Urteil des LSG Schleswig-Holstein vom 13.09.2010

LSG Shs: private krankenversicherung, befreiung von der versicherungspflicht, zuschuss, schutz der menschenwürde, ärztliche behandlung, vorläufiger rechtsschutz, vag, versicherungsschutz, erlass

Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht
Beschluss vom 13.09.2010 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Itzehoe S 13 AS 139/10 ER
Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht L 6 AS 110/10 B ER
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Itzehoe vom 11. Juni 2010 wird
zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin trägt die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers im Beschwerdeverfahren.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten im Beschwerdeverfahren noch darüber, ob der Antragsteller gegen die Antragsgegnerin einen
Anspruch auf vorläufige vollständige Übernahme der Kosten für seine private Kranken- und Pflegeversicherung von
Mai bis Oktober 2010 im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens hat.
Der am 1957 geborene Antragsteller betreibt ein selbstständiges Gewerbe für Technik, Haus und Dienstleistungen. Er
ist bei der S Krankenversicherung AG privat kranken- und pflegeversichert. Der monatliche Beitrag dafür betrug im
Mai 2010 293,08 EUR (260,96 EUR Krankenversicherung und 32,12 EUR Pflegeversicherung).
Am 19. November 2009 beantragte der Antragsteller, der über kein Vermögen verfügt, bei der Antragsgegnerin wegen
schlechter Auftragslage Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweitens Buch
(SGB II), die Übernahme rückständiger Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von 1.405,63 EUR und die
Begleichung einer Arztrechnung in Höhe von 152,46 EUR.
Mit Bescheid vom 1. Februar 2010 bewilligte die Antragsgegnerin Leistungen für die Zeit vom 19. November 2009 bis
30. April 2010 in Höhe von insgesamt 1.147,83 EUR. Hierin enthalten waren der Regelsatz in Höhe von 359,00 EUR,
Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 641,50 EUR und ein Zuschuss zur privaten Kranken- und
Pflegeversicherung in Höhe von monatlich 147,33 EUR (129,54 EUR Krankenversicherung und 17,79 EUR
Pflegeversicherung). Mit Schreiben vom selben Tag teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass die
rückständigen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung und die offenen vom Antragsteller eingereichten
Arztrechnungen nicht übernahmefähig seien. Erbracht werden könnten nur die laufenden Zuschüsse zur Kranken- und
Pflegeversicherung, nicht Beitragsschulden. An Zuschüssen erhalte der Antragsteller bereits den Höchstbetrag.
Den hiergegen am 26. Februar 2010 eingelegten Widerspruch des Antragstellers, mit dem dieser die Übernahme des
tatsächlichen Monatsbeitrages zur privaten Kranken – und Pflegeversicherung und der Beitragsrückstände begehrte,
wies die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 9. April 2010 zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass
die Leistungen des nach dem SGB II zuständigen Trägers nach § 12 Abs. 1c Satz 4 Versicherungsaufsichtsgesetz
(VAG) auf den Betrag begrenzt seien, der auch für einen Bezieher von Arbeitslosengeld II in der gesetzlichen
Krankenversicherung zu tragen sei. Hiernach betrage der maximale monatliche Zuschuss in Höhe der Beiträge zur
gesetzlichen Kranken – und Pflegeversicherung 147,33 EUR. Die Zahlung eines darüber hinausgehenden Betrages
komme angesichts der eindeutigen gesetzlichen Regelung nicht in Betracht.
Mit Bescheid vom 16. April 2010 gewährte die Antragsgegnerin dem Antragsteller, dessen Gewinn aus
Gewerbebetrieb ab Mai 2010 auf monatlich 296,16 EUR geschätzt worden war, vorläufig für die Zeit vom 1. Mai bis
31. Oktober 2010 Leistungen in Höhe von 990,90 EUR monatlich (Regelsatz von 202,07 EUR wegen geschätzter
Einkommenserzielung). Auch hierin war ein Zuschuss zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von
147,33 EUR enthalten. Der Antragsteller hat gegen diesen Bescheid am 28. April 2010 Widerspruch eingelegt.
Am 11. Mai 2010 hat der Antragsteller gegen den Bescheid vom 1. Februar 2010 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 9. April 2010 Klage erhoben (S 13 AS 557/10) und am 20. Mai 2010 beim Sozialgericht
Itzehoe den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt, mit dem er die vorläufige Übernahme aller Kosten für
seine private Kranken- und Pflegeversicherung, die Übernahme von Beitragsrückständen und die Gewährung von
notwendigen Arztkosten begehrt hat. Zur Begründung hat er im Wesentlichen geltend gemacht, dass er nicht in der
Lage sei, seine Beiträge zu zahlen. Bis zur Antragstellung bei der Antragsgegnerin im November 2009 seien bereits
Beitragsrückstände in Höhe von 1.169,74 EUR für die Monate Juni bis Oktober 2009 aufgelaufen. Dies sei auch ein
Grund für die Antragstellung gewesen, da er auch den Beitrag für November 2009 nicht habe zahlen können. Es
komme zu weiteren Rückständen, die sich zurzeit auf insgesamt 1.899,59 EUR beliefen, weil die Antragsgegnerin
nicht die tatsächlichen Beiträge übernehme. Seine Krankenkasse habe bereits 2009 Arztrechnungen entweder wegen
des Beitragsrückstandes oder wegen Erreichen des Jahreshöchststandes für 2009 nicht beglichen. Er müsse im
Endeffekt zukünftig seine Arztrechnungen selbst bezahlen, was mit einem Regelsatz von 359,00 EUR nicht möglich
sei. Die Eilbedürftigkeit sei gegeben, da Arztbesuche beim Zahnarzt und Hausarzt anstünden.
Die Antragsgegnerin hat geltend gemacht, dass der Antragsteller keinen Anspruch auf Übernahme des tatsächlichen
Beitrages habe, da der Gesetzgeber mit § 12 Abs. 1c Satz 4 VAG eine eindeutige Regelung getroffen habe.
Hinsichtlich der Beitragsrückführung und der Verrechnung von Arztrechnungen habe der Antragsteller zunächst mit
seiner Krankenkasse eine Lösung zu suchen, z. B. in Form einer Ratenzahlungsvereinbarung.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 11. Juni 2010 die Antragsgegnerin verpflichtet, dem Antragsteller
ausgehend von einem Beitragssatz in Höhe von 293,08 EUR monatlich vorläufig einen weiteren Zuschuss zu den
Beiträgen seiner privaten Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 145,75 EUR monatlich für den Zeitraum 20.
Mai (Eingang der Eilanordnung) bis 31. Oktober 2010 (Ablauf des Bewilligungszeitraumes) zu gewähren. Im Übrigen
hat es den Antrag abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, dass die Prüfung der Sach- und
Rechtslage und eine Güter- und Folgenabwägung ergeben habe, dass die Antragsgegnerin zumindest die laufenden
Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für den genannten Zeitraum zu übernehmen habe. Der Anspruch des
Antragstellers ergebe sich aus einer analogen Anwendung des § 26 Abs. 2 Nr. 2 SGB II. Nach dieser Vorschrift werde
für Bezieher von Arbeitslosengeld II, die freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert seien, für die
Dauer des Leistungsbezuges der Beitrag übernommen. Für privat Krankenversicherte sehe § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB II
in Verbindung mit § 12 Abs. 1c Satz 5 und 6 VAG hingegen nur einen Zuschuss in der Höhe vor, der auch für einen
Bezieher von Arbeitslosengeld II in der gesetzlichen Krankenversicherung zu tragen sei. Diese Beschränkung des
Zuschusses auf den Betrag der in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherten Leistungsbezieher führe im
Falle des Antragstellers als privat krankenversichertem Leistungsbezieher zu einer existenzgefährdenden
Bedarfsunterdeckung in erheblichem Umfang. Das Bestehen einer solchen Bedarfsunterdeckung widerspreche jedoch
dem gesetzlichen Konzept des Krankenversicherungsrechts für SGB II – Bezieher ab 2009. Danach gelte nunmehr,
dass u. a. nicht versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung sei, wer unmittelbar vor dem Bezug
von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts privat krankenversichert gewesen sei (§ 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V).
Da die privaten Krankenversicherungen mit der Neuregelung einen bezahlbaren Basistarif im Umfang des
Leistungsangebots der gesetzlichen Krankenversicherung für Personen anbieten müssten, die privat
krankenversichert seien, werde es nach der Gesetzesbegründung nicht mehr für erforderlich gehalten,
Leistungsempfänger auch dann in die Versicherungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung einzubeziehen,
wenn sie unmittelbar vor dem Leistungsbezug privat krankenversichert gewesen seien. Der vor dem Leistungsbezug
privat krankenversicherte Antragsteller bleibe daher gemäß § 5 Abs. 5a Satz 1 SGB V privat krankenversichert und
werde nun den die gesetzlichen Beiträge übersteigenden Beitragsforderungen seiner Kasse ausgesetzt. Der
Gesetzgeber sei mit der Neuregelung davon ausgegangen, dass mit der Einführung des Basistarifs die Einbeziehung
der Personengruppe der Selbstständigen und bisher privat Krankenversicherten in die gesetzliche
Krankenversicherung nicht mehr erforderlich sei. Im Ergebnis liege jedoch wegen der Beitragsbegrenzung eine
gesetzgeberische Lücke in verfassungsrechtlichem Ausmaß vor. Eine existenzgefährdende Bedarfsunterdeckung sei
aber vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlichen Vorgabe der Sicherung des Existenzminimums nicht
hinnehmbar. Die Lücke sei über eine analoge Anwendung des § 26 Abs. 2 Nr. 2 SGB II zu schließen. § 26 Abs. 2 Nr.
2 SGB II sehe für Bezieher von Leistungen nach dem SGB II, die freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung
versichert seien, vor, dass die Beiträge für die Dauer des Leistungsbezuges übernommen würden. Hier gelte keine
betragsmäßige Begrenzung der Beitragsübernahme. Ein sachlicher Grund für die Differenzierung zwischen § 26 Abs.
2 Nr. 1 SGB II und § 26 Abs. 2 Nr. 2 SGB II sei nicht ersichtlich. Beide Personengruppen müssten mangels
Versicherungspflicht oder Familienversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung selbst für den Fall der
Krankheit vorsorgen. Gleiches gelte auch für die nicht von der Antragsgegnerin übernommenen Beiträge zur
Pflegeversicherung. Ein Anordnungsgrund liege vor, weil es dem Antragsteller nicht zuzumuten sei, eine
Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Soweit der Antragsteller darüber hinaus von der Antragsgegnerin die
Übernahme der Beitragsrückstände und die Begleichung der offenen Arztrechnungen begehre, sei sein Antrag
hingegen unbegründet und abzuweisen. Bei diesen auf die Vergangenheit bezogenen Ansprüchen fehle an einem
Anordnungsgrund.
Gegen diesen der Antragsgegnerin am 14. Juni 2010 zugestellten Beschluss richtet sich die am 14. Juni 2010 beim
Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangene Beschwerde der Antragsgegnerin. Sie macht geltend,
dass das Sozialgericht fehlerhaft davon ausgegangen sei, dass das Bestehen einer Bedarfsunterdeckung der
gesetzgeberischen Absicht widerspreche und eine analoge Anwendung des § 26 Abs. 2 Nr. 2 SGB II rechtfertige.
Dem Gesetzgeber werde vom Sozialgericht eine planwidrige Regelungslücke unterstellt, obwohl die entsprechende
Änderung des § 26 SGB II zusammen mit dem neuen SGB V und VAG im GKV-Wettbewerbsbestärkungsgesetz
erfolgt sei, der Gesetzgeber mithin erkennbar die Zusammenhänge gesehen und dennoch nicht reagiert habe. Dies
spreche eindeutig dafür, dass die Ungleichbehandlung zwischen privat und freiwillig Krankenversicherten bewusst in
Kauf genommen worden sei. Die überwiegende Rechtsprechung schließe sich dieser Auffassung auch an. Die
Kompetenz, eine eindeutige, dem Willen des Gesetzgebers entsprechende gesetzliche Regelung wegen mangelnder
Existenzsicherung zu verwerfen, habe im Übrigen nur das Bundesverfassungsgericht. Unabhängig davon sei aber
auch kein Anordnungsgrund gegeben. Das Sozialgericht leite den Anordnungsgrund aus der bestehenden
Bedarfsunterdeckung in Höhe von monatlich 145,75 EUR ab. Da es sich hierbei aber um die zu zahlenden
Krankenversicherungsbeiträge handele und der Antragsteller bei Nichtzahlung nicht den Versicherungsschutz verliere,
führe die Bedarfsunterdeckung nicht zu einer Notlage.
Der Antragsteller macht geltend, dass sich die Anspruchsgrundlage für sein Begehren bereits aus der Entscheidung
des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 9. Februar 2010 ergebe. Dort werde ausgeführt, dass es mit Art. 1
Abs. 1 Grundgesetz (GG) in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG unvereinbar sei, dass im SGB II eine Regelung fehle,
die in Sondersituationen auch einen besonderen Bedarf vorsehe. Es müsse sich hierbei um einen unabweisbaren,
laufenden, nicht nur einmaligen besonderen Bedarf handeln, mit dem die Deckung des menschenwürdigen
Existenzminimums sichergestellt werde. Dass der Krankenversicherungsschutz zu diesen Leistungen zähle, ergebe
sich schon daraus, dass das SGB II in § 26 entsprechende Beitragszuschüsse vorsehe bzw. der Leistungsbezug
nach dem SGB II zur Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Ziffer 2a SGB V führe. Ebenso wie andere
Leistungsempfänger, die die Voraussetzungen für die Pflichtversicherung erfüllten, habe auch er einen Anspruch auf
einen adäquaten Krankenversicherungsschutz, der nicht hinter dem anderer Leistungsempfänger zurückbleibe und nur
auf so genannte Notfallbehandlungen begrenzt werde. Die Antragsgegnerin dürfe ihn als Behörde, die an Recht und
Gesetz gebunden sei, auch nicht darauf verweisen, sich vertragswidrig durch Zahlung eines geringeren als den mit der
Versicherung vereinbarten Beitrag zu verhalten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf
den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten.
II.
Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist statthaft (§ 172 Sozialgerichtsgesetz – SGG -), form- und fristgerecht
eingelegt worden (§ 173 SGG) und auch im Übrigen zulässig. Die Beschwerde ist nicht durch § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG
ausgeschlossen, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,00 EUR (§ 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG) übersteigt. Die
Beteiligten streiten im Beschwerdeverfahren um einen weiteren Zuschuss zu den Beiträgen der privaten Kranken- und
Pflegeversicherung des Antragstellers für fünf Monate und 12 Tage in Höhe von 145,75 EUR monatlich, also um einen
Gesamtbetrag von 787,05 EUR.
Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat zu Recht die Antragsgegnerin im Wege des
einstweiligen Anordnungsverfahrens verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig einen weiteren Zuschuss zu seinen
Beiträgen zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 145,75 EUR monatlich für den Zeitraum vom 20.
Mai bis 31. Oktober 2010 zu gewähren.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in
Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile
notwendig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines
Anordnungsanspruchs, d. h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie das
Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d. h. die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die
Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Sowohl der Anordnungsanspruch als auch der Anordnungsgrund sind
gemäß § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) in Verbindung mit 86b Abs. 2 Satz 4 SGG glaubhaft zu machen.
Besondere Anforderungen an die Ausgestaltung des Eilverfahrens ergeben sich aus Art. 19 Abs. 4 GG, wenn ohne die
Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen
entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären. Eine solche Fallgestaltung ist
anzunehmen, wenn es – wie hier – im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes um die Sicherung des
verfassungsrechtlich garantierten Existenzminimums während eines gerichtlichen Hauptsacheverfahrens geht. Ist
während des Hauptsacheverfahrens das Existenzminimum nicht gedeckt, kann diese Beeinträchtigung nachträglich
nicht mehr ausgeglichen werden, selbst wenn die im Rechtsbehelfsverfahren erstrittenen Leistungen rückwirkend
gewährt werden. Der elementare Bedarf eines Menschen kann grundsätzlich nur in dem Augenblick befriedigt werden,
in dem er entsteht. Dieses "Gegenwärtigkeitsprinzip" ist als Teil des Bedarfsdeckungsgrundsatzes für Leistungen der
Grundsicherung inzwischen anerkannt (Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR
569/05 -, zitiert nach juris). Das Gericht hat, wenn eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage in einem
solchen Eilverfahren nicht möglich ist, anhand einer Interessen - und Folgenabwägung zu entscheiden.
Gegeneinander abzuwägen sind dabei die Folgen, die bei Erlass bzw. Ablehnung einer einstweiligen Anordnung für
den unterliegenden Beteiligten entstehen würden, jeweils unterstellt, der Erlass bzw. die Ablehnung der Anordnung
erfolgte aufgrund nachträglicher Prüfung im Hauptsacheverfahren zu Unrecht. Auch in diesem Fall sind die
grundrechtlich geschützten Belange der Antragsteller umfassend in die Abwägung einzubeziehen. Die Gerichte
müssen sich schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen (vgl. BVerfG aaO sowie Beschlüsse
vom 29. November 2007 - 1 BvR 2496/0 - und vom 25. Februar 2009 - 1 BvR 120/09 -, jeweils zitiert nach juris).
Nach diesen Maßstäben waren die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erfüllt.
Ob ein Anordnungsanspruch gegeben ist und auf welcher Rechtsgrundlage er beruht, lässt sich im einstweiligen
Rechtsschutzverfahren nicht abschließend beantworten. Der Senat hat nach seinem gegenwärtigen Erkenntnisstand
erhebliche Zweifel daran, dass der Gesetzgeber eine Ungleichbehandlung von privat und gesetzlich bzw. freiwillig
gesetzlich krankenversicherten Leistungsempfängern beabsichtigt hat. Eine Entscheidung hierüber muss wegen der
komplexen rechtlichen Problematik dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben (offen gelassen ebenso
Landessozialgericht ( LSG Berlin ) – Brandenburg, Beschluss vom 18. Januar 2010 - L 34 AS 2001/09 B ER -, zitiert
nach juris). Im Hauptsacheverfahren wird deshalb zu klären sein, ob die Vorschrift des § 26 SGB II
verfassungsgemäß ist oder nicht oder ob hier möglicherweise eine planwidrige gesetzliche Regelungslücke vorliegt,
die durch eine analoge Anwendung des § 26 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB II zu schließen wäre (vgl. zum Meinungsstand
LSG Hessen, Beschluss vom 22. März 2010 - L 9 AS 570/09 B ER m.w.N. -, zitiert nach juris). Es könnte auch sein,
dass ein Anspruch des Antragstellers – wie er geltend macht – direkt aus dem neuen vom BVerfG am 9. Februar
2010 geschaffenen Anspruch bei Vorliegen eines unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen Bedarfs oder der
jetzt in § 21 Abs. 6 SGB II eingefügten Härtefallklausel folgen kann.
Die deshalb im vorliegenden Eilverfahren notwendige Interessen- und Folgenabwägung ergibt aber zugunsten des
Antragstellers, dass die Antragsgegnerin vorläufig bis zur abschließenden Entscheidung in der Hauptsache die
Deckungslücke zwischen dem von ihr gezahlten Zuschuss zur Kranken- und Pflegeversicherung und den dem
Antragsteller tatsächlich entstehenden Kosten durch Zahlung des vom Sozialgericht festgestellten höheren
Zuschusses zu schließen hat. Denn dem Antragsteller würden im Falle einer unzutreffenden Ablehnung seines
Antrags gravierendere Nachteile entstehen als der Antragsgegnerin im Falle einer im Ergebnis unzutreffenden
Stattgabe des Antrags. Es stünde nämlich insoweit zu befürchten, dass das Existenzminimum des Antragstellers in
dem maßgeblichen Zeitraum nicht gewährleistet wäre. Diese möglicherweise längere Zeit andauernde, erhebliche
Beeinträchtigung kann nachträglich nicht mehr ausgeglichen werden. Demgegenüber sind die Nachteile für die
Antragsgegnerin deutlich weniger gravierend, sollte sich im Hauptsacheverfahren erweisen, dass die einstweilige
Anordnung zu Unrecht ergangen ist. Sollte sich nämlich ergeben, dass sie von Anfang an ganz oder teilweise
ungerechtfertigt war, ist der Antragsteller verpflichtet, der Antragsgegnerin den Schaden zu ersetzen, der ihr aus der
Vollziehung der Anordnung entsteht (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 945 ZPO).
Mit § 26 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II in der ab dem 1. Januar 2009 geltenden Fassung durch das Gesetz zur Stärkung
des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbe¬werbsstärkungsgesetz vom 26. März 2007,
BGBl. I., S. 378 ff. ( GKV – WSG )) existiert zwar eine nach dem Wortlaut einschlägige Regelung zur Übernahme von
Beiträgen zur privaten Krankenversicherung. Ihre wortgetreue Anwendung würde aber in Fällen eines privat
krankenversicherten Leistungsbeziehers wie dem Antragsteller zu einer existenzgefährdenden Bedarfsunterdeckung
führen, weil er mit einem nicht kleinen Teil seiner Beiträge belastet würde. Eine Bedarfsunterdeckung eines sich in
jeder Hinsicht rechts- und gesetzestreu verhaltenden Antragstellers verstößt aber gegen die verfassungsrechtliche
Pflicht des Staates zur Sicherstellung des Existenzminimums, die aus dem Gebot zum Schutz der Menschenwürde
in Verbindung mit dem Sozialstaatsgebot folgt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. Mai 1990 - 1 BvR 20/84 -, zitiert nach
juris). Nach den Verfassungsnormen des Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG ist der Staat
verpflichtet, dem mittellosen Bürger die Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein durch
Sozialleistungen zu sichern. Hierzu gehört auch die Sicherstellung einer ausreichenden medizinischen Versorgung
(BVerfG, Beschluss vom 31. Oktober 1984 - 1 BvR 35/82 -, BVerfGE 68/193, 209; Bundessozialgericht [BSG], Urteil
vom 22. April 2008 - 1 B KR 10/07 R -, SozR 4 2500 § 62 Nr. 6 Rn. 31), die nicht nur auf eine Notversorgung gemäß §
193 Abs. 6 Satz 6 VVG beschränkt sein darf. Was eine Notversorgung ist und welchen Umfang sie hat, ist äußerst
umstritten, wie die Rechtsprechung zu den entsprechenden Problemen aus § 4 Asylbewerberleistungsgesetz zeigt
(vgl. Marko in Rüffer/Hall¬bach/Schimikowsky, Handkommentar zum Versicherungsvertragsgesetz 2009, § 193 Rn.
38 ff. m.w.N.; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 2. Juni 2010 - L 10 AS 817/10 B ER -; SG Baden-
Württemberg, Beschluss vom 22. März 2010 - L 13 AS 919/10 ER B -; LSG Bayern, Beschluss vom 29. Januar 2010
- L 16 AS 27/10 B ER -; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10. Feb¬ruar 2010 - L 7 AS 28/10 B ER -; LSG
Berlin-Brandenburg - L 10 AS 817/10 B ER -). Eine Notversorgung gewährt auf jeden Fall aber nicht den vollen Schutz
gegen Krankheiten, sondern allenfalls gegen akute Erkrankungen und Schmerzzustände. Neben
Vorsorgeuntersuchungen und zahnärztlicher Prophylaxe ist die Behandlung chronischer (schmerzfreier) Erkrankungen
damit nicht gewährleistet.
Der Antragsteller ist mittellos und bedarf – dies ist unstreitig - der vollen Unterstützung durch Leistungen nach dem
SGB II. Er verfügt weder über einsetzbares Einkommen oder Vermögen zur Bestreiten seiner
Krankheitskostenversicherung noch hat er die Möglichkeit, sich kostengünstiger gesetzlich kranken zu versichern und
dadurch vollen Versicherungsschutz und einen den gesetzlich krankenversicherten Leistungsempfängern
entsprechenden Leistungsanspruch zu erwerben. Denn der Kläger ist als bereits vor dem 1. Januar 2009 privat
Krankenversicherter gemäß § 5 Abs. 5a Satz 1 SGB V von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen
Krankenversicherung ausgeschlossen, auch wenn er Leistungen nach dem SGB II erhält.
Bis zum 31. Dezember 2008 waren Bezieher von Arbeitslosengeld II gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V generell in der
gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert. Den pflichtversicherten Beziehern von Arbeitslosengeld II
standen (und stehen auch heute) die Leistungen nach dem SGB V in vollem Umfang zu, ohne dass sie selbst
Krankenversicherungsbeiträge zahlen müssen. Gemäß § 251 Abs. 4 SGB V trägt der Bund deren Beiträge. Von der
Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung ausgenommen waren bis zum 31. Dezember 2008
lediglich diejenigen Bezieher von Arbeitslosengeld II, die auf ihren Antrag hin, also mit ihrem ausdrücklichen Willen,
von der Versicherungspflicht befreit waren. Diese Personen erhielten gemäß § 26 Abs. 2 Satz 1 SGB II in der
Fassung des Gesetzes vom 21. März 2005 (BGBl. I., S. 818) vom zuständigen Träger der Grundsicherung für
Arbeitsuchende einen Zuschuss zu den Beiträgen, die sie für eine private Krankenversicherung zahlten. Dieser
Zuschuss war zwar auf die Höhe des Beitrags begrenzt, der ohne die Befreiung von der Versicherungspflicht in der
gesetzlichen Krankenversicherung zu zahlen gewesen wäre. Er deckte also nicht zwingend den gesamten Beitrag für
die private Krankenversicherung ab. Eine etwaige Differenz zwischen dem Zuschuss und dem Beitrag basierte aber
stets auf der eigenen Entscheidung des Hilfebedürftigen, sich von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen
Krankenversicherung befreien zu lassen. Praktisch dürften von der Möglichkeit einer Befreiung nur diejenigen
Bezieher von Arbeitslosengeld II Gebrauch gemacht haben, deren Beitrag für die private Krankenversicherung unter
oder jedenfalls nur geringfügig über der Grenze des § 26 Abs. 2 Satz 2 SGB II lag (s. auch LSG für das Saarland,
Urteil vom 14. April 2010 - L 9 AS 15/09 -, zitiert nach juris).
Seit dem 1. Januar 2009 sind die Bezieher von Arbeitslosengeld II von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen
Krankenversicherung ausgeschlossen, die unmittelbar vor dem Bezug von Arbeitslosengeld II privat
krankenversichert waren oder weder gesetzlich noch privat krankenversichert waren und zu den in § 5 Abs. 5 SGB V
oder den in § 6 Abs. 1 und 2 SGB V genannten Personen gehörten oder bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit im
Inland gehört hätten. Nur bei Personen, die bereits am 31. Dezember 2008 nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V wegen des
Bezugs von Arbeitslosengeld II versicherungspflichtig waren, setzt sich aus Gründen des Vertrauensschutzes die
Pflichtversicherung für die Dauer der Hilfebedürftigkeit fort (vgl. § 5 Abs. 5a Satz 2 SGB V in der Fassung des GKV-
WSG). Der Antragsteller war nicht gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V versicherungspflichtig. Für ihn gibt es damit nur
die Möglichkeit, sich privat kranken zu versichern. Hierzu ist er auch gesetzlich verpflichtet, weil der Gesetzgeber
durch die gesetzlichen Neuregelungen zum 1. Januar 2009 die Pflicht zur Aufrechterhaltung einer privaten Kranken-
und Pflegeversicherung festgelegt hat. Das GKV-WSG hat mit Wirkung vom 1. Januar 2009 für alle Einwohner
Deutschlands eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen oder der privaten Krankenversicherung eingeführt, um
durch gesetzliche und private Krankenversicherungen als jeweils eigene Säule für die ihnen zugewiesenen
Personenkreise einen dauerhaften und ausreichenden Versicherungsschutz gegen das Risiko der Krankheit auch in
sozialen Bedarfssituationen sicherzustellen. Hierzu wurden zahlreiche Vorschriften des SGB V, des VVG und des
VAG geändert (zum Regelungskonzept im Einzelnen BVerfG, Urteil vom 10. Juni 2009 1 BvR 706/08 -, zitiert nach
juris). Danach besteht für alle Personen, die weder gesetzlich krankenversichert sind noch einem dritten
Sicherungssystem angehören, eine Pflicht zum Abschluss zur Aufrechterhaltung einer Krankheitskostenversicherung
bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen (§ 193 Abs. 3 VVG). Entsprechendes gilt für die private
Pflegeversicherung (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch [SGB IX]).
Dem danach zur Aufrechterhaltung seiner privaten Kranken – und Pflegeversicherung gesetzlich verpflichteten
Antragsteller war und ist es auch nicht möglich, die Differenz zwischen dem ihm von der Antragsgegnerin gewährten
monatlichen Zuschuss in Höhe von 147,33 EUR und den von ihm tatsächlich zu zahlenden Beiträgen in Höhe von
insgesamt 293,08 EUR aus der Regelleistung zu bestreiten. Gemäß § 20 Abs. 1 SGB II umfasst die Regelleistung zur
Sicherung des Lebensunterhalts insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie (ohne
die auf die Heizung anfallenden Anteile), Bedarfe des täglichen Lebens sowie in vertretbarem Umfang auch
Beziehungen zur Umwelt und eine Teilnahme am kulturellen Leben. Auch Aufwendungen für die Gesundheitspflege
muss der Hilfebedürftige mit der Regelleistung bestreiten, allerdings nur in begrenztem Umfang. Der Regelleistung
zugerechnet werden im Wesentlichen diejenigen Aufwendungen, die ein Versicherter nach dem SGB V selbst tragen
muss, also z. B. Kosten für Praxisgebühr, Zuzahlungen und nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel (vgl. dazu
Spellbrink in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., § 20 Rn. 29; Däubler, NZS 2005, 225, 229). Nicht von der
Regelleistung umfasst sind hingegen die Aufwendungen für die Krankenversicherungsbeiträge (vgl. den tabellarischen
Überblick des Gesetzgebers über den zu sichernden Bedarf, BT-Drucks 15/1516, S. 55: "Pauschale Regelleistungen
jeweils zuzüglich ... die zu zahlenden Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung"). Für die Übernahme
dieser Aufwendungen hat der Gesetzgeber mit § 26 Abs. 2 SGB II und § 251 Abs. 4 SGB V eigenständige
Rechtsgrundlagen vorgesehen. Dies belegt auch eine Gegenüberstellung der in der vorliegenden Fallkonstellation
einschlägigen Beträge. Es verbliebe bei einer Zahlung der von der Antragsgegnerin nicht übernommenen Kranken- und
Pflegeversicherungsbeiträge (hier 145,75 EUR) aus der Regelleistung (hier: 359,00 EUR) lediglich noch ein Betrag von
213,25 EUR pro Monat zur Sicherung des Lebensunterhaltes. Dass dieser Betrag die verfassungsrechtliche
Untergrenze des sozialrechtlich zu sichernden Existenzminimums eines in der Bundesrepublik Deutschland lebenden
alleinstehenden Erwachsenen unterschreitet und damit das zum Lebensunterhalt Unerlässliche nicht mehr
gewährleistet ist, bedarf keiner weiteren Begründung (im Ergebnis ebenso: Landessozialgericht Niedersachsen-
Bremen, Beschluss vom 3. Dezember 2009 - L 15 AS 1048/09 B ER -; Sozialgericht (SG) Stuttgart, Beschluss vom
13. August 2009 - S 9 AS 5003/09 ER -, jeweils mit Beträgen deutlich unterhalb des Regelsatzes; zu den
verfassungsrechtlichen Untergrenzen des sozialrechtlich zu sichernden Existenzminimums BSG, Urteil vom 22. April
2009 - B 1 KR 10/07 R -, mit zahlreichen Nachweisen aus Rechtsprechung und Literatur, zitiert jeweils nach juris).
Ein Ergebnis, wonach der Antragsteller einerseits verpflichtet wird, eine Krankheitskostenversicherung abzuschließen
und aufrechtzuerhalten und ihm der Zugang zu der gesetzlichen Krankenversicherung verwehrt wird und ihm
andererseits zugemutet wird, aus der Regelleistung monatlich 145,75 EUR für seinen Krankenversicherungs- und
Pflegeversicherungsschutz zu zahlen, würde den Antragsteller in verfassungsrechtlich nicht zumutbarer Weise
belasten. Vor diesem Hintergrund ist es geboten, die Deckungslücke zwischen dem von der Antragsgegnerin
gezahlten Zuschuss zur Kranken- und Pflegeversicherung und den dem Antragsteller tatsächlich entstehenden
Kosten dadurch zu schließen, dass die Antragsgegnerin diese Kosten im vorliegenden Fall zu zahlen hat. Da die
konkreten Kosten der privaten Krankenversicherung für den Antragsteller unter dem hälftigen Basistarif liegen, braucht
hier nicht entschieden zu werden, ob der Zuschussbetrag dabei generell auf die Höhe des hälftigen Basistarifes
begrenzt (Hessisches LSG, Beschluss vom 15. De¬zember 2009 - L 6 AS 368/09 B ER -; LSG Baden-Württemberg,
Beschluss vom 16. September 2009 - L 3 AS 3934/09 ER B -; SG Stuttgart, Beschluss vom 13. August 2009 - S 9
AS 5003/09 ER -) oder immer in voller Höhe zu zahlen ist (LSG für das Saarland, Urteil vom 13. April 2010, L 9 AS
15/09; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18. Januar 2010 - L 34 AS 2001/09 B ER ; LSG Niedersachsen-
Bremen, a.a.O.; SG Chemnitz, Urteil vom 16. Juni 2010 - S 3 AS 450/10 -; SG Düsseldorf, Urteil vom 12. April 2010 -
S 29 AS 412/10 - und SG Karlsruhe, Urteil vom 10. August 2009 - S 5 AS 2121/09 -, jeweils nach juris). Der hälftige
Basistarif betrug für das Jahr 2010 290,63 EUR (§ 241 Abs. 1 SGB V i.V.m. der Verordnung zur Festlegung der
Beitragssätze in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 28. Ok¬tober 2009 (BGBl. I., S. 2109) und der
monatlichen Beitragsbemessungsgrenze von 3.750,00 EUR für das Jahr 2010 (§ 232 Abs. 1 und § 6 Abs. 7 SGB V
i.V.m. § 4 Abs. 2 der Verordnung über die Bezugsgrößen in der Sozialversicherung in der für 2010 geltenden Fassung
-BGBl. I. 2009, S. 3846)). Da der Antragsteller, der für seine private Krankenversicherung 260,96 EUR monatlich
aufzubringen hat, diesen Betrag unterschreitet, sind ihm – wie das Sozialgericht im Ergebnis zutreffend festgestellt
hat – die gesamten Kosten für die Krankenversicherung zuzüglich der Pflegeversicherung zu gewähren.
Einer Eilanordnung zugunsten des Antragstellers im Wege der Interessen – und Folgenabwägung steht schließlich
auch nicht entgegen, dass er bei Nichtzahlung der vollständigen Beiträge seinen Versicherungsschutz nicht verliert.
Gemäß § 206 Abs. 1 Satz 1 VVG ist zwar jede Kündigung einer Krankheitskostenversicherung, mit der die Pflicht
nach § 193 Abs. 3 Satz 1 VVG (also zum Abschluss einer substitutiven Krankheitskostenversicherung) erfüllt wird,
durch den Versicherer ausgeschlossen. Dem Antragsteller droht jedoch, von der ärztlichen Behandlung
ausgeschlossen zu sein, da er als Privatversicherter zunächst die ärztliche Behandlung selbst bezahlen muss und
auf den Weg der Kostenerstattung angewiesen ist. Wie er in seinem Antrag ausgeführt hat, sind ihm diesbezüglich in
der Vergangenheit bereits Probleme entstanden und ärztliche Leistungen verweigert worden. Mangels ausreichender
finanzieller Mittel ist ihm damit eine ausreichende medizinische Versorgung, die Teil des von Art. 1 Abs. 1 und Art. 20
Abs. 1 GG geschützten Existenzminimums ist, nicht möglich.
Für einen Anspruch auf Übernahme der Beiträge zur privaten Pflegeversicherung gilt dies gleichermaßen. Auch hier
sind die dem Antragsteller tatsächlich zu zahlenden Kosten von der Antragsgegnerin zu übernehmen.
Das Sozialgericht hat auch zu Recht den Zeitraum, für den die Antragsgegnerin einen weiteren Zuschuss zu den
Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung des Antragstellers in Höhe von 145,75 EUR monatlich zu erbringen
hat, mit dem 20. Mai 2010, dem Tag des Eingangs des Eilantrags beim Sozialgericht, als Beginn des Bezugsraumes
und dem 31. Oktober 2010 als dessen Ende festgestellt; hierbei hat es die einstweilige Anordnung auf das Ende des
in dem Bescheid vom 1. Februar 2010 ausgewiesenen Bewilligungszeitraumes beschränkt.
Die Kostenentscheidung ergeht in entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.