Urteil des LSG Thüringen vom 27.07.2009

LSG Fst: aufschiebende wirkung, wahrscheinlichkeit, verfügung, zukunft, ausnahme, erwerbsfähiger, verkehrswert, erfüllung, verwaltungsakt, rate

Thüringer Landessozialgericht
Beschluss vom 27.07.2009 (rechtskräftig)
Sozialgericht Altenburg S 31 AS 1832/09 ER
Thüringer Landessozialgericht L 7 AS 535/09 ER
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Altenburg vom 4. Juni 2009 wird
zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin hat die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin sowie des Antragstellers zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist die Aufhebung von Grundsicherungsleistungen für Erwerbsfähige (Zweites Buch Sozialgesetz, SGB II) für
die Zeit von Juni bis September 2009 im Hinblick auf die Zahlung der so genannten Abwrackprämie.
Die Antragsgegnerin bewilligte den Antragstellern (beide im Juni 1964 geboren) jeweils Leistungen nach dem SGB II
durch Bescheid vom 9. Februar 2004. Das Ende des Bewilligungsabschnittes war der 30. April 2009 (vgl. Bl. 712 der
Verwaltungsakte).
Unter dem 17. März 2009 beantragten die Antragsteller die Weiterbewilligung der Leistungen nach dem SGB II.
Änderungen in den Vermögensverhältnissen seien nicht eingetreten (vgl. Bl. 712 ff. der Verwaltungsakte). Zuletzt
hatten die Antragsteller im Wesentlichen folgendes Vermögen angegeben: Girokonto 2887,18 EUR (Antragsteller);
Girokonto 154,13 Euro (Antragstellerin); Rentenversicherung mit Verwertungsausschluss in Höhe von 11.823,25 EUR
(Antragsteller); PKW Ford Fiesta, Alter: 11 Jahre (Antragstellerin); PKW Ford Probe, Alter: 23 Jahre, Kilometerstand:
199.983 km (Antragsteller).
Die Antragstellerin erwarb mit Kaufvertrag vom 27. März 2009 einen Pkw Mazda als Neuwagen für einen Preis von
12.600,00 Euro. Bei Ablehnung der Prämie (das Autohaus reiche alle Unterlagen bei dem BAFA ein) durch das BAFA
war durch die Antragstellerin auf die erste Aufforderung der Restbetrag sofort an das Autohaus zu zahlen (vgl. Bl. 21
der Gerichtsakte).
Der Vater der Antragstellerin gewährte dieser durch Darlehensvertrag vom 31. März 2009 (vgl. Bl. 793 der
Verwaltungsakte) für den Kauf eines neuen Pkw einen zinslosen Kredit in Höhe von 7.500,00 Euro. Die Rückzahlung
war so vereinbart, dass die Antragstellerin je nach ihrer wirtschaftlichen Lage zwischen 20,00 und 50,00 Euro
monatlich zurückzahlen sollte. Sollte sich ihre wirtschaftliche Lage stark verbessern, etwa durch die Aufnahme einer
Beschäftigung, waren monatlich 100,00 Euro zurückzuzahlen.
Der Wagen wurde am 30. März 2009 geliefert (vgl. Bl. 794 der Verwaltungsakte).
Die Antragsgegnerin bewilligte den Antragstellern für die Zeit ab dem 1. Mai 2009 bis zum 31. Oktober 2009
Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Regelleistungen; Bescheid vom 1. April 2009, vgl. Bl. 730 der
Verwaltungsakte).
Die Antragssteller legten hiergegen Widerspruch ein (vgl. Bl. 808 der Verwaltungsakte).
Mit Veränderungsmitteilung vom 16. April 2009 teilten die Antragssteller der Antragsgegnerin mit, in den persönlichen
und wirtschaftlichen Verhältnissen sei eine Änderung eingetreten. Sie hätten nämlich ein neues Kfz angeschafft. Die
Finanzierung werde nachgereicht (vgl. Bl. 734 der Verwaltungsakte).
Mitte April 2009 bewilligte die Antragsgegnerin den Antragsstellern für die Zeit vom 1. Mai bis zum 31. Oktober 2009
höhere Leistungen (Änderungsbescheid vom 16. April 2009, vgl. Bl. 761 der Verwaltungsakte).
Das Bundesamt für Wirtschaft- und Ausfuhrkontrolle bewilligte der Antragsstellerin unter dem 22. April 2009 auf ihren
Antrag vom 31. März 2009 im Wege des Zuwendungsbescheides (Reservierung) für den Erwerb und die Zulassung
eines Personenkraftwagens, der hinsichtlich seiner Schadstoffklasse mindestens die Anforderungen von Euro 4 erfüllt
und gleichzeitiger Verschrottung eines Altfahrzeuges einen Zuschuss in Höhe von 2.500,00 Euro (vgl. Bl. 23 der
Gerichtsakte).
Ebenfalls unter dem 22. April 2009 bewilligte die Antragsgegnerin den Antragsstellern im Wege des
Änderungsbescheides Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes insgesamt für Juni 2009 noch in Höhe von
270,05 Euro, für Juli bis September 2009 noch in Höhne von 264,83 Euro und für Oktober in Höhe von 828,11 Euro
(Bescheid vom 22.April 2009, vgl. Bl. 805 der Verwaltungsakte).
Unter dem 18. Mai 2009 legten die Antragssteller Widerspruch ein.
Sie haben beim Sozialgericht Altenburg am 25. Mai 2009 beantragt, die Antragsgegnerin im Wege des vorläufigen
Rechtsschutzes zu verpflichten, Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Juni 2009 bis zum 30. September
2009 ohne Berücksichtigung der gewährten Umweltprämie in Höhe von monatlich 563,28 Euro zu bewilligen.
Unter dem 27. Mai 2009 hob die Antragsgegnerin für die Zeit von Juni bis September 2009 die Bewilligung der
Leistungen aus dem Bescheid vom 16. April 2009 in monatlicher Höhe von 274,03 Euro auf. Es sei eine wesentliche
Änderung im Sinne der Vorschrift des § 48 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X)
eingetreten. Durch die im Zusammenhang mit dem Kauf des neuen Wagens vorgelegte Rechnung sei erkennbar, dass
die Antragsstellerin Anspruch auf die Abwrackprämie habe. Diese sei mit dem Kaufpreis verrechnet worden. Die
Abwrackprämie sei als Einkommen zu berücksichtigen, da sie als Einnahme den halbmonatlichen Regelsatz
übersteige. Sie stelle im Vergleich zur Regelleistung eine erhebliche wirtschaftliche Besserstellung dar (Bescheide
vom 27. Mai 2009, vgl. Bl. 830 der Verwaltungsakte).
Das Sozialgericht hat die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragssteller vom 18. Mai 2009 gegen den
Bescheid vom 22. April 2009 i. d. F. der Bescheide vom 27. Mai 2009 angeordnet. Statthafte Verfahrensart sei das
Begehren auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung, weil das Ziel der Antragsteller darin bestehe, die Leistungen
aus der Bewilligungsentscheidung vom 16. April 2009 zu erhalten. Der Antrag sei begründet, weil das
Aussetzungsinteresse der Antragsteller das Vollzugsinteresse der Antragsgegner überwiege.
Zunächst seien die Bescheide rechtswidrig, weil eine Anhörung nach § 24 SGB X unterblieben sei, die aber nach § 41
Abs. 1 Nr. 3 SGB X nachgeholt werden könne. Die Bescheide seien aber auch materiell rechtswidrig. Denn die
Voraussetzungen für eine Aufhebung nach § 48 SGB X würden nicht vorliegen. Die Bewilligung der staatlichen
Umweltprämie habe nämlich keinen Einfluss auf die Leistungshöhe der Antragssteller. Sie sei nicht als Einkommen
nach § 11 SGB II anzurechnen. Es handele sich bei der staatlichen Umweltprämie um eine zweckbestimmte
Einnahme, die einem anderen Zweck diene als die Leistungen nach dem SGB II. Sie werde, wie auch hier, direkt an
den Kraftfahrzeughändler gezahlt. In der Regelleistung nach § 20 SGB II seien zwar Kosten für die Nutzung von
Verkehrsdienstleistungen und Fahrrädern enthalten, nicht jedoch Kraftfahrzeugkosten (unter Hinweis auf
Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage 2008, § 20 Rz 23 mit weiteren Nachweisen). Gleiches gelte für
Fahrzeugbeschaffungskosten. Zweckbestimmte Einnahmen und Zuwendungen blieben, auch wenn sie anderen
Zwecken dienten als Leistungen nach dem SGB II, nur unberücksichtigt, soweit sie die Lage des Empfängers nicht so
günstig beeinflussten, dass daneben Leistungen nach dem SGB II nicht gerechtfertigt wären. Dies sei der Fall, wenn
durch die Einnahmen oder Zuwendungen die individuellen Verhältnisse des Empfängers derartig verändert würden,
dass sich der Hilfebedarf im Monat des Zuflusses deutlich verringere. Die Besonderheiten der Einnahmen müssten
berücksichtigt werden, ein pauschales Abstellen auf eine bestimmte Höhe der Zuwendung (wie z. B. die Hälfte der
Regelleistung) finde weder im Gesetzestext noch im Sinn und Zweck der Regelung eine Stütze. Bei der staatlichen
Umweltprämie bestehe die Besonderheit, dass sie dem Hilfebedürftigen nicht unmittelbar zufließe, er sie also nicht
sofort für seinen Lebensunterhalt einsetzen könne. Durch die Umweltprämie werde der Empfänger gerade nicht in die
Lage versetzt, die Bedürfnisse des täglichen Lebens (Ernährung, Kleidung, etc.) bzw. die Kosten für Unterkunft und
Heizung zu decken. Dies könne nur über den Umweg des Verkaufs des neuen Kraftfahrzeuges geschehen, was
jedoch dem Sinn der Umweltprämie und im Übrigen auch dem Vermögensschutz des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB II
zuwiderlaufen würde. Gegen diese Auslegung könne auch nicht eingewendet werden, dass der Empfänger
Aufwendungen in Höhe der Umweltprämie ersparen würde, die dann zur Lebensführung zur Verfügung stünden
(Beschluss vom 4. Juni 2009, der Antragsgegner am 10. Juni 2009 zugestellt).
Die Antragsgegnerin hat hiergegen am 26. Juni 2009 Beschwerde eingelegt. Mit der Anschaffung des Neufahrzeuges
seien die Antragssteller zusätzliche Belastungen in Höhe von monatlich 107,72 Euro eingegangen (Rate an den Vater
der Antragsstellerin von monatlich 20,00 Euro, monatliche Rate an das Autohaus 56,00 Euro, Versicherungsprämie
monatlich 31,72 Euro). Das Fahrzeug stelle einen Vermögenszuwachs von 12.600,00 Euro dar, dem aber von Seiten
der Antragstellerin Verbindlichkeiten von lediglich 10.100,00 Euro entgegenstünden. Die Abwrackprämie stelle somit
Vermögen dar, das allerdings, da es in dem Bezugszeitraum von Leistungen nach dem SGB II zugeflossen sei, als
Einkommen zu werten sei (unter Hinweis auf BSG vom 30. Juli 2007 - B 14/7 b AS 12/07). Dieses Einkommen sei
zwar zweckbestimmt an den Kauf eines Neufahrzeuges und die Verschrottung des Altfahrzeuges gebunden, jedoch
sei damit nur eine Voraussetzung für die Nichtanrechnung nach § 11 Abs. 3 Nr. 1 a SGB II erfüllt. Weitere
Voraussetzungen für die Freistellung einer zweckbestimmten Einnahme von der Anrechnung sei aber, dass sie die
Lage des Hilfebedürftigen nicht "so günstig beeinflusst, dass daneben Leistungen nach diesem Buch nicht
gerechtfertigt wären". Die einmalige Einnahme in Höhe von 2.500,00 Euro entspreche mehr als dem siebenfachen der
Regelleistung in Höhe von derzeit 351,00 Euro. Eine verschärfte Gerechtigkeitsprüfung sei bei zweckbestimmten
Einnahmen ab einer halben Regelleistung vorzunehmen. Bei einem 14fachen Übersteigen dieses Schwellenwertes,
wie er bei einer Einnahme von 2.500,00 Euro gegeben sei, sei dementsprechend keine Rechtfertigung für eine
Nichtanrechnung möglich.
Die Beschwerdegegnerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Altenburg vom 4. Juni 2009 aufzuheben und den Antrag abzulehnen.
Die Antragssteller beantragen,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die staatliche Umweltprämie sei am ehesten mit der Eigenheimzulage zu vergleichen. Diese sei bei konkretem
Einsatz nach § 1 Abs. 1 Nr. 7 der Arbeitslosengeld II-VO anrechnungsfrei.
II.
Die Beschwerde ist unbegründet.
Die aufschiebende Wirkung der Widersprüche der Antragstellerin und des Antragstellers gegen die Bescheide der
Antragsgegnerin vom 22. April 2009 und vom 27. Mai 2009 (teilweise Aufhebung der Regelleistungen für die Zeit von
Juni bis September 2009) war anzuordnen. Denn die Bescheide sind mit überwiegender Wahrscheinlichkeit
rechtswidrig.
Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in
den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage, wie hier nach § 39 Nr. 1 SGB II, keine aufschiebende
Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen.
Die angegriffenen Bescheide der Antragsgegnerin sind mit überwiegender Wahrscheinlichkeit rechtswidrig, so dass
das Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin an der Durchsetzung der Bescheide gegenüber dem Aufschubinteresse
der Antragsteller - auch mit Blick auf die im Streit stehenden existenzsichernden Regelleistungen - zurückstehen
muss. Im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats sind die Leistungen auch noch teilweise für die Zukunft zu
erbringen sind, sodass auch ein Mindestmaß an Eilbedürftigkeit gegeben ist.
Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X (i. V. m. § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II) ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit
Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass
vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Eine solche wesentliche Änderung (nach § 2 Abs. 4 Alg II-VO
sind einmalige Leistungen grundsätzlich von dem Monat an zu berücksichtigen, in dem sie zufließen) liegt vor, wenn
der Verwaltungsakt nunmehr so nicht mehr erlassen werden dürfte. Hieran fehlt es indes vorliegend mit ganz
überwiegender Wahrscheinlichkeit. Dies ergibt sich aus Folgendem:
Nach § 7 Abs. 1 SGB II erhalten Leistungen nach dem SGB II Personen, die 1. das 15. Lebensjahr vollendet und die
Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben, 2. erwerbsfähig sind, 3. hilfebedürftig sind und 4. ihren
gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Leistungen erhalten auch Personen, die mit
erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einer Bedarfsgemeinschaft leben (§ 7 Abs. 2 Satz 1 SGB II). Zur
Bedarfsgemeinschaft gehören unter anderem die erwerbsfähigen Hilfebedürftigen sowie als Partner der erwerbsfähigen
Hilfebedürftigen der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte (§ 7 Abs. 3 Nr.1 und Nr. 3 a SGB II
Dass die zuvor genannten Voraussetzungen gegeben sind, ist - mit Ausnahme des Erfordernisses der Bedürftigkeit -
zwischen den Beteiligten unstreitig. Anders als die Antragsgegnerin meint, ist allerdings die Hilfebedürftigkeit der
Antragsteller insbesondere mit Blick auf die Bewilligung der Umweltprämie/Abwrackprämie (Richtlinie des
Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie zur Förderung des Absatzes von Personenkraftwagen vom 17.
März 2009, Bundesanzeiger Nr. 48 vom 27. März 2009, S. 1144 f.) auch nicht teilweise, nämlich für die Zeit von Juni
bis September 2009, entfallen.
Denn bei der Umweltprämie/Abwrackprämie handelt es sich jedenfalls unter den vorliegenden Umständen um eine
zweckgebundene Einnahme im Sinne des § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II, die die Lage der Antragsteller nicht so günstig
beeinflusst, dass daneben Leistungen nach dem SGB II (teilweise) nicht mehr gerechtfertigt wären.
Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind Einnahmen in Geld oder Geldeswert als Einkommen zu berücksichtigen. Eine
Ausnahme hiervon regelt § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II. Danach sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen
zweckbestimmte Einnahmen, die die Lage des Empfängers nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen
nach dem SGB II nicht mehr gerechtfertigt wären. § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II soll einerseits bewirken, dass die
besondere Zweckbestimmung einer Leistung durch ihre Berücksichtigung im Rahmen des SGB II nicht verfehlt wird.
Andererseits soll die Vorschrift ihre Erbringung für einen identischen Zweck, also eine Doppelleistung verhindern (BSG
vom 30. September 2008 - B 4 AS 19/08 R mit weiteren Nachweisen). Es kommt demnach darauf an, ob die in Frage
stehende Leistung ebenso wie die Leistungen nach dem SGB II der Existenzsicherung des Begünstigten dient. § 11
Abs 3 SGB II fordert keinen ausdrücklich im Gesetz genannten Zweck.
Hieran gemessen ist die Umweltprämie vorliegend als zweckgebundenes Einkommen zu qualifizieren, das nicht der
Existenzsicherung dient, wobei der Senat die Frage offen lassen kann, ob dies davon abhängt, dass der
Leistungsempfänger die Prämie - wie im Falle der Antragstellerin geschehen - auch tatsächlich zur Finanzierung des
neu anzuschaffenden Pkw verwendet.
Mit der Richtlinie zur Förderung des Absatzes von Personenkraftwagen hat die Bundesregierung neben
umweltpolitischen Zwecken die Absicht verbunden, durch Erleichterung der Anschaffung eines Neu- oder
Jahreswagens, der mindestens die Schadstoffklasse "Euro 4 erfüllt" (und der Verschrottung eines Altfahrzeuges), die
Konjunktur in diesem Wirtschaftsbereich zu beleben. Die Prämie wird hierbei nur dann gewährt, wenn sie für die
Anschaffung eines (neuen) Pkw - wie hier durch die Antragstellerin - verwendet wird. Sie wird damit nicht gewährt für
die Erfüllung grundlegender Bedarfe, deren Erfüllung auch die Leistungen nach dem SGB II dienen (so zu Recht auch
LSG Nordrhein-Westfalen vom 3. Juli 2009 – L 20 B 59/09 AS ER, das allerdings die Frage letztlich offen gelassen
hat).
Anders als die zuvor erwähnte Entscheidung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 3. Juli 2009 und die
Beklagte geht allerdings der Senat nicht davon aus, dass die Zahlung der Umweltprämie die Lage der Antragsteller im
Sinne der Regelung des § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II so günstig beeinflusst, dass daneben Leistungen nach dem SGB II
(hier für die Zeit von Juni bis September 2009) teilweise nicht gerechtfertigt wären (in diesem Sinne auch SG
Magdeburg vom 15. April 2009 - S 16 AS 907/09 ER).
Es trifft zwar zu, dass die Antragstellerin mit der Umweltprämie einen durchaus erheblichen Geldbetrag in mehrfacher
Höhe einer monatlichen Regelleistung für ein Verbrauchsgut erhalten hat (so zu Recht LSG Nordrhein-Westfalen vom
3. Juli 2009, am angegebenen Ort). Allerdings stehen diese Gelder den Antragstellern nicht für den privaten Konsum,
also für die Bedarfe zur Verfügung, die durch die Regelleistungen zu bestreiten sind. Denn die Umweltprämie sowie im
übrigen auch das vom Vater der Antragstellerin erhaltene Darlehen hat die Antragstellerin jeweils zweckbestimmt zur
Finanzierung des neuen PKW eingesetzt und somit letztlich einen Vermögensgegenstand (alter Pkw) durch einen
neuen Vermögensgegenstand (neuer Pkw) ersetzt.
Die Hilfebedürftigkeit der Antragsteller hat sich hierdurch aber in keiner Weise geschmälert, sodass durch die
Nichtberücksichtigung der Umweltprämie kein ungerechtfertigter Doppelbezug von Leistungen nach dem SGB II und
sonstigen Einnahmen erkennbar ist.
Nach alldem kann der Gesichtspunkt, auf den das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen in seiner oben genannten
Entscheidung hinweist, dass anders als bei der Anschaffung eines Pkw die Eigenheimzulage, die unter bestimmten
Umständen als zweckbestimmte Leistung zu qualifizieren ist, der langfristigen - in der Regel so gut wie lebenslangen -
Absicherung des Grundbedürfnisses des Wohnens dient, das zugleich in der Verfassung mit Art. 13 Abs. 1 des
Grundgesetzes Berücksichtigung findet, keine Bedeutung haben.
Soweit der PKW Vermögen der Antragstellerin ist, ist dieses Vermögen geschützt, muss also infolgedessen nicht zur
(teilweisen) Beseitigung der Hilfebedürftigkeit eingesetzt werden. Denn als Vermögen sind nicht zu berücksichtigen
ein angemessenes Kraftfahrzeug für jeden in der Bedarfsgemeinschaft lebenden erwerbsfähigen Hilfebedürftigen (§ 12
Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB II), wobei das Bundessozialgericht unter Rückgriff auf Werte aus der Kfz-Hilfeverordnung
den Grenzwert der Angemessenheit für einen Pkw auf den Verkehrswert von 7.500 EUR festgesetzt hat. Besitzt ein
erwerbsfähiger Hilfebedürftiger einen Pkw, dessen Verkehrswert die Grenze von 7.500 EUR überschreitet, so wie dies
hier wohl der Fall ist, so ist aber lediglich der überschießende Betrag als Vermögen einzusetzen (vgl. Spellbrink in
Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann (Hrsg.), Kommentar zum Sozialrecht, 2009, § 12 Rz. 21,22 mit weitern
Nachweisen). Infolgedessen könnte also, ganz unabhängig davon, in welchem Umfang der neue Pkw bereits im
Vermögen der Antragstellerin steht, nur ein Betrag von 5.100 EUR berücksichtigt werden.
Hiervon ist allerdings, was aus § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II folgt, der jeweils zu berücksichtigende
Vermögensfreibetrag in Höhe von 150,00 EUR je vollendetem Lebensjahr des volljährigen Hilfebedürftigen und seines
Partners, mindestens aber jeweils 3100,00 EUR, abzusetzen ist (vgl. Spellbrink, a.a.O.), der sich hier allein für die
Antragstellerin auf 6750,00 Euro beläuft mit der Folge, dass der PKW bzw. das in ihm steckende Vermögen gänzlich
unberücksichtigt bleibt. Hieran ändert auch nichts der Umstand, dass die Antragstellerin noch über ein Girokonto im
Umfang rund 154 EUR verfügt. Denn auch damit erreicht sie die für sie maßgebliche Freibetragsgrenze nicht.
Das Vermögen des Antragstellers aus der abgeschlossenen privaten Rentenversicherung bleibt ebenfalls
unberücksichtigt, weil es nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II geschützt ist. Soweit der Antragsteller als nicht
Erwerbsfähiger über das oben genannte Kfz verfügt, kann er sich zwar nicht auf den Schutz eines angemessenen
Kraftfahrzeuges berufen (vgl. § 12 Abs. 3 Nr. 2 SGB II). Doch ist das Kraftfahrzeug mit Blick auf sein Alter und den
Kilometerstand jedenfalls durch den ihm zustehenden Freibetrag nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II geschützt.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung der Vorschrift des § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
Die Entscheidung ist unanfechtbar (vgl. § 177 SGG).