Urteil des OLG Brandenburg vom 15.05.2007

OLG Brandenburg: vergabeverfahren, ausschreibung, aufschiebende wirkung, kategorie, transparenzgebot, zertifizierung, bekanntgabe, eugh, zuschlagskriterium, ausschluss

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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht
Vergabesenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
Verg W 2/07
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 4 Abs 5 VgV, § 16 VgV, § 4 Abs
5 EGRL 18/2004, § 1a Nr 2 Abs 2
VOL A, § 97 GWB
Vergaberecht: Fehlerhafte vergaberechtliche Behandlung von
nachrangigen Dienstleistungsaufträgen wegen Verstoßes gegen
das Diskriminierungsverbot und das Transparenzgebot;
Ausschließung eines bei der Vergabe nicht mitwirkenden
Mitarbeiters des Auftraggebers
Tenor
1. Der Beschluss der 1. Vergabekammer des Landes Brandenburg vom 7.2.2007 - 1 VK
3/07 - wird aufgehoben.
2. Der Auftraggeber wird verpflichtet, das Vergabeverfahren "Holzeinschlag von Rohholz
mit Harvester und die Rückung mit Forwarder im Bereich des Amtes für Forstwirtschaft
L.", Lose 2, 3/1, 3/2, 4, 5, 7/1, 7/2 sowie 7/3 in den Stand nach Anforderung der
Verdingungsunterlagen durch die Bieter und vor deren Versendung zurückzuversetzen
und nach der Rechtsauffassung des Senates erneut durchzuführen.
3. Der Auftraggeber hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der Kosten
des Verfahrens gemäß § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB zu tragen.
Der Auftraggeber hat der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden
Rechtsverteidigung vor der Vergabekammer des Landes Brandenburg entstandenen
notwendigen Auslagen zu erstatten.
Gründe
I.
Der Auftraggeber schrieb im Ausschreibungsblatt des Landes Brandenburg vom 20.
November 2006 (Bl. 25 1 VK 3/07) den Holzeinschlag von Rohholz mit Harvester und die
Rückung mit Forwarder von ca. 26.640 Festmetern nach den verbindlichen Vorschriften
der PEFC-Zertifizierung im Bereich des Amtes für Forstwirtschaft L. im Offenen Verfahren
aus. Die ausgeschriebenen Arbeiten sollen im 1.-4. Quartal 2007 erfolgen. Der
geschätzte Auftragswert für die Gesamtmaßnahme liegt bei etwa 380.000,00 EUR
(brutto).
Nach der Ausschreibung ist die Vergabe nach Losen vorgesehen, wobei die Aufteilung
entsprechend der territorialen Gliederung der Oberförstereien erfolgte. Nach Punkt d)
der Vergabebekanntmachung sollte der Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot
erteilt werden. Die Angebotsfrist endete am 19. Dezember 2006.
In der Leistungsbeschreibung bezifferte der Auftraggeber je Los die für Einschlag und
Rücken geschätzte Gesamtmenge (in Erntefestmeter ohne Rinde - Efm o. R.) sowie die
geschätzten Sortimentsmengen. Er benannte die Altersstufen der geschätzten
Gesamtmenge (Efm) sowie die Zeiträume für die Leistungserbringung.
Der Auftraggeber gab eine Tabelle vor, die durch die Bieter wie folgt mit Preisen zu
hinterlegen war:
Die linke Spalte gibt den ausscheidenden Bestand in Vorratsfestmeter mit Rinde/Baum
an. Die drei rechten Spalten mit den Entnahmemengen, bezogen auf einen Hektar, sind
untergliedert nach dem Alter des ausscheidenden Holzbestandes.
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Die Verteilung der Gesamtmenge (Efm o. R.) auf die Einzel-Entnahmemengen je Stärke
entsprechend der vorgegebenen Matrix wurde den Bietern nicht bekannt gegeben.
Zuschlagskriterien wurden durch den Auftraggeber ebenfalls nicht genannt.
Die Antragstellerin forderte die Verdingungsunterlagen an. Mit Schreiben vom 13.
Dezember 2006 (Bl. 58-60 1 VK 3/07) rügte sie unter Hinweis auf § 2 Nr. 3 VgV sowie
Abschnitt 2 der VOL/A wegen Überschreiten des Schwellenwertes die Fehlerhaftigkeit des
Verfahrens. Sie beanstandete, dass keine Zuschlagskriterien angegeben waren. Des
Weiteren wies sie auf eine in Vergabeverfahren anderer Ämter für Forstwirtschaft
vorgenommene Untergewichtung unter Einbeziehung bestimmter Entnahmemengen
sowie deren Kalkulationserheblichkeit hin und bat um Mitteilung der entsprechenden
Entnahmemengen. Sie bemängelte zudem die ihrer Meinung nach unzureichende
Zusammenfassung des ausscheidenden Bestandes der ersten Kategorie "bis 0,05" ohne
eine weitere Differenzierung und bat insoweit um Mitteilung, ob 0,04 Vfm Stückvolumen
die unterste Grenze für Harvestereinschlag sei.
Mit Schreiben vom 15. Dezember 2006 (Bl. 62 1 VK 3/07) wies der Auftraggeber die
Antragstellerin darauf hin, dass das Vergabeverfahren nach § 1 a Nr. 2 Abs. 2 VOL/A
(Dienstleistung nach Anhang I B) durchgeführt werde. Eine Bekanntgabe von
Zuschlagskriterien erfolge deshalb nicht. Die Angabe der einzelnen Entnahmemengen
für die jeweilige Oberförsterei sei nach dem 2. Erlass des Ministeriums für Ländliche
Entwicklung, Umwelt und Verbraucherschutz (MLUV) vom 16. August 2005 zum
Vergabeverfahren von Forstbetriebsarbeiten in der Landesforstverwaltung B. nicht
vorgesehen.
Die Antragstellerin gab am 18. Dezember 2006 ein Angebot für die Lose 2, 3/1, 3/2, 4, 5,
6, 7/1, 7/2 und 7/3 ab.
Zur Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes multiplizierte der Auftraggeber die den
Bietern nicht bekannt gegebenen Einzel-Entnahmemengen je Stärke und
Entnahmemenge in Efm o. R. mit den von den Bietern angebotenen Preisen je Stärke
und Entnahmemenge in Efm o. R. und ermittelte so den Gesamtpreis der angebotenen
Leistung.
Die Antragstellerin belegte im Rahmen der Bieterreihenfolge in Bezug auf die Lose 2, 5
und 6 Rang 4, in Bezug auf die Lose 3/1, 4, 7/1, 7/2 und 7/3 Rang 3 sowie in Bezug auf
das Los 3/2 Rang 2.
Mit Schreiben vom 21. Dezember 2006, bei der Antragstellerin eingegangen am 27.
Dezember 2006, informierte der Auftraggeber die Antragstellerin, dass auf ihr Angebot
nach § 25 Nr. 3 VOB/A nicht der Zuschlag erteilt werden könne und verwies dabei auf
das Zuschlagskriterium "Preis". Es sei beabsichtigt, den Zuschlag für die Lose 2 bis 7
den Beigeladenen zu erteilen.
Die Lose 6 und 7/1 - 3 (Los 7 ist die Oberförsterei W.) sollten auf die Beigeladene Wald
und Holz S. und F. F. GbR zugeschlagen werden. Herr F. F. ist Forstamtmann im Revier
D., das zur Oberförsterei W. gehört.
Mit Schreiben vom 27. Dezember 2006 rügte die Antragstellerin die Vorgehensweise des
Auftraggebers unter Bezugnahme auf ihr Schreiben vom 13. Dezember 2006 als
vergaberechtswidrig. Ergänzend führte sie aus, dass aufgrund offensichtlicher
Verwandtschaft mit einem der Revierförster oder aufgrund ähnlicher intensiver Kontakte
mit dem jeweiligen Revierförster aus vorangegangenen Beauftragungen nicht
auszuschließen sei, dass die für die Wertung entscheidenden Einzel-Entnahmemengen
den für den Zuschlag vorgesehenen Unternehmen bekannt gewesen seien. Des
Weiteren bat die Antragstellerin um Mitteilung, ob bzw. wie die der Vergabe zugrunde
gelegte PEFC-Zertifizierung berücksichtigt worden sei.
Der Auftraggeber lehnte fernmündlich gegenüber der Antragstellerin eine Korrektur der
Vergabeentscheidung ab. In diesem Zusammenhang wies er auf die Einbeziehung
konkreter Entnahmemengen bei der Angebotsauswertung und die fehlende
Berücksichtigung einer PEFC-Zertifizierung auf Seiten der Bieter hin.
Die Antragstellerin hat daraufhin am 3. Januar 2007 bei der Vergabekammer des Landes
Brandenburg einen Nachprüfungsantrag gestellt, mit dem sie die Vergabeentscheidung
des Auftraggebers weiter beanstandet.
Ergänzend hat sie vorgetragen, die unterbliebene Bekanntgabe der Zuschlagskriterien
führe zu einer Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes sowie des Wettbewerbs-
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führe zu einer Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes sowie des Wettbewerbs-
und Transparenzgebotes und mache die Leistungsbeschreibung unvollständig. Die
fehlende Bekanntgabe der bei der Preisbewertung berücksichtigten Entnahmemengen
(Untergewichtung) stelle ebenfalls einen Verstoß gegen das Gebot der vollständigen
Leistungsbeschreibung dar. Die unvollständige Beschreibung der Sonderleistung in Los 6
und die nicht vorgenommene Begrenzung der Größenordnung in der ersten Kategorie
zum ausscheidenden Bestand führe ebenfalls zur Unvollständigkeit der
Leistungsbeschreibung sowie zur Aufbürdung eines ungewöhnlichen Wagnisses. Eine
Vor-Ort-Besichtigung bei den jeweiligen Revierförstereien sei der Antragstellerin
innerhalb der kurzen Fristen nicht mehr möglich gewesen.
Die Antragstellerin hat beantragt,
1. dem Auftraggeber zu untersagen, den Zuschlag in den Losen 2, 3/1, 3/2, 4, 5,
6, 7/1, 7/2 sowie 7/3 zu erteilen,
2. für den Fall der bereits erfolgten Zuschlagserteilung festzustellen, dass der
zustande gekommene Vertrag nichtig und die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt
ist,
3. den Auftraggeber zu verpflichten, das Vergabeverfahren in den Stand vor
Aufforderung zur Angebotsabgabe zurückzuversetzen und nach der Rechtsauffassung
der Vergabekammer wiederholt durchzuführen,
4. hilfsweise den Auftraggeber zu verpflichten, das Vergabeverfahren aufzuheben
und nach der Rechtsauffassung der Vergabekammer erneut im Wege der öffentlichen
Ausschreibung und nach der Rechtsauffassung der Vergabekammer durchzuführen.
Der Auftraggeber hat beantragt,
die Anträge der Antragstellerin abzuweisen.
Der Auftraggeber hat vorgetragen, die Angebotspreise würden nach dem Erlass des
MLUV vom 22. August 2005 mit Hilfe eines IT-Programmes verglichen und bewertet.
Dem Bieter stünden die für die Preisbildung maßgeblichen Faktoren zur Verfügung. Dies
sei der Ort der Leistung (Oberförsterei bzw. Revier) und die Menge des maschinell
einzuschlagenden bzw. zu rückenden Holzes nach Sortimenten und Bestandsalter. Eine
darüber hinaus gehende Darstellung des einzelnen Waldbestandes würde an der Praxis
vorbeigehen. Der Forstbetrieb sei zahlreichen Zufällen unterworfen, wie zum Beispiel
Sturmschäden oder Insektenbefall, so dass vielfach von den ursprünglich geplanten
Waldbeständen bzw. Hiebsorten abgewichen werden müsse. Der Anteil der zufälligen
Nutzungen betrage im langjährigen Durchschnitt 15 bis 25 % der gesamten Holzmenge.
Abgesehen davon, könnten die Bieter auch nur stichprobenartig die Hiebsorte
besichtigen.
Der Vorwurf der Antragstellerin, der Inhaber eines Unternehmens, das für den Zuschlag
vorgesehen sei, sei mit einem Revierförster verwandt, beziehe sich auf die Firma Wald &
Holz S. und F. F. GbR. Herr F. F. habe mit seinem Sohn S. im Jahr 2005 dieses
Forstunternehmen gegründet. Herr F. F. habe in der Zeit vom 1. Juli 2006 bis zum 31.
Dezember 2006 Sonderurlaub in Anspruch genommen. Er habe an der
Wirtschaftsplanung für die hier in Rede stehenden Leistungen nicht mitgearbeitet.
Die Vergabekammer hat durch Beschluss vom 7.2.2007 den Nachprüfungsantrag
zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, auf die hier zu vergebenden
Dienstleistungen sei das Vergaberechtsregime nicht in vollem Umfang anzuwenden. Es
könne nur gerügt werden, dass die Bestimmungen der technischen Spezifikation nicht
eingehalten seien, die gebotene Bekanntgabe unterblieben sei oder ein Verstoß gegen
das Diskriminierungsverbot oder das Transparenzgebot vorliege. Dabei könnten diese
Grundsätze nicht als Einfallstor dafür dienen, das ungeschmälerte Vergaberegime
wieder herzustellen. Verstöße gegen die Neutralitätspflicht des Auftraggebers könnten
nicht festgestellt werden. Dass dem Bieter F. unbefugt Informationen zu Zwecken des
Wettbewerbs mitgeteilt wurden, habe die Antragstellerin nicht bewiesen.
Gegen diesen Beschluss, ihr zugestellt am 12.2.2007, hat die Antragstellerin durch bei
Gericht am 26.2.2007 eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt.
Die Antragstellerin beanstandet, dass die Vergabekammer das Vergaberegime nur
eingeschränkt für anwendbar gehalten hat. Zu Unrecht habe die Vergabekammer die
Basisparagraphen der VOL/A nicht angewandt. Im übrigen habe der Auftraggeber die zu
vergebende Leistung nicht vollständig beschrieben. Dies sei ein Verstoß gegen den
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vergebende Leistung nicht vollständig beschrieben. Dies sei ein Verstoß gegen den
allgemeinen Transparenz-, Gleichbehandlungs- und Wettbewerbsgrundsatz. Auch wolle
der Auftraggeber einen Bieter berücksichtigen, an dem der Revierförster F. beteiligt sei,
der bei der Schätzung der Entnahmemengen tätig gewesen sei.
Der Senat hat durch Beschluss vom 12.3.2007 die aufschiebende Wirkung der sofortigen
Beschwerde der Antragstellerin bezogen auf die Lose 2-5 und 7 verlängert, hinsichtlich
des Loses 6 hat er den Antrag trotz Erfolgsaussicht der sofortigen Beschwerde
zurückgewiesen, weil als Ausführungszeitpunkt für die zu vergebenden Leistungen ein
Zeitpunkt vorgesehen war, der bis zu einer Entscheidung des Senates in der Sache
verstrichen sein würde. Mit Beschluss vom gleichen Tage hat der Senat die für die Lose
2-5 und 7 vorgesehenen Bieter beigeladen.
Der Auftraggeber hat nach dem Beschluss des Vergabesenates vom 12.3.2007 das Los
6 zugeschlagen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Vergabesenat haben die
Antragstellerin und der Auftraggeber das Verfahren hinsichtlich des Loses 6
übereinstimmend für erledigt erklärt.
Die Antragstellerin beantragt,
1. den Beschluss der Vergabekammer aufzuheben,
2. den Auftraggeber zu verpflichten, das Vergabeverfahren hinsichtlich der Lose
2, 3/1, 3/2, 4, 5, 7/1, 7/2 sowie 7/3 in den Stand nach Aufforderung zur Angebotsabgabe
und vor Versendung der Verdingungsunterlagen zurückzuversetzen und nach der
Rechtsauffassung des Senates wiederholt durchzuführen,
3. hilfsweise, den Auftraggeber zu verpflichten, das Vergabeverfahren
aufzuheben und nach der Rechtsauffassung des Vergabesenates erneut im Wege der
öffentlichen Ausschreibung durchzuführen.
Der Auftraggeber beantragt,
die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.
Der Auftraggeber hält die Entscheidung der Vergabekammer für richtig.
Ergänzend trägt er vor, der ehemalige Revierförster F. F. sei bis zu seiner Beurlaubung
ab dem 1.7.2006 nicht mit dem streitgegenständlichen Vergabeverfahren beschäftigt
gewesen und habe auch keine Gelegenheit erhalten, Einfluss bzw. Kenntnis von
Entnahmemengen zu nehmen.
Zuschlagskriterien seien die Umweltvorsorge, Technik/Ausrüstung und der Preis
gewesen. Dass das Verfahren transparent gewesen sei, ergebe sich aus dem Umstand,
dass außer der Antragstellerin kein anderer Bieter die fehlende Transparenz gerügt
habe.
Die Beigeladenen haben sich am Beschwerdeverfahren nicht beteiligt.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sachverhalt und zum Vorbringen der Beteiligten
wird auf die eingereichten Schriftsätze und auf die Vergabeakten Bezug genommen.
II.
Die sofortige Beschwerde hat Erfolg. Sie ist zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt
und begründet worden. Sie hat auch in der Sache Erfolg.
Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist zulässig und begründet. Er war auch
zulässig und begründet, soweit die Beteiligten das Verfahren wegen des zwischenzeitlich
erfolgten Zuschlags bezogen auf das Los 6 übereinstimmend für erledigt erklärt haben.
I. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist zulässig.
1.) Der zu vergebende Auftrag fällt in den Anwendungsbereich des Vergaberegimes. Er
ist ein Dienstleistungsauftrag im Sinne des § 99 Abs. 4 GWB. Dieser Auffangtatbestand
ist grundsätzlich weit zu bestimmen.
Allerdings gibt es bei der vergaberechtlichen Behandlung der Dienstleistungsaufträge
wesentliche Unterschiede. Die inzwischen außer Kraft getretene Dienstleistungsrichtlinie
RL 92/50/EWG und die sie ersetzende Richtlinie 2004/18/EG unterscheiden zwischen
vorrangigen und nachrangigen Dienstleistungsaufträgen, die sie jeweils in einem Anhang
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vorrangigen und nachrangigen Dienstleistungsaufträgen, die sie jeweils in einem Anhang
auflisten. Sie unterwerfen die beiden Kategorien von Leistungen jeweils äußerst
unterschiedlichen Regeln, die rechtlich wie wirtschaftlich bedeutende Branchen aus dem
Reglement des Vergaberechtes herausnehmen. So unterscheiden die Richtlinien
zwischen Aufträgen, die Dienstleistungen ihrer Anhänge I bzw. II A zum Gegenstand
haben und Aufträgen, die Dienstleistungen im Sinne der Anhänge I bzw. II B zum
Gegenstand haben. Die zuletzt genannten Dienstleistungsaufträge unterfallen nur in
geringfügigem Umfang dem Vergaberegime. Erst nach Zuordnung eines Auftrags in
eine der dort benannten Kategorien kann das bei der Auftragsvergabe anzuwendende
Verfahren bestimmt werden (OLG Brandenburg NZBau 2003, 688, 692).
Jedenfalls stellen Dienstleistungsaufträge aber, sowohl vor- wie auch nachrangiger
Kategorie, Dienstleistungsaufträge im Sinne der §§ 99, 100 Abs. 1 GWB dar. Damit ist,
wenn wie hier der Schwellenwert überschritten ist, auch hinsichtlich nachrangiger
Dienstleistungsaufträge ein Nachprüfungsverfahren eröffnet.
2.) Die Antragstellerin hat verschiedene Vergaberechtsverstöße unverzüglich gerügt, §
107 Abs. 3 GWB. Ob das entsprechende Verhalten des Auftraggebers tatsächlich ein
Verstoß gegen das anzuwendende Vergaberecht darstellt, ist eine Frage der
Begründetheit des Nachprüfungsantrages.
II. Der Nachprüfungsantrag ist begründet. Der Senat hat deshalb die teilweise
Wiederholung des Vergabeverfahrens angeordnet. Die Fehlerhaftigkeit der
Ausschreibung ist nicht beanstandet worden. Das Vergabeverfahren war deshalb in den
Zeitpunkt nach der öffentlichen Ausschreibung zurückzuversetzen. Der Auftraggeber
muss die Verdingungsunterlagen erneut an die Bieter versenden, die sie auf die
Ausschreibung hin bei ihm angefordert haben. Dabei muss er die
Verdingungsunterlagen zum einen dahingehend anpassen, dass sich infolge Zeitablaufs
die Ausführungszeiträume verschieben. Im übrigen hat er die Verdingungsunterlagen
inhaltlich entsprechend den nachstehenden Ausführungen neu zu fassen.
1.) Zwar unterliegen Verfahren, welche die Vergabe von Dienstleistungen nach dem
Anhang I B zur VOL/A betreffen, einem nur beschränkten Vergaberegime. Dies ergibt
sich aus § 1a Nr. 2 Abs. 2 VOL/A, wonach diese Dienstleistungen nach den
Basisparagraphen des zweiten Abschnitts der VOL/A vergeben werden und nur zwei a-
Paragraphen zur Anwendung gelangen, nämlich die §§ 8a und 28a VOL/A.
Teilweise wird die Ansicht vertreten, dass die Vergabe nachrangiger Dienstleistungen
praktisch keinen Regelungen unterliege. Ob diese Auffassung angesichts des Wortlauts
von § 1a Nr. 2 Abs. 2 VOL/A zutreffend ist, der ausdrücklich die Basisparagraphen der
VOL/A für anwendbar erklärt, ist zweifelhaft. Einigkeit besteht aber, dass jedenfalls die
vergaberechtlichen Grundregeln wie das Diskriminierungsverbot und das
Transparenzgebot gelten.
2.) Der Auftraggeber hat hier das Transparenzverbot verletzt, indem er weder die von
ihm herangezogenen Wertungskriterien noch deren Untergewichtung angegeben hat. Er
hat außerdem das Gleichbehandlungsgebot nicht beachtet, weil er die Angebote der
Bieter mit unterschiedlichen Kriterien bewertet hat.
Die Auftraggeber haben in den Verdingungsunterlagen oder in der
Vergabebekanntmachung alle Zuschlagskriterien anzugeben, deren Verwendung sie
vorsehen. Zu Art. 30 Abs. 2 der Richtlinie 93/37/EWG des Rates vom 14.6.1993 (BKR;
ABl. Nr. L 199 vom 9.8.1993, S. 54 ff.) hat der EuGH in einem
Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 234 EG am 12.12.2002 (Rs. C-470/99 –
Universale-Bau AG, VergabeR 2003, 141) geurteilt, dass ein öffentlicher Auftraggeber,
der im Rahmen eines Nichtoffenen Verfahrens im Voraus Regeln für die Gewichtung der
Kriterien für die Auswahl der Bewerber, die zur Abgabe eines Angebots aufgefordert
werden, aufgestellt hat, verpflichtet ist, diese Regeln in der Auftragsbekanntmachung
oder in den Ausschreibungsunterlagen anzugeben (Tz. 100). Zu den anzugebenden
Kriterien gehören danach auch die vom Auftraggeber zum Zweck einer Gewichtung der
Zuschlagskriterien aufgestellten Regeln, mit denen Bewerbungen einer Bewertung in
einem sog. Scoring-Verfahren (d.h. einem Verfahren zur Vergabe von Wertungspunkten)
unterzogen werden sollen (Tz. 20, 21, 97). Es solle dadurch – so der EuGH –
gewährleistet sein, dass Bietern vor der Vorbereitung ihrer Angebote gerade auch die
relative Bedeutung der Zuschlagskriterien bekannt sei. Nur so könne die Einhaltung der
vergaberechtlichen Grundsätze der Gleichbehandlung und der Transparenz
sichergestellt werden (Tz. 98).
Die Grundsätze der Rechtsprechung des EuGH sind indes nicht nur in Vergabeverfahren,
die – als national umgesetztes Recht – unmittelbar den auf den EG-Vergaberichtlinien
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die – als national umgesetztes Recht – unmittelbar den auf den EG-Vergaberichtlinien
beruhenden a-Paragraphen der Verdingungsordnungen unterliegen, sondern
gleichermaßen in jenen Verfahren zu beachten, die – wie im Streitfall (vgl. § 1 a Nr. 2
Abs. 2 VOL/A in Verbindung mit Anhang I B, Kategorie 27, sonstige Dienstleistungen) –
im Wesentlichen nach den Basisparagraphen der Verdingungsordnungen durchzuführen
sind. Denn die in den EG-Vergaberichtlinien (und für Dienstleistungen ausdrücklich in § 9
a VOL/A) normierte Forderung, dass der Auftraggeber den Bietern alle
Zuschlagskriterien, deren Verwendung er vorsieht, bekannt zu geben hat, fußt – wie der
EuGH im genannten Urteil ausgeführt hat - auf den allgemeinen vergaberechtlichen
Geboten der Gleichbehandlung und der Transparenz, die in § 97 Abs. 1, 2 GWB Ausdruck
gefunden haben (vgl. BGH NJW 1998, 3644, 3646). Beide Grundsätze gelten in allen nach
dem Vierten Teil des GWB durchzuführenden Vergabeverfahren. Daraus folgt, dass auch
in Vergabeverfahren, für die – wie im vorliegenden Fall (vgl. § 1 a Nr. 2 Abs. 2 VOL/A und
Anhang I B) - die Basisparagraphen der Verdingungsordnung gelten, der Auftraggeber
spätestens mit der Übersendung oder Bekanntgabe der Verdingungsunterlagen den
Bietern alle Zuschlagskriterien mitzuteilen hat, deren Verwendung er vorsieht, sofern er
diese im Voraus festgelegt hat. Zu den bekannt zu gebenden Kriterien zählen ebenso
die im Voraus aufgestellten Unter- (oder Hilfs-) Kriterien, Gewichtungskriterien und eine
Bewertungsmatrix, die der Auftraggeber bei der Angebotswertung verwenden will (OLG
Düsseldorf, Beschluss vom 23.3.2005, Verg 77/04, OLG Düsseldorf, Beschluss vom
16.2.2005, VII-Verg 74/04, jeweils zitiert nach Juris).
3.) Der Auftraggeber hat hier weder Eignungs- noch Zuschlagskriterien mit der
hinreichenden Eindeutigkeit festgelegt.
a.) Wie sich aus dem Vorbringen im Nachprüfungsverfahren und in der mündlichen
Verhandlung vor dem Vergabesenat ergibt, hat der Auftraggeber hinsichtlich der zum
Einsatz kommenden Technik und hinsichtlich der Umweltvorsorge bei den Bietern eine
grundsätzliche Eignung vorausgesetzt. Für den Fall, dass diese Eignung nicht gegeben
ist, wollte er Bieter von der Wertung ausschließen. Welche Voraussetzungen dies im
einzelnen sind, wird aus den Verdingungsunterlagen jedoch nicht deutlich. Dies wird der
Auftraggeber zu beheben haben.
So hat der Auftraggeber bei der geforderten "Auflistung der zum Einsatz kommenden
Technik" lediglich nach der Bezeichnung der Maschine, dem Baujahr, der Anzahl und
nach der Maschinenbreite gefragt. Diesen Fragebogen muss ein Bieter nicht dahin
verstehen, dass sein Maschinenpark Grund für seinen Ausschluss vom
Vergabeverfahren sein kann.
Den Verdingungsunterlagen ist nicht zu entnehmen, welche Maschinen der Auftraggeber
als nicht ausreichend geeignet ansieht. So ist unklar, ob manche Hersteller oder
manche Maschinentypen nicht zugelassen sein sollen. Es wird auch nicht deutlich, ob ein
Bieter ausgeschlossen werden soll, wenn seine Maschinen ein bestimmtes Alter
überschritten haben. In den vom Auftraggeber neu zu erstellenden
Verdingungsunterlagen wird er deshalb unmissverständlich anzugeben haben, ob und
wenn ja, welche Anforderungen an die Technik den Charakter von Mindestbedingungen
haben, die den Auftraggeber zum Ausschluss des Bieters berechtigen sollen.
Weiter hat der Auftraggeber in der Ausschreibung bei der Art der Leistung angegeben,
dass sie nach den verbindlichen Vorschriften der PEFC-Zertifizierung zu erfolgen habe.
Ob es sich dabei um ein Eignungskriterium oder um eine Konkretisierung des
Vertragsinhalts handeln soll, ist jedoch weder im Verfahren vor der Vergabekammer
noch vor dem Vergabesenat deutlich geworden.
Wenn der Auftraggeber - wie im Verfahren vor der Vergabekammer angedeutet - mit
diesem Hinweis auf die PEFC-Standards zum Ausdruck bringen wollen sollte, dass z. B.
bestimmte Rückegassenabstände einzuhalten sind und dass biologische abbaubare
Hydrauliköle zu verwenden sind, handelt es sich um Modalitäten der
Leistungserbringung, die Vertragsbestandteil sind und damit die Leistungsbeschreibung
konkretisieren.
Sollte der Auftraggeber jedoch darüber hinaus erwarten, dass die Bieter nachweisen,
dass sie in der Lage sind, den zu vergebenden Auftrag nach diesen Anforderungen zu
erfüllen, indem sie zum Beispiel besondere Qualifikationen oder Zertifizierungen
vorlegen müssen, handelt es sich um ein Eignungskriterium. Dass dies gemeint sein soll,
lässt der Vortrag des Auftraggebers vermuten, die Umweltvorsorge sei
Zuschlagskriterium.
Ob er mit dem Hinweis auf die PEFC-Zertifizierung lediglich die Leistung beschreiben
oder aber besondere Anforderungen an die Bieter stellen wollte, wird der Auftraggeber in
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oder aber besondere Anforderungen an die Bieter stellen wollte, wird der Auftraggeber in
den neu zu erstellenden Verdingungsunterlagen klarzustellen haben.
b.) Der Auftraggeber hat des weiteren keine Zuschlagskriterien benannt. Auch hat er die
von ihm herangezogenen Zuschlagskriterien nicht gleichmäßig auf alle Bieter
angewandt.
Der Auftraggeber hat in der Vergabebekanntmachung angegeben, dass der Zuschlag
auf das wirtschaftlichste Angebot erteilt werden soll. Das bedeutet dass eine reine
Preiswertung unzulässig ist. Es muss vielmehr - neben der Preiswertung - eine Wertung
anhand der vom Auftraggeber außerdem herangezogenen Wertungskriterien erfolgen.
Den Verdingungsunterlagen lässt sich kein Wertungskriterium entnehmen. Die von ihm
der Wertung zugrunde zu legenden Kriterien wird der Auftraggeber noch zu benennen
haben.
aa.) Auch die Preiswertung des Auftraggebers ist mangelhaft. Die von den Bietern
angebotenen Einzelpreise sollten nicht Zuschlagskriterium sein. Sie waren lediglich Teil
einer vom Auftraggeber vorgenommenen und den Bieter vorab nicht mitgeteilten
Berechnung.
Es widerspricht dem Transparenzgebot, dass der Auftraggeber den Bietern die
konkreten, von ihm geschätzten und später der Preiswertung zugrunde gelegten
Entnahmemengen der jeweiligen Preis-/Größenkategorie nicht mitgeteilt hat.
Zwar hat der Auftraggeber die Gesamtmenge in Erntefestmeter ohne Rinde für jedes
Los angegeben. Diese Angabe ist jedoch nicht ausreichend.
Wie sich aus seiner Wertung ergibt, hat der Auftraggeber konkrete Entnahmemengen für
die Stärke des ausscheidenden Bestandes für seine Preiswertung herangezogen und
durch Multiplikation mit den von den Bietern angebotenen Preisen eine
Gesamtvergütung für das jeweilige Los errechnet. Die Bieter hatten insgesamt 15 Preise
anzugeben. Von diesen Preisen hat der Auftraggeber eine den Bietern nicht angegebene
Zahl von Preisen verwendet, sie mit einem unbekannten Multiplikator multipliziert und
dann einen Gesamtpreis ausgeworfen, der aus Sicht der Bieter rechnerisch als das
Ergebnis einer Rechenoperation mit mehreren Unbekannten anzusehen ist. Dies ist mit
dem Transparenzgebot nicht zu vereinbaren.
Der Auftraggeber hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat selbst deutlich
gemacht, dass es in der Natur des hier zu vergebenden Auftrages liegt, dass die
Einzelentnahmemengen nicht genau geschätzt werden können, dass sich vielmehr
häufig erst nach der Holzernte ergibt, in welche Preis-Kategorie der ausscheidende
Bestand fällt und dass im Einzelfall dann auf Preise zurückgegriffen werden muss, die der
rechnerischen Bewertung des konkreten Angebots überhaupt nicht zugrunde gelegt
wurden.
Dann müssen die Bieter jedoch wenigstens vor Abgabe ihres Angebotes darüber
informiert werden, auf welche der von ihnen angebotenen Preise es für die
Zuschlagsentscheidung ankommt und auf welche nicht.
Sie müssen darüber hinaus wissen, von welchen Einzelentnahmemengen der
Auftraggeber bei der Zuschlagsentscheidung ausgeht. Dies gilt vor allem deshalb, weil
angesichts der teilweise geringen preislichen Abstände geringfügige Verschiebungen der
Schätzungen dazu führen können, dass sich die Zuschlagsentscheidung ändert. Wird
deshalb - wie der Auftraggeber in der mündliche Verhandlung vor dem Senat mitgeteilt
hat - noch nach Abgabe der Angebote die Entnahmemenge geschätzt, ist eine Kontrolle
der Vergabeentscheidung auf ihre Nachvollziehbarkeit nicht mehr gewährleistet. Es wäre
dann möglich, den Spielraum bei der Schätzung der Entnahmemengen an den
Angeboten von bevorzugten oder nicht bevorzugten Bietern zu orientieren. Diese
"Gestaltungsmöglichkeit" ist mit den Grundsätzen des Vergaberechts nicht in Einklang
zu bringen.
Dem kann der Auftraggeber nicht entgegenhalten, da kein anderer Bieter bisher eine
entsprechende Rüge erhoben habe, müsse davon ausgegangen werden, dass allen
anderen Bietern hinreichend klar gewesen sei, was gefordert und wie vergeben wird.
Unbeanstandet gebliebene vergaberechtswidrige Verhaltensweisen des Auftraggebers
rechtfertigen es nicht, einem Nachprüfungsantrag, der dieses Vorgehen beanstandet,
den Erfolg zu versagen.
Der Auftraggeber muss auch nicht, wie er in der mündlichen Verhandlung zu bedenken
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Der Auftraggeber muss auch nicht, wie er in der mündlichen Verhandlung zu bedenken
gegeben hat, einen erhöhten Aufwand bei der Schätzung der Einzelentnahmemengen
betreiben. Der Senat hält es nicht für erforderlich, die Schätzung zu präzisieren. Es ist
lediglich notwendig, den Bietern bei Aushändigung der Verdingungsunterlagen die
geschätzten Einzelentnahmemengen mitzuteilen, die der Auftraggeber seiner
Preiswertung zugrunde legen wird. Es ist dem Auftraggeber deshalb zuzumuten, die
Schätzung vor Versendung der Verdingungsunterlagen vorzunehmen und nicht erst
danach und in den Verdingungsunterlagen auf den Schätzcharakter dieser
Entnahmemengen hinzuweisen. Dies dürfte nur zu geringfügigen Verzögerungen führen,
weil das gesamte bisherige Vergabeverfahren von der Ausschreibung bis zum
beabsichtigten Zuschlag nicht einmal zwei Monate gedauert hat. Der Auftraggeber kann
im vorliegenden Fall auch prüfen, ob er nicht auf die bereits vorgenommene Schätzung
der Einzelentnahmemengen zurückgreifen kann.
bb.) Der Auftraggeber hat im übrigen die von ihm vorgenommene Preiswertung nicht als
Maßstab für seine Vergabeentscheidung genommen. Zwar hat er die von ihm
geschätzten Einzelentnahmemengen zur Ermittlung des Gesamt-Angebotspreises
herangezogen. Er hat jedoch nicht in jedem Falle den günstigsten Bieter zum Zuschlag
vorgesehen, sondern bei der Zuschlagsentscheidung bei mehreren Losen auch
berücksichtigt, welche Zuschläge die Bieter vorgesehen haben. Dabei hat er zusätzlich
noch eine Wahrscheinlichkeitsüberlegung angestellt, ob Zuschläge anfallen werden oder
nicht. In einem Fall hat er einen Bieter für ein Los vorgesehen, der geringe Zuschläge
vorgesehen hat, in einem anderen Fall hat er einen Bieter mit höheren Zuschlägen
bezuschlagen wollen mit der Überlegung, Zuschläge würden wohl nicht anfallen.
Teilweise hat er auch berücksichtigt, ob ein Bieter die Technik vor Ort hat.
Dieses Vorgehen lässt erkennen, dass der Auftraggeber den von ihm selbst entwickelten
Rechenweg, auf dem er zu einer preislichen Vergleichbarkeit der Angebote gekommen
ist, nicht einheitlich angewandt hat. Dies ist mit dem Gleichbehandlungsgebot nicht in
Einklang zu bringen.
Es ist zwar grundsätzlich möglich, Preise für wahrscheinliche Zuschläge in die
Wirtschaftlichkeitsbewertung mit einzubeziehen. Im vorliegenden Fall erscheint dieses
Vorgehen jedoch angesichts des Schätzcharakters der der Preisermittlung zu Grunde
gelegten Entnahmemengen ungewöhnlich. So wird keine transparente und
nachvollziehbare Preisbewertung erreicht. Der Auftraggeber hat vielmehr bei der
Ermittlung der geschätzten Einzelentnahmemengen dafür Sorge zu tragen, dass dem
Risiko, dass die Schätzung nicht richtig sein sollte, ausreichend Rechnung getragen wird.
Schnelle Verfügbarkeit der Technik ist im gesamten Nachprüfungsverfahren nicht als
Zuschlagskriterium genannt worden. Soweit der Auftraggeber bei einem Los die
räumliche Nähe zum Einsatzort als Kriterium berücksichtigt und zum Anlass für eine
Zuschlagsentscheidung zugunsten eines teureren Bieters genommen hat, ist dies
jedenfalls unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten nicht nachzuvollziehen. Es hätte eher
nahe gelegen, die Bieter aufzufordern mitzuteilen, ob sie einen Nachlass gewähren,
wenn sie mehrere Lose in räumlicher Nähe erhalten. Ob der Auftraggeber dieses
Preisinstrument benutzen will, wird er bei der Neufassung der Verdingungsunterlagen zu
entscheiden haben.
cc.) Wenn der Auftraggeber Wert darauf legen sollte, dass Technik schnell verfügbar ist,
und dies - auch gegenüber einem höheren Preis - als ausschlaggebend für seine
Vergabeentscheidung ansehen will, hat er dieses Wertungskriterium einschließlich seiner
Gewichtung gegenüber dem weiteren Wertungskriterium des Preises den Bietern
mitzuteilen.
4.) Bei dem teilweise zu wiederholenden Vergabeverfahren muss die Bietergemeinschaft
F. GbR nicht ausgeschlossen werden.
Bei dem Mitglied der Bietergemeinschaft F. F. handelt es sich nicht um eine nach § 16
VgV ausgeschlossene Person. Er war auch nicht Projektant, der an der
Vergabeentscheidung selbst oder seiner Vorbereitung beteiligt gewesen wäre, § 4 Abs. 5
VgV
Zwar erscheint es durchaus möglich, dass er Kenntnisse hat, die es ihm ermöglicht
haben dürften, sein Angebot besser zu kalkulieren als die Mitbewerber.
Soweit dies die Kenntnis der Örtlichkeiten ist, kann dies nicht dazu führen, dass er
ausgeschlossen werden muss. Es kann keinem Bieter vorgeworfen werden, dass er gute
Ortskenntnisse hat. Soweit es die Kenntnis der Art des auszuscheidenden Bestandes
und der dabei in verschiedenen Kategorien anfallenden Einzelmengen angeht, ist der
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und der dabei in verschiedenen Kategorien anfallenden Einzelmengen angeht, ist der
Auftraggeber in der Lage, den möglichen Wettbewerbsnachteil der übrigen Bieter gemäß
§ 4 Abs. 5 VgV dadurch auszugleichen, dass er ihnen die ihm bekannten, für die
Preisermittlung maßgeblichen Einzelentnahmemengen mitteilt.
Auch wenn der Revierförster auf Seiten des Auftraggebers bei der Durchführung und
Abrechnung des erteilten Auftrages tätig zu werden hat, weil er das angefallene Holz zu
begutachten und zu entscheiden hat, in welche Entnahmekategorie es fällt und damit,
welcher Preis vom Auftraggeber hierfür zu zahlen ist, kann dies nicht zu einem
Ausschluss des Bieters F. führen. Dieser Fall ist in § 16 VgV nicht geregelt, bietet mithin
keine Grundlage für eine Ausschlussentscheidung.
5.) Dass die Zusammenfassung des ausscheidenden Bestandes der ersten Kategorie
"bis zu 0,05" ohne eine weitere Differenzierung unzureichend wäre, hat die
Antragstellerin zwar gerügt. Jedoch ist nicht nachvollziehbar dargelegt, welchen sie
benachteiligenden Einfluss dies auf ihre Kalkulation gehabt haben soll. Es ist auch nicht
erkennbar geworden, inwiefern darin ein Verstoß gegen allgemeine Prinzipien des
Vergaberechts liegen soll.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91, 91a ZPO, 128 Abs. 4 GWB. Der
Auftraggeber hat hier grundlegende Regeln des Vergaberechts verletzt, so dass es
angemessen erscheint, ihm die Kosten insgesamt aufzuerlegen, auch wenn die
Antragstellerin mit einzelnen Rügen nicht durchdringt. Auch soweit es das Los 6 angeht,
sind dem Auftraggeber nach billigem Ermessen entsprechend § 91a ZPO die Kosten
aufzuerlegen. Der Senat hat dieses Los nur deshalb zum Zuschlag freigegeben und
damit eine Erledigung des Nachprüfungsverfahrens herbeigeführt, um zu verhindern,
dass das Nachprüfungsverfahren dazu führt, dass die ausgeschriebenen Arbeiten
überhaupt nicht ausgeführt werden.
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