Urteil des LSG Sachsen-Anhalt vom 19.01.2011

LSG San: aufschiebende wirkung, tod, erbengemeinschaft, pflegemutter, entziehung, rechtsschutz, entziehen, anfechtungsklage, verwaltungsakt, internet

Landessozialgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss vom 19.01.2011 (rechtskräftig)
Sozialgericht Magdeburg S 6 AS 2748/10 ER
Landessozialgericht Sachsen-Anhalt L 5 AS 452/10 B ER
Die Beschwerde wird zurückgewiesen. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird
abgelehnt. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller und Beschwerdeführer wendet sich im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die
Entziehung von Leistungen für die Zeit vom 1. September bis 30. November 2010. Der Antragsgegner und
Beschwerdegegner hat mit Bescheid vom 26. Juli 2010 die für diese Zeit nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch -
Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) i.H.v. 611,40 EUR/Monat vorläufig bewilligten Leistungen entzogen.
Der am September 1951 geborene Antragsteller bezieht seit Januar 2005 Leistungen nach dem SGB II. Diese waren
bis Januar 2010 auf ein Konto bei der Stadtsparkasse M. (Kontonummer) überwiesen worden. Kontoinhaberin war die
am 12. November 2007 verstorbene A. M., welche nach den früheren Angaben des Antragstellers seine Mutter
gewesen sein sollte. Antragsgemäß ist ab Februar 2010 die Zahlungsweise auf Postscheckverfahren umgestellt
worden. Ab Juni 2010 sind die Leistungen auf ein neu eröffnetes Konto des Antragstellers bei der bank überwiesen
worden.
Im September 2009 erhielt der Antragsgegner zufällig Kenntnis vom Tod der - vermeintlichen - Mutter. Im Rahmen
eines Weiterbewilligungsantrags gab er dem Antragsteller unter dem 18. November 2009 auf, die "Anlage VM" sowie
alle Kontoauszüge ab dem Sterbedatum der Mutter lückenlos vorzulegen, ferner eine Sterbeurkunde sowie Nachweise
über eine eventuelle Erbschaft. Er wies auf die Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 f. Erstes Buch Sozialgesetzbuch
- Allgemeiner Teil (SGB I) und eine mögliche Leistungsversagung hin. Der Antragsteller legte am 30. November 2009
eine Sterbeurkunde vor. Er gab an, die Verstorbene sei nur seine "Pflegemutter" gewesen; ein Testament existiere
nicht. Er sei nicht verpflichtet, weitere Informationen zu erteilen. In der Anlage VM gab er an, kein eigenes Girokonto
zu haben.
Daraufhin bewilligte der Antragsgegner von Dezember 2009 bis Mai 2010 Leistungen bis zur endgültigen Klärung noch
offener Sachverhalte nur noch vorläufig (Bescheid vom 1. Dezember 2009, Änderungsbescheid vom 11. Januar 2010).
Das Amtsgericht M. teilte dem Antragsgegner unter dem 7. Dezember 2009 mit, Vorgänge nach der Erblasserin seien
bislang nicht ermittelt worden. Nach Auskunft der Stadtsparkasse M. vom 21. Dezember 2009 sei der Antragsteller
Verfügungsberechtigter über das auch nach ihrem Tod unter dem Namen der Verstorbenen ("A. M.") geführte Konto.
Auf zwei nochmalige Anforderungen der vollständigen Kontoauszüge ab 12. November 2007 der verstorbenen A. M.
antwortete der Antragsteller unter dem 4. Februar 2010, er kenne keine Person mit dem Namen M. und könne daher
keine Auskünfte geben. Nach Richtigstellung des Schreibfehlers seitens des Antragsgegners gab er unter dem 24.
Februar 2010 an, hinsichtlich des Girokontos der Verstorbenen müsse er leider auf die gesetzlichen Erben verweisen.
Auf weiteres Verlangen des Antragsgegners legte er den ersten Kontoauszug seines neu eröffneten Kontos bei der
bank vom 3. Mai 2010 vor (keine Kontobewegungen, Guthaben 0,00 EUR). Auf die abermalige Erinnerung des
Antragsgegners u.a. wegen der Vorlage der Kontoauszüge der Stadtsparkasse M. erwiderte der Antragsteller unter
dem 26. Mai 2010: Er habe sich bereits umfassend eingelassen, sodass kein weiterer Erklärungsbedarf bestehe. Für
weitere Auskünfte sei die Erbengemeinschaft zuständig.
Der Antragsgegner bewilligte mit Bescheid vom 2. Juni 2010 vorläufig Leistungen vom 1. Juni bis 30. November 2010
i.H.v. 611,50 EUR/Monat. Gleichzeitig forderte er lückenlose und ungeschwärzte Kontoauszüge von dem Konto der
Frau M. seit dem 12. November 2007 sowie einen Nachweis, ob das Konto noch bestehe oder aufgelöst worden sei.
Der Antragsteller erwiderte unter dem 17. Juni und 15. Juli 2010, für die Auskunft seien die gesetzlichen Erben
zuständig, zu denen er nicht gehöre. Wenn dem Amtsgericht keine Erben bekannt seien, müsse der Antragsgegner
diese ermitteln.
Daraufhin entzog der Antragsgegner dem Antragsteller mit Bescheid vom 26. Juli 2010 die Leistungen ab dem 1.
September 2010 gemäß §§ 60 und 66 SGB I ganz. Die für die Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen benötigten
vollständigen und ungeschwärzten Kontoauszüge ab dem 12. November 2007 seien trotz Belehrung über die
Rechtsfolgen nicht vorgelegt worden. Der Antragsteller sei seinen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen und
habe die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert. Die Anspruchsvoraussetzungen könnten deshalb nicht
geprüft werden. Im Rahmen der Ermessensausübung sei zu berücksichtigen gewesen, dass der Antragsgegner
verpflichtet sei, wirtschaftlich zu handeln und nur bei nachgewiesener Hilfebedürftigkeit und in rechtmäßiger Höhe
Leistungen zu erbringen. Es seien keine Ermessensgesichtspunkte vorgetragen worden, die zugunsten des
Antragstellers hätten berücksichtigt werden können. Für den Fall der Nachholung der Mitwirkung werde geprüft
werden, ob Leistungen ganz oder teilweise nachgezahlt werden können.
In seinem Widerspruch vom 11. August 2010 wandte der Antragsteller ein, es bestehe keine Auskunftspflicht über
das Konto eines verstorbenen und nicht verwandten Kontoinhabers. Die aktuelle Hilfebedürftigkeit sei bereits durch
Vorlage von Kontoauszügen nachgewiesen worden.
Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens setzte der Antragsgegner unter dem 26. August 2010 eine Frist bis 15.
September 2010 zur Vorlage der notwendigen Nachweise (fehlendes Verwandtschaftsverhältnis, Kontoauszüge des
benannten Kontos, Zahlungen des Antragstellers an die nachgewiesenen Erben von dem genannten Konto). Darauf
reagierte der Antragsteller nicht.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16. September 2010 wies der Antragsgegner den Widerspruch als unbegründet
zurück. Der Antragsteller sei mehrfach über die Folgen der Verletzung von Mitwirkungspflichten informiert und
aufgefordert worden, die Kontoauszüge seit dem Tod der Frau M. vorzulegen. Es sei davon auszugehen, dass er
nach deren Tod Alleinverfügungsberechtigter und somit Inhaber aller auf dem Konto befindlicher Guthaben geworden
sei. Er dürfte daher nicht hilfebedürftig i.S.v. § 9 SGB II sei. Da er mutwillig die Aufklärung des Sachverhalts erheblich
erschwere, seien die Leistungen ohne weitere Ermittlungen ganz oder teileweise zu entziehen gewesen. Dagegen hat
der Antragsteller Klage beim Sozialgericht Magdeburg erhoben (S 6 AS 3296/10).
Im Rahmen des schon am 17. August 2010 gestellten Weiterzahlungsantrags wurde der Antragsteller am 29.
September 2009 abermals aufgefordert, die vollständigen Kontoauszüge als Kopie oder zur Einsicht vorzulegen. Mit
Bescheid vom 12. Oktober 2010 versagte der Antragsgegner die Leistungen ab dem 1. September 2010 nach § 66
SGB I ganz. Diesen Bescheid ersetzte er im Widerspruchsverfahren durch den "Ablehnungsbescheid nach § 66
Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I)" vom 23. November 2010. Wegen fehlender Hilfebedürftigkeit lehnte er die
Leistungen für den Zeitraum vom 1. September 2010 bis 28. Februar 2011 ab. Den Widerspruch wies der
Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 24. November 2010 als unbegründet zurück. Bereits am 1. September
2010 hat der Antragsteller - zunächst unvertreten - einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht
Magdeburg gestellt. Darin hat er die unterbliebene Bearbeitung seines Weiterzahlungsantrags und die unterbliebene
Auszahlung der Leistungen für September 2010 gerügt. Sein Prozessbevollmächtigter hat mit Schriftsatz vom 15.
September 2010 beantragt, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen den Entziehungsbescheid vom
26. Juli 2010 anzuordnen. Er hat vorgetragen: Nach dem Tod der Pflegemutter sei die Vertretungsbefugnis bezüglich
des Kontos im Innenverhältnis zur Erbengemeinschaft erloschen. Er habe keine Rechtsmacht, die Vorlage von
Kontoauszügen von der Erbengemeinschaft zu verlangen. Er sei auf deren Wohlwollen oder das der Bank
angewiesen.
Das Sozialgericht hat u.a. Kontoauszüge vom 1. Mai bis 31. August 2010 angefordert. Daraufhin hat der Antragsteller
Kontoauszüge der Stadtsparkasse M. für die Zeit vom 3. Mai bis 5. Juli 2010 vorgelegt, die er "mühsam über die
Erbengemeinschaft beschafft" habe. Aus diesen Kontoauszügen ergeben sich monatliche Abbuchungen für die "
Internet AG" sowie die "S M. GmbH". Der letzte Kontostand betrug 8,11 EUR. Die Kontoauszüge sind adressiert an
"Frau A. M. Kunde verstorben xxx POSTVERBOT". Zur weiteren Aufforderung des Sozialgerichts, die Mitglieder der
Erbengemeinschaft zu benennen und das fehlende Zugriffsrecht auf das Konto glaubhaft zu machen, hat der
Antragsteller ausgeführt: Verfügungen gegen die Erbengemeinschaft dürften nicht vorgenommen werden. Angesichts
des Kontobestands von weniger als 10,00 EUR komme es auf den Kontoinhaber gar nicht an.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 11. November 2010 den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abgelehnt.
Der Antragsteller sei seinen Mitwirkungspflichten trotz mehrfacher Hinweise nicht nachgekommen und habe sein
Begehren auch nicht glaubhaft gemacht. Die Erfolgsaussichten im Rahmen eines Hauptsacheverfahrens könnten
mangels Glaubhaftmachung der behaupteten Sachverhalte nicht hinreichend nachvollziehbar geprüft werden. Weder
seien ausreichende Kontoauszüge vorgelegt noch sei glaubhaft gemacht worden, dass kein Zugriff auf das Konto
bestehe. Zumindest bis Januar 2010 müsse der Antragsteller Zugriff gehabt haben. Er habe auch ausreichend Zeit
gehabt, die geforderten Belege vorzulegen oder glaubhaft zu machen, weshalb er daran gehindert sei. Die vorgelegten
Kontoauszüge belegten nicht, dass nach dem 1. Juli 2010 kein höheres Guthaben auf dem Konto gewesen sei. Zu
Recht sei aufgrund der fehlenden Mitwirkung die Leistungsgewährung ab dem 1. September 2010 abgelehnt worden.
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs sei nicht anzuordnen.
Dagegen hat der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers am 18. November 2010 Beschwerde beim erkennenden
Senat erhoben und unter dem 24. November 2010 begehrt, ihm ab dem 1. September 2010 Leistungen in gesetzlicher
Höhe für sechs Monate vorläufig zu zahlen. Er hat ausgeführt: Die Mitwirkungspflichten würden überspannt. Bislang
seien die Leistungen anstandslos gezahlt worden und Datenabgleiche nach § 52 SGB II ergebnislos geblieben. Die
Anforderung von Kontoauszügen aus vorangegangenen Bewilligungszeiträumen diene nicht der Prüfung der
Hilfebedürftigkeit, sondern der Kontrolle eines Leistungsmissbrauchs. Ohnehin sei das Kontoguthaben evident
ungenügend, um den Lebensunterhalt abzusichern. Eine Verfügungsbefugnis und eine Zugriffsmöglichkeit des
Antragstellers seien irrelevant, da kein Kontoguthaben von dritter Seite zugeführt worden sei. Er gerate in
Mietrückstand und gebe dem Vermieter einen weiteren Kündigungsgrund. Trotz "weiter bestehender Schwierigkeiten
bei der Beschaffung" hat der Antragsteller Kontoauszüge der Stadtsparkasse M. für die Zeit vom 12. Juli bis 13.
September 2010 vorgelegt. Daraus ergibt sich u.a. eine Bareinzahlung i.H.v. 150,00 EUR am 12. Juli 2010.
Der Antragsteller selbst hat unter dem 1. Dezember 2010 ausgeführt: Der Antrag vom 1. September 2010 richte sich
nicht gegen zurückliegende Entscheidungen des Antragsgegners, sondern gegen die Nichtbearbeitung des
Weiterzahlungsantrags vom 16. August 2010. In den Antragsformularen sei die Angabe von Konten Dritter gar nicht
vorgesehen. Seit dem Tod der Pflegemutter sei das Konto Bestandteil der Erbmasse. Der Erbengemeinschaft obliege
die Entscheidung über die weitere Verfahrensweise. Ihm seien nach dem Tod der Pflegemutter "begrenzte
Zugriffsrechte" zugestanden worden. Er habe dem Antragsgegner mitgeteilt, an wen sie sich wenden müsse. Dieser
sei nicht einmal in der Lage gewesen, den Namen M. richtig zu schreiben. Er habe der Aufforderung des
Sozialgerichts, Kontoauszüge von Mai bis August 2010 vorzulegen, in vollem Umfang genügt. Ferner hat der
Antragsteller weitere Kontoauszüge der Stadtsparkasse M. vom 13. September bis 15. November 2010 vorgelegt.
Unter dem 13. September 2010 ist eine Bareinzahlung von 150,00 EUR verbucht.
Auf Nachfrage des Berichterstatters vom 14. Dezember 2010 hat der Antragsteller noch einen Kontoauszug der bank
vom 25. November 2010 vorgelegt. Danach wurden auf diesem Konto seit dem 16. August 2010 keine Umsätze
gebucht (Kontostand 7,10 EUR plus). Die weiter angeforderten Kontoauszüge des Kontos bei der Stadtsparkasse M.
ab November 2007 hat er nicht vorgelegt. Die aktuellen Rechnungen der " Internet AG" und der "S M. GmbH" sind
jeweils an die Verstorbene gerichtet. Der Antragsteller hat schließlich vorgetragen, er habe keine nennenswerten
Vermögenswerte und erziele kein Einkommen. Die Namen der Erben lauteten Ho. und H. M., aktuelle Anschriften
seien ihm nicht bekannt.
Der Antragsteller beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen,
den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 11. November 2010 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu
verpflichten, ihm vorläufig vom 1. September 2010 bis 28. Februar 2011 Leistungen nach dem SGB II i.H.v. 611,50
EUR/Monat zu erbringen; hilfsweise die aufschiebende Wirkung seiner Klage S 6 AS 3296/10 anzuordnen.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er hält den angefochtenen Beschluss für zutreffend. Als Verfügungsberechtigter habe der Antragsteller die geforderten
Kontoauszüge beschaffen können. Es sei nicht glaubhaft, dass dies für ihn einen unverhältnismäßigen Aufwand
darstelle. Es sei auch nicht zu beanstanden, lückenlose Kontoauszüge für die Vergangenheit anzufordern. Es gehe
nicht um ein in der Vergangenheit liegendes Fehlverhalten. Vielmehr sei die Einsichtnahme in die Kontoauszüge nur
ein Teil der erforderlichen Ermittlungen.
Der Senat hat eine Auskunft des Amtsgerichts M. - Nachlassabteilung - vom 11. Januar 2011 eingeholt. Danach seien
bis heute keine Erben ermittelt worden. Nach Auskunft des Sozialgerichts Magdeburg vom 13. Januar 2011 ist gegen
den Widerspruchsbescheid vom 24. November 2010 weder ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes noch eine
Klage anhängig gemacht worden. Dazu hat der Antragsteller in der ihm gesetzten Frist bis zum 18. Januar 2011 keine
Stellung genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen
Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners (Bl. 503 f.) ergänzend Bezug genommen. Die Unterlagen waren
Gegenstand der Beratung des Senats.
II.
A. Die Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt sowie statthaft gemäß §§173, 172 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. §
144 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Insbesondere ist der Beschwerdewert von 750,00 EUR überschritten, weil der Antragsgegner in dem angefochtenen
Bescheid vom 26. Juli 2010 die mit Bescheid vom 2. Juni 2010 bestandkräftig bewilligten Leistungen i.H.v. 611,50
EUR/Monat für die Zeit vom 1. September bis 30. November 2010 entzogen hat.
B. Unzulässig ist die Beschwerde, soweit der Antragsteller die vorläufige Bewilligung von Leistungen auch für die Zeit
vom 1. Dezember 2010 bis 28. Februar 2011 begehrt ("seit 1.9.10 in gesetzlicher Höhe für sechs Monate vorläufig zu
zahlen"). Gegenstand vorliegenden Verfahrens ist nämlich allein die Entziehung der bereits bewilligten Leistungen für
die Zeit vom 1. September bis 30. November 2010.
1. Das Begehren des Antragstellers im Beschwerdeverfahren, ihm vorläufig Leistungen ab 1. September 2010 für die
Dauer eines Bewilligungsabschnitts zu leisten, ist nicht Gegenstand des Verfahrens vor dem Sozialgericht gewesen.
Gegen den Ablehnungsbescheid vom 23. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.
November 2010 hat sich der Antragsteller nicht gewendet.
Zwar hat der zunächst unvertretene Antragsteller in dem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz vom 1. September
2010 eine fehlende Reaktion des Antragsgegners hinsichtlich des eingereichten Weiterzahlungsantrags gerügt.
Gleichzeitig hat er jedoch die unterbliebene Auszahlung der Leistungen für September 2010 beanstandet. Der danach
eingeschaltete Prozessbevollmächtigte hat unter dem 15. September 2010 ausdrücklich beantragt, die aufschiebende
Wirkung seines Widerspruchs gegen den Entziehungsbescheid vom 26. Juli 2010 anzuordnen und hat damit das
Begehren präzisiert. Allein über dieses Begehren hat das Sozialgericht auch entschieden.
2. Es besteht auch kein Anlass, im Beschwerdeverfahren den Bescheid vom 23. November 2010 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheids vom 24. November 2010 einzubeziehen.
a. Dieser Bescheid hat - auch hinsichtlich der deckungsgleichen Monate September bis November 2010 - den
Entziehungsbescheid vom 26. Juli 2010 nicht ersetzt i.S.v. § 96 SGG. Es handelt sich vielmehr um eine
eigenständige Regelung. Wäre nämlich die hier streitige Leistungsentziehung rechtswidrig, würde der ursprüngliche
Leistungsbescheid vom 2. Juni 2010 wieder aufleben und dem Antragsteller ein Rechtsanspruch auf die bereits
bewilligten Leistungen zustehen. Die Leistungsablehnung im Ablehnungsbescheid vom 23. November 2010 für die
Monate September bis November 2010 wäre in diesem Fall nicht von Bedeutung.
b. Auch unter Gesichtspunkten der Prozessökonomie besteht kein Anlass für eine Erweiterung des
streitgegenständlichen Zeitraums.
Der Antragsteller hat nach der Leistungsentziehung durch seinen Fortzahlungsantrag ein gesondertes
Verwaltungsverfahren eingeleitet, das mit neuen Rechtsmitteln anzugreifen war. Das eingelegte Rechtsmittel gegen
die Entziehung umfasst somit nicht die weitere Leistungsablehnung. Die Auffassung des Senats korrespondiert auch
mit der des Bundessozialgerichts (BSG) für Hauptsacheverfahren, wonach Gegenstand eines Klageverfahrens bei
einer "Totalablehnung" nur der Zeitraum bis zur nächsten Antragstellung und erneuten Leistungsablehnung ist (BSG,
Urteil vom 30. März 2008, B 4 AS 28/07 R).
Hier hat der Antragsgegner den - offenkundig in der Absicht der Umgehung des Entziehungsbescheids - gestellten
Weiterzahlungsantrag des Antragstellers in einem gesonderten Verwaltungsverfahren beschieden.
Im Übrigen ist der Ablehnungsbescheid vom 23. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.
November 2010 aber auch mangels Klageerhebung bestandskräftig geworden. Da in einem Verfahren des
einstweiligen Rechtsschutzes nur vorläufige Regelungen in Bezug auf ein - noch - streitiges Rechtsverhältnis
getroffen werde können, käme die begehrte vorläufige Leistungsbewilligung ab September 2010 wegen Bestandskraft
der Ablehnung ohnehin nicht in Betracht.
C. Die Beschwerde ist hinsichtlich der Leistungsentziehung vom 1. September bis 30. November 2010 unbegründet.
Die Voraussetzungen für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage liegen nicht vor. Das Sozialgericht hat
zu Recht den Antrag abgelehnt.
1. Der von dem Antragsteller im erstinstanzlichen Verfahren gestellte Antrag auf Anordnung der aufschiebenden
Wirkung des Widerspruchs war von Amts wegen abzuändern. Der Antragsgegner hat zwischenzeitlich mit
Widerspruchsbescheid vom 16. September 2010 über den eingelegten Widerspruch entschieden und der Antragsteller
hat Klage beim Sozialgericht erhoben. Prozessual zulässiges Rechtsschutzziel ist daher im Beschwerdeverfahren
allein die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 26. Juni 2010 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheids vom 16. September 2010.
2. Das Rechtsschutzbegehren des Antragstellers hinsichtlich der Leistungsentziehung ist statthaft nach § 86b Abs. 1
Satz 1 Nr. 2, Satz 2 SGG. Danach kann das Gericht auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder
Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, diese ganz oder teilweise anordnen (Satz 1). Ist im Zeitpunkt
der Entscheidung der Verwaltungsakt schon vollzogen, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen
(Satz 2).
Nach § 39 Nr. 1 SGB II haben der Widerspruch und die Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, der
Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende aufhebt, zurücknimmt, widerruft oder herabsetzt, keine
aufschiebende Wirkung. Ein solcher Sachverhalt ist auch bei einer Leistungsentziehung erfüllt. Einen ausdrücklichen
gesetzlichen Maßstab für die gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage sieht §
86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG nicht vor. Das Gericht entscheidet auf Grund einer Interessenabwägung (vgl. Keller in
Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgesetzbuch Kommentar, 9. Aufl. 2008, § 86b, Rz. 12). Das vom Gesetzgeber in
§ 39 SGB II angeordnete vordringliche Vollzugsinteresse hat für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die
Bedeutung, dass die Antragsgegnerin von der ihr nach § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG obliegenden Pflicht entbunden wird,
das öffentliche Interesse der sofortigen Vollziehbarkeit gesondert zu begründen. Das Gesetz unterstellt den
Sofortvollzug keineswegs als stets, sondern nur als im Regelfall geboten. Damit wird die konkrete
Interessenbewertung auf Antrag des Antragstellers in das gerichtliche Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes
verlagert (vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 17. September 2001, 4 VR 19/01, NZV 2002, 51,
52 unter Bezug auf BVerwG, Beschluss vom 21. Juli 1994, 4 VR 1.94, BVerwGE 96, 239 ff, jeweils zu § 80 Abs. 2
Nr. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in der bis 31. Dezember 1996 gültigen Fassung, der wortgleich zu § 86a
Abs. 2 Nr. 4 SGG ist). Daraus folgt zugleich, dass im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung die
Anforderungen an das Aussetzungsinteresse der Antragsgegnerin umso höher sind, je höher die Erfolgsaussichten
des Antragstellers sind (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., Rz. 12c ff.). Nach der im vorliegenden
Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage bestehen
keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Entziehungsbescheids. Es überwiegt das
Interesse des Antragsgegners am Vollzug ihres Bescheids gegenüber dem Interesse des Antragstellers an der
aufschiebenden Wirkung seiner Klage. Der Bescheid vom 26. Juli 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 16. September 2010 ist wohl rechtlich nicht zu beanstanden. Der Antragsgegner hat die Entziehung der bereits
bewilligten Leistungen vom 1. September bis 30. November 2010 entsprechend der gesetzlichen Bestimmungen
vorgenommen.
Nach § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen bis zur Nachholung der
Mitwirkung die Leistungen ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistungen
nicht nachgewiesen sind. Voraussetzung ist, dass derjenige, der - wie der Antragsteller - eine Sozialleistung bezieht,
seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des
Sachverhalts erheblich erschwert wird. a. Rechtsfehlerfrei hat der Antragsgegner den Antragsteller mit ihren Schreiben
vom 30. November 2009, 4. Januar 2010, 12. Februar 2010, 17. Mai 2010, 2. Juni 2010 und 1. Juli 2010 aufgefordert,
seinen Mitwirkungspflichten nach § 60 Abs. 1 Satz 1 SGB I nachzukommen. Danach hat, wer Sozialleistungen erhält
oder beantragt, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, Beweismittel zu bezeichnen und auf
Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen. Diese
Obliegenheit gilt auch für den Fall des Bezugs von Leistungen nach dem SGB II (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009,
B 4 AS 10/08 R (13,14)).
Den Antragsteller traf eine Mitwirkungsobliegenheit zur Vorlage der geforderten Unterlagen. Der Antragsgegner durfte
gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 Ziffern 1 und 3 SGB II die Angabe aller für die Leistungen erheblicher Tatsachen fordern,
vor allem aber die Vorlage von Beweisurkunden über das Girokonto der verstorbenen Pflegemutter verlangen. Der
Antragsgegner hatte erstmals im September 2009 Kenntnis vom Tod der bis dahin als "Mutter" bezeichneten
Kontoinhaberin erlangt. Unter dem 30. November 2009 hatte der Antragsteller auf Nachfrage eingeräumt, dass diese
schon im November 2007 verstorben war. Gleichzeitig hatte er klargestellt, dass es sich nicht um seine leibliche
Mutter gehandelt hat. Nach Aktenlage gab und gibt es hinreichend Anlass, die Geldflüsse auf diesem Konto zu
überprüfen. Es war und ist unklar, ob sich auf diesem Konto nach dem Tod der Pflegemutter erhebliche Geldbeträge
befanden, die als Vermögen i.S.v. § 12 SGB II aktuell die Hilfebedürftigkeit des Antragstellers ausschließen.
Die angeforderten Kontoauszüge der Stadtsparkasse M. sind "Beweisurkunden" i.S.v. § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB I
(BSG, a.a.O., (15)).
Die grundsätzliche Berechtigung des Antragsgegners, auch für die Vergangenheit Beweisurkunden anzufordern,
besteht auch trotz des Umstands, dass der Antragsteller für die Zeit ab November 2007 schon Leistungen bezogen
hatte (BSG, a.a.O., (17)). Dies ergibt sich auch daraus, dass eventuell nach dem Tod der Pflegemutter zugeflossenes
Vermögen Auswirkungen auf die aktuelle Hilfebedürftigkeit haben kann.
b. Der Antragsgegner hat dem Antragsteller mit der verlangten Vorlage der Kontoauszüge ab dem 17. November 2007
auch eine von ihm tatsächlich erfüllbare Mitwirkungspflicht auferlegt.
Der Antragsteller ist ausweislich der Auskunft der Stadtsparkasse M. vom 21. Dezember 2009 Verfügungsberechtigter
über das Konto der Verstorbenen. Der Senat folgt nicht der Darstellung des Antragstellers, wonach dieser nur
eingeschränkt über das Konto verfügen dürfe bzw. die Erben der Verstorbenen ihm nur bei Wohlwollen Kontoauszüge
aushändigten. Seine Angaben während des Verwaltungs- und Gerichtsverfahrens sind in sich so widersprüchlich
gewesen, dass sie nicht geeignet sind, wenigstens als glaubhaft i.S.v. § 23 Abs. 1 SGB X angesehen zu werden.
In der ersten Stellungnahme vom 30. November 2009 hatte sich der Antragsteller noch auf den Standpunkt gestellt, er
sei nicht verpflichtet, nach dem Tod der Pflegemutter Auskünfte zu geben. Seine Reaktion auf die Erinnerung des
Antragsgegners vom 30. Januar 2010 (mit dem falsch geschriebenen Familiennamen der Verstorbenen) kann nur als
bewußtes Ausweichverhalten angesehen werden. Der Antragsteller hatte erwidert, er könne keine Auskünfte über eine
Person namens M. geben. Völlig eindeutig und nicht anders deutbar betraf die Erinnerung des Antragsgegners aber
die angeforderten Kontoauszüge der verstorbenen Pflegemutter. In der Folgezeit hat der Antragsteller mal auf
gesetzliche Erben, mal auf eine Erbengemeinschaft verwiesen, die ihm angeblich nicht bekannt sei. Im Schreiben
vom 15. Juli 2010 hatte er sogar den Antragsgegner aufgefordert, selbst die gesetzlichen Erben zu ermitteln und von
diesen die Kontoauszüge anzufordern. Im Gegensatz dazu steht die Angabe seines Prozessbevollmächtigten im
Verfahren vor dem Sozialgericht vom 1. Oktober 2010, wonach die vorgelegten Kontoauszüge "mühsam über die
Erbengemeinschaft beschafft" worden seien. Erstmals im Beschwerdeverfahren hat der Antragsteller dann die Namen
von zwei Erben mitgeteilt, deren Adressen ihm allerdings nicht bekannt seien.
Unerklärlich ist, weshalb er nach seinem Bekunden "mühsam" einige der Kontoauszüge von diesen erhalten haben
will, wo er diese jedoch gar nicht zu kennen vorgibt. Gleichfalls nicht erklärlich ist daher auch die Kenntnis einer
Erbengemeinschaft sowie deren Namen. Die letzte Darstellung, es gäbe zwei Erben, steht aber auch im Widerspruch
zu den Ermittlungen des Senats. Nach der Auskunft des Amtsgerichts M. vom 11. Januar 2011 sind bis heute keine
Erben ermittelt worden. Dazu hat der Antragsteller die Möglichkeit einer Stellungnahme nicht genutzt.
Es ist zwar nicht ausgeschlossen, dass Erben vorhanden sind und diese keinen Erbschein beantragt haben. Jedoch
hält es der Senat in diesem Fall für unwahrscheinlich, dass die Stadtsparkasse M. - entgegen ihrer Auskunft vom 21.
Dezember 2009 - den Erben die Verfügungsgewalt über das Konto der Verstorbenen übertragen hätte. Vielmehr geht
der Senat davon aus, dass das Konto weiterhin von dem Antragsteller als dem Verfügungsbefugten gehalten und
auch genutzt wird. Dies ergibt sich schon daraus, dass regelmäßige Abbuchungen für einen Internetanschluss sowie
Strom- und Gasabschläge des Antragstellers erfolgen. Die regelmäßigen Bareinzahlungen, zuletzt am 13. September
2010, zur Deckung der regelmäßigen Abbuchungen stammen mutmaßlich von dem Antragsteller. Der Senat hält es
hingegen für unwahrscheinlich, dass Mitglieder einer - nicht belegten - Erbengemeinschaft regelmäßig
Bareinzahlungen auf das Konto vornehmen, um einem Dritten die Abbuchung seiner Zahlungsverpflichtungen zu
ermöglichen. Auch angesichts der auf den Kontoauszügen vermerkten Adressatin "Frau A. M. - Kunde verstorben xxx
POSTVERBOT" geht der Senat davon aus, dass allein der Antragsteller und nicht eine Erbengemeinschaft den Zugriff
auf das Konto hat.
c. Der Antragsgegner hat in seinem Auskunftsverlangen auch die Grenzen der Mitwirkungspflichten gemäß § 65 Abs.
1 und Abs. 3 SGB I beachtet.
a.a. Die verlangten Mitwirkungspflichten standen nicht gemäß § 65 Abs. 1 Ziff. 1 SGB I außerhalb eines
angemessenen Verhältnisses zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung. Der Antragsteller hat bis zur
Leistungsentziehung monatlich Leistungen nach dem SGB II erhalten. Es handelt sich dabei nicht um unerhebliche
Geldleistungen, weshalb die Aufforderung, die Kontoauszüge ab dem Tod der Pflegemutter vorzulegen,
verhältnismäßig im engeren Sinne ist.
Wesentliche mit dem Auskunftsverlangen verbundene Nachteile für den Antragsteller hat dieser nicht geltend gemacht
und vermag der Senat auch nicht zu erkennen (vgl. KassKomm-Seewald, § 65 SGB I, Rdnr. 8). Insbesondere hat er
nicht behauptet, aufgrund finanzieller Schwierigkeiten zur Vorlage der Kontoauszüge nicht in der Lage zu sein. Er hat
lediglich - wahlweise - dargelegt, die Erbengemeinschaft händige ihm Kontoauszüge nur bei Wohlwollen aus bzw. er
habe nur eingeschränkte Zugriffsmöglichkeiten auf die Kontoauszüge.
Keinen Bedenken begegnet auch der Umstand, dass der Antragsgegner Kontoauszüge für einen Zeitraum von
annähernd drei Jahren fordert. Das BSG hat - ohne Verdachtsmomente - eine Vorlage von Kontoauszügen für die
letzten drei Monate für zulässig erachtet (BSG, Urteil vom 19. September 2008, B 14 AS 45/07 R (17)). Der Umstand,
dass die Kontoauszüge für einen sehr viel längeren Zeitraum abgefordert werden, ist durch die vorliegende
Fallkonstellation gerechtfertigt. Der Antragsgegner ging im September 2009 zunächst aufgrund der früheren Angaben
des Antragstellers davon aus, dass im Jahr 2007 seine Mutter verstorben sei. Daher lag es zunächst nahe, das
Vorliegen eines Erbes zu prüfen. Zwar hat der Antragsteller dann klargestellt, dass es sich gar nicht um seine Mutter
gehandelt hat. Allerdings hat er aufgrund seines weiteren Verhaltens den begründeten Verdacht geweckt, dass
Geldflüsse auf dem Konto der verstorbenen Pflegemutter nach deren Tod bewusst nicht offengelegt werden sollen.
Die Ermittlungen des Antragsgegners erfolgten also nicht "ins Blaue hinein".
Der Antragsteller beantragt staatliche Fürsorgeleistungen, die ihm ohne Gegenleistung und nur aufgrund seiner
Hilfebedürftigkeit gewährt werden. Der Staat darf sich davor schützen, dass Grundsicherungsleistungen auch an
Nichtbedürftige gewährt werden, die über verschwiegene oder nicht offengelegte Mittel verfügen. Diesem
Schutzzweck steht in der Aufforderung, die Kontoauszüge ab dem Tod der Pflegemutter vorzulegen, ein
vergleichweise geringer Eingriff gegenüber (vgl. BSG, Urteil vom 19. September 2008, a.a.O. (26)).
b.b. Unschädlich ist nach Auffassung des Senats, dass der Antragsgegner in seiner Mitwirkungsaufforderung vom 2.
Juni 2010 gefordert hat, die Kontoauszüge vollständig und ungeschwärzt vorzulegen. Nach der Rechtsprechung des
BSG dürfen Kontoauszügenur insoweit geschwärzt werden, als sie Angaben über die rassische und ethnische
Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder philosophische Überzeugungen, Gewerkschaftszugehörigkeit,
Gesundheit oder Sexualleben enthalten (BSG, Urteil vom 19. Februar 2008, a.a.O. (24)).
Allerdings hat der Antragsteller zu keinem Zeitpunkt die Vorlage der Kontosauszüge mit der Begründung abgelehnt,
dies verstieße gegen Bestimmungen des Sozialdatenschutzes. Vielmehr hat er sich von Vornherein grundsätzlich
geweigert bzw. in zahlreichen Äußerungen kenntlich gemacht, dass er - mangels Zugriffsmöglichkeit - die
Kontoauszüge nicht vorlegen könne. Es ging ihm jedenfalls nicht um den Schutz konkreter Adressaten von
Überweisungen, weshalb die - rechtswidrige - Forderung nach ungeschwärzten Kontoauszügen insoweit rechtlich ohne
Belang ist (vgl. BSG, Urteil v. 19. September 2008, a.a.O. (24,28)).
d. Der Antragsgegner konnte sich nicht gemäß § 65 Abs. 1 Ziff. 3 SGB I durch einen geringeren Aufwand als der
Antragsteller die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen.
Soweit der Antragsteller ausgeführt, automatische Datenabgleiche in der Vergangenheit seien ergebnislos gewesen,
folgt der Senat diesem Argument nicht. Denn ein automatisierter Datenabgleich gemäß § 52 Abs. 1 SGB II konnte nur
über Konten des Antragstellers selbst erhoben werden, nicht jedoch über das Konto der verstorbenen Pflegemutter.
Im Übrigen ersetzt die Möglichkeit des Zugriffs auf so genannte Kontostammdaten über das Bundeszentralamt für
Steuern gemäß § 93 Abs. 8 der Abgabenordnung die Vorlage von Kontoauszügen nicht vollständig. Denn damit wird
lediglich die Existenz von Konten sowie die Zuordnung zu ihrem Inhaber hergestellt. Kontostand und
Kontobewegungen können darüber jedoch nicht beschafft werden (vgl. BSG, Urteil vom 19. September 2008, a.a.O.
(20)).
e. Der Antragsgegner hat auch ermessensfehlerfrei die Leistungen ab dem 1. September 2010 für die Dauer der
bereits erfolgten Bewilligung zum 30. November 2010 bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz entzogen. Er hat
sowohl im Bescheid vom 26. Juli 2010 als auch im Widerspruchsbescheid vom 16. September 2010 die ihm
obliegende Ermessensausübungspflicht gesehen, jedoch keine für den Antragsteller sprechenden
Ermessensgesichtspunkte erkannt.
Es ist nicht erkennbar, unter welchem Gesichtspunkt der Antragsgegner verpflichtet gewesen wäre, für den
Antragsteller sprechende Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Er hatte ihn mehrfach auf seine Mitwirkungspflichten
hingewiesen und ihm die Folgen der Unterlassung deutlich gemacht. Der Antragsteller hatte hingegen nur
ausweichende oder widersprüchliche Angaben hinsichtlich seiner Zugriffsbefugnis auf das Konto sowie einer
Erbengemeinschaft gemacht und in keiner Weise zur Aufklärung des Sachverhalts beigetragen. Im Gegenteil, wie
sich aus seinen Äußerungen auf den falsch geschriebenen Familiennamen der Verstorbenen ergibt, hat er bewusst
versucht, eine Entscheidung des Antragsgegners zu verzögern.
Der erstmalige Hinweis des Antragstellers im gerichtlichen Verfahren, wonach er in Mietrückstand gerate und dem
Vermieter einen weiteren Kündigungsgrund gebe, führt nicht zu einer anderen Einschätzung. Die Räumungsklage
wurde nämlich bereits am 26. August 2009 beim Amtsgericht M. - und damit noch während des Leistungsbezugs des
Antragstellers erhoben, und zwar wegen Mietrückständen seit Juli 2007 (vgl. Beschluss des erkennenden Senats vom
16. September 2010, L 5 AS 288/10 B ER und L 5 AS 289/10 B).
Nicht zuletzt wegen des vorläufigen Charakters der Rechtsfolgen des § 66 SGB I durfte der Antragsgegner die
Leistungen ganz entziehen. Anders als bei einer endgültigen Leistungsrücknahme gemäß § 45 SGB X verlangt die
vorläufige Entziehung nach § 66 SGB I nicht den Nachweis der Rechtswidrigkeit des Leistungsbezugs, also das
Vorliegen von Vermögen. Vielmehr reicht schon die Verletzung der Mitwirkungspflicht als solche. Dieser nicht
unerhebliche Eingriff in ein subjektivöffentliches Recht wird relativiert durch den Umstand, dass nach Nachholung der
Mitwirkungshandlung gemäß § 67 SGB I nachträglich die - tatsächlich zustehenden - Leistungen erbracht werden
können. Der Antragsgegner hat auch in dem Entziehungsbescheid vom 26. Juli 2010 darauf hingewiesen, dass im
Falle der Nachholung der Mitwirkung geprüft werde, ob die Leistungen ganz oder teilweise nachgezahlt werden
können.
Ohne dass es darauf ankäme, ergeben sich für den Senat Bedenken hinsichtlich der behaupteten aktuellen
Vermögenslosigkeit und Bedürftigkeit. Denn auf dem Konto bei Stadtsparkasse M. ist am 13. September 2010 eine
Bareinzahlung in Höhe von 150,00 EUR erfolgt. Andererseits waren auf dem Konto des Antragstellers bei der bank
zwischen dem 16. August 2010 und dem 25. November 2010 keine Umsätze gebucht. Das bedeutet, dass der
Antragsteller nach Entziehung der Leistungen über andere finanzielle Mittel verfügt haben muss.
D. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren war abzulehnen.
Nach § 73a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 114 ff. ZPO ist auf Antrag Prozesskostenhilfe zu bewilligen, soweit der
Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur
zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder verteidigung hinreichende
Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Dabei hat der Antragsteller gemäß § 115 ZPO für die
Prozessführung sein Einkommen und Vermögen einzusetzen, soweit ihm dies nicht aufgrund der dort genannten
Tatbestände unzumutbar ist.
Als hinreichend sind die Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels einzuschätzen, wenn der Erfolg in der Hauptsache
zwar nicht gewiss, eine Erfolgschance jedoch nicht unwahrscheinlich ist (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss
vom 13. März 1990 - 1 BvR 94/88 -, NJW 1991, S. 413 f.). Prozesskostenhilfe kommt hingegen nicht in Betracht,
wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht gänzlich ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist
(Bundessozialgericht, Urteil vom 17. Februar 1998 - B 13 RJ 83/97 R -, SozR 3-1500 § 62 Nr. 19).
An der hinreichenden Aussicht auf Erfolg des Rechtsmittels mangelt es aus den oben genanten Gründen.
E. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Der Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).