Urteil des LSG Thüringen vom 06.06.2005

LSG Fst: private krankenversicherung, operation, stationäre behandlung, abrechnung, krampfadern, versorgung, therapie, exstirpation, thüringen, unterbrechung

Thüringer Landessozialgericht
Urteil vom 06.06.2005 (rechtskräftig)
Sozialgericht Altenburg S 13 KR 1046/02
Thüringer Landessozialgericht L 6 KR 132/03
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 26. November 2002 wird
zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte die Kosten für eine ambulante Operation der Krampfadern am
linken Bein nach der CHIVA-Methode in Höhe von 748,70 EUR zu erstatten hat.
Die 1962 geborene und bei der Beklagten bis zum 31. Oktober 2002 versicherte Klägerin beantragte im Dezember
2001 unter Beifügung eines Kostenvoranschlages des Dipl. Med. B. vom 27. November 2001 die Kostenübernahme
für die ambulante Operation der Krampfadern im linken Bein nach CHIVA. Dipl. Med. B. bezifferte die (analog einer
Fallpauschale berechneten) Kosten auf 1.464,34 DM. Als durchzuführende Leistung nannte er: Doppler-
/Duplexuntersuchung des oberflächlichen und tiefen Venensystems sowie der Arterien, Crossenfreilegung und Ligatur
der Vena saphena magna bzw. parva, Seitenastligatur, Unterbrechung der Vena perforantes und Narkose.
Die kassenärztliche Vereinigung Thüringen hatte der Beklagten im September 2001 bereits mitgeteilt, die CHIVA-
Methode sei umstritten. Bei ihr müssten ca. 150 Perforanzvenen am Bein aufgesucht und unterbrochen werden.
Wegen der Vielzahl sei die Ausführung immer unvollständig und es bestehe eine hohe Rezidivgefahr. Im weitesten
Sinne würden die EBM-Ä (Einheitlicher Bewertungsmaßstab für die vertragsärztlichen Leistungen)-Ziffern 2860
(Unterbrechung von Seitenastvenen oder Perforanzvenen) 668 (Dopplersonografische Untersuchung), 689 (Zuschlag
u. a. zur Nummer 668) und 84 (ambulante Durchführung) dem Leistungsumfang entsprechen, wie auch die
kassenärztliche Bundesvereinigung mitteile. Problematisch sei, ob die CHIVA-Methode eine durch den
Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen allgemein anerkannte Behandlungsmethode darstelle, die zumindest
zukünftig Aufnahme in den NUB-Richtlinien finden werde. Sie legte eine Stellungnahme der Dr. S. vom Medizinischen
Dienst der Krankenversicherung Thüringen (MDK) e.V. vom 4. April 2001 und ein Schreiben der Kassenärztlichen
Bundesvereinigung vom 2. April 2001 bei.
Mit Bescheid vom 10. Dezember 2001 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme der Krampfadertherapie nach CHIVA
ab. Im Widerspruchsverfahren zog sie Berichte des MDK Baden-Württemberg vom 1. März 1999 und des MDK
Westfalen-Lippe vom 19. September 2000 bei.
Am 9. Januar 2002 ließ die Klägerin die ambulante Operation der Krampfadern am linken Bein nach der CHIVA-
Methode durchführen.
Mit Schreiben vom 4. Februar 2002 teilte die Beklagte ihr mit, die Kostenübernahme für die CHIVA-Therapie sei nicht
möglich und fragte an, ob sie den Widerspruch aufrecht halte. Die Beklagte holte ein Gutachten des MDK Thüringen
vom 27. Februar 2002 ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Mai 2002 wies sie den Widerspruch zurück. Neue
Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürften nach § 135 Abs. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB
V) nur erstattet werden, wenn der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1
Satz 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen
Methode abgegeben habe. Dies sei nach dem eingeholten Gutachten des MDK bei der CHIVA-Therapie nicht der Fall.
Im Klageverfahren hat das Sozialgericht eine Stellungnahme des MDK im Land Brandenburg vom 17. September
1999 zu der Frage, ob die Methode eine stationäre Behandlung erfordert und nach der Fallpauschale 10.01
abgerechnet werden könne und das Gutachten des MDK Berlin e.V. und im Land Brandenburg e. V. vom 15. August
2002 zu der Frage, der vertragsärztlichen Leistungserbringung im ambulanten Bereich und den möglichen
Abrechnungsziffern nach dem EBM-Ä beigezogen.
Die Klägerin hat ausgeführt, die konventionelle Behandlungsmethode sei bei ihr im Jahre 1987 angewandt worden und
habe keinen Erfolg gebracht. Nach der Internetveröffentlichung des Zentrums für Gefäßdiagnostik und Therapie würde
die private Krankenversicherung die CHIVA-Methode ohne Einschränkungen als wirksam und kostengünstig
anerkennen. Durch diese Therapie sei ihr eine risikobehaftete Vollnarkose im Rahmen der konventionellen Stripping-
Behandlung sowie eine längere Arbeitsunfähigkeit erspart geblieben. Die kostengünstige Behandlung sei erfolgreich
durchgeführt worden. Es handle sich nicht um eine neue Untersuchungs- oder Behandlungsmethode. Es werde weder
ein neues Gerät, noch ein neues Medikament, noch eine neue chirurgische Schnitttechnik angewandt. Die Beklagte
hat mitgeteilt, bei einer Abrechnung nach EBM-Ä würden 131,58 EUR vergütet.
Mit Urteil vom 26. November 2002 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Ein Anspruch auf Erstattung der
entstandenen Kosten nach § 13 Abs. 3 SGB V bestehe nicht, weil die Behandlungsmethode nicht zu den Leistungen
der gesetzlichen Krankenversicherung gehöre. Der Leistungsausschluss ergebe sich insoweit aus § 135 Abs. 1 SGB
V i.V.m. den vom Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen erlassenen Richtlinien über die Bewertung
ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (BUB-Richtlinien) vom 10. Dezember 1999, zuletzt geändert
durch Bekanntmachung vom 17. Oktober 2001. Bei der CHIVA-Methode handele sich um eine neue
Behandlungsmethode i. S. des § 135 SGB V, weil diese allenfalls teilweise nach EBM abrechenbar sei. Der
Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen habe keine Empfehlung zu der Methode abgegeben. Ein
Systemmangel sei vorliegend zu verneinen, weil es sich bei der Krampfaderbildung um eine weit verbreitete Krankheit
handle, für die es mehrere anerkannte Behandlungsmethoden gebe.
Im Berufungsverfahren hält die Klägerin an ihrer Ansicht fest, dass es sich bei der CHIVA-Methode nicht um eine
neue Untersuchungs- oder Behandlungsmethode handle, sondern auf die konventionelle Behandlungsmethode
zurückgehe. Im Übrigen verweist sie auf ihr Vorbringen im Vorverfahren und im Klageverfahren.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 26. November 2002 und den Bescheid der Beklagten vom 10. Dezember
2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Mai 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die
Kosten für die am 9. Januar 2002 durchgeführte ambulante operative Krampfadertherapie nach CHIVA in Höhe von
748,70 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verweist zur Begründung auf die Gründe des in erster Instanz ergangenen Urteils.
Der Senat hat eine Auskunft der Kassenärztlichen Vereinigung Thüringen vom 21. Januar 2004 und des
Gemeinsamen Bundesausschusses - Ärztliche Behandlung - vom 18. Februar 2004 zu der Abrechenbarkeit der
CHIVA-Methode nach dem EBM eingeholt. Dieser verweist auf ein Schreiben des Dezernates 3 (Gebührenordnung
und Vergütung) vom 12. Juni 2003. Des Weiteren hat der Senat eine Stellungnahme des Dipl. Med. B. vom 29. Juni
2004 beigezogen. Dieser verweist auf einen offenen Brief der Dr. M. an die Kassenärztliche Bundesvereinigung aus
dem Jahr 2001.
Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 9. August 2004 und vom 16. August 2004 ihr Einverständnis mit einer
Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Prozess- und der beigezogenen Verwaltungsakte der
Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der geheimen Beratung Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis
erklärt haben (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes ( SGG)).
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die
ambulante Krampfaderoperation nach der CHIVA-Methode in Höhe von 748,70 EUR nach § 13 Abs. 3 SGB V in der
ab dem 1. Januar 1999 bis zum 30. Juni 2001 gültigen Fassung.
Nach § 13 Abs. 3 SGB V sind dem Versicherten Kosten zu erstatten, die dadurch entstehen, dass die Krankenkasse
eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann (Voraussetzung 1) oder eine Leistung zu Unrecht
abgelehnt hat (Voraussetzung 2) und sich der Versicherte deshalb die Leistung selbst beschafft.
Wie sich aus § 13 Abs. 1 SGB V ergibt, tritt der Kostenerstattungsanspruch an die Stelle des Anspruchs auf eine
Sach- oder Dienstleistung; er besteht deshalb nur, soweit die selbst beschaffte Leistung ihrer Art nach zu den
Leistungen gehört, die von den gesetzlichen Krankenkassen als Sachleistung zu erbringen sind. Mit der
Durchbrechung des Sachleistungsgrundsatzes (§ 2 Abs. 2 SGB V) trägt § 13 Abs. 3 SGB V dem Umstand Rechnung,
dass die gesetzlichen Krankenkassen eine umfassende medizinische Versorgung ihrer Mitglieder sicherstellen
müssen (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1, § 27 Abs. 1 Satz 1, § 70 Abs. 1 Satz 1 SGB V) und infolgedessen für ein Versagen
des Beschaffungssystems - sei es im medizinischen Notfall (vgl. § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V) oder infolge eines
anderen unvorhergesehenen Mangels – einzustehen haben. Wortlaut und Zweck der Vorschrift lassen die Abweichung
vom Sachleistungsprinzip nur in dem Umfang zu, in dem sie durch das Systemversagen verursacht ist (vgl.
Bundessozialgericht (BSG) in SozR 3-2500 § 135 Nr. 4 S. 10, 11 m.w.N).
Bei der Überprüfung ist grundsätzlich vom therapeutischen Gesamtkonzept des behandelnden Arztes und nicht von
der einzelnen medizinischen Maßnahme (hier: Doppler-Duplex Untersuchung, Ligatur der Vena saphena bzw. parwa,
Ligatur der Seitenastvenen, Narkose) auszugehen. Wenn der Versicherte durch eine Versorgungslücke veranlasst
wird, sich außerhalb des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung behandeln zu lassen, dann kann sein
Kostenerstattungsanspruch nicht mit der Erwägung gemindert werden, er hätte sich einzelne Leistungen
systemkonform beschaffen können. Der in § 13 Abs. 3 SGB V vorausgesetzte Kausalzusammenhang muss sich
dann auf die Behandlung als Ganzes beziehen.
Anhaltspunkte dafür, dass es sich hier im Sinne des § 13 Abs. 3 (Voraussetzung 1) SGB V um eine unaufschiebbare
Leistung gehandelt hat liegen nicht vor, sodass es hierzu keiner weiteren Ausführungen bedarf.
Die Beklagte hat die Gewährung der beantragten Leistung auch nicht im Sinne des § 13 Abs. 3 (Voraussetzung 2)
SGB V zu Unrecht abgelehnt. Die ambulante Operation der Krampfadern nach der CHIVA-Methode gehört nicht zu
den von den gesetzlichen Krankenkassen geschuldeten Leistungen. Das ergibt sich aus § 135 SGB V i.V.m. den vom
Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen erlassenen Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs-
und Behandlungsmethoden (BUB-Richtlinien) vom 10. Dezember 1999, geändert durch Bekanntmachung vom 17.
Oktober 2001, welche an die Stelle der früheren Richtlinien über die Einführung neuer Untersuchungs- und
Behandlungsmethoden (NUB-Richtlinien) vom 4. Dezember 1990 getreten sind.
Danach dürfen neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der
Krankenkassen nur abgerechnet werden, wenn der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in Richtlinien
nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen unter anderem über die Anerkennung des diagnostischen und
therapeutischen Nutzens der neuen Methode abgegeben hat.
Die ambulante Krampfaderoperation nach der CHIVA-Methode ist eine neue Untersuchungs- und
Behandlungsmethode i. S. von § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V.
Nach dem Normzweck muss danach unterschieden werden, ob eine Methode schon bisher zur vertragsärztlichen
Versorgung gehört. Der Bundesausschuss soll gewährleisten, dass die Leistungspflicht der gesetzlichen
Krankenversicherung nicht auf unwirksame oder unwirtschaftliche Untersuchungs- und Behandlungsmethoden
ausgedehnt wird. Von daher kommt es nicht darauf an, wann das betreffende Verfahren entwickelt und erstmals
eingesetzt wurde, denn ansonsten könnte der Umfang der vertragsärztlichen Versorgung ohne Qualitätsprüfung allein
durch Zeitablauf erweitert werden. Es ist darauf abzustellen - wovon auch der Bundesausschuss in § 2 der Richtlinien
ausgeht -, die Beschränkung auf "neue" Methoden als Abgrenzung zu denjenigen medizinischen Maßnahme zu
verstehen, deren Qualität auf Grund der tatsächlichen Anwendung in der vertragsärztlichen Versorgung bereits
feststeht oder unterstellt wird (vgl. BSG vom 16. September 1997 - Az.: 1 RK 28/95, nach juris).
Unter dem Begriff der Methode ist dabei nicht jede einzelne diagnostische oder therapeutische ärztliche Leistung
gemeint, die vom Bewertungsausschuss nach § 87 Abs. 2 SGB V in den EBM-Ä aufzunehmen ist; regelmäßig wird
die Anerkennung einer neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode die Einführung mehrerer neuer ärztlicher
Leistungen in den EBM-Ä nach sich ziehen. Der Begriff der Methode nach § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V stellt sich im
Verhältnis zu dem der ärztlichen Leistung nach § 87 SGB V als der umfassendere dar. Dies ergibt sich auch aus der
Bestimmung des § 135 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V, nach der der Bundesausschuss die qualitativen Anforderungen für
die Anwendung einer neuen Methode vorzugeben hat. Hierbei ist typischerweise nicht die Erbringung einer einzelnen
ärztlichen Leistung gemeint, denn für eine solche sind besondere Anforderungen im Regelfall nicht festzulegen (vgl.
BSG vom 25. August 1999 - Az. B 6 KA 39/98 R, nach juris). Für das Vorliegen einer Behandlungsmethode ist
erforderlich, dass einer medizinischen Vorgehensweise ein eigenes theoretisch wissenschaftliches Konzept zugrunde
liegen muss, die sie von anderen Therapieverfahren unterscheidet und ihre systematische Anwendung in der
Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertigen soll (vgl. BSG vom 23. Juli 1998 - Az.: B 1 KR 19/96 R in SozR 3-
2500 § 31 Nr. 5). Ein solches Konzept wird für die ambulante Krampfaderoperation nach der CHIVA-Methode geltend
gemacht. Nach dem Gutachten des MDK Berlin e.V. und im Land Brandenburg e.V. vom 15. August 2002 sowie den
von der Klägerin vorgelegten Veröffentlichungen zu dieser Methode handelt es sich bei der CHIVA-Methode um eine
neue Operationsmethode beim Varizenleiden der unteren Extremitäten. Voraussetzung dieser Methode sind
exzellente Doppler- und FKDS- Fähigkeiten des Operateurs neben den üblichen weiteren Voraussetzungen eines
chirurgischen Eingriffs am Gefäßsystem. Die Methode soll durch Unterbrechung der Rezirkulationskreisläufe zur
Rückbildung der Varizen in normalkalibrige Venen führen. Nach genauer Diagnostik mittels Ultraschall und
gegebenenfalls Farb-Duplex-Scan werden die teilweise auch ineinander greifenden Rezirkulationskreisläufe erkannt
und präoperativ am proximalen Insuffizienzpunkt markiert. Ziel ist es, jeden einzelnen Kreislauf an seinem proximalen
Punkt durch Ligaturen zu verschließen; distal muss hierzu der Wiedereintritt in eine gesunde Vene vorhanden sein.
Die einzelnen varikösen Venensegmente drainieren dann zwar retrograd, weil ihre Klappen schlussunfähig bleiben, sie
sollen dies aber unter fast normalisierten Druck-Fluss-Bedingungen tun. Eine Entfernung der Venen ist nach der
CHIVA-Methode nicht erforderlich, eine Unterbindung ist ausreichend.
Demgegenüber besteht das Prinzip der verschiedenen üblichen Standardverfahren, zum Beispiel der Operationen
nach Babcock oder Hach in der Entfernung insuffizienter Stammvenenstrecken vom proximalen bis zum distalen
Insuffizienzpunkt. Voraus geht eine Crossektomie am May schen Venenstern. Üblich ist die Entfernung der Vena
saphena magna im Bereich der Segmente I bis III nach Hach. Im weiteren Verlauf der Operation werden insuffiziente
Seitenäste exstirpiert sowie die Perforanzvenen, soweit notwendig, subfaszial abgesetzt
Die Anwender der CHIVA-Methode sehen ebenfalls keine Möglichkeit der Abrechnung nach EBM-Ä wie sich aus dem
Schreiben der Dr. M. an die Kassenärztliche Bundesvereinigung ergibt. Vorgeschlagen wird eine Abrechnung nach
einer Fallpauschale, zurzeit werde die Leistung privat als "Individuelle Gesundheitsleistung" (IGEL) nach der
Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) berechnet.
Die Methode ist auch neu im Sinne des § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V.
Nach § 2 der BUB-Richtlinien gelten als "neue" Untersuchungs- und Behandlungsmethoden Leistungen, die noch nicht
als abrechnungsfähige ärztliche Leistungen im EBM enthalten sind oder die als ärztliche Leistungen im EBM
aufgeführt sind, deren Indikationen aber wesentliche Änderungen oder Erweiterungen erfahren haben.
Da es sich bei der ambulanten Krampfaderoperation nach der CHIVA-Methode um eine Untersuchungs- und
Behandlungsmethode nach § 135 Abs. 1 SGB V handelt, bedarf sie insgesamt einer Überprüfung durch den
gemeinsamen Bundesausschuss. Die Möglichkeit einzelne ärztliche Leistungen nach EBM-Ä abrechnen zu können
genügt insofern nicht. Die kassenärztliche Bundesvereinigung hat in ihrem Schreiben vom 12. Juni 2003 ebenfalls
ausgeführt, die Beurteilung, wie bei der CHIVA-Methode zu verfahren sei, falle nicht ganz leicht. Es könne nur
insofern Stellung bezogen werden, als darauf hingewiesen werde, dass dann, wenn der zur Berechnung bestimmter
Positionen des Leistungsverzeichnisses, EBM-Ä, geforderte Leistungsinhalt erfüllt sei, dann auch die CHIVA-Methode
als vertragsärztliche Leistung zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse abzurechnen sei. Generell sei eine
Beurteilung nicht möglich, weil auch bei Operationen nach der CHIVA-Methode die Krampfadern in verschiedenen
Modifikationen operiert würden, auch abhängig davon, in welcher Ausprägung beim einzelnen Patienten Krampfadern
vorlägen. In der Regel könne man davon ausgehen, dass der Inhalt der Leistungspositionen Nrn. 2860, 2861 oder
2862 des EBM-Ä auch bei Durchführung von Krampfaderoperationen nach der CHIVA-Methode erfüllt würden. In dem
Gutachten des MDK Berlin e.V. und im Land Brandenburg e.V. vom 15. August 2002 wird ausgeführt, möglich
erscheine im ambulanten Bereich eine Abrechnung nach der Leistungslegende der Abrechnungsziffer 2860 EBM-Ä.
Diese beinhaltet die Exstirpation oder subfaziale Ligatur von Seitenastvarizen oder insuffizienten Perforanzvenen.
Eine Exstirpation von Venen sei von den Urhebern der CHIVA-Methode nicht vorgesehen, jedoch explizit die Ligatur
von Seitenastvarizen bzw. Perforanzvenen. Beachtenswert sei das Erwähnen der subfazialen Ligatur im EBM-Ä;
hierbei werde die der Leistungslegende zu Grunde liegende Fazie nicht definiert. Bei der CHIVA-Methode sei
sicherlich in den meisten Fällen eine Ligatur von Venen im subkutanen Bereich erforderlich, teilweise auch unter der
im EBM-Ä gemeinten Muskelfazie. Insoweit bestehe eine Möglichkeit der Abrechnung nach der Ziffer 2860 des EBM-
Ä, ergänzend nach der Ziffer 668 (Duplex-sonographische Untersuchung der Arterien und/oder Venen der
Extremitäten) sowie als Zuschlag eventuell für farbcodierte Doppler-Sonografie der Ziffer 689. Als allgemeiner
Zuschlag für die ambulante Operation wäre die Ziffer 81 EBM-Ä in Erwägung zu ziehen.
Letztendlich lässt sich beiden Stellungnahmen nicht entnehmen, dass die ambulante Krampfaderoperation nach der
CHIVA-Methode in allen Fällen nach dem EBM-Ä abrechenbar ist, sondern allenfalls dann, wenn diese so
durchgeführt wird, dass einzelne Leistungskennziffern erfüllt werden. Dies ergibt auch eine Prüfung der EBM-Ä
Leistungskennziffern. Wie bereits in dem Gutachten des MDK vom 15. August 2002 ausgeführt, erfasst die EBM-Ä
Kennziffer 2860 lediglich die Ligatur von Seitenastvarizen und Perforanzvenen im subfazialen Bereich. Nicht erfasst
wird die Ligatur der Vena saphena magna und der Vena saphena parwa, die als Stammvenen und nicht als
Seitenastvenen bezeichnet werden. Diese beiden Venen werden in den Leistungskennziffern 2861 und 2862 des
EBM-Ä genannt, jedoch lediglich im Zusammenhang mit einer Crossektomie und/oder Exstirpation, also dem
Entfernen des erkrankten Organs, welche bei der Operation nach der CHIVA-Methode gerade nicht erfolgt. Des
Weiteren werden die Venen im epifazialen Bereich in den Leistungskennziffern nicht erfasst. Hinsichtlich der
ausschließlich epifazial verlaufenden Seitenastvarizen erfolgt eine Abrechnung nach EBM-Ä nur bei Exstirpation (vgl.
Kölner Kommentar zum EBM, Stand Juni 2004, Ziffer 2860). Bei der Operation nach der CHIVA-Methode erfolgt
jedoch - je nachdem, wo der Rezirkulationskreislauf vorliegt - eine Ligatur der epifazialen Seitenastvenen (vgl.
Mendoza, Einteilung der Rezirkulation im Bein: anatomische und physiologische Grundlagen der CHIVA-Methode, in
Phlebologie 1/2002).
Hieraus folgt, dass die Methode insgesamt nicht nach EBM-Ä abrechenbar ist. Es bedarf daher einer Überprüfung als
neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode nach § 135 Abs. 1 SGB V. Eine Empfehlung bezüglich der
ambulanten Krampfaderoperation nach der CHIVA-Methode wurde vom Bundesausschuss der Ärzte und
Krankenkassen (jetzt: Gemeinsamer Bundesausschuss) nicht abgegeben. Insoweit und bezüglich des Nichtvorliegens
eines Systemmangels wird nach § 153 Abs. 2 SGG auf die Gründe des in erster Instanz ergangenen Urteils Bezug
genommen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (§160 Abs. 2 SGG).