Urteil des LSG Schleswig-Holstein vom 21.11.2007

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Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht
Urteil vom 21.11.2007 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Lübeck S 3 KR 811/04
Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht L 5 KR 80/06
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 22. Juni 2006 aufgehoben. Die Klage
wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander für beide Instanzen nicht zu erstatten. Die
Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Kostenübernahme für eine operative Brustverkleinerung.
Die 1947 geborene Klägerin ist bei der Beklagten krankenversichert. Im August 2003 legte sie der Beklagten einen
Überweisungsschein des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. M zur operativen Brustverkleinerung wegen eines Schulter-
Arm-Syn¬droms bei Gewichtsbelastung der vergrößerten Mamma beidseits vor sowie ein ärztliches Attest des
Frauenarztes Dr. I vom 5. August 2003 mit ebenfalls der Empfehlung einer Brustverkleinerung. Die Beklagte holte
eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) Hamburg ein. Darin kam die
Chirurgin Dr. K am 23. September 2003 zu der Einschätzung, dass die Klägerin, die damals noch als Bankkauffrau
arbeitete, über zunehmende Rückenbeschwerden im BWS- und HWS-Bereich klage. Zur Entlastung lasse sie sich
gelegentlich Massagen verordnen, gehe zur Wassergymnastik und mache Übungen mit Hanteln in Eigenregie. Das
Körpergewicht liege bei einer Körpergröße von 165 cm bei 81 kg. Das Gewicht einer Brust betrage ca. 1.300 g (BH-
Größe 80 E). Es liege kein deutliches Überschreiten der Normvarianten vor. Mit den Rückenbeschwerden könne ein
Zusammenhang nicht zweifelsfrei bestätigt werden, da ein eindeutiger, durch wissenschaftlich evaluierte Studien
belegter Zusammenhang zwischen Brustgröße und Rückenbeschwerden einerseits sowie zwischen Größe des
Reduktionsgewichtes und Besserung der Rückenbeschwerden andererseits bisher letztlich nicht nachgewiesen sei.
Die beabsichtigte Operation könne nicht empfohlen werden. Die Beklagte erhielt eine ärztliche Bescheinigung des
Allgemeinen Krankenhauses (AK) W vom 5. Januar 2004, in der darauf hingewiesen wurde, dass primär eine
Gewichtsreduktion von fünf bis zehn Kilogramm (dort wurde von einem Körpergewicht von 75 kg ausgegangen)
durchzuführen sei. Im Anschluss daran solle eine Reduktionsplastik vorgenommen werden bei einem
Resektionsgewicht von 600 bis 700 g auf jeder Seite.
Am 1. Oktober 2003 hatte die Beklagte die Übernahme der Kosten für eine operative Brustkorrektur abgelehnt. Den
dagegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16. Februar 2004 zurück.
Die Klägerin hat am 3. März 2004 Klage beim Sozialgericht Lübeck erhoben und zur Begründung vorgetragen: Die sie
behandelnden Ärzte hätten die Indikation zur Brustverkleinerung bestätigt. Die bei ihr bestehenden
Rückenbeschwerden könnten durch die Brustverkleinerung verbessert werden. In einer weiteren Bescheinigung habe
das AK W ausgeführt, dass es prinzipiell allen Patientinnen vor geplanten Reduktions- oder Straffungsoperationen
mögliche Gewichtsreduktionen empfehle, um das postoperative Ergebnis optimal halten zu können.
Die Beklagte hat vorgetragen, Brustverkleinerungen seien zwar nicht generell von der Leistungspflicht der
gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen, allerdings bestehe darauf nur in seltenen Ausnahmefällen ein
Anspruch. Das AK W habe vornehmlich eine Gewichtsreduktion empfohlen. Selbst wenn diese Empfehlung so nicht
gemeint gewesen sei, stehe der Beurteilung doch die Auffassung des MDK entgegen.
Das Sozialgericht hat Befundberichte des Allgemeinmediziners M und des Orthopäden Dr. S sowie ein Gutachten des
Chirurgen Dr. H eingeholt. Ferner hat es diesen Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung vom 22. Juni 2006
vernommen. Mit Urteil vom selben Tag hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt:
Das Beschwerdebild werde geprägt durch die ungünstige Belastung aufgrund des nach vorne ziehenden Gewichts der
Brüste in Kombination mit den Folgen der ausgeprägten degenerativen Veränderung im Bereich der gesamten
Wirbelsäule. Bereits aufgrund dieser degenerativen Veränderungen sei eine vermehrte Haltearbeit der langen Rücken-
Streckmuskulatur erforderlich, um Bewegungsausschläge sicher und schmerzfrei durchführen zu können bzw.
schmerzhafte Bewegungen zu vermeiden. Dazu komme die vermehrt nach vorn einwirkende Gewichtsbelastung
aufgrund der Mammahypertrophie. Die Krafteinwirkung aufgrund der vergrößerten Brüste könne aufgrund der bereits
bestehenden degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule durch die Rücken-Streck¬muskulatur nicht kompensiert
werden. Für die Verbesserung des Beschwerdebildes sei eine Mammareduktionsplastik notwendig. Andere
medizinische Maßnahmen reichten nicht aus. Insbesondere seien krankengymnastische Übungshandlungen nicht
geeignet, eine wesentliche Beschwerdelinderung zu erreichen. Eine wesentliche Vermehrung der langen Rücken-
Streckmuskulatur könne durch eine derartige Behandlung nicht erreicht werden. Nach den Feststellungen des
Sachverständigen Dr. H sei die lange Rücken-Streckmuskulatur normal ausgebildet und weise keine
Verschmächtigung aus. Auch eine Gewichtsreduktion sei nicht geeignet, das Beschwerdebild der Klägerin wesentlich
zu beeinflussen. Ausweislich der Bescheinigung des Allgemeinen Krankenhauses W vom 25. Mai 2004 sei eine
derartige Gewichtsreduktion auch nicht vorrangig anzustreben. Damit sei eine operative Brustverkleinerung
medizinisch notwendig, um das orthopädische Beschwerdebild der Klägerin zu verbessern. Eine derartige Operation
sei nach Abwägung der Gesamtumstände des Falles nicht unverhältnismäßig. Unter Berücksichtigung des
Operationsrisikos, der Erfolgsaussichten der Operation und des zu erzielenden Erfolges müsse wegen des
bestehenden Beschwerdebildes der Klägerin von der Erforderlichkeit der operativen Behandlung ausgegangen werden.
Gegen das ihr am 21. August 2006 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten, eingegangen beim
Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht am 20. September 2006. Zur Begründung trägt sie vor: Das Gutachten
von Dr. H überzeuge nicht. Dort benutzte Formulierungen wie "dürfte" oder "mit hoher Wahrscheinlichkeit" seien zu
unscharf. In einem weiteren Gutachten des MDK vom 8. Januar 2007 sei der Arzt G zu der Auffassung gelangt, dass
durch eine Resektion des Brustgewebes von 600 g pro Seite kein positiver Einfluss auf die geklagten Beschwerden
zu erwarten sei. In erster Linie seien diese Beschwerden degenerativen Veränderungen zuzuschreiben. Rechtlich sei
zu berücksichtigen, dass es sich bei dem gewünschten Eingriff um eine so genannte mittelbare Behandlung handele,
da in ein gesundes Organ eingegriffen werde. Eine solche Behandlung bedürfe nach ständiger höchstrichterlicher
Rechtsprechung besonderer Rechtfertigung. Diese sei durch den Gutachter Dr. H in keiner Weise nachgewiesen
worden. Auch Dr. H habe angegeben, dass die angeführten Beschwerden nicht allein auf die ausgeprägte
Brustvergrößerung beidseits zurückzuführen sei. Außerdem habe der Gutachter weder Brust- noch Körpergewicht der
Klägerin gemessen. Es sei auch nicht die Art der BH-Versorgung beschrieben worden. Es fehlten Erörterungen über
die bisherige Behandlung der Klägerin. Die Feststellung, dass die Behandlungsalternativen bereits ausgeschöpft
seien, wäre jedoch erforderlich, um eine Reduktionsplastik bei einer gesunden Brust zu rechtfertigen. Bei einem BMI
von fast 30 seien zudem Maßnahmen der Gewichtsreduzierung vorrangig. Da im Übrigen bisher keine regelmäßigen
krankengymnastischen Übungsbehandlungen durchgeführt worden seien, könne nicht festgestellt werden, ob diese
bereits zu einer Linderung der Beschwerden führen könnten.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 22. Juni 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen
und trägt ergänzend vor: Unzweifelhaft liege bei ihr eine Erkrankung der Wirbelsäule vor, die durch die Brustlast der zu
großen Brüste nicht kompensiert werden könne. Die entsprechende Reduzierung werde zu einer deutlichen
Erleichterung führen. Aus dem Behandlungsbericht des Orthopäden Dr. S ergebe sich, dass wiederholte Reizstrom-
und Extensionsbehandlungen der HWS und BWS den Krankheitsverlauf nicht hätten bessern können.
Der Senat hat von dem Orthopäden Dr. L ein schriftliches Gutachten eingeholt.
Zu diesem Gutachten trägt die Beklagte vor: Dr. L be¬stätige ihre Auffassung, wonach bei der Klägerin eine sichere
Erfolgsprognose durch eine Brustreduktion nicht zu stellen sei. Der Sachverständige habe darauf hingewiesen, dass
eine krankengymnastische Übungsbehandlung als obligatorische Vorabbehandlung bisher nicht durchgeführt worden
sei. Zudem habe er ausgeführt, dass eine operative Behandlung angesichts des erhöhten OP-Risikos bei deutlicher
Übergewichtigkeit der Klägerin zum gegenwärtigen Zeitpunkt ohnehin nicht in Frage käme. Der Gutachter habe
insoweit eine deutliche Gewichtsreduzierung von 23 kg empfohlen.
Die Klägerin führt zum Gutachten aus: Es dokumentiere lediglich einen augenblicklichen Krankheitszustand. Die vom
Sachverständigen angeführten konservativen Maßnahmen wie gymnastische Übungen, Massagen etc. könnten
möglicherweise eine Besserung bringen. Ein Erfolg sei jedoch äußerst ungewiss. Letztlich bestätige Dr. L das
bestehende Krankheitsbild und dessen Therapiebedürftigkeit. Das Gutachten übersehe den fortschreitenden Trend der
Krankheit, dem mit konservativen Therapiemethoden nicht zu begegnen sei.
In der mündlichen Verhandlung am 21. November 2007 hat der Senat den Sachverständigen vernommen und die
Klägerin angehört.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten und auf die Gerichtsakten
verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Zu Unrecht hat das
Sozialgericht die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin eine
Mammareduktionsoperation zu gewähren. Die Klägerin hat keinen auf eine derartige Leistung gerichteten Anspruch.
Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 des Fünften Sozialgesetzbuches (SGB V) haben Versicherte einen Anspruch auf
Krankenbehandlung, wenn diese notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu
verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Liegen diese Voraussetzungen vor, umfasst die Krankenbehandlung
eine notwendige ärztliche Behandlung gemäß § 27
Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V und eine Krankenhausbehandlung nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V. Im Falle der
Klägerin ist zu unterscheiden zwischen der Mammahyperplasie einerseits und den Folgeerscheinungen, die durch
diese verursacht sein können, andererseits. Nach ständiger Rechtsprechung stellt eine Krankheit einen regelwidrigen
Körper- oder Geisteszustand dar, der die Notwendigkeit einer ärztlichen Heilbehandlung oder zu¬gleich oder allein
Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat (vgl. z. B. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2004 B 1 KR 9/04 R -). Diese
Begriffsdefinition erfordert die Behandlungsbedürftigkeit des Körperzustandes; der regelwidrige Körperzustand allein
reicht bei dieser Definition für die Annahme einer Krankheit nicht aus. Diese Voraussetzungen sind im Fall der
Klägerin sowohl hinsichtlich der Mammahyperplasie als auch der Folgeerscheinungen nicht erfüllt.
Wie das BSG in der oben zitierten Entscheidung auf die Revision gegen das Urteil des erkennenden Senats vom 9.
Dezember 2003 (L 1 KR 7/03, dort ging es um ein Resektionsgewicht von jeweils 800 g) zutreffend ausgeführt hat,
kommt nicht jeder körperlichen Unregelmäßigkeit Krankheitswert im Rechtssinne zu. Vielmehr liegt eine Krankheit nur
dann vor, wenn die Versicherte in ihrer Körperfunktion beeinträchtigt wird oder wenn die anatomische Abweichung
entstellend wirkt. Beides ist bei der Klägerin nicht der Fall. Folgeerscheinungen der übergroßen Brüste sind nicht mit
der dafür notwendigen Wahrscheinlichkeit zu belegen.
Im Wesentlichen begründet die Klägerin ihren geltend gemachten Anspruch mit den von ihr geklagten
Rückenbeschwerden. Übereinstimmend kommen die Gutachter auch zu dem Ergebnis, dass bei ihr Erkrankungen der
Wirbelsäule vorliegen. So bestehen fortgeschrittene verformende Veränderungen der gesamten Wirbelsäule mit
Schwerpunkt im unteren Halswirbelsäulenbereich sowie mäßiggradigen Veränderungen an der Brustwirbelsäule. In der
Lendenwirbelsäule zeigt sich eine Gefügestörung LWK 3/4. Ob diese anlagebedingten Veränderungen alleinige
Ursachen der von der Klägerin angegebenen Rückenbeschwerden sind, kann hier dahinstehen. Zutreffend weist die
Beklagte nämlich darauf hin, dass nach der sozialgerichtlichen Rechtsprechung der operative Eingriff in ein gesundes
Organ - hier die Brüste - nur dann gerechtfertigt ist, wenn keinerlei andere Behandlungsmethoden zum Erfolg führen
können. Letzteres steht hier nicht fest. In dieser Einschätzung folgt der erkennende Senat dem Gutachten des
Sachverständigen Dr. L , der insbesondere krankengymnastische Übungsbehandlungen, gerichtet auf die Lockerung
der Bindegewebsstruktur im Hals- und Brustkorbbereich, als vorrangige Therapien angesehen hat. Seiner
Einschätzung ist insbesondere gegenüber der des in erster Instanz gehörten Sachverständigen Dr. H Vorrang
einzuräumen. Dies folgt bereits aus der höheren Sachkompetenz des Orthopäden (Dr. L ) gegenüber dem
Unfallchirurgen (Dr. H ), wenn es um die Bewertung und Behandlung von Schäden am Skelettapparat geht. Überdies
enthält das Gutachten von Dr. H die von der Beklagten genannten Ungenauigkeiten und zum Teil nicht
nachvollziehbare Äußerungen, wenn er etwa, ohne dies näher zu begründen, krankengymnastischen Übungen keinen
Erfolg beimisst. In diesem Zusammenhang weist Dr. L überzeugend darauf hin, dass gerade im Falle der Klägerin mit
dem erhöhten Brustgewicht therapeutisch auf einen Ausgleich der Bindegewebsstruk¬turen und Rückenmuskulatur
durch krankengymnastische Übungen vorrangig hinzuwirken ist. Die Bedeutung krankengymnastischer Übungen kennt
der Senat auch aus Beweisaufnahmen anderer Verfahren, in denen es um den Anspruch auf operative
Brustverkleinerung wegen Rückenbeschwerden ging. Auch dort stellten die Sachverständigen die vorrangige Stärkung
der Rückenmuskulatur durch unter anderem solche Übungen in den Vordergrund (z. B. L 5 KR 62/06). Einem solchen
therapeutischen Ansatz hat sich die Klägerin bislang jedoch nicht unterzogen.
Als weitere vorrangige Behandlungsform kommt bei der Klägerin eine Gewichtsreduktion in Betracht. Es ist nicht zu
übersehen, dass sie im Laufe des Verwaltungs- und Gerichtsverfahrens nicht unerheblich an Gewicht zugenommen
hat. So betrug das Körpergewicht bei der Begutachtung durch den MDK 81 kg. Bei der Untersuchung durch Dr. L lag
es bei 84,9 kg, was bei der von Dr. L gemessenen Körpergröße von 158 cm einen Bodymaß-Index (BMI)von ca. 34
kg/qm bedeutet. Bei einem BMI in dieser Höhe besteht ein erhebliches Übergewicht. Es ist allgemein bekannt und Dr.
L weist in seinem Gutachten auch auf einen solchen Zusammenhang hin, dass sich eine derartige Adipositas negativ
auf den Halte- und Stützapparat auswirkt und die bei der Klägerin unstreitig bestehenden Veränderungen an der
Wirbelsäule negativ begünstigt. Den Umfang der notwendigen Gewichtsreduktion beziffert Dr. L mit 23 kg. Ferner ist
bei einer solchen Reduktion unter Berücksichtigung der Gewichtsverteilung nach Auffassung des Sachverständigen
auch mit einer Reduktion des Brustgewichts zu rechnen. Damit könnte das Bestreben der Klägerin nach
Brustverkleinerung, jedenfalls teilweise, ohne chirurgischen Eingriff erfolgreich sein. Hinzu kommt, dass das deutliche
Übergewicht der Klägerin das Operationsrisiko erheblich erhöht. Nach Auffassung des Sachverständigen Dr. L käme
derzeit aufgrund des Übergewichts eine Operation angesichts dieses erhöhten Risikos ohnehin nicht in Frage.
Zwar weist die Klägerin in diesem Zusammenhang darauf hin, dass durch das Gutachten lediglich ein augenblicklicher
Zustand dokumentiert werde. Dieser ist jedoch, da ein Leistungsanspruch gegenüber der Beklagten geltend gemacht
wird, für die Entscheidung des Senats maßgebend. Es kommt auf die im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung
bestehenden Sachlage an (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig, SGG-Kommentar, § 54 Rz 34).
Vorrangig sind krankengymnastische Übungen und Gewichtsabnahme auch deshalb, weil mit diesen nach allgemeiner
medizinischer Erfahrung eine Besserung der Wirbelsäulenbeschwerden einhergehen wird. Hingegen liegen keinerlei
allgemeine Studiendaten vor, aus denen hervorgeht, dass ein Zusammenhang zwischen übergroßen Brüsten und
Rückenbeschwerden besteht. Dr. L hat darauf hingewiesen, dass randomisierte Studien hierüber nicht existieren. Dem
erkennenden Senat ist auch aus anderen Verfahren, in denen es um die Kostenübernahme einer Brustverkleinerung
ging, eine solche Studie nicht bekannt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz.
Gründe dafür, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.