Urteil des LSG Schleswig-Holstein vom 18.12.2008

LSG Shs: sparkasse, haus, gebühr, versicherung, erwerb, darlehen, eltern, zwangsvollstreckung, kapital, unterkunftskosten

Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht
Beschluss vom 18.12.2008 (rechtskräftig)
Sozialgericht Itzehoe S 13 AS 247/08 ER
Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht L 11 B 548/08 AS ER
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Itzehoe vom 15. Oktober 2008
insoweit geändert, als die Antragsgegenerin verpflichtet wird, Kosten der Unterkunft ohne Heizung von mindestens
426,75 Euro monatlich für Schuldzinsen und bei Nachweis weiterer anzuerkennender Betriebskosten Kosten der
Unterkunft bis zu monatlich 470 Euro unter Anrechnung der bisher gezahlten Unterkunftskosten zu zahlen. Die
weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin trägt die außergerichtlichen Kosten der
Antragsteller für das Beschwerdeverfahren.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die Höhe der den Antragstellern zu zahlenden Kosten der Unterkunft und hier
insbesondere darüber, ob Zahlungen der Antragsteller auf ein Darlehen durch die Antragsgegnerin zu übernehmen
sind.
Der Antragsteller zu 1) lebt zusammen mit seiner Ehefrau (Antragstellerin zu 2)) und den drei gemeinsamen Kindern
(Antragsteller zu 3) bis 5)) in einem Eigenheim. Dieses ist den Antragstellern zu 1) und 2) durch notariell beglaubigten
Vertrag vom 2. Dezember 1993 von den Eltern der Antragstellerin zu 2) übertragen worden. Letztere verpflichteten
sich im Gegenzug zur Übernahme der zum damaligen Zeitpunkt bestehenden Verbindlichkeiten in Höhe von
100.000,00 DM und räumten den Veräußerern ein lebenslanges unentgeltliches Wohnungsrecht an den
Räumlichkeiten des Erdgeschosses ein.
Die Antragsteller beziehen seit Januar 2008 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Mit
mehreren Bescheiden/Änderungsbescheiden gewährte die Antragsgegnerin ihnen Kosten für Unterkunft und Heizung
in ständig wechselnder Höhe von 57,57 EUR monatlich einschließlich Heizung bis (wohl) zuletzt 201,85 Euro.
Hiergegen legten die Antragsteller jeweils Widersprüche ein, über die bisher noch nicht entschieden worden ist. Von
den Antragstellern an die V.sparkasse M. im Rahmen eines Darlehens zu zahlende Beträge berücksichtigte die
Antragsgegnerin dabei nicht.
Die Antragsteller haben am 11. September 2008 den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt mit dem
Begehren der Übernahme der Schuldzinsen für das Haus seit Januar (irrtümlich als Datum aufgenommen: 1.9.2008)
2008. Zur Begründung haben sie zunächst darauf hingewiesen, dass sie für den Erwerb des Hauses 170.000,00 DM
und für Renovierungsarbeiten 50.000,00 DM als Darlehen hätten aufnehmen müssen. Sie seien nunmehr nicht mehr in
der Lage, die Schuldzinsen dafür weiter zu zahlen. Aufgrund dessen drohe die Einleitung der Zwangsvollstreckung
des Eigenheimes. Im Laufe des Verfahrens haben sie ihren Vortrag dahingehend geändert, dass bei Übertragung des
Hauses die Antragsteller zu 1) und 2) die laufenden Kredite über ca. 100.000,00 DM übernommen hätten. Das
gesamte Darlehen sei in Höhe von 220.000,00 DM aufgenommen worden, weil erhebliche Renovierungen notwendig
gewesen seien. So erreiche die Summe der noch aufgehobenen Quittungen – diese haben die Antrag¬steller vorgelegt
– über 90.000,00 DM.
Die Antragsgegnerin hat erwidert, nicht nachvollziehbar sei der Betrag des Darlehens von 220.000,00 DM
ursprünglich, da damals lediglich Verbindlichkeiten in Höhe von 100.000,00 DM übernommen worden seien. Außerdem
zahlten die Antragsteller nicht auf die Zinsen, sondern tilgten mit diesen Zahlungen die Darlehenssumme. Soweit die
Antragsteller höhere Renovierungskosten geltend machten, sei zu klären, ob diese nicht allein zu Gunsten der Eltern
der Antragstellerin zu 2) entstanden seien.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 15. Oktober 2008 die Antragsgegnerin verpflichtet, den Antragstellern im
Wege des einstweiligen Rechtsschutzes vorläufig für die Zeit vom 11. September bis 31. Dezember 2008 Kosten der
Unterkunft ohne Heizung in Höhe von 470,00 EUR unter Anrechnung der bisher bewilligten Unterkunftskosten zu
zahlen. Im Übrigen hat es den Antrag abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass Kosten der Unterkunft nur in
der Höhe verlangt werden könnten, die unter vergleichbaren Voraussetzungen für eine angemessene Mietwohnung
durch die Antragsgegnerin zu zahlen seien. Ausweislich der eidesstattlichen Versicherung des Antragstellers zu 1)
und der eingereichten Unterlagen über Renovierungskosten handele es sich bei den Darlehensschulden um
Verbindlichkeiten für das Haus. Soweit die Zahlungen an die Bank Tilgungsleistungen beinhalteten, stünde dies dem
Anspruch nicht entgegen, weil nach der neuesten Rechtsprechung des BSG in dem Urteil vom 18. Juni 2008
entschieden worden sei, dass auch die Übernahme von Tilgungsleistungen als Kosten der Unterkunft zu übernehmen
seien.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin, die nochmals darauf hinweist, dass lediglich
Verbindlichkeiten von 100.000 DM übertragen worden und die Renovierungsarbeiten zum Teil für Umbauten der
Wohnberechtigten erfolgt seien. Nach den Ausführungen des BSG dürften Tilgungsraten nur dann übernommen
werden, wenn die Antragsteller zuvor alles unternommen hätten, um die Tilgungsverpflichtung so gering wie möglich
zu halten. Das sei bisher nicht geschehen.
Die Antragsteller verweisen auf die neue Rechtsprechung des BSG, wonach Tilgungsraten für die selbst genutzte
Eigentumswohnung grundsätzlich zu übernehmen seien, wenn ohne Übernahme der Tilgungsleistung durch den
Grundsicherungsträger der Verlust des selbst genutzten Wohneigentums drohe. So sei es hier. Sie hätten nur mit
Mühe die angekündigte Zwangsvollstreckung der Bank bisher hinauszögern können und benötigten eine umgehende
Entscheidung, um das Eigenheim weiter halten zu können.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig, aber nur in dem tenorierten
Umfang begründet. Die Entscheidung des Sozialgerichts, die Antragsgegnerin vorläufig für die Zeit vom 11.
September bis 31. Dezember 2008 zur Übernahme der Zahlungen der Antragsteller an die V.sparkasse M. zu
verpflichten, ist grundsätzlich nicht zu beanstanden. Auch der Senat geht davon aus, dass die dafür notwendigen
Voraussetzungen, Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch, vorliegen. Allerdings vermag der Senat die Höhe des
Betrages aufgrund der Angaben der Beteiligten nicht näher zu bestimmen. Aus diesem Grund hat er die Verpflichtung
der Antragsstellerin auf einen Mindest- und einen Höchstbetrag bestimmt.
Die Antragsgegnerin hat zutreffend auf den zunächst unrichtigen Vortrag der Antragsteller einschließlich der falschen
eidesstattlichen Versicherung des Antragstellers zu 1) hingewiesen, wonach für den Erwerb des Hauses 170.000,00
DM gezahlt worden seien. Dies widerspricht eindeutig dem Überlassungsvertrag vom 2. Dezember 1993, in dem sich
die Antragsteller zu 1) und 2) lediglich zur Übernahme von Verbindlichkeiten in Höhe von 100.000,00 DM verpflichtet
hatten. Hier liegt offensichtlich eine Verwechslung mit dem Wert des Vertrages, der auf 170.000,00 DM festgesetzt
wurde, vor. Gleichwohl geht der Senat davon aus, dass die jetzt zugrunde gelegte Darlehenssumme einschließlich
Zinsen von ca. 85.000,00 EUR durch den Erwerb des Hauses bedingt ist, da offensichtlich umfangreiche
Renovierungsarbeiten auf das Haus entfallen sind. Dass die Antragsteller zum damaligen Zeitpunkt das
Hausgrundstück mit 220.000,00 DM belastet haben, verdeutlicht zudem die Kostenrechnung des Notars vom 1. Juni
1994, in der u. a. auch eine Gebühr nach § 62 Abs. 1 KostO mit einem Gegenstandswert in Höhe von 220.000,00 DM
verlangt wurde. Eine Gebühr nach § 62 Abs. 1 KostO wird für die Eintragung einer Hypothek, Grundschuld oder
Rentenschuld, einer Dienstbarkeit, eines Dauerwohnrechts, eines Dauernutzungsrechts, eines Vorkaufsrechts, einer
Reallast, eines Erbbaurechts oder eines ähnlichen Rechts an einem Grundstück erhoben. Außerdem ist eine Gebühr
nach § 61 KostO (die Erteilung eines Hypotheken-, Grundschuld- oder Rentenschuldbriefs), wiederum mit einem Wert
des Gegenstandes von 220.000,00 DM, erhoben worden.
Dass diese Renovierungsarbeiten zum Teil auf den von den Eltern der Antragstellerin zu 2) genutzten Wohnraum
entfallen, ist, jedenfalls im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens, für den Senat ohne Bedeutung. Zum
Einen ist eine Trennung zwischen den unterschiedlichen Wohnräumen bei einem Großteil von Renovierungsarbeiten,
etwa dem Austausch der Heizungsanlage mit einem Kostenvolumen von knapp 18.000,00 DM, ohnehin nicht möglich.
Zum Anderen erfolgten die 1994 durchgeführten Renovierungsarbeiten für das im Eigentum der Antragsteller zu 1) und
2) stehende Haus. Zudem wird kaum näher festgelegt werden können, inwieweit sich diese Renovierungsarbeiten
noch in dem Restbetrag des Darlehens wiederfinden und zu welchem Anteil sie auf den Wohnraumteil der
Antragsteller entfallen.
Soweit die Antragsgegnerin darauf hinweist, dass die von den Antragstellern begehrten Zahlungen für die Tilgung des
Darlehens benutzt werden, steht das ihrem Anspruch ebenfalls nicht entgegen. Zwar trifft es offensichtlich zu, dass
die Antragsteller zu 1) und 2) mit der Bank, der V.sparkasse M., eine Vereinbarung – die Antragsgegnerin nennt sie
eine ungewöhnliche Konstruktion – getroffen haben, wonach Zahlungen auf das Kapital erbracht werden, nicht jedoch
auf die Zinsen (siehe auch Bl. 19 der Verwaltungsakte). Es handelt sich jedoch nur vordergründig um
Tilgungszahlungen der Antragsteller, da die ebenfalls von der V.sparkasse M. geltend gemachten Zinsen addiert und
in der Gesamtforderung weiterhin geltend gemacht werden. Damit führt die Zahlung von 426,75 EUR, die die
Antragsteller zuletzt an V.sparkesse M. gezahlt haben (s. Anlage zum Schriftsatz vom 30.9. 2008), nicht zu einer
Vermehrung des Vermögens der Antragsteller bzw. nicht zu einer Reduzierung der Schulden. Wirtschaftlich macht es
nämlich keinen Unterschied, ob diese Zahlung auf das Kapital oder auf die Zinsen erfolgt.
Der von der V.sparkasse M. geltend gemachte Zinssatz von zuletzt 8,190 % auf 62.527,99 EUR liegt jedoch bei
426,75 EUR und ist damit geringer als der Betrag von 470,00 EUR, zu dessen Zahlung das Sozialgericht die
Antragsgegnerin verpflichtet hat. Dem Senat erschließt sich nicht, woraus das Sozialgericht den Differenzbetrag von
43,25 Euro herleitet. Der Senat geht allerdings davon aus, dass die Antragsteller neben den Zahlungen an die
Sparkasse weitere nach § 22 Abs. 1 SGB II erstattungsfähige Aufwendungen für die Unterkunft aufbringen müssen (z.
B. für Müll-, Schornsteinfeger, Straßenreinigungsgebühren). Aus diesem Grund hat er im Tenor eine
Zahlungsverpflichtung der Antragsgegnerin zur Zahlung von bis zu 470 Euro bei entsprechendem Nachweis
ausgesprochen. Einer weitergehenden Verpflichtung steht bereits der Umstand entgegen, dass die Antragsteller gegen
den Beschluss des Sozialgerichts kein Rechtsmittel eingelegt haben.
Diese Vorgehensweise des Senats ist auch Folge der ungenauen Angaben der Antragsteller. So trafen die Angaben in
der eidesstattlichen Versicherung offensichtlich nicht zu. Der Antrag enthält keine präzisen Angaben hinsichtlich des
ab Juli 2008 eingeforderten Betrages und die mehrfach vorgelegten Forderungsberechnungen der V.ssparkasse M.
sind hinsichtlich der genauen Gestaltung des Darlehensvertrages und der monatlich aufzubringenden Zahlungen wenig
aussagekräftig. Auf den unzutreffend bestimmten streitigen Zeitraum wurde bereits hingewiesen.
Hinsichtlich des Anordnungsgrundes schließt sich der Senat der Auffassung des Sozialgerichts an. Die Gefahr von
Zwangsmaßnahmen der Sparkasse bei Nichtzahlung liegt auf der Hand und wird durch deren Schreiben belegt.
Die Kostenentscheidung folgt aus entsprechender Anwendung von § 193 Abs. 1, Abs. 4 SGG.
Wegen der Kostenerstattung durch die Antragsgegnerin ist eine Entscheidung über den Antrag auf Gewährung von
Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren entbehrlich.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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