Urteil des OLG Brandenburg vom 19.03.2008

OLG Brandenburg: unterhalt, anrechenbares einkommen, vergleich, verwirkung, widerklage, verspätung, ausbildung, eltern, haushalt, nachforderung

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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 2.
Senat für
Familiensachen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
10 UF 54/08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 242 BGB, § 1601 BGB, § 323
ZPO
Kindesunterhalt: Verwirkung des Anspruchs auf Zahlung
erhöhten Unterhalts
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Strausberg vom 19.
März 2008 abgeändert und insgesamt neu gefasst.
Auf die Klage wird der vor dem Amtsgericht Strausberg geschlossene Vergleich vom 3.
August 2005 (2 F 164/05) dahin abgeändert, dass der Kläger der Beklagten ab August
2007 keinen Unterhalt mehr zahlen muss.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Auf die Widerklage wird der vor dem Amtsgericht Strausberg geschlossene Vergleich
vom 3. August 2005 (2 F 164/05) dahin abgeändert, dass der Kläger der Beklagten
monatlichen Unterhalt wie folgt zahlen muss:
- 160,70 € für die Monate März und April 2006,
- 155,60 € für Mai 2006,
- 155,45 € für die Zeit von Juni 2006 bis Juli 2007,
jeweils abzüglich gezahlter 134 € monatlich.
Die weitergehende Widerklage wird abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Von den Kosten erster Instanz hat der Kläger ¼, die Beklagte ¾, von den Kosten zweiter
Instanz hat der Kläger 5/8, die Beklagte 3/8 zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Berufungswert beträgt 605,10 €.
Gründe
I.
Der Kläger, Vater der am ….5.1988 geborenen Beklagten sowie der weiteren, in seinem
Haushalt lebenden Kinder J. F., geboren am ….7.1991, und L. F., geboren am ….6.1996,
hat das vorliegende Verfahren mit dem Ziel eingeleitet, den Wegfall seiner der Beklagten
gegenüber bestehenden Unterhaltsverpflichtung zu erreichen.
Der Kläger verpflichtete sich zunächst durch gerichtlichen Vergleich vom 13.8.1996, der
Beklagten monatlichen Unterhalt von 520 DM, das sind 265,87 €, zu zahlen. Diesen
Vergleich änderten die Parteien durch den vor dem Amtsgericht Strausberg
geschlossenen Vergleich vom 3.8.2005 (2 F 164/05) dahingehend ab, dass ab
September 2004 nur noch monatlicher Unterhalt von 134 € zu zahlen war. Der Betrag
beruhte darauf, dass die Parteien bei unverändertem Anspruch die Hälfte des
Einkommens der Beklagten von 131,75 € (= 265,87 € - 131,75 €) anrechneten. Die
Beklagte kündigte an, sie werde gegenüber dem Kläger den Gang ihrer weiteren
Ausbildung nachweisen. Über einen ab August 2005 etwa wieder erhöhten
Unterhaltsanspruch wollten die Parteien in außergerichtliche Verhandlungen treten.
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Die Beklagte, die im Haushalt ihrer Mutter lebte und zunächst ein freiwilliges soziales
Jahr absolviert hatte, nahm im August 2005 den Besuch der Fachoberschule für
Sozialwesen in B. auf. Davon unterrichtete sie den Kläger durch Anwaltsschreiben vom
31.8.2005 und bat seinen Anwalt, den Kläger zu veranlassen, ab August die Zahlung des
Unterhalts in bisheriger Höhe, d. h. von monatlich 312,40 €, wieder aufzunehmen. Durch
Schreiben vom 7.11.2005 übersandte die Beklagte ein sog. Forderungskonto per
7.11.2005.
Nachdem der Kläger weiterhin Unterhalt in Höhe von 134 € zahlte, bat die Beklagte
durch Schreiben vom 7.3.2007 um Mitteilung der Gründe, aus denen eine erhöhte
Unterhaltszahlung ausgeblieben sei, und schlug vor, dass der Kläger bis August 2007,
dem Ende des Schulbesuchs, Unterhalt von monatlich 312,40 € zahle. Ab September
2007 müsse dann der Unterhalt dem künftigen Ausbildungsweg angepasst werden.
Durch weiteres Schreiben vom 18.3.2007 wies die Beklagte darauf hin, dass sich der
Kläger mit einem Gesamtbetrag von 3.301,60 € in Verzug befinde.
Im Sommer 2007 verfehlte die Beklagte das angestrebte Ziel des Fachabiturs, verließ
die Schule mit dem Abgangszeugnis vom 11.6.2007 und nahm im Oktober 2007 eine
Ausbildung als Gesundheits- und Krankenpflegerin auf. Im Hinblick auf die
Ausbildungsvergütung hat sie das Abänderungsbegehren des Klägers für die Zeit ab
Oktober 2007 anerkannt, sich für die Zeit davor jedoch dagegen gewendet und
widerklagend erhöhten Unterhalt, Auskunft über das Einkommen und den Wohnvorteil
sowie hilfsweise Zahlung des sich aus der Auskunft ergebenden Unterhalts verlangt.
Durch das am 19.3.2008 verkündete Urteil hat das Amtsgericht der Klage teilweise
stattgegeben und den Vergleich vom 3.8.2005 dahin abgeändert, dass der Kläger ab
August 2007 keinen Unterhalt mehr zahlen muss. Die weitergehende Klage und die
Widerklage hat es abgewiesen. Auf die tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit der Berufung. Sie trägt vor:
Eine Verwirkung ihres Unterhaltsanspruchs sei nicht eingetreten. Sie habe lediglich in der
Zeit zwischen dem 21.11.2005 und dem 7.3.2007 den erhöhten Unterhalt nicht erneut
angemahnt. Sie sei erst am 9.5.2006 volljährig geworden, etwaige Versäumnisse in der
Zeit davor könnten ihr nicht zugerechnet werden. Der Kläger habe von ihrem
Schulbesuch gewusst und sich nicht darauf eingestellt, dass sie keinen höheren
Unterhalt mehr verlangen werde.
Aus den verlangten Auskünften ergebe sich, dass der Kläger den mit der Widerklage
berechneten Unterhalt zahlen müsse. Von diesen Beträgen verlange sie zunächst 15 %
und behalte sich die Geltendmachung einer Nachforderung vor.
Die Beklagte beantragt,
in Abänderung des angefochtenen Urteils den Vergleich vom 3.8.2005 vor dem
Amtsgerichts Strausberg (2 F 164/05) dahin abzuändern, dass der Kläger an sie
folgenden monatlichen Unterhalt zahle,
jeweils abzüglich gezahlter 134 € monatlich.
Der Kläger beantragt Berufungszurückweisung und meint, dass der Vortrag der
Beklagten zur Verwirkung wegen Verspätung zurückzuweisen sei.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die Berufung der Beklagten ist teilweise begründet. Sie kann in Abänderung des vor dem
Amtsgericht Strausberg geschlossenen Vergleichs vom 3.8.2005 erhöhten Unterhalt für
die Zeit von März 2006 bis einschließlich Juli 2007 verlangen. Da die Beklagte jedoch nur
15 % des vollen, von ihr ermittelten Unterhaltsbetrags verlangt und sich die
Geltendmachung einer Nachforderung vorbehält (vgl. zu dem als Teilklage
anzusehenden Begehren OLG Hamm, OLGR 2006, 790), ergeben sich die aus dem
Tenor ersichtlichen Beträge.
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Das Vorbringen der Beklagten ist uneingeschränkt zu berücksichtigen, es ist nicht, wie
der Kläger meint, wegen Verspätung zurückzuweisen. Denn nach § 621 d ZPO kommt
eine Zurückweisung nur in Betracht, wenn die Zulassung der Angriffs- und
Verteidigungsmittel die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde die
Verspätung auf grober Nachlässigkeit beruht. Es kann dahingestellt bleiben, ob
überhaupt eine Verspätung des Vortrags der Beklagten vorliegt. Denn jedenfalls wird
durch die Berücksichtigung ihres Vortrags die Erledigung des Rechtsstreits nicht
verzögert. Über den Streit der Parteien kann, wie nachfolgend dargestellt, entschieden
werden.
Die Höhe des Unterhaltsanspruchs der Beklagten gemäß §§ 1601 ff. BGB hängt
entscheidend vom Einkommen des selbstständig als Fliesenleger tätigen Klägers ab. Da
es, wie unten noch dargestellt wird, um Unterhalt für die Beklagte in der Zeit ab März
2006 geht, der Unterhaltszeitraum im Jahr 2007 endet und für das Jahr 2007 nur eine
vorläufige Gewinn- und Verlustrechnung vorliegt, ist, was die Beklagte auch nicht
beanstandet hat, das vom Kläger belegte Einkommen der Jahre 2004 bis 2006
maßgeblich.
Im Jahr 2004 hat der Kläger, wie sich aus der vorgelegten Steuererklärung für dieses Jahr
ergibt und wovon auch die Beklagte ausgeht, einen Gewinn von 37.349 € erzielt. Davon
sind die Steuern abzuziehen. Insoweit kommt es wegen des sog. In-Prinzips (vgl. dazu
BGH, FamRZ 2003, 741; FamRZ 1990, 891) nicht auf die für dieses Jahr festgesetzten,
sondern auf die in diesem Jahr gezahlten Steuern an. Sie belaufen sich ausweislich des
für 2004 erteilten Steuerbescheids auf 5.048 €, sodass ein Gewinn von 32.301 € (=
37.349 € - 5.048 €) verbleibt.
Im Jahr 2005 beträgt der Gewinn des Klägers nach Steuern unstreitig 33.652 €.
Im Jahr 2006 hat der Kläger nach der von ihm vorgelegten Gewinn- und Verlustrechnung
einen Gewinn von 33.305,68 € erzielt. Von diesem ist ungeachtet des im Steuerbescheid
für 2006 ausgewiesenen geringfügig niedrigeren Gewinns auszugehen. Denn der Kläger
hat die Abweichung nicht erläutert und in seiner vorläufigen Gewinn- und
Verlustrechnung des Jahres 2007 für das Vorjahr wiederum den genannten höheren
Gewinn ausgewiesen. Abzuziehen ist die in diesem Jahr gezahlte Steuer, sie beträgt
ausweislich des Bescheids für 2006 insgesamt rund 6.486 € (= 6.288 Steuer + 197,80 €
Solidaritätszuschlag). Hinzuzusetzen ist die Steuererstattung von 1.265 €. Sie ist dem
Kläger ausweislich des für das Jahr 2004 erteilten Steuerbescheids zugeflossen, und
zwar, wie sich den auf dem Bescheid angebrachten handschriftlichen Vermerken
entnehmen lässt, im Jahr 2006. Die laut Bescheid vom 27.12.2006 festgelegte
Nachzahlung von 2.171 € kann in 2006 nicht berücksichtigen werden. Denn die
Nachzahlung ist schon aufgrund des Zeitpunkts des Erlasses des Steuerbescheids
erkennbar nicht mehr im Jahr 2006 erfolgt, dies hat auch der Kläger nicht behauptet. Der
Gewinn des Jahres 2006 stellt sich auf 28.084,68 € (= 33.305,68 € - 6.486 € + 1.265 €).
Somit ergibt sich ein Gesamteinkommen der Jahre 2004 bis 2006 von 94.037,68 € (=
32.301 € + 33.652 € + 28.084,68 €), das entspricht einem monatlichen Einkommen von
rund 2.612 € (= 94.037,68 € : 36 Monate). Zieht man davon die Vorsorgeaufwendungen
in unstreitiger Höhe von 1.006 € ab, verbleibt ein anrechenbares Einkommen von 1.606
€.
Dieses Einkommen ist um den Vorteil mietfreien Wohnens im eigenen Haus zu erhöhen.
Er bemisst sich nach der Marktmiete, die hier mit 980 € angenommen werden kann.
Denn ausweislich der von der Beklagten vorgelegten Angebote wird in der Wohngegend
des Klägers für vergleichbaren Wohnraum eine Miete in diesem Umfang verlangt. Der
insoweit allein erhobene Einwand des Klägers, er bewohne nur eine Doppelhaushälfte
und kein freistehendes Einfamilienhaus, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Denn
ungeachtet der Frage, ob insoweit tatsächlich ein Abschlag gerechtfertigt wäre, können
die von der Beklagten eingereichten Angebote herangezogen werden, weil sich eines der
Angebote ebenfalls auf eine Doppelhaushälfte bezieht.
Von diesem Wohnwert sind die Kreditbelastungen des Klägers abzusetzen. Die
verbrauchs-unabhängigen Kosten, die der Kläger weiterhin absetzen will, können nicht
berücksichtigt werden. Denn insoweit lebt der Eigentümer nicht günstiger als ein Mieter
(vgl. dazu Wendl/ Gerhardt, Unterhaltsrecht, 7. Aufl., § 1, Rz. 312). Damit verbleibt nach
dem insoweit unwidersprochenen Vortrag der Beklagten ein Wohnvorteil von rund 383 €.
Das Einkommen des Klägers erhöht sich auf 1.986 €.
Mit diesem Einkommen muss der Kläger für die Beklagte in der Zeit bis zum 8.5.2006, in
der sie noch minderjährig ist (s. zum Zeitpunkt Wendl/Scholz, a.a.O., § 2, Rz. 20, 340),
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der sie noch minderjährig ist (s. zum Zeitpunkt Wendl/Scholz, a.a.O., § 2, Rz. 20, 340),
nach Anlage I zu den Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts,
Stand 1.7.2005, monatlichen Unterhalt von 373 € zahlen. Zieht man davon gemäß §
1612 b Abs. 1 BGB in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung das hälftige Kindergeld
ab, ergibt sich ein Zahlbetrag von 296 €.
Insoweit ist der Kläger auch leistungsfähig. Von dem oben ermittelten Einkommen
verbleiben nach Abzug des für den Wohnsitz des Klägers maßgeblichen notwendigen
Selbstbehalts von 890 € noch 1.096 € übrig. Die Tabellenbeträge für die weiteren Kinder,
für die der Kläger alleine aufkommen muss, machen 373 € (J.) und 317 € (L.) aus. Der
Gesamtbedarf aller Kinder stellt sich auf 1.063 € und erreicht das für den Unterhalt zur
Verfügung stehende Einkommen von 1.096 € nicht.
Am ….5.2006 hat die Beklagte das 18. Lebensjahr vollendet. Sie wohnt weiter im
Haushalt ihrer Mutter und besucht die Fachoberschule. Ihr Bedarf, für den nunmehr
beide Elternteile anteilig haften, bemisst sich nach den zusammengerechneten
Einkünften ihrer Eltern. Die Mutter der Beklagten erzielt unstreitig ein Einkommen von
rund 1.787 €, der Kläger, wie oben dargestellt, ein solches von 1.986 €. Es ergibt sich ein
Gesamteinkommen von 3.773 €. Der Tabellenunterhalt der 4. Altersstufe beträgt 603 €.
Davon ist das volle Kindergeld abzuziehen (vgl. dazu die Rechtsprechung des BGH,
FamRZ 2007, 542; FamRZ 2006, 99, und die gesetzliche Neuregelung ab 1.1.2008), es
verbleiben 449 €.
Die Haftungsanteile der Eltern berechnen sich nach dem jeweiligen Anteil des
Einzeleinkommens am Gesamteinkommen abzüglich des jeweiligen Selbstbehalts (vgl.
dazu Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 10.
Aufl., Rz. 974). Nach Abzug des notwendigen Selbstbehalts verbleiben vom Einkommen
des im Bezirk des OLG Schleswig wohnenden Klägers 1.096 € (= (1.986 € - 890 €), von
demjenigen der Mutter der Beklagten 967 € (= 1.787 € - 820 €). Es ergibt sich ein
Haftungsanteil des Klägers von rund 53 % [1.096 € : (1.096 € + 967 €)]. Er muss der
Beklagten somit Unterhalt in Höhe von rund 238 € (= 449 € x 53 %) zahlen.
Von Juli 2007 an verringert sich der Unterhalt aufgrund der geänderten
Unterhaltsleitlinien geringfügig. Der Tabellenbetrag der 4. Altersstufe macht bei
unveränderten Einkünften der Eltern 596 € aus, nach Abzug des Kindergelds verbleiben
442 €. Der notwendige Selbstbehalt des Klägers ist nach den Unterhaltsleitlinien des
OLG Schleswig auf 900 € gestiegen. Nach Abzug des notwendigen Selbstbehalts
verbleiben von seinem Einkommen 1.086 € (= 1.986 € - 900 €), vom Einkommen der
Mutter der Beklagten weiterhin 967 €. Es ergibt sich ein Haftungsanteil des Klägers in
unveränderter Höhe von rund 53 % [= 1.086 € : (1.086 € + 967 €)]. Der Zahlbetrag sinkt
leicht auf rund 234 € (= 442 € x 53 %).
Somit muss der Kläger der Beklagten an sich monatlichen Unterhalt in folgendem
Umfang zahlen:
die Beklagte könnte daher Abänderung in diesem Umfang abzüglich (bis Dezember
2008) gezahlter 134 € monatlich verlangen. Sie verlangt jedoch nur 15 % des von ihr
berechneten monatlichen Unterhalts verlangt, nämlich
abzüglich gezahlter 134 € monatlich, sodass es bei diesen Beträgen verbleiben muss.
Eine Abänderung des Vergleichs vom 3.8.2005 dahin, dass der Kläger 134 € monatlich
übersteigenden Unterhalt zahlen muss, kann die Beklagte allerdings erst für die Zeit ab
März 2006 verlangen. Einer Unterhaltserhöhung vor diesem Zeitpunkt steht der Einwand
der Verwirkung entgegen.
Die Parteien haben bei Abschluss des Vergleichs im August 2005 erklärt, dass ein etwa
erhöhter Unterhaltsanspruch von der weiteren Ausbildung der Beklagten und der
etwaigen Gewährung von Ausbildungsbeihilfe abhängen soll. Dementsprechend hat die
Beklagte den Kläger durch Schreiben vom 31.8.2005 über die Aufnahme des
Schulbesuchs unterrichtet und gebeten, ab August die Zahlung monatlichen Unterhalts
von 312,40 € wieder aufzunehmen. Durch weiteres Schreiben vom 7.11.2005 hat sie
dem Kläger ein sog. Forderungskonto übersandt. Danach hat sie den Schriftwechsel
jedoch eingestellt und ist erst wieder durch Schreiben vom 7.3.2007 auf ihr Verlangen
von erhöhtem Unterhalt zurückgekommen. Danach hat sie einen weiteren
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von erhöhtem Unterhalt zurückgekommen. Danach hat sie einen weiteren
Unterhaltsanspruch, als er tituliert war und bezahlt worden ist, für die Zeit von August
2005 bis einschließlich Februar 2006 verwirkt. Denn das Zeitmoment kann in der Regel
für Zeitabschnitte, die mehr als ein Jahr vor einem erneuten Tätigwerden zurückliegen,
bejaht werden (vgl. Wendl/Gerhardt, Unterhaltsrecht, 7. Aufl., § 6, Rz. 136).
Bedenken daran, ob das Umstandsmoment vorliegt, bestehen nicht. Denn es kann ohne
weiteres davon ausgegangen werden, dass ein Unterhaltsschuldner, der zunächst auf
Unterhalt in Anspruch genommen wird, dann aber knapp eineinhalb Jahre lang
nichts mehr von der Angelegenheit hört, sich darauf einstellt, dass die – weitergehende –
Unterhaltsforderung fallen gelassen worden ist. Dass die Beklagte erst nach dem die
Verwirkung begründenden Zeitraum am ….5.2006 volljährig geworden ist, ändert nichts
(BGH, FamRZ 1999, 1422).
Über den Monat Juli 2007 hinausgehenden (erhöhten) Unterhalt kann die Beklagte
ebenfalls nicht verlangen. Denn sie hat die Schule mit dem Abgangszeugnis vom
11.6.2007 verlassen. Von ihr kann daher erwartet werden, dass sie rund sechs Wochen
nach Ende des Schulbesuchs, also ab August 2007, bis zum Antritt der Lehre im Oktober
2007 eine Aushilfstätigkeit aufnimmt und für ihren Unterhalt selbst aufkommt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
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