Urteil des LSG Schleswig-Holstein vom 03.09.2009

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Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht
Urteil vom 03.09.2009 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Schleswig S 15 SO 92/08
Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht L 9 SO 22/08
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Schleswig vom 6. August 2008 wird
zurückgewiesen. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin sind auch im Berufungsverfah- ren nicht zu erstatten. Die
Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt höhere Leistungen der Kosten der Unterkunft nach dem Sozialgesetzbuch, Zwölftes Buch (SGB
XII).
Die am ... 1941 geborene Klägerin beantragte am 20. April 2006 Leistungen der Grundsicherung im Alter nach dem
SGB XII. Diese wurden ihr mit Bescheid vom 10. Mai 2006 gewährt unter Berücksichtigung der Kosten der Unterkunft
in Höhe von 437,00 EUR ohne Heizungskosten. Gleichzeitig erhielt die Klägerin ein Schreiben, in welchem sie
aufgefordert wurde, die Kosten der Unterkunft zu senken auf 273,00 EUR bzw. 311,00 EUR abhängig von dem
Baualter der angemieteten Wohnung. Außerdem wurde sie darauf hingewiesen, einen Mietvertrag erst nach
ausdrücklicher Zustimmung zu unterzeichen. Dennoch mietete die Klägerin zum 1. September 2006 eine andere
Wohnung zu einer Bruttokaltmiete von 305,34 EUR an und beantragte die Übernahme der Mietkosten. Mit Schreiben
vom 22. Juni 2006 wurde ihr daraufhin mitgeteilt, dass lediglich die Mietobergrenze in Höhe von 273,00 EUR zuzüglich
Heizkosten in tatsächlicher Höhe als Unterkunftskosten anerkannt werden könnten. Zum 1. September 2006 bezog
die Klägerin die neue Wohnung.
Aufgrund eines Neuantrages nach verbrauchtem Vermögen wurden der Klägerin mit Bescheid vom 18. Dezember
2007 Grundsicherungsleistungen für die Zeit von März 2007 bis Mai 2008 gewährt unter Berücksichtigung von Kosten
der Unterkunft in Höhe von 273,00 EUR. Hinsichtlich der Unterkunftskosten legte die Klägerin mit Schreiben vom 15.
am 16. Januar 2008 Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 19. März 2008 zurückgewiesen wurde.
Die Klägerin hat am 14. April 2008 Klage erhoben und vorgetragen, die Mietobergrenze sei mit 337,00 EUR
anzunehmen. Da ihre Bruttokaltmiete darunterliege, sei sie angemessen und dementsprechend auch zu übernehmen.
Im Übrigen sei die Unterscheidung nach dem Baualter einer Wohnung nicht zulässig, so dass zumindest die in der
Kostensenkungsaufforderung vom 10. Mai 2006 aufgeführten 311,00 EUR anzusetzen seien. Auch darunter liege ihre
tatsächliche Miete, so dass sie deswegen zu übernehmen sei. Im Übrigen verwies sie auf den Kurzbericht der
GEWOS (Institut für Stadt-, Regional- und Wohnungsforschung GmbH) mit dem Titel "Kieler Wohnungskonzept –
Kurzbericht Mai 2007", in dem ausgeführt ist, dass preisgünstiger Wohnraum in Kiel sehr knapp und der Bedarf größer
als das Angebot sei. Das gelte insbesondere für 1 Personen-Haushalte. Der Bedarf an günstigen Wohnungen liege um
23.200 Wohnungen höher als das Angebot. Zumindest sei aber eine Miete in Höhe von 298,50 EUR zu übernehmen,
wie Entscheidungen des Sozialgerichts Schleswig ausgesagt hätten.
Die Klägerin hat beantragt,
ihr "ab dem 01.03.2008" Leistungen nach dem SGB XII unter Berücksichtigung der tatsächlichen Unterkunftskosten in
Höhe von 305,34 EUR brutto kalt monatlich zu gewähren.
Die Beklagte hat sinngemäß beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich auf die angegriffenen Bescheide und den Vortrag im einstweiligen Rechtsschutzverfahren bezogen.
Den Antrag der Klägerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und Gewährung höherer Unterkunftskosten vom 16.
April 2008 hat das Sozialgericht Schleswig (Beschluss vom 7. Juli 2008 – S 15 SO 35/08 ER) abgelehnt.
Das Sozialgericht Schleswig hat mit Beschluss vom 15. Juni 2008 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von
Rechtsanwalt T , Kiel, bewilligt.
Mit gerichtlicher Verfügung vom 15. Juli 2008 sind die Beteiligten zur Möglichkeit, dass durch Gerichtsbescheid
entschieden würde, mit einer Frist zur Stellungnahme bis zum 30. Juli 2008 angehört worden.
Mit Gerichtsbescheid vom 6. August 2008 hat das Sozialgericht Schleswig die Klage abgewiesen; zugleich hat es die
Berufung zugelassen.
Die Klägerin hat am 1. September 2008 Berufung eingelegt und sich auf die Begründung im Klageverfahren bezogen.
Zusätzlich hat sie ausgeführt, bei der Bestimmung der Mietobergrenze sei von dem Mittelwert von 4,76 EUR/qm
auszugehen. Bei Berücksichtigung der Betriebskosten von 1,37 EUR/qm ergebe sich eine Miete von 6,13 EUR/qm
und eine Mietobergrenze von 306,50 EUR; da ihre Miete darunter liege, sei sie zu übernehmen. Gegenwärtig erhalte
sie an Kosten der Unterkunft ohne Heizung 301,50 EUR, sodass zumindest dieser Betrag zu gewähren sei. Hilfsweise
sei eine Miete von 298,50 EUR zu gewähren, wie im Verfahren S 25 AS 425/08 ER seitens des Sozialgerichts
Schleswig entschieden worden sei.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Schleswig vom 6. August 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten
ihr – der Klägerin – unter Abänderung des Bescheides vom 18. Dezember 2007 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 19. März 2008 ab dem 1. März 2008 Leistungen nach dem SGB XII unter
Berücksichtigung der tatsächlichen Unterkunftskosten in Höhe von 305,34 EUR brutto kalt monatlich zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie beruft sich darauf, dass eine Orientierung am Mittelwert von Wohnungen in einfacher Lage nach dem Kieler
Mietspiegel nicht zulässig sei. Maßgeblich seien Mieten im unteren Bereich. Der Mietspiegel der Stadt Kiel
berücksichtige bereits die teuersten und billigsten Wohnungen nicht, so dass auch ein Mittelwert bei den
berücksichtigten Mieten nicht angenommen werden könne.
Der Senat hat der Klägerin mit Beschluss vom 10. Dezember 2008 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von
Rechtsanwalt T , K , bewilligt.
In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte umfangreiche Nachweise über günstigen Wohnraum aus der örtlichen
Presse und aus Recherchen im Internet vorgelegt für den Zeitraum 2007 bis März/April 2008.
Hinsichtlich des Sach- und Rechtsstreits im Einzelnen wird auf die Gerichts- und Beiakten sowie die Gerichtsakte
zum Verfahren S 15 SO 35/08 ER Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die vom Sozialgericht zugelassene Berufung ist insgesamt zulässig, aber nicht begründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung höherer Unterkunftskosten. Der Bescheid vom 18. Dezember 2007
in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19. März 2008 ist ebenso wenig aufzuheben wie der in der Sache
zutreffende Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Schleswig vom 6. August 2008.
Maßstab für die Gewährung von Kosten der Unterkunft ist gemäß § 42 Satz 1 Nr. 2 SGB XII auch für die
Grundsicherung im Alter nach § 29 Abs. 1 SGB XII die angemessene Miete. Diese ist für das soziale Umfeld der
Klägerin zu ermitteln. Der Senat hat keine Bedenken, als räumlichen Vergleichsmaßstab und soziales Wohnumfeld
das gesamte Gebiet der Stadt Kiel zugrunde zu legen. Das Bundessozialgericht (BSG) hat in seinem Urteil vom 18.
Juni 2008 (B 14/7b AS 44/06 R) eine Stadt mit 163.000 Einwohnern und das Schleswig-Holsteinische
Landessozialgericht hat in seinem Urteil vom 17. Januar 2008 (L 6 AS 39/07, Breithaupt 2008, S. 882) die Stadt
Lübeck mit ca. 211.000 Einwohnern als zulässigen Vergleichsmaßstab herangezogen. Das BSG (Urteil vom 19.
Februar 2009 – B 4 AS 30/08 R, recherchiert bei juris, Rn. 21 f.) hält es ohne Präjudiz für die Sachlage im Einzelnen
für möglich, das gesamte Stadtgebiet der Landeshauptstadt München in die Vergleichsbetrachtung einzubeziehen und
nennt als Kriterium für die Bestimmung des Wohnumfeldes des Bedürftigen, dass es um ausreichend große Räume
nicht lediglich Orts- oder Stadteile – von Wohnbebauung aufgrund ihrer räumlichen Nähe zueinander, ihrer Infrastruktur
und insbesondere ihrer verkehrstechnischen Verbundenheit, um einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und
Wohnbereich, gehen müsse. Insbesondere aufgrund des gut ausgebauten Netzes des öffentlichen Nahverkehrs ist
somit der gesamte Stadtbereich der Stadt Kiel mit ca. 230.000 Einwohnern als örtlicher Vergleichsmaßstab
heranzuziehen (ebenso Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Urteil vom 17. März 2009 – L 11 AS 32/08).
Die Höhe der angemessenen Wohnfläche wird zunächst abstrakt ermittelt aus dem Produkt der angemessenen
Wohnfläche und dem angemessenen Mietzins je Quadratmeter (sog. Produkttheorie: BSG, Urteil vom 7. November
2006 – B 7b AS 18/06; Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge, Erstempfehlungen zu den Leistungen für
Unterkunft und Heizung im SGB II vom 18. Juni 2008, S. 2 f.). Somit ist zunächst die Größe der Unterkunft für eine
Person bzw. die Bedarfsgemeinschaft zu ermitteln (so bereits Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 28. April 2005 –
5 C 15.04 -, info also 2006, S. 33, 34). Hierzu kann typisierend auf die zulässigen, nach der Zahl der
Wohnungssuchenden bzw. der Haushaltsangehörigen differierenden Wohnflächen im sozialen Wohnungsbau
zurückgegriffen werden, die sich aus den landesrechtlichen Verwaltungsvorschriften zu § 5 Wohnungsbindungsgesetz
(inzwischen aufgehoben) in Verbindung mit §§ 10, 27 Wohnraumförderungsgesetz ergeben (vgl. BSG, Urteil vom 7.
November 2006 – B 7b AS 18/06 R -; Berlit in LPK-SGB II, § 22, Rn. 25 ff.). Für Schleswig-Holstein ist somit
maßgeblich die "Verwaltungsvorschrift zur Sicherung von Bindungen in der sozialen Wohnraumförderung nach
Wohnungsbindungsgesetz und Wohnraumförderungsgesetz" (VwV-SozWO 2004, Amtsblatt für Schleswig-Holstein
2004, S. 548). In Punkt 8.5 der VwV-SozWO sind die Wohnflächengrößen gestaffelt nach der Personenzahl
angegeben, wobei wegen besonderer persönlicher und objektiver Bedürfnisse eine Erhöhung der Wohnfläche
vorgesehen ist. Für eine einzelne Person gilt danach eine Wohnfläche von bis zu 50 qm als angemessen. Gründe, die
Wohnfläche hier aufgrund der persönlichen Bedürfnisse der Klägerin zu erhöhen, sind weder vorgetragen noch
ersichtlich.
Für die zugrunde zu legende Wohnfläche ist der konkrete Mietzins pro Quadratmeter inklusive Betriebskosten
(Bruttokaltmiete)zu ermitteln. Dabei besteht Einigkeit, dass auf den Mietzins im unteren Bereich der für vergleichbare
Unterkünfte am Wohnort des Hilfeempfängers marktüblichen Wohnungsmieten abzustellen ist (Ministerium für Justiz,
Arbeit und Europa des Landes Schleswig-Holstein, Praxisbegleiter zu den Kosten für Unterkunft und Heizung nach §
22 SGB II, S. 1, Punkt 2.2; Grube in Grube/Warendorf, Kommentar zum SGB XII, 2. Aufl., § 29, Rn. 24). Da die
Leistungen nach dem SGB XII von ihrer Zweckbestimmung her nur den notwendigen Bedarf abdecken sollen, ist der
Leistungsempfänger grundsicherungsrechtlich gehalten, seine Bemühungen vorrangig auf die Anmietung möglichst
kostengünstigen Wohnraums zu richten. Deshalb ist es ihm regelmäßig zumutbar, sich auf eine Unterkunft unterer
Kategorie zu beschränken (BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 18/06 R -; Berlit in LPK-SGB II, § 22 Rn.
30).
Existiert ein örtlicher Mietpreisspiegel, so ist zur abstrakten Ermittlung des Mietzinses vorrangig hierauf
zurückzugreifen, weil diese Erkenntnisquelle das entscheidungserhebliche konkrete und aktuelle ortsübliche
Mietniveau am zuverlässigsten abzubilden vermag (Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Urteil vom 23.
November 2007 – L 10 AS 15/06). Somit ist hier der qualifizierte Mietspiegel der Stadt Kiel aus dem Jahre 2006
anzuwenden, wie das Sozialgerichts Schleswig in dem angegriffenen Gerichtsbescheid bzw. in dem Beschluss vom
23. Mai 2008 im Verfahren S 15 SO 35/08 ER ausgeführt hat. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist nicht der
Mietspiegel für die Landeshauptstadt Kiel aus dem Jahre 2008 maßgeblich; denn dieser ist - wie in den Erläuterungen
zum Mietspiegel auch aufgeführt – erst gültig ab Datum der Veröffentlichung und somit ab 18. November 2008. Der
hier durch Bescheid vom 18. Dezember 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19. März 2008
geregelte Zeitraum reicht jedoch lediglich bis zum Mai 2008. Der maßgebliche Entscheidungszeitraum liegt sogar
noch früher, denn aufgrund des eingeschränkten Begehrens der Klägerin, die durchgehend erst erhöhte Leistungen ab
1. März 2008 – statt ab 1. März 2007 – beantragt, und der Begrenzung des Prüfungszeitraumes durch den
Widerspruchsbescheid vom 19. März 2008 (vgl. Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Urteil vom 3.
September 2009 – L 9 SO 16/08 -) reicht dieser nur vom 1. bis zum 19. März 2008. Sowohl dieser als auch der
geregelte Zeitraum unterfallen daher dem damals geltenden Mietspiegel aus dem Jahre 2006.
Aus demselben Grund kann die Klägerin sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass ihr gegenwärtig 301,50 EUR
an Kosten der Unterkunft ohne Heizung gewährt werden. Dieser Betrag beruht auf einem Beschluss der
Ratsversammlung der Beklagten vom 15. Mai 2009 und wurde anhand des Mietspiegels 2008 errechnet, der für den
hier maßgeblichen Zeitraum noch nicht galt. Der Senat weist aber darauf hin, dass der nunmehr geltende Mietspiegel
in einigen Feldern erheblich höhere Mieten aufführt im Vergleich zu dem Mietspiegel 2006, so dass für die Ableitung
einer angemessenen Miete in Höhe von 273,00 EUR aus diesem Mietspiegel wenig Raum sein dürfte. Besteht ein
Mietspiegel, ist die angemessene Miete aber daraus zu ermitteln; denn dieser zeigt die Mietpreisspannen des
Mietmarktes auf. Die Ableitung der abstrakt angemessenen Miete aus früheren, weit zurück liegenden Mietspiegeln ist
nicht zulässig.
Streitig ist allerdings, welche Spalten und Felder der Tabelle 2 zum Mietspiegel der Landeshauptstadt Kiel
anzuwenden sind. Die Rechtsprechung hierzu ist nicht einheitlich. So ist im Beschluss des Schleswig-Holsteinischen
Landessozialgerichts vom 6. März 2008 (L 11 B 313/08 AS ER) die Spalte f1 der Tabelle 2 zugrunde gelegt worden
mit dem untersten Wert von 3,76 EUR/qm Nettokaltmiete, was inklusive der Betriebskosten in Höhe von 1,37
EUR/qm eine Mietobergrenze von 256,50 EUR ergäbe. In den Urteilen des Schleswig-Holsteinischen
Landessozialgerichts vom 23. November 2007 (L 10 AS 15/06) und vom 17. März 2009 (L 11 AS 32/08) wird die von
der Beklagten angenommene Mietobergrenze von 273,00 EUR bestätigt. In dem Verfahren S 16 SO 319/07 kommt
das Sozialgericht Schleswig unter Verwendung einer für den größten Teil der Rechtsuchenden ohne Weiteres kaum
verständlichen mathematischen Formel zu einer Mietobergrenze von 298,50 EUR, indem es die Mittelwerte der
Spalten f1, b1 und b2, multipliziert mit den Feldbesetzungen, addiert und durch die Summe der Feldbesetzungen
dieser Spalten teilt. Diese Mietobergrenze wird in mehreren Entscheidungen des Sozialgerichts Schleswig angeführt.
Darüber hinaus wird aber auch (Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 7. November 2007 S 12 SO 164/06 -) eine
Mietobergrenze für die Stadt Kiel in Höhe von 337,00 EUR monatlich angenommen.
Bei der Bestimmung der abstrakten Mietobergrenze ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der Angemessenheit des
Wohnraums um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt (BSG, Urteil vom 18. Juni 2008 – B 14/7b AS 44/06; LSG
Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24. April 2009 – L 32 AS 923/07, recherchiert bei juris, Rn. 17, 20), der zwar gerichtlich
überprüfbar ist, aber im Begriff "angemessen" bereits eine gewisse Unschärfe aufweist, die es verbietet, dass der
Senat in eigener Einschätzung geringfügige Abweichungen von den Ermittlungen der Beklagten vornimmt.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hält der Senat die von der Beklagten ermittelte Mietobergrenze von 273,00
EUR für einen 1 Personen-Haus¬halt generell für angemessen. Bei der Annahme eines Mittelwertes für
Betriebskosten von 1,37 EUR pro Quadratmeter ergibt das eine Nettokaltmiete von 4,09 EUR/qm. Bei Ausschöpfen
der höchst zulässigen Größe von 50 qm liegt diese Miete im Bereich der Zweidrittelspanne der Rubriken b1 und b2
sowie f1 des Mietspiegels. b1 weist eine Spanne von 3,84 bis 5,01 EUR/qm, b2 von 3,92 bis 5,48 EUR/qm und f1 von
3,76 bis 4,83 EUR/qm auf. In diesen Feldern ist eine Besetzung mit 200 Wohnungen verzeichnet, so dass es einem
Betroffenen möglich sein muss, bei ausreichenden Bemühungen Wohnungen in dieser Preisspanne bis 4,09 EUR/qm
zu erlangen. Zwar befindet sich die Mietobergrenze mit 4,09 EUR im unteren Bereich der Zweidrittelspanne. Insoweit
ist aber einerseits zu berücksichtigen, dass sowohl das unterste Sechstel als auch das höchste Sechstel an Mieten
nicht aufgeführt ist (Mietspiegel der Landeshauptstadt Kiel 2006, S. 5). Das bedeutet, dass es sich bei den jeweiligen
untersten Werten der Zweidrittelspanne bereits um eine Annäherung an Mittelwerte handelt. Andererseits ist zu
berücksichtigen, dass die Annahme von Betriebskosten in Höhe von 1,37 EUR/qm ebenfalls einen Mittelwert darstellt.
Nicht alle Wohnungen werden die Höhe dieser Betriebskosten pro Quadratmeter erreichen, so dass auch insoweit der
Quadratmetermietpreis im Einzelfall durchaus höher als 4,09 EUR liegen kann.
Die Annahme einer höheren Mietobergrenze ist nicht geboten.
Die Mietobergrenze ist nicht mit 311,00 EUR für neueren Wohnraum anzunehmen. Eine Unterteilung der
Mietobergrenze nach Baualtersklassen ist nicht zulässig (entgegen dem "Rechtsgutachten über die Angemessenheit
der Höhe der tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft gemäß § 22 Abs. 1 SGB II von Rechtsanwalt und Notar
Hans-Werner Thovar"). Denn bei der Bestimmung des angemessenen Wohnungsstandards ist nach gängiger
Rechtsprechung auf den unteren Bereich des Wohnungsmarktes abzustellen (SG Nürnberg, Gerichtsbescheid vom
21. November 2008 S 20 SO 169/06, auch zum Folgenden). Der Wohnungsmarkt wird durch die gesamte Spannbreite
des Mietenspiegels abgebildet. Eine Differenzierung nach Baualtersklassen würde zu einer nicht begründbaren
Ungleichbehandlung von Leistungsempfängern führen: So könnten die Kosten der Unterkunft für einen
Leistungsempfänger, der in einer Wohnung älteren Baujahres lebt, im Hinblick auf die ortsübliche Vergleichsmiete für
Wohnungen in dieser Baujahresgruppe selbst dann unangemessen sein, wenn sie unter dem lägen, was für eine
Wohnung neueren Baujahres also mit höherem Wohnungsstandard – im unteren Bereich ihrer Gruppe aufzubringen
wäre. Die Kosten der Unterkunft würden nicht übernommen; würde der Leistungsempfänger in der Wohnung neueren
Baujahres leben, dagegen schon. Dies könnte zu dem widersinnigen Ergebnis führen, dass ein Leistungsempfänger
gezwungen wäre, in eine teurere Wohnung umzuziehen, um die Kosten der Unterkunft nunmehr in voller Höhe
geleistet zu bekommen. Neubauten könnten daher nicht berücksichtigt werden, da sie in der Regel teurer sind als
Altbauten. Es ist nicht Aufgabe des Hilfeträgers, den Bezug von Neubauten zu finanzieren (Hessisches LSG,
Beschluss vom 5. Dezember 2006 – L 9 AS 212/06 ER). Einen sachlichen Grund, nach sog. Baualterklassen zu
differenzierten und bei neueren Bauten eine höhere Mietobergrenze anzunehmen, besteht nicht (BSG, Urteil vom 19.
Feb¬ruar 2009 – B 4 AS 30/08 R, recherchiert bei juris, Rn. 25).
Hinsichtlich der Mietobergrenze von 311,00 EUR kann sich die Klägerin auch nicht mit Erfolg auf die
Kostensenkungsaufforderung vom 10. Mai 2006 berufen. Diese Kostensenkungsaufforderung war zwar in der Tat zu
unbestimmt (vgl. Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Beschluss vom 22. Januar 2008 – L 11 B 304/08 AS
ER; Beschluss vom 24. Juni 2008 – L 11 B 348/08 AS ER) mit der Folge, dass die Beklagte sich nicht auf den Betrag
von 273,00 EUR berufen dürfte, sondern die tatsächliche Miete von 305,34 EUR zu übernehmen hätte, weil diese
unterhalb des ebenfalls angegebenen Richtwertes von 311,00 EUR liegt. Hier ist aber zu berücksichtigen, dass die
Beklagte mit einem weiteren Schreiben vom 22. Juni 2006 die Klägerin darüber informiert hat, dass lediglich 273,00
EUR als Mietobergrenze anerkannt werden könnte, und vor der Anmietung einer anderen Wohnung die Zustimmung
zum Umzug und zur Unterzeichnung eines Mietvertrages eingeholt werden müsse, so dass die Klägerin ab diesem
Zeitpunkt über die zutreffende Mietobergrenze insbesondere bei Einzug in die Wohnung im September 2006 bzw. bei
dem erneuten Bezug von Leistungen ab März 2007 informiert war.
Die Mietobergrenze ist auch nicht mit 298,50 EUR anzunehmen. Diese Berechnung berücksichtigt nicht, dass bereits
das unterste Sechstel der Mieten nicht in der Tabelle aufgeführt ist. Daher sind innerhalb der Zweidrittelspanne die
unteren Berechnungsposten anzusetzen und es ist nicht von den in den Feldern wiedergegebenen Mittelwerten
auszugehen.
Daher können auch die von der Klägerin aufgeführten weiteren Berechnungen nicht überzeugen.
Neben der abstrakt ermittelten Mietobergrenze hat die Beklagte aber auch nachzuweisen, dass Wohnungen zu der
angenommenen Mietobergrenze auf dem Wohnungsmarkt existieren und es der Klägerin tatsächlich möglich ist bzw.
im streitbefangenen Zeitraum möglich gewesen wäre, eine solche günstige Wohnung anzumieten (sog. konkrete
Angemessenheit: Bundessozialgericht, Urteil vom 18. Juni 2008 B 14/7b AS 44/06 R, recherchiert bei juris, Rn. 7,
19). Dem ist die Beklagte dadurch nachgekommen, dass sie auf Vorgabe des Senats in der mündlichen Verhandlung
Nachweise für Wohnraum unter der Mietobergrenze von 273,00 EUR erbracht hat. Für den Zeitraum ab der 12.
Kalender¬woche im Jahre 2007 hat sie unter Auswertung der Kieler Nachrichten und des Kieler Express bis zum 31.
Oktober 2007 insgesamt 146 Angebote nachgewiesen hat und für den Zeitraum vom November 2007 bis Januar 2008
insgesamt 184 Angebote. Dabei handelt es sich um Wohnungen, die entweder sofort bezugsfertig waren oder nach
Absprache bzw. erst im März oder April 2008 frei wurden. Die Angebote für den letzteren Zeitraum ergeben sich aus
Internetrecherchen oder der Auswertung der Kieler Nachrichten bzw. des Kieler Express. Zwar sind unter diesen
insgesamt 330 Wohnungsangeboten auch Mehrfachnennungen vorhanden, aber dennoch ist diese Zahl so groß, dass
die abstrakt ermittelte Mietobergrenze von 273,00 EUR bestätigt wird und es bei intensiven Bemühungen der
Wohnungssuchenden auch möglich gewesen sein dürfte, eine entsprechend günstige Wohnung zu finden.
Ebenfalls nach Vorgabe des Senats umfassen die 330 Angebote nur Wohnungen ab 35 qm. Der Senat ist der
Auffassung, dass bei der konkreten Ermittlung von angemessenem Wohnraum nicht von 50 qm ausgegangen werden
kann, wie bei der abstrakten Ermittlung, sondern dass darauf abzustellen ist, welche Wohnungsgrößen den
Hilfeempfängern zuzumuten sind. Die abstrakte Mietobergrenze orientiert sich anhand der Produkttheorie an einer
Größenordnung von 50 qm. Bis zur so ermittelten Mietobergrenze können Hilfebedürftige Wohnungen anmieten. Dabei
steht es ihnen grundsätzlich frei, 50 qm Wohnungen zu einer sehr günstigen Quadratmetermiete zu nehmen oder
kleinere Wohnungen zu einer höheren Quadratmetermiete. Dabei müssen sie selbst entscheiden, auf welche
Wohnungsgröße sie sich beschränken wollen. Insofern steht es ihnen auch frei, sehr kleine Wohnungen zu einer
höheren Quadratmetermiete anzumieten und so möglicherweise in besseren Wohnquartieren zu wohnen. Weder der
Beklagte noch die Gerichte können die Hilfebedürftigen jedoch auf zu kleine Wohnungen verweisen. Der Senat ist
aber der Meinung, dass Hilfebedürftige darauf verwiesen werden können, sich um Wohnungen ab 35 qm zu bemühen,
sodass die Wohnungsangebote der Beklagten auf dieser Grundlage zusammengestellt worden sind.
Zudem ergibt sich aus der Wohnungsmarktübersicht des Jahres 2007 der Beklagten (vgl. Schleswig-Holsteinisches
LSG, Urteil vom 23. November 2007 L 10 AS 15/06), dass ausreichend Wohnraum in der in Betracht kommenden
Größe und für den angemessenen Preis angeboten wurde.
Auch unter Berücksichtigung der Kieler Wohnungsmarktanalyse der GEWOS vom Mai 2007 ist eine Mietobergrenze
von 273,00 EUR nicht zu beanstanden. Diese Untersuchung kommt zu dem Ergebnis, dass insbesondere im Hinblick
auf die Landeshauptstadt Kiel als Universitätsstadt für 1 Personen-Haus¬halte ein erheblicher Fehlbestand an
kleineren und günstigen Wohnungen besteht. Die Beklagte hat aber durch die Vorlage von Wohnungsangeboten
nachgewiesen, dass es ein nicht unerhebliches Wohnungsangebot unterhalb der Mietobergrenze von 273,00 EUR gibt,
so dass auch die konkrete Angemessenheit damit belegt ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Anhaltspunkte, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
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