Urteil des OLG Brandenburg vom 22.09.2009

OLG Brandenburg: einziehung, wichtiger grund, satzung, errichtung der gesellschaft, schlachtung, auflösung der gesellschaft, vermarktung, futtermittel, gesellschafterversammlung, gesellschaftsvertrag

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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 6.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
6 U 124/09
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 34 GmbHG, § 30 Abs 1
GmbHG, § 243 Abs 1 AktG, § 1
GWB
Voraussetzungen für die Einziehung eines GmbH-
Geschäftsanteils
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 22.09.2009 verkündete Urteil des
Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Neuruppin wird
zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung der
Klägerin durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120 % des auf Grund
des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor
Sicherheit in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages leistet.
Gründe
I.
Die Klägerin wendet sich mit der Anfechtungsklage gegen den Beschluss der
Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 22.12.2008, mit dem die Einziehung
ihres Geschäftsanteils an der Beklagten beschlossen worden ist.
Die Beklagte, firmierend ursprünglich unter B… GmbH, wurde am 17. November 2004
von der Klägerin, der F… S… GmbH & Co … KG (im Folgenden: S… KG) und der …bank
… eG gegründet. Auf das Stammkapital von insgesamt 2 Mio. € übernahmen die
Klägerin 250.000,- €, die S… KG 500.000,- € und die …bank … eG 1.250.000,- €.
Satzungsmäßiger Gegenstand der Klägerin sind die Herstellung und der Vertrieb von
Geflügelnahrung für die Mitglieder der Klägerin und für Lieferanten der S… KG sowie die
Herstellung und der Vertrieb von sonstigen Produkten der Tiernahrung und der Handel
mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen.
Die Klägerin ist eine GmbH, deren Gesellschafter Hähnchenmastbetriebe sind. Sie
finanzierte ihren Geschäftsanteil an der Beklagten bei der …bank … eG und verpfändete
ihn sicherungshalber an die Bank. Bei der S… KG handelte es sich um
Hähnchenschlachtbetrieb. Die S… KG sollte die Schlachtung des von der Klägerin bzw.
deren Gesellschaftern mit dem Futtermittel der Beklagten gemästeten Geflügels
übernehmen.
Der Gesellschaftsvertrag der Beklagten enthält insoweit unter „§ 4
Nebenleistungspflichten der Gesellschafter“ folgende Bestimmungen:
„1. Der Gesellschafter … (Klägerin) verpflichtet sich, durch vertragliche oder
gesellschaftsrechtliche Bindung seiner Mitglieder zu gewährleisten, dass diese in ihren
Mastbetrieben ausschließlich die von der Gesellschaft hergestellte Tiernahrung
verwenden. Der Umfang der Abnahmeverpflichtung soll mindestens 2/3 der
Herstellungskapazität des von der Gesellschaft zu errichtenden Kraftfutterwerkes
umfassen, bei einer vorgesehenen Herstellungskapazität von 100.000 to/Jahr also
67.000 to/Jahr. Wird die Mindestabnahmemenge von 2/3 der Herstellungskapazität,
höchstens 67.000 to/Jahr unterschritten, verpflichten sich die … (Klägerin) und die …
(S… KG) gesamtschuldnerisch, die der Gesellschaft durch die Minderabnahme
entgangene Marge an diese auszugleichen.
2. Die … (S… KG) ist zum Erwerb, zur Schlachtung und Vermarktung der von den
Mitgliedern der … (Klägerin) gemästeten Tiere verpflichtet. Sie wird für ihren
Schlachtbetrieb keine Hähnchen zur Schlachtung und Vermarktung annehmen, für
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Schlachtbetrieb keine Hähnchen zur Schlachtung und Vermarktung annehmen, für
deren Mast nicht durch die Gesellschaft produzierte Tiernahrung eingesetzt wurde,
sofern die Gesellschaft zur Belieferung des betreffenden Mastbetriebes in
vertragsgerechtem Umfang und vertragsgerechter Qualität bereit war.
Der Umfang der Nebenleistungspflicht der … (S… KG) ist erfüllt, wenn die von
den Mitgliedern der … (Klägerin) abgenommenen Tiernahrungsmengen den zu Ziffer 1
vereinbarten Umfang erreichen.
3. Nebenleistungspflicht der …bank … eG ist die Sicherung der
Rohstoffbeschaffung zur Herstellung von Tiernahrung für die Geflügelmast durch die
Gesellschaft. In Erfüllung dieser Verpflichtung sollen die notwendigen Getreidemengen
vorrangig von Mitgliedern der … (Klägerin) erworben werden, soweit sie als
Futterbestandteile den von der … (Klägerin) und der … (S… KG) vorgegebenen
Rezepturen und Qualitätskriterien genügen.
Die von der …bank … eG erfassten Rohstoffe sind auf vertraglicher Grundlage zu
Marktpreisen an die Gesellschaft zu liefern“.
In § 14 des Gesellschaftsvertrages ist die Einziehung von Geschäftsanteilen bei Vorliegen
eines wichtigen Grundes vorgesehen. Bestimmt ist, dass „ein wichtiger Grund
insbesondere“ dann gegeben ist, „wenn der Gesellschafter ihm obliegende Pflichten als
Gesellschafter oder Nebenleistungsverpflichteter schwerwiegend verletzt.“ Weiter heißt
es: „In einem solchen Fall scheidet der Gesellschafter aus der Gesellschaft aus“. Für den
Fall des Ausscheidens ist in § 16 die Zahlung einer Abfindung in Höhe des
Beteiligungswertes vorgesehen, der aufgrund einer auf den Tag des Ausscheidens
aufgestellten Auseinandersetzungsbilanz zu ermitteln ist.
Zur Erreichung des Gesellschaftszweckes errichtete die Beklagte ein Futtermittelwerk.
Nachdem dieses Werk im November 2006 produktionsbereit war, nahmen die Klägerin
bzw. die ihr angeschlossenen Mäster bis Ende 2006 ca. 1.600 t Futtermittel ab.
Im Juni 2007 veräußerte die S… KG ihren Geschäftsanteil an die …bank … eG, welche im
Juli 2007 sämtliche ihrer Geschäftsanteile an die F… GmbH übertrug, die seitdem einzige
weitere Gesellschafterin neben der Klägerin ist.
Mit dem als "Abmahnung" bezeichneten Schreiben vom 09.11.2007 forderte der
Geschäftsführer der Beklagten der Klägerin auf, ihrer Abnahmeverpflichtung künftig
nachzukommen und ab sofort monatlich mindestens 5.580 t Tierfutter bei der Beklagten
abzunehmen sowie bis zum 26.11.2007 Schadensersatz wegen der in den letzten zwölf
Monaten entgangenen Abnahmemenge von 42.000 t in Höhe von 1.365.000 € zu
leisten. Mit Schreiben vom selben Tag lud der Geschäftsführer der Beklagten zu einer
außerordentlichen Gesellschafterversammlung am 29.11.2007 ein. Als
Tagesordnungspunkte kündigte er die Erörterung von Vertragsverletzungen der Klägerin
nach § 4 Abs. 1 der Satzung und die etwaige Einziehung ihres Geschäftsanteils an. In der
Gesellschafterversammlung vom 29.11.2007 beschloss die F… GmbH die Einziehung
des Geschäftsanteils der Klägerin aus wichtigem Grund wegen Nichteinhaltung der
Nebenleistungspflicht zur Futtermittelabnahme.
Die von der Klägerin und ihren Gesellschaftern im Jahr 2007 abgenommene Menge
betrug ca. 26.000 t. Seitdem ging die Abnahmemenge weiter zurück.
Gegen die Einziehung ihres Geschäftsanteils durch Beschluss vom 29.11.2007 erhob die
Klägerin Anfechtungsklage, die beim Landgericht und - auf die Berufung der Beklagten
auch bei dem Senat - Erfolg hatte (Urteil v. 09.06.2009, Az.: 6 U 78/08). Der Senat hat
zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Einziehung des Geschäftsanteils wegen
Nichteinhaltung der Verpflichtung zur Futtermittelabnahme sei am 29.11.2007 jedenfalls
verführt ausgesprochen, weil nach der Satzung die Abnahmeverpflichtung für das
Kalenderjahr bestehe, nicht aber eine monatliche Abnahmeverpflichtung. Abgesehen
davon sei mit Blick auf die erst im November 2006 begonnene Futtermittelproduktion
der Beklagten und angesichts der Neustrukturierung der Gesellschafter der Beklagten
im Juni/Juli 2007 die Nichteinhaltung der Abnahmeverpflichtung nicht so gravierend, dass
die Einziehung des Geschäftsanteils am 29.11.2007 als gerechtfertigt angesehen
werden könne.
In der Gesellschafterversammlung vom 22.12.2008 beschloss die F… GmbH erneut die
Einziehung des Geschäftsanteils der Klägerin wiederum wegen Verletzung der
Nebenleistungspflicht nach § 4 Ziffer 1 der Satzung.
Gegen diesen Beschluss hat die Klägerin ebenfalls Anfechtungsklage erhoben. Sie hat
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Gegen diesen Beschluss hat die Klägerin ebenfalls Anfechtungsklage erhoben. Sie hat
die Einziehung als rechtswidrig angegriffen und dafür insbesondere folgende Gründe
angeführt: Die in der Satzung festgelegten Nebenleistungspflichten seien auch von der
S… KG, der …bank … eG und der F… GmbH nicht erfüllt worden. Die Mindestabnahme
habe vorausgesetzt, dass die S… KG bzw. der Erwerber deren Geschäftsanteils ebenso
der Verpflichtung nachkomme, die mit Futter der Beklagten gemästeten Tiere
abzunehmen und nach Schlachtung zu vermarkten. Nach Veräußerung der
Geschäftsanteile der S… KG sei dies obsolet geworden, weil die …bank … eG
Schlachtleistungen ersichtlich nicht habe erbringen können. Die F… GmbH habe die
Nebenpflicht zur Abnahme gemästeter Tiere ebenfalls nicht erfüllt. Sie sei auch der
ursprünglich der …bank … eG obliegende Nebenpflicht, Getreide zur
Futtermittelherstellung vorrangig von den Gesellschaftern der Klägerin abzunehmen,
nicht nachgekommen.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 22.12.2008,
wonach ihre Gesellschaftsanteile gemäß § 34 GmbHG eingezogen wurden, für nichtig zu
erklären.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist dem Sachvorbringen der Klägerin entgegengetreten und hat
insbesondere vorgebracht, sie habe die vormals der S… KG und der …bank … eG
obliegenden gesellschaftsvertraglichen Nebenpflichten uneingeschränkt erfüllt. Die von
der Klägerin gemästeten Tiere seien auch nach dem Ausscheiden der S… KG ganz
überwiegend bei dieser geschlachtet worden. Sie habe der Klägerin auch angeboten, die
Tiere zu dem mit ihr verbundenen Schlachtbetrieb in St… zu bringen. Der Klägerin sei es
nicht gelungen, ihre Mastbetriebe anzuhalten, das Futter bei der Beklagten zu beziehen
und die gemästeten Tiere dem benannten Schlachtbetrieb in St… anzudienen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen
ausgeführt: Die rechtzeitig erhobene Klage sei begründet, denn die Einziehung des
Geschäftsanteils sei rechtswidrig. Auf unzureichende Futtermittelabnahme im Jahr 2007
habe die Einziehung im Dezember 2008 nicht mehr gestützt werden können, weil sich
die Abnahmepflicht nach der Satzung mit Ablauf des Jahres 2007 in eine Ausgleichs-,
also eine Zahlungspflicht gewandelt habe. Ein ernsthaftes Einfordern der Zahlung sei
nicht vorgetragen. Bezogen auf die Futtermittelabnahme im Jahr 2008 sei die Einziehung
vor Ablauf des Kalenderjahres wiederum vorzeitig erfolgt.
Gegen das Urteil wendet sich die Beklagte mit der Berufung. Sie rügt das
erstinstanzliche Verfahren, weil das Landgericht unter Außerachtlassung ihres
Sachvorbringens angenommen habe, es fehle Vortrag hinsichtlich der Abrechnung und
Einforderung einer Ausgleichszahlung wegen Nichterreichens der Abnahmemenge 2007.
Sie nimmt insoweit ergänzend Bezug auf die von ihr gegen die Klägerin vor dem
Landgericht Schwerin erhobene Klage auf Zahlung eines Teilbetrages von 100.00,- €
wegen Nichterfüllung der Futtermittelabnahmepflicht und auf Feststellung des
Erlöschens des Kostenerstattungsanspruchs aus dem Verfahren der Anfechtung des
Gesellschafterbeschlusses vom 29.11.2007 (Landgericht Schwerin, Az.: 21 O 107/09). Im
Übrigen wiederholt und vertieft die Beklagte ihr erstinstanzliches Vorbringen und
beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten nimmt der Senat Bezug auf Tatbestand und
Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) sowie
ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen. Die
von der Beklagten gegen die Klägerin vor dem Landgericht Schwerin erhobene Klage ist
in erster Instanz erfolglos geblieben (Urteil des Landgerichts Schwerin v. 23.09.2010, Az.:
21 O 107/09).
II.
Die zulässige Berufung der Beklagten (§§ 511, 517, 519, 520 ZPO) ist unbegründet. Im
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Die zulässige Berufung der Beklagten (§§ 511, 517, 519, 520 ZPO) ist unbegründet. Im
Ergebnis zu Recht hat das Landgericht auf die fristgerecht erhobene Anfechtungsklage
der Klägerin hin den Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom
22.12.2008 über die Einziehung des Geschäftsanteils der Klägerin für nichtig erklärt.
1. Ein Nichtigkeitsgrund ist allerdings nicht schon wegen fehlender Mittel der Gesellschaft
zur Aufbringung der bei Einziehung des Geschäftsanteils anfallenden Abfindung des
ausgeschlossenen Gesellschafters festzustellen. Der von der Klägerin erstinstanzlich
vorgebrachte Nichtigkeitseinwand aus dem Gesichtspunkt der §§ 34 Abs. 3, § 30 Abs. 1
GmbH, auf den das Landgericht nicht näher eingegangen ist, greift nicht durch. Nach
den genannten Vorschriften darf der Erwerb eigener Geschäftsanteile nicht aus dem zur
Deckung der Stammkapitalziffer benötigten Vermögen der Gesellschaft finanziert
werden. Wegen Verstoßes gegen die Pflicht zur Erhaltung des Stammkapitals ist ein
Beschluss über die Einziehung eines Geschäftsanteils dann nichtig, wenn infolge einer
Unterbilanz bzw. einer darüber hinausgehenden bilanziellen Überschuldung bereits bei
der Beschlussfassung feststeht, dass die Gesellschaft eine geschuldete - sofort fällige -
Abfindung nicht aus freiem Vermögen aufbringen kann (vgl. BGHZ 144, 365; DStR 2006,
1900; NZG 2009, 221). Die Klägerin hält indes keinen bestimmten Sachvortrag, der eine
dahingehende Feststellung rechtfertigt. Sie trägt zum Bestehen einer Unterbilanz nichts
vor.
2. Der Einziehungsbeschluss ist aber mit materiell-rechtlichen Einwendungen (§ 243 Abs.
1 AktG analog) anfechtbar, wie sie die Klägerin unter Einhaltung der Anfechtungsfrist
geltend gemacht hat.
Die Klägerin hat die Anfechtungsklage gegen den Beschluss vom 22.12.2008 rechtzeitig
innerhalb der in § 8 Satz 3 der Satzung der Beklagten bestimmten Frist von einem
Monat ab Beschlussfassung erhoben. Die vor Ablauf der Monatsfrist am 20.01.2009 bei
Gericht eingereichte und der Beklagten am 20.04.2009 zugestellte Klage hat die Frist
gewahrt. Mit Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses am 05.02.2009 auf die
Anforderung der Gerichtskasse vom 22.01.2009 hat die Klägerin das für die Zustellung
Erforderliche so rechtzeitig veranlasst, dass die demnächst erfolgte Zustellung die
Wirkung der Klageerhebung zum Zeitpunkt ihrer Einreichung bewirkt hat (§ 167 ZPO).
3. Der Einziehungsbeschluss ist von der Klägerin mit Erfolg angefochten worden, weil die
Voraussetzungen für die Zwangseinziehung ihres Geschäftsanteils nicht erfüllt sind (§ 34
Abs. 2 GmbH i.V.m. §§ 4, 14 der Satzung der Beklagten).
3.1. Zwar gibt die Satzung mit der Bestimmung des § 14 eine taugliche Grundlage für
die Einziehung von Geschäftsanteilen gegen den Willen des betroffenen Gesellschafters
ab. Zugelassen ist die Einziehung bei Vorliegen eines wichtigen Grundes, wobei als
wichtiger Grund ausdrücklich eine schwerwiegende Verletzung von Pflichten als
Gesellschafter oder Nebenleistungsverpflichteter vereinbart ist. Das genügt den nach §
34 Abs. 2 GmbHG an die Satzungsgrundlage zu stellenden Anforderungen.
3.2. Der Einziehungsbeschluss ist auch wirksam zustande gekommen, er leidet
insbesondere nicht an einem Abstimmungsmangel (§ 47 GmbHG).
Ohne Verstoß gegen ihre Mitgliederrechte ist der Klägerin ein Stimmrecht in der
Gesellschafterversammlung vom 22.12.2008 bei der Abstimmung über die Einziehung
ihres Geschäftsanteils nicht gewährt worden. Da die Zwangseinziehung auf einen in
ihrem Gesellschafterverhalten liegenden wichtigen Grund gestützt worden ist, war die
Klägerin nicht stimmberechtigt (vgl. OLG Celle NJW-RR 1998, 175; Baumbach/Hueck,
GmbHG, 19. Aufl., 2010, § 34 Rn. 14, § 47 Rn. 88 jeweils m.w.N.).
Der Wirksamkeit des Gesellschafterbeschlusses steht ferner nicht entgegen, dass die
Klägerin auch in der Person der F… GmbH als abstimmende Gesellschafterin einen
Einziehungsgrund wegen Verletzung der Nebenleistungspflichten sieht. In diesem
Zusammenhang muss nicht entschieden werden, ob die F… GmbH gegen
Nebenpflichten aus der Satzung verstoßen hat. Selbst wenn dies der Fall wäre, so
begründete dies nicht ein Stimmverbot für die F… GmbH. Denn wenn ausnahmslos alle
Gesellschafter von demselben Ausschlusstatbestand betroffen sind, besteht kein
Stimmverbot (Baumbach/Hueck, GmbHG, 18. Aufl. 2006, § 47 Rn 94).
3.3. Es liegt jedoch kein wichtiger Grund für die Einziehung des Geschäftsanteils der
Klägerin vor. Denn der Klägerin ist unter Berücksichtigung der Gesamtumstände nicht
ein Verstoß gegen die Nebenleistungspflicht nach § 4 Abs. 1 der Satzung vorzuwerfen,
der so schwer wiegt, dass ihre weitere Mitgliedschaft in der Beklagten, dem weiteren
Gesellschafter nicht mehr zumutbar ist.
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a) Allerdings hat die Klägerin die im Gesellschaftsvertrag als Nebenleistungspflicht
ausgestaltete Mindestabnahme an Futtermitteln unzweifelhaft nicht erfüllt. Nach der
vertraglichen Reglung hat sich die Klägerin verpflichtet, pro Jahr mindestens 67.000 t
Futtermittel von dem Futtermittelwerk der Beklagten abzunehmen oder von ihren
Gesellschaftern abnehmen zu lassen. Unstreitig hat die Klägerin die auf das Kalenderjahr
bezogene Jahresmenge (vgl. hierzu Urteil des Senats v. 09.06.2009, Az.: 6 U 78/08)
weder im Jahr 2007 noch im Jahr 2008 erfüllt, nachdem das Futtermittelwerk Ende 2006
in Betrieb genommen worden ist. Die abgenommenen Mengen unterschreiten die
vertraglich vereinbarte jährliche Mindestmenge von 67.000 t deutlich. Im Jahr 2007 sind
nur knapp 26.000 t abgenommen worden, im Jahr 2008 ist die Abnahmemenge noch
geringer ausgefallen. Der Klägerin ist es offensichtlich nicht gelungen, in ausreichender
Anzahl Mastbetriebe zur Geflügelaufzucht unter Verwendung des von der Beklagten
hergestellten Futtermittels zu gewinnen.
Die vereinbarte Mindestabnahme an Futtermittel, die ersichtlich mit der ursprünglich von
der weiteren Gründungsgesellschafterin S… KG übernommenen Nebenpflicht zur
Schlachtung und Vermarktung der mit dem Futtermittel gemästeten Tiere
korrespondiert, begegnet keinen durchgreifenden Bedenken gegen ihre Wirksamkeit,
auch nicht mit Blick auf § 1 GWB. Nach § 4 Abs. 1 der Satzung hat es die Klägerin
übernommen, zu gewährleisten, dass ihre Mitglieder in ihren Mastbetrieben
ausschließlich die von der Gesellschaft hergestellte Tiernahrung verwenden, wobei die
Mindestabnahmemenge von 67.000 t jährlich die von den Gründungsgesellschaftern
prognostizierten Herstellungskapazität zu 2/3 abdecken sollte. Auf der anderen Seite hat
die S… KG unter § 4 Abs. 2 der Satzung die Verpflichtung übernommen, die von den
Mitgliedern der Klägerin gemästeten Tiere von diesen zur Schlachtung und Vermarktung
zu erwerben und mit anderen Futtermitteln gemästete Tiere nicht anzunehmen, sofern
die Futtermittelabnahme der Mitglieder der Klägerin die Mindestabnahmemenge
erreicht. Die bei Errichtung der Gesellschaft von den Gründungsgesellschaftern
getroffenen Absprachen enthalten zwar untereinander wirkende Wettbewerbsverbote,
die zur Wettbewerbsbeschränkung führen. Diese sind aber mit § 1 GWB vereinbar, weil
sie als notwendige Nebenabreden erforderlich sind, um den Hauptzweck des im übrigen
kartellrechtsneutralen Gesellschaftsunternehmens zu verwirklichen (vgl. hierzu BGH NJW
1994, 384; NJW-RR 2010, 615 m.w.N.). Ein näheres Eingehen hierauf ist für die
Entscheidung der Streitsache entbehrlich, weil die in objektiver Hinsicht festzustellende
Pflichtverletzung der Klägerin die Einziehung ihres Geschäftsanteils aus anderen
Gründen nicht trägt.
b) Dabei sieht der Senat die vom Landgericht herangezogenen Erwägungen noch nicht
als durchgreifend an. Das Landgericht hat seiner Beurteilung zugrunde gelegt, dass eine
Verletzung der Futtermittelabnahmeverpflichtung nur dann festgestellt werden könne,
wenn nach Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres die konkrete Minderabnahme feststehe.
Ferner hat es gemeint, dass nach Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres die in dem
abgelaufenen Kalenderjahr aufgetretene Unterschreitung der Mindestabnahmemenge
nicht mehr zur Grundlage einer Einziehung des Geschäftsanteils genommen werden
könne, weil sich die Abnahmepflicht in eine Pflicht zum Ausgleich in Geld gewandelt
habe. Die Beurteilung des Landgerichts läuft im Ergebnis darauf hinaus, dass eine
Einziehung des Geschäftsanteils wegen Nichterreichens der Mindestabnahme
ausschließlich am 31.12. eines Jahres zulässig sei. Dem ist nicht zu folgen. Zwar sieht
der Gesellschaftsvertrag für den Fall des Nichterreichens der Mindestabnahme eine
Ausgleichspflicht vor. Der in Geld zu leistende Ausgleich führt aber nicht zur Erfüllung der
ursprünglichen Nebenleistungspflicht, sondern soll lediglich die wirtschaftliche Folgen
mangelnder Erfüllung kompensieren. Die Nichterfüllung der Abnahmeverpflichtung, wie
sie nach Ablauf eines Kalenderjahres zahlenmäßig feststeht, ist deshalb geeignet, einen
wichtigen Grund für die Einziehung des Geschäftsanteils abzugeben, auch wenn nach
Ablauf des Kalenderjahres ein Zahlungsanspruch der Gesellschaft besteht. Soweit der
Senat den Einziehungsbeschluss der Beklagten vom 29.11.2007 mit Urteil vom
09.06.2009 (Az.: 6 U 78/08) als jedenfalls zu früh gefasst beurteilt hat, ist damit nicht
gesagt, dass ein Pflichtverstoß ausnahmslos nach Ablauf eines Kalenderjahres in
Betracht kommt. Wie in der Entscheidung vom 09.06.2009 näher ausgeführt, hat der
Senat maßgebend auch darauf abgestellt, dass es sich bei dem Jahr 2007 um das erste
Geschäftsjahr gehandelt hat, in dem das Futtermittelwerk der Beklagten nach
Betriebsaufnahme im November 2006 durchgehend produziert hat. Auch aus diesem
Gesichtspunkt hat der Senat die am 29.11.2007 beschlossene Einziehung des
Geschäftsanteils der Klägerin als verfrüht erfolgt beurteilt.
Die Einziehung des Geschäftsanteils der Klägerin erweist sich also nicht bereits deshalb
als ungerechtfertigt, weil bei Beschlussfassung am 22.12.2008 eine Verletzung der
Nebenleistungspflicht nicht gegeben gewesen wäre. In objektiver Hinsicht hat vielmehr
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Nebenleistungspflicht nicht gegeben gewesen wäre. In objektiver Hinsicht hat vielmehr
am 22.12.2008 auf der Grundlage der tatsächlichen Abnahmemenge des Jahres 2007
und derjenigen vom 01.01. bis 22.12.2008 eine schwerwiegende Nichterfüllung der
Mindestabnahmepflicht vorgelegen. Auch wenn für das Jahr 2008 die endgültige
Fehlmenge noch nicht festgestanden haben mag, so hat es am 22.12.2008 keinem
vernünftigen Zweifel unterlegen, dass die Jahresabnahmemenge nicht ansatzweise
erreicht werden würde. Hinzu kommt, dass keinerlei Anhalt für eine künftige Änderung
der Situation erkennbar war.
c) Dennoch ist der Beklagten ein Grund zur Einziehung des Geschäftsanteils der Klägerin
nicht zuzuerkennen, weil die Nichteinhaltung der Nebenleistungspflicht auf Umständen
beruht, welche nicht ein Fehlverhalten der Klägerin in einer Weise ergeben, dass ihr
Verbleib in der beklagten Gesellschaft der weiteren Gesellschafterin F… GmbH
unzumutbar ist.
Bei einer Zwangseinziehung eines Geschäftsanteils bedarf es einer umfassenden
Prüfung aller Umstände des Einzelfalls und einer Gesamtabwägung der beteiligten
Interessen sowie des Verhaltens der übrigen Gesellschafter, um zu dem Ergebnis zu
gelangen, dass eine Einziehung gerechtfertigt ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die
Ausschließung das äußerste Mittel ist. Eine Zwangseinziehung scheidet danach vor
allem dann aus, wenn in der Person des die Einziehung betreibenden Gesellschafters
Umstände vorliegen, die seine Ausschließung oder die Auflösung der Gesellschaft
rechtfertigen oder auch nur zu einer anderen Beurteilung derjenigen Gründe führen
können, die der von der Ausschließung bedrohte Gesellschafter gesetzt hat (vgl. BGH
NJW 1995, 1358, Baumbach/Hueck a.a.O., § 34 Anh Rn. 3 ff jeweils m.w.N.).
In der Gesamtschau der Umstände des Streitfalls rechtfertigt die Nichterreichung der
Mindestabnahmemenge an Futtermitteln durch die Klägerin und ihre Mitglieder nicht die
Einziehung ihres Geschäftsanteils an der Beklagten. Denn schon kurze Zeit nach Beginn
der praktischen Umsetzung des wirtschaftlichen Konzepts der Beklagten haben die
Gesellschafterwechsel zu einer grundlegenden Änderung der Gesellschaftsstruktur mit
durchschlagenden Folgen für die nach dem Gesellschaftsvertrag bezweckte
gemeinschaftliche Geflügelproduktion und -verwertung geführt. Obwohl aufgrund des
Gesellschafterwechsels der Ablauf der Geflügelproduktion der Gesellschafter von der
Futtermittelherstellung bis zur Vermarktung der geschlachteten Tiere in der bisherigen
Gestaltung nicht fortgeführt wurde, haben die Gesellschafter eine neue Struktur nicht
geschaffen. Der F… GmbH und der Klägerin ist es nicht gelungen, gemeinsame
Festlegungen zu treffen, um das dem Gesellschaftsvertrag zugrunde gelegte
Geschäftsmodell den geänderten Bedingungen anzupassen. Vielmehr ist es wenige
Monate nach Eintritt der F… GmbH in die Beklagte zum Zerwürfnis der Gesellschafter
gekommen. Das Verhältnis der Gesellschafter ist dauerhaft zerrüttet, seit die F… am
29.11.2007 die Einziehung des Geschäftsanteils der Klägerin erstmals beschlossen hat.
Die Klägerin hat sich dagegen mit der Anfechtungsklage zur Wehr gesetzt. Während des
mit Urteil des Senats vom 09.06.2009 (Az.: 6 U 78/08) abgeschossenen
Berufungsverfahrens hat die F… GmbH am 22.12.2008 abermals einen Beschluss über
die Einziehung des Geschäftsanteils der Klägerin getroffen, der Gegenstand des
vorliegenden Rechtsstreits ist. Das Zerwürfnis der Gesellschafter ist nicht der Klägerin
als überwiegend durch ihr Fehlverhalten veranlasst vorzuwerfen und gibt deshalb der F…
GmbH keinen Grund, die Teilhaberschaft der Klägerin an der Beklagten durch
zwangsweise Einziehung des Geschäftsanteils zu beenden. Im Einzelnen sind folgende
Umstände maßgebend.
Mit der beklagten Gesellschaft haben die S… KG als Schlachtbetrieb, die Klägerin als
Zusammenschluss von Geflügelmastbetrieben und die …bank … eG als Finanzgeber
beabsichtigt, von der Gesellschaft ein Futtermittelwerk betreiben zu lassen, welche eine
von der Mästung bis zur Vermarktung des geschlachteten Geflügels zwischen der S… KG
und der Klägerin abgestimmte Geflügelproduktion sicherstellen sollte. Bei Errichtung der
Beklagten waren Gesellschafter die …bank … mit dem Mehrheitsanteil von 62,5 % und
die S… KG mit einem Anteil von 25 % sowie die Klägerin mit ihrem Anteil von 12,5 %.
Aus welchen Gründen die S… KG im Juni 2007 aus der beklagten Gesellschaft unter
Übertragung ihres Geschäftsanteils auf die …bank … eG ausgeschieden ist, haben die
Parteien nicht näher mitgeteilt. Die …bank … eG hat den Anteil der S… KG
übernommen, um - wie die Erörterungen in der mündliche Verhandlung des Senats
ergeben haben - einen neuen Teilhaber der Gesellschaft mit dem Ziel der Fortsetzung
des Geschäftsbetriebs zu gewinnen. Letztlich hat die …bank … eG sämtliche von ihr
nach Erwerb des Anteils der S… KG gehaltenen Anteile auf die F… übertragen. Die F…
GmbH ist seither Mehrheitsgesellschafterin zu 87,5 % neben der Klägerin, deren
Geschäftsanteil von 12,5 % nach wie vor an die …bank … eG sicherungsverpfändet ist.
An der Pflichtenlage, wie sie von den Gründungsgesellschaftern im Gesellschaftsvertrag
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An der Pflichtenlage, wie sie von den Gründungsgesellschaftern im Gesellschaftsvertrag
niedergelegt worden ist, haben die Gesellschafterwechsel an sich nichts geändert. Die
ursprünglich die S… KG treffende Nebenpflicht zum Erwerb, zur Schlachtung und zur
Vermarktung des Geflügels ist ebenso wie die zunächst der …bank … eG obliegende
Pflicht zur finanziellen Sicherstellung der Rohstoffbeschaffung für das Futtermittelwerk
auf die F… GmbH übergangen. Nach übereinstimmendem Vortrag der Parteien hat die
F… GmbH die auf die übernommenen Geschäftsanteile entfallenden Nebenpflichten
durch vertragliche Regelungen uneingeschränkt übernommen.
Wesentliche Nebenpflicht der S… KG ist es gewesen, die von der Klägerin und ihren
Mitgliedern mit dem Futtermittel der Beklagten gemästeten Tiere zur Schlachtung
abzunehmen und zu vermarkten. Mit Übernahme des ursprünglich von der S… KG
gehaltenen Geschäftsanteils durch die F… GmbH konnte die Praxis der Schlachtung der
gemästeten Tiere im eigenen Schlachthof einer Gesellschafterin so nicht mehr
fortgeführt werden. Denn anders als die S… KG betreibt die F… GmbH selbst keinen
Schlachthof. Zur Anpassung an die geänderten Gesellschafterverhältnisse waren folglich
Absprachen zwischen der F… GmbH und der Klägerin darüber erforderlich, welcher
Schlachtbetrieb künftig die Abnahme der gemästeten Tiere zu welchen Konditionen
übernimmt. Dem Sachvortrag der Parteien ist nicht zu entnehmen, dass sie hierzu eine
Regelung getroffen haben. Die Klägerin hat geltend gemacht, die F… GmbH habe die
Nebenpflicht zur Abnahme der gemästeten Tiere mangels eigenen Schlachthofes nicht
erfüllt. Darauf hat die Beklagte vorgetragen, die S… KG sei auch nach ihrem
Ausscheiden bereit gewesen, die Tiere zur Schlachtung abzunehmen. So seien auch
nach dem Ausscheiden der S… KG die Hähnchen der Klägerin ganz überwiegend weiter
bei der S… KG geschlachtet worden. Die F. GmbH habe der Klägerin aber „auch
angeboten“, die Hähnchen in der zur Firmengruppe F… gehörenden St… … GmbH (Fi…)
schlachten zu lassen. Der Klägerin sei vorzuwerfen, dass sie sich nicht an die St… …
GmbH gewandt, sondern die gemästeten Tiere weiterhin der S… KG zur Schlachtung
angeboten habe. Ein untereinander abgestimmtes gemeinsames Konzept haben die F…
GmbH und die Klägerin demnach nicht entwickelt. Es ist auch nicht ersichtlich oder von
der Beklagten vorgetragen, dass die F… GmbH insoweit konkrete Bemühungen
unternommen habe, welche von der Klägerin vereitelt worden wären. In der am
15.08.2007 nach Übernahme der Geschäftsanteile durch die F… GmbH abgehaltenen
Gesellschafterversammlung der Beklagten ist ausweislich des vorgelegten Kurzprotokolls
(Anlage K5) unter anderem über Probleme bei der Futtermittelabname und der
Schlachtvermarktung gesprochen worden. Der Tagesordnungspunkt 6 „Neufassung des
Gesellschaftsvertrages“ ist laut Protokollvermerk vertragt worden. Konkrete Ergebnisse
der Aussprache im Übrigen sind dem Kurzprotokoll nicht zu entnehmen.
Ohne gemeinsames Konzept geblieben ist augenscheinlich auch die Frage der
Anstrengungen der Parteien zur Vermarktung des von der Beklagten produzierten
Futters durch Gewinnung neuer Abnehmer. Ausweislich der Satzung erschöpfte sich die
Aufgabe der S… KG nicht allein darin, die Tiere der in der Klägerin
zusammengeschlossenen Mäster zur Schlachtung abzunehmen. Auch die übrigen
Lieferanten der S… KG sollten nach § 2 Abs. 1 der Satzung neben der Klägerin die
bevorzugten Abnehmer der von der Beklagten produzierten Futtermittel sein. Die
Ausgleichspflicht für den Fall des Nichterreichens der in § 4 Abs. 1 der Satzung
geregelten Mindestabnahme sollte nach dem Gesellschaftsvertrag die Klägerin und die
S… KG als Gesamtschuldner treffen. Der gesamtschuldnerisch zu leistende Ausgleich
lässt entweder auf eine gesamtschuldnerisch zu erfüllende Abnahmepflicht oder aber
zumindest auf eine Obliegenheit schließen, Minderabnahmen der Klägerin durch
Abnahmen anderer Lieferanten möglichst auszugleichen. Im dem einen wie dem
anderen Fall ist davon auszugehen, dass die S… KG - und nach Übernahme deren
Geschäftsanteils die F… GmbH - Anstrengungen zur Vermarktung des von der
Beklagten produzierten Futters unternehmen und sich hierfür an ihre Lieferanten
wenden musste. Dass sich die F… GmbH für die Einhaltung der
Mindestabnahmeverpflichtung selbst verantwortlich gefühlt und insoweit eigene
Bemühungen unternommen hat, lässt sich nicht feststellen. Sie hat nach Lage der
Dinge allein die Klägerin in der Pflicht gesehen, die Mindestabnahmemenge von 67.000 t
jährlich sicherzustellen. Der Geschäftsführer der Beklagten hat, obwohl ein
abgestimmtes Konzept zur Anpassung an die geänderte Gesellschafterstruktur noch
nicht gefunden war, die Klägerin mit Schreiben vom 09.11.2007 wegen Nichteinhaltung
der Abnahmeverpflichtung „abgemahnt“ und Zahlung von mehr als 1,3 Mio. € als
Ausgleich für die Minderabnahme verlangt. Dieser Umstand hat zur Zerrüttung des
Verhältnisses der Gesellschafter geführt, die seit dem Einziehungsbeschluss vom
29.11.2007 unauflösbar fortbesteht. Infolge des Zerwürfnisses der Gesellschafter ist in
der Folgezeit ein Zusammenwirken der Gesellschafter zur Umsetzung des
Gesellschaftszwecks nicht mehr erreicht worden.
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Nach den dargestellten Gegebenheiten lässt sich nicht feststellen, dass die
Nichteinhaltung der Mindestabnahme an Futtermittel überwiegend von der Klägerin
verursacht worden ist und deshalb ihre Pflichtverletzung so schwer wiegt, dass der F…
GmbH eine andere Lösung als das Ausscheiden der Klägerin nicht zuzumuten ist.
d) Ein Grund für die Einziehung des Geschäftsanteils der Klägerin ist schließlich nicht
darin zu sehen, dass die Klägerin die von der Beklagten beanspruchte Ausgleichszahlung
wegen Nichterfüllung der Mindestabnahme im Jahr 2007 nicht geleistet hat. Eine
schwerwiegende Pflichtverletzung ist der Klägerin nicht vorzuwerfen. Aus den
vorstehenden Gründen ist nicht allein die Klägerin für das Nichterreichen der
Abnahmemenge verantwortlich zu machen. Das Zahlungsverlangen der Beklagten lässt
indes die nach dem Gesellschaftsvertrag bestehende gesamtschuldnerische Haftung
der Gesellschafter außer Acht. Die von der Beklagten gegen die Klägerin wegen eines
Teilbetrages erhobene Klage ist von dem Landgericht Schwerin in erster Instanz als
unbegründet abgewiesen worden (Urteil v. 23.09.2010, Az.: 21 O 107/09).
III.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die dafür in § 543 Abs. 2 ZPO aufgestellten
Voraussetzungen nicht vorliegen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
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