Urteil des OLG Brandenburg vom 09.09.2005

OLG Brandenburg: stadt, positive vertragsverletzung, juristische person, grundstück, kaufpreis, käufer, schuldübernahme, erdgas, urkunde, verkehrswert

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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 5.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
5 U 113/05
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 328 BGB, § 398 S 2 BGB, § 414
BGB, § 417 Abs 1 S 1 BGB, § 2
Abs 1 InVorG
Grundstückskaufvertrag; positive Vertragsverletzung:
Auskunftspflicht des Grundstücksverkäufers über die Höhe
geltend gemachter aufgewendeter Kosten
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 9. September 2005 verkündete Urteil der 8.
Zivilkammer des Landgerichts Potsdam - 8 O 643/04 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung einschließlich der Kosten der Streithelferin der Beklagten trägt
die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der der
aufgrund dieses Urteils beizutreibenden Beträge abwenden, wenn nicht die Beklagte und
ihre Streithelferin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Gründe
I. Die Klägerin (bis zum 8. März 2004 firmierend als W. Wohnungsverwaltungsgesellschaft
P.mbH - vgl. Bl. 387, 391 d. A.) macht gestützt auf Abtretungsvereinbarungen vom 11.
Mai 2004 aus abgetretenem Recht der Gemeinnützigen Wohn- und Baugesellschaft
P.mbH (G.), die durch Umwandlungsbeschluss und Eintragung in das Handelsregister
am 12. März 1991 aus dem VEB Gebäudewirtschaft P. hervorgegangen ist und deren
Anteile zu 100 % von der Stadt P. gehalten werden, Gebäudeinstandsetzungskosten auf
der Grundlage von im wesentlichen der Zedentin in den Jahren 1991 bis 1993 erteilten
Rechnungen geltend.
Die Stadt P. war im Grundbuch von B. Blatt 907 eingetragen als Eigentümerin des 1.589
m² großen Grundstücks W. 19/21, Flur 1, Flurstück 124 (Grundstück).
Mit notariellem Vertrag ( Bl. 278 d. A.) vom 27. Januar 2000 (Notar R. UR-Nr. R 85/2000)
verkaufte die Stadt P. im Wege eines Investitionsvorrangverfahrens der O. GmbH (das ist
die nunmehr umfirmierte Streithelferin der Beklagten) das Grundstück zu einem zuvor
durch Einholung eines Verkehrswertgutachtens ermittelten Kaufpreis von 820.000 DM.
In § 12 Ziffer 4 trafen die Kaufvertragsparteien folgende Regelung:
„Der Käufer erstattet der W. GmbH (Wohnungsverwaltungsgesellschaft P.) G. Potsdam
GmbH die nachweisbar aufgewendeten Kosten gem. § 3 Abs. 3 Satz 4 VermG (z. B.
Umstellung auf Erdgas).
Die Aufnahme dieser Klausel beruhte auf einer an den Oberbürgermeister der Stadt P.
- Amt für städtische Liegenschaften - gerichteten Mitteilung der W. vom 14. September
1998 betreffend das Grundstück, worin es unter der Überschrift „Baumaßnahmen die
der Vermieter nicht zu vertreten hat gemäß § 3 Abs. 3 Satz 4 VermG„ heißt:
„… 1993/94 erfolgten in diesem Mietobjekt die notwendeigen Arbeiten zur
Erdgasumstellung. Diesbezüglich wurden bereits Rechnungen in Höhe von 79.502,56 DM
durch uns bezahlt. Es besteht die Möglichkeit, dass noch offene Forderungen seitens der
Auftragnehmer bestehen, welche durch unsere Unternehmen zu begleichen sind. Wir
bitten Sie daher, bei Veräußerung des Objektes folgende Feststellung aufzunehmen: …„.
Mit notarieller Urkunde vom 14. April 2000 (Notar A. in P., UR-Nr. 1219/2000) verkaufte
die Streithelferin der Beklagten das Grundstück zu einem Kaufpreis von 820.000 DM
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die Streithelferin der Beklagten das Grundstück zu einem Kaufpreis von 820.000 DM
weiter. Wegen der Einzelheiten dieses Vertrages, der in § 1 auf die vorliegende Urkunde
des Notars R. vom 27. Januar 2000 (UR-Nr. 85/2000) als Verweisungsurkunde Bezug
nimmt, wir auf den Inhalt der vorgelegten Urkunde verwiesen.
Die Klägerin hat behauptet, sie sei eine 100 %-ige Tochtergesellschaft der G.. Die Stadt
P. habe der G. mit Umwandlung des Vermögens des ehemaligen VEB Gebäudewirtschaft
P. das ehemals von diesem als Rechtsträger gehaltene Immobiliarvermögen zur
Verwaltung übertragen, wozu auch das Hausgrundstück W. 19/ 21 in B. gehöre. Die G.
habe bezüglich des Grundstücks W. 19 die Umstellung von Stadtgas auf Erdgas sowie
weitere erforderliche und notwendige Sanierungsmaßnahmen mit einem Volumen von
348.433,34 DM in Auftrag gegeben und bezahlt. Gleiches gelte für das Grundstück W.
21, wofür 107.893,50 DM aufgewendet worden seien.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 233.316,20 € nebst 5 % Zinsen über dem
Basiszinssatz seit dem 1. September 2001 zu zahlen.
Die Beklagte und ihre Streithelferin haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben.
Die Beklagte und ihre Streithelferin haben die Wirksamkeit der Abtretungserklärungen
vom 11. Mai 2004 in Abrede gestellt und die Ansicht vertreten, die Regelung in § 12 Abs.
4 des Notarvertrages vom 27. Januar 2000 verstoße als überraschende und unklare
Regelung gegen das AGBG. Bezüglich der vorgenommenen Sanierungsmaßnahmen hat
die Beklagte geltend gemacht, dass sich aus dem Schreiben der W. an die
Landeshauptstadt P. vom 14. September 1998 ergebe, dass diese Kosten frühzeitig der
Höhe nach bekannt gewesen und von der Stadt P. bei den Vertragsverhandlungen
bewusst und zielgerichtet verschwiegen worden seien.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die Klausel in § 4 Abs. 2 des Vertrages
vom 14. April 2000, wonach der Käufer an Stelle des Verkäufers die Erfüllung aller
Verpflichtungen des Käufers gegenüber der Stadt aus der Verweisungsurkunde
übernehme, sei insoweit unwirksam, als es um die Erstattungspflicht gemäß § 12 Abs. 4
des Notarvertrages vom 27. Januar 2000 gehe. § 12 Abs. 4 des Notarvertrages vom 27.
Januar 2000 verstoße gegen § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG und sei deswegen unwirksam. Die
Klausel stelle eine von der Stadt P. verwendete allgemeine Geschäftsbedingung dar. Die
Stadt P. habe unstreitig in einer Reihe von Fällen, in denen es um den Erwerb nach dem
Investitionsvorranggesetz gegangen sei, gleichartige Verträge mit derartigen Klauseln
verwendet wobei es sich um Kaufverträge vom 5. Juni 1997, 6. Februar 1998 und 27.
Januar 2000 über Objekte in der G. und der … in P. handele. Die Stadt P. habe
offenkundig in all den Fällen Wert auf die Hereinnahme dieser Klausel in den Vertrag
gelegt, so dass alles dafür spreche, dass sie nicht individuell zwischen den Parteien des
Grundstückskaufvertrages ausgehandelt worden sei. Letzteres trage die Klägerin auch
nicht vor. Die Klausel führe zu einer unangemessenen Benachteiligung der anderen
Vertragspartei. Als Abweichung vom dispositiven Recht begründe sie Nachteile von
einigem Gewicht. Das Kaufrecht sehe in § 433 BGB als Leistungspflicht des Käufers die
Kaufpreiszahlung vor, nicht jedoch die Übernahme von aufgewendeten Kosten im Sinne
des § 3 Abs. 3 Satz 4 VermG. Dasselbe gelte auch für einen Kauf nach dem
Investitionsvorranggesetz, wobei § 2 Abs. 1 Investitionsvorranggesetz die Anwendbarkeit
des § 3 Abs. 3 - 5 VermG ausschließe. Auch wenn das Investitionsvorranggesetz und das
BGB-Kaufrecht die Auferlegung solcher schuldrechtlichen Pflichten nicht verbiete,
handele es sich um eine von dem gesetzlichen Leitbild abweichende Regelung. Der
Grundstückskäufer im Investitionsvorrangverfahren müsse mit einer solchen Klausel
nicht rechnen. Sie sei in einem reinen Kaufvertrag deshalb unangemessen, da die
Käuferin erhebliche Mehrkosten über den vereinbarten Kaufpreis hinaus zu zahlen habe,
die zu diesem Zeitpunkt für die Stadt P. bereits bezifferbar gewesen seien. Die
Maßnahmen seien lange vor den Kaufverträgen vorgenommen worden. Die Klägerin
behaupte selbst, dass sie selbst bzw. die mit ihr identische W. GmbH hinsichtlich ihrer
Anteile zu 100 % von der Landeshauptstadt P. gehalten werde. Insofern sei es
vollkommen realitätsfern, wenn der Stadt nicht bekannt wäre, welche Investitionen in
einem Fall wie vorliegend von einem kommunalen Unternehmen getätigt worden seien.
Die verwendete Klausel sei intransparent und lasse nicht erkennen, was auf die Käuferin
an Kosten noch zukomme. Zudem sei vor Abschluss des Kaufvertrages ein
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an Kosten noch zukomme. Zudem sei vor Abschluss des Kaufvertrages ein
Verkehrswertgutachten eingeholt worden, so dass die Streithelferin weitaus mehr als
den Verkehrswert des Grundstücks zu zahlen habe. Die Maßnahmen, für die die Klägerin
Ersatz verlange, seien bereits im Verkehrswert des Grundstücks enthalten. Für die
Unangemessenheit der Klausel spiele es keine Rolle, dass sie keinerlei Bezug zum
Kaufpreis ausweise. Letztendlich sei es dem Käufer gleichgültig, ob sich durch eine
solche Klausel der Kaufpreis erhöhe oder ob ihm zusätzliche Kosten auferlegt werden,
die nicht Bestandteil des Kaufpreises seien.
Die verwendete Klausel sei darüber hinaus auch überraschend gemäß § 3 AGBG. Dem
stehe nicht entgegen, dass die Rechtsprechung eine Klausel, die Bestandteil eines von
einem Notar beurkundeten und verlesenen Vertrages in der Regel nicht als
überraschend ansehe. Denn eine entsprechende Annahme sei nur bei einem
übersichtlichen und verständlichen Vertrag gerechtfertigt. Ein solcher liege aber gerade
nicht vor, da die maßgebliche Klausel in einem Abschnitt versteckt sei, in dem sie
vernünftigerweise nicht erwartet und daher auch beim Verlesen nicht notwendigerweise
wahrgenommen werde. Die außerordentlich bedeutsame Klausel, die zu Mehrkosten von
56 % des vereinbarten Kaufpreises führe, sei in einer Rubrik enthalten, in welcher es nur
um „Kosten„ gehe, wobei sie hier als letzter Punkt dieser Position „Kosten„ verzeichnet
sei, während es in Abs. 1 des § 12 um Kosten des Vertrages und seiner Durchführung, in
Abs. 2 um etwaige Kosten für die Löschung von nicht übernommenen
Grundstücksbelastungen und in Abs. 3 um die zu zahlende Grunderwerbsteuer gehe,
also durchweg Positionen, die man bei einem Kaufpreis von immerhin 820.000 € (richtig:
DM) als eindeutig weniger wichtig einstufen müsse. Insofern sei der Vertrag gerade
weder übersichtlich noch verständlich und damit trotz Verlesens überraschend.
Auf Grund des Verstoßes von § 12 Abs. 4 des ersten Notarvertrages gegen § 3 und § 9
AGBG komme es nicht mehr auf die Frage an, ob auch der zweite Notarvertrag AGBG-
Charakter habe, zumal beim zweiten Notarvertrag nicht einmal eine Verlesung des
Erstvertrages stattgefunden habe.
Gegen das Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie die Verletzung
materiellen Rechts rügt.
Die Klägerin stellt in Abrede, dass es sich bei der Kostenerstattungsklausel des
Notarvertrages vom 27. Januar 2000 um eine allgemeine Geschäftsbedingung gehandelt
habe und behauptet nunmehr hierzu, dass die Klausel Gegenstand individueller
Erörterungen der Parteien des Vertrages vom 27. Januar 2000 gewesen seien und die
Streithelferin die Möglichkeit der Einflussnahme gehabt habe und nicht gezwungen
gewesen sei, die Grundstückskaufverträge mit der Kostenerstattungsklausel
abzuschließen. Die Klausel sei auch, zumal auf Grund der bereits zuvor zwischen der Fa.
O. und der Stadt P. geschlossenen Verträge nicht überraschend, da auch die vier
Vorverträge (das sind Kaufverträge vom 5. Juni 1997, 6. Februar 1998 und 27. Januar
2000) über die Grundstücke G. 83, 94 und 95 sowie L. 52 entsprechende Klauseln zum
Inhalt gehabt hätten. Der Streithelferin der Beklagten sei auch die Tragweite der
Kostenerstattungsklausel auf Grund der vorangegangenen Kaufverträge, aus denen sie
in Anspruch genommen worden sei, bekannt gewesen. Die Klausel sei schließlich auch
nicht unangemessen. Schließlich seien die Maßnahmen nicht in das
Verkehrswertgutachten eingeflossen, denn weder die Umstellung von Stadt- auf Erdgas
noch die 1991 ausgeführten Dach- und Schornsteinarbeiten sowie die in den Jahren 1991
bis 1993 durchgeführten Maßnahmen (Erneuerung von Fenstern, Öfen, Gasherden und
Elektroinstallationsanlagen der Mietwohnungen) hätten zu einer Wertverbesserung des
Grundstücks geführt. Der mit 820.000 DM ermittelte Verkehrswert habe nahezu dem
Bodenwert von 763.000 DM entsprochen, so dass weder die Beklagte noch ihre
Streithelferin einer „doppelten Kaufpreiszahlung„ ausgesetzt gewesen seien. Es habe
auch ein besonderes Interesse der Stadt P. bestanden, die Streithelferin zur
Kostenerstattung an die Klägerin zu verpflichten, denn die Klägerin bzw. die G. GmbH
habe die grundstücksbezogenen Ausgaben zu tragen gehabt und auf ihre eigenen
Kosten das Grundstück bewirtschaftet, während im Falle der Restitution weder die
Klägerin noch die G. GmbH den gesetzlichen Kostenerstattungsanspruch hätten geltend
machen können, da sie nicht Verfügungsberechtigte im Sinne des § 3 VermG gewesen
seien. Darüber hinaus seien auf Grund des Unterlassungsgebotes sowohl die Stadt P. als
auch die W. bzw. G. gehindert gewesen, selbst Investitionen zu tätigen um danach aus
dem Grundstück höhere Einnahmen zu erzielen, sondern lediglich verpflichtet gewesen,
zur Erhaltung des Vermögenswertes erforderliche Maßnahmen durchzuführen. Die
Kostenerstattungsklausel benachteilige die Beklagte auch nicht unangemessen. Der
Beklagten sei die Kostenerstattungsklausel vor Abschluss des Vertrages mit der
Streitverkündeten bekannt gewesen, denn sie habe in einem an die Stadt P. gerichteten
Schreiben vom 1. Oktober 2001 selbst mitgeteilt, von einer Pflicht zur Erstattung der
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Schreiben vom 1. Oktober 2001 selbst mitgeteilt, von einer Pflicht zur Erstattung der
Erdgasumstellungskosten ausgegangen zu sein. Auf die Frage, über welchen Umfang
der Kostenerstattungspflicht die Streithelferin die Beklagte vor Vertragsabschluss
aufgeklärt habe, komme es nicht an.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des am 9. September 2005 verkündeten Urteils des Landgerichts
Potsdam (8 O 643/04) die Beklagte zu verurteilen, an sie 233.316,20 € nebst Zinsen in
Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. September 2001 zu zahlen.
Die Beklagte und ihre Streithelferin beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte und ihre Streithelferin weisen das Vorbringen der Klägerin zum AGB-
Charak-ter, welches sie im Übrigen bestreiten, als verspätet zurück und verteidigen im
Übrigen das erstinstanzliche Urteil mit näherer Darlegung. Die Streithelferin der
Beklagten ist der Ansicht, dass die Veräußerin ihre Aufklärungspflicht verletzt habe,
indem sie die Käufer nicht darüber informiert habe, dass aus der
Aufwendungsersatzklausel Ansprüche in Höhe von regelmäßig mehr als 10 %, vorliegend
gar mehr als 55 % des Kaufpreises auf den Käufer zukämen. Dabei müsse sich die
Veräußerin das Wissen der Klägerin bzw. W. über die Höhe der Kosten nach den
Grundsätzen der Wissenszurechnung zurechnen lassen und zwar als deren
Eigengesellschaft.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Tatbestand des
erstinstanzlichen Urteils sowie auf den Inhalt der von den Parteien gewechselten
Schriftsätze und vorgelegten Unterlagen verwiesen.
II. Die Berufung ist gemäß §§ 511 Abs. 1 und 2, 513, 517, 519, 520 ZPO statthaft und
zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt und begründet worden.
In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg.
Die Klägerin kann die Beklagte nicht aus § 4 Abs. 2 des Vertrages vom 14. April 2000 auf
Erstattung von Gebäudeinstandsetzungskosten nach Maßgabe von § 3 Abs. 3 Satz 4
VermG i. V. mit der Regelung in § 12 Ziffer 4 des Vertrages vom 27. Januar 2000 in
Anspruch nehmen.
Bei der Klausel gemäß § 12 Abs. 4 des Vertrages vom 27. Januar 2000 handelt es sich
nach ständiger Rechtsprechung des Senates (vgl. u. a. Urteile vom 28. März 2002, 5 U
106/01 und 15. Januar 2004, 5 U 111/02) zwar um einen echten Vertrag zugunsten der
Zedentin i.S.d. § 328 BGB mit einer Rechtsfolgeverweisung, der der Zedentin ein
eigenes Forderungsrecht verschafft und zwar auf Erstattung sämtlicher Kosten i.S.v. § 3
Abs. 3 S. 4 VermG, die nachgewiesen werden. Grundsätzlich ist die Begründung eines §
3 Abs. 3 S. 4 VermG entsprechenden vertraglichen Anspruchs nach dem Grundsatz der
Vertragsfreiheit zulässig.
Der aus abgetretenem Recht geltend gemachte Anspruch würde aber voraussetzen,
dass der G. die abgetretene Forderung gegen die Streithelferin zusteht und die G. aus
dem Gesichtspunkt der Schuldübernahme deren Erfüllung von der Beklagten verlangen
kann. An beidem fehlt es.
Weder die Klägerin noch die G. haben mit der Beklagten unmittelbar eine Vereinbarung
über die Instandsetzungskosten getroffen. Auch eine gesetzliche Anspruchsgrundlage
besteht nicht. Insbesondere ergibt sich aus § 3 Abs. 3 Satz 4 VermG kein
Erstattungsanspruch. Die Regelung des § 3 Abs. 3 Satz 4 VermG gewährt zwar dem
Verfügungsberechtigten einen Anspruch auf Erstattung der Kosten, die für bestimmte
Maßnahmen angefallen sind. Dieser Anspruch richtet sich jedoch gegen den
Restitutionsberechtigten. Das ist weder die Beklagte noch ihre Streithelferin.
Die Klägerin könnte den ihre abgetretenem Anspruch gemäß § 398 Satz 2 BGB daher
lediglich aus einer Schuldübernahme nach § 415 BGB i.V. mit dem Notarvertrag vom 14.
April 2000 herleiten. Dieser Vertrag enthält jedoch keine Regelung dahingehend, dass
die Beklagte sämtliche Verpflichtungen ihrer Streithelferin aus dem Vertrag vom 27.
Januar 2000 übernommen habe.
Soweit § 3 dieses Vertrages regelt, dass für das Verhältnis zwischen Verkäufer (das ist
die Streithelferin) und Käufer (das ist die Beklagte) die schuldrechtlichen Vereinbarungen
aus der Verweisungsurkunde, also dem Vertrag vom 27. Januar 2000 entsprechend
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aus der Verweisungsurkunde, also dem Vertrag vom 27. Januar 2000 entsprechend
gelten, sind damit nur Verpflichtungen der Vertragsparteien untereinander
angesprochen, also Regelungen betreffend die Übereignung des Grundstücks
einschließlich der dafür zu erbringenden Gegenleistungen sowie
Investitionsverpflichtungen. Bei der Klausel in § 12 Abs. 4 der Verweisungsurkunde geht
es jedoch um das Verhältnis des Erwerbers zu der Zedentin, also einem Dritten nicht am
Erstvertrag Beteiligten. Auch in § 4 des Vertrages vom 14. April 2000, der u. a. mit
„Schuldübernahme„ überschrieben ist, hat die Beklagte nur Verpflichtungen der
Streithelferin gegenüber der Stadt und nicht auch gegenüber der nicht am Vertrag
beteiligten Zedentin, die eine eigenständige juristische Person ist, auch wenn sie
vollständig von der Stadt P. gehalten wird, übernommen. Im Hinblick darauf, dass zuvor
mangels eines Restitutionsberechtigten eine Forderung nach § 3 Abs. 3 Satz 4 VermG
nicht existierte, insbesondere die Stadt P. nicht zur Kostenerstattung verpflichtet war,
konnte mit der Kostenübernahme durch die Streithelferin auch keine entsprechende
Verpflichtung der Stadt P. gegenüber der Zedentin auf die Streithelferin abgewälzt
worden sein. Daher war die Stadt P. nicht gemäß § 335 BGB berechtigt, aus der
Vereinbarung mit der Streithelferin die Leistung an die Zedentin zu fordern. Allenfalls
wenn dies der Fall gewesen wäre, hätte man die Verpflichtung der Streithelferin
gegenüber der Zedentin zugleich als eine solche gegenüber der Stadt und damit als von
der Schuldübernahme erfasst ansehen können.
Gibt der Inhalt des Vertrages vom 14. April 2000, der die Vermutung der Vollständigkeit
und Richtigkeit für sich hat, nichts dafür her, dass die Beklagte auch die Verpflichtungen
ihrer Streithelferin gegenüber der G. aus § 12 Abs. 4 des Erstvertrages übernommen
hat, so reicht die bloße Behauptung der Klägerin, die Beklagte habe auch die
Verpflichtung übernommen, zur Widerlegung der Vollständigkeitsvermutung nicht aus.
Der Anspruch der Klägerin scheitert aber nicht nur daran, dass die Beklagte keine Schuld
der Streithelferin gegenüber der Klägerin übernommen hat. Die Klage hat auch
deswegen keinen Erfolg, weil – bei unterstellter Schuldübernahme - die Streithelferin,
und damit auch die Beklagte gemäß § 417 Abs. 1 S. 1 BGB, jedenfalls die
Rückgängigmachung des Vertrages zugunsten der Zedentin als Dritter gemäß § 328 a.
F. BGB verlangen kann.
Es ist schon zweifelhaft, ob die Klausel einer Überprüfung nach dem AGBG standhält.
Schon aufgrund der nunmehr vier dem Senat bekannten Fälle (neben dem vorliegenden
auch die o. g. sowie 5 U 33/03) ist davon auszugehen, dass es sich bei dieser Klausel um
eine für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte, von der Veräußerin gestellte
Vertragsbedingung handelt. Ob die Klausel gegen das Transparenzgebot verstößt bzw.
sie im Hinblick auf die vertragliche Gestaltung überraschend ist, kann jedoch
dahinstehen. Denn auch wenn dies zu verneinen wäre könnte die Streithelferin, und
damit auch die Beklagte gemäß § 417 Abs. 1 S. 1 BGB, jedenfalls die
Rückgängigmachung des Vertrages zugunsten der Zedentin als Dritter gemäß § 328
BGB verlangen, weil der Vertrag durch pflichtwidriges Verhalten zustande gekommen ist
(Palandt-Heinrichs, 61. Aufl., § 276 Rn. 78 m.w.N.). Dieses ist darin zu sehen, dass die
Streithelferin bei Abschluß des Vertrages zu Gunsten der Zedentin von der Stadt P. nicht
über die Höhe der auf sie zukommenden Kosten informiert worden ist.
Im Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages am 27. Januar 2000 waren sämtliche
nunmehr geltend gemachten Kosten seit mehr als fünf Jahren angefallen, abgerechnet
und von der Zedentin bezahlt. Die Stadt P. war aufgrund der Mitteilung der W. vom 14.
September 1998 darüber informiert, dass betreffend das Grundstück in den Jahren 1993,
1994 in diesem Mietobjekt die notwendigen Arbeiten zur Erdgasumstellung ausgeführt
und deshalb bereits zu diesem Zeitpunkt Rechnungen in Höhe von 79.502,56 DM durch
die Zedentin bezahlt worden waren sowie, dass u. U. weitere Kosten hinzukämen. Die
der Veräußerin bekannten Kosten betrugen also schon nahezu 1/10 des Kaufpreises und
weitere Kosten waren nicht auszuschließen. Wenn es auch grundsätzlich Sache jeder
Partei ist, ihre eigenen Interessen selbst wahrzunehmen und eine allgemeine Pflicht, alle
Umstände zu offenbaren, die für die Entschließung des anderen Teils von Bedeutung
sein können, nicht besteht, so war im vorliegenden Fall jedoch die Veräußerin dennoch
auch ungefragt zur Aufklärung über das ihr bereits 1998 Mitgeteilte verpflichtet und
durfte der Streithelferin ihr Wissen um die Kosten nicht vorenthalten. Denn der danach
bereits feststehende Betrag war schon so hoch, dass die Streithelferin hierüber eine
Auskunft, die der Veräußerin auch leicht möglich war, erwarten durfte. Das Verschweigen
der Höhe der auf die Streithelferin zukommenden Kosten stellt sich mithin als arglistig
dar, jedenfalls ist darin eine positive Vertragsverletzung zu sehen. Diese muß sich die
Zedentin als Versprechensempfängerin gemäß § 334 BGB zurechnen lassen. Dies hat
zur Folge, dass die Streithelferin und damit auch die Beklagte gemäß § 417 Abs. 1 S. 1
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zur Folge, dass die Streithelferin und damit auch die Beklagte gemäß § 417 Abs. 1 S. 1
BGB die Rückgängigmachung des durch pflichtwidriges Verhalten zustande
gekommenen Vertrages zugunsten der Zedentin als Dritter gemäß § 328 BGB
verlangen kann (Palandt-Heinrichs, 61. Aufl., § 276 Rn. 78 m.w.N.). Einen
Kostenerstattungsanspruch kann die Klägerin deshalb daraus nicht mehr herleiten.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
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