Urteil des OLG Brandenburg vom 14.01.2009

OLG Brandenburg: treu und glauben, rechtskräftiges urteil, rechtliches gehör, sorgfalt, verschulden, vollstreckung, verfügung, erstellung, verantwortlichkeit, fahrlässigkeit

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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 4.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
4 U 19/09
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 280 BGB, § 281 BGB, § 634 Nr
4 BGB
Bauvertrag: Verschuldensmaßstab des Subunternehmers
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts
Potsdam vom 14.01.2009 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110
% des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Beklagte vor der
Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages
leistet.
Gründe
I.
Die Parteien streiten um einen Schadensersatzanspruch der Klägerin im
Zusammenhang mit der Errichtung einer Bodenplatte für ein Einfamilienhaus.
Die Klägerin schloss mit den Eheleuten H… am 30.03.2004 einen Bauvertrag über die
schlüsselfertige Errichtung eines Einfamilienhauses in Z….
Auf der Grundlage einer Bestellliste vom 08.09.2004 (Anlage B 1, Bl. 61 ff d. A.)
beauftragte die Klägerin die Beklagte, die Bodenplatte für dieses Einfamilienhaus zu
erstellen. Die Parteien hatten schon bei einer Vielzahl von Bauvorhaben in dieser Weise
zusammengearbeitet.
Die Arbeiten wurden im September 2004 ausgeführt, die Beklagte stellte am 27.09.2004
ihre Rechnung (Anlage K 3, Bl. 27 d. A.), die von der Klägerin auch bezahlt wurde.
Nachdem das Haus errichtet war, wurde aufgrund einer durch die Baubehörde
veranlassten Einmessung des Grundstücks festgestellt, dass das Haus ca. 0,5 m zu
hoch errichtet worden war und soweit nicht den Vorgaben der Baugenehmigung
entsprach. Die Baubehörde erließ daraufhin am 30.11.2004 eine Ordnungsverfügung,
mit der den Eheleuten H… aufgegeben wurde, die Arbeiten an dem Bauvorhaben sofort
einzustellen.
In der Folge kündigten die Eheleute H… den Generalunternehmervertrag mit der
hiesigen Klägerin. Sie leiteten zunächst ein selbständiges Beweisverfahren ein (LG
Potsdam, Az. 6 OH 3/05) und nahmen in der Folge die (hiesige) Klägerin bei dem
Landgericht Potsdam zum Verfahren 6 O 43/06 auf Zahlung von Schadensersatz in
Anspruch. In jenem Verfahren wurde der hiesigen Beklagten durch die hiesige Klägerin
der Streit verkündet.
Das Landgericht Potsdam erließ in jenem Verfahren auf der Grundlage des Gutachtens
im Selbständigen Beweisverfahren am 18.01.2008 ein Urteil, in welchem die hiesige
Klägerin verurteilt wurde, an die Bauherren Schadensersatz in Höhe von 44.850,00 €
nebst Zinsen zu leisten.
Nachdem die hiesige Beklagte gegen jenes Urteil Berufung eingelegt hatte, wies der 13.
Senat des Brandenburgischen Oberlandesgericht mit Beschluss vom 12.11.2008 gemäß
§ 522 Abs. II ZPO auf seine Absicht hin, die Berufung zurückzuweisen (Az.: 13 U 13/08).
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Das Berufungsgericht geht in dem Beschluss davon aus, dass das Landgericht den
durch die hiesige Klägerin als Beklagte zu erbringenden Umfang der Objektüberwachung/
Bauüberwachung zutreffend bewertet habe; dies gelte auch in Ansehung des
Umstandes, dass die Bauherren einzelne Arbeiten an Dritte vergeben bzw. in
Eigenleistung ausgeführt haben. Weiter führte der Senat in diesem Beschluss aus:
„… Der Einwand der Beklagten, dass die Überwachungspflicht dort endet, wo ein
Spezialist am Werk ist, ist zunächst richtig. Für den fachlichen Bereich der
Sonderfachleute ist der Architekt nur bei ihm nach seinen Fachkenntnissen
offensichtlichen Fehlern verantwortlich (…). Die vom Vermessungsingenieur
vorgenommene Grundstücks- und Gebäudeeinmessung wird er dabei aber zumindest
auf offenkundige Fehler überprüfen müssen (…). Eine derartige Überprüfung hat die
Beklagte nach eigenen Angaben nicht vorgenommen. …“
Die Klägerin hat ihre Berufung aufgrund des Hinweises des Berufungsgerichts
zurückgenommen und nimmt die Beklagte nunmehr auf der Grundlage des Urteils des
Landgerichts Potsdam vom 18.01.2008 auf Zahlung eines Schadensersatzes in Höhe
des ausgeurteilten Betrages sowie auf Freistellung von den Kosten sowohl des
Hauptsacheverfahrens als auch des selbständigen Beweisverfahrens in Anspruch.
Hauptstreitpunkt zwischen den Parteien ist die Frage, ob die Beklagte für die fehlerhafte
Einmessung der Bodenplatte, die letztlich dazu führte, dass das Haus 0,42 m zu hoch
errichtet wurde, verantwortlich ist.
Die Klägerin beruft sich diesbezüglich auf den Inhalt des landgerichtlichen Urteils vom
18.01.2008 (Bl. 235 ff d. A.).
Sie hat hierzu vorgetragen, dass die Beklagte als Subunternehmerin das Schnurgerüst
und die Bodenplatte erstellt habe und – auf der Grundlage der Feststellungen des vom
Landgericht beauftragten Sachverständigen – den Höhenbezugspunkt von 41,30 m
hätte erkennen können. Wenn dies für sie als bauüberwachende Architektin gelte, müsse
sich die Beklagte erst Recht einen entsprechenden Vorwurf machen lassen.
Zwar sei der Vermesser von den Bauherren eingeschaltet worden, die Beklagte sei
jedoch verpflichtet gewesen, die Angaben des Vermessers vor Ort zu überprüfen; als
Fachfirma habe ihr auffallen müssen, dass die Angaben nicht hätten richtig sein können.
Die Beklagte hat eine Verantwortung für die zu große Höhe des Gebäudes abgelehnt.
Sie hat behauptet, ihr seien lediglich der Plan für die Schalung und Bewehrung der
Bodenplatte, der Montageplan des Kellergeschosses und ein Lageplan 0,4/2004 sowie
ein Dachgeschoss-Grundriss/Schnitt 1 übergeben worden. In diesen Planunterlagen
seien Höhenangaben nicht vorhanden gewesen. Zur Verfügung gestanden hätten ihr
ferner ein Grobabsteckriss mit der Eintragung „O OKFFB EG 41,35“ und ein Lageplan mit
derselben Eintragung. Eine Baugenehmigung habe sie nicht erhalten, dies sei auch im
Verhältnis zwischen ihr und der Klägerin nicht üblich gewesen; bei einer Vielzahl von
Bauten sei in der vorbeschriebenen Weise verfahren worden.
Aus den überreichten Unterlagen habe sie das Maß 41,35 m als Höhe der Oberkante
des Fußbodens übernommen. Sofern es zu einer Änderung der Baugenehmigung bzw.
die ursprüngliche Planung gekommen sei, sei ihr dies nicht bekannt gewesen, die
entsprechenden Unterlagen hätten ihr nicht vorgelegen. Der von den Bauherren
eingeschaltete Vermessungsingenieur Hu… habe durch seine vorgenommenen
Messungen und Absteckungen die Richtigkeit der Arbeiten der Beklagten bestätigt.
Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die
tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs.
1 ZPO).
Das Landgericht Potsdam hat mit seinem Urteil vom 14.01.2009 die Klage abgewiesen.
Es hat ausgeführt, dass die Klägerin schon auf der Grundlage ihres eigenen Vorbringens
einen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte nicht habe schlüssig darlegen
können. Der Umstand, dass gegen die Klägerin in dem Verfahren Landgericht Potsdam
6 O 43/06 ein zwischenzeitlich rechtskräftiges Urteil ergangen sei, welches einen
Schadensersatzanspruch der Bauherren bejaht habe, führe nicht zu einer
Verantwortlichkeit der Beklagten.
Zum Einen sei die errichtete Bodenplatte als solche mangelfrei und bzw. weise keine
Ausführungsfehler auf.
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Die Beklagte habe die Bodenplatte auch nicht auf einem den übergebenen
Ausführungsunterlagen widersprechenden Höhenniveau errichtet. Die Beklagte sei
lediglich verpflichtet gewesen, die Bodenplatte auf der Grundlage der Angaben der
Klägerin zu errichten. Die Feststellung und Überprüfung des Höhenniveaus, auf welchem
die Bodenplatte habe gesetzt werden sollen, sei nicht Aufgabe der Beklagten gewesen.
Insoweit bestehe eine eigene Prüfungspflicht der Beklagten als Auftragnehmerin nicht,
da sie sich darauf habe verlassen können, dass die Klägerin als Architektin selbst
fachkundig sei und zudem mit einem Vermessungsingenieur eine für die richtige
Höhenabmessung besonders fachkundige Person eingeschaltet worden sei.
Die Klägerin selbst als die für die Objektüberwachung Verantwortliche mache in dem
Verfahren 6 O 43/06 LG Potsdam geltend, sie habe auf die Angaben des Vermessers
vertrauen dürfen, so dass die Beklagte, welche lediglich die Bodenplatte anhand des von
dem Vermesser eingemessenen Schnurgerüstes herzustellen hatte, dieses Vertrauen
für sich erst recht in Anspruch nehmen könne. Es seien keine Anhaltspunkte dafür
ersichtlich, dass die Beklagte die falsche Höhenangabe erkannt habe oder hätte
erkennen können. Vor diesem Hintergrund trete ein Verschulden der Beklagten völlig
hinter dem Verschulden der Klägerin zurück.
Gegen das ihr am 28.01.2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit Schriftsatz vom
02.03.2009, bei Gericht eingegangen am gleichen Tag, Berufung eingelegt und diese
nach entsprechend verlängerter Berufungsbegründungsfrist mit Schriftsatz vom
16.04.2009, bei Gericht eingegangen am gleichen Tag, begründet.
Mit der Berufung rügt die Beklagte zunächst eine Verletzung ihres Anspruchs auf
rechtliches Gehör, da sie im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht
aufgrund eines erst kurz vor dem Termin eingegangenen Schriftsatzes der Gegenseite
einen Schriftsatznachlass beantragt habe. Unter Umgehung dieses Antrags habe das
Landgericht unmittelbar nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung noch am
gleichen Tag das Urteil erlassen.
Das Urteil sei auch als Überraschungsentscheidung zu werten und insofern
rechtsfehlerhaft. Das Landgericht habe es rechtsfehlerhaft unter Verletzung der
materiellen Prozessleitungspflicht unterlassen, ihr eine Schriftsatzfrist gemäß § 139 Abs.
5 ZPO zu gewähren.
Aus dem Urteil des Landgerichts Potsdam vom 18.01.2008 im Verfahren 6 O 43/06 LG
Potsdam ergebe sich, dass die Einmessung falsch gewesen sei und dass diese
fehlerhaften Maßangaben auf einem Fehler des Vermessungsingenieurs, der von den
Bauherren beauftragt war, beruhte. Die Klägerin habe mit dem Vermessungsingenieur
der Bauherren letztendlich nichts zu tun, vielmehr habe sie selbst keine eigene
Fachkunde oder Spezialkenntnisse gehabt.
Auch der Beklagten hätte es oblegen, die Angaben des Vermessungsingenieurs auf
offensichtliche Unrichtigkeiten hin zu überprüfen. Hierzu hätte sie einen Abgleich der
Angaben mit der Baugenehmigung vornehmen müssen.
Nachdem die Klägerin erstinstanzlich zunächst vorgetragen hat, der Beklagte hätten
sämtliche Pläne der Klägerin zur Verfügung gestanden, so dass die Beklagte im
Innenverhältnis dafür verantwortlich sei, dass es zu der Errichtung der Bodenplatte auf
einem zu hohen Niveau gekommen sei, trägt sie nunmehr – unwidersprochen – vor,
dass die Beklagte die Bodenplatte gegossen habe, ohne dass ihr eine Baugenehmigung
vorgelegen habe. Allein dieser Umstand führe dazu, dass der Beklagten der notwendige
Abgleich der Höhenangaben des Vermessers mit der Planung nicht möglich gewesen
sei. Insofern hafte die Beklagte für den entstandenen Schaden.
Die Klägerin beantragt,
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, eine Verletzung rechtlichen Gehörs liege nicht vor, da der
Schriftsatznachlass von der Klägerin allein als Erwiderung auf das Vorbringen der
Beklagten im Schriftsatz vom 12.01.2009 beantragt worden sei und die Klägerin keinen
Schriftsatznachlass auf die Hinweise des Gerichts beantragt habe.
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Das Landgericht habe – wie es sich auch aus dem Protokoll ergebe – auf die Bedenken
hinsichtlich der Schlüssigkeit des klägerischen Vortrages im Termin ausführlich
hingewiesen, so dass auch eine Überraschungsentscheidung nicht vorliege.
Feststellung und Überprüfung des Höhenniveaus hätten nicht der Beklagten oblegen, da
seitens der Bauherren ein Vermessungsingenieur beauftragt gewesen sei und die
Klägerin selbst die Bauüberwachung zu gewährleisten hatte. Auch aus dem Auftrag vom
08.09.2004 ergebe sich eine Verpflichtung der Beklagten zu einer Überprüfung der
Angaben des Vermessers nicht.
Die Klägerin selbst habe die richtige Höhenlage der Bodenplatte nach deren Erstellung
auch nicht mehr überprüft, vielmehr unmittelbar begonnen, die aufstehenden Wände zu
errichten, so dass ihr ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht zur Last falle.
Dass die Beklagte einen Fehler bei der Einmessung des Grundstücks hätte erkennen
können, werde von der Klägerin – wie im angegriffenen Urteil ausgeführt – nicht
substantiiert dargelegt.
Auf die weiteren Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen wird ergänzend Bezug
genommen.
II.
Die Berufung ist zulässig; in der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.
Der Senat erkennt in der Vorgehensweise des Landgerichts hinsichtlich der Gewährung
einer Schriftsatzfrist und zum Erlass eines Urteils unmittelbar im Anschluss an die
mündliche Verhandlung keinen Verfahrensfehler; diese Frage kann jedoch dahinstehen,
da der Anspruch der Klägerin auch auf der Grundlage ihres Vorbringens in der
Berufungsinstanz unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt begründet ist.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Schadensersatz aus §§ 634 Nr. 4, 280, 281 BGB.
Ein Mangel an der von der Beklagten gegossenen Bodenplatte lag vor, da diese den
Festlegungen der Baugenehmigung nicht entsprach.
Der Bauunternehmer hat den Bau so zu errichten, dass die öffentlich-rechtlichen
Vorschriften eingehalten werden, da nur in diesem Fall dem Bauherren die
ordnungsgemäße Nutzung des Werkes möglich ist, er anderenfalls damit rechnen muss,
dass er – wie hier – ordnungsbehördlichen Verfügungen ausgesetzt ist. Dass die
Bestimmungen der Baugenehmigung eingehalten werden müssen, ist in § 4 Nr. 2 Abs. I
VOB/B ausdrücklich geregelt. Zwar haben die Parteien hier die Geltung der VOB/B nicht
vereinbart, gleichwohl ist dieser Grundsatz auch im Rahmen eines BGB-Werkvertrages
anzuwenden, da die VOB/B-Regelung letztlich Ausfluss des Grundsatzes von Treu und
Glauben ist (so Ingenstau/Korbion-Oppler, 17. Aufl. § 4 Abs. 2 VOB/B RN 39) und das
Wesen des Bauvertrages darin besteht, dem Auftraggeber ein nutzbares Werk zu
erstellen; auch der BGB-Werkunternehmer hat daher das Werk nach Treu und Glauben
als funktionstaugliches Werk und damit zugleich in baupolizeilich ordnungsgemäßer
Weise zu errichten (so Ingenstau/Korbion-Oppler, 17. Aufl. § 4 Abs. 2 VOB/B RN 36 und
39; vgl. auch Werner-Pastor 12. Aufl. RN 1513).
Dieser Mangel ist jedoch nicht auf ein schuldhaftes Verhalten der Beklagten
zurückzuführen.
Als Schuldform kommt hier nach den ganzen Umständen nur Fahrlässigkeit in Betracht.
Dieser Begriff wird in § 276 BGB bestimmt als die Außerachtlassung der im Verkehr
erforderlichen Sorgfalt. Gefordert wird mithin die Beachtung der Sorgfalt, die der
gesunde normale Verkehr von einem ordentlichen Menschen in der konkreten Lage
erwartet. Dabei ist grundsätzlich auf die Verhältnisse des in Betracht kommenden
Verkehrskreises Rücksicht zu nehmen, mithin auf das Maß von Umsicht und Sorgfalt,
das nach dem Urteil besonnener und gewissenhafter Angehöriger dieses Kreises von
dem in seinem Rahmen Handelnden zu fordern ist (so BGH NJW 1972, 151 unter Verweis
auf Reimer Schmidt in Soergel-Siebert, BGB, 10. Aufl., § 276 Nr. 14).
Bei der Bemessung des Pflichtenkreises ist maßgeblich auf die Regelungen des zwischen
den Parteien geschlossenen Werkvertrages und auf die zwischen ihnen bestehende
Übung zurückzugreifen.
Der zwischen den Parteien abgeschlossene Werkvertrag in Gestalt der Bestellliste v.
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Der zwischen den Parteien abgeschlossene Werkvertrag in Gestalt der Bestellliste v.
08.09.2004 (Anl. B1, Bl. 61 d.A.) nimmt auf eine Pflicht der Beklagten zu einer
Überprüfung der Vermesserangaben anhand der Baugenehmigung keinen Bezug und
spricht schon nicht davon, dass die Beklagte überhaupt die Baugenehmigung erhalten
sollte. Im Auftrag wird vielmehr ausdrücklich darauf verwiesen, dass „
“ von der Bauleitung übergeben werden sollten; dementsprechend hat die
Klägerin die Baugenehmigung auch nicht an die Beklagte weiter geleitet. Die
Fundament- und Lagepläne hingegen sind der Beklagten übergeben worden; dass es zu
einer Änderung des Höhenbezugspunktes gekommen ist, der zu der fehlerhaften
Einmessung durch den Vermesser geführt hat, konnte die Beklagte den ihr übergebenen
Planunterlagen jedoch nicht entnehmen.
Dass die Beklagte ihren Auftrag anhand der Fundament- und Lagepläne ausführen
konnte, entsprach auch der ständigen Übung zwischen den Parteien. Es ist diesbezüglich
zwischen den Parteien unstreitig, dass die Beklagte ihre Aufträge zum Gießen der
Fundamentplatten bei den diversen Bauvorhaben stets ohne Vorliegen der
Baugenehmigung abarbeitete und dabei in einer (im Einzelnen nicht bekannten) Vielzahl
von Fällen ihrer Arbeit die entsprechenden Angaben des jeweiligen Vermessers
zugrunde legte, ohne diese vorher anhand der Baugenehmigung zu überprüfen.
Die Beklagte verletzte angesichts dessen auch nicht die erforderliche Sorgfalt, als sie die
Baugenehmigung bei der Klägerin nicht anforderte, um eine Abgleichung vornehmen zu
können. Trifft mithin die Beklagte nicht der Vorwurf der Fahrlässigkeit, so kann sie weder
aus Vertrag noch aus unerlaubter Handlung auf Schadensersatz in Anspruch
genommen werden.
Selbst wenn der Beklagten ein Vorwurf eines allenfalls leicht fahrlässigen Verhaltens
gemacht werden könnte und ihr damit eine Verantwortlichkeit für die Mangelhaftigkeit
der Bodenplatte zukäme, wiegt die der Klägerin selbst anzulastende Pflichtverletzung, so
wie sie im Urteil des Landgerichts Potsdam vom 18.01.2008 im Verfahren 6 O 43/06
festgestellt worden ist, so schwer, dass ein Verschulden der Beklagten hinter dieser
Pflichtverletzung völlig zurückträte: Der Klägerin oblag nicht nur die Bauüberwachung, sie
war vielmehr auch für die Planung des Objektes zuständig, d.h. für die Erstellung der
Genehmigungs- und Ausführungsplanung (vgl. die Ausführungen des Landgerichts
Potsdam im Urteil vom 18.01.2008 im Verfahren 6 O 43/06, hier Seite 7 des Urteils). Sie
musste daher von der zwischenzeitlichen Veränderung des Höhenbezugspunktes in der
Baugenehmigung Kenntnis haben und hätte diese Information an die weiteren
Baubeteiligten weiterleiten, jedenfalls auf diese maßgebliche Änderung der Planung
hinweisen und im Rahmen der ihr obliegenden Bauüberwachung auf die Einhaltung der
neu festgelegten Maße achten müssen. Dass sie dies nicht getan hat, begründet einen
massiven Pflichtenverstoß, hinter dem ein ggfls. leicht fahrlässiges Verhalten der
Beklagten zurücksteht.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Für die Zulassung der Revision besteht kein Anlass, da die Sache weder grundsätzliche
Bedeutung hat noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder die
Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2
Nr. 1 und 2 ZPO).
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 51.350,00 € festgesetzt, wobei auf
den Klageantrag zu 2.) ein Betrag in Höhe von 6.500,00 € entfällt.
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