Urteil des LSG Schleswig-Holstein vom 04.11.2008

LSG Shs: verwaltungsverfahren, ablauf der frist, bevollmächtigung, gerichtsverfahren, behörde, genehmigung, widerspruchsverfahren, mangel, gemeinschaftspraxis, vollmachten

Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht
Urteil vom 04.11.2008 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Kiel S 15 KA 113/05
Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht L 4 KA 3/07
Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kiel vom 15. Januar 2007 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des gesamten Verfahrens. Die Revision wird nicht
zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte Widersprüche gegen Honorarabrechnungen für die Quartale I und II/04
zu Recht mit der Begründung als unzulässig zurückgewiesen hat, dass die Bevollmächtigung des die Widersprüche
einlegenden Rechtsanwalts nicht nachgewiesen worden war.
Mit einem an die Klägerin gerichteten Honorarbescheid vom 14. Juli 2004 für das Quartal I/04 brachte die Beklagte
u.a. eine Umlage zur Aufbringung der Kosten für die Sicherstellung des Notdienstes in einem sog. Notdienstring
("Umlage L ") in Ansatz. Gegen diesen an die Klägerin gerichteten Honorarbescheid erhob der Prozessbevollmächtigte
der Klägerin am 13./17. August 2004 Widerspruch und führte aus, dass sich dieser gegen die "Umlage L 1. Halbj.
2004" in Höhe von 511,30 EUR richte. Es werde um Darlegung der Gründe des Abzugs gebeten. Danach werde der
Widerspruch begründet.
Daraufhin bat die Beklagte den Prozessbevollmächtigten, innerhalb der nächsten vier Wochen eine Vollmacht zu
übersenden. Auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach Aktenlage werde ausdrücklich hingewiesen (Schreiben vom
23. August 2004).
Gegen den an die Klägerin gerichteten Honorarbescheid vom 14. Oktober 2004 für das Quartal II/04 wandte sich der
Prozessbevollmächtigte mit einem am 15. November 2004 bei der Beklagten eingegangenen Widerspruch und bat
wiederum darum, die Gründe des Abzugs ("Umlage L ") darzulegen. Danach werde der Widerspruch begründet.
Daraufhin forderte die Beklagte den Prozessbevollmächtigten erneut zur Übersendung einer Vollmacht innerhalb der
nächsten vier Wochen auf. Weiter heißt es in dem Schreiben vom 19. November 2004: "In diesem Zusammenhang
dürfen wir gleichzeitig darauf hinweisen, dass wir auf diesen Sachverhalt bereits im Schreiben vom 23.8.2004 zum
Widerspruch gegen die Honorarabrechnung I/04 hingewiesen haben. Die Durchsicht der hier vorliegenden
Widerspruchsunterlagen hat zu dem Ergebnis geführt, dass der Eingang der Vollmacht für dieses Quartal ebenfalls
noch nicht vorliegt. Auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach Aktenlage wird ausdrücklich hingewiesen."
Nachdem die Beklagte auch in den nächsten Monaten keinen Eingang feststellen konnte, wies sie die Widersprüche
mit Widerspruchsbescheid vom 12. Mai 2005 zurück und führte zur Begründung aus: Die gegen die
Honorarabrechnungen für die Quartale I und II/04 eingelegten Widersprüche seien unzulässig, da weder eigenständig
eingelegte Rechtsbehelfe der Gemeinschaftspraxis vorlägen noch solche von einem ordnungsgemäß von der
Gemeinschaftspraxis Bevollmächtigten eingelegt worden seien. Die behauptete Bevollmächtigung sei trotz
mehrfacher Aufforderung nicht nachgewiesen worden. Damit sei der Verpflichtung eines Bevollmächtigten nach § 13
Abs. 1 Satz 3 SGB X nicht nachgekommen worden. Aus diesen Gründen seien die Widersprüche mangels
Bevollmächtigung als unzulässig zurückzuweisen.
Gegen den ihm am 17. Mai 2005 zugestellten Widerspruchsbescheid hat sich die Klägerin mit der am 15. Juni 2005
beim Sozialgericht Kiel eingegangenen Klage gewandt. Zur Begründung hat sie vorgetragen: Sie sei zu keinem
Zeitpunkt darauf hingewiesen worden, dass nach Ablauf einer bestimmten Frist entschieden werde, wenn zuvor keine
schriftliche Vollmacht vorliegen sollte. Der Hinweis auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach Aktenlage reiche
dafür nicht aus. Vielmehr bedürfe es einer klaren Fristsetzung, aus der ersichtlich sei, dass nach Ablauf der Frist der
Widerspruch mangels Vorlage einer schriftlichen Vollmacht als unzulässig zurückgewiesen werde. Das habe die
Beklagte unterlassen. Sie habe den Widerspruch deshalb nicht wegen fehlender schriftlicher Vollmacht zurückweisen
dürfen. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat im Klageverfahren zwei von den beiden Ärzten der klagenden
Gemeinschaftspraxis unterzeichnete Vollmachten "für Verwaltungs- und Gerichtsverfahren gem. § 13 Abs. 1 SGB X
und § 73 Abs. 1 SGG" vorgelegt. Die am 30. August 2004 unterzeichnete Vollmacht bezieht sich allein auf die
Honorarabrechnung I/2004, die weitere unter dem 12. Oktober 2006 unterzeichnete Vollmacht auf die
Honorarabrechnung der Quartale I/2004 und II/2004.
Die Klägerin hat beantragt,
den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 12. Mai 2005 über die Honorarabrechnungen für die Quartale I/04 und
II/04 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit Gerichtsbescheid vom 15. Januar 2007 hat das Sozialgericht Kiel der Klage stattgegeben und die Beklagte
sinngemäß verpflichtet, über die Widersprüche der Klägerin gegen die Honorarbescheide für die Quartale I und II/04
erneut zu entscheiden. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt: Zwar könne der Mangel der fehlenden
Bevollmächtigung im Widerspruchsverfahren nach der Rechtsprechung nicht durch Vorlage einer schriftlichen
Vollmacht im Klageverfahren behoben werden, wenn der Widerspruch aus diesem Grund als unzulässig
zurückgewiesen worden sei. Weil die Vollmacht hier erst nach Klagerhebung vorgelegt worden sei, liege eine
ordnungsgemäße Bevollmächtigung für das Widerspruchsverfahren nicht vor. Der Prozessbevollmächtigte der
Klägerin sei im Verwaltungsverfahren ohne Vertretungsmacht aufgetreten. Dieser Umstand habe die Beklagte jedoch
nicht berechtigt, die Widersprüche als unzulässig zurückzuweisen. Nach der Rechtsprechung der Sozialgerichte dürfe
in Fällen, in denen keine Prozessvollmacht zu den Gerichtsakten gelangt, das Gericht die Klage ohne Prüfung in der
Sache nur dann als unzulässig abweisen, wenn eine vorherige schriftliche richterliche Aufforderung an den
Bevollmächtigten ergangen sei, binnen einer bestimmten Frist die fehlende Vollmachtsurkunde nachzureichen,
verbunden mit dem Hinweis, dass die Klage anderenfalls als unzulässig abgewiesen werden könne. Ein solches
prozessuales Vorgehen habe im Verhältnis zu dem vollmachtlos auftretenden Prozessbevollmächtigten Anhörungs-
und Warnfunktion. Diese für das gerichtliche Verfahren entwickelten Grundsätze seien nach Auffassung der Kammer
auch im Verwaltungsverfahren zu berücksichtigen. Für eine unterschiedliche Behandlung von Widerspruchs- und
Gerichtsverfahren ließen sich angesichts der Identität der Problematik in beiden Verfahrensbereichen stichhaltige
Gründe nicht anführen. Danach sei davon auszugehen, dass im Verwaltungsverfahren ebenso wie im
Gerichtsverfahren eine bloße Fristsetzung ohne einen Hinweis auf die Konsequenzen der fehlenden Bevollmächtigung
nicht genüge. Die Beklagte habe den Prozessbevollmächtigten mit zwei Schreiben vom 19. No¬vember 2004 und
vom 23. August 2004 zur Übersendung einer Vollmacht innerhalb einer Frist von vier Wochen aufgefordert. Am Ende
beider Schreiben werde auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach Aktenlage hingewiesen. Aus diesem Hinweis
lasse sich jedoch nicht entnehmen, dass die in Aussicht gestellte Entscheidung nach Aktenlage eine Zurückweisung
des Widerspruchs als unzulässig beinhalten solle. Nach Auffassung der Kammer hätte es einer unmissverständlichen
Formulierung bedurft, aus der sowohl für die Klägerin als auch für ihren vollmachtlosen Vertreter die möglichen
Konsequenzen der fehlenden Vollmacht eindeutig erkennbar waren. Korrespondenz zwischen der Beklagten und den
Klägern selbst habe jedoch nicht stattgefunden. Die Schreiben an den Prozessbevollmächtigten seien nicht
hinreichend deutlich, um vor den Folgen der fehlenden Vollmacht zu warnen.
Gegen den ihr am 25. Januar 2007 zugestellten Gerichtsbescheid wendet sich die Beklagte mit der am Montag, den
26. Februar 2007 beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangenen Berufung und führt zur
Begründung im Wesentlichen aus: Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ließen sich die für das gerichtliche
Verfahren entwickelten Grundsätze, nach denen die Abweisung der Klage wegen fehlender Bevollmächtigung eine
vorangegangene Fristsetzung und einen Hinweis, dass die Klage anderenfalls als unzulässig abgewiesen werde,
voraussetze, nicht auf das Verwaltungsverfahren übertragen. Dies sei schon deshalb nicht möglich, weil die
Verwaltung in einem sich anschließenden Rechtsstreit zur gegnerischen Partei werde und es deshalb schon kaum
zumutbar erscheine, die in der Regel versierten und rechtskundigen Prozessbevollmächtigten auf grundsätzliche
Rechtsfolgen hinzuweisen. Hinzu komme, dass in den Gesetzen über die Gerichtsverfahren regelmäßig eine
Hinweispflicht für die Gerichte ausdrücklich normiert sei. So habe beispielsweise der Vorsitzende darauf hinzuwirken,
dass Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert und für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts
wesentliche Erklärungen abgegeben werden. Eine derartige Verpflichtung finde sich für die Verwaltung nicht.
Außerdem sei zu berücksichtigen, dass es sich bei Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren im Gegensatz zu
Gerichtsverfahren regelmäßig um Massenverfahren handele, die überwiegend von Verwaltungsmitarbeitern, nicht aber
von ausgebildeten Juristen betrieben würden. Auch insoweit sei eine Vergleichbarkeit von Pflichten, die den Gerichten
oblägen, und Verwaltungspflichten nicht gegeben. Die Anforderungen würden durch die hier erfolgte Fristsetzung mit
dem Hinweis auf die Entscheidung nach Aktenlage erfüllt. Im Übrigen bedürfe es der in der Rechtsprechung
entwickelten Anhörungs- und Warnfunktion jedenfalls im vorliegenden Verfahren schon deshalb nicht, weil der
Prozessbevollmächtigte gerade wegen der Frage der Vollmacht mehrere Prozesse auch vor dem Bundessozialgericht
geführt habe. Ihm sei deshalb bekannt gewesen, mit welchen Konsequenzen er bei Nichtvorlage der Vollmacht
rechnen müsse.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kiel vom 15. Januar 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat sich im Berufungsverfahren nicht schriftlich geäußert und in der
mündlichen Verhandlung am 4. November 2008 sein Vorbringen aus dem Klageverfahren wiederholt und vertieft.
Die die Klägerin betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten und die Prozessakten haben dem Senat vorgelegen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf ihren Inhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte (§§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG) und fristgerecht eingelegte (§ 151 SGG)
Berufung der Beklagten ist begründet. Der angefochtene Widerspruchsbescheid der Beklagten, mit dem die
Widersprüche als unzulässig zurückgewiesen worden sind, ist nicht zu beanstanden. Deshalb war die dagegen
gerichtete Klage abzuweisen.
Nach § 13 Abs. 1 SGB X kann sich ein Beteiligter im Verwaltungsverfahren durch einen Bevollmächtigten vertreten
lassen. Die Vollmacht ermächtigt zu allen das Verwaltungsverfahren betreffenden Verfahrenshandlungen, sofern sich
aus ihrem Inhalt nicht etwas anderes ergibt. Nach Abs. 1 Satz 3 der Vorschrift hat der Bevollmächtigte auf Verlangen
seine Vollmacht schriftlich nachzuweisen. Diese Regelung ist - anders als die entsprechende Regelung in § 73 Abs. 6
SGG auch durch das zum 1. Juli 2008 in Kraft getretene Rechtsdienstleistungsgesetz vom 12. Dezember 2007
(BGBl. I S. 2840) nicht verändert worden.
Ein Widerspruch, der durch einen Bevollmächtigten eingelegt wird, ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn einem
berechtigten auf die Vorlage der schriftlichen Vollmacht gerichteten Verlangen der Verwaltung nicht entsprochen wird
(von Wulffen, SGB X, 6. Aufl. 2008, § 13 Rz 4; zur entsprechenden Rechtslage im gerichtlichen Verfahren vgl. BSG,
Urt. v. 13. Dezember 2000 B 6 KA 29/00 R, SozR 3 1500 § 73 Nr. 9 m.w.N.). Die Anforderung des Nachweises in
Gestalt der schriftlichen Vollmacht steht im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde (vgl. Giese, SGB X, 2. Aufl.,
Stand Juni 2007, § 13 Rz 25; BSG, Urt. v. 15. Oktober 1981 5b/5 RJ 90/80, BSGE 52, 245 = SozR 2200 § 1303 Nr.
22). Insofern gilt nichts anderes als für andere Maßnahmen der Verwaltung zur Amtsermittlung. Nach § 20 Abs. 1
Satz 2 SGB X bestimmt die Behörde Art und Umfang der Ermittlungen. Unter Berücksichtigung der Anforderungen
des Datenschutzes (§§ 67 ff. SGB X) spricht einiges dafür, dass die Behörde dazu sogar verpflichtet ist, bevor sie –
wie hier - dem Begehren des (angeblich) Bevollmächtigten auf Erteilung von Auskünften nachkommt, die mit der
Offenbarung von Sozialdaten verbunden ist (vgl. Verbandskommentar zum Recht der Gesetzlichen
Rentenversicherung, SGB X, § 13 Rz 6; Krasney, Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 13 SGB X Rz 5).
Besonderheiten könnten zu beachten sein, wenn der Beibringung der schriftlichen Vollmacht im Einzelfall Hindernisse
entgegenstehen (zum Beispiel bei der Vertretung eines Antragstellers, der nicht erreichbar ist). Das Bestehen solcher
besonderen Hinderungsgründe ist hier jedoch nicht geltend gemacht worden, und es gibt dafür auch keine Hinweise.
Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die bereits am 30. August 2004
ausgestellte Vollmacht für das Quartal I/2004 ohne weiteres hätte vorlegen können. Soweit die Regelung zur Vorlage
einer Vollmacht nach § 13 Abs. 1 SGB X in Urteilen einzelner Verwaltungsgerichte (vgl. VG Potsdam, Urt. v. 31. Juli
2000 – 3 K 3602/97, NVwZ-RR 2001, 285; VG Augsburg, Beschl. v. 20. Februar 2003 – Au 3 K 02.1622 juris Rz. 16)
unter Bezugnahme auf Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) für die Vertretung durch Rechtsanwälte
einschränkend ausgelegt worden ist, folgt der Senat dem nicht, weil diese Rechtsprechung im Wortlaut der speziell
das Verwaltungsverfahren betreffenden Vorschrift des § 13 SGB X keine Grundlage findet (zum unterschiedlichen
Regelungsinhalt von § 13 SGB X und § 73 SGG vgl. ausführlich BSG, Urt. v. 15. Oktober 1981, a.a.O.). Darüber
hinaus ist zu berücksichtigen, dass anstelle der Bezugnahme auf Vorschriften der VwGO jedenfalls in Fällen wie dem
vorliegenden, in denen sich nicht ein verwaltungsgerichtliches, sondern ein sozialgerichtliches Verfahren anschließt,
eher eine Bezugnahme auf Vorschriften des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) nahe liegt. Eine § 67 Abs. 3 VwGO (in der
bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung) in Verbindung mit § 88 Abs. 2 ZPO entsprechende Privilegierung von
Rechtsanwälten gab es im sozialgerichtlichen Verfahren nach der hier maßgebenden Rechtslage in der Zeit bis zum
Abschluss des Verwaltungsverfahrens nicht (vgl. BSG, Urt. v. 13. Dezember 2000 a.a.O., m.w.N.). Ob an dieser
Auslegung des § 13 Abs. 1 SGB X auch für Verwaltungsverfahren festzuhalten ist, die ihren Abschluss in der Zeit
nach der Neufassung des § 73 SGG durch Art. 12 Nr. 3 des Rechtsdienstleistungsgesetzes zum 1. Juli 2008 finden,
kann für das vorliegende Verfahren offen bleiben.
Der Mangel der Vollmacht ist nicht durch die Vorlage der Vollmachten im gerichtlichen Verfahren geheilt. Zwar kann
die Einlegung eines Widerspruchs durch einen Dritten genauso wie die Erhebung einer Klage im Grundsatz auch noch
nachträglich genehmigt werden (zur Rückwirkung der Genehmigung vgl. § 184 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch BGB,
§ 89 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO). Für das gerichtliche Verfahren ist seit der Entscheidung des Gemeinsamen
Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmS-OGB) vom 17. April 1984 (GmS-OGB 2/83 – BVerwGE 69, 380
= BGHZ 91, 111 = SozR 1500 § 73 Nr. 4; vgl. auch z.B. BSG, Urt. v. 13. Dezem¬ber 2000, a.a.O.; BSG, Urt. v. 15.
August 1991 – 12 RK 39/90, SozR 3-1500 § 73 Nr. 2; BFH, Urt. v. 6.3.2003 VI B 173/00, BFH/NV 2003, 814) geklärt,
dass eine nachträgliche Genehmigung nicht mehr möglich ist, wenn die Klage bereits zu Recht wegen fehlender
Vollmacht als unzulässig abgewiesen worden ist. Auch dass die vorgelegte Vollmacht bezogen auf das
Widerspruchsverfahren für das Quartal I/04 bereits am 30. August 2004 und damit vor Abschluss des
Verwaltungsverfahrens ausgestellt worden ist, ändert daran nichts. Soweit dem Urteil des BSG vom 24. März 1971 (-
6 RKa 16/70, BSGE 32, 253) etwas anderes zu entnehmen war, ist dies - wie das BSG in dem o.g. Urteil vom 13.
Dezember 2000 (juris Rz 16) klargestellt hat - durch die Rechtsentwicklung überholt.
Der die Vorlage der Vollmacht im Verwaltungsverfahren betreffende § 13 Abs. 1 SGB X unterscheidet sich von der
das sozialgerichtliche Verfahren betreffenden Regelung in § 73 SGG (in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden
Fassung) im Wesentlichen dadurch, dass nicht (auch) die schriftliche Erteilung der Vollmacht verlangt wird, sondern
dass es in dieser Vorschrift allein um den Nachweis einer Vollmacht geht. Die Vollmacht kann also im Grundsatz
auch mündlich erteilt werden und das Verlangen auf Vorlage einer schriftlichen Vollmacht dient allein dem Nachweis
(vgl. dazu ausführlich BVerwG, Beschl. v. 15. Dezember 1997 – 5 B 1/97, juris Rz. 3, m.w.N.). Auch das mit § 13
Abs. 1 Satz 3 SGB X angestrebte Ziel, im Verwaltungsverfahren Rechtssicherheit bezogen auf das Vorliegen einer
Vollmacht herbeizuführen, ist jedoch nicht mehr erreichbar, wenn die Vollmacht erst im anschließenden
Gerichtsverfahren vorgelegt wird. Insofern gibt es keinen Unterschied zum gerichtlichen Verfahren. Deshalb sind für
das Verwaltungsverfahren auch die für das gerichtliche Verfahren vom Gemeinsamen Senat der obersten
Gerichtshöfe des Bundes (a.a.O.) entwickelten und in dem Urteil des BSG vom 13. Dezember 2000 (a.a.O.)
konkretisierten Maßstäbe entsprechend heranzuziehen. Für die Übertragbarkeit der für das gerichtliche Verfahren
entwickelten Maßstäbe spricht, dass diese anhand allgemeiner verfahrensrechtlicher Grundsätze entwickelt worden
sind, die auch für das Verwaltungsverfahren Geltung beanspruchen können. Danach erfordern Rechtsklarheit und
Rechtssicherheit, dass nicht durch nachträgliche Genehmigung einer prozessual zu Recht ergangenen Entscheidung
die Grundlage entzogen wird. Nur soweit noch nicht eine das Rechtsmittel als unzulässig verwerfende Entscheidung
vorliegt, kann durch die Genehmigung der Vertretenen, die auch in der Erteilung einer Prozessvollmacht liegen kann,
der Mangel der Vollmacht mit rückwirkender Kraft geheilt werden (so auch Behn, SozVers 1984, 141, 142; VG
Düsseldorf, Urt. v. 13. August 2004 13 K 4117/01, juris Rz. 24; zur entsprechenden Regelung in § 14 Abs. 1 VwVfG:
Stelkens u.a., VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 14 Rz 15 m.w.N.). Das bedeutet auf der anderen Seite, dass die
Zurückweisung des Widerspruchs als unzulässig nur unter den für das gerichtliche Verfahren entwickelten
Voraussetzungen erfolgen darf. Soweit die Beklagte dagegen einwendet, im Verwaltungsverfahren müsse
berücksichtigt werden, dass der Beteiligte des Verwaltungsverfahrens in einem sich anschließenden Rechtsstreit zur
gegnerischen Partei werde, verkennt sie ihre Rolle als Trägerin des Verwaltungsverfahrens und ihre Verantwortung für
die Gewährleistung eines fairen Verfahrens.
Danach bedarf es, damit ein Widerspruch mangels Vollmacht als unzulässig zurückgewiesen werden kann, einer
vorherigen schriftlichen Aufforderung, binnen einer bestimmten Frist die Vollmacht nachzureichen. Außerdem ist
regelmäßig ein Hinweis erforderlich, dass der Widerspruch anderenfalls als unzulässig zurückgewiesen werden kann.
Dieser hat im Verhältnis zu dem vollmachtlos auftretenden Prozessvertreter Anhörungs- und Warnfunktion.
Spätestens mit Erhalt dieses Schreibens kann er erkennen, dass das Fehlen der Vollmacht zur Zurückweisung des
Rechtsmittels führen kann und dies auch in einem nachfolgenden Gerichtsverfahren nicht mehr geheilt werden kann
(vgl. zum gerichtlichen Verfahren ausführlich BSG, Urt. v. 13. Dezember 2000, a.a.O.).
Die Beklagte hat den Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 23. August 2004 unter Setzung einer Frist von vier
Wochen zur Vorlage einer Vollmacht bezogen auf den Widerspruch gegen den Honorarbescheid für das Quartal I/2004
aufgefordert und ihn im Zusammenhang mit der wiederum unter Fristsetzung erfolgten Anforderung der Vollmacht für
den Widerspruch gegen den Honorarbescheid für das Quartal II/2004 an die Übersendung der Vollmacht auch bezogen
auf das Quartal I/2004 erinnert. Ferner hat sie den Prozessbevollmächtigten in beiden Schreiben "ausdrücklich" auf
die Möglichkeit einer Entscheidung nach Aktenlage hingewiesen. Dass die Beklagte den Kläger damit unter Setzung
einer angemessenen und klaren Frist schriftlich zur Vorlage einer Vollmacht aufgefordert hat, unterliegt keinem
Zweifel. Anders als das Sozialgericht ist der Senat der Auffassung, dass der "ausdrückliche Hinweis" auf die
Möglichkeit einer Entscheidung nach Aktenlage der zu fordernden Anhörungs- und Warnfunktion in der vorliegenden
Fallkonstellation noch gerecht wird. Dabei geht der Senat ebenso wie das Sozialgericht im Grundsatz davon aus,
dass es einer unmissverständlichen Formulierung bedarf, aus der für den vollmachtlosen Vertreter die Konsequenzen
der fehlenden Vollmacht eindeutig erkennbar sind. Ferner verkennt der Senat nicht, das die von der Beklagten
gewählte Formulierung bei einem Vertreter, der über keine einschlägigen Erfahrungen mit der hier maßgebenden
Fragestellung verfügt, missverstanden werden kann und deshalb regelmäßig nicht ausreichen wird. Eine in Aussicht
gestellte "Entscheidung nach Aktenlage" muss nicht die Zurückweisung des Rechtsbehelfs als unzulässig zur Folge
haben, sondern beinhaltet auch die Möglichkeit einer Sachentscheidung. Im vorliegenden Fall kann jedoch nicht
unberücksichtigt bleiben, dass dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Folgen der unterlassenen Vorlage der
Vollmacht aus einer Vielzahl von Verfahren bekannt sind. In Schleswig-Holstein ist jedenfalls bei den mit
Streitverfahren aus dem Vertragsarztrecht befassten Kammern und Senaten allgemein bekannt, dass der
Prozessbevollmächtigte der Klägerin in einer Vielzahl von Verfahren, an denen auch die Beklagte des vorliegenden
Rechtsstreits beteiligt war und die teilweise bis zum Bundessozialgericht geführt wurden (vgl. BSG, Urteile v. 13.
Dezember 2000 - B 6 KA 29/00 R, B 6 KA 28/00 R, B 6 KA 27/00 R; BSG, Urt. v. 16. Mai 2001 B 6 KA 43/99 R),
keine Vollmachten vorgelegt hat, mit der Folge, dass die eingelegten Rechtmittel als unzulässig zurückgewiesen
wurden. Unter diesen Umständen durfte die Beklagte davon ausgehen, dass der fehlenden Reaktion des
Prozessbevollmächtigten auf die Aufforderung zur Vorlage der Vollmacht kein Versehen zu Grunde lag und dass
diesem die möglichen Konsequenzen seiner Vorgehensweise spätestens seit den ihn betreffenden Urteilen des
Bundessozialgerichts aus den Jahren 2000 und 2001 bewusst waren. Mit dem Schreiben vom 19. November 2004 hat
die Beklagte deutlich gemacht, dass sie auf die Vorlage der bereits mit Schreiben vom 23. August 2004 angeforderten
Vollmacht unbedingt bestehen wird. Vor diesem Hintergrund konnte bei dem in der hier maßgebenden Frage der
Nichtvorlage einer Vollmacht besonders erfahrenen Prozessbevollmächtigten kein Zweifel daran bestanden haben,
dass der Widerspruch als unzulässig zurückgewiesen werden kann, wenn die geforderte Vollmacht nicht fristgerecht
vorlegt wird. Eine eingehende Belehrung zu den Folgen der Fristversäumnis kann von der Beklagten unter den
gegebenen Umständen nicht erwartet werden. Wie in der Rechtsprechung auch in anderem Zusammenhang anerkannt
ist (zur Aufklärungs- und Warnfunktion des Hinweises auf die Rechtslage nach § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II vgl. BSG,
Urt. v. 27. Februar 2008 - B 14/7b AS 70/06 R, zur Veröffentlichung vorgesehen für SozR 4, juris Rz. 13), kann von
der Behörde nicht verlangt werden, über Sachverhalte zu belehren, von denen sie weiß, dass sie dem Adressaten
bereits bekannt sind. Daher wird der mit der Fristsetzung verbundene "ausdrückliche Hinweis" der Beklagten auf die
Möglichkeit einer Entscheidung nach Aktenlage der zu fordernden Anhörungs- und Warnfunktion im vorliegenden Fall
noch gerecht. Dies gilt auch, soweit die Angaben des Prozessbevollmächtigten aus der mündlichen Verhandlung
zutreffen sollten, dass die Beklagte in der Vergangenheit nicht in entsprechender Weise verfahren ist und
Widersprüche auch ohne Vorlage einer Vollmacht nicht als unzulässig zurückgewiesen wurden, weil ein
schützenswertes Vertrauen in die Fortführung einer solchen Verwaltungspraxis gerade nach Vorliegen der mögliche
Zweifelsfragen klärenden Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 13. Dezember 2000 und vom 16. Mai 2001
(a.a.O.) nicht bestehen kann.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG) liegen nicht vor.