Urteil des LSG Schleswig-Holstein vom 12.02.2007

LSG Shs: therapie, ermächtigung, abrechnung, wirtschaftlichkeit, augenheilkunde, vergütung, bestandteil, behandlung, facharzt, ausschluss

Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht
Urteil vom 12.02.2007 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Kiel S 14 KA 319/03
Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht L 4 KA 37/05
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 19. Januar 2005 geändert. Auf die Klage
wird der gegenüber Dr. C und Dr. B zur Abrechnungsnummer A ergangene Bescheid vom 10. Oktober 2002 in der
Fassung der Widerspruchsbescheide vom 26. Juni 2003 hinsichtlich der die Nrn. 5440, 5466 EBM-Ä betreffenden
Honorarkürzungen (Quartal II/2002) aufgehoben. Hinsichtlich der die Nrn. 1216 und 1224 EBM-Ä betreffenden
Honorarkürzungen im Quartal IV/2001 aus dem Bescheid vom 21. März 2002 in der Fassung der
Widerspruchsbescheide vom 26. Juni 2003 werden die Klagen des Prof. Dr. H , des Dr. C und des Dr. B abgewiesen.
Die Beklagte wird verpflichtet, die Klägerin wegen der Streichung der Nr. 5466 EBM-Ä im Quartal II/2002 neu zu
bescheiden. Die weitergehende Berufung der Beklagten (Kürzung der Nr. 5440 EBM-Ä) wird zurückgewiesen. Die
Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die sachlich-rechnerische Berichtigungen, die die Beklagte für das Quartal IV/01 (Nrn.
1216, 1224 EBM-Ä) und für das Quartal II/02 (Nr. 5440, 5466 EBM-Ä) bezogen auf die Tätigkeit der Klägerin in K
(Abrechnungsnummer A ) vorgenommen hat.
Die Klägerin ist eine Gemeinschaft von Ärzten, die in den Quartalen, für die die streitigen sachlich-rechnerischen
Berichtigungen durchgeführt wurden, zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt waren. Prof. Dr.
H , Dr. C und Dr. B waren jeweils gesondert Ermächtigungen für Tätigkeiten am Universitätsklinikum K und für
Tätigkeiten am W klinikum Ha erteilt worden. Die Abrechnung der am W klinikum in Ha erbrachten Leistungen erfolgte
für alle Ärzte dieser Abrechnungsgemeinschaft gemeinsam unter der Abrechnungsnummer B und die Abrechnung der
am Universitätsklinikum K erbrachten Leistungen erfolgte für alle Ärzte dieser Abrechnungsgemeinschaft unter der
Abrechnungsnummer A. Eine Kennzeichnung von Leistungen, die es der Beklagten ermöglicht hätte, die erbrachte
Leistung einem der ermächtigten Ärzte der jeweiligen Abrechnungsgemeinschaft zuzuordnen, erfolgte nicht. In einem
Prof. Dr. H für die Tätigkeit in K erteilten Bescheid vom 12. März 2001 (Beschluss vom 16. Dezember 2000) wird zur
Begründung ausgeführt, dass es der Zulassungsausschuss aus "in der Abrechnungssystematik liegenden Gründen"
für erforderlich gehalten habe, dass die Ermächtigungen "zur gemeinsamen Abrechnung unter einer
Abrechnungsnummer im Sinne einer Gemeinschaftspraxis zusammengefasst" würden. Mit Bescheid des
Berufungsausschusses vom 28. August 2001 (Beschl. v. 12. Juli 2001) ist die gemeinsame Abrechnung unter einer
Abrechnungsnummer "zur Klarstellung" in den Tenor der Ermächtigung aufgenommen worden.
Den Mitgliedern der Abrechnungsgemeinschaft ist die Ermächtigung für K zur Teilnahme an der vertragsärztlichen
Versorgung "als Facharzt für Nuklearmedizin für K zur Durchführung von Radiojod-Therapien der Schilddrüse und den
dazu erforderlichen diagnostischen Leistungen [ ...] auf Überweisung durch Vertragsärzte" erteilt worden. Außerdem
erstreckt sich die Ermächtigung auf das gesamte Fachgebiet der Nuklearmedizin bei Überweisung durch
Nuklearmediziner und Radiologen, die die Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung zur Durchführung
nuklearmedizinischer Leistungen erhalten haben.
Mit Bescheid der Beklagten vom 21. März 2002 teilte die Beklagte den Mitgliedern der Abrechnungsgemeinschaft,
Prof. Dr. H , Dr. C und Dr. B mit, dass für das Quartal IV/2001 Kürzungen – soweit noch Gegenstand des
Berufungsverfahrens – bezogen auf die Nr. 1216 EBM-Ä (51 X) und die Nr. 1224 EBM-Ä (50 X) vorzunehmen seien,
da es sich um fachfremde Leistungen handele, die der Augenheilkunde zuzurechnen seien. Dagegen wandte sich der
Kläger mit dem am 25. April 2002 eingelegten Widerspruch, zu dessen Begründung er vortrug, dass die Erbringung
dieser Leistungen bei Patienten mit Morbus Basedow vor Durchführung der Radiojod-Therapie unabdingbar sei. Im
Rahmen der Ermächtigung seien sämtliche Leistungen zur Diagnostik von Patienten zur Radiojod-Therapie zuerkannt
worden.
Die Beklagte holte die Auskunft der von ihrem Vorstand eingesetzten Radiologiekommission vom 18. September 2002
ein. Mit Bescheid vom 10. Oktober 2002 teilte die Beklagte den Klägern für das Quartal II/2002 Kürzungen – soweit
noch Gegen¬stand des Berufungsverfahrens – bezüglich der Nr. 5440 EBM-Ä (139mal) und Nr. 5466 EBM-Ä (138mal)
mit. Auch dagegen legten die Mitglieder der Abrechnungsgemeinschaft am 17. Oktober 2002 Widerspruch ein.
Mit drei gesondert an Prof. Dr. H , an Dr. B und an Dr. C gerichteten gleich lautenden Widerspruchsbescheiden vom
26. Juni 2003 (Beschlüsse vom 28. Januar 2003, zugegangen am 4. Juli 2003) wies die Beklagte die Widersprüche
zurück und führte zur Begründung aus: Die Leistungen nach den Nrn. 1216 und 1224 EBM-Ä seien im EBM-Ä dem
Kapital K (Augenheilkunde) zugeordnet. Als fachfremde Leistungen könnten sie nicht vergütet werden. Nach den
Bestimmungen in § 4 Abs. 2 a HVM seien regelmäßig erbrachte fachfremde Leistungen nicht abrechnungsfähig.
Darüber hinaus bestimme § 21 der Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Schleswig-Holstein, dass Ärzte mit einer
Gebietsbezeichnung - wie z. B. Nuklearmediziner - grundsätzlich nur in diesem Gebiet tätig werden dürften. Zudem
seien diese Leistungen nicht Gegenstand der erteilten Ermächtigungen und die genannten Leistungen seien außerdem
prästationär zu erbringen. Auch die Berichtigung zu Nrn. 5440, 5466 EBM Ä sei zu Recht erfolgt. Die durch die
Pharmakokinetik bedingte Anreicherung des Technetiums in den Speicheldrüsen sei nicht als eigenständige Leistung
neben der Schilddrüsenszintigraphie abrechnungsfähig. Es handele sich um ein "Abfallprodukt". Hinzu komme, dass
die Untersuchung von den Auftraggebern nicht angefordert worden sei. Zu der Entscheidungsfindung habe auch eine
Stellungnahme der vom Vorstand eingesetzten Radiologie-Kommission beigetragen. Die Mitglieder der Radiologie-
Kommission hätten die Auffassung vertreten, dass eine routinemäßige Durchführung der Speicheldrüsenszintigraphie
im Rahmen der Schilddrüsendiagnostik nicht erforderlich sei. Eine solche Untersuchung könne nur in Einzelfällen bei
Schilddrüsenkarzinompatienten vor Durchführung der Radiojod-Therapie notwendig sein, wenn z. B. im Rahmen der
Anamnese über Mundtrockenheit berichtet werde. Nur in seltenen Ausnahmefällen sei eine solche Untersuchung auch
nach der Radiojod-Therapie denkbar. Zudem habe sich die Kommission mit der Frage beschäftigt, ob die
Speicheldrüsenszintigraphie im Sinne der Leistungslegende vollständig neben der Schilddrüsendiagnostik erbracht
werde oder ob es sich hierbei lediglich um einen Teilschritt dieser aufwendigen Untersuchung handele. Hierzu sei
festgestellt worden, dass die Speicheldrüsenszintigraphie und die Schilddrüsenszintigraphie zwei getrennte
Untersuchungen seien, die allerdings mit einer Radionuklidapplikation durchgeführt werden könnten. So werde, wenn
sich aus der Anamnese die Notwendigkeit einer Speicheldrüsenszintigraphie vor der Radiojod-The¬rapie ergebe, die
Speicheldrüsenszintigraphie durchgeführt. Somit sei die Speicheldrüsenszintigraphie nicht Bestandteil der
Schilddrüsenszintigraphie. Ferner werde die Auffassung vertreten, dass die Untersuchungen der Speicheldrüse bei
Karzinompatienten grundsätzlich prästationär durchgeführt werden könnten. Dies bedeute, dass sich für diese
Untersuchungen der direkte Abrechnungsweg mit den Kostenträgern eröffne. Diese Leistungen wären dann nicht
Bestandteil der Ermächtigung. Sollten im Einzelfall Untersuchungen nach der stationär durchzuführenden Radiojod-
Therapie erforderlich sein, würden diese in der Regel außerhalb des poststationären Zeitraums notwendig.
Dagegen haben sich Prof. Dr. H , Dr. B und Dr. C jeweils mit Klagen gewandt, die am 23. Juli 2003 beim Sozialgericht
Kiel eingegangen sind. Die Verfahren zu den durch Dr. B (S 16 KA 323/03) und Dr. C (S 16 KA 325/03) erhobenen
Klagen sind beim Sozialgericht Kiel zunächst ruhend gestellt worden.
Die Klägerin hat zur Begründung ihrer Klage im Wesentlichen ausgeführt, dass es sich bei den Leistungen nach Nrn.
1216 und 1224 EBM-Ä nicht um für Nuklearmediziner fachfremde Leistungen handele, obwohl diese im Kapitel K
(Augenheilkunde) des EBM Ä verzeichnet seien. Die Untersuchungen seien im Gegenteil Teil der kunstgerechten
Vorbereitung einer Radiojod-Therapie. Auch die Erbringung von Leistungen nach Nrn. 5440, 5466 EBM-Ä
(Speicheldrüsenszintigraphie und Zuschlag) sei bei Durchführung der Radiojod-Thera¬pie zwingend erforderlich, weil
es sich bei der Speicheldrüse um das kritische Organ außerhalb des Zielorgans Schilddrüse handele. Bei der
Speicheldrüsenszintigraphie handele es sich keinesfalls nur um ein Abfallprodukt, sondern um eine notwendige,
gezielt erbrachte Leistung mit einer Untersuchungsdauer von insgesamt 30 Min. Soweit sich die Klägerin gegen die
Streichung der Nr. 4288 EBM Ä mit Bescheid der Beklagten vom 10. Oktober 2002 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 26. Juni 2003 gewandt hat, hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem
Sozialgericht ein Teilanerkenntnis abgegeben.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 10. Oktober 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26. Juni 2003
hinsichtlich der die Ziffern 5440 und 5466 betreffenden Honorarkürzungen abzuheben (richtig: aufzuheben) sowie den
Bescheid der Beklagten vom 21. März 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26. Juni 2003
hinsichtlich der die Ziffern 1216 und 1224 betreffenden Honorarkürzung aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit Urteil vom 19. Januar 2005 hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben und die angefochtenen Bescheide der
Beklagten mit folgender Begründung aufgehoben: Hinsichtlich der Gebührenziffern 1216 und 1224 EBM-Ä sei
unstreitig, dass die Klägerin den Leistungsinhalt erbracht habe. Der Beklagten sei zuzustimmen, dass die
Untersuchungen auf dem Gebiet der Augenheilkunde für die Klägerin als Nuklearmediziner fachfremde Leistungen
darstellten. Gleichwohl bedeute dies in diesem speziellen Fall nicht, dass die Klägerin hierfür keine Vergütung
verlangen könne. Der Arzt sei aufgrund des Weiterbildungsrechts verpflichtet, sich auf sein Fachgebiet zu begrenzen.
Jedoch sei wegen der nur "grundsätzlichen" Verpflichtung auf das Fachgebiet eine Toleranzbreite anzuerkennen,
innerhalb der eine vereinzelt fachfremde Tätigkeit akzeptiert werden müsse. Diese Toleranzbreite rechtfertige keine
regelmäßig systematische fachfremde Tätigkeit, es sei denn, dass bestimmte fachfremde Leistungen zur
Durchführung einer bestimmten ärztlichen Untersuchung erforderlich seien und wegen des zeitlichen Zusammenhangs
nicht an einen anderen Arzt überwiesen werden könnten. Nach Anwendung dieser Grundsätze bestehe kein Zweifel
daran, dass die vom Kläger durchgeführten Augenuntersuchungen in den aufgeführten speziellen Fällen, in denen die
Patienten Vorerkrankungen aufwiesen, im Rahmen der Radiojod-Therapie notwendig seien und zeitlich eng mit dieser
Behandlung im Zusammenhang stünden. Dieser Argumentation sei die Beklagte nicht entgegengetreten. Vielmehr
beschränke sie sich auf den bloßen Hinweis der Fachfremdheit. Die Abrechenbarkeit der betreffenden
augenheilkundlichen Leistungsziffern scheitere ferner nicht daran, dass die Ermächtigung des Klägers diese nicht
umfassen würde. Auch die sachlich-rechnerische Berichtigung bezogen auf die Nr. 5440 EBM-Ä sei zu Unrecht
erfolgt. Die Leistung sei ebenfalls von der erteilten Ermächtigung ohne Einschränkung des Leistungsspektrums
umfasst. Im EBM-Ä finde sich kein ausdrücklicher Hinweis darauf, in welchem Umfang für die Leistung nach Nr. 5440
EBM-Ä die gesonderte Verabreichung des Technetiums notwendig sei. Folglich sei die Leistung nach Nr. 5440 EBM-Ä
auch dann abzurechnen, wenn das Technetium nur einmal zur Durchführung sowohl der Untersuchung nach Nr. 5435
EBM-Ä (Schilddrüsenszintigraphie) als auch der Leistung nach Nr. 5440 EBM-Ä (Speicheldrüsenszintigraphie)
verabreicht worden sei. Inhalt der Leistungslegende sei nur die eigentliche Untersuchung des Organs. Unter
Zugrundelegung der nachvollziehbaren Ausführungen des Klägers seien die Szintigraphien der Speicheldrüse und der
Schilddrüse getrennt durchgeführt worden. Damit sei der Leistungsinhalt der Nr. 5440 EBM-Ä erfüllt. Das von der
Beklagten vorgebrachte Argument der fehlenden medizinischen Notwendigkeit einer Speicheldrüsenszintigraphie
neben der Schilddrüsenszintigraphie im Einzelfall sei im Rahmen der sachlich-rechnerischen Berichtigung nicht zu
berücksichtigen. Vielmehr seien Fragen der Wirtschaftlichkeit angesprochen, deren Prüfung den Gremien der
Wirtschaftlichkeitsprüfung vorbehalten sei. Da der Ansatz der Nr. 5440 EBM Ä nicht zu beanstanden sei, habe auch
die Abrechnung der Nr. 5466 EBM Ä Bestand. Der Beklagten sei darin zuzustimmen, dass diese Leistung neben der
Schilddrüsenszintigraphie nach Nr. 5435 EBM Ä nicht abrechenbar sei. Der EBM Ä enthalte diesbezüglich eine
ausdrückliche Regelung im Anschluss an die Nr. 5436 EBM Ä. Ein solcher Ausschluss finde sich jedoch nicht nach
der Leistungsziffer 5440 EBM Ä. Da ein Ausschluss der Nr. 5466 EBM Ä neben der Nr. 5440 EBM Ä nicht
ausdrücklich geregelt sei, sei bezüglich der Ziffer 5466 EBM Ä keine sachlich rechnerische Berichtigung
vorzunehmen.
Gegen das der Beklagten am 29. April 2005 zugestellte Urteil wendet sich diese mit der am 23. Mai 2005 beim
Schleswig-Hol¬steinischen Landessozialgericht eingegangenen Berufung und führt zur Begründung aus: Das
Sozialgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Durchführung von Speicheldrüsenszintigraphien nach Nr.
5440 EBM-Ä von der Ermächtigung umfasst seien. Den Mitgliedern der Abrechnungsgemeinschaft sei für ihre
Tätigkeit in K (anders als für Ha ) keine umfassende Ermächtigung als Facharzt für Nuklearmedizin erteilt worden.
Vielmehr sei die Ermächtigung bei Überweisung durch Vertragsärzte auf die Durchführung von Radiojodtherapien der
Schilddrüse und die dazu erforderlichen diagnostischen Leistungen begrenzt. Nur bei Überweisung durch
Nuklearmediziner und Radiologen, die die Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung zur Durchführung
nuklearmedizinischer Leistungen erhalten hätten, erstrecke sich die Ermächtigung auf das gesamte Fachgebiet der
Nuklearmedizin. Der Kläger habe die Leistungen auf Überweisung durch Vertragsärzte erbracht, sodass die
Beschränkung auf die zur Durchführung der Radiojodtherapie erforderlichen diagnostischen Leistungen zu beachten
sei. Bei der Speicheldrüsenszintigraphie handele es sich nicht um eine mit der Radiojodtherapie zwingend
einhergehende Leistung. Damit gehöre sie nicht zum Ermächtigungsumfang. Die Frage, ob die
Speicheldrüsenszintigraphie zwingender Bestandteil der Radiojodtherapie sei, sei im vorliegenden Verfahren entgegen
der Auffassung des Sozialgerichts nicht im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung, sondern bei der Prüfung des
Ermächtigungsumfangs zu klären. Die routinemäßige Speicheldrüsenszintigraphie, wie sie die Klägerin durchgeführt
habe, sei weder in Einzelfällen nützlich noch generalisiert zielführend. Zutreffend sei zwar, dass eine Schädigung der
Speicheldrüse durch die Radiojod-Therapie theoretisch erfolgen könne. Eine Schädigung sei aber erst bei Herddosen
im Bereich der Speicheldrüsen von mehr als 60 GBq zu erwarten. Diese Herddosen würden bei Radiojod-Therapien ab
einer verabreichten Aktivität von 5 bis 14 GBq erreicht. Die durchschnittlich verabreichte Aktivität bei gutartigen
Erkrankungen der Schilddrüse liege jedoch typischerweise in der Größenordnung von 0,5 bis 1 GBq. Ferner handele
es sich bei der Vorerkrankung der Speicheldrüse nicht um eine Kontraindikation für die Durchführung der Radiojod-
The¬ra¬pie. Dazu werde auf die Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Nuklearmedizin zur Durchführung der
Radiojod-Therapie bei benignen und malignen Schilddrüsenerkrankungen hingewiesen. Die
Speicheldrüsenszintigraphie sei in keiner Weise geeignet, eine Reduzierung der durch Radioaktivität verursachten
Dosis außerhalb des Zielorgans zu gewährleisten. Letztlich sei die vorgetragene simultane Durchführung der
Szintigraphie der Speicheldrüse und der Schilddrüse mit nur einer Technetiumgabe medizinisch nicht durchführbar,
ohne dass es zu einem nicht hinnehmbaren Qualitätsverlust bei einer von beiden Untersuchungen komme. Das
Sozialgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass eine gesonderte Verabreichung von Technetium sowohl für die
Speichel- als auch für die Schilddrüsenszintigraphie für die Erfüllung des Leistungsinhaltes der entsprechenden EBM-
Positionen nicht zwingend erforderlich sei. Die Technetiumsgabe sei sowohl aus strahlenschutzrechtlichen Gründen
als auch aus Qualitätsgesichtspunkten in jedem Fall bei beiden Szintigraphien gesondert vorzunehmen. Die
Speicheldrüsenszintigraphie werde in keiner anderen nuklearmedizinischen Abteilung oder Praxis in Zusammenhang
mit der Radiojod-Therapie der Schilddrüse durchgeführt.
In der mündlichen Verhandlung am 12. Februar 2007 hat die Klägerin die Klage erweitert und sich auch gegen die
Widerspruchsbescheide gewandt, die an Dr. B und an Dr. C gerichtet und Gegenstand der beim Sozialgericht Kiel
anhängigen Verfahren zu den Aktenzeichen S 16 KA 323/03 und S 16 KA 325/03 waren. Die Beklagte hat dieser
Klagerweiterung zugestimmt. Ferner haben die Beteiligten übereinstimmend die Erledigung der genannten vor dem
Sozialgericht Kiel anhängigen Verfahren der Dres. B und C erklärt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 19. Januar 2005 aufzuheben und die Klagen gegen die gegenüber Dres. C und
B zur Abrechnungsnummer A ergangenen die Quartale IV/2001 (EBM-Nrn. 1216, 1224 EBM-Ä) und II/2002
betreffenden Bescheide vom 21. März 2002 und vom 10. Oktober 2002 in der Fassung der Widerspruchsbescheide
vom 26. Juni 2003 abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und die gegenüber Dres. C und B zur Abrechnungsnummer A ergangenen die Quartale
IV/2001 (Nrn. 1216, 1224 EBM-Ä) und II/2002 betreffenden Bescheide vom 21. März 2002 und vom 10. Oktober 2002
in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 26. Juni 2003 aufzuheben.
Sie führt zur Begründung aus: Auch die im Berufungsverfahren von der Beklagten vertretene Auffassung, nach der die
Szintigraphien der Speicheldrüse und der Schilddrüse nicht simultan durchführbar seien, sei unrichtig. Die optimale
Nutzung einer einzigen Radioaktivitätsdosis für zwei wichtige Funktionsstudien - die Speicheldrüsenszintigraphie und
die Schilddrüsenszintigraphie - sei medizinökonomisch und patientenschonend. Die Leistung sei auch vom
Überweisungsauftrag gedeckt. Der Überweisungsauftrag enthalte insoweit keine ausdrücklichen Vorgaben. Auf die
Notwendigkeit der Speicheldrüsenszintigraphie komme es im vorliegenden Zusammenhang nicht an, weil es sich
dabei um eine Frage der Wirtschaftlichkeit handele, die nicht von der Beklagten, sondern nur von den Gremien der
Wirtschaftlichkeitsprüfung geprüft werden dürfe. Im Übrigen sei die Durchführung der Speicheldrüsenszintigraphie
auch notwendig, um Schädigungen der Speicheldrüse bei Durchführung der Radiojod-Therapie der Schilddrüse so weit
wie möglich auszuschließen. Die Speicheldrüsenszintigraphie habe den Zweck, die Patienten zu eruieren, bei denen
der Speichelfluss aus den Speicheldrüsen gestört sei und bei denen dann die um den Faktor von ca. 10 vermehrte
Strahlendosis auf diese Speicheldrüse als Nebenwirkung treffen würde. Zwar treffe es zu, dass die Leitlinie
Schilddrüsenszintigraphie nicht explizit die Durchführung einer Speicheldrüsenszintigraphie vorschreibe. Zu beachten
sei jedoch auch die Richtlinie Strahlenschutz. Diese schreibe vor, jegliche Nebenwirkung auf kritische Organe zu
vermeiden. Ergänzend nimmt die Klägerin auf einen Auszug aus einer Veröffentlichung von Schicha und Schober,
Nuklearmedizin, 4. Aufl., S. 183 f., Bezug. Mit den vom Sozialgericht für abrechenbar erklärten Nrn. 1216, 1224 EBM-
Ä habe sich die Beklagte in der Berufungsbegründung nicht befasst. Die Annahme, dass es sich bei den Leistungen
nach Nrn. 1216, 1224 EBM-Ä für die Mitglieder der Abrechnungsgemeinschaft um fachfremde Leistungen handele, sei
falsch. Für eine den Regeln der ärztlichen Kunst entsprechende Durchführung der Radiojod-Therapie sei es zwingend
geboten, die Augen bei Patienten mit Morbus-Basedow unmittelbar vor, während und nach der Radiojod-Therapie zu
dokumentieren, da sich durch die Strahlentherapie eine Augenproblematik vehement verschlechtern könne. Aus
diesem Grunde liege die Dokumentation und die Therapie bzw. die Prophylaxe in der Hand desjenigen, der den
möglichen Schaden zu verantworten hätte und damit in der Hand des Nuklearmediziners. Dementsprechend gehöre
die Beurteilung der Augen bei Patienten mit Morbus-Basedow im Rahmen der Radiojod-Therapie auch zum
Ausbildungsinhalt des Facharztes für Nuklearmedizin. Außerdem seien die Untersuchungen nach den Nrn. 1216, 1224
EBM-Ä Bestandteil der Medizinausbildung sowohl während der Ausbildung in der Ophthalmologie als auch im Rahmen
der inneren Medizin zur Untersuchung von Basedow-Patienten. Die Untersuchung werde von jedem Arzt beherrscht.
Daher liege keine fachfremde Leistung vor. Die Herbeiziehung eines Augenarztes während der Radiojod-Therapie sei
nicht möglich, weil sich der Augenarzt dazu während der gesamten Radiojod-Therapie im Strahlenschutz-
Kontrollbereich aufhalten müsste. Aufgrund der Häufung von Morbus-Basedow-Patien¬ten in der Radiojod-Therapie
verfügten erfahrene Nuklearmediziner über größere Routine in der Beurteilung der Augenproblematik bei Morbus-
Basedow als Augenärzte, denen derartige Patienten nur vereinzelt und in sehr fortgeschrittenen Stadien zur
Beurteilung und Behandlung zugewiesen würden.
Die das Widerspruchsverfahren des Prof. Dr. H betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten und die Prozessakte
sowie die Akten zu den beim Sozialgericht Kiel geführten Verfahren des Dr. B (S 16 KA 323/03) und des Dr. C (S 16
KA 325/03) einschließlich der entsprechenden Verwaltungsakten der Beklagten haben dem Senat vorgelegen. Diese
sind Gegen¬stand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf ihren
Inhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet, soweit es um die Honorarkürzung bezogen auf die Nrn. 1216 und
1224 EBM-Ä geht. Die von der der Beklagten verfügte Honorarkürzung war insoweit nicht zu beanstanden. Dagegen
hat die Entscheidung des Sozialgerichts bezogen auf die Kürzung der Nr. 5440 EBM-Ä Bestand. Insoweit waren die
Honorarkürzungen nicht rechtmäßig. Bezogen auf die Kürzung der Nr. 5466 EBM-Ä aus dem Bescheid vom 10.
Oktober 2002 war die Beklagte im Hinblick auf noch durchzuführende Ermittlungen zur Neubescheidung zu
verpflichten.
Die Klägerin ist eine Gemeinschaft von Ärzten, die zur Abrechnung unter einer gemeinsamen Abrechnungsnummer
ermächtigt worden sind. Diese Abrechnungsgemeinschaft hat anstelle der einzelnen Ärzte nach entsprechender
Rubrumsberichtigung die Parteistellung eingenommen. Dabei geht der Senat davon aus, dass für mehrere Ärzte, die -
ausnahmsweise - zur gemeinschaftlichen Abrechnung unter einer einheitlichen Arztnummer ermächtigt worden sind,
bei Streitigkeiten gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung (KV), die diese gemeinschaftliche Abrechnung zum
Gegenstand hat, die Grundsätze entsprechend anzuwenden sind, die in der Rechtsprechung für eine unter einer
Arztnummer abrechnende Gemeinschaftspraxis entwickelt worden sind (vergl. dazu BSG, Urt. v. 23. Februar 2005 - B
6 KA 45/03 R - SozR 4-1500 § 86 Nr. 2, juris Rz. 15; BSG, Urt. v. 20. Oktober 2004 - B 6 KA 15/04 R - SozR 4-1390
§ 6 Nr. 1, juris Rz. 19, 20). Gegen¬stand des vorliegenden Verfahrens sind die gegenüber Prof. Dr. H , Dr. B und Dr.
C im Universitätsklinikum K (Abrechnungsnummer A ) ergangenen Bescheide der Beklagten vom 21. März 2002 und
vom 10. Oktober 2002 in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 26. Juni 2003 soweit sie Kürzungen bezüglich
der Nrn. 5440, 5466 EBM-Ä im Quartal II/2002 und Kürzungen bezüglich der Nrn. 1216, 1224 EBM-Ä im Quartal
IV/2001 betreffen. Die Beklagte hat der auch noch im Berufungsverfahren möglichen (vgl. BSG, Urt. v. 7. Februar
1996 - 6 RKa 42/95 - SozR 3-2500 § 85 Nr. 12) Klagerweiterung bezogen auf die gegenüber Dr. B und Dr. C
ergangenen Widerspruchsbescheide in der mündlichen Verhandlung am 12. Februar 2006 ausdrücklich zugestimmt.
Gleichzeitig haben die Beteiligten die vor dem Sozialgericht Kiel anhängigen Klageverfahren der Dres. B und C , die
dieselben Widerspruchsbescheide zum Gegenstand hatten, einvernehmlich für erledigt erklärt, sodass der
Klagerweiterung nicht die anderweitige Rechtshängigkeit entgegensteht.
Die angefochtenen Widerspruchsbescheide sind nicht bereits deshalb aufzuheben, weil sie nicht mit einer Begründung
versehen wären. Zwar dürfen zwischen der Beschlussfassung von Gremien der vertragsärztlichen Selbstverwaltung
und der Herausgabe der ergangenen Entscheidung zur Zustellung höchstens fünf Monate vergangen sein, um den
Bescheid als noch "mit Gründen versehen" ansehen zu können. Dabei ist für den Fristlauf nicht die Übergabe des
unterschriebenen Bescheides an die Geschäftsstelle maßgeblich, sondern die "Herausgabe" zum Zwecke der
Zustellung bzw. Bekanntgabe an die Beteiligten (BSG, Beschl. v. 27. Juni 2001 - B 6 KA 5/01 B, m.w.N.). Diese Frist
dürfte hier versäumt sein, weil nach der Beschlussfassung des Vorstands der Kassenärztlichen Vereinigung am 28.
Januar 2003 mehr als fünf Monate vergangen sind, bis die Widerspruchsbescheide vom 26. Juni 2003 an die
Mitglieder der Abrechnungsgemeinschaft versandt wurden. Zwar enthalten die Akten der Beklagten keine
Absendevermerke. Für die verspätete Absendung spricht jedoch der Eingangsstempel der Klinik für Nuklearmedizin
auf dem Empfangsbekenntnis des Prof. Dr. H (Freitag, 4. Juli 2003). Indes ist die Nichteinhaltung der fünfmonatigen
Begründungsfrist bei gebundenen Entscheidungen unter dem Blickwinkel des § 42 Satz 1 SGB X unschädlich (BSG,
a.a.O., m.w.N.). Bei der - rechtmäßigen - sachlich-rechnerischen Berichtigung bezogen auf die Nrn. 1216, 1224, 1256
EBM-Ä handelt es sich um eine gebundene Entscheidung, so dass sich das Fehlen der Begründung im vorliegenden
Fall nicht auswirkt.
Rechtsgrundlage für die von der Beklagten vorgenommene sachlich-rechnerische Berichtigung sind § 45 Abs. 2 Satz
1 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) in der seit 1. Januar 1995 geltenden und § 34 Bundesmantelvertrag-
Ärzte/Ersatzkassen (EKV-Ä) in der seit 1. Juli 1994 geltenden Fassung. Nach diesen für den Primär- und
Ersatzkassenbereich im Wesentlichen gleich lautenden Vorschriften hat die Kassenärztliche Vereinigung die
Befugnis, die von den Vertragsärzten eingereichten Abrechnungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen
und nötigenfalls richtigzustellen. Dies kann auch im Wege der nachgehenden Richtigstellung erfolgen (BSG, Urt. v.
12. Dezember 2001 B 6 KA 3/01 R BSGE 89, 90, 93 f = SozR 3 2500 § 82 Nr. 3).
Bezogen auf die Nr. 5440 EBM-Ä lagen die Voraussetzungen einer sachlich-rechnerischen Berichtigung nicht vor.
Daher hat das Sozialgericht den diese Gebührennummer betreffenden Bescheid vom 10. Oktober 2002 zur
Abrechnung für das Quartal II/02 für Kiel in der Fassung des an Prof. Dr. H gerichteten Widerspruchsbescheides vom
26. Juni 2003 zu Recht aufgehoben. Auch die inhaltlich damit übereinstimmenden Widerspruchsbescheide, die
gegenüber Dr. B und Dr. C ergangenen sind, waren auf die im Berufungsverfahren erhobene Klage in diesem Umfang
aufzuheben. (Zur Klarstellung ist darauf hinzuweisen, dass hinsichtlich der Streichung der Nr. 4288 EBM-Ä mit
Bescheid vom 10. Oktober 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26. Juni 2003 auch insoweit das in
der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht abgegebene Teilanerkenntnis der Beklagten maßgeblich ist.) Die
tatbestandlichen Voraussetzungen der Nr. 5440 EBM Ä waren durch die erbrachten Leistungen erfüllt, und es lagen
auch keine anderen Gründe vor, aus denen die Leistung nicht in Ansatz gebracht werden könnte.
Mit der Erbringung von Leistungen der Speicheldrüsenszintigraphie nach Nr. 5440 EBM-Ä haben die Mitglieder der
klagenden Abrechnungsgemeinschaft nicht den Rahmen der Ermächtigung überschritten. Allerdings ist die
Ermächtigung für die Tätigkeit der Abrechnungsgemeinschaft in K (anders als für die Tätigkeit in Ha , vgl. dazu die
Verfahren zum Aktenzeichen L 4 KA 35/05 und L 4 KA 36/05) bei Überweisung durch Vertragsärzte auf die
Durchführung von Radiojod-Therapien der Schilddrüse und die dazu erforderlichen diagnostischen Leistungen
beschränkt. Nur bei der Überweisung durch Nuklearmediziner und Radiologen, die die Genehmigung der
Kassenärztlichen Vereinigung zur Durchführung nuklearmedizinischer Leistungen erhalten, erstreckt sich die
Ermächtigung auf das gesamte Fachgebiet der Nuklearmedizin. Wie die Klägerin im Laufe des Berufungsverfahrens
(vgl. Schriftsatz vom 8. März 2006, S. 10) eingeräumt hat, sind die Leistungen nach Nr. 5440 EBM-Ä auf
Überweisung durch Allgemeinmediziner erbracht worden. Deshalb ist (entgegen der insoweit missverständlichen
Formulierung in den Entscheidungsgründen des sozialgerichtlichen Urteils) die Beschränkung auf die zur
Durchführung von Radiojod-Therapien der Schilddrüse erforderlichen diagnostischen Leistungen zu beachten. Indes
handelt es sich bei der Szintigraphie der Schilddrüse nach Nr. 5440 EBM-Ä um eine erforderliche diagnostische
Leistung zur Durchführung der Radiojod-Therapie im Sinne der Ermächtigung. Dabei geht der Senat davon aus, dass
der Umfang der Ermächtigung hier wie üblich ein Leistungsspektrum, das der Arzt erbringen und abrechnen darf,
generell und unabhängig vom einzelnen Behandlungsfall abgrenzt. Wenn die hier erteilte Ermächtigung dagegen so
verstanden würde, dass es auf die Erforderlichkeit der diagnostischen Leistung im jeweiligen Behandlungsfall
ankommt, würde die Kassenärztliche Vereinigung im Ergebnis zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit ermächtigt werden.
Für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit sind jedoch allein die paritätisch besetzten Gremien der
Wirtschaftlichkeitsprüfung zuständig. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass die Kassenärztliche Vereinigung
generell nicht berechtigt ist, aus Anlass sachlich-rechnerischer Honorarberichtigungen die Wirtschaftlichkeit der
Leistungserbringung eines Vertragsarztes zu prüfen (vgl. BSG, Urt. v. 27. April 2005 – B 6 KA 39/04 R – SozR 4-2500
§ 106 Nr. 10, m.w.N.). Die Ermächtigung ist aus der Sicht des Senats im Zweifel so auszulegen, dass eine
rechtswidrige Regelung nicht getroffen werden sollte. Zu den diagnostischen Leistungen, die zur Durchführung von
Radiojod-Therapien erforderlich sind, gehört danach auch die Szintigraphie der Speicheldrüse. Dies hat die Beklagte
jedenfalls für Fälle der Radiojod-Therapie bei malignen Erkrankung der Schilddrüse eingeräumt und dies wird in dem
von der Beklagten eingeholten Bericht der Radiologiekommission vom 18. September 2002 bestätigt. Danach kann
eine Untersuchung der Speicheldrüse jedenfalls in bestimmten Fällen bei Schilddrüsenkarzinompatienten vor
Radiojod-Therapien erforderlich sein. Der Senat verkennt nicht, dass nach Auffassung der Radiologiekommission die
von der Klägerin praktizierte routinemäßige Durchführung der Speicheldrüsenszintigraphie nicht erforderlich ist. Darauf
kommt es aus den oben genannten Gründen im vorliegenden Zusammenhang jedoch nicht an, weil es sich dabei um
eine Frage der Wirtschaftlichkeit handelt.
Entgegen der Auffassung der Beklagten kann die Durchführung der sachlich-rechnerischen Berichtigung nicht darauf
gestützt werden, dass die "Simultandurchführung" der Szintigraphie der Speicheldrüse und der Schilddrüse mit einem
Radionuklid nicht leitliniengerecht sei. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob dies zutrifft. Mit dem Einwand der
Beklagten sind Fragen der Qualität der Leistung angesprochen, die keinen Eingang z.B. in eine Richtlinie i.S.d. § 92
SGB V oder eine Vereinbarung i.S.d. § 135 Abs. 2 SGB V gefunden haben. Unter diesen Umständen können
sachlich-rech¬ne¬rische Berichtigungen aufgrund mangelnder Qualität nur unter sehr eingeschränkten
Voraussetzungen durchgeführt werden. Voraussetzung wäre nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
(BSG, Urt. v. 5. Februar 2003 - B 6 KA 15/02 R - SozR 4-2500 § 95 Nr. 1), der der Senat folgt, die "Ungeeignetheit der
Leistung". Die Leistung müsste sich in dem "konkreten Behandlungszusammenhang in offenkundigem Widerspruch
zum Stand der medizinischen Wissenschaft befinden oder erkennbar ohne jeden Nutzen erbracht worden" sein. Wenn
dagegen bei vertragsärztlich an sich zulässigen Leistungen diese Evidenzschwelle nicht erreicht wird, kommt aus
kompetenzrechtlichen Gründen nur die Untersuchung der Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise durch die
zuständigen Prüfgremien in Betracht (BSG; a.a.O., juris Rz. 19, m.w.N.).
Von einer Ungeeignetheit der von der Klägerin erbrachten Leistung nach Nr. 5440 EBM-Ä im konkreten
Behandlungszusammenhang konnte sich der fachkundig mit zwei Ärzten besetzte Senat nach Anhörung von Prof. Dr.
H in der mündlichen Verhandlung sowie des für die Beklagte erschienenen Arztes für Radiologie Dr. R nicht
überzeugen. Prof. Dr. H hat nachvollziehbar dargelegt, dass bei einer festgestellten Vorschädigung der Speicheldrüse
teilweise eine Behandlung dieses Organs der Durchführung der Radiojod-Therapie vorgeschaltet werden kann. Ferner
fließt das Ergebnis der durchgeführten Speicheldrüsenszintigraphie in die Beratung des Patienten zu den Folgen der
Radiojod-Therapie ein und ggf. werden auch andere Formen der Behandlung (Operation) bei einem hohen Risiko der
Zerstörung vorgeschädigter Speicheldrüsen durch die Radiojod-Therapie in Betracht gezogen. Ungeachtet der Frage,
ob auch andere medizinische Auffassungen als die des Prof. Dr. H vertretbar sind oder sogar von der Mehrzahl der
Fachärzte für Nuklearmedizin vertreten werden, kann danach jedenfalls ausgeschlossen werden, dass die
Speicheldrüsenszintigraphie im vorliegenden Behandlungszusammenhang "erkennbar ohne jeden Nutzen"
durchgeführt wurde. Davon zu unterscheiden ist die Frage der Erforderlichkeit der Untersuchung der Speicheldrüse in
jedem Einzelfall. Dazu hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung aus Sicht des Senats nachvollziehbare
Einwände geäußert. Eine weitere Aufklärung des Sachverhalts zu dieser Frage war im vorliegenden Zusammenhang
jedoch nicht erforderlich, weil damit Fragen der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung angesprochen sind, auf die
es hier aus den o.g. Gründen nicht ankommt.
Die Durchführung der Speicheldrüsenszintigraphie durch die Klägerin erfüllt die in der Leistungslegende zu Nr. 5440
EBM-Ä genannten Voraussetzungen. Nach ständiger Rechtsprechung ist für die Auslegung der vertragsärztlichen
Gebührenordnung in erster Linie der Wortlaut der Leistungslegende maßgeblich (BSG, Urt. v. 8. September 2004 - B 6
KA 37/03 R - SozR 4-5533 Nr. 273 Nr. 1, juris Rz. 16 m.w.N.). Das vertragliche Regelwerk dient nämlich dem
Ausgleich der unterschiedlichen Interessen zwischen Ärzten und Krankenkassen, und es ist vorrangig Aufgabe des
Bewertungsausschusses selbst, darin auftretende Unklarheiten zu beseitigen. Ergänzend ist es statthaft, zur
Klarstellung des Wortlauts der Leistungslegende eine systematische Interpretation im Sinne einer Gesamtschau der
im inneren Zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlichen Gebührenregelungen vorzunehmen (BSG,
a.a.O.). Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe waren die von der Klägerin erbrachten Leistungen der
Speicheldrüsenszintigraphie nach Nr. 5440 EBM-Ä zu vergüten. Auch die Beteiligten gehen übereinstimmend davon
aus, dass die Klägerin die Leistungen nach dieser Leistungsziffer jedenfalls abgesehen von der gesonderten Gabe
eines Radionuklids (Technetium) erbracht hat. Im Streit ist insoweit allein die Frage, ob die nur einmalige
Radionuklidapplikation für zwei Untersuchungen - die Schilddrüsenszintigraphie nach Nr. 5435 EBM-Ä und die
Speicheldrüsenszintigraphie nach Nr. 5440 EBM-Ä - der Erfüllung der Leistungslegende nach Nr. 5440 EBM-Ä
entgegensteht. Dies ist nach Auffassung des Senats nicht der Fall.
Die Leistungslegende zu Nr. 5440 EBM-Ä in der hier maßgebenden Fassung hat folgenden Wortlaut:
"Szintigraphische Untersuchungen von Speicheldrüsen, Intestinaltrakt, Leber (einschl. Milz), Gallenwegen oder
Pankreas mit radioaktiv markierten Substanzen". Die Leistung ist mit 2400 Punkten bewertet. Danach ist - worauf das
Sozialgericht bereits zutreffend hingewiesen hat - die Einbringung des Radionuklids nicht Bestandteil der
Leistungslegende. Es reicht aus, dass die Untersuchung "mit radioaktiv markierten Substanzen" durchgeführt wurde.
Es ist deshalb im vorliegenden Zusammenhang nicht von Bedeutung, ob das Radionuklid gesondert für die
Durchführung der Speicheldrüsenszintigraphie appliziert wurde oder ob die Applikation bereits zur Durchführung einer
anderen Untersuchung (hier: der Schilddrüsenuntersuchung) vorgenommen wurde. Auch der Formulierung in den
Allgemeinen Bestimmungen zur Nuklearmedizinischen In-vivo-Diagnostik (Kapitel Q II. EBM-Ä), nach der u.a. die
Kosten der Radionuklide "in den abrechnungsfähigen Leistungen enthalten" sind, kann nach Auffassung des Senats
nur der Ausschluss einer gesonderten Abrechnung dieser Kosten entnommen werden (vgl. dazu LSG Nordrhein-
Westfalen, Urt. v. 9. April 2003 L 10 KA 32/02 veröffentlicht in juris) und nicht, dass die Verwendung einer
gesonderten Radionuklidapplikation für jede Leistung Voraussetzung ihrer Abrechenbarkeit wäre.
Die Verwendung einer Radionuklidapplikation sowohl für die Durchführung der Schilddrüsenuntersuchung als auch für
die Durchführung der Speicheldrüsenuntersuchung hat auch nicht zur Folge, dass die Speicheldrüsenszintigraphie Teil
einer anderen berechnungsfähigen Leistung - der Schilddrüsenszintigraphie - wäre und damit nach den Allgemeinen
Bestimmungen des EBM (A.I. Teil A 1. Satz 2) von der Berechnung ausgeschlossen wäre. Zwar hat das
Bundessozialgericht entschieden, dass ein Vergütungsanspruch nach Nr. 273 EBM-Ä (intravenöse Infusion)
ausgeschlossen ist, wenn für die Durchführung der Infusion der Zugang zur Vene verwendet werden konnte, der
bereits am selben Tag für die Dialyse gelegt worden war (BSG, Urt. v. 22. März 2006 - B 6 KA 44/04 R; vgl. BSG, Urt.
v. 8. September 2004 - B 6 KA 37/03 R - SozR 4-5533 Nr. 273; Schleswig-Holsteinisches LSG, Urt. v. 19. Oktober
2004 - L 6 KA 20/03). Ausschlaggebend für diese Entscheidung war jedoch nicht alleine die Überschneidung bezogen
auf die Verwendung eines Zugangs zur Vene für beide Behandlungsmaßnahmen, sondern die Tatsache, dass in der
Präambel zu Abschn. C II EBM-Ä ausdrücklich bestimmt war: "Erfolgen über denselben liegenden Zugang (z. B.
Kanüle, Katheter) mehr als eine Injektion, Infusion oder Transfusion, sind die Leistungspositionen je Behandlungsfall
nur einmal berechnungsfähig" (vgl. BSG, Urt. v. 22. März 2006, a.a.O., juris Rz. 20). Eine entsprechende Regelung
für die Verwendung eines gemeinsamen Radionuklids bei der Durchführung mehrerer Szintigraphien gibt es im EBM-Ä
nicht. Die Argumentation, nach der es sich bei der Speicheldrüsenszintigraphie um ein "Abfallprodukt" der
Schilddrüsenszintigraphie handeln würde, hat auch die Beklagte ausdrücklich nicht aufrechterhalten. Bei der
Speicheldrüsenszintigraphie handelt es sich auch nicht um eine Untersuchung, die im Zuge der
Schilddrüsenszintigraphie typischerweise mit erbracht wird und deren erforderlicher Zusatzaufwand im Regelfall hinter
dem Aufwand für die andere Leistung zurücktritt (vgl. dazu BSG, Urt. v. 25. August 1999 - B 6 KA 57/98 R - MedR
2000, 201; BSG, Urt. v. 22. März 2006 - B 6 KA 44/04 - juris Rz. 11, m.w.N.). Dem steht bereits entgegen, dass die
Speicheldrüsenszintigraphie nach den nachvollziehbaren Darlegungen des Prof. Dr. H in der mündlichen Verhandlung
im Vergleich zur Schilddrüsenszintigraphie den größeren Zeitaufwand erfordert. Dieser größere Aufwand schlägt sich
auch in der höheren Punktzahl der Speicheldrüsenszintigraphie (2400 Punkte) im Vergleich zur
Schilddrüsenszintigraphie nach Nr. 5435 EBM-Ä (1300 Punkte) nieder.
Die sachlich-rechnerische Berichtigung kann entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht mit der Begründung
als rechtmäßig angesehen werden, dass die Leistung nach Nr. 5440 EBM Ä von den überweisenden Auftraggebern
nicht angefordert worden wäre. Richtig ist, dass der ausführende Arzt grundsätzlich an den Überweisungsschein
gebunden ist (vgl. § 24 Abs. 2 Satz 3 BMV-Ä, § 27 Abs. 2 Satz 3 EKV-Ä). Deshalb kann die kassenärztliche
Vereinigung Leistungen, die unter Missachtung der Bindung an den Überweisungsauftrag erbracht und abgerechnet
worden sind, sachlich-rechnerisch berichtigen (BSG, Urt. v. 8. Juli 1981 – 6 RKa 3/79 – Meso B 350/101; BSG,
Beschl. v. 13. Februar 2001 – B 6 KA 64/00 B, m.w.N.). Indes können Überweisungsaufträge nach § 24 Abs. 7 Nr. 1
BMV-Ä bzw. § 27 Abs. 7 Nr. 1 EKV-Ä nicht nur in der Weise erteilt werden, dass eine zu erbringende Leistung
definiert wird (sog. Definitionsauftrag), sondern der überweisende Arzt kann auch einen sog. Indikationsauftrag mit
Indikationsangabe und Empfehlung der Methode erteilen. Nach den substantiierten Darlegungen der Klägerin, denen
die Beklagte nicht entgegengetreten ist, sind der Klägerin in keinem Fall auf die Untersuchung der Schilddrüse
beschränkte Definitionsaufträge erteilt worden. Die Überweisungsaufträge enthielten vielmehr regelmäßig die
Formulierung: "Überprüfung der Indikation und Voraussetzungen für eine Radiojod-Therapie". In der Erbringung der
Speicheldrüsenszintigraphie, die die Klägerin zur Erfüllung des so definierten Auftrags für erforderlich hielt und die im
konkreten Behandlungszusammenhang – wie oben dargelegt – jedenfalls nicht "erkennbar ohne jeden Nutzen"
erbracht worden ist, liegt damit kein Verstoß gegen die Bindung an den Überweisungsauftrag. Auf die Frage, ob die
Klägerin damit gegen die in § 24 Abs. 7 Nr. 1 Satz 3 BMV-Ä bzw. § 27 Abs. 7 Nr. 1 Satz 3 EKV-Ä geregelte Pflicht
des ausführenden Arztes zur Gewährleistung der Wirtschaftlichkeit verstoßen hat, kommt es aus den o.g. Gründen im
vorliegenden Zusammenhang nicht an.
Bezogen auf die Kürzung der Nr. 5466 EBM-Ä im Quartal II/2002 mit Bescheid vom 10. Oktober 2002 in der Fassung
des Widerspruchsbescheides vom 26. Juni 2003 ist die Berufung im Sinne der Verurteilung zur Neubescheidung
begründet. Das Sozialgericht hat die Rechtswidrigkeit der Kürzung der Zuschlagziffer nach Nr. 5466 EBM Ä im
Wesentlichen unter Bezugnahme auf die Rechtswidrigkeit der Kürzung der Grundleistung nach Nr. 5440 EBM Ä
begründet. Diese Begründung konnte bezogen auf das unter dem Aktenzeichen L 4 KA 36/05 geführte
Parallelverfahren insofern nicht überzeugen, als die Beklagte dort mehr Zuschlagsziffern nach Nr. 5466 EBM Ä (400-
mal) gekürzt hat als Grundleistungen nach Nr. 5440 EBM Ä (350-mal). Die Beklagte hat auf Nachfrage in der
mündlichen Verhandlung dargelegt, dass die Kürzung der Nr. 5466 EBM Ä auch im vorliegenden Verfahren nicht
vollständig mit der Kürzung der Nr. 5440 EBM Ä zusammenhängt, sondern dass Kürzungen der Nr. 5466 EBM Ä auch
deshalb vorgenommen worden seien, weil diese neben der Nr. 5435 EBM Ä in Ansatz gebracht worden waren. Das
Sozialgericht hat bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass die Nr. 5466 EBM Ä nach der Anmerkung zu Nr. 5436
EBM Ä nicht neben der Nr. 5435 EBM Ä abgerechnet werden kann. Mit der Verpflichtung zur Neubescheidung wird
der Beklagten Gelegenheit gegeben, die Leistungen nach Nr. 5466 EBM Ä zu kürzen, soweit ein Zusammenhang mit
der zu Unrecht gekürzten Nr. 5440 EBM Ä nicht besteht. Der Senat hat insoweit von der gemäß § 131 Abs. 3 SGG
bestehenden Möglichkeit Gebrauch gemacht, von einer Verurteilung der Beklagten zur konkreten Leistungserbringung
oder von der Verpflichtung zum Erlass eines bestimmten Verwaltungsakts abzusehen, und die Beklagte zur
Neubescheidung verpflichtet (vgl. Urteil des 6. Senats des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 16.
Januar 2001 L 6 KA 47/00 -, Umdruck S. 7, m.w.N.).
Die Berufung der Beklagten ist begründet, soweit sie sich gegen die Aufhebung des Bescheides vom 21. März 2002
in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26. Juni 2003 bezogen auf die sachlich-rechnerische Berichtigung
der Nrn. 1216 und 1224 EBM-Ä im Quartal IV/2001 wendet. Insoweit ist die Beklagte zu Recht davon ausgegangen,
dass ein Anspruch auf Vergütung der Klägerin nicht besteht, weil die Leistung für die Mitglieder der
Abrechnungsgemeinschaft fachfremd ist. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass Ärzte für fachfremde Leistungen
grundsätzlich keine Vergütung beanspruchen können. Insoweit ist die Kassenärztliche Vereinigung zur sachlich-
rechnerischen Berichtigung befugt (BSG, Urt. v. 8. September 2004 - B 6 KA 32/03 R BSGE 93, 170 = SozR 4-2500 §
95 Nr. 8 m.w.N.). Die Beschränkungen des Fachgebiets erfassen den Arzt auch in seiner Tätigkeit als zugelassener
oder ermächtigter Arzt (BSG, Urt. v. 12. September 2001 - B 6 KA 86/00 R - SozR 3-2500 § 116 Nr. 23, juris Rz. 31).
Die Beschränkungen sind rechtmäßig, soweit die betroffenen Leistungen für das Fachgebiet nicht wesentlich und
nicht prägend sind und die Abgrenzung vom fachlich-medizinischen Standpunkt aus sachgerecht ist und auch der
Facharzt in der auf sein Fachgebiet beschränkten Tätigkeit eine ausreichende Lebensgrundlage findet. Für die
Beurteilung, ob Leistungen fachzugehörig oder fachfremd sind, sind auch im vertragsärztlichen Bereich die auf
landesgesetzlicher Grundlage beruhenden Bestimmungen der Weiterbildungsordnungen der Landesärztekammern
maßgeblich, und damit hier die Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Schleswig-Hol¬stein vom 16. Oktober 1996
in der zuletzt am 10. Februar 2001 und am 2. Mai 2001 geänderten Fassung (WBO). Bei methodenbezogenen
Fachgebieten wie der Nuklearmedizin ergibt sich die Fachgebietszugehörigkeit im Allgemeinen schon aus der
Anwendung einer bestimmten Untersuchungs- oder Behandlungsmethode (BSG, Urt. v. 8. September 2004 - a.a.O.).
Nach Abschnitt I Nr. 25 der WBO umfasst die Nuklearmedizin "die Anwendung radioaktiver Substanzen und
kernphysikalischer Verfahren in der Medizin zur Funktions- und Lokalisationsdiagnostik sowie offener Radionuklide in
der Therapie und den Strahlenschutz mit seinen physikalischen, biologischen und medizinischen Grundlagen". Der
Senat hat keine Zweifel daran, dass es sich bei den Leistungen nach Nr. 1216 EBM-Ä (quantitative Untersuchung der
Augenmotorik ) und nach Nr. 1224 EBM-Ä (manuelle kinetische Perimetrie mit Marken verschiedener Reizwerte ) um
Leistungen handelt, die nicht dem Gebiet der Nuklearmedizin, sondern dem Gebiet der Augenheilkunde zuzuordnen
sind. Die genannten Augenuntersuchungen werden nicht unter Anwendung radioaktiver Substanzen oder
kernphysikalischer Verfahren durchgeführt. Soweit die Klägerin in der Berufungsbegründung dargelegt hat, dass sie
über die erforderliche Qualifikation zur Durchführung dieser Untersuchungen verfügt, so wird dies von dem Senat nicht
in Zweifel gezogen. Indes kommt es darauf im vorliegenden Zusammenhang nicht an, sondern auf die Abgrenzung der
Fachgebiete nach den Bestimmungen der Weiterbildungsordnung (vgl. BSG, Urt. v. 18. Oktober 1995 6 RKa 52/94 -
SozR 3-2500 § 95 Nr. 7).
Allerdings gilt - worauf das Sozialgericht in der angefochtenen Entscheidung zutreffend hingewiesen hat - der
Ausschluss der Vergütung fachfremder Leistungen nicht ohne jede Einschränkung. Bereits aus der Formulierung in §
21 WBO, nach der, wer eine Facharztbezeichnung führt, "grundsätzlich" nur in diesem Gebiet tätig werden darf, folgt,
dass Ausnahmen zulässig sein müssen. Auch § 4a Abs. 2 Buchst. a des hier maßgeblichen
Honorarverteilungsmaßstabs der Beklagten in der ab 1. Juli 2001 geltenden Fassung vom 20. Juni 2001 schließt nur
"regelmäßige fachfremde Leistungen" von der Abrechnung aus. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
(BSG, Urt. v. 28. Oktober 1987 - B 6 RKa 4/87 - SozR 2200 § 368a Nr. 20) muss einem Gebietsarzt selbst die
regelmäßige Erbringung einer bestimmten fachfremden Untersuchung ge¬stattet sein, soweit ihm auf andere Weise
die ordnungemäße Durchführung einer ihm obliegenden Untersuchung nicht möglich ist.
Die Klägerin hat in der Berufungsbegründung geltend gemacht, dass die abgerechneten Augenuntersuchungen durch
einen Facharzt für Augenheilkunde nicht erbracht werden könnten, weil diese Untersuchungen im unmittelbaren
Zusammenhang mit der Radiojod-Therapie erforderlich seien und auch im Strahlenschutzbereich durchgeführt werden
müssten. Insoweit hat Prof. Dr. H allerdings auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass die
Radiojod-Therapie ausschließlich stationär durchgeführt wird und nicht im Rahmen der vorliegenden Ermächtigung.
Soweit die Ermächtigung für die in K unter der Abrechnungsnummer A erbrachten Leistungen ausdrücklich neben den
diagnostischen Leistungen auch die "Durchführung" der Radiojod-Therapie selbst einschließt, kann davon auch nach
Angaben von Prof. Dr. H nicht Gebrauch gemacht werden, weil die Radiojod-Therapie nur stationär durchführbar ist.
Dies entspricht auch der Kenntnis des fachkundig besetzten Senats. Unter diesen Umständen kann jedoch auch die
im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Durchführung der Radiojod-Therapie erforderliche
Augenuntersuchung nicht Gegenstand der Abrechnung im Rahmen der vorliegenden Ermächtigung sein, sondern nur
der Vergütung des Krankenhauses für die stationär durchzuführende Radiojod-Therapie. Andere Gründe, die es
zwingend erforderlich machen würden, dass die Augenuntersuchungen im Rahmen der Ermächtigung als ambulante
Leistung durch die Klägerin und nicht durch einen Augenarzt durchgeführt werden, waren für den Senat nicht
ersichtlich.
In der Rechtsprechung ist ferner anerkannt, dass Leistungen, auch wenn sie fachfremd sind, im Rahmen einer
gewissen Toleranzbreite gleichwohl zu vergüten sind. Dabei wird an einzelne Behandlungsfälle gedacht, mit denen
sich der Arzt in seiner täglichen Praxis befassen muss. Ihre Vielgestaltigkeit zwingt den Arzt, um dem Bedürfnis der
Praxis gerecht zu werden, im Rahmen seiner Behandlung auch hin und wieder Leistungen zu erbringen, die als solche
nicht mehr zu seinem Fachgebiet gehören (BSG, Urt. v. 28. Oktober 1987, a.a.O., juris Rz. 13, m.w.N.). Von
Kassenärztlichen Vereinigungen werden zum Teil ausdrücklich und zum Teil stillschweigend fachfremde Leistungen in
einem Umfang von bis zu 5 % des Gesamtleistungsvolumens hingenommen. Aus der zugestandenen Toleranzbreite
kann aber keine grundsätzliche Ermächtigung des Gebietsarztes hergeleitet werden, bestimmte fachfremde
Leistungen generell in sein Leistungsangebot einzubeziehen. Dazu ist er auch dann nicht berechtigt, wenn der
Gesamtaufwand für diese Leistungen weniger als 5 % des Gesamtaufwandes aller Leistungen ausmachen würde
(BSG, a.a.O.). Der Vertragsarzt kann sich nicht darauf verlassen, dass fachfremde Leistungen bis zu einer gewissen
Prozentgrenze toleriert werden (Till, in: MedR 1985, 267, 269).
Der Senat ist zu der Überzeugung gelangt, dass es sich bei den von der Klägerin durchgeführten
Augenuntersuchungen nach den Nrn. 1216, 1224 EBM-Ä nicht nur um Einzelfälle handelt, die im Rahmen der
dargestellten Toleranzbreite noch anzuerkennen sind. Diese Untersuchungen werden auch nach der Darstellung der
Klägerin regelmäßig im Zusammenhang mit der Schilddrüsendiagnostik bei Patienten mit Morbus Basedow
durchgeführt. Die Klägerin hat nachvollziehbar dargelegt, dass sich gerade Patienten mit Morbus Basedow häufiger
einer Radiojod-Therapie zu unterziehen haben. Dem entsprechend hat die Klägerin die Nrn. 1216, 1224 EBM-Ä in dem
hier streitgegenständlichen Quartal IV/01 zur Abrechnungsnummer A (K ) immerhin jeweils 51 bzw. 50 x und im
Quartal I/2002 zur Abrechnungsnummer B (Ha , Gegenstand des Parallelverfahrens zum Az L 4 KA 36/05) jeweils 40
x abgerechnet. Nach allem waren die streitgegenständlichen Augenuntersuchungen auch nicht im Rahmen der für
einzelne Behandlungsfälle anzuerkennenden Toleranzbreite zu vergüten.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 154 Abs. 1, Abs. 2
Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und berücksichtigt, dass die sachlich-rechnerische Berichtigung, die sich auf die
Augenuntersuchungen bezieht, nur etwas mehr als 3/100stel des Streitwertes ausmacht und damit wirtschaftlich von
ganz untergeordneter Bedeutung ist. Ferner hat der Senat bezogen auf die Verpflichtung zur Neubescheidung
berücksichtigt, dass die Beklagte im Verlauf des gerichtlichen Verfahrens erstmals in der mündlichen Verhandlung vor
dem Landessozialgericht auf Nachfrage des Senats vorgetragen hat, dass die Kürzung der Nr. 5466 EBM Ä nicht
vollständig mit der Kürzung der Nr. 5440 EBM Ä im Zusammenhang steht, sondern wenigstens teilweise unabhängig
davon Bestand hat. Da die Beklagte keine nähren Angaben insbesondere zu dem Anteil der Kürzung der Nr. 5466
EBM-Ä machen konnte, der unabhängig von der Kürzung der Nr. 5440 EBM-Äerfolgt ist, hatte die Klägerin auch keine
Möglichkeit, darauf zu reagieren. Unter diesen Umständen wäre es bei Berücksichtigung des Veranlassungsprinzips
(vgl. Beschluss des Schleswig-Holsteini¬schen Landessozialgerichts vom 13. Februar 1997, NZS 1997, 392) nicht
sachgerecht, die Klägerin im Hinblick auf die Verpflichtung zur Neubescheidung der Kürzung bei der Nr. 5466 EBM-Ä
im Quartal I/2002 an den Kosten des Verfahrens zu beteiligen.
Gründe für die Zulassung der Revision i.S.d. § 160 SGG liegen nicht vor.