Urteil des LSG Schleswig-Holstein vom 25.03.2009

LSG Shs: unterkunftskosten, zuschuss, heizung, beihilfe, ausbildung, zivilprozessordnung, miete, notlage, rechtsschutz, arbeitsgemeinschaft

Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht
Beschluss vom 25.03.2009 (rechtskräftig)
Sozialgericht Schleswig S 6 AS 606/08 ER
Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht L 11 B 575/08
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozial- gerichts Schleswig vom 21. November 2008
wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten. Der Antrag auf
Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
Die am 16. Dezember 2008 erhobene Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Schleswig vom 21.
November 2008 mit den Anträgen,
die Beschwerdegegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr – der Antragstellerin – ab Oktober
2008 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II), in Höhe von monatlich 353,00 EUR als
Zuschuss zu gewähren und ihr für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen,
hat keinen Erfolg.
Aus dem Antrag ist nicht ersichtlich, ob die Antragstellerin sich noch gegen die Zahlungsaufforderungen (zuletzt vom
6. November 2008) über 498,50 EUR wendet, denn in ihrem Antrag ist dieses Begehren nicht aufgeführt. In der
Beschwerdebegründung bezieht sie sich aber darauf. Insoweit hätte das Begehren um vorläufigen Rechtsschutz
keinen Erfolg, denn in den Zahlungsaufforderungen ist jeweils vermerkt, dass der Betroffene sich an die Agentur für
Arbeit oder die Arbeitsgemeinschaft wenden solle, wenn er mit der Forderung grundsätzlich nicht einverstanden sei.
Dieser Weg ist vorrangig, so dass die Antragstellerin ihn hätte beschreiten müssen. Demgegenüber ist eine
Dringlichkeit für eine gerichtliche Eilentscheidung insoweit nicht ersichtlich. Zutreffend ist daher in dem angegriffenen
Beschluss ausgeführt, dass insoweit ein eiliges Regelungsbedürfnis nicht bestehe. Zwecks Vermeidung von
Wiederholungen wird insofern gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf die Gründe dieses
Beschlusses Bezug genommen.
Soweit die Antragstellerin für Oktober 2008 die Gewährung des Zuschusses nach § 22 Abs. 7 SGB II als Beihilfe
begehrt, ist ebenfalls ein Eilbedürfnis nicht ersichtlich, denn der Antragstellerin sind für Oktober 498,50 EUR
darlehensweise gewährt und ausgezahlt worden. Insoweit ist damals bei Auszahlung eine Notlage behoben worden, so
dass gegenwärtig keine Veranlassung besteht, im Rahmen des Eilrechtsschutzes eine gerichtliche Entscheidung
herbeizuführen. Die Frage, ob das Darlehen in Höhe des Unterkunftskostenzuschusses nach § 22 Abs. 7 SGB II in
eine Beihilfe umzuwandeln ist, kann in einem Klageverfahren geklärt werden.
Schließlich ist es bei der hier gebotenen summarischen Prüfung des Sach- und Streitstandes nicht zu beanstanden,
dass die Antragsgegnerin den Zuschuss nach § 22 Abs. 7 SGB II mit 18,50 EUR pro Monat errechnet und das
Sozialgericht Schleswig das in dem angegriffenen Beschluss vom 21. November 2008 bestätigt hat. Auch insofern
wird gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG auf die Gründe des angegriffenen Beschlusses Bezug genommen.
Im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen ist zu ergänzen: Gemäß § 22 Abs. 7 SGB II erhalten abweichend von § 7
Abs. 5 SGB II Auszubildende unter bestimmten Voraussetzungen einen Zuschuss zu ihren ungedeckten
angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung. Die Antragstellerin hat Anspruch auf einen derartigen Zuschuss.
Streitig ist lediglich die Höhe.
Die Höhe des Unterkunftskostenzuschusses hat die Antragsgegnerin zutreffend mit 18,50 EUR ermittelt. Die
Antragstellerin erhält Ausbildungsförderung. Bei deren Berechnung sind als Grundbedarf 383,00 EUR angesetzt
worden. Darin enthalten sind 57,00 EUR für Unterkunftskosten. Zusätzlich werden ihr Unterkunftskosten von 72,00
EUR gewährt, somit also insgesamt 129,00 EUR. Auf den Gesamtbedarf der Ausbildungsförderung von 568,00 EUR
wird die der Antragstellerin gewährte Ausbildungsvergütung abzüglich Sozialabgaben in Höhe von 500,84 EUR
angerechnet, so dass sich ein monatlicher Förderungsbetrag von 67,00 EUR ergibt. Die Antragsgegnerin hat
zutreffend die der Berechnung der Ausbildungsförderung zugrundeliegenden 129,00 EUR für Unterkunftskosten
angesetzt und die Differenz zwischen diesem Betrag und den 147,50 EUR an tatsächlichen angemessenen
Unterkunftskosten mit 18,50 EUR ermittelt und diesen Betrag mit Änderungsbescheid vom 10. November 2008 für die
Zeit von November 2008 bis März 2009 in der Berechnung der Leistungen nach dem SGB II berücksichtigt.
Der Berechnung der Antragstellerin, wonach ihr die gesamten auf sie entfallenden Unterkunftskosten in Höhe von
147,50 EUR als Zuschuss nach § 22 Abs. 7 SGB II zu gewähren seien, kann nicht gefolgt werden. Die Antragstellerin
errechnet aus der Regelleistung (351,00 EUR), dem ihr auch gewährten Alleinerziehungsmehrbedarf (126,00 EUR) und
den angemessenen Unterkunftskosten (147,50 EUR pro Kopf) einen Gesamtbedarf von 614,50 EUR. Ausgehend von
der Ausbildungsvergütung von 714,69 EUR und der Ausbildungsförderung von 67,00 EUR abzüglich eines Betrages
gemäß § 11 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGB II von 153,30 EUR, abzüglich eines weiteren Freibetrages von 100,00 EUR sowie
eines Freibetrages gemäß § 30 SGB II von 122,94 EUR kommt sie zu einem anrechenbaren Einkommen von 405,45
EUR. Die Differenz zwischen 614,50 EUR und 405,45 EUR betrage mehr als 147,50 EUR, so dass dieser Betrag als
Unterkunftskostenzuschuss insgesamt zu gewähren sei. Diese Auffassung ist nicht zutreffend. Die Höhe des
Zuschusses nach § 22 Abs. 7 SGB II bemisst sich nach den ungedeckten angemessenen Kosten für Unterkunft und
Heizung. Ausgangspunkt sind die Unterkunfts- und Heizungskosten, die auf den Auszubildenden entfallen. Von dem
anzuerkennenden Bedarf von hier 147,50 EUR sind abzusetzen die Leistungen, die in die Bedarfsermittlung für die
jeweils nach dem Sozialgesetzbuch, Drittes Buch, bzw. dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG)
eingeflossen sind bzw. gewährt werden (Berlit in LPK/SGB II, § 22, Rn. 130). In die Berechnung der
Ausbildungsförderung sind hier 129,00 EUR eingeflossen, so dass dieser Betrag auch zugrunde zu legen ist. Der
Unterkunftskostenzuschuss errechnet sich tatsächlich aus der Differenz zwischen 129,00 EUR und den
angemessenen tatsächlichen Unterkunftskosten in Höhe von 147,50 EUR für die Antragstellerin und somit auf 18,50
EUR.
Zuzustimmen ist der Antragstellerin darin, dass es sich bei der Leistung nach § 22 Abs. 7 SGB II um eine solche des
SGB II handelt und dass deswegen die Berechnungsgrundsätze dieses Gesetzes anzuwenden sind und nicht
diejenigen des BAföG (vgl. auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 3. Juni 2008 – L 28 B 819/08 AS). Allerdings
führt das nicht dazu, dass sich auch die Bedarfs- und Einkommensanrechnung insgesamt aus dem SGB II ergibt (vgl.
Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 25. März 2008 –L 8 B 130/07), denn dann würde entgegen
§ 7 Abs. 5 SGB II, der eine grundsätzliche Förderung von Ausbildung nach dem SGB II ausschließt, diese Vorschrift
gegenstandslos. Vielmehr soll über § 22 Abs. 7 SGB II lediglich ein Zuschuss zu den Unterkunftskosten gewährt
werden. Daraus folgt, dass die Unterkunftskosten um den Betrag zu verringern sind, der über die
Ausbildungsförderung gewährt oder angerechnet wird. Ergibt sich darüber hinaus nach den Vorschriften des SGB II
ein Überhang des Einkommens über den Bedarf, ist dieser Betrag dann von dem Betrag, der sich aus der
tatsächlichen angemessenen Höhe der Unterkunftskosten abzüglich der insoweit berücksichtigten Kosten im Rahmen
der Ausbildungsförderung ergibt, abzuziehen (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschl. v. 21. Februar 2008 –
L 7 AS 403/08 ER-B). Ein solcher Einkommensüberhang besteht hier jedoch nicht, so dass lediglich der Betrag zu
berücksichtigen ist, der sich aus der angemessenen Miete für die Antragstellerin in Höhe von 147,50 EUR abzüglich
der in die Ausbildungsförderungsberechnung eingeflossenen 129,00 EUR ergibt. Das sind 18,50 EUR, wie die
Antragsgegnerin und das Sozialgericht Schleswig zutreffend ermittelt haben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren kann nicht gewährt werden, denn die dafür gemäß § 73a SGG i.V.m.
§ 114 Zivilprozessordnung erforderlichen Erfolgsaussichten sind – wie aus diesem Beschluss ersichtlich – nicht
gegeben.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).