Urteil des LSG Schleswig-Holstein vom 14.01.2010

LSG Shs: treu und glauben, ablauf der frist, juristische person, dispositives recht, richteramt, verzinsung, klinikum, krankenkasse, leistungserbringer, aufenthalt

Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht
Urteil vom 14.01.2010 (rechtskräftig)
Sozialgericht Itzehoe S 1 KR 73/07
Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht L 5 KR 119/08
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 17. September 2008 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird zugelassen. Der Streitwert wird auf 62,02
EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten noch über einen Zinsanspruch der Klä-gerin in Höhe von 6 % auf 665,70 EUR ab 7. Juni 2007.
Die Klägerin betreibt das W.-klinikum in H., das im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung zur medizinischen
Versorgung der Versicherten zugelassen ist. Am 23. Juli 2005 wurde gegen 20:00 Uhr der fünfjährige Versicherte der
Beklagten T. K. we-gen Übelkeit, Erbrechen und im Übrigen unklarer Diagnose sta-tionär aufgenommen. Gegen 22:00
Uhr verließ er gegen ärztli-chen Rat das Klinikum. Mit Rechnung vom 5. Au¬gust 2005 machte die Klägerin gegenüber
der Beklagten für den Aufenthalt Kosten in Höhe von 665,70 EUR geltend. Die Beklagte lehnte dies mit Schreiben
vom 9. August 2005 ab; sie berief sich dabei auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu einem Aufenthalt
im Krankenhaus über Nacht als Voraussetzung für die Annahme einer stationären Aufnahme. Mit Schreiben vom 10.
Oktober 2005 wies die Klägerin gegenüber der Beklagten darauf hin, dass infolge einer geringen personellen
Ausstattung die Anfragen nur verzö-gert und nach Eingangsdatum bearbeitet werden könnten; sie komme
unaufgefordert auf das Anliegen zurück.
Am 7. Juni 2007 hat die Klägerin die Behandlungskosten beim Sozialgericht Itzehoe gerichtlich geltend gemacht und
eine Verzinsung ab 8. August 2005 in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz und ab Klagerhebung
in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gefordert. Zur Begrün-dung hat sie ausgeführt, der
Vergütungsanspruch sei mit der Aufnahme des Versicherten T. K. entstanden. Die Entscheidung des verantwortlichen
Krankenhausarztes werde durch die Vermu-tung ihrer Richtigkeit gestützt. Die Beklagte habe dagegen kein
Überprüfungsverfahren durchgeführt und auch in der Folge-zeit keine konkreten Beanstandungen geltend gemacht.
Vielmehr habe sie im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundessozial-gerichts die Forderung endgültig abgelehnt.
Insofern sei auch ihr eigenes Schreiben vom 10. Oktober 2005 unschädlich, denn es könne nicht von ihr verlangt
werden, dass sie Fragen beant-worte, die gar nicht gestellt worden seien. Eine Überprüfung der
Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit könne auch nicht mehr im Gerichtsverfahren nachgeholt werden. Der
Zinsanspruch ab 8. August 2005 ergebe sich aus § 9 der Pflegesatzvereinbarung. Der weitergehende Anspruch auf
Prozesszinsen ergebe sich aus den §§ 280, 288, 291 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 665,70 EUR nebst Zin-sen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz seit dem 8. August 2005 und ab Klagerhebung zuzüglich Zin-sen in Höhe von acht Prozentpunkten
über dem Basiszinssatz zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen
und ausgeführt, die Krankenhausaufnahme sei ein so genannter Tagesfall gewesen. Die Klägerin habe in dem
Schreiben vom 10. Oktober 2005 angekündigt, sie werde auf den Vorgang zu-rückkommen. Eine weitere Reaktion sei
aber nicht erfolgt, da-her sei sie nicht gehalten gewesen, ihre Entscheidung zu über-prüfen.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 17. September 2008 die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 665,70 EUR nebst
Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Eu-ropäischen Zentralbank ab 8. August 2005
zu zahlen, im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesent-lichen ausgeführt, der
Vergütungsanspruch des Krankenhauses entstehe unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistungen durch den
Versicherten, ohne dass es einer Kostenübernahmeer-klärung bedürfe. Über die Erforderlichkeit der Krankenhausbe-
handlung entscheide zunächst der Krankenhausarzt; dessen Ent-scheidung sei von der Krankenkasse nach
objektiven Kriterien zu überprüfen. Zwar bestehe nach der Vertragslage zwischen den Beteiligten keine primäre
Vergütungspflicht, nach der die Be-klagte ohne Weiteres geltend gemachte Krankenhausrechnungen begleichen
müsste; denn § 9 der Pflegesatzvereinbarung bein-halte lediglich eine Fälligkeitsregelung. Jedoch hätten die
Voraussetzungen für eine stationäre Krankenhausbehandlung vor-gelegen. Zwar sei der Versicherte der Beklagten
lediglich zwei Stunden im W.-klinikum behandelt worden. Die Krankenhausbe-handlung sei infolge eines unklaren
Krankheitsbildes von der Fachärztin für Allgemeinmedizin Frau Dr. Lang verordnet wor-den. Der Versicherte sei
neurologisch auffällig gewesen, habe Bauchschmerzen gehabt, sich erbrochen und es habe eine unklare
Wesensveränderung vorgelegen. Es seien ein EEG, ein Screening auf akzidentell eingenommene Substanzen und ein
laborchemi-sches Screening als weitere diagnostische Maßnahmen geplant gewesen, die einen stationären Aufenthalt
erfordert hätten. Allein aufgrund des ausdrücklichen Wunsches der Eltern nach einem unauffälligen Verlauf sei von
diesen Maßnahmen Abstand genommen worden. Die Voraussetzungen für eine stationäre Auf-nahme seien daher
trotz der kurzen Dauer des Aufenthalts er-füllt gewesen. Angesichts des Vermerks "04 Behandlung gegen ärztlichen
Rat beendet" hätte es für die Beklagte nahegelegen, vor Ablehnung der Zahlung die Rechnung zu hinterfragen. Die
Klägerin habe lediglich einen vertraglichen Zinsanspruch, je-doch keinen Anspruch auf Prozesszinsen. § 291 BGB als
Rechts-grundlage hierfür sei bei Vergütungsansprüchen von Leistungs-erbringern gegenüber einer Krankenkasse dann
nicht anwendbar, wenn – wie in § 9 der Pflegesatzvereinbarung – eine Verzugs-zinsregelung vereinbart sei. Das
Sozialgericht hat die Beru-fung zugelassen.
Das Urteil ist dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 27. November 2008 zugestellt worden, ihre Berufung
dagegen ging am 23. Dezember 2008 beim Schleswig-Holsteinischen Lan-dessozialgericht ein. Sie führt aus, die
vertragliche Verzugs-zinsregelung schließe den gesetzlichen Anspruch auf Prozess-zinsen nicht aus. Die
Krankenkassen und die Leistungserbringer ständen sich auf dem Gesundheitsmarkt als Nachfrager und An-bieter
medizinischer Dienst- und Sachleistungen gegenüber; hierbei handele es sich um einen Teil des allgemeinen Wirt-
schaftslebens, in dem Verzugs- und Prozesszinsen selbstver-ständlich seien. Der Gesetzgeber habe die
wirtschaftliche Po-sition der Leistungserbringer stärken wollen. Das Krankenhaus-entgeltgesetz und die
Bundespflegesatzverordnung sähen daher Regelungen über Verzugszinsen bei verspäteter Zahlung vor, um den
Krankenhäusern die notwendigen Mittel für den laufenden Betrieb sicherzustellen. Der in der Pflegesatzvereinbarung
vorgesehene Zinssatz von zwei Prozent über dem Basiszinssatz sei nicht geeignet, die Zahlungen zu beschleunigen,
sondern bewirke vielmehr zinsgünstige Darlehen für die Krankenkassen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 17. September 2008 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, weitere
sechs Prozent Zinsen auf 665,70 EUR ab 7. Juni 2007 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie führt aus, § 291 BGB sei nur dann anwendbar, wenn keine vertragliche Zinsregelung getroffen worden sei; dies sei
je-doch hier der Fall. Darüber hinaus regle die Norm nicht die Höhe des Zinssatzes der Prozesszinsen, sondern
verweise auf § 288 BGB, so dass die Prozesszinsen nicht höher sein könnten als Verzugszinsen. Selbst bei
Anwendung der Vorschrift sei die Zinsforderung daher auf die vertraglich vereinbarte Höhe be-schränkt. Es sei
unerheblich, ob dieser Zinssatz unangemessen niedrig sei, denn er beruhe auf der Vereinbarung der vertrag-lichen
Regelung und es sei ein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, wenn die Klägerin nunmehr einen
höheren Zinssatz fordere.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung
einverstanden erklärt.
Die Behandlungsakte der Klägerin, die Verwaltungsakte der Be-klagten und die Verfahrensakte haben dem Senat
vorgelegen. Zur Ergänzung der Einzelheiten wird darauf Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) war der Senat berechtigt, ohne Durchführung einer mündlichen
Verhandlung zu entscheiden. Die Berufung der Klägerin ist zulässig; infolge der Zulassung durch das Sozialgericht ist
sie insbesondere statthaft (§ 144 Abs. 1 SGG).
Sie ist aber nicht begründet. Zutreffend hat das Sozialgericht entschieden, dass die Klägerin gegenüber der Beklagten
keinen weitergehenden Verzinsungsanspruch hat. Ein derartiger An-spruch besteht nicht.
Der mit Schriftsatz vom 6. Februar 2009 gestellte Berufungsan-trag der Klägerin ist auszulegen. Nachdem das
Sozialgericht die Beklagte verurteilt hatte, Zinsen in Höhe von zwei Pro-zentpunkten über dem Basiszinssatz der
Europäischen Zentral-bank auf 665,70 EUR ab 8. August 2005 zu zahlen, hat die Klä-gerin beantragt, dass die
Beklagte Zinsen in Höhe von weiteren sechs Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagerhebung auf die
Hauptforderung zu zahlen habe. Da die Beteiligten le-diglich darüber streiten, ob die Regelung über die Rechtshän-
gigkeitszinsen gemäß § 291 BGB auf die Forderung anzuwenden ist, die gemäß der Verweisung auf § 288 BGB 8 %
(Abs. 2) oder 5 % (Abs. 1) über dem Basiszinssatz betragen, ist nur die Zinsdifferenz, mithin eine Verzinsung von
zusätzlichen sechs Prozentpunkten im Streit, nicht jedoch sechs Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. Im Übrigen
war der Senat nicht gehal-ten, von einem feststehenden Betrag als Forderung auszugehen. Denn der Zeitpunkt, in
dem die Beklagte der Klägerin die Hauptforderung in Höhe von 665,70 EUR gezahlt hat, ist nicht bekannt, sodass der
Zinsbetrag nicht in voller Höhe beziffert werden konnte. Der Streitwert (zu dessen Festsetzung siehe un-ten) konnte
nur aufgrund näherungsweise gemachter Angaben auf 62,02 EUR festgesetzt werden.
Der Zinsanspruch ist eine Nebenforderung zur Hauptforderung. Diese entsteht, wenn der Versicherte die
Krankenhausleistung in Anspruch nimmt und die leistungsrechtlichen Voraussetzungen des § 39 Sozialgesetzbuch,
Fünftes Buch (SGB V) vorliegen auf Grund der Vergütungsvereinbarung nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V sowie der
weiteren Bestimmungen des Krankenhausfinanzierungs-gesetzes (KHG) und der Bundespflegesatzverordnung
(BPflV). Der Leistungsanspruch des Versicherten wandelt sich nach ständiger Rechtsprechung – auch des
erkennenden Senats – mit der berech-tigten Inanspruchnahme unter Zugrundelegung der vorliegenden
Leistungsvoraussetzungen in einen Vergütungsanspruch des Kran-kenhauses um. Dass die Voraussetzungen für eine
Vergütung vor-liegen, ist nach dem insoweit rechtskräftig gewordenen Urteil des Sozialgerichts zwischen den
Beteiligten nicht mehr strei-tig.
Ein Anspruch auf Verzinsung der Hauptforderung im Sozialrecht außerhalb des Regelungsbereichs des § 44
Sozialgesetzbuch, Erstes Buch wurde lange Zeit verneint. Insbesondere in den Rechtsbeziehungen zwischen den
Leistungserbringern und den Leistungsträgern wurde keine Rechtsgrundlage für eine Verzin-sung des
Kostenübernahmeanspruchs eines Krankenhausträgers ge-genüber der Krankenkasse gesehen, und zwar hinsichtlich
der Verzugszinsen (§ 288 BGB) als auch hinsichtlich der Prozess-zinsen (§ 291 BGB; vgl. die übersichtliche
Darstellung in Paw-litta, juris PK-SGB V Rz. 65 ff.). Gesetzliche Regelungen, insbesondere in § 11 Abs. 3 des
Krankenhausentgeltgesetzes (KHEntgG) und § 17 Abs. 1 BPflV über Verzugszinsen bei verspä-teter Zahlung, die in
den Verträgen nach § 112 SGB V geregelt werden sollten, durchbrachen diesen Rechtsgrundsatz. Es kam hinzu,
dass mit der Einführung des § 197a SGG durch das 6. SGG-Änderungsgesetz vom 17. August 2001 (BGBl. I Seite
2144) die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung über die Verfahrenskosten herangezogen wurden, ferner die
Tatsache, dass sich der Markt der medizinischen Leistungen zu einem ech-ten Wirtschaftsmarkt entwickelt hatte.
Dies rechtfertigte es, Forderungen zwischen Leistungserbringern und Leistungsträgern entsprechend ihrer
wirtschaftlichen Bedeutung zu behandeln und von den Beschränkungen des sozialrechtlichen Leistungserbrin-
gungsrechts und Beitragsrechts auszunehmen (Urteile des BSG vom 28. September 2005, B 6 KA 71/04 R, SozR 4-
2500 § 83 Nr. 2 und vom 23. März 2006, B 5 KR 6/05 R, SozR 4-7610 § 291 Nr. 3; nach Fassung des vorliegenden
Urteils veröffentlichtes Urteil des BSG vom 8. September 2009, B 1 KR 8/09 R). In Abkehr von dieser früheren
Rechtsprechung ist nunmehr § 69 SGB V Rechts-grundlage für den Zinsanspruch zwischen einem Leistungserbrin-ger
und Leistungsträger, hier gemäß Satz 3 der Vorschrift in der anzuwendenden Fassung des GKV-
Modernisierungsgesetzes vom 14. Novem¬ber 2003 (BGBl. I Seite 2190, in Kraft ab 1. Januar 2004, ab 1. April 2007
gemäß Satz 4 der Vorschrift aufgrund des Gesetzes vom 26. März 2007, BGBl. I Seite 378).
Nach § 69 SGB V a. F. werden die Rechtsbeziehungen der Kran-kenkassen und ihrer Verbände zu den
Krankenhäusern und ihren Verbänden abschließend in diesem Kapitel (sc.: Viertes Kapitel des SGB V), in den §§ 63
und 64 und in dem KHG, dem Kranken-hausentgeltgesetz sowie den hiernach erlassenen Rechtsverord-nungen
geregelt. Nach Satz 3 gelten für die Rechtsbeziehungen nach den Sätzen 1 und 2 im Übrigen die Vorschriften des
BGB entsprechend, soweit sie mit den Vorgaben des § 70 und den üb-rigen Aufgaben und Pflichten der Beteiligten
nach diesem Kapi-tel vereinbar sind. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch, soweit durch diese Rechtsbeziehungen Rechte
Dritter betroffen sind.
Bei dem Anspruch auf Verzinsung einer Hauptforderung handelt es sich um dispositives Recht (Pawlitta a.a.O. Rz.
65). Der Zinsanspruch besteht dem Grund und der Höhe nach nur dann, wenn keine vertragliche Vereinbarung
geschlossen ist. In § 9 der Pflegesatzvereinbarung, die zwischen den Beteiligten an-wendbar ist, ist Folgendes
geregelt:
"Die Vertragsparteien haben sich darauf geeinigt, dass die übersandten Rechnungen – sofern Leistungspflicht besteht
– spesenfrei und ohne Abzug sofort, spätestens jedoch 14 Tage nach Rechnungseingang bei der zuständigen
Kranken-kasse (Abrechnungsstelle) zu begleichen sind. Als Tag der Zahlung gilt der Tag der Erteilung des Auftrags
an das Geldinstitut oder der Tag der Absendung eines Zahlungsmit-tels an das Krankenhaus. Bei Zahlungsverzug
können Ver-zugszinsen in Höhe von 2 % über dem Basiszinssatz der Eu-ropäischen Zentralbank ab Fälligkeitstag
berechnet werden. Die o. g. Zinsregelung gilt auch zugunsten der Krankenkas-sen bei Rückforderungen von bereits
beglichenen Forderun-gen ab dem Zeitpunkt des Forderungseingangs der Kranken-kassen."
Die Beteiligten haben somit eine Regelung für Verzugszinsen nach § 288 BGB getroffen. Diese Regelung ist jedoch
darüber hinaus auf die Rechtshängigkeitszinsen (Prozesszinsen) gemäß § 291 BGB anwendbar.
Allerdings ist dabei zugrunde zu legen, dass Rechtshängig-keitszinsen im Sinne des § 291 BGB grundsätzlich keine
modifi-zierten Verzugszinsen im Sinne des § 288 BGB sind. Alleine hinsichtlich der Höhe verweist § 291 Satz 2 BGB
auf die Rege-lungen in § 288 BGB. Im Übrigen hat das BSG zwischen Rechts-hängigkeitszinsen und Verzugszinsen
stets unterschieden (vgl. Urteil des 6. Senats des BSG vom 28. September 2005, a.a.O. sowie Urteil des 3. Senats
vom 23. März 2006, a.a.O.). Hinter-grund hierfür ist die Tatsache, dass die Rechtshängigkeitszin-sen völlig anders
geartete Voraussetzungen als die Verzugszin-sen haben. Als stärkstes Unterscheidungskriterium fehlt bei dem
Anspruch nach § 291 BGB die Voraussetzung des Verzuges im Sinne des § 286 BGB einschließlich schuldhaften
Verhaltens (§ 286 Abs. 4 BGB), ohne den ein Anspruch auf Verzugszinsen im Sinne des § 288 BGB nicht entsteht.
Demgemäß hat das BSG in der vorgenannten Rechtsprechung auch ausgeführt, dass ein An-spruch auf
Prozesszinsen selbst dann gegeben sein kann, wenn ein Anspruch auf Verzugszinsen nicht gegeben oder
ausgeschlos-sen ist. Diese rechtliche Unterscheidung zwischen Rechtshän-gigkeits- und Verzugszinsen schließt es
jedoch nicht aus, die Regelung des § 9 der Pflegesatzvereinbarung auch auf den Zins-anspruch nach § 291 BGB zu
erstrecken. Dies ergibt eine Ausle-gung der Vertragsregelung zwischen den Beteiligten.
Zwar haben die Beteiligten mit der Vereinbarung ihrem Wortlaut nach eine Regelung über die Höhe der Verzugszinsen
getroffen. Diese Regelung ist jedoch auslegungsfähig und auslegungsbe-dürftig. Denn es fehlt an einer Regelung über
die Rechtshän-gigkeitszinsen. Ein Rückgriff auf die gesetzliche Regelung ist nicht ohne weiteres möglich. Wenngleich
die Prozesszinsen ein andersgearteter Zinsanspruch als die Verzugszinsen sind, ist nämlich zu berücksichtigen, dass
auch mit Rechtshängigkeit der Verzug weiter andauert. Es wäre kein Grund dafür zu erkennen, warum infolge der
eingetretenen Rechtshängigkeit Zinsen in an-derer Höhe zu zahlen wären, denn die gerichtliche Geltendma-chung der
Forderung stellt kein derartig einschneidendes Er-eignis in den rechtlichen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen
den Verfahrensbeteiligten dar, das eine andere Zins-höhe rechtfertigen könnte. Die wirtschaftlichen Interessen der
Beteiligten bleiben vielmehr gleich. Dies wird letztlich auch nach der gesetzlichen Vorgabe daraus deutlich, dass §
291 Satz 2 BGB auf die Regelungen des § 288 BGB hinsichtlich der Zinshöhe verweist. Diese gesetzliche Vorgabe
stützt die Annah-me, dass auch nach der gerichtlichen Geltendmachung die wirt-schaftlichen Interessen gleichgeartet
sind wie nach Eintritt des Verzuges. Dem stände eine Auslegung dahingehend, dass sich eine derartige vertragliche
Regelung nur auf die Verzugszinsen bezieht, entgegen.
Das Argument der Klägerin, dass mit einer derartigen Ver-tragsauslegung den Krankenkassen der Weg zu
zinsgünstigen Dar-lehen zu Lasten der Leistungserbringer eröffnet würde, vermag dagegen nicht zu überzeugen. Denn
einerseits erschließt sich nicht, warum dies während des Verzuges anders sein sollte. Ferner ist zu berücksichtigen,
dass der gegenüber § 288 BGB verhältnismäßig niedrige Zinssatz mit einer sehr kurz bemesse-nen
Fälligkeitsregelung einhergeht. Die Vereinbarung stellt somit die Berücksichtigung verschiedener Interessenlagen dar,
auf der einen Seite die Belange der Krankenkassen, insbesonde-re ihre Finanzkraft, auf der anderen Seite die
angespannte wirtschaftliche Situation der Krankenhäuser, deren Betrieb wirtschaftlich gewährleistet werden soll. Die
Auslegung, dass sich die Zinsregelung in § 9 der Pflegesatzvereinbarung nicht nur auf Verzugszinsen im eigentlichen
Sinne, sondern auch auf Rechtshängigkeitszinsen bezieht, ist daher rechtlich zulässig und interessengerecht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
Der Senat hat die Revision zugelassen, da die Frage, ob eine Regelung über Verzugszinsen in einer
Pflegesatzvereinbarung sich auch auf Prozesszinsen bezieht, höchstrichterlich nicht geklärt ist; ferner ist in der
zivilrechtlichen Rechtsprechung und Literatur keine Meinungsäußerung darüber ersichtlich, ob sich eine Vereinbarung
über Verzugszinsen auch auf Rechtshän-gigkeitszinsen erstreckt.
Die Berechnung des Streitwertes erfolgt nach § 52 GKG nach dem Wert der mit der Klage bzw. dem Rechtsmittel
geltend gemachten Forderung. § 43 Gerichtskostengesetz steht der Berücksichti-gung der Zinsen nicht entgegen, da
diese im Berufungsverfahren nicht mehr Nebenforderung, sondern Hauptforderung geworden sind. Pro Jahr ergibt sich
eine Zinsforderung in Höhe von 39,942 EUR, ausgehend von einem Betrag in Höhe von 665,70 EUR und einem
Zinssatz von 6 %. Gemäß § 40 GKG ist für die Wertbe-rechnung der Zeitpunkt der den jeweiligen Streitgegenstand
betreffenden Antragstellung entscheidend, die den Rechtszug einleitet. Für die Streitwertberechnung ist daher der
Zeitraum zwischen der Klagerhebung und der Berufungserhebung, also vom 7. Juni 2007 bis 23. Dezember 2008
maßgeblich. Dies sind ein Jahr und 199 Tage. Es ergibt sich daraus eine Zinsforderung in Höhe von 39,94 EUR +
22,08 EUR Summe 62,02 EUR. Nach § 289 BGB sind weitere Prozesszinsen auf Verzugszinsen nicht zu zahlen.
Rechtsmittelbelehrung:
Dieses Urteil kann mit der Revision angefochten werden.
Die Revision ist von einem bei dem Bundessozialgericht zugelassenen Prozessbevollmächtigten in-nerhalb eines
Monats nach Zustellung des Urteils beim
Bundessozialgericht Graf-Bernadotte-Platz 5 34119 Kassel
einzulegen. Die Revisionsschrift muss bis zum Ablauf der Monatsfrist bei dem Bundessozialgericht eingegangen sein.
Als Prozessbevollmächtigte sind zugelassen
• Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder
oder für andere Verbände und Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder. Sie müssen
durch Personen mit Befähigung zum Richteramt handeln,
• selbständige Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung, be-rufsständische
Vereinigungen der Landwirtschaft, Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche
Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht
oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer
Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Ge-währ für eine sachkundige Prozessvertretung bieten. Die genannten
Organisationen dürfen nur ihre jeweiligen Mitglieder vertreten und müssen durch Personen mit Befähigung zum
Richteramt handeln,
• juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der vorstehend be-zeichneten
Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser
Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusam-menschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und
deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durch-führt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der
Bevollmächtigten haftet. Sie müssen durch Per-sonen mit Befähigung zum Richteramt handeln,
• jeder Rechtsanwalt,
• jeder Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Be-fähigung zum
Richteramt.
Ein Beteiligter, der danach zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.
Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer
öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse sowie private Pflegeversicherungsunter-nehmen können sich
durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäf-tigte mit Befähigung zum Richteramt
anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer
öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammen-schlüsse vertreten lassen.
Die Revisionsschrift muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
Die Revision ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils schriftlich zu begründen. Die Begründung
muss einen bestimmten Antrag enthalten und die verletzte Rechtsnorm und, soweit Ver-fahrensmängel gerügt werden,
die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben.
Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung einer Vorschrift des
Bundesrechts oder einer sonstigen im Bezirk des Berufungsgerichts geltenden Vor-schrift beruht, deren
Geltungsbereich sich über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt.
Für die Revision vor dem Bundessozialgericht kann ein Beteiligter, der nicht schon durch einen Be-vollmächtigten aus
dem Kreis der oben genannten Gewerkschaften oder Vereinigungen vertreten ist, Prozesskostenhilfe zum Zwecke der
Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragen.
Der Beteiligte kann die Prozesskostenhilfe selbst beantragen. Der Antrag ist beim Bundessozialgericht entweder
schriftlich oder mündlich vor dessen Geschäftsstelle zu Protokoll zu erklären.
Dem Antrag sind eine Erklärung des Beteiligten über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhält-nisse sowie
entsprechende Belege beizufügen. Hierzu ist der für die Abgabe der Erklärung vorge-schriebene Vordruck zu
benutzen. Der Vordruck kann von allen Gerichten oder durch den Schreibwa-renhandel bezogen werden.
Wird Prozesskostenhilfe bereits für die Einlegung der Revision begehrt, so müssen der Antrag und die Erklärung über
die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse - gegebenenfalls nebst entspre-chenden Belegen - bis zum Ablauf
der Frist für die Einlegung der Revision beim Bundessozialgericht eingegangen sein.
Mit dem Antrag auf Prozesskostenhilfe kann ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt benannt wer-den.
Ist dem Beteiligten Prozesskostenhilfe bewilligt worden und macht er von seinem Recht, einen Anwalt zu wählen,
keinen Gebrauch, wird auf seinen Antrag der beizuordnende Rechtsanwalt vom Bundes-sozialgericht ausgewählt.
- Richter am Landessozialgericht - - ist urlaubsbedingt ortsab- wesend.
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