenommenen wirtschaftlichen Ungleichgewicht führen.
bb) Die Tatsache, dass der erwerbsfähige Antragsgegner durch eine zukünftige
Berufstätigkeit weitere Rentenanwartschaften erwerben kann, während die
Antragstellerin laut Feststellung des Sachverständigen mit an Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit auf Dauer erwerbsunfähig bleiben wird, macht den VA ebenfalls nicht
unbillig.
Hierbei ist zu bedenken, dass - insbesondere auch unter Berücksichtigung der
derzeitigen Arbeitsmarktlage - heute niemand verlässlich vorhersagen kann, wie lange
der bei Ehezeitende fast 50 Jahre alte (arbeitslose) Antragsgegner tatsächlich noch einer
Arbeit wird nachgehen können. Der ausgleichsberechtigte Antragsgegner ist folglich
etwa im gleichen Maße auf die Rente aus dem VA angewiesen wie die
ausgleichspflichtige Antragstellerin.
cc) Es kann entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch nicht angenommen
werden, dass sie nicht in der Lage sei, den Verlust der von ihrem Versicherungskonto zu
übertragenden Anwartschaft (von 69,57 €) wieder auszugleichen.
Hierbei sind die beitragsfreien Anrechnungszeiten wegen Rentenbezugs vom Ende der
Ehezeit (ab 2/2004) bis zum Beginn des Renteneintrittsalters (einschließlich 10/2023),
also weitere 237 Monate zu berücksichtigen. Legt man den mit 0,0833 Entgeltpunkten
(EP) festgestellten Durchschnittswert für die Grundbewertung entsprechend der Auskunft
des Rentenversicherungsträgers vom 3.2.2005 zugrunde, ergibt sich eine zusätzliche
Summe an Entgeltpunkten für beitragsfreie Zeiten bis zum Renteneintrittsalter (65
Jahre) der bei Ehezeitende erst 45 Jahre alten Antragstellerin von (237 x 0,0833 =)
19,7421 EP (Ost). Multipliziert mit dem aktuellen Rentenwert von 26,13 errechnen sich
zusätzliche monatliche Anwartschaften von 515,86 €, die die Antragstellerin bis zum
Einsetzen ihrer Altersrente noch erreichen wird.
dd) Ehebedingte Nachteile hinsichtlich der versorgungsrechtlichen Situation haben nach
Aktenlage weder die Antragstellerin noch der Antragsgegner erlitten. Es ist nach
34
35
36
37
38
39
40
Aktenlage weder die Antragstellerin noch der Antragsgegner erlitten. Es ist nach
Anhörung der Parteien im Senatstermin aber auch davon auszugehen, dass sich aus
dem ehelichen Zusammenleben der Parteien keine Härtegründe im Sinne von § 1587 c
Nr. 1 BGB herleiten lassen.
Nach ihren übereinstimmenden Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat
haben die Parteien in der Zeit zwischen Eheschließung (6/1980) und Trennung (10/2001)
die "klassische" Rollenverteilung praktiziert. Der Antragsgegner hat durch seine bis 1999
andauernde Berufstätigkeit für den Lebensunterhalt der Familie gesorgt und sich
daneben um seine Tiere sowie die Bestellung seines Felds gekümmert. Die
Antragstellerin war mit der Haushaltsführung und Kindererziehung befasst. Nach ihren
Bekundungen im Senatstermin fühlte sich die Antragstellerin schon aus Gründen ihrer
gesundheitlichen Einschränkungen zu einer Berufstätigkeit nicht in der Lage. Zudem sei
ihr eine geeignete und sie interessierende Beschäftigung bis heute nicht angeboten
worden. Keiner der Eheleute ist hiernach durch die Rollenverteilung in der Ehe und seinen
Einsatz für die Familie am Erwerb von Versorgungsanrechten gehindert worden, woraus
sich unter Billigkeitsgesichtspunkten eine Kürzung des VA nach § 1587 c Nr. 1 BGB
herleiten lassen könnte.
ee) In der Gesamtschau lässt sich nach alldem nicht feststellen, dass durch die
Durchführung auch des öffentlich-rechtlichen VA zugunsten des Antragsgegners eine
unerträgliche "Schieflage" entstünde, die die Anwendung der Härteklausel des § 1587 c
Nr. 1 BGB erfordern würde.
b) Die Manipulationsklausel des § 1587 c Nr. 2 BGB setzt eine treuwidrige, in Erwartung
der Scheidung vorgenommene Versorgungsverkürzung voraus. Die Bestimmung erfasst
dabei nur ein Verhalten, durch das Berechtigte die Versorgungsausgleichsbilanz ohne
zureichenden Grund zu seinen Gunsten manipuliert hat (vgl. hierzu
Palandt/Brudermüller, a.a.O., § 1587 c, Rz. 42).
Die Antragstellerin ist dem Vorbringen des Antragsgegners, dass er seine private
Leibrentenversicherungen nach der Trennung wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten auf
Grund seiner andauernden Arbeitslosigkeit aufgelöst habe, nicht konkret
entgegengetreten. Es kann danach nicht von einem illoyalen Einwirken des
Antragsgegners auf sein Versorgungsvermögen ausgegangen werden.
c) Für eine während der Ehe begangene Unterhaltspflichtverletzung des Antragsgegners
gegenüber der Antragstellerin bzw. der gemeinsamen Tochter gemäß § 1587 c Nr. 3
BGB bestehen weder nach ihrem Sachvortrag noch nach den Umständen
Anhaltspunkte.
Es bleibt nach alldem bei der Übertragung angleichungsdynamischer
Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 69,57 € auf das Versicherungskonto des
ausgleichsberechtigten Antragsgegners. Hierbei wird die Höchstbetragsregelung des §
1587 b Abs. 5 BGB eingehalten.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 3 Abs. 1 Nr. 5 VAÜG, 93 a ZPO.
Datenschutzerklärung Kontakt Impressum