Urteil des LSG Schleswig-Holstein vom 13.11.2007

LSG Shs: vergütung, wachstum, versorgung, steigerung, vergleich, verfügung, sicherstellung, gestaltungsspielraum, abschlag, behandlung

Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht
Urteil vom 13.11.2007 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Kiel S 16 KA 91/05
Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht L 4 KA 5/07
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 13. September 2006 wird zurückgewiesen. Die
Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen Honorarbegrenzungen in Gestalt individueller Punktzahlvolumina (IPZV) für die
Quartale III/03 bis II/04 sowie die Ablehnung eines Härtefallantrages.
Die Klägerin ist seit 1992 als Anästhesistin in L zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Sie behandelt in erster
Linie Patienten einer Praxis für Kiefer- und Gesichtschirurgie.
Im Zusammenhang mit der Aufhebung der Regelungen zum Praxisbudget im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für
vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) mit Ablauf des Quartals II/03 führte die Beklagte mit Wirkung zum 1. Juli 2003
Regelungen zur Bildung von IPZV für die meisten Arztgruppen einschließlich der Gruppe der Anästhesisten
(Ausnahmen gelten für Laborärzte, Pathologen, ausschließlich psychotherapeutisch tätige Vertragsärzte,
Psychotherapeuten und Radiologen, vgl. § 12.3.3.b) HVM) und für den ganz überwiegenden Teil der Leistungen
(Ausnahmen gelten für Leistungen des organisierten Notdienstes, die hausärztliche Grundvergütung, u.a.) ein. Die
durch die Abgeordnetenversammlung der Beklagten am 11. Juni 2003 beschlossene Neufassung des § 12 HVM sieht
die Bildung sog. Startquartale von III/03 bis II/04 vor. Für die Bildung des IPZV in diesen Startquartalen wird auf das
praxisindividuelle Honorar aus dem Jahr 2002 zurückgegriffen. Bei Praxen, die in den Jahren 2001 und 2002 keinen
Statuswechsel vollzogen haben, werden auch die Quartale des Jahres 2001 berücksichtigt. Für Leistungen innerhalb
der IPZV wird ein Punktwert von 4,5 Cent angestrebt. Dazu wird für jede Praxis und für jedes Quartal die Punktzahl so
begrenzt, dass unter Zugrundelegung des im Bemessungszeitraum (2001/2002) erzielten Honorars eine Vergütung mit
4,5 Cent hätte erfolgen können (§ 12.4.2.b) Satz 1 HVM). Dabei wird von dem Honorar des entsprechenden
Bestquartals aus den Jahren 2001 und 2002 ausgegangen. Überschreitet die Summe der vier gewählten Quartale die
entsprechende Summe des Bestjahres, so werden die Bestquartale entsprechend quotiert (§ 12.4.2.b) Sätze 2 und 3
HVM). Die das IPZV überschreitenden Mehrleistungen werden mit 0,05 bis maximal 1 Cent vergütet. Zur Sicherung
des Zielpunktwertes und zur Finanzierung der Vergütung für Mehrleistungen wird die Punktzahl in den Startquartalen
um 3 % reduziert (§ 12.4.2.c) HVM). Die IPZV werden getrennt nach Kassenarten gebildet, wobei jedoch ein
Ausgleich stattfindet (vgl. § 12.4.1.a) HVM). Für die Weiterentwicklung der IPZV nach Ablauf der Startquartale (sog.
Folgequartale ab III/04) trifft § 12.4.3. HVM gesonderte Regelungen, nach denen sich die Weiterentwicklung im
Wesentlichen nach dem Maß der Überschreitung oder Unterschreitung des IPZV und nach dem Abrechnungsverhalten
der anderen Ärzte der Fachgruppe richtet. Die erreichbare Zugewinnmenge im Vergleich zu dem entsprechenden
Quartal des Vorjahres wird auf 10% der durchschnittlichen anerkannten Punktzahlanforderung je Arzt innerhalb der
Arztgruppe begrenzt. Wegen der Einzelheiten des Verteilungsverfahrens bei einer Überschreitung des IPZV wird auf §
12 HVM (Bl. 17 bis 29 VA) und dabei insbesondere auf § 12.4.3.a) a.3) HVM (Bl. 20 VA) Bezug genommen. Der HVM
enthält in § 12.4.4. Sonderregelungen für die Bildung des IPZV in den Startquartalen und in den Folgequartalen u.a. für
neu gegründete Praxen, nicht jedoch für andere unterdurchschnittlich abrechnende Praxen. Nach der Härteregelung in
§ 12.4.4.j) HVM kann der Vorstand auf Antrag in besonderen Fällen aus Sicherstellungsgründen Punktzahlvolumina
der Praxis neu festlegen, wenn besondere Umstände des Einzelfalles vorliegen. Weiter heißt es: "Hierzu zählen
insbesondere dauerhafte Veränderungen in der vertragsärztlichen Versorgung im Umfeld der Praxis." Ergänzend
enthält der HVM eine allgemeine Härteregelung in § 12.6.2., nach der der Vorstand über unbillige Härtefälle infolge der
Anwendung des HVM entscheidet. Speziell für die Bildung des IPZV in den Startquartalen sieht § 12.4.2.d) HVM vor,
dass der Vorstand auf Antrag der Praxis Veränderungen der Punktzahlvolumina festlegen kann, sofern bei der
Zugrundelegung des "Berechnungszeitraums" Ausnahmesituationen zu einer im Vergleich zu anderen Quartalen
deutlichen Verringerung der Punktzahlanforderung geführt haben.
Am 8. April 2003 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass zum 1. Januar 2003 ein weiterer Facharzt für Kiefer- und
Gesichtschirurgie in die Praxis eintreten werde, mit der sie zusammenarbeite. Dadurch sei eine Verdoppelung der
narkosepflichtigen operativen Leistungen und eine entsprechende Überschreitung des IPZV zu erwarten. Um eine
nicht hinnehmbare Abstaffelung zu vermeiden, bitte sie um eine entsprechende Regelung.
Die Beklagte berechnete getrennt für den Bereich der Primärkassen und der Ersatzkassen das IPZV der Klägerin auf
der Grundlage der Bestquartale aus den Jahren 2001 und 2002 mit der in § 12.4.2.b) Satz 3 HVM vorgesehenen
Quotierung auf das Bestjahr. Auf dieser Grundlage wurden der Klägerin Punktzahlen innerhalb des IPZV zwischen
184.002 (Quartal IV/03) und 208.162 (II/04) und damit in Höhe von etwas weniger als einem Drittel des
Fachgruppendurchschnitts zugewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 42, 43 der Verwaltungsakte sowie Bl. 62
der Gerichtsakte Bezug genommen.
Mit Honorarbescheid vom 14. Januar 2004 gewährte die Beklagte der Klägerin ein Honorar in Höhe von 8.685,34 EUR
für das Quartal III/03 (vor Abzug des Verwaltungskostenbeitrages). Dabei legte sie für die Leistungen innerhalb des
IPZV (193.631) einen Punktwert von 4,2429 Cent (Primärkassen) bzw. 4,2400 Cent (Ersatzkassen) und für die das
IPZV übersteigenden Mehrleistungen (68.844 Punkte) einen Punktwert von 0,05 Cent zugrunde. Den auf die Erhöhung
des IPZV gerichteten Antrag der Klägerin vom 8. April 2003 lehnte die Beklagte mit Bescheid ebenfalls vom 14.
Januar 2004 "als Bestandteil des Honorarbescheides" unter Bezugnahme auf die Regelung in § 12.4.3. HVM zur
Weiterentwicklung der JPZV nach Ablauf der vier Startquartale ab.
Mit Bescheid vom 20. April 2004 gewährte die Beklagte der Klägerin für das Quartal IV/03 Honorar in Höhe von
8.132,83 EUR (vor Abzug des Verwaltungskostenbeitrags). Dabei legte sie für Leistungen innerhalb des IPZV
(184.002) einen Punktwert in Höhe von 4,2068 (Primärkassen) bzw. 4,3885 (Ersatzkassen) und für die das IPZV
übersteigenden Mehrleistungen (231.813 Punkte) einen Punktwert von 0,05 Cent zugrunde.
Mit Bescheid vom 14. Juli 2004 gewährte die Beklagte der Klägerin für das Quartal I/04 ein Honorar in Höhe von
8.762,41 EUR (vor Abzug des Verwaltungskostenbeitrags) unter Zugrundelegung eines Punktwertes innerhalb des
IPZV (205.111 Punkte) von 3,9033 Cent (Primärkassen) bzw. 4,4306 Cent (Ersatzkassen). Für die das IPZV
übersteigenden Mehrleistungen (7.564 Punkte) erfolgte eine Vergütung mit einem Punktwert von 0,05 Cent.
Mit Bescheid vom 14. Oktober 2004 gewährte die Beklagte der Klägerin für das Quartal II/04 ein Honorar in Höhe von
8.973,58 EUR (vor Abzug des Verwaltungskostenbeitrags) unter Zugrundelegung eines Punktwerts von 3,9072 Cent
(Primärkassen) bzw. 4,1511 Cent (Ersatzkassen) innerhalb des IPZV (208.162 Punkte). Für die das IPZV
überschreitenden Mehrleistungen (99.318 Punkte) erfolgte eine Vergütung mit einem Punktwert von 0,05 Cent.
Gegen die Honorarbescheide für die Quartale III/03 bis II/04 einschließlich der Ablehnung des Härtefallantrages sowie
gegen den Honorarbescheid vom 13. Januar 2005 für das Quartal III/04 legte die Klägerin Widerspruch ein und machte
zur Begründung im Wesentlichen geltend, dass sie durch das IPZV daran gehindert werde, sich dem Umsatz des
Fachgruppendurchschnitts anzunähern und diesen innerhalb eines überschaubaren Zeitraums zu erreichen. Sie habe
auch keine Möglichkeit, den Umfang ihrer Praxistätigkeit zu steuern. Durch das Hinzutreten eines weiteren Arztes in
der mit ihr zusammenarbeitenden operierenden Praxis sei es zu strukturellen Veränderungen im Praxisumfeld
gekommen, die im Rahmen der Härtefallregelung zu berücksichtigen seien.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14. April 2005 wies die Beklagte die Widersprüche der Klägerin zurück und führte zur
Begründung aus: Vor dem Hintergrund der Abschaffung der Praxisbudgets ab dem 1. Juli 2003 habe sie sich zu einer
Neukonzeption der Honorarverteilung auf der Basis individueller Punktzahlvolumina für die meisten Arztgruppen
entschieden. Hintergrund der Neuregelung sei es gewesen, insbesondere vor dem Hintergrund der gedeckelten
Gesamtvergütung Hamsterradeffekten entgegenzuwirken und gleichzeitig eine kalkulierbare Honorierung anzustreben.
Dazu würden für Startquartale Ausgangswerte gebildet. Für die Folgezeit sehe der HVM Regelungen für die
Weiterentwicklung der IPZV vor. Dabei enthalte der HVM zwar keine Obergrenze des Wachstums für die einzelne
Praxis. Allerdings sei festgelegt, dass kollektiv innerhalb der Arztgruppe pro Jahr lediglich 2 % des
Gesamtpunktzahlvolumens für Wachstum der einzelnen Praxen zur Verfügung stehe. Die für Wachstum zur
Verfügung stehende Punktzahl von ca. 2 % des Fachgruppentopfes werde in der Reihenfolge der prozentualen
Überschreitung der IPZV auf die Praxen verteilt. Eine Sonderregelung für unterdurchschnittlich abrechnende Praxen,
wie die der Klägerin, die bereits länger als fünf Jahre bestehe, enthalte der HVM nicht. Allerdings böten die
Regelungen für die Weiterentwicklung der IPZV gerade kleinen Praxen eine ausreichende Entwicklungsmöglichkeit,
weil diese leichter von der Wachstumsmöglichkeit profitieren könnten. Dies habe sich für die Quartale ab III/04 auch
zugunsten der Klägerin ausgewirkt. Für das Quartal IV/04 habe sie sogar einen Punktzahlzuwachs von ca. 41 %
erzielt. Das IPZV sei nicht auf Arztgruppen begrenzt, die ihr Leistungsverhalten steuern könnten. Dies entspreche
dem anlässlich der Aufhebung der Praxisbudgets zum 1. Juli 2003 gefassten Beschluss des erweiterten
Bewertungsausschusses vom 19. Dezember 2002. Auch der Rechtsprechung des BSG lasse sich keine Vorgabe
entnehmen, nach der die individuellen Honorarkontingente nur für Praxen zulässig seien, die ihr Leistungsverhalten
steuern könnten. Dies sei vor dem Hintergrund der gedeckelten Gesamtvergütung durchaus nachvollziehbar. Der
angestrebte Zielpunktwert von 4,5 Cent für die Punktzahlvolumina innerhalb des IPZV sei leider bei den ersten
Honorarabrechnungen in den meisten Fachgruppen nicht erreicht worden. Gründe seien u.a. eine Verringerung der
Gesamtvergütung, eine Erhöhung der Zahl der Fachärzte sowie die Anwendung der Bestregelung auf Basis der
Honorare in den Jahren 2001 und 2002. Auch dem Härtefallantrag habe der Vorstand nicht entsprechen können. Der
Vorstand sei gehalten, mit Entscheidungen über die Erhöhung von Punktzahlvolumina äußerst restriktiv umzugehen,
da in der Regel jede Erhöhung der Punktzahlvolumina dazu führe, dass der Anteil der Leistungen, die aus dem Topf
der jeweiligen Fachgruppe zum Referenzpunktwert gezahlt werden müssten, zunehme. Im Ergebnis könnten derartige
Ansprüche nur durch die Umverteilung von Geldern innerhalb der Fachgruppe bedient werden, weil letztlich nur die von
den Krankenkassen zur Verfügung gestellten Gelder verteilt werden könnten. Es sei zwar nachvollziehbar, dass es
bei der Klägerin wegen des Eintretens eines weiteren Arztes in der mit ihr zusammenarbeitenden Praxis für Mund-,
Kiefer- und Gesichtschirurgie zu einer Leistungsausweitung gekommen sei. Dies könne jedoch nicht dazu führen,
dass ihr ein höheres Punktzahlvolumen zugebilligt werden könne. Es könnten nur strukturelle Veränderungen in der
vertragsärztlichen Versorgung im Umfeld der Praxis berücksichtigt werden. Hintergrund der entsprechenden Regelung
sei die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Frage struktureller Veränderungen, wenn einer Praxis
"unvermeidlich" viele Patienten zuwüchsen, weil ein anderer Arzt in der Region ausscheide oder wenn ein Wohngebiet
erweitert werde. Eine damit vergleichbare Konstellation liege hier nicht vor. Im Übrigen sei eine wesentliche
Steigerung der Fallzahl weder in der Praxis der Klägerin noch in der mit ihr kooperierenden Praxis für Mund-, Kiefer-
und Gesichtschirurgie zu erkennen.
Dagegen hat sich die Klägerin mit der am 27. April 2005 beim Sozialgericht Kiel eingegangenen Klage gewandt und
zur Begründung ausgeführt: In den streitgegenständlichen Quartalen habe sie ihre Fallzahlen im Vergleich zum
vorangegangenen Jahr abgesehen vom Quartal I/04 – gesteigert. Trotz der erheblich unterdurchschnittlichen
Honorarumsätze habe ihr die Beklagte eine Steigerung des Honorarumsatzes auf den Fachgruppendurchschnitt
verweigert. Die dem zugrunde liegenden Regelungen des HVM seien rechtswidrig. Als Anästhesistin sei sie nicht in
der Lage, den Umsatz ihrer Praxistätigkeit zu beeinflussen. Damit könne der mit dem IPZV angestrebte Zweck ¬
einer Ausweitung der Praxistätigkeit entgegenzuwirken bei ihr nicht erreicht werden. Die Beklagte sei auch nicht
aufgrund des Beschlusses des Erweiterten Bewertungsausschusses vom 19. Dezember 2002 gezwungen gewesen,
IPZV für die auf Überweisung tätigen Anästhesisten einzuführen. Schließlich seien auch die Fachgruppen der
Laborärzte und der Pathologen nicht in die Regelungen der IPZV einbezogen worden. Anästhesisten seien aufgrund
von Vereinbarungen mit den zuweisenden Operateuren verpflichtet, alle angeforderten Anästhesien durchzuführen.
Insofern unterschieden sie sich von allen anderen Arztgruppen. Der Umfang der Praxistätigkeit sei weitgehend
fremdbestimmt durch die zuweisenden Operateure. Die Folgen der Budgetierung wögen besonders schwer, weil der
Zielpunktwert von 4,5 Cent bei der Fachgruppe der Anästhesisten deutlich unterschritten worden sei. Die Regelungen
des HVM verstießen gegen die Vorgaben aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, nach denen es jedem
Vertragsarzt in effektiver Weise ermöglicht werden müsse, innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren den
durchschnittlichen Umsatz der Arztgruppe zu erreichen. Abweichend davon sehe der HVM in den Startquartalen (III/03
bis II/04) keinerlei Steigerungsmöglichkeiten im Vergleich zum Bemessungszeitraum (2001/2002) für
unterdurchschnittliche Praxen vor und auch die für Honorarabrechnungen ab dem Quartal III/04 geltenden
Wachstumsregelungen ermöglichten kein effektives Wachstum innerhalb eines überschaubaren Zeitraums von etwa
fünf Jahren. ¬In Anbe¬tracht des extrem unterdurchschnittlichen IPZV hätte wenigstens eine Anpassung im Wege der
Härtefallregelung erfolgen müssen. Das Hinzutreten eines operierenden Arztes in der mit ihr zusammenarbeitenden
Praxis stelle eine strukturelle Veränderung dar. Die vorliegende Fallkonstellation sei durchaus mit der vom
Bundessozialgericht entschiedenen Fallgestaltung bei Wegfall eines Arztes derselben Fachgruppe vergleichbar. Da
durch die veränderte Versorgungsstruktur in vermehrtem Umfang Operationen anfielen und anästhesiologisch zu
betreuen seien, müsse diesem Umstand durch die Anhebung des IPZV Rechnung getragen werden. Die Annahme der
Beklagten, dass in ihrer Praxis keine wesentlichen Fallzahlsteigerungen erkennbar seien, sei offensichtlich
unzutreffend. Tatsächlich seien Fallzahlsteigerungen gegenüber dem entsprechenden Vorquartal zwischen 18 % und
60 % eingetreten.
Die Klägerin hat beantragt,
die Honorarabrechnung für das Quartal III/03 vom 14. Januar 2004, sowie die Honorarabrechnung IV/03 vom 20. April
2004, die Honorarabrechnung für das Quartal I/04 vom 14. Juli 2004 und die Honorarabrechnung für das Quartal II/04
vom 14. Oktober 2004 und die Entscheidung über den Härtefallantrag in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
14. April 2005 zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, sie unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts
neu zu bescheiden.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die von der Klägerin geforderte Herausnahme der Fachgruppe der Anästhesisten aus der Budgetierung stehe im
Widerspruch zu den Vorgaben aus dem Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses vom 19. Dezember
2002. Bei der Entscheidung für Anästhesisten, nicht jedoch für Pathologen und Radiologen, ein IPZV einzurichten,
habe sie sich von sachgerechten Erwägungen leiten lassen. Es sei berücksichtigt worden, dass Anästhesisten auch
in der Vergangenheit dem Praxisbudget unterworfen gewesen seien. Außerdem gehörten Anästhesisten nicht zu den
Ärzten, die nach § 13 Abs. 4 Bundesmantelvertrag-Ärzte nur auf Überweisung in Anspruch genommen werden
könnten. Im Übrigen folge aus der Rechtsprechung des BSG, dass selbst Radiologen, die nur auf Überweisung tätig
seien, einer Budgetierung unterworfen werden könnten. Wegen der Verfehlung des angestrebten Zielpunktwerts von
4,5 Cent hat die Beklagte auf einen Artikel aus dem "Nordlicht aktuell" 1/2004, Seite 18 ff. Bezug genommen. Die
Bildung der IPZV verstoße weder gegen das Gebot der leistungsproportionalen Vergütung noch gegen den Grundsatz
der Honorarverteilungsgerechtigkeit. Die vorgesehenen Wachstumsmöglichkeiten seien mit der Rechtsprechung des
BSG vereinbar. Gerade kleinen Praxen werde eine ausreichende Entwicklungsmöglichkeit eröffnet, weil sie leichter
von der getroffenen Wachstumsmöglichkeit profitieren könnten. Bezogen auf die Ablehnung des Härtefallantrages sei
insbesondere darauf hinzuweisen, dass sowohl in der Praxis für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie als auch in der
Praxis der Klägerin keine wesentlichen Fallzahlsteigerungen festgestellt worden seien. Bei der von der Klägerin
angeführten Fallzahlsteigerung um bis zu 60 % im Quartal IV/03 handele es sich um ein Ausreißerquartal.
Vergleichbare Steigerungen seien in den anderen Quartalen bei Weitem nicht erreicht worden.
Soweit sich die Klägerin gegen die Honorarabrechnung für das Quartal III/04 gewandt hat, hat das Sozialgericht das
Verfahren in der mündlichen Verhandlung am 13. September 2006 abgetrennt.
Mit Urteil vom 13. September 2006 hat das Sozialgericht die Klage bezogen auf die Honorarabrechnung für die
Quartale III/03 bis II/04 abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat das Sozialgericht ausgeführt: Die im HVM
enthaltenen Regelungen zum IPZV seien grundsätzlich rechtmäßig. Die Beklagte habe damit den Vorgaben aus dem
Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses vom 19. Dezember 2002 entsprochen. Auch die Bildung der
IPZV auf der Grundlage von Abrechnungsergebnissen aus vergangenen Zeiträumen sei zulässig. Ferner sei nicht zu
beanstanden, dass die Beklagte dabei die Gruppe der Anästhesisten einbezogen habe. Die Beklagte habe ihren
Gestaltungsspielraum damit nicht überschritten. Dass die Klägerin als Anästhesistin mit Ausnahme des Bereichs der
Schmerztherapie nur auf Überweisung tätig werde, stehe dem nicht entgegen. Ein Honorartopf dürfe auch Leistungen
erfassen, die einer Mengenausweitung nicht zugänglich seien. Zudem sei zu berücksichtigen, dass die Fachgruppe
der Anästhesisten unter Geltung der Regelungen über das Praxisbudget ebenfalls einer Budgetierung unterlegen habe.
Auch die Tatsache, dass die Klägerin eine unterdurchschnittlich abrechnende Praxis betreibe, stehe der Honorierung
unter Zugrundelegung der IPZV nicht entgegen. Soweit die Klägerin Steigerungen der Fallzahlen im Zusammenhang
mit dem Hinzutreten eines weiteren Operateurs geltend mache, seien die im HVM enthaltenen Wachstumsregelungen
(§ 12.4.3. HVM) trotz der Unterdurchschnittlichkeit der Praxis der Klägerin ausreichend. Zwar bestünden im Grundsatz
Bedenken, ob die Wachstumsregelung Praxen mit unterdurchschnittlichem Umsatz ein effektives Wachstum
entsprechend den Vorgaben aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ermögliche. Darauf komme es hier
jedoch nicht an, weil die Klägerin bereits langjährig unterhalb des Fachgruppendurchschnitts in unverändertem
Ausmaß tätig gewesen sei und sich die Fallzahl auch nach dem Hinzutreten des weiteren Operateurs nicht gravierend
erhöht habe. Vielmehr sei die Fallzahl nur geringfügig und schwankend angestiegen. Bei der erheblichen Steigerung
im Quartal IV/03 handele es sich um ein Ausreißerquartal. Gleichwohl sei auch hier der Fachgruppendurchschnitt bei
Weitem nicht erreicht worden. Unter diesen Umständen seien die im HVM vorgesehenen Wachstumsregelungen als
ausreichend anzusehen. Die Klägerin sei durch die Regelung über die Weiterentwicklung des IPZV nicht in ihren
Rechten verletzt. Die Voraussetzungen für eine Erhöhung des IPZV unter dem Gesichtspunkt des Härtefalls lägen
ebenfalls nicht vor. Mit dem Hinzutreten eines weiteren Operateurs seien keine Sicherstellungsaspekte angesprochen.
Außerdem habe die Beklagte zutreffend auf die nicht wesentliche Fallzahlsteigerung abgestellt. Sie habe den ihr
eingeräumten Beurteilungsspielraum eingehalten und sich bei der Entscheidung nicht von sachfremden Erwägungen
leiten lassen.
Gegen das ihr am 9. Februar 2007 zugestellte Urteil wendet sich die Klägerin mit der am 5. März 2007 beim
Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangenen Berufung, zu deren Begründung sie vorträgt: Das
Sozialgericht habe nicht hinreichend berücksichtigt, dass sie als Anästhesistin nicht durch Modernisierung und
Umgestaltung der Praxisstruktur Einfluss auf ihre Patientenstruktur nehmen könne, sondern von dem Fallaufkommen
der zuweisenden Operateure abhängig sei. Soweit sich das Sozialgericht zur Begründung der Zulässigkeit der
Budgetierung auch für Ärzte, die auf Zuweisung tätig würden, auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 9.
Dezember 2004 (B 6 KA 44/03 R) bezogen habe, sei darauf hinzuweisen, dass es in dieser Entscheidung um die
Honorarverteilung innerhalb eines Honorarkontingents gegangen sei. Dagegen gehe es hier um die damit nicht
vergleichbare Rechtsfrage, ob es gerechtfertigt sei, abweichend vom Grundsatz der leistungsproportionalen Vergütung
auch für Anästhesisten eine Honorarverteilung auf der Grundlage eines Individualbudgets einzuführen. Die
Einbeziehung der Fachgruppe der Anästhesisten sei mit Sinn und Zweck der Honorarverteilung auf der Basis von
Individualbudgets nicht vereinbar, weil sie keinen Einfluss auf den Umfang ihrer Tätigkeit hätten. Soweit das
Sozialgericht die Rechtmäßigkeit der Einbeziehung der Fachgruppe der Anästhesisten in die Budgetierung damit
gerechtfertigt habe, dass die Fachgruppe der Anästhesisten unter Geltung der Regelungen über das Praxisbudget im
EBM-Ä ebenfalls einer Budgetierung unterlegen habe, habe das Gericht die unterschiedlichen
Budgetierungsmechanismen grundlegend verkannt. Bei dem Praxisbudget handele es sich um ein fallzahlabhängiges
Budget. Nur der Fallwert sei budgetiert gewesen. Dadurch seien Anästhesisten nur in geringerem Maße belastet
gewesen. Im Gegensatz dazu sei die Individualbudgetierung im Honorarverteilungsmaßstab der Beklagten, die das
Praxisbudget abgelöst habe, nicht fallzahlabhängig ausgestaltet. Der Berechnungsmodus führe dazu, dass bei
unveränderter Leistungsmenge ein erheblicher Teil der tatsächlichen Leistungsanforderungen (etwa 25 % im
Primärkassenbereich und 20 % im Ersatzkassenbereich) unvergütet bleibe. Im Ergebnis habe dies zur Folge, dass
Anästhesisten durch die Einführung der Individualbudgets praktisch eine Pauschalvergütung unabhängig davon
erhielten, ob sie ihren Leistungsumfang senkten oder erhöhten. Ferner sei die Regelung über die
Wachstumsmöglichkeiten (§ 12.4.3. HVM) rechtswidrig, und entgegen der Auffassung des Sozialgerichts werde sie
durch diese Regelung in ihren Rechten verletzt. Das gelte jedenfalls für das Quartal III/04. Rechtswidrig sei das
Fehlen jeder Steigerungsmöglichkeiten in den hier streitigen "Startquartalen" III/03 bis II/04. Dies widerspreche der
Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, nach der umsatzmäßig unterdurchschnittlich abrechnende Praxen die
Möglichkeit haben müssten, durch Erhöhung der Zahl der von ihnen behandelten Patienten den durchschnittlichen
Umsatz der Arztgruppe in absehbarer Zeit zu erreichen. Für die Startquartale werde nicht nur eine Honorarsteigerung
ausgeschlossen, sondern darüber hinaus ein Abschlag in Höhe von 3 % vorgenommen. Hinzu komme, dass der
vorgesehene Referenzpunktwert in Höhe von 4,5 Cent in den Startquartalen deutlich unterschritten worden sei. Indem
der HVM unterdurchschnittlich abrechnende Praxen mit überdurchschnittlich abrechnenden Praxen bei der Möglichkeit
der Honorarsteigerung gleichstelle, widerspreche er der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Eine
Einschränkung des Grundsatzes der leistungsproportionalen Vergütung sei nach dieser Rechtsprechung erst
gerechtfertigt, wenn die Praxis den Fachgruppendurchschnitt erreicht habe. Die in § 12.4.3. HVM vorgesehene
Steigerungsmöglichkeit sei nicht geeignet, unterdurchschnittliche Praxen in dem vom Bundessozialgericht geforderten
Umfang zu privilegieren und ihnen eine effektive Annäherung an den Fachgruppendurchschnitt zu ermöglichen. Nach
der getroffenen Regelung im HVM hänge das mögliche Wachstum weniger von dem Leistungsverhalten der einzelnen
Praxis als vielmehr vom Abrechnungsverhalten anderer Praxen ab. Von der dort geregelten "Umverteilungs-Lotterie"
profitierten in erheblichem Umfang überdurchschnittlich abrechnende Praxen. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen,
dass eine Wachstumsmöglichkeit in Zukunft nur durch Erbringung zusätzlicher Leistungen erreichbar sei, die jedoch
zunächst nicht vergütet würden, sondern umgekehrt Kosten verursachten. Damit werde unterdurchschnittlich
abrechnenden Praxen zugemutet, zusätzliche Leistungen auf eigene Kosten im Hinblick auf einen ungewissen
Honorarzuwachs im entsprechenden Quartal des Folgejahres zu erbringen. Unter diesen Umständen sei eine effektive
Steigerung nicht möglich. Zu Unrecht habe die Beklagte den Härtefallantrag abgelehnt. Durch das Hinzutreten eines
weiteren zuweisenden Arztes in ihrem Einzugsgebiet sei es zu einer strukturellen Veränderung mit kontinuierlichen
Mehrleistungen gekommen. Sie habe es nicht in der Hand, in welchem Umfang ihre Dienstleistung als Anästhesistin
in Anspruch genommen werde. Insofern bestehe eine Vergleichbarkeit mit der in der Rechtsprechung des
Bundessozialgerichts angesprochenen Fallzahlsteigerung aufgrund der Schließung einer Nachbarpraxis.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 13. September 2006 aufzuheben und den Honorarbescheid für das Quartal
III/2003 einschließlich der Entscheidung über den Härtefallantrag vom 14. Januar 2004, den Honorarbescheid für das
Quartal IV/2003 vom 20. April 2004, den Honorarbescheid für das Quartal I/2004 vom 14. Juli 2004 und den
Honorarbescheid für das Quartal II/2004 vom 14. Oktober 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14.
April 2005 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, sie unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu
zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Rechtsprechung des BSG sei eindeutig zu entnehmen, dass auch Arztgruppen, die überwiegend oder sogar
ausschließlich auf Überweisung tätig sind, einer Budgetierung unterworfen werden dürften. Soweit die Klägerin die
Wachstumsregelung in § 12.4.3. HVM beanstande, sei darauf hinzuweisen, dass diese in den hier streitigen Quartalen
noch nicht unmittelbar zur Anwendung gelangt sei, sondern sich erst in den Folgequartalen auswirke. Gleichwohl sei
vorsorglich darauf hinzuweisen, dass die vorgesehene Regelung für bisher unterdurchschnittliche Praxen nicht nur
eine hypothetische Möglichkeit, sondern eine vom Einsatz des betroffenen Arztes abhängige, realistisch zu
erreichende Entwicklungsperspektive biete. Zwar könnten kleine Praxen nicht mit jeder Mehrleistung ihren Umsatz
entsprechend erhöhen. Die Auswertung der bisherigen Entwicklung zeige aber, dass gerade unterdurchschnittliche
Praxen von der in § 12.4.3. HVM geregelten Möglichkeit zur Weiterentwicklung der IPZV profitierten. Das
Sozialgericht sei im Übrigen zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin durch die Wachstumsregelung nicht in
ihren Rechten verletzt sei.
Die die Klägerin betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten zur Honorarabrechnung für die streitgegenständlichen
Quartale haben dem Senat vorgelegen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf diese sowie auf die Prozessakte Bezug
genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Die angefochtenen Honorarbescheide für die Quartale III/03
bis II/04 sowie die Ablehnung des Härtefallantrages durch die Beklagte sind nicht zu beanstanden. Das Sozialgericht
hat die Klage deshalb zu Recht abgewiesen.
Rechtsgrundlage für den Honoraranspruch der Klägerin und auch für Regelungen über Honorarbeschränkungen ist § 85
Abs. 4 SGB V. Nach § 85 Abs. 4 Satz 1 SGB V verteilt die Kassenärztliche Vereinigung die Gesamtvergütungen an
die Vertragsärzte; in der vertragsärztlichen Versorgung verteilt sie die Gesamtvergütungen getrennt für die Bereiche
der hausärztlichen und der fachärztlichen Versorgung (§ 73). Nach Satz 2 der Vorschrift in der Fassung durch Gesetz
vom 22. Dezember 1999 (BGBl. I S. 2626) wendet die Kassenärztliche Vereinigung dabei den im Benehmen mit den
Verbänden der Krankenkassen festgesetzten Verteilungsmaßstab an. Nach § 85 Abs. 4 Satz 2 SGB V in der
Neufassung durch Gesetz vom 14. November 2003 (BGBl. I S. 2190) wendet die Kassenärztliche Vereinigung ab dem
1. Juli 2004 den mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen erstmalig bis
zum 30. April 2004 gemeinsam und einheitlich zu vereinbarenden Verteilungsmaßstab an; für die Vergütung der im I.
und II. Quartal 2004 erbrachten vertragsärztlichen Leistungen wird der am 31. Dezember 2003 geltende
Honorarverteilungsmaßstab angewandt. Grundlage für die Honorarverteilung ist demnach für alle streitigen Quartale
der seit dem 1. Juli 2003 geltende HVM der Beklagten.
Bei der Ausgestaltung des HVM haben die Kassenärztlichen Vereinigungen einen Gestaltungsspielraum, weil die
Honorarverteilung eine in der Rechtsform einer Norm, nämlich einer Satzung, ergehende Maßnahme der
Selbstverwaltung ist. Zu beachten ist dabei insbesondere das in § 85 Abs. 4 Satz 3 SGB V angesprochene Gebot der
leistungsproportionalen Verteilung des Honorars sowie der aus Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1
Grundgesetz (GG) herzuleitende Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit. Bei dem Gebot der
leistungsproportionalen Vergütung handelt es sich allerdings nur um einen Grundsatz, von dem abgewichen werden
darf, wenn die Kassenärztliche Vereinigung damit andere billigenswerte Ziele verfolgt. Solche anerkennenswerten
Zielsetzungen können in einer Stabilisierung des Auszahlungspunktwertes durch die Begrenzung des Anstiegs der zu
vergütenden Leistungsmenge liegen, weil auf diese Weise die Vertragsärzte einen Teil des vertragsärztlichen
Honorars sicherer kalkulieren können (vgl. BSG, Urt. v. 10. März 2004 – B 6 KA 3/03 R, BSGE 92, 233 = SozR 4-
2500 § 85 Nr. 9; BSG, Urt. v. 10. De¬zember 2003 – B 6 KA 54/02 R, BSGE 92, 10 = SozR 4-2500 § 85 Nr. 5).
Die Bildung von Individualbudgets, die nach Abrechnungsergebnissen des Arztes aus vergangenen Zeiträumen
bemessen werden, ist nicht zu beanstanden, auch wenn sie dessen gesamtes Leistungsvolumen umfassen (ständige
Rechtsprechung, vgl. BSG, Urt. v. 8. Februar 2006 – B 6 KA 25/05 R, BSGE 96, 53 = SozR 4-2500 § 85 Nr. 23, juris
Rz. 23; BSG, Urt. v. 9. Dezember 2004 – B 6 KA 44/03 R, BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr. 2 m.w.N.). Die
Bildung eines Individualbudgets ist ebenso zulässig wie Fallwertgrenzen oder auch Fallzahlgrenzen (vgl. BSG, Urt. v.
10. Dezember 2003 – B 6 KA 54/02 R, a.a.O.). Bei einer solchen Budgetierung handelt es sich um eine zulässige
Maßnahme, um dem sog. "Hamsterradeffekt" entgegenzuwirken. Genau dieses Ziel hat die Beklagte mit der
Einführung der IPZV verfolgt (vgl. dazu Ennenbach, Nordlicht 4/2003, Seite 12; derselbe in Nordlicht 1/2004 Seite 18).
Im vorliegenden Fall ist zur Erreichung dieses Ziels ein zwar nicht fester, aber von Mengenausweitungen nur in
geringerem Maße beeinflussbarer Punktwert für Leistungen innerhalb des IPZV gebildet worden mit der Folge, dass
für die darüber hinausgehende Leistungsmenge eine niedrige Restvergütung zur Verfügung steht. Dass für die
übersteigenden Leistungen nur eine sehr geringe Vergütung mit einem Punktwert von 0,05 Cent gezahlt wird, weil der
ganz überwiegende Teil des Gesamtvergütungsvolumens für die Honorierung von Leistungen innerhalb des IPZV
verwandt wird, ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Nach ständiger Rechtsprechung kann die Restvergütungsquote
sogar auf Null absinken, so dass auf eine Restvergütung gänzlich verzichtet werden kann (BSG, Urt. v. 8. Februar
2006 B 6 KA 25/05 R, a.a.O., juris Rz. 31 m.w.N.).
Dagegen kann entgegen der Auffassung der Klägerin nicht eingewandt werden, dass die Quotierung eine
ungerechtfertigte Reduzierung der zu vergütenden Punkte bewirke. Es trifft zwar zu, dass die in § 12.4.2.b) HVM für
die Startquartale vorgesehene Bildung der Punktzahlobergrenze auf der Grundlage eines Punktwerts von 4,5 Cent zu
einer Reduzierung der Punktzahl führt, soweit das in den Bemessungsquartalen (2001 und 2002) erzielte Honorar –
wie vorliegend der Fall – auf der Grundlage eines niedrigeren Punktwerts als 4,5 Cent berechnet worden ist. Bei im
Grundsatz gleichem Vergütungsvolumen muss die Punktzahl in der gleichen Prozentualität sinken, mit der der
Punktwert angehoben wird. Im Ergebnis wirkt sich dies jedoch bei unveränderter Punktzahl nicht auf die Höhe der
Vergütung des einzelnen Arztes aus. Deshalb kann auch nicht mit Erfolg eingewandt werden, es bleibe ein Teil der
durch ärztliche Tätigkeit erarbeiteten Punkte unvergütet. Die Einführung von Honorarobergrenzen bedeutet nicht, dass
für einzelne Leistungen keine Vergütung gewährt wird. Für das Honorarvolumen macht es keinen Unterschied, ob
einer größeren Punktzahl ein entsprechend niedrigerer Punktwert oder nach durchgeführter "Quotierung" – einer
geringeren Punktzahl ein entsprechend erhöhter Punktwert zugeordnet wird (BSG, Urt. v. 10. Dezember 2003 – B 6
KA 54/02 R, a.a.O.).
Die Beklagte war auch nicht gehalten, die Gruppe der Anästhesisten generell aus der Budgetierung in Gestalt von
IPZV auszunehmen. Dies folgt bereits aus dem Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses vom 19.
Dezember 2002 (Deutsches Ärzteblatt 2003, A-218). Im Zusammenhang mit der Streichung der Bestimmungen zum
Praxisbudget mit Wirkung zum 1. Juli 2003 (Teil A des Beschlusses) ist den Kassenärztlichen Vereinigungen mit
diesem Beschluss (Teil B) aufgegeben worden, die Gesamtvergütung in der Weise zu verteilen, dass der zum
Zeitpunkt der Auszahlung ohne Quotierung oder Abstaffelung anerkannte Leistungsbedarf in Punkten aller
abrechnenden Vertragsärzte je Arztgruppe im dritten und vierten Quartal 2003 den anerkannten Leistungsbedarf aller
abrechnenden Vertragsärzte je Arztgruppe des dritten und vierten Quartals 2002 nicht mehr als 5 % überschreitet. Ob
sich diese Vorgaben allein auf die Arztgruppen beziehen, die bis zum 30. Juni 2003 dem Praxisbudget unterworfen
waren, oder auf alle Arztgruppen, kann im vorliegenden Zusammenhang dahingestellt bleiben, weil das Praxisbudget
jedenfalls für die Arztgruppe der Anästhesisten galt und für diese Arztgruppe deshalb für die Quartale III/03 und IV/03
Maßnahmen zur Begrenzung des Leistungsbedarfs verbindlich vorgeschrieben werden. Die Vorgaben aus dem
Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses vom 19. Dezember 2002 sind für die Beklagte verbindlich (vgl.
zur sog. Praxisbudgetvereinbarung zum 1. Juli 1997, Deutsches Ärzteblatt 1997, A 403; BSG, Urt. v. 13. März 2002 –
B 6 KA 48/00 R, SozR 3-2500 § 85 Nr. 44, juris Rz. 18).
Ebenfalls nicht zu beanstanden ist, dass von dem IPZV auch Leistungen umfasst sind, die zu einem maßgeblichen
Teil auf Überweisung erbracht werden (ständige Rechtsprechung, vgl. BSG, Urt. v. 10. März 2004 B 6 KA 13/03 R,
SozR 4-2500 § 85 Nr. 10, juris Rz. 23 m.w.N.). In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass nach der
Rechtsprechung des BSG selbst Arztgruppen, die ausschließlich auf Überweisung in Anspruch genommen werden
können, einer individuellen Budgetierung im HVM unterworfen werden dürfen (BSG, Urt. v. 9. Dezember 2004 – B 6
KA 44/03 R, a.a.O., juris Rz. 66, 69).
Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung im Vergleich zu anderen
Arztgruppen wie der der Radiologen berufen, für die der HVM der Beklagten keine Budgetierung in der Form von IPZV
vorsieht. Nach ständiger Rechtsprechung ist der Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit verletzt, wenn vom
Prinzip der gleichmäßigen Vergütung abgewichen wird, obwohl zwischen den betroffenen Ärzten bzw. Arztgruppen
keine Unterschiede von solcher Art und von solchem Gewicht bestehen, dass eine ungleiche Behandlung
gerechtfertigt ist (vgl. BSG, Urt. v. 21. Oktober 1998 – B 6 KA 71/97 R, BSGE 83, 52 = SozR 3-2500 § 85 Nr. 28
m.w.N.). In diesem Zusammenhang ist zunächst darauf hinzuweisen, dass in den hier streitgegenständlichen
Quartalen auch für die Gruppe der Radiologen Honorarkontingente in Form von Arztgruppentöpfen gebildet wurden, die
eine Begrenzung der Vergütung bewirken. Lediglich der Mechanismus der Begrenzung ist ein anderer. Weil keine dem
IPZV entsprechenden Regelungen zur Begrenzung der durch den einzelnen Arzt abrechenbaren Punkte getroffen
wurden, führen Punktzahlsteigerungen zu einer entsprechenden Absenkung von Punktwerten. Der Nachteil, der aus
Sicht von Anästhesisten in der Begrenzung der abrechenbaren Punkte liegt, wird durch entsprechend höhere
Punktwerte kompensiert. Im Übrigen bestehen zwischen Anästhesisten und Arztgruppen, die den Regelungen über
IPZV nicht unterworfen worden sind, Unterschiede, die eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Die Beklagte
hat bereits im Klageverfahren zutreffend darauf hingewiesen, dass Radiologen im Gegensatz zu den Anästhesisten zu
den Ärzten gehören, die nach § 13 Abs. 4 Bundesmantelvertrag-Ärzte im Grundsatz ausschließlich auf Überweisung
in Anspruch genommen werden können. Eine unterschiedliche Behandlung von Radiologen und Anästhesisten ist
auch deshalb gerechtfertigt, weil mit der Einführung der IPZV die bereits im EBM-Ä geregelte Budgetierung in Gestalt
von Praxisbudgets fortgeführt worden ist. Dass die Praxisbudgets nicht für alle Arztgruppen gleichermaßen galten, hat
das BSG ausdrücklich gebilligt (BSG, Urt. v. 9. Dezember 2004 – B 6 KA 44/03 R, a.a.O., juris Rz. 94, 95). Da
Anästhesisten im Gegensatz zu Radiologen den Praxisbudgets unterworfen waren, erscheint es naheliegend, diese
Differenzierung nach Fortfall der Praxisbudgets in Ausführung des Beschlusses des Erweiterten
Bewertungsausschusses vom 19. Dezember 2002 im HVM fortzuführen. Jedenfalls hat die Beklagte damit den ihr
zukommenden Gestaltungsspielraum nicht überschritten. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang geltend
macht, dass das Praxisbudget, dem sie bis zum Quartal II/03 unterworfen war, lediglich den Fallwert begrenzt und
fallzahlabhängige Erhöhungen in der Vergütung nicht ausgeschlossen habe, so trifft dies zu. Allerdings durfte das
Praxisbudget nach ständiger Rechtsprechung des BSG mit Regelungen im HVM zu Fallzahlbegrenzungen kombiniert
werden und auch in der Zeit vor Einführung der Praxisbudgets im EBM-Ä war die Bildung individueller Budgets im
HVM nach ständiger Rechtsprechung zulässig (vgl. BSG, Urteil vom 22. Juni 2005 – B 6 KA 80/03 R, SozR 4-2500 §
87 Nr. 10, juris Rz. 33 m.w.N.).
Die Klägerin hat auch aufgrund der Tatsache, dass es sich um eine kleine Praxis mit unterdurchschnittlichem
Honorarvolumen handelt, keinen Anspruch darauf, von einer Begrenzung der Honorarsteigerung ausgenommen zu
werden. Entsprechende Anforderungen bestehen lediglich für sog. Anfängerpraxen in der Aufbauphase (BSG, Urt. v.
10. März 2004 B 6 KA 3/03 R, a.a.O.; BSG, Urt. v. 10. März 2004 – B 6 KA 13/03 R, a.a.O.). Die bereits im
November 1992 als Anästhesistin zugelassene Klägerin hatte die nach § 12.4.4.a) HVM auf höchstens fünf Jahre
bemessene Aufbauphase zum Zeitpunkt der Einführung der IPZV seit langem abgeschlossen. Daher ist es zulässig,
das Honorarwachstum der Praxis der Klägerin zu beschränken, obwohl sie den Fachgruppendurchschnitt
unterschritten hat. Allerdings ist zu verlangen, dass der HVM Wachstumsraten in einer Größenordnung zulässt, die es
einer Praxis mit unterdurchschnittlichem Umsatz noch gestattet, den durchschnittlichen Umsatz in absehbarer Zeit zu
erreichen. Als absehbar wird in diesem Zusammenhang ein Zeitraum von fünf Jahren angesehen (BSG, Urt. v. 10.
März 2004 – B 6 KA 3/03 R, a.a.O.; BSG, Urt. v. 10. Dezember 2003 – B 6 KA 54/02 R, a.a.O., juris Rz. 27). Der
Senat geht davon aus, dass die hier maßgebenden Regelungen über die Bildung eines IPZV für die Startquartale ein
effektives Wachstum nicht ermöglichen. Zwar wird eine Erhöhung des Honorarvolumens durch die Anknüpfung an die
sog. Bestquartale der Jahre 2001 und 2002 nicht von vornherein ausgeschlossen. Bei der Anknüpfung an
Bestquartale handelt es sich aber nur um einen von mehreren Berechnungsfaktoren. Die Erhöhung dieses Faktors
knüpft auch nicht an ein Wachstum der Praxis in den Startquartalen oder den Folgequartalen an. Die Möglichkeit von
der Bestquartalsregelung in den Startquartalen zu profitieren, besteht unabhängig von einer Erhöhung oder Absenkung
der in den Startquartalen abgerechneten Punktzahlen. Der Sichtweise der Beklagten, nach der ein "Wachstum" auch
in den sog. Startquartalen möglich ist, steht schließlich entgegen, dass die Begünstigung durch die
Bestquartalsregelung von allen Ärzten und somit auch von den unterdurchschnittlich abrechnenden Praxen wie die der
Klägerin über den Abschlag in Höhe von 3 % nach § 12.4.2.c) HVM und über die Unterschreitung des Zielpunktwerts
von 4,5 Cent "finanziert" worden ist (vgl. Ennenbach in Nordlicht 1/2004, S. 18 ff., 19). Da die das IPZV
übersteigenden sog. Mehrleistungen in den hier maßgebenden Quartalen lediglich mit einem Punktwert von 0,05 Cent
vergütet werden, kann über die Erbringung von Mehrleistungen ebenfalls keine effektive Steigerung des
Honorarvolumens erreicht werden. Im Übrigen werden - wie § 12.4.2.c) Satz 2 HVM klarstellt auch die Kosten für
Mehrleistungen aus dem Abschlag von 3 % gedeckt.
Gleichwohl ist der HVM der Beklagten bezogen auf die Vergütung für die sog. Startquartale (III/03 bis II/04) nach
Auffassung des Senats rechtmäßig. Der Beklagten kann es im Rahmen des ihr zukommenden Gestaltungsspielraums
nicht verwehrt werden, bei der erstmaligen Einführung von IPZV zunächst Startquartale zu bilden, auf deren
Grundlage sich die Weiterentwicklung der IPZV vollzieht. In diesem Fall kann nicht verlangt werden, dass ein
Wachstum bereits in den vier Startquartalen ermöglicht wird.
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist allein die Vergütung für die sog. Startquartale III/03 bis II/04. Für die
Bildung der Startquartale trifft der HVM in § 12.4.2. eigenständige Regelungen, die nicht im unmittelbaren
Zusammenhang mit den Regelungen über die Weiterentwicklung der IPZV (§ 12.4.3. HVM) in der Zeit ab dem Quartal
III/04 stehen. Zwar wird bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit der für die Folgequartale ab III/04 getroffenen Regelungen
zur Weiterentwicklung der IPZV im Zusammenhang mit der Frage, ob eine effektive Steigerung innerhalb eines
überschaubaren Zeitraums ermöglicht wird, zu berücksichtigen sein, dass in den vier Startquartalen keine effektive
Steigerung des IPZV möglich war. Für die Vergütung in den Startquartalen hat die für die Folgequartale getroffene
Regelung aber noch keine unmittelbare Bedeutung, so dass deren Rechtmäßigkeit im vorliegenden Zusammenhang
auch nicht zu prüfen war. Regelungen des Honorarverteilungsmaßstabes sind lediglich inzident im Rahmen der gegen
den Honorarbescheid gerichteten Klage zu prüfen, soweit sie im Einzelfall Anwendung gefunden haben. Eine
abstrakte Prüfung von Normen des Honorarverteilungsmaßstabes ist dagegen nicht möglich. Im sozialgerichtlichen
Verfahren ist eine Normenkontrollklage nicht vorgesehen. Das hat zur Folge, dass untergesetzliche
Rechtsvorschriften wie die Bestimmungen in § 12.4.3. HVM grundsätzlich nicht losgelöst von einem konkreten
Sachverhalt zur gerichtlichen Überprüfung gestellt werden können (vgl. BSG, Urt. v. 25. August 1999 – B 6 KA 34/98
R, SozR 3-2500 § 85 Nr. 32; BSG, Urt. v. 10. März 2004 – B 6 KA 13/03 R, SozR 4-2500 § 85 Nr. 10, juris Rz. 25
m.w.N.).
Auch die Ablehnung des Härtefallantrags ist nicht zu beanstanden. Die in § 12.4.2.d) HVM beschriebene
Ausnahmesituation (besonders geringe Punktzahlanforderung gerade in den Bemessungsquartalen der Jahre 2001
und 2002) liegt bei der Klägerin nicht vor, weil ihr Honorar auch in den vorangegangenen Quartalen nicht deutlich höher
war als in den Bemessungsquartalen. Der HVM der Beklagten enthält darüber hinaus hinsichtlich der
Mengenzuwachsbegrenzung eine Härteregelung in § 12.4.4.j) HVM. Danach kann der Vorstand in begründeten Fällen
aus Sicherstellungsgründen Punktzahlvolumina der Praxis neu festlegen, wenn besondere Umstände des Einzelfalles
vorliegen. Hierzu zählen insbesondere dauerhafte Veränderungen in der vertragsärztlichen Versorgung im Umfeld der
Praxis. Ergänzt wird diese Härtefallregelung durch eine allgemeine Härtefallregelung in § 12.6.2. HVM, nach der der
Vorstand über unbillige Härtefälle infolge der Anwendung dieses HVM auf Antrag entscheidet. Damit wird den in der
Rechtsprechung entwickelten Anforderungen an das Vorliegen einer General- bzw. Härteregelung ausreichend
Rechnung getragen (vgl. dazu BSG, Urt. v. 21. Oktober 1998 – B 6 KA 65/97 R, SozR 3-2500 § 85 Nr. 27 Rz. 23 und
B 6 KA 71/97 R, a.a.O., juris Rz. 29; BSG, Urt. v. 10. März 2004 – B 6 KA 3/03 R, a.a.O., juris Rz. 29; BSG, Urt. v.
22. Juni 2005 – B 6 KA 80/03 R, a.a.O., juris Rz. 41 ff.).
Wegen des Ermessensspielraums der Beklagten beschränkt sich die gerichtliche Kontrolle darauf, ob der
Entscheidung ein richtig und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde liegt, ob die Grenzen des Ermessens
eingehalten worden sind und ob die angestellten Ermessenserwägungen so hinreichend in der Begründung der
Entscheidung verdeutlicht wurden, dass die zutreffende Anwendung der Maßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist.
Dabei sind die Gerichte nicht darauf beschränkt, nur die Gründe in der Form zu würdigen, wie sie gemäß § 35 Abs. 1
Satz 3 SGB X in der schriftlichen Begründung der Bescheide ihren Niederschlag gefunden haben. Jedenfalls dann,
wenn die bei Erlass der Bescheide von der Behörde tatsächlich angestellten Erwägungen lediglich unvollständig oder
unklar in der Begründung wiedergegeben worden sind, können sie auch noch im Laufe des anschließenden
Gerichtsverfahrens in den Tatsacheninstanzen präzisiert oder ergänzt werden (vgl. BSG, Urt. v. 22. Juni 2005 – B 6
KA 80/03 R, a.a.O., juris Rz. 45 m.w.N.).
Ermessensfehler, die danach zur Rechtswidrigkeit der Härtefallentscheidung führen, sind nicht zu erkennen. Die
Beklagte hat ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Härtefallregelung ausgeübt. Deren Funktion besteht darin, in
atypischen Einzelfällen unbillige Belastungen einer generell gerechtfertigten Regelung zu verhindern (BSG, Urt. v. 22.
Juni 2006 - B 6 KA 80/03 R, a.a.O., juris Rz 46). Die Beklagte durfte unter diesen Umständen bei der Entscheidung
über den Härtefallantrag berücksichtigen, dass die damit bewirkte Erhöhung der zum Referenzpunktwert
abrechenbaren Punktzahl zu einer Absenkung des Referenzpunktwerts führt und damit zu Lasten der anderen Ärzte
der Arztgruppe geht. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte bei der Entscheidung über den Härtefallantrag
auch Fragen der Sicherstellung berücksichtigt (vgl. dazu das Urteil des Senats ebenfalls vom 13. November 2007
zum Az.: L 4 KA 9/07) hat. Weder dem Vorbringen der Klägerin noch den übrigen Umständen sind konkrete
Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass eine Erhöhung des IPZV der Klägerin zur Sicherstellung der Versorgung
erforderlich wäre. Die Tatsache, dass die Klägerin mit einer bestimmten Arztpraxis zusammenarbeitet, die die Zahl
der Operationen mit Anästhesien erhöht und dass aus diesem Grunde Leistungssteigerungen entstehen, könnte nur
den Schluss auf eine Gefährdung der Sicherstellung zulassen, wenn keine anderen Anästhesisten zur Verfügung
stünden, die in der Lage wären, entsprechende Leistungen zu übernehmen. Dazu ist dem Vorbringen der Klägerin
nichts zu entnehmen. Soweit die Klägerin sinngemäß geltend gemacht hat, aufgrund von vertraglichen Bindungen
nicht in der Lage zu sein, den Umfang ihrer Tätigkeit der Höhe des IPZV anzupassen, so ist damit ebenfalls nicht eine
Frage der Sicherstellung der Versorgung angesprochen. Entscheidend ist jedoch, dass die Klägerin zur Begründung
ihres Härtefallantrags einen Anstieg der Anästhesien auf das Doppelte durch den Eintritt eines weiteren Arztes zum
Beginn des Jahres 2003 in die chirurgische Praxis geltend gemacht hat und dass ein solcher Anstieg bei Weitem
nicht eingetreten ist. Die Fallzahl der Klägerin ist im Vergleich zu den Basisquartalen der Jahre 2001 und 2002
(Durchschnitt der acht Quartale: 92,375) mit dem Quartal I/03 sogar zunächst erheblich auf 68 gesunken, um nach
einem zunächst leichteren Anstieg (Quartal II/03: 114, Quartal III/03: 102) einen deutlich höheren Wert (145)
ausschließlich im Quartal IV/03 zu ereichen, der zunächst wieder auf das Niveau der Basisquartale abfällt (I/04: 93)
und im Quartal II/04 auf 112 ansteigt. Wegen der Einzelheiten zur Fallzahlentwicklung wird auf Blatt 61 der
Gerichtsakte verwiesen.
Da die von der Klägerin zur Begründung ihres Härtefallantrags angeführte Fallzahlsteigerung bei Weitem nicht
eingetreten ist, können insoweit auch keine hohen Anforderungen an die Begründung des ablehnenden Bescheides
gestellt werden. Zwar enthält der Ausgangsbescheid vom 14. Januar 2004 sowie das in Bezug genommene Schreiben
vom 9. Juli 2003 praktisch überhaupt keine auf den Einzelfall bezogene Begründung der Härtefallentscheidung, jedoch
entspricht die Begründung im angefochtenen Widerspruchsbescheid noch den im vorliegenden Zusammenhang zu
stellenden Anforderungen. Allerdings ist die Begründung des Widerspruchsbescheides insofern missverständlich
formuliert, als ausgeführt wird, dass zu der vorliegenden Fallgestaltung noch keine Rechtsprechung des BSG vorliege
und dass deshalb der von der Klägerin geltend gemachte Umstand - der Eintritt eines weiteren Arztes in die
zuweisende Praxis keine Berücksichtigung finden könne. Allein darin läge ersichtlich keine ausreichende Betätigung
des Ermessens, die gerade dann einsetzen muss, wenn keine Verpflichtung aufgrund einer konkreten rechtlichen
Vorgabe besteht. Immerhin wird aus der Begründung des Widerspruchsbescheides aber deutlich, dass sich die
Beklagte auch unter Berücksichtigung der eingeschränkten Gesamtvergütung an der Rechtsprechung des BSG
orientieren will, die u.a. Sicherstellungsaspekten Bedeutung für die Entscheidung über Härtefallanträge beimisst und
dass ein damit vergleichbarer Fall hier nicht vorliegt. Ferner hat die Beklagte in der Begründung des
Widerspruchsbescheides zutreffend darauf hingewiesen, dass die geltend gemachte wesentliche Fallzahlsteigerung in
der Praxis der Klägerin nicht erkennbar ist. Ergänzend hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass auch in der
kooperierenden chirurgischen Praxis H und B keine erhebliche Fallzahlsteigerung entstanden sei. Dies ist von der
Klägerin nicht in Zweifel gezogen worden. Auf die erhebliche Erhöhung der Fallzahl im Quartal IV/03 ist die Beklagte
in der Klagerwiderung eingegangen. Sie hat die Begründung des angefochtenen Widerspruchsbescheides damit in
zulässiger Weise ergänzt. Indem die Beklagte dieses Quartal als "Ausreißerquartal" qualifiziert hat, das noch nicht zu
einer Erhöhung des IPZV im Rahmen einer Härtefallenscheidung führt, hat sie die Grenzen pflichtgemäßer
Ermessensausübung nicht überschritten.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zu der Frage zugelassen, ob die
Wachstumsmöglichkeiten auch für unterdurchschnittlich abrechnende Praxen für eine begrenzte Zeit faktisch
ausgesetzt werden können, um die Vorgaben des Erweiterten Bewertungsausschusses nach dem Auslaufen der
Praxisbudgets im EBM-Ä umzusetzen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).