Urteil des LSG Sachsen-Anhalt vom 28.10.2010

LSG San: elektromonteur, ekzem, stationäre behandlung, medizinische rehabilitation, wahrscheinlichkeit, klinik, disposition, einwirkung, anfang, schlosser

Landessozialgericht Sachsen-Anhalt
Urteil vom 28.10.2010 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Dessau-Roßlau S 3 U 69/06
Landessozialgericht Sachsen-Anhalt L 6 U 101/07
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens, ob bei dem Kläger eine Berufskrankheit (BK) nach Nr. 5101 der
Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BK 5101) anzuerkennen und ihm deshalb eine Verletztenrente nach einer
Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um mindestens 20 vom Hundert (vH) zu gewähren ist.
Der 1963 geborene Kläger war nach Abschluss seiner Berufsausbildung zum Elektromonteur (Anfang September 1980
bis Ende August 1982) bis Ende März 1993 in seinem Beruf tätig (Grundwehrdienst Mai 1983 bis Oktober 1984),
arbeitete anschließend bis Oktober 1996 als Bau- bzw. Produktionshelfer und war von November 1996 bis Januar
1997 wiederum als Elektromonteur beschäftigt. Von März 1997 bis August 1998 arbeitete der Kläger nochmals als
Bauhelfer und danach – lediglich unterbrochen für den Zeitraum Juni bis Juli 2001 durch eine Tätigkeit als Gastwirt –
wieder in seinem erlernten Beruf. Vom 16. Dezember 2002 bis Ende April 2004 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt.
Von Anfang Mai 2004 bis Ende Mai 2005 war er ohne Arbeit und anschließend – unterbrochen durch eine einmonatige
Arbeitslosigkeit von Ende August bis Ende September 2005 – bis zum 16. Juli 2006 wieder als Elektromonteur tätig.
Seither arbeitet er als Schlosser.
Am 22. Januar 2003 war bei der Berufsgenossenschaft der Feinmechanik und Elektrotechnik (Rechtsvorgängerin der
Beklagten; nachfolgend einheitlich als die Beklagte bezeichnet) der Hautarztbericht der Fachärztin für Haut- und
Geschlechtskrankheiten Dipl.-Med. K. vom 20. Januar 2003 eingegangen. Danach bestehe beim Kläger seit Januar
2001 ein atopisches Hand- und Fußekzem, welches mit massiver Rötung und Blasenbildung regelmäßig wiederkehre.
Der am 13. August 2001 durchgeführte Epikutantest sei unauffällig gewesen; in einem früheren Prick-Test (13. Mai
1991) seien Sensibilisierungen gegenüber Gräsern, Roggen und Hausstaubmilben aufgefallen. Anhaltspunkte für eine
berufliche Verursachung lägen nicht vor. Allerdings sei unter Arbeitsbedingungen eine Verschlechterung des
Zustandes aufgetreten, wobei keine berufliche Noxe angegeben werden könne. Arbeitsunfähigkeit wegen
Hauterkrankungen habe vom 17. April bis 11. Mai 2001, vom 4. bis 28. September 2001, vom 29. Oktober bis 30.
November 2001, vom 14. bis 25. Januar 2002, vom 8. bis 19. April 2002 und vom 14. Oktober bis 22. November 2002
bestanden. Seit dem 16. Dezember 2002 sei der Kläger wieder arbeitsunfähig. Aus dem von Dipl.-Med. K. beigefügten
Arztbrief der Hautklinik des Städtischen Klinikums D. vom 24. Juli 2002, wo sich der Kläger vom 24. Juni bis 12. Juli
2002 stationär aufgehalten hatte, gingen als Diagnosen u.a. ein generalisiertes atopisches Ekzem sowie eine Rhinitis
allergica hervor. Dem Bericht dieser Klinik vom 14. Dezember 2001 über die stationäre Behandlung vom 7. bis 26.
November 2001 waren u.a. eine erneute Exacerbation (Verschlimmerung) der rhagadiformtylotischen
(schrundenartigen) Ekzemherde an Händen und Füßen mit nachfolgender Entwicklung generalisierter Streuherde im
Bereich der Extremitäten und des Stammes im Zuge eines grippalen Infekts zu entnehmen.
Im Entlassungsbericht über die vom 27. August bis zum 17. September 2002 in der Knappschafts-Klinik B.
durchgeführte medizinische Rehabilitation vom 17. September 2002 waren als Diagnosen ein dyshidrotisches
(bläschenartiges) Hand- und Fußekzem, eine allergische Rhinokonjunktivitis, ein Nikotinabusus und eine Adipositas
gestellt worden. Bei der am 3. September 2002 durchgeführten Allergietestung habe sich eine schwach positive
Reaktion auf Hausstaubmilben und Birkenpollen gezeigt. Für die Unabhängigkeit der Erscheinungen von beruflichen
Einwirkungen spreche der Umstand, dass auch während der Tätigkeit des Klägers im Gaststättenbereich keine
Besserung eingetreten sei. Der Kläger sei arbeits- und im zuletzt ausgeübten Beruf als Elektromonteur in einem
Kernkraftwerk, bei dem nach seinen Angaben allgemeine Elektroarbeiten wie Verlegen und Rückbau von Leitungen,
Anschlussarbeiten und Reparaturen an elektrischen Geräten und Betriebsteilen im und außerhalb des
Kontrollbereiches, nicht hingegen Feuchtarbeiten, anfielen und kein Kontakt zu spezifischen Stoffen bestehe, voll
leistungsfähig. Präventiv seien kaliumdichromatfreie Handschuhe und Schuhe zu tragen; Arbeiten im feuchtwarmen
Milieu seien zu meiden.
Unter dem 5. Februar 2003 hatte der Kläger angegeben, während seiner Tätigkeit als Elektromonteur mit Gummi,
Leder, Kunststoffen, Kupfer, Messing, Aluminium und Stahl in Kontakt gekommen zu sein.
In ihrem Befundbericht vom 28. April 2003 war von Dipl.-Med. K. mitgeteilt worden, dass der Kläger nie
hauterscheinungsfrei sei. Das Handekzem sei zurzeit (letzte Untersuchung am 11. April 2003) bei Langzeit-
Arbeitsunfähigkeit recht stabil. Die Füße seien ständig gerötet, voller Risse, Pusteln und Rhagaden.
In seiner beratenden Stellungnahme vom 4. Juni 2003 war von dem Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten
Privatdozent Dr. K. eingeschätzt worden, das Krankheitsbild des Klägers entspreche einem Cheiro-Podopompholyx.
Die damit einhergehenden Schädigungen träten meist im Rahmen einer atopischen Veranlagung auf und bildeten die
Maximalform eines dyshidrotischen Hand- und Fußekzems bei erhöhter Schweißneigung. Eine primäre Verursachung
des Leidens durch berufliche Faktoren sei nicht hinreichend wahrscheinlich; differentialdiagnostisch komme ein
bullöses kontaktallergisches Ekzem in Betracht. Um entscheiden zu können, ob berufliche Einflüsse eine
Verschlimmerung bewirkt hätten, empfehle er weitere Ermittlungen.
Vom 1. bis zum 26. Juli 2003 hatte der Kläger eine stationäre dermatologische Heilmaßnahme in der Universität O
durchgeführt. In dem hierzu erstellten Abschlussbericht vom 28. Juli 2003 war von dem Klinikdirektor Prof. Dr. Dr. S.
ein atopisches Hand-, Fuß- und Unterschenkelekzem diagnostiziert worden. Zu den von ihm zu verrichtenden
Tätigkeiten hatte der Kläger dort angegeben, Elektroinstallationen und -deinstallationen sowie die Reinigung von
Schaltschränken vorzunehmen. Im Freien arbeite er mit Lederhandschuhen, ansonsten verwende er
Gummihandschuhe und Baumwoll-Unterziehhandschuhe. Dabei sowie auch beim Tragen der Sicherheitsschuhe mit
Stahlkappen verspüre er ein starkes Schwitzen. Die Familienanamnese hinsichtlich atopischer Erkrankungen sei
unauffällig. Als Hautbefund waren im Wesentlichen gruppiert stehende Bläschen auf erythematöslichenifiziertem
(flächenhaft gerötetem) Grund an den Handinnenflächen, eine colleretteartige Schuppung auf glänzendlividem Grund
mit einzelnen Pusteln an beiden ventralen Unterschenkelseiten sowie eine grob- bis mittellamelläre und zum Teil
erosiv auf erythematösem Grund bestehende Schuppung an den Fußsohlen festgehalten worden. Die durchgeführten
Epikutantestungen hatten keine Typ-IV-Sensibilisierungen gezeigt.
Auf Nachfrage der Beklagten zum Zustand der Hauterscheinungen während der Arbeitsunfähigkeitszeiten des Klägers
vom 23. bis 26. Oktober 2001, 29. Oktober bis 30. November 2001, 8. bis 26. April 2002, 24. Juni bis 26. Juli 2002,
29. Juli bis 11. August 2002, 27. August bis 19. September 2002, 1. bis 2. November 2002 sowie seit dem 16.
Dezember 2002 hatte Dipl.-Med. K. unter dem 21. Dezember 2003 mitgeteilt, dass es während der gesamten
Zeiträume wohl zu einer Besserung des Handekzems und einer diskreten Besserung des Fußekzems gekommen,
niemals jedoch eine Abheilung erfolgt sei.
Schließlich hatte die Beklagte von Prof. Dr. Dr. S. das Gutachten vom 24. März 2004 nach ambulanten
Untersuchungen vom 16. bis 19. März 2004 eingeholt. Dieser hatte als Untersuchungsbefund in dem zusammen mit
dem Oberarzt Dr. S. erstellten Gutachten einzelne Erosionen und ausgedehnte colleretteartige Schuppungen sowie
vereinzelte subcorneale Bläschen auf lividem Grund im Bereich der Handflächen und der Fingerbeugeseiten
beschrieben. Im Bereich beider Hohlfüße und Fußinnenränder bestünden auf livid erythematösem Grund ebenfalls
subcorneale Bläschen und einzelne Erosionen. Die Fußsohlen wiesen grübchenförmige Hornschichtdefekte auf. Der
Kläger habe diesen Zustand der Hände als sehr gut empfunden; viel besser seien sie noch nie gewesen. Insgesamt
hätten die Hauterscheinungen primär unabhängig von der beruflichen Tätigkeit einen wechselhaften Verlauf. Im
Epikutantest war nach 72 Stunden eine fragliche Typ-IV-Sensibilisierung gegenüber tertiärem Butylhydrochinon (BHC),
welches außerberuflich weit verbreitet sei und etwa in Lippenstiften, Arzneimitteln, essbaren Fetten und Ölen sowie in
Kraftstoffen vorkomme, gefunden worden. Alle getesteten Gummichemikalien waren negativ. Im Pricktest hätten sich
keine Typ-I-Sensibilisierungen gegenüber ubiquitären (allgemein verbreiteten) Inhalationsallergenen gezeigt.
Serologisch seien bei deutlich erhöhtem Gesamt-IgE (Immunglobulin E) jedoch Titersteigerungen gegenüber
saisonalen Inhalationsallergenen im Sinne einer atopischen Disposition aufgefallen. Überdies habe der
Alkaliresistenztest deutliche Hinweise auf eine anlagebedingt erhöhte Hautempfindlichkeit erbracht. Als Diagnosen
hatte Prof. Dr. Dr. S. ein atopisches Hand- und Fußekzem, eine konstitutionell bedingte erhöhte Schwitzneigung im
Bereich der Hände und Füße sowie eine Akrozyanose (Blaufärbung der Finger und Zehen) bei Nikotinabusus gestellt
und den Verdacht auf das Vorliegen eines Fußpilzleidens geäußert. Keine dieser Erkrankungen sei mit
Wahrscheinlichkeit durch berufliche Einflüsse entstanden oder verschlimmert worden. Zwar sei entsprechendes bei
einem atopischen Hand- und Fußekzem etwa infolge beruflicher Notwendigkeit des Tragens okklusiven Schuhwerks
möglich. Vorliegend sei die Krankheitsanlage angesichts des eigendynamischen, arbeitsunabhängigen und nahezu
therapieresistenten Verlaufs mit gegenwärtig mehr als zweijähriger Arbeitskarenz im Verhältnis zur Art und Intensität
der beruflichen Belastungen aber so leicht ansprechbar, dass zur Auslösung konkreter Erscheinungen bereits
gewöhnliche Belastungen des täglichen Lebens ausreichten. Die fragliche BHC-Sensibilisierung lasse sich als
vereinzelt beschriebene Kreuzreaktion deuten.
In seiner gewerbeärztlichen Stellungnahme vom 27. April 2004 war Dr. S. dieser gutachtlichen Einschätzung gefolgt.
Mit Bescheid vom 15. Juni 2004 hatte die Beklagte die Anerkennung einer BK 5101 sowie die Erbringung von
Leistungen abgelehnt und sich hierbei auf die Darlegungen von Prof. Dr. Dr. S. gestützt. Der hiergegen am 28. Juni
2004 erhobene Widerspruch des Klägers war von der Beklagten mit auf dem Postweg übersandtem
Widerspruchsbescheid vom 3. Dezember 2004 als unbegründet zurückgewiesen worden.
Am 9. Februar 2005 wandte sich der Kläger unter Bezugnahme auf das von dem Direktor der Klinik für Dermatologie
der Universität M. Prof. Dr. G. gemeinsam mit Prof. Dr. B. und dem Assistenzarzt H in einem
Rentenversicherungsverfahren gefertigten Gutachten vom 18. Januar 2005 an die Beklagte und begehrte die
Anerkennung der streitigen BK. Nach diesem Gutachten sei nicht ausgeschlossen, dass eine BK 5101 vorliege.
Prof. Dr. G. hatte ein chronisch-rezidivierendes, teils rhagadi- und dyshidrosiformes Hand- und Fußekzem gemischter
Ätiologie bei atopischer Diathese und Typ-IV-Sensibilisierung gegenüber BHC diagnostiziert und im Ergebnis
eingeschätzt, das Vorliegen einer BK 5101 sei jedenfalls nicht definitiv auszuschließen. BHC könne auch als
Gummiinhaltsstoff vorkommen. Bei seiner Tätigkeit als Elektromonteur habe der Kläger auch Kontakt zu
Gummiisolierungen gehabt, die diesen Stoff enthalten könnten.
Mit Bescheid vom 14. Februar 2006 lehnte die Beklagte die Rücknahme ihres Bescheides vom 15. Juni 2004 ab, da
weder das Recht fehlerhaft angewandt noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden sei. Das
Gutachten Prof. Dr. G.s besage lediglich, dass das Vorliegen einer BK 5101 nicht definitiv ausgeschlossen werden
könne. Aus ihm gehe auch nicht hervor, welche Krankheitserscheinungen als anlagenbedingt und welche als
dauerhafte beruflich bedingte Verschlimmerung anzusehen seien.
Hiergegen erhob der Kläger am 20. Februar 2006 Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10.
Juli 2006 als unbegründet zurückwies.
Am 20. Juli 2006 hat der Kläger zur Weiterverfolgung seines Begehrens beim Sozialgericht (SG) Dessau Klage
erhoben und sich weiterhin auf das Gutachten vom 18. Januar 2005 berufen.
Das SG hat von der Fachärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten Dr. K. das Gutachten vom 17. Dezember 2006
nach ambulanten Untersuchungen vom 5. bis 7. Dezember 2006 eingeholt. Befragt zu seiner derzeitigen Tätigkeit als
Schlosser, bei der er Maschinen in einem Betonwerk repariere, hat der Kläger angegeben, zu 90 % der Arbeitszeit
Stoff-Leder-Handschuhe zu tragen. Als Befunde hat Dr. K. rauhe und gerötete Hände mit Bläschen an den
Handkanteninnenseiten sowie Ekzeme und zum Teil kleine Einrisse an den Handgelenken dokumentiert. An den
Füßen seien keine wesentlichen pathologischen Befunde zu erkennen. MdE-Relevanz komme den
Hautveränderungen nicht zu. Im Epikutantest zeigten sich weiterhin eine Sensibilisierung gegenüber BHC sowie
Reaktionen gegenüber paratertiärem Butylphenol (PTBP), Diethylphtalat und Hexachlorophen. PTBP sei ein
Zwischenprodukt bei der Lackherstellung, Weichmacher für Celluloseacetat sowie ein Haltbarmacher für Seifen und
ein Motoröladditiv. Diethylphtalat finde bei der Herstellung von Zelluloid, als Lösungsmittel bei der Lackherstellung und
als Alkoholzusatz in der Riechstoffindustrie Verwendung. Hexachlorophen sei ein Medikamentenzusatz z.B. bei
Aknepräparaten. Im Ergebnis hat Dr. K. bei dem Kläger ein u.a. durch die IgE-Bestimmung gesichertes
anlagebedingtes atopisches Ekzem diagnostiziert, welches schicksalhaft verlaufe. Gegen dessen berufsbedingte
Beeinflussung sprächen vor allem das Auftreten von Rezidiven in Zeiten, die nicht in Beziehung zur angeschuldigten
Tätigkeit stünden, die fehlende Erkennbarkeit eines arbeitsabhängigen Verlaufs nach dem Jahr 2002 und das
Fortbestehen des Ekzems nach Aufgabe der Tätigkeit als Elektromonteur. Im Hinblick auf die BHC-Reaktion sei
angesichts der allgemeinen Verbreitung dieses Allergens die Wahrscheinlichkeit einer außerberuflichen
Sensibilisierung wesentlich höher als eine durch arbeitsbedingte Einwirkungen hervorgerufene Sensibilität, worauf
etwa die negative Reaktion auf sämtliche getesteten Gummichemikalien hindeute. Ein Zwang zur Aufgabe der
Tätigkeit als Elektromonteur habe weder früher bestanden noch liege er derzeit vor.
Mit Urteil vom 25. Juli 2007 hat das SG die Klage abgewiesen und sich zur Begründung auf die Darlegungen von Dr.
K. gestützt.
Gegen das am 7. August 2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 3. September 2007 Berufung beim
Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Er sieht sich insbesondere durch das auf seinen Antrag nach § 109
Sozialgerichtsgesetz (SGG) im Berufungsverfahren von Prof. Dr. N. erstellte Gutachten bestätigt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 25. Juli 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 14. Februar
2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Juli 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten,
ihren Bescheid vom 15. Juni 2004 aufzuheben, mit Wirkung vom 1. April 2004 an sein allergisches Kontaktekzem
gegenüber paratertiärem Butylphenol im Hand- und Fußbereich als Berufskrankheit nach Nr. 5101 der Anlage 1 zur
Berufskrankheiten-Verordnung festzustellen und ihm ab diesem Zeitpunkt eine Verletztenrente nach einer MdE um
mindestens 20 vH zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält ihre angefochtenen Bescheide und das diese bestätigende Urteil des SG für richtig.
Der Senat hat auf Antrag des Klägers nach Aktenlage von dem Arbeitsmediziner Prof. Dr. N. nach durch Prof. Dr. S.
am 27. Februar 2008 erstelltem allergologischen Zusatzgutachten das Gutachten vom 9. Mai 2008 nebst ergänzender
Stellungnahme vom 17. September 2008 eingeholt.
Prof. Dr. S. hat im Wesentlichen ausgeführt: Das nach 2004 gefundene PTBP sei weit verbreitet und habe als
Ausgangsprodukt für Kunstharze besondere Bedeutung. Es werde auch als Zwischenprodukt zur Herstellung von
Lacken, zur besseren Haltbarkeit von Seifen und als Hilfsstoff zur Rohölgewinnung eingesetzt. Allergische
Dermatosen gegenüber PTBP seien aus der Schuh- und Automobilindustrie bekannt, in denen Klebstoffe auf der
Basis von Neopren und Polychloropren verwendet würden. BHC weise zwar eine Sensibilisierungspotenz bei
Patienten mit dyshidrosiformen Hand- und Fußekzemen auf. Der Sensibilisierung des Klägers gegenüber diesem Stoff
lasse sich aber nicht zwanglos entnehmen, dass er diese mit Wahrscheinlichkeit im manuellen Kontakt mit einem
Arbeitsstoff erworben habe. Denn BHC sei in Stoffen des täglichen Lebens weit verbreitet. Überdies habe eine eigene
eingehende Literaturrecherche keine Bestätigung für die Annahme von Prof. Dr. G. erbracht, dass BHC als
schwefelfreies Vernetzungsmittel in der Gummiindustrie Verwendung finde.
Prof. Dr. N. hat beim Kläger im Ergebnis die Diagnose eines allergischen Kontaktekzems bei anlagebedingter
atopischer Diathese gestellt, wenngleich aufgrund des Krankheitsverlaufs und der Symptomatik eine sichere
Unterscheidung zwischen atopischer und durch Sensibilisierung erworbener Hauterkrankung nicht möglich sei. Die
bestehende atopische Disposition könne jedenfalls nicht als Alleinursache des Hautleidens angesehen werden. Im
Gegenteil spreche eine hohe Wahrscheinlichkeit für dessen Hervorrufung durch massive Einwirkung des im Dezember
2006 positiv getesteten PTBP mit der Folge von Sensibilisierungen auch gegenüber anderen Alkylmonophenolen wie
Diethylphtalat aus dem privaten Bereich aufgrund von Kreuzreaktionen. Diesen entscheidungserheblichen
Gesichtspunkt habe insbesondere Prof. Dr. Dr. S. übersehen. So erkläre sich das anfangs arbeitsabhängige Auftreten
der Erkrankung nach jahrelanger beschwerdefreier Tätigkeit, die spätere Entwicklung von Rezidiven im arbeitsfreien
Intervall sowie schließlich auch der deutliche Rückgang der Symptomatik nach Beendigung der Tätigkeit im erlernten
Beruf. Nicht auszuschließen sei, dass das atopische Leiden durch die berufliche Kontaktsensibilisierung überhaupt
erst zur Manifestation gebracht worden sei. Hautbelastende Tätigkeiten seien seit Januar 2001 zwingend zu
unterlassen. Die MdE liege seither bei einem Grad um 30 vH. Die Anwesenheit von PTBP am Arbeitsplatz des
Klägers könne zwar nicht direkt bewiesen werden. Indiz hierfür sei aber, dass diese Verbindung nicht nur in der
allgemeinen Umwelt weit verbreitet sei, sondern auch zu den gesundheitsschädlichen Arbeitsstoffen zähle. Zudem
müsse ein hinreichend langer Zeitraum zur Einwirkung des schwachen PTBP vorausgesetzt werden. Da dies nicht die
Zeit von Oktober 2001 bis Oktober 2004 gewesen sein könne, während der lediglich neun Monate Arbeitsfähigkeit des
Klägers bestanden habe, verbleibe nur der Zeitraum bis zur Erstmanifestation im Januar 2001. Ungewöhnlich sei
ferner, dass der Kläger einer Minderheit der Atopiker zuzuordnen sei. Denn bei bis zu 70 % der Betroffenen finde sich
eine genetische Disposition in der Familienanamnese. Weiterhin sei die Erstmanifestation des Leidens im Alter von 37
Jahren atypisch. Bei 80 % der Betroffenen zeige sich die Veranlagung nämlich bis zum 5. Lebensjahr. Schließlich sei
auch die von Dr. K. beschriebene Befundbesserung nach der Aufnahme der Tätigkeit als Schlosser Indiz für die
diagnostizierte Berufsbezogenheit des Hautleidens.
Die Beklagte ist der Ansicht Prof. Dr. N.s entgegen getreten. Den Darlegungen von Prof. Dr. S. sei ein der beruflichen
Tätigkeit des Klägers nachweisbar zuzuordnendes Allergen nicht zu entnehmen. Dies gelte gerade im Hinblick auf
BHC und PTBP. Positive tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass PTBP im früheren Arbeitsbereich des Klägers auch
nur typischerweise anzutreffen sei, lägen nicht vor; eine Vergleichbarkeit mit Arbeitsverhältnissen der Schuh- oder
Automobilindustrie sei nicht gegeben. Der Nachweis der Überempfindlichkeit gegenüber PTBP belege nur deren
Existenz, sage jedoch nichts über ihre Herkunft aus. Immerhin habe der Kläger bei Dr. K. auf PTBP-Formaldehydharz
nicht reagiert, was den Schluss nahelege, dass allergische Hautreaktionen beim Kläger nur durch ganz bestimmte
Stoffverbindungen hervorgerufen würden. Dass er gerade mit diesen gearbeitet habe, sei nicht zu belegen. Zudem
habe Prof. Dr. S. darauf hingewiesen, dass der Zeitpunkt des Entstehens der Empfindlichkeit des Klägers nicht
gesichert sei. Überdies sei das von Prof. Dr. N. als Ursache für die klinische Erstmanifestation der atopischen
Diathese ausgemachte Kontaktekzem nach dem Krankheitsverlauf und den dokumentierten Befunden nicht zu
sichern. Das zumindest während der ersten Krankheitsphasen einer solchen Erkrankung typische Bild sei nämlich
nirgends belegt. Zudem sei kein arbeitsabhängiger Krankheitsverlauf erkennbar. Prof. Dr. N. habe die Anamnese
insoweit nur selektiv wahrgenommen. So hätten sich beispielsweise nach der Entlassung aus dem stationären
Heilverfahren in Bochum am 26. Juli 2003 die vorübergehend gebesserten Befunde nachfolgend wieder verschlechtert,
obgleich der Kläger keinen beruflichen Hauteinwirkungen ausgesetzt gewesen sei. Die Krankengeschichte spreche für
den typisch schicksalhaften Verlauf eines atopischen Ekzems.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der
Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren
Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung des Senats.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 143 SGG statthafte, form- und fristgerecht erhobene (§ 151 Abs. 1 SGG) und auch ansonsten zulässige
Berufung des Klägers ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 14. Februar 2006 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 10. Juli 2006 beschwert den Kläger nicht im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG,
weil die Beklagte darin zu Recht die Rücknahme ihres Bescheides vom 15. Juni 2004 abgelehnt hat.
Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB
X) ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass
bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als
unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen nicht erbracht worden sind. Diese Voraussetzungen liegen hier
nicht vor. Denn weder ist die Beklagte beim Erlass des Bescheides vom 15. Juni 2004 von einem unrichtigen
Sachverhalt ausgegangen noch hat sie (daraufhin) das Recht unzutreffend angewandt. Der Kläger hat nämlich keinen
Anspruch auf Feststellung seines Hautleidens als BK 5101, womit sich die Frage einer deswegen zu gewährenden
Verletztenrente nicht mehr stellt (siehe hierzu die §§ 56 Abs. 1 und 2, 72 SGB VII).
Die vom Kläger verfolgten Ansprüche richten sich nach den Vorschriften des Siebten Buches Sozialgesetzbuch –
Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII). Denn der von ihm geltend gemachte Versicherungsfall (BK), zu dem hier
auch die tatsächliche Aufgabe der schädigenden Tätigkeit gehört, könnte nur nach dem In-Kraft-Treten des SGB VII
am 1. Januar 1997 eingetreten sein (vgl. Art 36 des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes vom 7. August 1996,
BGBl. I, 1254 ff., §§ 212 ff. SGB VII).
Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind BKen Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung
(BKV) mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet und die ein Versicherter infolge einer den Versicherungsschutz
nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleidet. Die näheren Einzelheiten zum Erlass der BKV
regelt § 9 Abs. 1 Sätze 2 und 3 sowie Abs. 6 SGB VII. Erfasst vom Tatbestand der BK 5101 werden schwere oder
wiederholt rückfällige Hauterkrankungen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die
Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können. Danach
müssen für die Anerkennung einer Erkrankung als BK 5101 folgende Kriterien erfüllt sein: Der Versicherte muss
aufgrund seiner versicherten Tätigkeit hautbelastenden Einwirkungen ausgesetzt gewesen sein. Bei ihm muss eine
schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankung vorliegen, die durch diese Einwirkungen verursacht oder
verschlimmert worden bzw. wieder aufgelebt ist. Diese Erkrankung muss zum Unterlassen aller gefährdenden
Tätigkeiten gezwungen haben und der Versicherte darf tatsächlich keine solche Tätigkeit mehr ausüben.
Ausgehend hiervon war der Kläger während seiner Tätigkeit als Elektromonteur im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB
VII als Beschäftigter versichert, was zwischen den Beteiligten nicht strittig ist. Die Tätigkeit eines Elektromonteurs
kann grundsätzlich auch mit hautbelastenden beruflichen Einwirkungen einhergehen. Die vom Kläger als Einwirkungen
angeschuldigten Umstände sind nach dem insoweit einschlägigen Beweismaßstab jedoch nicht als wesentliche (Mit)-
Ursache seines Hautleidens hinreichend wahrscheinlich zu machen. Ob die Erkrankung objektiv zur Unterlassung der
gefährdenden Tätigkeit gezwungen hat, bedarf damit keiner Entscheidung mehr.
Hinreichende Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände mehr für als gegen den
geltend gemachten Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden, so dass darauf die richterliche
Überzeugung gegründet werden kann. Die bloße Möglichkeit einer Verursachung genügt dagegen nicht. Dabei setzt
die im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung geltende "Theorie der wesentlichen Bedingung" in Eingrenzung der
naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie, nach der jede nicht hinwegzudenkende Bedingung
(conditiosinequanon) kausal ist, voraus, dass die versicherte Einwirkung bei wertender Betrachtung nicht nur
irgendeine Bedingung war, sondern wegen ihrer besonderen Beziehung zur geltend gemachten Krankheit wesentlich
mitgewirkt hat (vgl. KassKomm-Ricke, Stand Januar 2010, § 8 SGB VII Rn. 4 und 15, m.w.N.). Dabei ist "wesentlich"
nicht gleichbedeutend mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige,
sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein,
solange die andere(n) Ursache(n) keinen überwiegenden Einfluss hat (haben). Welche Ursache wesentlich ist und
welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besonderen Beziehungen der Ursache zum
Eintritt des Erfolges (hier der Erkrankung) wertend abgeleitet werden. Gesichtspunkte hierfür sind insbesondere die Art
und das Ausmaß der versicherten Einwirkung sowie der konkurrierenden Ursachen, der zeitliche Verlauf und die
Krankheitsgeschichte unter Berücksichtigung der aktuellen medizinischen Erkenntnisse (vgl. Bundessozialgericht
[BSG], Urteil vom 12. April 2005 – B 2 U 27/04 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 15; Urteil vom 9. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R –
SozR 4-2700 § 8 Nr. 17).
Danach liegt keine ernste Zweifel ausschließende Wahrscheinlichkeit dafür vor, dass zwischen der Tätigkeit des
Klägers als Elektromonteur und der von ihm als BK geltend gemachten Erkrankung ein wesentlicher ursächlicher
Zusammenhang besteht. Ein solcher ist lediglich möglich. Denn es sprechen nicht mehr Tatsachen für als gegen eine
solche Beziehung. Für sie lässt sich zwar der laut Prof. Dr. N. ungewöhnliche Umstand der atopiefreien
Familienanamnese und relativ späten Erstmanifestation des Hautleidens beim Kläger anführen. Erhebliche Zweifel an
der geltend gemachten Ursachenbeziehung werden jedoch schon durch den zeitlichen Aspekt hervorgerufen.
Nach dem Wortlaut des Tatbestandes der BK 5101 steht die Aufgabe der belastenden Tätigkeiten in einer zeitlichen
Beziehung zur maßgeblichen Krankheit. Es geht um Krankheiten, die die Aufgabe von Tätigkeiten erzwungen haben,
weil die Tätigkeiten – schon vorher – für die Entstehung oder Verschlimmerung der Krankheit ursächlich waren.
Folglich muss die Krankheit schon bei der Entstehung des Unterlassungszwangs vorgelegen haben. Weiterhin muss
die Aufgabe der Tätigkeit krankheitsbedingt erzwungen sein, d.h. die Tätigkeit muss bis zum Entstehen des Zwangs
noch ausgeübt worden sein. Dies vorausgeschickt, ist ein allergisches Kontaktekzem vor Aufgabe der Tätigkeit des
Klägers am 17. Juli 2006 – schon gar nicht vor Erlass des Bescheides vom 15. Juni 2004 –, das Prof. Dr. N. für seine
Schlussfolgerungen vorausgesetzt hat und von dessen Vorliegen sich der Senat volle Überzeugung bilden können
müsste (vgl. zu diesem Beweismaßstab BSG, Urteil vom 20. Januar 1987 – 2 RU 27/86 – SozR § 548 Nr. 84; Urteil
vom 27. Juni 2006 – B 2 U 5/05 R – SozR 4-5671 § 6 Nr. 2), nicht nachzuweisen. Das hat der Sachverständige im
Ergebnis auch selbst eingeräumt. Denn nach seiner Auffassung ist angesichts des Krankheitsverlaufs und der
Symptomatik eine sichere Abgrenzung zwischen atopischer und durch Sensibilisierung erworbener Hauterkrankung
nicht möglich.
Nach seinem klinischen Bild ist ein allergisches Kontaktekzem dadurch gekennzeichnet, dass nach einer
Sensibilisierungsphase von mindestens fünf Tagen erneuter Kontakt zum belastenden Allergen zu einem Erythem,
Ödem und nässenden Erosionen mit einem Maximum meist nach 24 bis 72 Stunden führt (Pschyrembel, Klinisches
Wörterbuch, 262. Aufl. 2010, S. 1102). Entsprechende Befunde sind nicht ausreichend belegt. So liegt als erste
ärztliche Beschreibung der Bericht der Hautklinik des Städtischen Klinikums D. vom 14. Dezember 2001 vor, in dem
die im November 2001 gefundenen Hauterscheinungen als schrundenartige Ekzemherde an Händen und Füßen mit
nachfolgender Entwicklung generalisierter Streuherde im Bereich der Extremitäten und des Stammes im Zuge eines
grippalen Infekts genannt werden. Im Nachfolgebericht dieser Klinik vom 24. Juli 2002 wurde die entsprechende
Symptomatik dann als generalisiertes atopisches Ekzem eingeordnet. Laut Entlassungsbericht der Knappschafts-
Klinik B. vom 17. September 2002 hatten sich während der medizinischen Rehabilitation zwar gerötete Ekzemherde
mit vereinzelt aufgeplatzten Bläschen, daneben aber ebenso Schrunden und gerade keine Ödeme und nässende
Erosionen gezeigt. Hinweise für derartige Befunde hat auch Dipl.-Med. K. nie mitgeteilt. Vielmehr hat sie das von ihr
erhobene klinische Bild in den Berichten vom 20. Januar und 28. April 2003 als Rötung sowie Schrunden- und
Bläschenbildung im Hand- bzw. Fußbereich beschrieben. Dem entspricht im Wesentlichen auch der im
Abschlussbericht der Universität O vom 28. Juli 2003 dokumentierte Hautstatus bzw. die von Prof. Dr. Dr. S. in
seinem Gutachten vom 24. März 2004 wiedergegebene Situation mit rotschuppigen Bläschen sowie lediglich
einzelnen Erosionen. Schließlich hat auch Dr. K. im Rahmen ihrer ambulanten Untersuchungen des Klägers Anfang
Dezember 2006 anstatt ödematöser Veränderungen und nässender Hautdefekte wiederum rauhe und gerötete Hände
mit Bläschen an den Handkanteninnenseiten sowie Ekzeme und zum Teil kleine Einrisse an den Handgelenken
vorgefunden. Insgesamt verbleiben beim Senat damit nicht lediglich unerhebliche Zweifel daran, dass beim Kläger bis
zur Aufnahme seiner Tätigkeit als Schlosser ein allergisches Kontaktekzem bestand, von dem entgegen Prof. Dr. N.
kein einziger Hautfacharzt ausgegangen ist. Dies gilt insbesondere auch für Prof. Dr. G., der aus der von Prof. Dr. Dr.
S. gefundenen Sensibilisierung gegenüber BHC gerade kein allergisches Kontaktekzem im Sinne einer gesicherten
Diagnose abgeleitet hatte, sondern von einem atopischen Ekzem (gemischter Ätiologie) ausgegangen war. Diese
ärztliche Bewertung ist auch nachvollziehbar, denn eine gesicherte Überempfindlichkeit gegenüber einem bestimmten
Allergen ist nicht gleichbedeutend mit einem ebensolchen Kontaktekzem. Entsprechendes gilt im Hinblick auf die von
Dr. K. festgestellte Sensibilisierung gegenüber PTBP.
Selbst wenn jedoch mit Prof. Dr. N. bezüglich PTBP von einem gesicherten Kontaktekzem ausgegangen würde,
werden gewichtige Zweifel an einer wesentlichen Kausalbeziehung zwischen der Tätigkeit als Elektromonteur und
einer solchen Erkrankung durch das Fehlen positiver Anhaltspunkte dafür hervorgerufen, dass PTBP im früheren
Arbeitsbereich des Klägers auch nur typischerweise anzutreffen war. Nach Prof. Dr. S. und Dr. K. ist PTBP weit
verbreitet und tritt etwa als Zwischenprodukt bei der Lackherstellung, Weichmacher für Celluloseaccetat,
Haltbarmacher für Seifen und als Motoröladditiv in Erscheinung. Allergische Dermatosen gegenüber PTBP seien aus
der Schuh- und Automobilindustrie bekannt, in denen Klebstoffe auf der Basis von Neopren und Polychloropren
verwendet würden. Dass das Einsatzgebiet eines Elektromonteurs mit Arbeitsverhältnissen der Schuh- oder
Automobilindustrie generell vergleichbar ist, leuchtet nicht unbedingt ein. Jedenfalls fehlt jeder Beleg, dass der Kläger
während seiner konkreten beruflichen Tätigkeit überhaupt mit PTBP-haltigen Materialien in Berührung gekommen ist.
Allein der Umstand, dass PTBP nicht nur in der allgemeinen Umwelt weit verbreitet, sondern auch als schädlicher
Arbeitsstoff bekannt ist, lässt entgegen Prof. Dr. N. den Schluss auf eine bis Anfang 2001 erfolgte massive
Einwirkung dieser Substanz am Arbeitsplatz des Klägers gerade nicht zu. Wie die Beklagte zutreffend angemerkt hat,
sagt die diesbezügliche Sensibilisierung nämlich nichts über ihre Herkunft aus, zumal angesichts des weiten
außerberuflichen Vorkommens von BHC (u.a. in Arzneimitteln, essbaren Fetten und Ölen) eine insoweit erworbene
Primärempfindlichkeit mit nachfolgender Kreuzreaktion gegenüber dem ebenfalls weit verbreitetem PTBP jedenfalls
nicht als völlig ausgeschlossen erscheint.
Entscheidend gegen die maßgebliche Bedeutung der beruflichen Einwirkungen spricht schließlich der
Krankheitsverlauf, der sich zwanglos mit dem als expositionsunabhängig belegten atopischen Hautleiden des Klägers
vereinbaren lässt. Ein deutlicher arbeitsabhängiger Krankheitsverlauf ist nämlich nicht zu erkennen, wie sich
beispielsweise an dem von Prof. Dr. Dr. S. festgehaltenen gutachtlichen Untersuchungsbefund festmachen lässt.
Obgleich der Kläger wegen seiner Hauterscheinungen im März 2004 bereits seit 15 Monaten durchgehend nicht als
Elektromonteur gearbeitet hatte, wurde immer noch die o.g. Situation mit ausgedehnten colleretteartigen Schuppungen
und Bläschen im Handflächen-, Fingerbeugeseiten- und Fußinnenrandbereich vorgefunden. Die Fußsohlen wiesen
grübchenförmige Hornschrunden auf. Der Kläger hatte seine Hauterscheinungen ausdrücklich als im Verlauf
wechselnd und unabhängig von der beruflichen Tätigkeit eingeordnet. Diese Selbstwahrnehmung findet auch bei Dipl.-
Med. K. Bestätigung, die unter dem 21. Dezember 2003 mitgeteilt hatte, dass während der seit Oktober 2001
aufgetretenen Arbeitsunfähigkeitszeiträume mitunter zwar gewisse Besserungen, niemals jedoch Abheilungen
aufgetreten waren. Wenn trotz Entfallens der beruflich angeschuldigten Hautbelastungen über einen so langen
Zeitraum Therapieresistenz fortbesteht, liegt eine expositionsunabhängige Erklärung der Symptomatik nahe. Als
solche haben neben Dipl.-Med. K. auch Prof. Dr. Dr. S. und Dr. K. anstatt einer Kontaktallergie die atopische
Disposition des Klägers mit insbesondere durch die IgE-Bestimmung gesicherter Ansprechbarkeit auf alltägliche
Hauteinwirkungen ausgemacht. Das Vorliegen dieser atopischen Disposition hat auch Prof. Dr. N. nicht bestritten.
Dass die vorliegenden Befunde mit vorübergehender Symptombesserung anstatt durch ein naturwissenschaftlich
vollständig hinwegdenkbares Kontaktekzem nicht mittels des typisch schubweisen Verlaufs eines atopischen Hand-
und Fußekzems erklärbar sein sollen, hat Prof. Dr. N. zwar behauptet, aber nicht begründet.
Da nach alledem schon die Feststellungsvoraussetzungen einer BK 5101 nicht erfüllt sind, konnte die Berufung
keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.