Urteil des LSG Thüringen vom 31.03.2009

LSG Fst: produktion, rationalisierung, inbetriebnahme, geschäftsbericht, zugehörigkeit, ddr, stadt, bauindustrie, inhaber, automatisierung

Thüringer Landessozialgericht
Urteil vom 31.03.2009 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Altenburg S 19 RA 816/03
Thüringer Landessozialgericht L 6 R 782/05
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 26. August 2005 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte als Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme der
Anlage 1 Nr. 1 bis 26 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) nach § 8 AAÜG die
Beschäftigungszeiten vom 25. September 1975 bis zum 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zu einem
Zusatzversorgungssystem und die in diesen Zeiten tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen hat.
Der 1950 geborene Kläger erwarb mit dem erfolgreichen Besuch der Technischen Hochschule K.-Stadt das Recht, die
Berufsbezeichnung Diplom-Ingenieur zu führen (Urkunde vom 25. September 1975). Seit dem 1. September 1975 bis
zum 30. Juni 1990 war er bei dem VEB Ingenieurbüro für Rationalisierung des Bauwesens L. (im Folgenden: VEB IBR
L.) als Konstrukteur sowie seit dem 2. Mai 1985 in der Funktion als Vertreter des verantwortlichen Schweißingenieurs
für die Abteilung Konstruktion M. tätig.
Die Bildung des VEB IBR L. wurde durch den Rat des Bezirks L. am 22. November 1974 mit Wirkung vom 1. Januar
1975 als bezirksgeleiteter Betrieb beschlossen. In diesem Beschluss wird u.a. ausgeführt, die Betriebe des örtlich
geleiteten Bauwesens verfügten nicht über ausreichende leistungsfähige Kapazitäten, um planmäßig durch
sozialistische Rationalisierung ihre Produktion zu intensivieren und die Arbeitsproduktivität wesentlich zu steigern. Der
VEB IBR L. sei verantwortlich für die Anleitung, Vorbereitung und Durchführung der Rationalisierungsvorhaben des
gesamten örtlich geleiteten Bauwesens und nehme Einfluss auf die Rationalisierungskapazitäten z. B. des VEB
Baukombinates L. und des VEB Verkehrs- und Tiefbaukombinates L. Aufgabe des Betriebes sei es u.a. den Bedarf
an Rationalisierungsmaßnahmen und -mitteln der Betriebe schrittweise abzudecken und die komplette Verantwortung
von der technologischen Entwicklung über die Konstruktion bis zur Fertigung und Inbetriebnahme der
Rationalisierungsvorhaben zu übernehmen. Schwerpunkt sei dabei die Produktion von Rationalisierungsmitteln. Die
wichtigsten Aufgaben des VEB IBR L. im Jahr 1975 sowie für die Jahre 1976 bis 1980 entsprechend der
Rationalisierungskonzeption für das örtlich geleitete Bauwesens im Bezirk L. seien in Anlage 2 zusammengefasst. In
der Anlage zum Beschluss werden die einzelnen Erzeugnisgruppen und die für diese zu erbringenden Maßnahmen
aufgelistet. Der VEB IBR L. wurde am 16. Januar 1975 in das Register der volkseigenen Wirtschaft eingetragen.
Unmittelbar übergeordnetes Organ war der Rat des Bezirkes L., hier das Bezirksbauamt. Rechtsnachfolger des VEB
IBR L. war die Ingenieur- und Stahlbaugesellschaft mbH im Aufbau, die am 25. Juli 1990 in das Handelsregister
eingetragen wurde.
Eine Versorgungszusage erhielt der Kläger vor Schließung der Versorgungssysteme nicht; vom 1. September 1976
bis zum 30. Juni 1990 zahlte er Beiträge zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR).
Seinen Antrag vom 10. Mai 2002 auf Feststellung der Beschäftigungszeiten vom 1. September 1975 bis zum 30. Juni
1990 als Zugehörigkeitszeit zu einem Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum AAÜG lehnte die Beklagte mit
Bescheid vom 23. Oktober 2002 ab und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 20. März 2003 zurück.
Im Klageverfahren hat das Sozialgericht u. a. den Geschäftsbericht des VEB IBR L. für das Planjahr 1988 beigezogen
und mit Urteil vom 26. August 2005 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt,
Schwerpunkt der Tätigkeit des VEB IBR L. sei die Entwicklung und Bereitstellung von Rationalisierungsmitteln
gewesen. Eine große Serienfertigung (Massenproduktion) im industriellen, also arbeitsteiligen industriellen
Produktionsverfahren habe im Juni 1990 offensichtlich nicht stattgefunden.
Mit seiner Berufung trägt der Kläger vor, der VEB IBR L. sei immer ein volkseigener Produktionsbetrieb gewesen. Der
Betrieb sei aus dem Baustoffkombinat N. entstanden und habe schon immer aus einer größeren Produktionsabteilung
mit Werkhallen und einer kleineren technischen Abteilung bestanden. Aufgabe sei die technische und technologische
Entwicklung, Konstruktion, Herstellung, Aufbau und Inbetriebnahme von Rationalisierungsmitteln gewesen, bis hin zu
kompletten Anlagen zur Herstellung für Betonsteine, Waschbetonplatten, Gehwegplatten und ähnlichem. Schwerpunkt
sei nicht nur die Entwicklung von Anlagen, Maschinen, Ausrüstungen, Formen, technologischem Stahlbau (Treppen,
Leitern, Podeste, Laufstege, Geländer), Schüttkübel usw. gewesen, sondern auch deren Produktion. Der
Produktionsbereich habe immer mehr an Bedeutung gewonnen, sodass in den 80er Jahren noch eine zusätzliche
Produktionshalle gebaut worden sei. Dort sei nicht nur nach eigenen Unterlagen gebaut, sondern auch Fremdaufträge
bearbeitet und große Serien verschiedener Produkte hergestellt worden.
Der Kläger beantragt
das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 26. August 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 23. Oktober
2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. März 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die
Zeit vom 25. September 1975 bis zum 30. Juni 1990 als Zugehörigkeitszeit zu dem Zusatzversorgungssystem Nr. 1
der Anlage 1 zum AAÜG sowie die während dessen erzielten Arbeitsentgelte im Sinne des AAÜG festzustellen und
dem Rentenversicherungsträger mitzuteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist im Wesentlichen auf ihr erstinstanzliches Vorbringen und die Gründe des in erster Instanz ergangenen
Urteils. Hauptzweck des VEB IBR L. sei lediglich die "Unterstützung" der Bauindustrie gewesen, nicht jedoch die
Massenfertigung. Er werde dabei nicht durch die Art der Hilfsgeschäfte und Tätigkeiten geändert oder beeinflusst, die
zu seiner Verwirklichung zwangsläufig mit ausgeführt werden mussten oder daneben verrichtet wurden. Damit im
Einklang stehe auch die Zuordnung des Betriebes zur Wirtschaftsgruppe 62280 der Systematik der
Volkswirtschaftszeuge der DDR. Es handle es sich nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder
des Bauwesens, sondern um einen Dienstleistungsbetrieb.
Der Senat hat Unterlagen der Rechtsanwälte Dr. K. pp. beigezogen, die vom 10. September 1991 bis zum 14.
November 2002 die Ingenieur- und Stahlbau-Gesellschaft mbH liquidiert haben, u.a. die Betriebsanalyse der
Unternehmens-Beratung S. GmbH vom Juli 1990, und am 31. März 2009 Dr. W. R. als Zeugen vernommen. Bezüglich
der Einzelheiten der Aussage wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Prozess- und der beigezogenen Verwaltungsakte der
Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte die Beschäftigungszeit vom 25. September 1975 bis 30.
Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der
technischen Intelligenz einschließlich der in diesem Zeitraum nachgewiesenen tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte
nach § 8 Abs. 2 und 3 AAÜG feststellt. Das AAÜG ist auf ihn nicht anwendbar.
Vom persönlichen Anwendungsbereich nach der maßgeblichen Norm des § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG werden die
Versorgungsberechtigungen (Ansprüche oder Anwartschaften) erfasst, die auf Grund der Zugehörigkeit zu
Versorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind und beim Inkrafttreten dieses Gesetzes am 1. August
1991 bestanden haben. War ein Verlust der Versorgungsanwartschaften deshalb eingetreten, weil die Regelungen des
Versorgungssystems ihn bei einem Ausscheiden vor dem Leistungsfall vorsahen, gilt dieser Anwartschaftsverlust
nach Satz 2 dieser Vorschrift als nicht eingetreten.
Der Kläger erfüllt beide Voraussetzungen nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht. Er war bei Inkrafttreten des AAÜG
am 1. August 1991 nicht Inhaber einer Versorgungsanwartschaft. Eine Einzelfallentscheidung, durch die ihm eine
Versorgungsanwartschaft zuerkannt worden war, liegt nicht vor. Er hatte keine positive Statusentscheidung der
Beklagten und oder eine frühere Versorgungszusage in Form eines nach Art. 19 Satz 1 des Einigungsvertrags (EV)
bindend gebliebenen Verwaltungsakts erhalten. Er war auch nicht auf Grund eines Einzelvertrags oder einer späteren
Rehabilitationsentscheidung in das Versorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz
einbezogen worden.
Er war am 1. August 1991 auch nicht Inhaber einer fingierten Versorgungsanwartschaft, wie sie sich aus der vom 4.
Senat des Bundessozialgerichts vorgenommenen erweiternden verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1
AAÜG herleitet. Danach ist bei Personen, die am 30. Juni 1990 nicht in einem Versorgungssystem einbezogen waren
und die nachfolgend auch nicht aufgrund originären Bundesrechts (z. B. Art. 17 EV) einbezogen wurden, zu prüfen, ob
sie aus der Sicht des am 1. August 1991 gültigen Bundesrechts nach den am 30. Juni 1990 gegebenen Umständen
einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätten (vgl. BSG, Urteile vom 9. April 2002 - Az.: B 4
RA 31/01 R, Az.: B 4 RA 41/01, Az.: B 4 RA 3/02 R, BSG, Urteil vom 10. April 2002 - Az.: B 4 RA 34/01 R - Az.: B 4
RA 10/02 R, nach juris).
Der Kläger hat am 1. August 1991 die Voraussetzungen für die Einbeziehung in die zusätzliche Altersversorgung der
technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (nachfolgend
ZAVO-techInt, GBl. der DDR Nr. 93 (S. 844)) nicht erfüllt. Dies ist nur dann der Fall, wenn nach § 1 ZAVO-techInt
i.V.m. § 1 Abs. 1 der 2. DB z. ZAVO-techInt drei Voraussetzungen erfüllt sind: Der "Versorgungsberechtigte" muss
am 30. Juni 1990 eine bestimmte Berufsbezeichnung (persönlichen Voraussetzung) und eine der Berufsbezeichnung
entsprechende Tätigkeit verrichtet haben (sachliche Voraussetzung) und die Tätigkeit oder Beschäftigung muss am
30. Juni 1990 bei einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens verrichtet
worden sein (betriebliche Voraussetzung – BSG, Urteile vom 29. Juli 2004 – Az.: B 4 RA 4/04 R, 18. Juni 2003 - Az.:
B 4 RA 1/03 R; ebenso z.B.: BSG, Urteil vom 9. April 2002 –Az.: B 4 RA 32/01 R und vom 10. April 2002 – Az.: B 4
RA 10/02 R, alle nach juris).
Mit Erwerb des Ingenieurtitels am 25. September 1975 erfüllte der Kläger die persönliche Voraussetzung. Es kann
auch unterstellt werden, dass er als Konstrukteur eine seiner Berufsbezeichnung entsprechende Tätigkeit verrichtet
hat (vgl. hierzu, BSG, Urteil vom 18. Oktober 2007 - Az.: B 4 RS 17/07 R, nach juris).
Er war jedoch am 30. Juni 1990 nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens
tätig, weil der Hauptzweck des VEB IBR L. nicht in der industriellen Fertigung von Sachgütern oder Bauwerken
bestand. Die Zuordnung eines VEB zur industriellen Produktion bzw. zum Bauwesen hängt entscheidend davon ab,
welche Aufgabe ihm das Gepräge gegeben hat. Der verfolgte Hauptzweck (vgl. BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 –
Az.: B 4 RA 18/03 R, nach juris) des VEB muss auf die industrielle, massenhafte und standardisierte Fertigung,
Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion von Sachgütern oder Bauleistungen ausgerichtet gewesen sein (vgl. BSG
Urteil vom 9. April 2002 - Az.: B 4 RA 41/01 R, nach juris).
An einer solchen Produktion fehlte es hier. Es erfolgte keine Herstellung nach dem "fordistischen Produktionsmodell",
dem eine stark standardisierte Massenproduktion und Konstruktion von Gütern mit Hilfe hoch spezialisierter,
monofunktionaler Maschinen zugrunde liegt (vgl. BSG, Urteil vom 23. August 2007 - Az. B 4 RS 3/06 R, nach juris).
Danach ist der Betriebszweck der "Rationalisierung" keine betriebliche Tätigkeit, die auf die Massenproduktion von
Bauwerken oder Gütern gerichtet ist. Ein Betrieb mit einem solchen Betriebszweck verfolgt vielmehr eine Tätigkeit,
die darauf gerichtet ist, Vorschläge zur Effizienzsteigerung in (anderen) Produktionsbetrieben zu unterbreiten.
Hauptzweck des VEB IBR L. war nach dem Beschluss des Rates des Bezirkes L. vom 22. November 1974, den
Bedarf an Rationalisierungsmaßnahmen und -mitteln der Betriebe schrittweise abzudecken und die komplette
Verantwortung von der technologischen Entwicklung über die Konstruktion bis zur Fertigung und Inbetriebnahme der
Rationalisierungsvorhaben zu übernehmen, wobei der Schwerpunkt dabei die Produktion von Rationalisierungsmitteln
sein sollte. Vertragspartner für Leistungen des VEB IBR L. zur Realisierung ausgewählter, nach einer Themen- und
Vorhabenliste des Bezirksbauamtes verbindlich festgelegter und vertraglich zu sichernder Rationalisierungsaufgaben
waren danach Betriebe der spezialisierten Erzeugnisgruppen des örtlich geleiteten Bauwesens. Leistungen, die nach
den Rechtsvorschriften Sache der auftragserteilenden Betriebe und Einrichtungen sind, werden vom VEB IBR L. nur
im Rahmen seiner Mitwirkung mit übernommen. In der Anlage zu diesem Beschluss werden als Aufgaben der Bau
von Rationalisierungsmitteln für verschiedene Erzeugnisgruppen, die Entwicklung und der Bau von
Produktionsanlagen für die Erzeugnisgruppe Loch- und Industriebau, die Erarbeitung bestimmter Konstruktionen und
Konzepte sowie die Herstellung verschiedener Produkte genannt.
Die in diesem Beschluss genannten Aufgaben des VEB IBR L. stimmen mit der "Anordnung über die Aufgaben, die
Arbeitsweise und die Finanzierung der volkseigenen Betriebe für Rationalisierung, der volkseigenen Ingenieurbüros für
Rationalisierung und der volkseigenen Organisations- und Rechenzentren der Wirtschafträte der Bezirke vom 29. März
1973" (GBl. I Nr. 17 S. 152 (im Folgenden: RationalisierungsAO)) überein. Sie ist, nachdem hier keine gegenteiligen
Anhaltspunkte vorliegen, "faktischer Anknüpfungspunkt" für die Beurteilung der Frage, ob in der DDR nach dem Stand
der Versorgungsordnungen am 30. Juni 1991 eine Beschäftigung ihrer Art nach in einem Betrieb ausgeübt worden ist,
der von der ZAVO-techInt erfasst war. Nach § 1 Abs. 1 RationalisierungsAO galt diese u.a. für die volkseigenen
Ingenieurbüros für Rationalisierung, die den Wirtschaftsräten der Bezirke unterstellt sind (im folgenden
Rationalisierungsbetriebe genannt). Nach § 2 RationalisierungsAO ist Aufgabe der Rationalisierungsbetriebe die
Unterstützung der den Wirtschaftsräten der Bezirke unterstellten Betriebe bei der Durchführung der sozialistischen
Rationalisierung. Die Rationalisierungsbetriebe erarbeiten Unterlagen für die Rationalisierung und konstruieren und
fertigen Rationalisierungsmittel (Absatz 1); sie konzentrieren sich auf Maßnahmen, die auf eine schnelle Erhöhung
des materiellen und kulturellen Lebensniveaus der Bevölkerung mit hoher Effektivität Einfluss nehmen. Ihre Tätigkeit
richtet sich vorrangig auf Maßnahmen zur Sicherung der bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung, auf eine hohe
Steigerung der Arbeitsproduktivität, auf die Senkung der Kosten und auf die Verbesserung der Arbeits- und
Lebensbedingungen (Absatz 2). Nach § 8 RationalisierungsAO sind Rationalisierungsmittel i.S. dieser Anordnung
Maschinen, Vorrichtungen und Werkzeuge, die nach speziellen Wünschen der Auftraggeber konstruiert, außerhalb
eines Typenprogramms hergestellt oder ohne Null-Serien-Erprobung eingesetzt werden (Absatz 1); als
Rationalisierungsmittel gelten auch Erzeugnisse, die aus Universalmaschinen durch Erweiterung oder Reduzierung
einzelner Baugruppen oder -elemente bzw. unter Verwendung serienmäßig produzierter Baugruppen hergestellt werden
(Absatz 2).
Der Bezugnahme auf die RationalisierungsAO steht nicht entgegen, dass es sich bei dem VEB IBR L. um einen
Betrieb handelte, der dem Rat des Bezirkes - Bezirksbauamt - unterstellt war. Nach § 26 Abs. 1 des Gesetzes über
die örtlichen Volksvertretungen und ihre Organe in der Deutschen Demokratischenrepublik vom 12. Juli 1973 (GBl. I
Nr. 32 S. 313 ff.) verwirklichen der Bezirksrat und der Rat des Bezirkes im Bezirk die einheitlichen staatlichen
Grundsätze auf dem Gebiet des Bauwesens, des Städtebaues und der Wohnungspolitik. Danach war für das
Bauwesen nicht mehr der Wirtschaftsrat des Bezirkes zuständig.
Eine wesentliche Änderung des ursprünglichen Betriebszweckes lässt sich dem beigezogenen Geschäftsbericht für
das Planjahr 1988 nicht entnehmen. Hier wird u.a. ausgeführt, die Produktion habe sich planmäßig besonders auf die
Rationalisierungsmittel und -verfahren gerichtet, die bei den Anwendern einen hohen Nutzen erbringen. Sie habe sich
auf die Automatisierung von Prozessen der Baumaterialienindustrie und die Unterstützung der Leistungsentwicklung
des stadt- und kreisgeleiteten Bauwesens wie u.a. des VEB Betonsteinwerk W., Betriebsteil Lt. konzentriert.
Folgende Arbeiten werden hier genannt: Erarbeitung der Projekt- und Konstruktionsdokumentation für
Schleifkomplexe, Beginn der Fertigungsarbeiten am Schleifkomplex der Winkelstufenproduktion, Fertigung und
Inbetriebnahme der Betonaufbereitungsanlage, Fertigung und Montage einschließlich der Elektroinstallation und
mikroelektronischen Steuerung. Die industrielle Massenherstellung von Gütern oder Bauwerken war insofern nicht
Aufgabe der volkseigenen Rationalisierungsbetriebe und auch nicht des VEB IBR L.
Soweit der Kläger vorträgt, Gegenstand des VEB IBR L. sei auch die Produktion von Sachgütern gewesen und hierzu
auch diverse Unterlagen aus den Jahren 1979 bis 1983, begründet dies nicht die standardisierte Massenproduktion
i.S. der zitierten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts.
Dies ergibt sich aus dem Geschäftsbericht für das Planjahr 1988 sowie aus den übersandten Unterlagen der
Rechtsanwälte Dr. K. pp. In dem Geschäftsbericht wird unter "3.4. Senkung des Produktionsverbrauchs und des
Materialverbrauches (absoluter und spezifischer Verbrauch) Ergebnisse der Normenarbeit (Materialverbrauchs- und
Bestandsnormen)" ausgeführt: "Die Herstellung von Rationalisierungsmitteln in Einzelfertigung erschwert objektiv die
Arbeit mit Materialverbrauchsnormen. Die Materialeinsparungen sind aufgrund des planmaessig minimierten
Materialeinsatzes geringer als in den Vorjahren. Durch unser Fertigungsprofil "spezieller Rationalisierungsmittelbau
ohne wirkende Produktion" sind wir nicht in der Lage, langfristige Materialeinsparungen zu planen. Aus diesem Grund
ist unser Betrieb nicht mit Materialverbrauchsnormativen beauflagt". Unter "8. Schlussfolgerungen für die Leistungs-
und Effektivitätsentwicklung" heißt es u.a.: "Unser Betrieb wird sich im Jahr 1989 verstaerkt auf die Automatisierung
von Prozessen der Baumaterialienindustrie und auf die Unterstuetzung der Leistungsentwicklung des stadt- und
kreisgeleiteten Bauwesens durch entsprechend bereitzustellende Konstruktions- und Fertigungsleistungen
konzentrieren ... Die Kollektive unseres Betriebes orientieren sich auf die planmaessige Mitwirkung an der
Verwirklichung der innerbetrieblichen und der bezirklichen Rationalisierungsaufgaben mit dem Ziel, den Wohnungsbau
als Kernstueck des sozial-politischen Programmes positiv zu beeinflussen".
In der von der Unternehmens-Beratung S. GmbH im Juli 1990 anlässlich der beabsichtigten Umwandlung des VEB
IBR L. in die Ingenieur- und Stahlbau GmbH erstellten Betriebsanalyse heißt es unter "2.1 Produktbereiche": "Bedingt
durch die Entwicklung, Konstruktion und Fertigung von Rationalisierungsmitteln für die gesamte Bauindustrie lag ein
sehr heterogenes Produktprofil vor. Der Erzeugnisbereich ist vorwiegend in die Sektoren Stahlbau und Maschinenbau
einzuordnen. Die überwiegende Fertigungsart ist Einzel- und Kleinserienfertigung."
Ein anderes Ergebnis ergibt sich auch nicht aus der Aussage des Zeugen Dr. R. Er hat zwar angegeben, dass u.a.
Anlagen für die Baustoffindustrie zur Herstellung von Betonelementen, Paletten in großen Stückzahlen etc. hergestellt
wurden. Es habe sich aber um eine sogenannte Reihenfertigung, nicht um Fließbandfertigung gehandelt. Bei der von
ihm beispielshaft für 1990 berichteten Herstellung (15 Sinterschablonen für die Ausformung von Gussteilen, vier
Dampfkammertore, der Vibrationstisch, Formen für Betonwerke, 35 Reparaturschablonen, 40 Schienenbrücken, 10
Stampfzylinder) handelt es sich offensichtlich nicht um eine standardisierte Massenproduktion sondern nur um die
erwähnte Einzel- oder Kleinserienfertigung. Ob 1990 Großserien überhaupt hergestellt wurden und in welchem
Verhältnis sie zur Fertigung standen, konnte der Zeuge nicht angeben. Weitere Ermittlungen sind angesichts der o.g.
Unterlagen aber nicht erforderlich. Im Übrigen handelte es sich bei den "Großserien" nach Angaben des Zeugen nur
um Stückzahlen von ca. 450 Stück jährlich, was gerade keine Massenfertigung nahelegt. Zudem waren im gesamten
Betrieb von 180 bis 200 Mitarbeitern im Bereich der Fertigung nur ca. 90 Mitarbeiter beschäftigt. Das schließt aus,
dass diese "Großserien" dem Betrieb das Gepräge gaben. Völlig fehlte es zudem an der notwendigen
Fließbandfertigung (vgl. Senatsurteil vom 3. März 2009 - Az.: L 6 R 344/07).
Letztlich war der VEB IBR L. in der Systematik der Volkswirtschaftszweige auch nicht dem für die Einordnung als
industrieller Produktionsbetrieb allein in Betracht kommenden Wirtschaftsbereich 1 (Industrie), sondern dem
Wirtschaftbereich 6 (Sonstige Zweige des produzierenden Bereichs) zugeordnet und unterstand nicht dem
Industrieministerium, sondern dem Rat des Bezirkes.
Der VEB IBR L. war auch kein den Produktionsbetrieben gleichgestellter Betrieb nach § 1 Abs. 2 der 2. DB z. ZAVO-
techInt, weil dort Ingenieurbüros für Rationalisierung des Bauwesens nicht ausdrücklich genannt werden. Die Liste der
aufgezählten gleichgestellten Einrichtungen ist abschließend (vgl. BSG, Urteil vom 26. Oktober 2004 – Az.: B 4 RA
23/04 R, nach juris).
Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 des Grundgesetzes (GG) liegt gegenüber denjenigen, die in das
Zusatzversorgungssystem einbezogen wurden, nicht vor. Denn der Einigungsvertragsgesetzgeber war nicht gehalten,
bereits in den Versorgungsordnungen angelegte Ungleichbehandlungen nachträglich zu korrigieren (vgl. BSG, Urteil
vom 31. Juli 2002 – Az.: B 4 RA 21/02 R, nach juris). Er durfte an die am 2. Oktober 1990 vorliegenden
Versorgungsordnungen im Rahmen der Rentenüberleitung anknüpfen (vgl. BVerfG in BVerfGE 100, S. 138, 193 f.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.