Urteil des LSG Thüringen vom 11.08.2009

LSG Fst: ddr, ingenieurbüro, bauwesen, ausarbeitung, produktion, verordnung, realisierung, zugehörigkeit, geschäftsbericht, rationalisierung

Thüringer Landessozialgericht
Urteil vom 11.08.2009 (rechtskräftig)
Sozialgericht Gotha S 10 RA 2814/03
Thüringer Landessozialgericht L 6 R 160/06
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 12. Januar 2006 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte als Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme der
Anlage 1 Nr. 1 bis 26 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungesetz (AAÜG) nach § 8 AAÜG
Beschäftigungszeiten vom 1. Juni 1973 bis zum 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zu einem
Zusatzversorgungssystem und die in diesen Zeiten tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen hat.
Die 1941 geborene Klägerin erwarb mit dem erfolgreichen Besuch der Ingenieurschule für Bauwesen G. das Recht, die
Berufsbezeichnung Ingenieurökonom zu führen (Urkunde vom 6. Juni 1973). Vom 1. Juli 1970 bis 30. Dezember 1990
war sie bei dem VEB Ingenieurbüro für Bauwesen E. (im Folgenden: VEB IBE), zuletzt seit Juli 1983 als
ökonomischer Leiter, beschäftigt.
Die Gründung des VEB IBE wurde am 18. November 1969 durch den Rat des Bezirkes Erfurt beschlossen. Unter
Punkt 5 des Beschlusses heißt es: "Die Direktoren der Kombinate, Betriebe und Einrichtungen des bezirklichen
Bauwesens werden verpflichtet, aus ihren wissenschaftlich-technischen Bereichen erfahrene und entwicklungsfähige
Kader auf Anforderungen des Bezirksbaudirektors umzusetzen. Der VEB Ingenieurbüro ist bis Ende 1970 mit
mindestens 35 AK zu besetzen. Das Ingenieurbüro ist zur Erfüllung der Aufgaben auf dem Gebiet der Erzeugnis- und
Verfahrensrationalisierung im Perspektivezeitraum auf eine Sollstärke von ca. 150 Mitarbeiter zu entwickeln." Die
Eintragung des VEB IBE in das Register der volkseigenen Wirtschaft erfolgte am 13. Januar 1970. Unmittelbar
übergeordnetes Organ war der Rat des Bezirkes Erfurt, hier das Bezirksbauamt. Laut Geschäftsbericht für das Jahr
1989 hat der VEB IBE als juristisch und wirtschaftlich selbstständiger Betrieb in der Vergangenheit insbesondere
daran gearbeitet, Produktionsprozesse in den Betrieben des örtlichen Bauwesens zu rationalisieren und für die
Schwerpunkte des Industriezweiges Projekte der komplexen Rationalisierung und Automatisierung auszuarbeiten. Ein
angegliederter Fertigungsbereich in L. hat den Betrieb in die Lage versetzt, Funktionsmuster für Maschinen und
Geräte herzustellen, die aus Entwicklungsleistungen des Hauses hervorgehen. Neben diesen Projektierungs- und
Fertigungsaufgaben, die von einem Stamm an Entwicklungsingenieuren und Facharbeitern gelöst wurden, waren durch
das Ingenieurbüro ebenfalls eine Reihe administrativer Aufgaben zu lösen. In diesen Bereichen waren 55 Arbeitskräfte
eingesetzt. Der VEB IBE bestand u.a. aus den Bereichen Konstruktion und Fertigung, Elektrotechnik, konstruktiver
Ingenieurbau und HLS, Information, Standardisierung und Rechentechnik und dem Bereich L. Am 25. Juni 1990 wurde
die Umwandlung des VEB IBE auf der Grundlage der Verordnung zur Umwandlung von volkseigenen Kombinaten,
Betrieben und Einrichtungen in Kapitalgesellschaften vom 1. März 1990 (GBl. I Nr. 14, S. 107) in eine GmbH, die
Ingenieurbüro für Bauwesen E. GmbH, notariell beglaubigt. Diese wurde am 28. Februar 1991 in das Handelsregister
eingetragen.
Eine Versorgungszusage erhielt die Klägerin vor Schließung der Versorgungssysteme nicht. Seit dem 1. Oktober
1979 zahlte sie Beiträge zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR).
Ihren Antrag vom 30. Januar 2001 auf Feststellung der Beschäftigungszeiten vom 1. Juni 1973 bis 30. Juni 1990 als
Zugehörigkeitszeit zu einem Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum AAÜG lehnte die Beklagte mit Bescheid
vom 18. März 2003 mit der Begründung ab, sie sei zwar berechtigt gewesen, den Titel eines Ingenieurs bzw.
Ingenieurökonoms zu führen, sei jedoch nicht als Ingenieur, sondern als ökonomischer Direktor beschäftigt gewesen.
Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 30. September 2003).
Im Klageverfahren hat die Klägerin geltend gemacht, bei dem VEB IBE habe es sich um ein Konstruktionsbüro
gehandelt. In dem Zeitraum vom 1. Januar 1971 bis 30. Juni 1983 sei sie dort als wissenschaftliche Mitarbeiterin,
danach als ökonomischer Direktor bzw. ökonomischer Leiter tätig gewesen. Hierbei sei sie für die Koordination,
Leitung und Ausarbeitung des Gesamtplanes des Betriebes und für die Vorbereitung, Durchführung und Auswertung
Leitung und Ausarbeitung des Gesamtplanes des Betriebes und für die Vorbereitung, Durchführung und Auswertung
der Planungsprozesse zuständig gewesen. Diese Tätigkeit sei mit einer ingenieurtechnischen Tätigkeit vergleichbar.
Mit Urteil vom 12. Januar 2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Bei dem VEB IBE habe es sich weder
um einen volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens noch um einen
gleichgestellten Betrieb nach § 1 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche
Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 24. Mai
1951 (nachfolgend 2. DB ZAVO-techInt, GBl. der DDR Nr. 62 S. 487) gehandelt.
Mit ihrer Berufung trägt die Klägerin vor, bei dem VEB IBE habe es sich eindeutig um ein Konstruktionsbüro
gehandelt. Aufgabenstellung sei die "Realisierung der vom Bezirksbaudirektor bestätigten Objekt- beziehungsweise
Themenliste der wissenschaftlich-technischen Schwerpunktaufgaben einschließlich Musterbau" gewesen. Der
Musterbau sei ein selbstständiger Betriebsteil gewesen, in dem entwickelte technische Neuheiten als Muster gefertigt
wurden. Im Konstruktionsbüro seien Konstruktionsunterlagen für Aufträge z. B. technische Ausrüstungen für die
Bauindustrie, Formen für die Plattenbauweise, Sondermaschinen und Fördertechnik bearbeitet worden.
Bauaufsichtsmaßnahmen oder Projektierungsleistungen seien nicht erfolgt. Der Geschäftsbericht 1989 gebe eindeutig
Auskunft über die tatsächlichen Aufgaben des VEB IBE und mache klar, dass das Wort "Projektierungsleistungen" für
Aufgaben im Bereich Konstruktion verwendet worden sei. Unter der Bezeichnung Ratiomittel seien im VEB IBE
Konstruktionen und Geräte geplant, entworfen, entwickelt, konstruiert, gefertigt und erprobt worden, die eigentlich im
Ausland schon vorhanden waren, jedoch nicht genutzt werden konnten, weil keine Devisen für Lizenzen zur Verfügung
standen. Bis zum Jahr 2004 habe die Beklagte den VEB IBE als VEB-Betrieb bzw. Konstruktionsbüro anerkannt.
Dies ergebe sich aus dem Bescheid vom 18. März 2003.
Die Klägerin beantragt
das Urteil des Sozialgerichts Gotha 12. Januar 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18. März 2003 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. September 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Zeit
vom 1. März 1973 bis zum 30. Juni 1990 als Zugehörigkeitszeit zu dem Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1
zum AAÜG sowie die während dessen erzielten Arbeitsentgelte im Sinne des AAÜG festzustellen und dem
Rentenversicherungsträger mitzuteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist darauf, dass unter "Konstruktion" der Entwurf und die Berechnung von Einzelteilen, Baugruppen und
Erzeugnissen zu verstehen sei. In der DDR sei zwischen einem Konstruktionsbetrieb als einem zentralen
Entwicklungs- und Konstruktionsbetrieb einerseits und einem Konstruktionsbüro als Abteilung oder Einrichtung eines
Betriebes bzw. eines Kombinates andererseits unterschieden worden. Aufgabe einer solchen Konstruktionseinrichtung
sei es danach gewesen, im Prozess der Vorbereitung der Produktion die Erzeugnisse zu gestalten, die
Konstruktionszeichnungen anzufertigen, die Stücklisten aufzustellen und die Funktion des Erzeugnisses zu erproben.
Zu den Konstruktionsunterlagen habe die Gesamtheit der Dokumentation für zu bauende oder zu fertigende für den
Absatz oder die eigene Verwendung bestimmter Gegenstände, insbesondere Entwürfe, Zeichnungen, Berechnungen
und Stücklisten gezählt. Demgegenüber habe die darüber hinausgehende Umsetzung im Rahmen einer weiter
gehenden Gesamtkonzeption zum Bereich der Projektierung gehört. Ein Betrieb der mit solchen
Projektierungsaufgaben beschäftigt gewesen sei, sei damit kein Konstruktionsbüro. Die Unterschiedlichkeit von
Konstruktion und Projektierung folge auch unmittelbar aus der Anordnung über die allgemeinen Bedingungen für
Entwurfs- und Konstruktionsleistungen vom 1. Februar 1958 (GBl. II S. 14). In § 2 der Anlage 1 zu dieser Verordnung
würden Konstruktionsleistungen von bautechnischen Projektierungen ausdrücklich unterschieden. Es stehe nicht
mehr in Frage, ob die Klägerin als Ingenieurökonomin entsprechend ihrer Berufsbezeichnung beschäftigt gewesen sei.
Die sachliche Voraussetzung liege in Ansehung der Entscheidung des BSG vom 7. September 2006 - Az.: B 4 RA
47/05 nunmehr vor.
Der Senat hat verschiedene Unterlagen aus einem anderen beim Thüringer Landessozialgericht anhängigen Verfahren
beigezogen und den Beteiligten zur Kenntnis übersandt, darunter den Beschluss des Rates des Bezirkes Erfurt vom
18. November 1969, die Umwandlungserklärung vom 25. Juni 1990, den Gesellschaftsvertrag der Ingenieurbüro E.
GmbH sowie eine Sitzungsniederschrift vom 14. Juli 2005. Der ehemalige Betriebsdirektor des VEB IBE Dr. G. G.
wurde im Erörterungstermin am 27. November 2006 als Zeuge vernommen. Bezüglich dessen Aussage wird auf die
Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Prozess- und der beigezogenen Verwaltungsakte der
Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Gründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte die Beschäftigungszeit vom 1. Juni 1973 bis zum 30.
Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der
technischen Intelligenz einschließlich der in diesem Zeitraum nachgewiesenen tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte
nach § 8 Abs. 2 und 3 AAÜG feststellt. Das AAÜG ist auf sie nicht anwendbar.
Vom persönlichen Anwendungsbereich nach der maßgeblichen Norm des § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG werden die
Versorgungsberechtigungen (Ansprüche oder Anwartschaften) erfasst, die auf Grund der Zugehörigkeit zu
Versorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind und beim Inkrafttreten dieses Gesetzes am 1. August
1991 bestanden haben. War ein Verlust der Versorgungsanwartschaften deshalb eingetreten, weil die Regelungen des
Versorgungssystems ihn bei einem Ausscheiden vor dem Leistungsfall vorsahen, gilt dieser Anwartschaftsverlust
nach Satz 2 dieser Vorschrift als nicht eingetreten.
Die Klägerin erfüllt beide Voraussetzungen nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht. Sie war bei Inkrafttreten des
AAÜG am 1. August 1991 nicht Inhaberin einer Versorgungsanwartschaft. Eine Einzelfallentscheidung, durch die ihr
eine Versorgungsanwartschaft zuerkannt worden war, liegt nicht vor. Sie hatte keine positive Statusentscheidung der
Beklagten oder eine frühere Versorgungszusage in Form eines nach Art. 19 Satz 1 des Einigungsvertrags (EV)
bindend gebliebenen Verwaltungsakts erhalten. Sie war auch nicht auf Grund eines Einzelvertrags oder einer späteren
Rehabilitationsentscheidung in das Versorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz
einbezogen worden.
Sie war am 1. August 1991 auch nicht Inhaberin einer fingierten Versorgungsanwartschaft, wie sie sich aus der vom
4. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) vorgenommenen erweiternden verfassungskonformen Auslegung des § 1
Abs. 1 AAÜG herleitet. Danach ist bei Personen, die am 30. Juni 1990 nicht in einem Versorgungssystem einbezogen
waren und die nachfolgend auch nicht aufgrund originären Bundesrechts (z. B. Art. 17 EV) einbezogen wurden, zu
prüfen, ob sie aus der Sicht des am 1. August 1991 gültigen Bundesrechts nach den am 30. Juni 1990 gegebenen
Umständen einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätten (vgl. Bundessozialgericht (BSG),
Urteile vom 9. April 2002 - Az.: B 4 RA 31/01 R, Az.: B 4 RA 41/01, Az.: B 4 RA 3/02 R, BSG, Urteil vom 10. April
2002 - Az.: B 4 RA 34/01 R - Az.: B 4 RA 10/02 R, nach juris).
Die Klägerin hat am 1. August 1991 die Voraussetzungen für die Einbeziehung in die zusätzliche Altersversorgung der
technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (nachfolgend
ZAVO-techInt, GBl. der DDR Nr. 93 S. 844) nicht erfüllt. Dies ist nur dann der Fall, wenn nach § 1 ZAVO-techInt
i.V.m. § 1 Abs. 1 der 2. DB z. ZAVO-techInt drei Voraussetzungen erfüllt sind: Der "Versorgungsberechtigte" muss
am 30. Juni 1990 eine bestimmte Berufsbezeichnung (persönlichen Voraussetzung) und eine der Berufsbezeichnung
entsprechende Tätigkeit verrichtet haben (sachliche Voraussetzung) und die Tätigkeit oder Beschäftigung muss am
30. Juni 1990 bei einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder in einem
gleichgestellten Betrieb verrichtet worden sein (betriebliche Voraussetzung – BSG, Urteile vom 29. Juli 2004 – Az.: B
4 RA 4/04 R, 18. Juni 2003 - Az.: B 4 RA 1/03 R; ebenso z.B.: BSG, Urteile vom 9. April 2002 –Az.: B 4 RA 32/01 R
und vom 10. April 2002 – Az.: B 4 RA 10/02 R, alle nach juris).
Mit Erwerb des Ingenieurtitels am 6. Juni 1973 erfüllte die Klägerin die persönliche Voraussetzung. Es kann auch
unterstellt werden, dass sie als ökonomische Leiterin eine ihrer Berufsbezeichnung entsprechende Tätigkeit verrichtet
hat (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 18. Oktober 2007 - Az.: B 4 RS 17/07 R, nach juris)
Es fehlt jedoch am 30. Juni 1990 an der betrieblichen Voraussetzung.
Sie war am 30. Juni 1990 nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens
beschäftigt, weil der Hauptzweck des VEB IBE nicht in der industriellen Fertigung von Sachgütern oder Bauwerken
bestand. Die Zuordnung eines VEB zur industriellen Produktion bzw. zum Bauwesen hängt entscheidend davon ab,
welche Aufgabe ihm das Gepräge gegeben hat. Der verfolgte Hauptzweck (vgl. BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 –
Az.: B 4 RA 18/03 R, nach juris) des VEB muss nach dem Urteil des BSG vom 9. April 2002 (Az.: B 4 RA 41/01 R,
nach juris) auf die industrielle, massenhafte und standardisierte Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion
von Sachgütern oder Bauleistungen ausgerichtet gewesen sein. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der
VEB IBE einen solchen Zweck verfolgte.
Die Klägerin war auch nicht in einem Konstruktionsbüro beschäftigt, das nach § 1 Abs. 2 der 2. DB z. ZAVO-techInt
einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens versorgungsrechtlich gleichgestellt wurde.
Die Auslegung der abstrakt-generellen Regelungen des Versorgungsrechts hat sich strikt am Wortlaut zu orientieren.
Da das Recht der Versorgungssysteme auf Lebenssachverhalte abstellt, die in der DDR verwirklicht worden waren,
bestimmt sich das Verständnis dort verwandter Ausdrücke rechtlich nach dem staatlichen Sprachverständnis am
Ende der DDR (2. Oktober 1990), faktisch jedoch im Regelfall nach demjenigen, das bei Schließung der Systeme am
30. Juni 1990 in staatlichen Regelungen verlautbart war (vgl. BSG, Urteil vom 7. September 2006 - Az.: B 4 RA 39/05,
m.w.N., nach juris). Zu der Unterscheidung zwischen einem Konstruktions- und Projektierungsbüro führt das BSG in
dieser Entscheidung aus:
"Nach dem Sprachverständnis der DDR wurde (seit 1949 und damit auch noch) am Stichtag des 30. Juni 1990
entsprechend den unterschiedlichen Aufgabenbereichen zwischen Konstruktions- und Projektierungsbüros
unterschieden. Einer der Ausgangspunkte für die Feststellung der am 30. Juni 1990 maßgeblichen
Sprachverständnisses der DDR ist der - kurz vor Gründung der DDR ergangene - "Beschluss über die Einrichtung
eines technischen Projektierungs- und Konstruktionsbüros der Energiewirtschaft" vom 29. Juli 1949 (ZVOBl 1949 Teil
I Nr 59 (S 1)). Danach wurde für die Aufgabenbereiche der Projektierung und Konstruktion zwar nur ein Büro errichtet,
dennoch deutlich zwischen den beiden Funktionen unterschieden. Die Projektierungsaufgabe bestand darin, in allen
Kraftanlagen alle Teile, Anlagenteile und Anlagen zu "bearbeiten", also die "Projektierung der Verteilung, die
Erweiterungen und die Neuanlagen einschließlich der Verbesserungsvorschläge" vorzunehmen, dagegen betraf die
Konstruktion "die Herstellung und den Betrieb der Teile, Anlagenteile und Anlagen". Schon diese Ausführungen
verdeutlichen, dass Konstruktionsarbeiten Fragen der technischen Herstellung (Produktion) von Einzelteilen oder auch
ganzer Anlagen und ihres betrieblichen Einsatzes (bzw. Einsetzbarkeit) zu beantworten hatten; Projektierung befasste
sich dagegen nicht mit der Lösung derartiger Probleme, sondern setzte sie voraus, um ein technisches (Gesamt-)
Konzept zu erstellen, dass die optimale Realisierung des Unternehmenszwecks gewährleistete; dies zeigt die
Formulierung "Projektierung der Verteilungen, der Erweiterungen und der Neuanlagen" in jenem Beschluss.
Diese im Vergleich zu Konstruktion "übergeordnete Funktion" der Projektierung spiegelt sich auch in der
Begriffsbestimmung der Projektierungsleistungen in der "Verordnung über das Projektierungswesen -
Projektierungsverordnung -" vom 20. November 1964 (GBl der DDR 1964 Teil II Nr 115 (S 909)) wider. Danach
gehörten zu den Projektierungsleistungen ua die Ausarbeitung von Aufgabenstellungen, von Projekten, Teilprojekten
und Projektteilen, die Koordinierung von kooperierten Projektierungsleistungen, die Ausarbeitung von Studien- und
Variantenuntersuchungen. Entscheidend ist, dass auch die "Anordnung über die Einführung der Rahmenrichtlinien für
die Neugliederung der Beschäftigten der Industrie und des Bauwesens" vom 10. Dezember 1984 (GBl der DDR 1984
Teil I Nr 1 (S 1)), die am 30. Juni 1990 maßgeblich war, zwischen Konstruktion und Projektierung (vgl. Nr 32 und 33
aaO) unterschieden.
An dieses sich aus den genannten abstrakt-generellen Regelungen der DDR ergebende staatliche Sprachverständnis
knüpfen die Definitionen im "Ökonomischen Lexikon" der DDR (3. Auflage 1979) an. Danach waren Gegenstand von
Konstruktionsarbeiten die Gestaltung der Erzeugnisse im Prozess der Vorbereitung der Produktion, die Anfertigung
von Konstruktionszeichnungen, die Aufstellung von Stücklisten und die Funktionserprobung des Erzeugnisses (siehe
Stichwort: Konstruktionsbüro). Projektierung im weiteren Sinn waren danach alle Leistungen, die von
Projektierungseinrichtungen insbesondere für die Lösung von Investitionsausgaben erbracht wurden. Ihr Ergebnis
waren Dokumentationen unterschiedlicher Art. Die Leistungen der Projektierung waren Bestandteil der materiellen
Produktionssphäre der Volkswirtschaft. Sie umfassten im Wesentlichen die Mitwirkung an
"grundfondswirtschaftlichen" Untersuchungen (Studien, Variantenuntersuchungen), Aufgabenstellungen für die
Vorbereitung von Investitionen, die Ausarbeitung von Dokumentationen zur Vorbereitung von
Investitionsentscheidungen, die Erarbeitung der Ausführungsobjekte, die Lösung von Aufgaben des "Planes
Wissenschaft und Technik", die Vorbereitung von Reparaturen und die Koordinierung von kooperierten
Projektierungsleistungen. In einem engeren Sinn wurde unter Projektierung die Ausarbeitung des Investitionsprojekts
(Ausführungsobjekts) verstanden (siehe Stichwort: Projektierungseinrichtung). Beide Definitionen zeigen deutlich die
abgegrenzten Funktionsbereiche auf."
Dieser Rechtsprechung schließt sich der Senat an.
Bei dem VEB IBE handelte es sich nach den Feststellungen des Senats nicht um ein (reines) Konstruktionsbüro.
Vielmehr hatte der VEB IBE (noch) andere Aufgaben wahrzunehmen und war im Rahmen der angestrebten
Privatisierung bereits konzeptionell auf ein erweitertes Angebot von Leistungen ausgerichtet. Dies ergibt sich
zunächst aus dem Geschäftsbericht für das Jahr 1989. Danach hat der VEB IBE in der Vergangenheit insbesondere
daran gearbeitet, "Produktionsprozesse in den Betrieben des örtlichen Bauwesens zu rationalisieren und für die
Schwerpunkte des Industriezweiges Projekte der komplexen Rationalisierung und Automatisierung auszuarbeiten".
Daneben waren eine Reihe administrativer Aufgaben zu lösen u.a. konzeptionelle Aufgaben für das kreisgeleitete
Bauwesen, Leitfunktion und Rechentechnik für das kreisgeleitete Bauwesen, Leitstelle für Standardisierung und
Information, Realisierung von Planungs- und Abrechnungsaufgaben im Auftrag des Bezirksbauamtes, Koordinierung
der Baukapazitäten in Berlin, die durch den Bezirk Erfurt bereitgestellt wurden sowie Erzeugnisgruppentätigkeit für die
Gewerke Fliesen und Fußböden. Im Jahr 1989 waren in diesem Bereich noch 55 Arbeitskräfte tätig. Bis zum 31.
Dezember 1989 wurden im Rahmen einer Rationalisierungskonzeption der Aufbaustab Berlin sowie die Gruppe Kreise
aus dem Ingenieurbüro ausgegliedert. Zugleich wurde damit begonnen, Mitarbeiter, die ausschließlich Aufgaben des
Bezirksbauamtes Erfurt erfüllten, in den Rat des Bezirks Erfurt überzuleiten. Dies führte in diesem Bereich zu einer
Reduzierung der Zahl der Arbeitskräfte um 21 Personen. Die inhaltliche Richtigkeit dieses Geschäftsberichts hat der
Zeuge Dr. G. in seiner Vernehmung am 27. November 2006 bestätigt.
Wird die technisch-ökonomische Konzeption für das Jahr 1990 zugrunde gelegt, zeigt es sich, dass die Aufgaben der
unterschiedlichen Bereiche des VEB IBE über reine Konstruktionsleistungen hinausgingen. Danach übernimmt der
Bereich Konstruktion und Fertigung im Auftrag von Betrieben des Bauwesens und anderer Industriezweige komplexe
Projektierungsleistungen zur Rationalisierung der Produktionsprozesse. Weiterhin bietet der Betrieb seine Leistungen
zur Koordinierung des Gesamtvorhabens in der Phase der Ausführung bis zur schlüsselfertigen Übergabe der Anlagen
an. Der Bereich Planung erstellt Planungen kompletter Anlagen oder Anlagenteile der unterschiedlichen
Industriebranchen unter Nutzung spezifischer verfahrenstechnischer Zuarbeiten, Planungen für den Um- und Ausbau
mittelständischer Unternehmen, Planungen für den Um- und Ausbau von Handwerksbetrieben sowie die Planung von
Umweltschutzmaßnahmen. Der Bereich Konstruktion - Stahlbau - erstellt die Konstruktion von technologischem
Stahlbau wie Gerüsten, Bühnen, Unterstützungskonstruktionen einschließlich Berechnung, die Konstruktion von
Stahlbau für Fördereinrichtungen und speziellen Hebezeugen einschließlich Berechnung und Prüfung. Der Bereich
allgemeiner Maschinenbau konstruiert Sondermaschinen und Verkettungseinrichtungen für die unterschiedlichsten
Branchen, einschließlich Kraft- und Sicherungstechnik sowie die Projektierung von Hydraulik- und Pneumatikanlagen
maschinengebunden oder einzeln. Der Bereich Koordinierungsleistungen erstellt vorbereitende Untersuchungen zur
Planung wie Studien, Konzeptionen etc. als Entscheidungshilfe, übernimmt die Vorbereitungsmaßnahmen bei
Investitionen und Erweiterungen, übernimmt die Koordinationsfunktion bei Vorbereitung, Durchführung und Übergabe
von Investitionen im Sinne eines Generalauftragnehmers und erbringt Dienstleistungen im Sinne des Vertriebes für
ausgewählte Unternehmen.
Der Hauptzweck des VEB IBE beschränkte sich am 30. Juni 1990 nicht auf die Erbringung von
Konstruktionsleistungen nach den oben genannten Kriterien, sondern umfasste daneben die oben beschriebenen
Projektierungsleistungen sowie weitere Leistungen. Insoweit kann der Einschätzung des Zeugen Dr. G., man müsse
die Leistungen insgesamt richtigerweise als Konstruktionsleistungen bezeichnen, nicht gefolgt werden. Entscheidend
ist die Umschreibung des Tätigkeitsfeldes des VEB IBE mit Projektierungs- Konstruktions- und sonstigen Leistungen,
nicht die rechtliche Beurteilung des Zeugen.
Dass diese Konzeption bis zum Erlöschen des VEB IBE verfolgt wurde, ist auch aus § 2 des Gesellschaftsvertrages
des Nachfolgebetriebes des VEB IBE - der Ingenieurbüro für Bauwesen E. GmbH -, der der Umwandlungserklärung
vom 25. Juni 1990 beigefügt war, zu entnehmen. Gegenstand des Unternehmens war danach die bautechnische und
haustechnische Planung für Wohn- Gesellschafts- und Industriebauten sowie Ingenieurbauten, Planungsleistungen für
Stark- und Schwachstromanlagen, Entwicklung, Konstruktion und Fertigung von Sondermaschinen und Ausrüstungen,
der Vertrieb und Service von Baumaschinen, die Information, Soft- und Hardwarevertrieb sowie Bürotechnikvertrieb
und Vervielfältigungsleistungen.
Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 des Grundgesetzes (GG) liegt gegenüber denjenigen, die in das
Zusatzversorgungssystem einbezogen wurden, nicht vor. Denn der Einigungsvertragsgesetzgeber war nicht gehalten,
bereits in den Versorgungsordnungen angelegte Ungleichbehandlungen nachträglich zu korrigieren (vgl. BSG, Urteil
vom 31. Juli 2002 – Az.: B 4 RA 21/02 R, nach juris). Er durfte an die am 2. Oktober 1990 vorliegenden
Versorgungsordnungen im Rahmen der Rentenüberleitung anknüpfen (vgl. BVerfG in BVerfGE 100, S. 138, 193 f.).
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.