Urteil des LSG Sachsen-Anhalt vom 21.11.2008

LSG San: anspruch auf bewilligung, aufnahme einer erwerbstätigkeit, praktische ausbildung, vorläufiger rechtsschutz, arbeitslosigkeit, wahrscheinlichkeit, arbeitsmarkt, wechsel, gestatten, erlass

Landessozialgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss vom 21.11.2008 (rechtskräftig)
Sozialgericht Dessau-Roßlau S 7 AS 2531/08 ER
Landessozialgericht Sachsen-Anhalt L 5 B 463/08 AS ER
Die Beschwerde und der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe werden zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Übernahme von Weiterbildungskosten
durch den Antragsgegner.
Die am 19 geborene Antragstellerin hat eine Ausbildung zur Facharbeiterin für Umschlagprozesse und Lagerwirtschaft
absolviert. Sie bezieht vom Antragsgegner Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch
des Sozialgesetzbuches – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II). Seit 1. August 2007 übt sie eine zunächst
bis 31. Dezember 2007 befristete, dann verlängerte Nebenbeschäftigung bei Rechtsanwalt W. in Z. als "Aufwartung,
Bürohilfskraft" zu einem monatlichen Nettoverdienst von zuletzt 100,00 EUR aus.
Am 16. März 2008 stellte sie einen Antrag auf Gewährung einer Umschulung zur Bürokauffrau. Diesem Antrag war ein
Schreiben des Rechtsanwalts W. vom 10. März 2008 beigefügt, in dem es heißt: " Aufgrund des jahrelangen Kennens
und Ihrer gezeigten Einsatzbereitschaft erhielten Sie einen limitierten und befristeten Arbeitsvertrag als Bürohilfskraft.
Die einzelnen Einsatzstunden in den vergangenen Monaten bewertend, muss man Ihnen ein positives Zeugnis
ausstellen.
Aber an dieser Stelle muss ich nochmal verbindlich wiederholen: Ohne dass Sie eine mindestens zwei Jahre
dauernde "Umschulungsausbildung" zumindest nachweisbar aufnehmen, ist keine Volltagsbeschäftigung möglich.
Oder positiv formuliert: Sie erhalten einen Arbeitsvertrag über eine unbefristete Ganztagsbeschäftigung, wenn Sie
mindestens den Abschluss einer "Bürokauffrau" - oder vergleichbarer Ausbildung - vorlegen! Jede andere
Hilfsausbildung reicht nicht aus.
Über Jahre schon arbeite ich z.B. mit der Fortbildungsakademie der Wirtschaft (FAW) Dessau zusammen, welche
vom jeweiligen Arbeitsamt für einzelne Umschüler in unserem Bereich, für die entsprechende, mindestens zweijährige
Ausbildung Zuweisungen erhält. Zusätzlich würde ich unterstützen, dass Sie für die Zeit der Ausbildung - innerhalb
des dann möglichen Vertrages mit FAW Dessau - hier Ihr Praktikum, bzw. die praktische Ausbildung realisieren
können. "
Den Antrag wies der Antragsgegner mit Bescheid vom 29. April 2008 im Wesentlichen mit der Begründung zurück:
Die Leistungen nach § 16 Abs. 1 SGB II in Verbindung mit §§ 77 ff. SGB III seien Ermessensleistungen.
Voraussetzung sei, dass die Weiterbildung notwendig sei, um Betroffene bei bestehender Arbeitslosigkeit beruflich
einzugliedern. Für die Beurteilung der Notwendigkeit der Weiterbildungsmaßnahme komme es dabei insbesondere auf
die Dauer der bisherigen Arbeitslosigkeit, die Qualifikation des Antragstellers und die Nachfrage seines Berufsbildes
an. Vorrangig seien solche Maßnahmen zu fördern, die die unmittelbare Aufnahme einer Erwerbstätigkeit
ermöglichten. Dabei seien immer die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit beachten. Diese
Voraussetzungen habe die Antragstellerin nicht ausreichend dargelegt. Sie befinde sich derzeit in einem
Arbeitsverhältnis. Der Bestand dieses Beschäftigungsverhältnisses sei unabhängig von einer etwaigen Weiterbildung.
Sie mache außerdem geltend, mit einer Weiterbildung in ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis über¬nom¬men
zu werden. Es sei jedoch nicht substantiiert dargestellt, warum unbedingt die Umschulung zur Bürokauffrau
Voraussetzung für die Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis sein solle. Sie habe vorgebracht,
insbesondere im Bereich der Kostenrechnung und Festsetzung von Kostenbescheiden sei eine Qualifizierung
notwendig. Diese Kenntnisse und Fähigkeiten erforderten jedoch eine andere, speziellere Qualifizierung bzw. die
Ausbildung zur Rechtsanwaltsfachangestellten. Es müsse zudem durch Erklärung des Arbeitgebers dargelegt werden,
welche konkreten Maßnahmen der Weiterbildung in welchem Bereich unabdingbar notwendig seien, um den
Abschluss eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses herbeizuführen. Diesen Anforderungen
entspreche die Stellungnahme des Arbeitgebers nicht. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass sich eine Vielzahl von
Personen mit einer abgeschlossenen Ausbildung zur Bürokauffrau im Leistungsbereich der kommunalen
Beschäftigungsagentur befände. Unter Berücksichtigung des Grundsatzes der sparsamen und wirtschaftlichen
Mittelverwendung sowie aus arbeitsmarktpolitischen Zweckmäßigkeitserwägungen sei es nicht gerechtfertigt,
zusätzlich Personen durch die Übernahme der Umschulungskosten zu fördern. Zudem sei nicht ausreichend
feststellbar belegt, ob die vorliegende Arbeitslosigkeit auf das Fehlen von bestimmten Fachkenntnissen oder auf
andere Gründe zurückzuführen sei.
Gegen diesen Bescheid legte die Antragstellerin am 16. Mai 2008 Widerspruch ein. In der Weiterbildung sehe sie die
Chance, aus der jahrelangen Arbeitslosigkeit herauszukommen. Aus gesundheitlicher und ärztlicher Sicht komme für
sie nur eine Bürotätigkeit (keine körperlich schwere Arbeit) in Frage. Zudem sei sie am 7. Mai 2008 auf einer
Zeitarbeitsmesse in Zerbst gewesen. Dort hätten ihr alle Firmen, bei denen sie sich vorgestellt habe,
bedauerlicherweise mitteilen müssen, dass sie ohne eine Qualifikation bzw. Umschulung (abgeschlossenen
Ausbildung als Bürokauffrau) nicht die geringste Chance auf dem Arbeitsmarkt habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23. Juli 2008 wies der Antragsgegner diesen Widerspruch im Wesentlichen mit der
Begründung zurück, die bei der Antragstellerin nach eigenen Angaben vorhandenen Defizite bei der Berechnung und
Erstellung von Kostennoten könnten auch durch einzelne, kürzere Weiterbildungsmaßnahmen beseitigt werden. Die
Ausbildung zur Bürokauffrau sei dagegen nicht zur Beseitigung dieser fehlenden Fachkenntnisse geeignet. Schließlich
sei der Arbeitsmarkt für Bürokaufleute derzeit gesättigt. Die Umschulung weiterer Personen in diesem Berufszweig
biete daher derzeit keine günstige Eingliederungsprognose für einen dauerhaften Arbeitsplatz. Dagegen hat die
Antragstellerin am 28. Juli 2008 Klage beim Sozialgericht Dessau-Roßlau (SG) erhoben (7 AS 2264/08).
Am 15. August 2008 hat die Antragstellerin beim SG einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt
mit dem Begehren, den Antragsgegner zu verpflichten, ihr den nächsten Vorbereitungslehrgang (bei FAW Dessau) zur
beruflichen Umschulung zu gestatten und zu finanzieren. Sie hat nochmals auf die schriftliche Zusage hingewiesen,
wonach sie einen vollen Arbeitsplatz in einer Anwaltskanzlei erhalte, wenn die berufliche Qualifizierung einer
Bürokauffrau vorliege. Defizite bestünden in der Textverarbeitung und Computerbeherrschung. Die von ihr begehrte
Fortbildungsmaßnahme beginne mit einem Vorbereitungslehrgang am 3. November 2008 in Dessau, der bis zum 6.
Februar 2009 andauere. Danach bestünde die Möglichkeit, an einer zweijährigen Umschulung zur Bürokauffrau vom 7.
Februar 2009 bis 6. Februar 2011 teilzunehmen. Gleichzeitig hat sie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt
und unter dem 11. August 2008 eine nur teilweise ausgefüllte "Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen
Verhältnisse" vorgelegt.
Mit Beschluss vom 23. September 2008 hat das SG den Antrag im Wesentlichen mit der Begründung
zurückgewiesen: Es fehle an einem Anordnungsanspruch. Die Entscheidung des Antragsgegners über die Bewilligung
einer Weiterbildungsmaßnahme sei eine Ermessensentscheidung. Es bestehe nur ein Anspruch auf eine
ermessensfehlerfreie Entscheidung, denn eine Ermessensreduzierung auf Null liege nicht vor. Der Antragsgegner sei
auch nicht im Wege der einstweiligen Anordnung zur Neuverbescheidung zu verpflichten. Dies folge daraus, dass der
angegriffene Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides keine ermessensfehlerhafte Entscheidung des
Antragsgegners darstelle. Gleichzeitig hat das SG die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.
Gegen den ihr am 24. September 2008 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 24. Oktober 2008
Beschwerde eingelegt und gleichzeitig den Antrag gestellt, ihr für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens
Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt W. zu gewähren.
In diesem einstweiligen Verfügungsverfahren gehe es ihr darum, eine Chance zu erhalten, einen beruflichen
Vorbereitungslehrgang zu besuchen. In dessen Ergebnis werde ausgewiesen, ob sie die Fähigkeit, Voraussetzung
und den Willen besitze, sich überhaupt einer zweijährigen Umschulung zu unterziehen. Soweit das SG ausgeführt
habe, sie habe nur einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung, nicht aber auf eine Leistung nach
Abwägung der Momente des Ermessens zu ihren Gunsten, müsse diese Interpretation der einseitigen
Ermessensentscheidung nachgeprüft werden. Die gesetzlich orientierte gerechte Ermessensentscheidung sei nach
ihrem Verständnis nicht, dass Angestellte oder beamtete Sachbearbeiter beim Antragsgegner nach eigenem Gusto
entschieden und diese Sache nicht nachprüfbar oder korrigierbar sei.
Die Antragstellerin hat einen fachärztlichen Bericht des Dr. med. Friedrichs vom 15. August 2008 zu den Akten
gereicht, wonach sie aus orthopädischer Sicht keine schweren körperlichen Tätigkeiten verrichten und keinen kälteren
bzw. kalt-feuchten Arbeitsbereichen ausgesetzt werden solle. Empfehlenswert wären leichtere körperliche Tätigkeiten
mit Wechsel stehend/sitzend. Die Einflussnahme extremer bioklimatischer Faktoren sei zu vermeiden.
Die Antragstellerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen, den Beschluss des Sozialgerichts Dessau-
Roßlau vom 23. September 2008 aufzuheben und den Antragsgegner zu verpflichten, ihr die Teilnahme am
dreimonatigen Vorbereitungslehrgang ab 3. November 2088 in der Fortbildungsakademie der Wirtschaft (FAW) für eine
spätere Umschulung zu gestatten und die Auslagen zu tragen.
Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Die gesundheitlichen Einschränkungen seien bereits im Verwaltungsverfahren berücksichtigt worden. Im Übrigen
bezieht er sich auf sein bisheriges Vorbringen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Verwaltungsvorgang des
Antragsgegners sowie die Gerichtsakte ergänzend Bezug genommen.
II.
A.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des SG vom 23. September 2008 ist statthaft nach § 172 Sozialgerichtsgesetz
(SGG), form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 173 SGG) und auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch
unbegründet. Das SG hat es zu Recht abgelehnt, die begehrte einstweilige Anordnung zu erlassen.
Das Gericht kann nach § 86b Abs. 2 SGG eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen,
wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts
des Antragstellers erschwert oder wesentlich vereitelt wird. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines
vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur
Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.
Die einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis, die
hier allein in Betracht kommt, setzt nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG einen Anordnungsanspruch, also einen materiell-
rechtlichen Anspruch, den die Antragstellerin als Klägerin im Hauptsacheverfahren geltend zu machen hätte, und
einen Anordnungsgrund voraus, d.h. es muss eine besondere Eilbedürftigkeit für den Erlass einer einstweiligen
Anordnung vorliegen. Sowohl der Anordnungsanspruch als auch der Anordnungsgrund sind gemäß § 920 Abs. 2
Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG glaubhaft zu machen. Dies erfordert die überwiegende
Wahrscheinlichkeit der tatsächlichen Voraussetzungen.
Die Antragstellerin hat keinen Anspruch auf Bewilligung des von ihr beantragten Vorbereitungslehrgangs gegen den
Antragsgegner glaubhaft gemacht.
Nach § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II in Verbindung mit § 77 Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung
(SGB III) können berufliche Weiterbildungsmaßnahmen, zu der auch die von der Antragstellerin erstrebte Umschulung
zur Bürokauffrau und der hier streitbefangene Besuch des Vorbereitungslehrganges gehört, gefördert werden. Ob die
tatbestandlichen Voraussetzungen des § 77 SGB III gegeben sind, d.h. ob insbesondere der dreimonatige
Vorbereitungslehrgang als Vorstufe zur begehrten Umschulung zur Bürokauffrau notwendig im Sinne von § 77 Abs. 1
Satz 1 Ziffer 1 SGB III ist, um die Antragstellerin beruflich einzugliedern, kann dahinstehen.
Bei der Entscheidung des Antragsgegners, ob und ggf. für welche Weiterbildung er die Kosten übernimmt und in
welcher Weise er die Eignung für die angestrebte Maßnahme feststellt, handelt es sich um eine
Ermessenentscheidung. Besonderheit einer Ermessensleistung ist es, dass das Gesetz der Verwaltung in
verfassungsrechtlich zulässiger Weise trotz Erfüllung der notwendigen Tatbestandvoraussetzungen im Einzelfall eine
bestimmte Rechtsfolge nicht vorgibt. Sie kann die begehrte Rechtsfolge verfügen, muss es aber nicht. Die
Antragstellerin hat in diesen Fällen lediglich einen Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung nach § 39 des Ersten
Buches des Sozialgesetzbuches – Allgemeiner Teil (SGB I), nicht auf eine bestimmte Leistung.
Eine fehlerfreie Ermessensausübung hinsichtlich der in der Hauptsache begehrten Umschulung zur Bürokauffrau liegt
hier vor. Der Antragsgegner hat sein Ermessen bei der Entscheidung pflichtgemäß ausgeübt, d.h. er hat sein
Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung des § 77 SGB III entsprechenden Weise ausgeübt, ohne die
Grenzen des Ermessens zu überschreiten (§ 39 Abs. 1 Satz 1 SGB I).
Die gerichtliche Kontrolle ist bei Annahme eines Beurteilungsspielraums auf die Frage beschränkt, ob der
Antragsgegner von einem zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist, und ob er die durch
Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs abstrakt ermittelten Grenzen eingehalten und beachtet hat. Er muss
seine Subsumtionserwägungen so verdeutlicht und begründet haben, dass die Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe
erkennbar und nachvollziehbar ist (vgl. BSG, Urteil vom 28. November 1996, 7 RAr 58/95, BSGE 79, 269 ff.). Diese
Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Der Antragsgegner hat sich in seinen Entscheidungen ausführlich damit
auseinandergesetzt, welchen Zweck die Antragstellerin mit der beantragten Weiterbildung verfolgt und ob dieses Ziel
durch die Weiterbildung oder auch durch andere, weniger kostenintensive Maßnahmen zu erreichen ist. Auch
arbeitsmarktpoltische Zweckmäßigkeitserwägungen hat er in seine Ermessensentscheidung einfließen lassen.
Nur wenn das Ermessen ausschließlich in einem bestimmten Sinne rechtmäßig ausgeübt werden kann und jede
andere Entscheidung rechtswidrig wäre, besteht ein Anspruch auf diese einzig mögliche rechtmäßige Entscheidung,
hier die begehrte Umschulung zur Bürokauffrau mit dem dann ebenfalls zu bewilligenden streitbefangenen
Vorbereitungslehrgang. Eine Ermessensreduzierung auf "Null" ist jedoch nur dann gegeben, wenn nach dem
festgestellten Sachverhalt eine anderweitige Entscheidungsfindung rechtsfehlerfrei ausgeschlossen ist. Ein solcher
Fall liegt hier jedoch nicht vor. Es ist nicht ersichtlich, dass die Übernahme der Kosten für die Umschulung zur
Bürokauffrau und des dafür notwendigen entsprechenden Vorbereitungskurses die einzig rechtmäßige Entscheidung
wäre. So ist schon fraglich, ob die Antragstellerin den gesundheitlichen Anforderungen an die Arbeit einer
Bürokauffrau gewachsen wäre, da sie laut der vorgelegten Bescheinigung des Dr. med. Friedrichs nur im Wechsel von
Stehen und Sitzen arbeiten sollte. Bürokaufleute sind aber überwiegend im Sitzen und nur zeitweise im Stehen und
Gehen tätig Auch setzt das Berufsbild der Bürokauffrau als wesentliche gesundheitliche Voraussetzung eine normale
Funktionstüchtigkeit und Belastbarkeit der Wirbelsäule voraus (vgl. Berufsprofile für die arbeits- und
sozialmedizinische Praxis, S. 207). Die in der ärztlichen Bescheinigung attestierte mäßiggradige
Osteochondrose/Spondylarthrose besonders der unteren Halswirbelsäule lässt auch am Vorliegen dieser
Voraussetzung Zweifel aufkommen.
In Betracht kommen zur beruflichen Eingliederung der Antragstellerin auch die bereits vom Antragsgegner nicht näher
konkretisierten Kurzqualifikationen, um bestimmte vorhandene fachliche Defizite bei der Antragstellerin zu beseitigen.
Das Vorliegen einer Ermessensreduzierung in dem Sinne, dass jede andere Entscheidung als die Übernahme der
Kosten der Umschulung der Antragstellerin zur Bürokauffrau rechtswidrig wäre, ist nicht im Ansatz ersichtlich. Die
Antragsgegnerin weiß nach eigenem Bekunden selbst nicht, ob sie sich für die Umschulung zur Bürokauffrau eignet.
Da hinsichtlich des mittelbar verfolgten Ziels der Umschulung zur Bürokauffrau aus Sicht des Senats keine
Ermessensreduzierung auf Null vorliegt, gilt für den hier streitigen Vorbereitungslehrgang nichts anderes.
Auch unter dem Aspekt der Notwendigkeit der Feststellung der Eignung der Antragstellerin für berufliche
Weiterbildungsmaßnahmen lässt sich ein im Eilverfahren notwendig zu gewährender (vorläufiger) Rechtsschutz nicht
ableiten. Dem Antragsgegner steht es im Rahmen der ihm zustehenden Ermessensentscheidung auch frei, sich
anderer Testverfahren zu bedienen, die geeignet sind, die Befähigung der Antragstellerin für Bildungsmaßnahmen
auch anderer Art als die der Bürokauffrau festzustellen. In Betracht kommen z.B. in der Regel auf zwei Wochen
angelegte Berufsfindungsmaßnahmen (vgl. BfW Sachsen-Anhalt, www.bfw-sachsen-anhalt.de, Vorbereitende
Maßnahmen). Da die Antragstellerin selbst nicht weiß, ob sie sich für eine Umschulung zur Bürokauffrau eignet,
würde für die Antragstellerin eher eine allgemeine Maßnahme im o.g. Sinne in Betracht zu ziehen sein, die dazu dient,
überhaupt herauszufinden, für welche Berufe sie geeignet ist, gerade auch unter Berücksichtigung ihrer körperlichen
Einschränkungen.
Soweit sich die Antragstellerin hinsichtlich der Notwendigkeit einer Umschulungsmaßnahme auf gesundheitliche
Einschränkungen beruft, kann ihr Antrag auch dahin ausgelegt werden, dass sie eine Eingliederungsmaßnahme im
Rahmen einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben begehrt. Sie hat aber auch insoweit keinen Anspruch auf
Bewilligung einer solchen Maßnahme im Sinne eines Anordnungsanspruchs glaubhaft gemacht.
Als Rehabilitationsmaßnahme kommt beispielsweise eine Teilhabeleistung nach §§ 16 SGB II, 97 ff. SGB III in
Betracht, wenn die Antragstellerin i.S.v. § 19 Abs. 2 SGB III von einer Behinderung bedroht ist. Auch im Rahmen
dieser Maßnahmen aber hat der Antragsgegner sowohl ein Entschließungs- als auch ein Auswahlermessen
auszuüben, so dass hier dahinstehen kann, ob die Antragstellerin überhaupt die persönlichen Voraussetzungen der
Gewährung einer solchen Maßnahme erfüllt. Das Ermessen des Antragsgegners kann weder in einem
Hauptsacheverfahren noch im Eilverfahren durch das Gericht ersetzt werden, wenn nicht sein Ermessen auf "Null"
reduziert ist. Das ist aus den o.g. Gründen jedoch nicht der Fall.
Im Übrigen fehlt es hier auch an einem Anordnungsgrund. Sollte die Antragstellerin nicht an dem am 3. November
2008 bereits begonnenen Lehrgang teilnehmen können, drohen ihr keine nicht wieder gut zu machenden wesentlichen
Nachteile durch Abwarten des Hauptsacheverfahrens. Nach einer kursorischen Internetrecherche des Senats werden
in Sachsen-Anhalt in regelmäßigen Abständen von verschiedenen Anbietern Berufsfindungsmaßnahmen im weiteren
Sinne angeboten.
B.
Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt W. für die Durchführung des
Beschwerdeverfahrens war zurückzuweisen.
Nach §§ 73 a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), 114 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und
wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann,
auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende
Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Voraussetzung für die Gewährung von Prozesskostenhilfe ist
das Vorliegen eines entsprechenden vollständigen Antrages i.S.v. § 117 Abs. 2, 3 ZPO, die Bedürftigkeit der Partei
sowie eine hinreichende Erfolgsaussicht des Begehrens.
Der Antrag war schon deshalb zurückzuweisen, weil die Antragstellerin keinen vollständigen Antrag i.S.v. § 117 Abs.
2 ZPO vorgelegt hat. Der Senat konnte auch nicht auf ihre "Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen
Verhältnisse" im Verfahren vor dem Sozialgericht zurückgreifen, weil die Antragstellerin auch hier unvollständige
Angaben, insbesondere zu dem vorhandenen Vermögen gemacht hat (vgl. Beschluss des erkennenden Senats vom
18. November 2008, L 5 B 246/07 AS).
Auch im Übrigen hat die Antragstellerin mit ihrem Antrag auf Prozesskostenhilfe keinen Erfolg, da ihr Begehren keine
hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Das Wort "hinreichende Erfolgsaussicht" kennzeichnet, dass das Gericht sich
mit einer vorläufigen Prüfung der Erfolgsaussicht begnügen darf und muss. Der Er¬folg braucht nicht gewiss zu sein,
er muss aber immerhin nach den bisherigen Umständen eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich haben. Eine
überwiegende Wahrscheinlichkeit ist nicht notwendig. Der Standpunkt der Antragstellerin muss zu¬mindest objektiv
vertretbar sein (Keller/Leitherer in Meyer-Ladewig/Kel¬ler/Leitherer, SGG, 8. Auflage, § 73a Anm.7a m.w.N.).
Erfolgsaussichten in diesem Sinne lagen jedoch nicht vor. Die Grundsätze der Überprüfbarkeit von
Ermessensentscheidungen sind höchstrichterlich geklärt. Die Antragstellerin hat weder erstinstanzlich noch in ihrer
Beschwerde gegen den Beschluss des SG vom 23. September 2008 Ermessensfehler oder Gründe für eine
Ermessensreduzierung auf Null vorgetragen noch sind solche erkennbar.
Nicht ausreichend ist es aus den o.g. Gründen, sich auf die Darstellung der tatbestandlichen Voraussetzungen der
Gewährung einer Weiterbildung zu beschränken.
Nach alledem waren die Beschwerde und der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus entsprechender Anwendung von § 193 SGG.
Der Beschluss ist unanfechtbar. (§ 177 SGG).