Urteil des LSG Sachsen-Anhalt vom 27.01.2011

LSG San: verschlechterung des gesundheitszustandes, wohnung, versorgung, verbesserung des gesundheitszustandes, diabetes mellitus, pflegebedürftigkeit, medikamentöse behandlung, form, körperpflege

Landessozialgericht Sachsen-Anhalt
Urteil vom 27.01.2011 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Halle (Saale) S 9 P 40/05
Landessozialgericht Sachsen-Anhalt L 4 P 20/07
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Umstritten ist Pflegegeld nach der Pflegestufe II für den Zeitraum vom 30. November 2004 bis 30. September 2005
für die 1921 geborene und im Dezember 2008 verstorbene Versicherte I. T. (im Folgenden: Versicherte).
Der Kläger zu 1 (nachfolgend: Kläger) ist der Sohn der Versicherten, die Klägerin zu 2 (nachfolgend: Klägerin) seine
Ehefrau. Beide sind von der Versicherten je zur Hälfte als Erben eingesetzt worden. Die Versicherte war im streitigen
Zeitraum bei der Beklagten und ab 1. Oktober 2005 bei der AOK pflegeversichert. In der Zeit vom 1. November 2002
bis 30. September 2005 bezog sie von der Beklagten Pflegegeld nach der Pflegestufe I. Dem lag ein Gutachten des
Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Sachsen-Anhalt (MDK) vom 14. Januar 2003 zugrunde. Danach litt
die Versicherte an einer inkompletten Harninkontinenz, Altersdemenz mit Schwindel, zunehmendem
Gedächtnisverlust, Depression mit Antriebslosigkeit, körperlicher Schwäche, Rückenschmerzen und Taubheit der
Beine sowie Diabetes mellitus, Bluthochdruck, Neurodermitis und Herzschwäche. Im Bereich der Grundpflege sei ein
Hilfebedarf von 47 Minuten täglich und im Bereich der Hauswirtschaft von 45 Minuten täglich erforderlich.
Mit Schreiben vom 25. November 2004 beantragte die Versicherte die Höherstufung des Pflegegeldes, da sich der
Pflegeaufwand erheblich erhöht habe, die Demenzerkrankung weiter fortgeschritten und eine über den gesamten Tag
verteilte Betreuung notwendig sei. Sie müsse zu allen Mahlzeiten und dazu angehalten werden, sich ausreichend mit
Flüssigkeit zu versorgen. Sie wolle häufig nicht aufstehen, verspüre weder Hunger noch Durst und müsse bei der
Körperhygiene und Nahrungsaufnahme motiviert und unterstützt werden. Zudem leide sie unter Angstzuständen.
Wegen der zunehmenden Orientierungs- und Gedächtnisstörungen finde sie sich außerhalb der Wohnung nicht mehr
zurecht. Dennoch versuche sie häufig, die Wohnung zu verlassen. Zusätzlich sei die vollständige Übernahme aller
hauswirtschaftlichen Verrichtungen nötig. Der Klägerin sei es wegen der aufwendigen Pflege nicht mehr möglich, einer
Berufstätigkeit nachzugehen; sie beantrage die Einbeziehung in den Schutz der gesetzlichen Rentenversicherung.
Auf Veranlassung der Beklagten erstellte der MDK am 26. Januar 2005 ein erneutes Gutachten zur Feststellung der
Pflegebedürftigkeit der Versicherten. Die Gutachterin P. führte aus, die Versicherte lebe allein in einem
Einfamilienhaus mit 4 Stufen im Außenbereich und unterschiedlichen Stufen im gesamten Wohnbereich. Sie werde
von den beiden Klägern gepflegt und erhalte Essen auf Rädern. Gesundheitlich stellte die Gutachterin beidseits einen
abgeschwächten Händedruck und kraftlosen Faustschluss, einen leicht unsicheren, schwankenden Gang und
zeitweise einen Tremor beider Hände fest. Die Greiffunktion sei beidseits erhalten, der Positionswechsel aus der Sitz-
und Liegeposition erfolge langsam, aber selbständig, der Nacken- und Schürzengriff sei beidseits erhalten und das
Gehen erfolge mit Unterarmstützen selbständig. Aus der Sitzposition könne die Versicherte mit den Fingerspitzen die
Füße erreichen und alle Gelenke seien passiv beweglich. Im Außenbereich sei ein Gehen mit Hilfe möglich. Die
Kontrolle über die Harnblase sei nicht immer erhalten, weshalb die Versicherte Vorlagen trage, eine Stuhlinkontinenz
bestehe jedoch nicht. Die Versicherte leide unter Hirnleistungsminderung und Angstzuständen. Dies führe zu
mangelndem Durstgefühl, Desorientierung, Angst vor dem Alleinsein und depressiven Phasen mit Antriebsarmut. Die
Versicherte verstelle oft den Temperaturregler an der Heizung, zeige aber kein Abwehrverhalten und spiele auch nicht
an elektrischen Geräten. Sie könne zwar den Monat nicht nennen, aber ihr Geburtsdatum und ihren eigenen Namen
und erzähle viel von früher. Wünsche könne sie äußern und die Nahrungsaufnahme erfolge selbständig. Die
Alltagskompetenz sei erheblich eingeschränkt. Daher müsse die Pflegeperson die Versicherte bei allen Verrichtungen
anleiten und die Tagesstrukturierung und Beschäftigung vorgeben. Im Bereich der Körperpflege benötige sie Hilfe in
einem zeitlichen Umfang von 31 Minuten täglich, und zwar insbesondere zur Vor- und Nachbereitung der
Pflegeutensilien, beim Nachkämmen, bei der Pflege der Prothesen, bei der Intimhygiene nach dem Stuhlgang, beim
Wechsel der Vorlagen und in Form von ständiger Anleitung und Teilhilfen bei der gesamten Körperpflege. Im Bereich
der Ernährung bestehe ein Pflegebedarf von 20 Minuten täglich, weil die Versicherte bei der mundgerechten
Zubereitung der Mahlzeiten Hilfe benötige sowie eine Anleitung bei der Flüssigkeitszufuhr. Im Bereich der Mobilität
betrage der Hilfebedarf 15 Minuten am Tag. Bei enger Bekleidung benötige sie Hilfe beim An- und Ausziehen von
Kleidung über den Kopf und von Schuhen, Strümpfen, Unterhosen und Hosen bis zum Knie. Die Kleidung müsse
zurecht gelegt werden, und es müsse auf einen Wechsel der Schmutzwäsche geachtet werden. Die Reihenfolge beim
Anlegen der Kleidung könne die Versicherte noch einhalten. Zweimal wöchentlich benötige sie Hilfe für den Transfer in
die Wanne. Ein nächtlicher Grundpflegebedarf bestehe nicht. Damit ergebe sich ein Hilfebedarf im Bereich der
Grundpflege von 66 Minuten täglich und im Bereich der Hauswirtschaft von 45 Minuten täglich. Es werde weiterhin die
Pflegestufe I empfohlen. Mit Schreiben vom 14. Februar 2005 teilte die Beklagte der Versicherten mit, dass
beabsichtigt sei, den Antrag auf Höherstufung abzulehnen und gab ihr Gelegenheit zur Stellungnahme. Diese führte
aus, die Pflege werde allein von der Klägerin, nicht auch vom Kläger übernommen. Im Gutachten seien das Verlassen
und Wiederaufsuchen der Wohnung, die Begleitung zu Arztbesuchen, das Dosieren und Verabreichen der
Medikamente, die Hilfe beim Treppensteigen, das Einkaufen, das Beheizen der Wohnung sowie die Müllentsorgung
und Mülltrennung nicht berücksichtigt worden. Der Gesundheitszustand habe sich außerdem kurzfristig
verschlechtert. Sie könne gefährliche Situationen, zum Beispiel im Straßenverkehr, nicht einschätzen, verlasse aber
trotzdem den Wohnbereich. Ihr Umgang mit Gas, Feuer, Wasser, Messern und Scheren sei unsachgemäß, sodass
diese Gegenstände und Stoffe sicher verwahrt werden müssten. Ferner laufe sie planlos umher und esse wegen des
mangelnden Sättigungsgefühls zuviel, sodass die Lebensmittel zugeteilt werden müssten. Da eine koordinierte
Nahrungsaufnahme nicht mehr möglich sei, müsse die Pflegeperson auch während der Mahlzeiten anwesend sein.
Abends bestehe eine starke Unruhe, Verwirrtheit und Angst. Sie sei niedergeschlagen, verzagt, hilf- und hoffnungslos.
Wegen der Inkontinenz müsse sie regelmäßig an das Wasserlassen erinnert werden und die Vorlagen müssten
mindestens dreimal täglich gewechselt werden. Auf Grund der notwendigen Diätkost habe sie mindestens zwei
Stuhlgänge täglich. Wegen des vielen Liegens müsse die Kleidung häufig gerichtet werden. Schwindel und
Koordinationsstörungen erhöhten die Sturzgefahr. Daher könne sie nicht mehr alleine aufstehen und zu Bett gehen
und benötige auch beim Toilettengang und beim Treppensteigen Hilfe. In Bezug auf die hauswirtschaftliche
Versorgung wird unter anderem ausgeführt, dass an den Wochenenden und Feiertags das Mittagsessen im häuslichen
Bereich gekocht werde. Infolge des Zitterns verstreue und verschütte sie oft Nahrung und Getränke, sodass die
Küche mehrmals täglich gereinigt werden müsse. Insgesamt bestehe im Bereich der Körperpflege ein Hilfebedarf von
70 Minuten, im Bereich der Ernährung von 35 Minuten, im Bereich der Mobilität von 54 Minuten und für die
hauswirtschaftliche Versorgung von 78 Minuten täglich. Eine erneute Begutachtung stelle eine unnötige extreme
Belastung für die Versicherte dar. Die letzte Begutachtung sei mit einer großen Stressbelastung und erheblichen
psychischen Auswirkungen über mehrere Tage verbunden gewesen. Der notwendige Betreuungsumfang sei nach der
Pflegestufe I nicht mehr zu bewältigen.
Nachdem die Beklagte den MDK mit der Erstellung eines Zweitgutachtens beauftragt hatte, lehnte der Kläger diese
Begutachtung telefonisch ab, da eine erneute Begutachtung nur durch eine andere Stelle hingenommen werde.
Daraufhin lehnte die Beklagte die Höherstufung mit Bescheid vom 21. März 2005 unter Hinweis auf das Gutachten
des MDK vom 26. Januar 2005 ab.
In dem dagegen eingelegten Widerspruch verwies die Versicherte auf ihre bisherigen Ausführungen, in denen sie
bereits auf die ihrer Ansicht nach lückenhaften und teilweise verfälschten Aussagen des MDK hingewiesen habe. Eine
Neubegutachtung auf gleichem Niveau sei nicht geeignet, ein zutreffendes Begutachtungsergebnis zu erzielen. Die
Beklagte habe die Einholung eines Gutachtens durch einen Facharzt nach § 18 Abs. 7 Satz 1 SGB XI abgelehnt.
Entgegen § 18 Abs. 4 Satz 1 SGB XI sei auch die behandelnde Hausärztin nicht befragt worden. Daher sei keine
objektive Begutachtung erfolgt, obwohl eine Bescheinigung der Hausärztin in Bezug auf die Pflege vorgelegt worden
sei. Zudem habe die Klägerin als Pflegeperson am 25. November 2004 die "Übernahme der
Rentenversicherungspflicht" beantragt. Das Pflegegutachten sei nicht im Zusammenhang mit ihren Darlegungen
analysiert und ausgewertet worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Mai 2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie gab an, eine
Konsultation des Hausarztes sei nicht unbedingt erforderlich und liege im Ermessen des Gutachters. Mit einem
höheren Hilfebedarf im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung werde die Pflegestufe II noch nicht erreicht, wenn
nicht auch der Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege dem Zeitaufwand der Pflegestufe II entspreche. Die
Medikamentengabe gehöre zur Behandlungspflege und sei daher nicht zu berücksichtigen. Die erforderliche
umfangreiche Betreuung und Beaufsichtigung müsse ebenfalls außer Betracht bleiben. Die eingereichte
Bescheinigung der Ärztin Dr. N. (zur Vorlage beim Arbeitsamt H.) sowie die Kurzinformation der Martin-Luther-
Universität aus dem Jahre 1998 seien zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit nicht sehr ergiebig.
Hiergegen hat die Versicherte am 2. Juni 2005 beim Sozialgericht Halle Klage erhoben und die Begutachtung durch
einen Facharzt beantragt, da die Gutachterin des MDK bei der Beurteilung der Demenzerkrankung überfordert
gewesen sei. Es seien täglich mindestens 5 Pflegeeinsätze nötig, so dass die Klägerin als Pflegeperson keiner
Berufstätigkeit mehr nachgehen könne. Der Kläger sei von der Gutachterin unzutreffend ebenfalls als Pflegeperson
eingesetzt worden, obwohl er selbst chronisch krank und nicht in der Lage sei, die Pflege zu übernehmen. Die Kläger
haben abermals auf ihre Darlegungen im Anhörungsschreiben verwiesen und ein Pflegetagebuch vorgelegt, aus dem
sich ein Pflegebedarf im Bereich der Grundpflege zwischen 157 und 175 Minuten täglich sowie im Bereich der
hauswirtschaftlichen Versorgung zwischen 33 und 115 Minuten täglich ergibt.
Das Sozialgericht hat einen Pflegebefundbericht der behandelnden Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. N. vom 2. Februar
2006 beigezogen. Danach sei die Versicherte nicht in der Lage, die Praxis selbständig aufzusuchen, sondern werde
vom Kläger begleitet. Sie sei zeitweise zeitlich und örtlich desorientiert und es bestünden auffallende
Einschränkungen der mnestischen Funktionen sowie eine ausgeprägte Störung des Kurzzeitgedächtnisses. Der Gang
sei unsicher und körperliche Belastbarkeit eingeschränkt. Die grobe Kraft sowie die Greif- und Haltefunktion der Hände
seien gering eingeschränkt. Außerhalb des Hauses benötige sie einen Rollator, innerhalb der Wohnung komme sie mit
einem Gehstock zurecht. Nahrungsaufnahme und der Gang zur Toilette erfolgten zum Teil selbständig. Eine
nächtliche Versorgung sei nicht notwendig. Im häuslichen Milieu sei die Versicherte ausreichend orientiert, benötige
aber Hilfe beim An- und Ausziehen, bei der Körperpflege und bei der Zubereitung der Mahlzeiten sowie bei der
Bereitstellung und Verabreichung der Medikamente. Aufgrund der Altersdepression könne sie viele Dinge des
täglichen Lebens nicht mehr selbständig verrichten. Sie benötige Hilfe beim Waschen, Duschen, Baden, bei der
Zahnpflege und beim Kämmen von 112 Minuten täglich. Für die Darm- und Blasenentleerung einschließlich des
Richtens der Kleidung benötige sie Beaufsichtigung, für das Wechseln kleiner Vorlagen Hilfe in Form der vollen
Übernahme. Daraus ergebe sich ein Hilfebedarf von 60 Minuten täglich. Bei der mundgerechten Zubereitung der
Nahrung benötige sie die volle Übernahme, bei der Nahrungsaufnahme jedoch keine Hilfe. Beim Aufstehen und Zu-
Bett-Gehen sowie beim An- und Auskleiden sei Hilfe in Form einer teilweisen Übernahme, beim Umlagern,
Treppensteigen und Stehen hingegen keine Hilfe erforderlich. Daraus resultiere ein Hilfebedarf im Bereich der Mobilität
von 65 Minuten zuzüglich 15 Minuten für das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung, bei dem sie ebenfalls
Hilfe in Form der teilweisen Übernahme benötige. Bei den Verrichtungen im Bereich der Hauswirtschaft sei die
Versicherte auf die Versorgung durch die Pflegeperson angewiesen.
Am 2. Mai 2006 hat die Versicherte wegen einer Verschlimmerung der Pflegebedürftigkeit einen Antrag auf Leistungen
der Kurzzeitpflege gestellt. In dem daraufhin erstellten Gutachten des MDK vom 13. Juni 2006 ist vollstationäre
Pflege empfohlen worden. Im Bereich der Grundpflege ist ein Hilfebedarf von 87 Minuten täglich festgestellt worden.
Die AOK hat daraufhin vollstationäre Leistungen nach der Pflegestufe I mit bestandskräftigem Bescheid vom 5. Juni
2006 bewilligt. Nach einem weiteren Gutachten des MDK vom 26. Februar 2007, mit dem ein Zeitaufwand für die
Grundpflege von 143 Minuten täglich und für die hauswirtschaftliche Versorgung von 60 Minuten täglich festgestellt
worden ist, hat die Versicherte vom 1. Januar 2007 an Leistungen nach der Pflegestufe II erhalten.
Die Kläger haben für die Versicherte vorgetragen, die Zeitangaben aus dem aktuellen Gutachten vom Februar 2007
seien nahezu identisch mit den von ihnen angegebenen Pflegezeiten. Die Gutachterin des ersten Gutachtens habe
sich beim Hausbesuch nur etwa 20 Minuten aufgehalten. In dieser Zeit habe sie den Pflegeaufwand nicht hinreichend
beurteilen können. Das erste Gutachten des MDK dürfe nicht mit späteren Gutachten verglichen werden, da sich die
zusätzlichen Medikamente, insbesondere Risperdal und Ebixa, positiv auf den Allgemeinzustand ausgewirkt hätten.
Ferner sei der häufige Wechsel von Inkontinenzeinlagen nicht berücksichtigt worden. Die Kläger hätten auch nicht
eine erneute Begutachtung abgelehnt, sondern eine fachärztliche Begutachtung beantragt. Die häusliche Pflege unter
erschwerten Bedingungen dürfe nicht mit einer professionellen vollstationären Pflege gleich gesetzt werden.
Außerdem sei die Begutachtung im Pflegeheim von der bereits abgelehnten Gutachterin und – trotz der
Demenzerkrankung der Versicherten – ohne Wissen der Prozessbevollmächtigten durchgeführt worden. Das
Gutachten vom 13. Juni 2006 könne deshalb nicht als Beweis herangezogen werden. Allerdings habe die Versicherte
auch schon in der häuslichen Pflege mit Kot geschmiert, sodass Hände, Körperteile, Kleidung und Wohnung hätten
gereinigt werden müssen. Der Höherstufungsantrag sei Ende 2006 gestellt worden, da das Pflegeheim die Versicherte
nicht weiter nach der Pflegestufe I pflegen wollte.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 27. Juli 2007 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, es sei nach
dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht davon überzeugt, bei der Versicherten habe bereits im
streitgegenständlichen Zeitraum ein der Pflegestufe II entsprechender Pflegebedarf von mindestens 120 Minuten in
der Grundpflege bestanden. Bedenken gegen die Berücksichtigung der Gutachten des MDK bestünden nicht. Für den
streitgegenständlichen Zeitraum sei ein Kotschmieren durch die Versicherte nicht erkennbar. Nicht nachvollziehbar sei
der Vortrag, der Gesundheitszustand habe sich Ende 2006 durch die medikamentöse Behandlung gebessert, da die
Kläger bereits in den Anträgen von Mai 2006 zur Gewährung von Leistungen der Kurzzeitpflege bzw. der stationären
Pflege sowie gegenüber der Gutachterin des MDK C. S. und im Antrag vom 17. Januar 2007 eine Verschlechterung
des Gesundheitszustandes der Versicherten angegeben hätten.
Gegen das ihnen am 28. September 2007 zugestellte Urteil haben die Kläger am 1. Oktober 2007 Berufung eingelegt
und erneut auf die schwierige Pflege in einem nicht behindertengerechten Wohnumfeld hingewiesen. Ferner seien die
durch die Demenz zusätzlich erschwerten Bedingungen nicht ausreichend berücksichtigt worden. Das SG habe eine
zeitnahe häusliche Begutachtung durch einen gerichtlich bestellten Gutachter unterlassen. Als ein solcher schließlich
beauftragt worden sei, habe sich die Versicherte bereits im Pflegeheim befunden. Nur auf Drängen des SG hätten sie
der Zuziehung der Verwaltungsakte der AOK zugestimmt, obwohl sie bereits im Vorfeld den Verdacht der
Voreingenommenheit und Parteilichkeit des MDK geäußert hätten. Die umfangreichen Pflegeaufzeichnungen und das
hausärztliche Gutachten der behandelnden Ärztin Dr. N. seien von der Kammer nicht gewürdigt worden.
Nachdem die Beklagte in der mündlichen Verhandlung den Pflegebedarf für die Versicherungspflicht der Klägerin nach
§ 3 Nr. 1 a SGB VI für den streitigen Zeitraum mit einem Umfang von mindestens 14, aber unter 21 Stunden sowie die
gegenüber dem Rentenversicherungsträger erforderlichen Maßnahmen anerkannt und die Klägerin dieses
Anerkenntnis angenommen hat,
beantragen die Kläger,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 27. Juli 2007 aufzuheben sowie den Bescheid vom 21. März 2005 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Mai 2005 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihnen als
Rechtsnachfolger der verstorbenen I. T. Pflegegeld nach der Pflegestufe II für den Zeitraum vom 30. November 2004
bis zum 30. September 2005 unter Anrechung bereits erbrachter Leistungen zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen. Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend und führt darüber hinaus aus, auch die
behandelnde Hausärztin habe angegeben, die Versicherte könne innerhalb der Wohnung mit dem Gehstock
selbständig gehen. Der weiterhin angegebene Pflegebedarf von 3,5 Stunden sei nicht plausibel begründet und
ersichtlich nicht mit den Begutachtungsrichtlinien vereinbar. So werde für das Baden ein täglicher Zeitaufwand von 30
Minuten in Ansatz gebracht, obwohl die Versicherte nur zweimal wöchentlich gebadet habe. Umgerechnet werde
dadurch für einen Badevorgang ein Hilfebedarf von 105 Minuten berücksichtigt. Diese zeitliche Angabe sei nicht
verwertbar. Die Hausärztin habe bereits in einer Bescheinigung aus dem Jahre 2002 einen täglichen Pflegebedarf von
4 Stunden für erforderlich erachtet.
Der Senat hat einen Befundbericht vom Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. A. hat, Nachfolger des
verstorbenen Dr. W., eingeholt, der mitgeteilt hat, mit dem Fall persönlich nicht vertraut gewesen zu sein. Zu einem
vorgelegten Auszug aus der Patientenkartei hat er ausgeführt, Dr. W. habe am 27. Juli 2006 erstmals Melperon, am
10. August 2006 erstmals Risperidon (entspricht Risperdal) und am 26. Oktober 2006 erstmals Memantine (entspricht
Ebixa und Axura) verordnet. Dies lasse den Schluss zu, dass der Behandlungsversuch mit Risperidon und Melperon
allein ohne ausreichende Wirkung gewesen sei und erst durch die Verordnung des Memantine ab 26. Oktober 2006
eine entsprechende Wirkung eingetreten sei, da Dr. W. diese Medikation auch nach den regelmäßigen
Kontrolluntersuchungen beibehalten habe.
Der Senat hat die Verwaltungsakte der Pflegekasse der AOK sowie die Pflegeunterlagen des Seniorenzentrums Haus
"A. P." beigezogen, in dem die Versicherte vom 8. Mai 2006 bis zu ihrem Tod gelebt hat. Diese Unterlagen sowie die
Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen
Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Sachvortrags der Beteiligten wird auf den
Inhalt dieser Akten ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Kläger ist unbegründet, denn der Bescheid der Beklagten vom 21. März 2005 in der
Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19. Mai 2005 ist rechtmäßig, soweit er die Ablehnung von Leistungen
nach der Pflegestufe II ab 30. November 2004 betrifft. Er beschwert die Kläger insoweit nicht im Sinne von §§ 157, 54
Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Kläger sind nach § 58 Erstes Buch Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil des SGB – (SGB I) berechtigt, den
Anspruch auf Pflegegeld geltend zu machen. Denn sie sind Erben der verstorbenen Versicherten; auf sie sind fällige
Ansprüche auf Geldleistungen nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) vererbt worden. Sie
haben aber keinen Anspruch auf Leistungen nach der Pflegestufe II für den streitigen Zeitraum vom 30. November
2004 bis zum 30. September 2005.
Anspruch auf Pflegegeld besteht nach § 37 Abs. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch – Soziale Pflegeversicherung –
(SGB XI) in Verbindung mit §§ 14, 15 SGB XI unter der Voraussetzung, dass der Pflegebedürftige mit dem Pflegegeld
dessen Umfang entsprechend die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung in geeigneter Weise
selbst sicher stellt. Pflegebedürftig sind nach § 14 Abs. 1 SGB XI Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen
oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen oder regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im
Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens 6 Monate, in erheblichem oder höherem Maße
(§ 15 SGB XI) der Hilfe bedürfen. Die pflegebedürftigen Personen werden nach § 15 Abs. 1 SGB XI für die Gewährung
von Leistungen einer von drei Pflegestufen zugeordnet. Schwer Pflegebedürftige (Pflegestufe II) sind Personen, die
bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität mindestens drei mal täglich zu verschiedenen Tageszeiten der
Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen (§ 15
Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB XI). Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft
ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung
benötigt, muss wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der Pflegestufe II mindestens 180 Minuten betragen; hierbei
müssen auf die Grundpflege – Körperpflege, Ernährung und Mobilität – mindestens 120 Minuten entfallen (§ 15 Abs. 3
Nr. 1 SGB XI).
Der Senat hat sich nach Auswertung der Gutachten des MDK vom 26. Januar 2005 und 13. Juni 2006 auch unter
Berücksichtigung des umfangreichen Vorbringens der Kläger und der behandelnden Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. N.
sowie der Pflegeunterlagen des Seniorenzentrums Haus "A. P." nicht davon überzeugen können, dass bei der
Versicherten in der Zeit vom 30. November 2004 bis 30. September 2005 ein Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege
von mindestens 120 Minuten täglich bestanden hat.
Gegen die Verwertung der Gutachten des MDK bestehen keine Bedenken. Hierzu wird zunächst auf die zutreffenden
Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil verwiesen. Nach § 18 Abs. 7 Satz 1 SGB XI werden die Aufgaben des MDK
durch Ärzte in enger Zusammenarbeit mit Pflegefachkräften und anderen geeigneten Fachkräften wahrgenommen.
Schon daraus geht hervor, dass der Gesetzgeber nicht nur Fachärzte, sondern auch Pflegefachkräfte als geeignete
Fachkräfte ansieht. Aufgaben und Organisation des MDK sind in den §§ 275 ff Fünftes Buch Sozialgesetzbuch –
Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V) geregelt. Nach § 278 Abs. 1 SGB V ist der MDK eine eigenständige
rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts, die als Arbeitsgemeinschaft organisiert ist. Die Fachaufgaben des
MDK werden nach § 279 Abs. 5 SGB V von Ärzten und Angehörigen anderer Heilberufe wahrgenommen. Diese
Organisationsstrukturen lassen Weisungen von Seiten der Krankenkassen an den MDK nicht zu. Darüber hinaus sind
die Ärzte des MDK nach § 275 Abs. 5 Satz 1 SGB V nur ihrem ärztlichen Gewissen unterworfen. Daher spricht
grundsätzlich nichts gegen die Verwertung von Gutachten des MDK in Rechtstreitigkeiten. Die Einschaltung anderer
Fachkräfte, insbesondere die Angehörigen anderer Heilberufe, ist nach diesen Vorschriften ausdrücklich gesetzlich
vorgesehen. Die Beklagte hat, da sie gegenüber dem MDK keine Weisungsbefugnis hat, keine Möglichkeit darauf
Einfluss zu nehmen, ob dieser zur Begutachtung einen Facharzt oder eine andere Fachkraft einsetzt. Die
Vorgehensweise der Beklagten war daher nicht zu beanstanden.
Ferner hat sich der MDK hier im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben bewegt. Die Gutachten vom 14. Januar 2003, 13.
Juni 2006 und 26. Februar 2007 sind jeweils von der Pflegefachkraft C. S.; das vom 26. Januar 2005 ist von der
Pflegefachkraft Y. P. erstellt worden. Bei diesen Pflegefachkräften handelte es sich jeweils um geeignete Fachkräfte
im Sinne des § 18 Abs. 7 Satz 1 SGB XI.
Nach § 18 Abs. 4 Satz 1 SGB XI soll der MDK, soweit der Versicherte einwilligt, die behandelnden Ärzte des
Versicherten, insbesondere die Hausärzte, in die Begutachtung einbeziehen und ärztliche Auskünfte und Unterlagen
über die für die Begutachtung der Pflegebedürftigkeit wichtigen Vorerkrankungen sowie Art, Umfang und Dauer der
Hilfebedürftigkeit einholen. Mit Einverständnis des Versicherten sollen auch pflegende Angehörige oder sonstige
Personen oder Dienste, die an der Pflege der Versicherten beteiligt sind, befragt werden. Der Wortlaut der Vorschrift
verdeutlicht, dass die behandelnden Ärzte des Versicherten nicht zwingend in die Begutachtung einzubeziehen sind,
sondern der MDK hierbei einen Ermessensspielraum hat. Ihm kann die Einschaltung der behandelnden Ärzte bzw. die
Beiziehung ärztlicher Auskünfte und Unterlagen nicht vorgeschrieben werden. Eine Einwirkung der Beklagten auf den
MDK zur Einhaltung dieser gesetzlichen Sollvorschrift wäre unvereinbar mit dessen von den Krankenkassen
unabhängiger Rechtstellung. Die Sozialgerichte ihrerseits haben im Rahmen der Sachaufklärung gemäß § 106 SGG
die Möglichkeit, Unterlagen der behandelnden Ärzte einzuholen, wenn sie die Sachaufklärung durch den MDK nicht für
ausreichend erachten. Dies ist hier auch geschehen. Aus der Tatsache, dass der MDK diese Unterlagen nicht
beigezogen hat, kann aber nicht darauf geschlossen werden, dass die ohne solche Auskünfte erstellten Gutachten
nicht verwertbar seien. Es obliegt vielmehr dem Gericht, zu überprüfen, ob und inwieweit die Gutachten des MDK
nachvollziehbar erscheinen und ihre Ergebnisse für die Rechtsfindung übernommen werden können.
Der Senat hat in den MDK-Gutachten keine Widersprüche, Sachverhaltslücken oder verfälschte Aussagen sowie
keine beleidigenden oder unsachlichen Äußerungen festgestellt. Angesichts der Diskrepanzen zwischen den
Gutachten und den Ausführungen der Kläger hat das Gericht in freier Beweiswürdigung einzuschätzen, inwieweit den
Gutachten des MDK oder den Klägern zu folgen ist. Wenn im Gutachten vom 26. Januar 2005 nicht nur die Klägerin,
sondern auch der Kläger als Pflegeperson aufgeführt ist, obwohl dieser nach seinen Angaben die Versicherte
tatsächlich nicht gepflegt hat, macht dieser Fehler nicht das gesamte Gutachten unbrauchbar. Die Nennung des
Klägers als Pflegeperson ist möglicherweise auf die Tatsache zurückzuführen, dass er die Versicherte zu
Arztbesuchen begleitet hat. Allerdings spielt die Frage der Pflegeperson für die Beurteilung der Pflegebedürftigkeit der
Versicherten keine Rolle, denn Aufgabe des MDK ist es nach § 18 Abs. 1 Satz 1 SGB XI, die Voraussetzungen und
die Stufe der Pflegebedürftigkeit zu prüfen. Die weitere Frage, ob die Pflegeperson (§ 19 SGB XI) Leistungen zur
sozialen Sicherung nach § 44 SGB XI erhält, ist keine medizinische Frage, sondern eine von der Beklagten zu
treffende rechtliche Entscheidung. Denn für den Anspruch auf Zahlung von Beiträgen zur Rentenversicherung muss
die Pflegeperson die pflegebedürftige Person mindestens 14 Stunden wöchentlich pflegen. Da der im Gutachten
festgestellte Pflegebedarf nur 12,95 Stunden wöchentlich betrug (66 Min. Grundpflege, 45 Min. Hauswirtschaft = 111
Min. tägl. = 777 Min. wöchentl.=12,95 Std.), war die Anzahl der Pflegepersonen für diese Frage unerheblich. Der
Verwertbarkeit der Gutachten steht daher nichts entgegen.
Die Gutachten des MDK sind auch in sich schlüssig und nachvollziehbar und der dort festgestellte Zeitbedarf für die
erforderliche Hilfe bei den einzelnen Verrichtungen orientiert sich an den Richtlinien der Spitzenverbände der
Pflegekassen zur Begutachtung von Pflegebedürftigkeit nach dem XI. Buch des Sozialgesetzbuches (Begutachtungs-
Richtlinien – BRi). Diese enthalten Zeitorientierungswerte zur Feststellung des individuellen Hilfebedarfs, die zwar
nicht verbindlich sind, denen aber eine Leitfunktion zukommt (vgl. BRi unter F. Orientierungswerte zur
Pflegezeitbemessung für die in § 14 SGB XI genannten Verrichtungen der Grundpflege). Bei der Festlegung der
Zeitorientierungswerte wurde von einer vollständigen Übernahme (VÜ) der Verrichtungen durch eine Laienpflegekraft
ausgegangen. Soweit die Gutachterinnen teilweise unterhalb dieser Orientierungswerte bleiben, ist dies bei lediglich
erforderlicher Teilübernahme, Unterstützung, Anleitung oder Beaufsichtigung daher nachvollziehbar.
Bei der Versicherten ist eine altersbedingte Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes im Laufe der Zeit
nachvollziehbar. Dementsprechend ist auch in den Gutachten des MDK jeweils ein erhöhter Grundpflegebedarf
festgestellt worden. Im Gutachten von Januar 2003 lag dieser bei 47 Minuten, im Gutachten von Januar 2005 bei 66
Minuten, im Gutachten von Mai 2006 bei 87 Minuten und ab Januar 2007 bei 143 Minuten täglich. Nach den
überzeugenden Feststellungen in diesen Gutachten kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Hilfebedarf im
Bereich der Grundpflege bereits in der Zeit von November 2004 bis einschließlich September 2005 die
Voraussetzungen der Pflegestufe II von mindestens 120 Minuten täglich erfüllte.
Den gegenteiligen Ausführungen der Kläger, wonach der Pflegebedarf im streitigen Zeitraum wesentlich höher war, ist
nicht zu folgen. Die erhebliche und zunehmende Demenz der Versicherten ist von den Gutachterinnen erkannt und
insoweit berücksichtigt worden, als sich dadurch der Pflegebedarf bei einzelnen Verrichtungen erhöht hat bzw. neu
entstanden ist. Aufgrund der zeitlichen Desorientierung der Versicherten und ihres Unvermögens zur
Tagesstrukturierung ist in Übereinstimmung mit dem Sozialgericht allenfalls ein weiterer Hilfebedarf in Form einer
Anleitung beim Aufstehen und Zu-Bett-Gehen zu berücksichtigen. Hierfür wären aber zusätzlich höchstens 2 Minuten
täglich anzusetze. Andere als die in § 14 Abs. 4 SGB XI ausdrücklich aufgezählten Verrichtungen, die in den
Gutachten des MDK in tabellarischer Form wiedergegeben sind, dürfen zur Feststellung des Pflegebedarfs nicht
berücksichtigt werden. Die gesetzliche Regelung ist insoweit abschließend. Eine weitergehende Berücksichtigung der
Demenz bzw. der damit einhergehenden erheblichen Pflegeaufwendungen ist nicht vorgesehen (vgl. hierzu Gürtner in
Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Band 2, § 14 Rz. 14, m.w.N.). Deshalb ist es nicht möglich, den
gesamten Hilfebedarf zu berücksichtigen, der zur Beaufsichtigung der Versicherten und zur sicheren Verwahrung
gefährlicher Gegenstände erforderlich gewesen ist. Inzwischen hat der Gesetzgeber die Leistungen für Versicherte mit
erheblichem allgemeinem Betreuungsbedarf zwar zu Gunsten der Betroffenen erheblich aufgestockt (vgl. die mit
Wirkung zum 1. Juli 2008 geänderten Vorschriften der §§ 45a, 45b SGB XI), es kann aber nur ein Ersatz von
finanziellen Aufwendungen für Betreuungsleistungen durch Pflegedienste oder anerkannte Betreuungsangebote
geltend gemacht werden.
Auch das Dosieren und Verabreichen von Medikamenten kann keiner der in § 14 Abs. 4 SGB XI aufgezählten
Verrichtungen zugeordnet werden und ist daher nicht berücksichtungsfähig. Diese Hilfestellung wird der medizinischen
Behandlungspflege zugeordnet, die im Rahmen der Feststellung der Pflegebedürftigkeit keine Berücksichtigung findet.
Zeiten für Hilfestellungen beim Verlassen und Aufsuchen der Wohnung können nur für solche Maßnahmen außerhalb
der Wohnung berücksichtigt werden, die unmittelbar für die Aufrechterhaltung der Lebensführung zu Hause notwendig
sind und das persönliche Erscheinen des Antragstellers erfordern (vgl. BSG, Urt. v. 21. Februar 2002 – B 3 P 12/01
R; Urt. v. 28. Mai 2003 – B 3 P 6/02 R sowie unter 4.3 Mobilität Ziff. 15 der BRi). Nach den BRi ist das Aufsuchen
von Ärzten zu therapeutischen Zwecken oder die Inanspruchnahme vertragsärztlich verordneter Therapien
berücksichtigungsfähig, wenn der Hilfebedarf regelmäßig (mindestens einmal pro Woche) und auf Dauer
(voraussichtlich mindestens 6 Monate) anfällt. Es ist nicht ersichtlich, dass die Versicherte mindestens einmal pro
Woche einen Arzt oder Therapeuten aufsuchen musste. Der Hilfebedarf bei Spaziergängen oder Besuchen von
kulturellen Veranstaltungen bleibt nach den BRi ausdrücklich unberücksichtigt. Der Hilfebedarf beim Einkaufen
unterfällt der hauswirtschaftlichen Versorgung.
Die Gutachterin P. ist zwar bereits im Gutachten vom Januar 2005 vom Vorliegen eines Schwindels bei der
Versicherten ausgegangen und hatte einen leicht unsicheren und schwankenden Gang festgestellt, sie hat jedoch
weiter ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Versicherte mit einer Unterarmstütze selbständig gehen, die Haustür
öffnen und zur Toilette gehen könne. Es ist daher nachvollziehbar, dass die Gutachterin keine erhöhte Sturzgefahr
und keine erforderliche Hilfe für das Aufstehen und Gehen angenommen hat, denn die Versicherte konnte bei der
Begutachtung auch Positionswechsel aus der Sitz- und Liegeposition verlangsamt, aber selbständig vornehmen. Der
Senat kann offen lassen, ob die Versicherte – wie das Sozialgericht meint – im streitgegenständlichen Zeitraum zur
Überwindung der unterschiedlichen Stufen innerhalb der Wohnung bereits der Hilfe durch die Pflegeperson bedurfte,
obwohl sie für die zwei Stufen nach unten in die Küche einen Handlauf auf der linken Seite nutzten konnte. Selbst
wenn dabei eine Unterstützung notwendig gewesen sein sollte, wird der für die Pflegestufe II erforderliche
Grundpflegebedarf von täglich 120 Minuten bei weitem nicht erreicht. Die vier Stufen im Außenbereich sind nur beim
Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung zu überwinden, was jedoch vorliegend nicht zu berücksichtigen ist.
Der Senat hat keinen Anlass, die von der Gutachterin P. beschriebenen Ressourcen der Versicherten zu bezweifeln,
denn sie stimmen mit den Angaben der behandelnden Ärztin Dr. N. überein. Diese hat noch am 2. Februar 2006, also
noch nach dem streitigen Zeitraum, ebenfalls eine Unsicherheit beim Laufen angegeben und ausgeführt, dass die
Versicherte innerhalb der Wohnung mit dem Gehstock zurecht komme. Beim Gehen, Stehen und Treppen steigen
benötige sie keine Hilfe. Auch die Gutachterin S. hat noch im Gutachten vom 13. Juni 2006 ausgeführt, die
Versicherte könne sich im Wohnbereich mit Unterarmstützen langsam bewegen und die Positionswechsel noch
langsam selbständig ausführen. Trotz des zwischenzeitlichen weiteren Fortschreitens ihrer Demenzerkrankung und
ihres weiteren körperlichen Abbaus konnte die Versicherte nach den Ausführungen dieser Gutachterin oft noch
selbständig die Toilette und nachts den Toilettenstuhl benutzen. Hinweise auf vermehrte Stürze, wie Knochenbrüche
oder Hämatome, finden sich ebenfalls nicht. Selbst aus den Aufzeichnungen des Seniorenzentrums Haus "Am
Petersberg" geht hervor, dass die Versicherte sogar zur Zeit ihres dortigen Aufenthaltes noch langsam und unsicher,
aber selbständig mit Unterarmstützen gehen konnte. Dass sie zu dieser Zeit nach den Aufzeichnungen keine Treppen
mehr allein steigen konnte und eine Sturzgefahr bestand, lässt bei der allgemeinen Verschlechterung ihres
Gesundheitszustandes für die Zeit bis Ende September 2005 keine entsprechenden Rückschlüsse zu.
Für die mundgerechte Zubereitung der Nahrung und die Aufnahme der Nahrung hat die Gutachterin P. jeweils einen
Hilfebedarf von täglich 10 Minuten berücksichtigt. Das erscheint im Hinblick auf die erforderliche Anleitung bei der
Flüssigkeitszufuhr angemessen. Über einen teilweisen Tremor beider Hände hinausgehende Koordinationsstörungen,
die einer selbständigen, koordinierten Nahrungsaufnahme entgegen gestanden haben könnten, hat die Gutachterin
nicht festgestellt. Wenn auf Grund des Zitterns die Kleidung oder die Küche der Versicherten häufiger gereinigt werden
mussten, so gehören diese Hilfstätigkeiten zur hauswirtschaftlichen Versorgung. Dies deckt sich mit den
Feststellungen der Gutachterin S., die für diese Verrichtungen sogar nur einen Hilfebedarf von 9 Minuten täglich
festgestellt hat. Auch nach den Angaben der behandelnden Ärztin benötigte die Versicherte lediglich Hilfe bei der
Nahrungszubereitung, nicht bei der Aufnahme der Nahrung. Auch nach den Aufzeichnungen des Seniorenzentrums
konnte sie dort je nach Tagesform noch allein essen und trinken und musste lediglich zur Nahrungs- und
Flüssigkeitsaufnahme motiviert werden.
Für das Wechseln der kleinen Vorlagen hat die Gutachterin des MDK P. zutreffend lediglich 2 Minuten berücksichtigt,
weil diese Verrichtung nur einmal täglich durch die Pflegeperson vorgenommen werden musste. Dies wird dadurch
nachvollziehbar, dass die Versicherte zum Zeitpunkt der Gutachtenerstellung nicht an einer Inkontinenz litt, sondern
lediglich an einer Blasenschwäche, die dazu führte, dass die Kontrolle über die Harnblase nicht immer erhalten war.
Auch im Gutachten vom Juni 2006 ist noch eine inkomplette Harninkontinenz angegeben, wobei die Hausärztin weder
Inkontinenz noch eine Blasenschwäche erwähnt. Selbst wenn die Vorlagen dreimal täglich von der Pflegeperson zu
wechseln waren, wie die Klägerseite vorträgt, würde sich der Pflegebedarf dadurch lediglich um 4 Minuten täglich
erhöhen. Auch wenn die Versicherte im streitigen Zeitraum täglich 2 Stuhlgänge hatte und sich dadurch nochmals der
Pflegebedarf um weitere 3 Minuten erhöhte, wird der für die Pflegestufe II erforderliche Grundpflegebedarf von täglich
120 Minuten nicht erreicht. Ausgehend von dem im Gutachten von Januar 2005 im Übrigen festgestellten Hilfebedarf
im Grundpflegebereich von 66 Minuten täglich bleibt auch unter Berücksichtigung von weiteren 2 Minuten täglich für
das Aufstehen und Zu-Bett-gehen und eines zusätzlichen angemessenen Hilfebedarfs für das Treppensteigen noch
ein ganz erheblicher Abstand zu dem für die Pflegestufe II mindestens erforderlichen zeitlichen Hilfebedarf.
Das Kotschmieren wird erstmals im Gutachten vom Juni 2006 erwähnt. In dem ausführlichen Befundbericht der
behandelnden Ärztin vom Februar 2006 findet sich noch kein Hinweis auf diese Fehlhandlung. Da auch die Klägerseite
das Kotschmieren erst anführt, als dieses bereits im Gutachten des MDK vom 13. Juni 2006 aufgeführt worden war,
ist der Senat nicht davon überzeugt, dass dies bereits im streitigen Zeitpunkt vorgekommen ist, auch wenn die Kläger
dies nachträglich behaupten.
Das Einkaufen, Beheizen der Wohnung und die Müllentsorgung und Mülltrennung gehört in den Bereich der
hauswirtschaftlichen Versorgung und kann zur Feststellung des Grundpflegebedarfes keine Berücksichtigung finden.
Auch die für die einzelnen Verrichtungen vom MDK angenommenen Zeitwerte sind unter Berücksichtigung der BRi für
den Senat nachvollziehbar. Nicht nachvollzogen werden können demgegenüber teilweise die von den Klägern und der
behandelnden Ärztin angegebenen Pflegezeiten. Diese sind überwiegend nicht mit den Werten der BRi in
Übereinstimmung zu bringen. Nur Beispielhaft sei insoweit auf den bereits von der Beklagten aufgegriffenen
Zeitansatz der behandelnden Ärztin von 30 Minuten täglich für das Baden verwiesen. Wenn die Versicherte nur
zweimal wöchentlich badete, muss der hierfür täglich zu berücksichtigende Zeitansatz entsprechend umgerechnet
werden. Wenn ein einzelner Badevorgang mit einem Hilfebedarf von 105 Minuten verbunden ist, ergibt sich ein
täglicher Hilfebedarf von 30 Minuten (105: 7 x 2 = 30). In den Zeitorientierungswerten ist bei vollständiger Übernahme
der Verrichtung durch die Pflegeperson ein Zeitwert von 20 bis 25 Minuten je Badevorgang vorgesehen. Die
Versicherte benötigte jedoch nur Anleitungen und Teilhilfen. Der von der Gutachterin P. diesbezüglich berücksichtigte
Zeitwert von 6 Minuten täglich erscheint daher schon sehr großzügig, weil damit je Badevorgang ein Hilfebedarf von
21 Minuten (6 x 7: 2 = 21) Berücksichtigung gefunden hat.
Nicht nachvollzogen werden kann insbesondere auch die Angabe der Klägerseite, der Gesundheitszustand der
Versicherten habe sich zwischenzeitlich durch die zusätzliche Medikation wesentlich gebessert, weshalb sie die
Bewilligung von vollstationären Leistungen nach der Pflegestufe I ab Juni 2006 nicht angegriffen hätten. Vom
streitgegenständlichen Zeitraum bis Mitte des Jahres 2006 kann nicht von einer Verbesserung des
Gesundheitszustandes der Versicherten ausgegangen werden. Sowohl im Zusammenhang mit dem
Höherstufungsantrag der Klägerseite von Ende 2006, als auch im Rahmen des vorliegenden Widerspruchs- und
Klageverfahrens hat die Klägerseite immer nur eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Versicherten
geltend gemacht. Sogar im Antrag zur Gewährung der Leistungen von Kurzzeitpflege bzw. stationärer Pflege vom Mai
2006 hat die Klägerseite noch eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Klägerin angegeben. Dies ist von
der behandelnden Ärztin im Befundbericht vom 2. Februar 2006 bestätigt worden und aufgrund des altersbedingten
Abbaus einschließlich der forschreitenden Demenz der Versicherten nachvollziehbar. Eine Verbesserung ihres
Gesundheitszustandes lässt sich auch nicht aus den verordneten Medikamenten ableiten. Hierzu hat der Facharzt für
Psychiatrie und Psychotherapie Dr. A. ausgeführt, aus den vorliegenden Behandlungsunterlagen könne der Schluss
gezogen werden, dass der Behandlungsversuch mit Risperidon und Melperon allein ohne ausreichende Wirkung
geblieben sei und erst durch eine Verordnung des Memantine ab 26. Oktober 2006 eine entsprechende Wirkung
eingetreten sei. Danach ist möglicherweise eine Verbesserung ab Ende Oktober 2006 eingetreten, jedenfalls aber
noch nicht im Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens vom 13. Juni 2006.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil es sich um die Entscheidung eines Einzelfalls auf gesicherter rechtlicher
Grundlage handelt.