Urteil des LSG Sachsen-Anhalt vom 19.07.2007

LSG San: direktversicherung, arbeitsentgelt, vorzeitige kündigung, dauer der versicherung, zukunft, versicherungsnehmer, gehalt, pauschalbesteuerung, pflege, versicherungsvertrag

Landessozialgericht Sachsen-Anhalt
Urteil vom 19.07.2007 (rechtskräftig)
Sozialgericht Dessau-Roßlau S 4 (1) RJ 266/01
Landessozialgericht Sachsen-Anhalt L 3 RJ 204/03
Das Urteil des Sozialgerichts Dessau vom 22. September 2003 sowie der Bescheid der Beklagten vom 28. März 2001
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. August 2001 werden aufgehoben. Die Beklagte hat dem Kläger
die außergerichtlichen Kosten für beide Rechtszüge zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Erhebung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen auf Prämien für eine
Direktversicherung zugunsten des Beigeladenen zu 1.
Der Kläger beschäftigte ab dem 1. September 1993 versicherungspflichtig seinen am 1972 geborenen Bruder, den
Beigeladenen zu 1. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag wurde nicht geschlossen. Der Beigeladene zu 1. erhielt im Oktober
1999 ein Bruttoentgelt von 3.161,97 DM (Netto: 2.077, 42 DM). Mit Wirkung zum 1. November 1999 schloss der
Kläger für den Beigeladenen zu 1. bei der Hamburg-Mannheimer Versicherungs-AG eine Direktversicherung in Form
einer Kapital-Lebensversicherung mit Überschussbeteiligung ab. Versicherungsnehmer war der Kläger und versicherte
Person der Beigeladene zu 1. Die Dauer der Versicherung war auf 32 Jahre bis zum 1. November 2031 angelegt. Der
monatliche Beitrag von 200,00 DM wurde vom Kläger erbracht. Gleichzeitig verringerte sich das Gesamtbruttoentgelt
ab dem 1. November 1999 auf 3.061,97 DM und das Steuerbruttoentgelt auf 2861,97 DM (Netto 1.942,59 DM ab 1.
November 1999 bzw. 1.973,58 DM ab 1. Januar 2000). Das Beschäftigungsverhältnis endete im Jahre 2002, weshalb
die Direktversicherung zugunsten des Beigeladenen zu 1. kapitalisiert wurde.
Die Beklagte führte vom 5. bis 8. März 2001 beim Kläger eine Betriebsprüfung für die Zeit ab 1. Januar 1997 bis 31.
Dezember 2000 durch. Das Protokoll über die Schlussbesprechung vom 7. März 2001 enthält den Hinweis, dass eine
Nachverbeitragung der Beiträge zur Direktversicherung für den Beigeladenen zu 1. für die Zeit vom 1. November 1999
bis 31. Dezember 2000 vorzunehmen sei und die Anhörung nach § 24 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch -
Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) insoweit als durchgeführt gelte. Mit Bescheid vom 28.
März 2001 erhob die Beklagte eine Nachforderung von 1.153,00 DM (= 589,52 EUR). Zur Begründung führte sie aus,
Prämien für die Direktversicherung, die durch Abzug vom laufenden Gehalt (Gehaltsumwandlungsverträge) gezahlt
würden, gehörten trotz Pauschalversteuerung nach § 40 b Einkommenssteuergesetz (EStG) zum Arbeitsentgelt, da
die Arbeitnehmer sie nicht zusätzlich zum Gehalt erhielten. Bei dem Beigeladenen zu 1. seien in der Zeit vom 1.
November 1999 bis 31. Dezember 2000 die Beiträge durch Abzug vom laufenden Gehalt gezahlt worden.
In dem dagegen gerichteten Widerspruch machte der Kläger geltend, zusätzlich zu Löhnen und Gehältern gewährte
Beiträge für eine Direktversicherung seien nicht Arbeitsentgelt im sozialversicherungsrechtlichen Sinne. Die Beiträge
zur betrieblichen Direktversicherung würden finanziert, indem zuvor ein Gehaltsverzicht in gleicher Höhe
vorgenommen werde. Daher dürfe nur der gekürzte Lohn verbeitragt werden. Die Beklagte wies den Widerspruch mit
Widerspruchsbescheid vom 23. August 2001 als unbegründet zurück. Nach der Arbeitsentgeltverordnung (ArEV) seien
nur Beiträge und Zuwendungen nach § 40 b EStG, die zusätzlich zum Lohn gewährt würden, dem Arbeitsentgelt nicht
zuzurechnen. Hier seien die Beiträge zur betrieblichen Direktversicherung durch Herabsetzung des Bruttolohnes (aus
Gehaltsverzicht) finanziert worden. Sie seien also nicht zusätzlich zum Arbeitslohn gezahlt worden. Sie gehörten zum
Arbeitsentgelt und unterlägen trotz Pauschalversteuerung der Beitragspflicht in der Sozialversicherung.
Dagegen hat der Kläger am 21. September 2001 Klage beim Sozialgericht Dessau erhoben und zur Begründung
ausgeführt, der Direktversicherungszusage sei eine Minderung des Monatslohns vorausgegangen und erst danach
seien die Beiträge zur Direktversicherung gezahlt worden. Der Beigeladene zu 1. habe die Beiträge zusätzlich zum
laufenden Arbeitsentgelt erhalten. Außerdem sei der Bruttolohn um lediglich 100,00 DM reduziert worden. Das
Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 22. September 2003 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, zum
Arbeitsentgelt gehörten grundsätzlich alle geldwerten Vorteile. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 ArEV seien Beiträge und
Zuwendungen nach § 40 b EStG, die zusätzlich zu Löhnen und Gehältern gewährt werden, nicht zuzurechnen. Die
Prämien seien nicht zusätzlich zum Lohn gezahlt worden. Dies folge daraus, dass sowohl das Bruttoentgelt als auch
das Nettoentgelt nach der Vereinbarung niedriger waren als zuvor. Der Beigeladene zu 1. habe auf 300,00 DM
monatlich verzichtet, um als Gegenleistung Prämienzahlungen in Höhe von 200,00 DM zu erhalten.
Gegen das ihm am 20. Oktober 2003 zugestellte Urteil hat der Kläger am 20. November 2003 Berufung beim
Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Zur Begründung hat er ausgeführt, soweit in der Lohnabrechnung für
November 1999 ein "Gehaltsverzicht" ausgewiesen sei, sei dies ein Fehler des Lohnbüros gewesen. Arbeitsvertraglich
sei eine Reduzierung des Festlohnes ab November 1999 auf 2.861,97 DM vereinbart worden. Eine zivilrechtliche
Vereinbarung über die Höhe der Festvergütung gehe der Gewährung einer Leistung zur Direktversicherung vor. Die
Beiträge zur Direktversicherung seien daher nicht aus laufendem, sondern aus künftigem Arbeitsentgelt geleistet. Der
Versicherungsvertrag sei durch die Vermittlung des damaligen Schwagers, einem Versicherungsvertreter, zustande
gekommen. Er habe dem Beigeladenen zu 1. die Direktversicherung dann vorgeschlagen und dieser habe grünes
Licht gegeben. Über die Ermittlung der Beitragshöhe könne er nichts mehr sagen. Jedenfalls habe sich der
Beigeladene zu 1. damit einverstanden erklärt.
Der Kläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen,
das Urteil des Sozialgerichts Dessau vom 22. September 2003 und den Bescheid der Beklagten vom 28. März 2001
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. August 2001 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Ergänzend hat sie ausgeführt, auch nach der Rechtsprechung des
Bundessozialgerichts im Urteil vom 14. Juli 2004 im Streitverfahren B 12 KR 10/02 R (SozR 4-5375 § 2 Nr. 1) könne
die Pauschalbesteuerung nach § 40 b Abs. 1 EStG nur zur Beitragsfreiheit der Direktversicherung führen, wenn
Zusätzlichkeit zum Arbeitsentgelt gegeben sei. Die Zusätzlichkeit sei nur aus den bisher geleisteten laufenden
Bezügen des Arbeitnehmers möglich, wenn das Gesamtvergütungsniveau gleich bleibe. Aus der Absenkung der
Bruttovergütung sei kein direkter Zusammenhang zur Zusätzlichkeit herstellbar. Aus einem Lohnanspruch könne eine
Umwandlung vorgenommen werden, wenn eine arbeitsvertragliche Vereinbarung und ein gleichbleibendes
Gesamtvergütungsniveau vorlägen. Ein Nachweis einer solchen Vereinbarung sei nicht erbracht. Das
Gesamtvergütungsniveau sei auch nicht gleich geblieben. Erkennbar hätten also die Voraussetzungen für eine
Entgeltumwandlung aus laufendem Lohn nicht vorgelegen. Ergänzend hat die Beklagte ausgeführt, dem Urteil des
Bundessozialgerichts vom 14. Juli 2004 (s.o.) könne nach einer Besprechung der Spitzenverbände der
Krankenkassen und der Rentenversicherungsträger darüber hinaus aber nicht gefolgt worden. Es habe sich um eine
Einzelfallentscheidung gehandelt, welche zur weiteren Tatsachenermittlung an das Landessozialgericht
zurückverwiesen worden sei. Sie hat insoweit auf das Verbandsrundschreiben vom 15. Juni 2005 verwiesen.
Außerdem entspreche die Schilderung des Klägers über die Vereinbarung der Direktversicherung nicht einer für die
Zukunft getroffenen Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien. Ausreichend sei nicht, wenn das Ergebnis eines
Gesprächs zwischen Arbeitgeber und Versicherungsvertreter dem Arbeitnehmer vorgetragen werde und dieser grünes
Licht gebe. Mangels schriftlicher Niederlegung ließe sich ebenso nicht bestimmen, ob die Handlung im Über-
/Unterordnungsverhältnis vorgenommen wurde. Außerdem bedürften Änderungen der Vertragsbedingungen nach dem
Nachweisgesetz der Schriftform. Es gäbe keine Ausnahmeregelung für Beschäftigungsverhältnisse, die vor
Inkrafttreten des Nachweisgesetzes mündlich geschlossen worden seien.
Der Kläger und die Beklagte haben sich mit den Erklärungen vom 22. März 2007, die Beigeladenen zu 1. bis 6. mit
den Schreiben vom 5. Juni 2007, vom 11. Juni 2007, vom 17. Juni 2007 sowie vom 27. Juni 2007 mit einer
Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten und Beiakten Bezug genommen. Die Verwaltungsakte
der Beklagten lag vor und war Gegenstand der Entscheidungsfindung des Senats.
Entscheidungsgründe:
Der Senat durfte mit Einverständnis aller Beteiligten nach § 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2
Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden.
Die Berufung ist nach den §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz SGG zulässig sowie form- und fristgerecht
gemäß § 151 Abs. 1 SGG erhoben.
Die Berufung des Klägers ist begründet, da der Bescheid der Beklagten vom 28. März 2001 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 23. August 2001 rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt (§ 54 Abs.
2 SGG). Zu Unrecht hat die Beklagte für die Zeit vom 1. November 1999 bis 31. Dezember 2000 von den vom Kläger
gezahlten Beiträgen zur Direktversicherung des Beigeladenen zu 1. Gesamtsozialversicherungsbeiträge erhoben.
Daher waren die angefochtenen Bescheide und das klageabweisende Urteil des Sozialgerichts Dessau vom 22.
September 2003 aufzuheben.
1.
Die Beklagte war im Rahmen der von ihr durchgeführten Betriebsprüfung gemäß § 28 p Abs. 1 Satz 5 Viertes Buch
Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGG IV) berechtigt, einen Verwaltungsakt
zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht
der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber dem Kläger zu erlassen.
2.
Bemessungsgrundlage für die Beiträge abhängig Beschäftigter ist in der Kranken-, Pflege-, Renten- und
Arbeitslosenversicherung jeweils das bezogene Arbeitsentgelt (§ 226 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch –
Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V), § 57 Abs. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch – Soziale Pflegeversicherung
(SGB XI) i.V.m. § 226 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 162 Nr. 1 SGB VI, § 342 Drittes Buch Sozialgesetzbuch –
Arbeitsförderung (SGB III)). Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV sind Arbeitsentgelte alle laufenden oder einmaligen
Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher
Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im
Zusammenhang mit ihr erzielt werden.
a. Nach § 17 Abs. 1 SGB IV in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 3 ArEV sind dem Arbeitsentgelt keine Beiträge
und Zuwendungen nach § 40 b des EStG zuzurechnen, die zusätzlich zu Löhnen und Gehältern gewährt werden,
soweit Satz 2 nichts Abweichendes bestimmt, wenn der Arbeitgeber die Lohnsteuer mit einem Pauschalsteuersatz
erheben kann und er die Lohnsteuer nicht nach den Vorschriften der §§ 33 b, 39 c oder 39 d des EStG erhebt.
Ein Ausschlussgrund gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 ArEV liegt hier nicht vor. Die in Satz 1 Nr. 3 genannten Beträge und
Zuwendungen sind bis zur Höhe von 2,5 v.H. des für ihre Bemessung maßgebenden Entgelts dem Arbeitsentgelt
zuzurechnen, wenn die Versorgungsregelung – vor der Anwendung etwaiger Nettobegrenzungsregelung – eine
allgemein erreichbare Gesamtversorgung von mindestens 75 v.H. des gesamtversorgungsfähigen Entgelts und nach
Eintritt des Versorgungsfalls eine Anpassung nach Maßgabe der Entwicklung der Arbeitsentgelte im Bereich der
entsprechenden Versorgungsregelung oder gesetzlicher Versorgungsbezüge vorsieht; die dem Arbeitsentgelt
zuzurechnenden Beträge und Zuwendungen vermindern sich um mindestens monatlich 26,00 Deutsche Mark. Nach
dem Versicherungsvertrag vom 23. November 1999 war eine garantierte Gesamtleistung einschließlich des bisherigen
Überschusses von 54.090,00 EUR vereinbart. Damit waren keine Gesamtversorgung von mindestens 75 v.H. des
gesamtversorgungsfähigen Entgelts und auch keine Anpassung vorgesehen.
Die Prämien zur Direktversicherung sind Beiträge nach § 40 b EStG. Es handelt sich um Beiträge für eine
Direktversicherung des Beigeladenen zu 1. Der Kläger hat als Versicherungsnehmer mit einem
Versicherungsunternehmen im Wege einer Einzelversicherung auf den Todes- oder Erlebensfall des Beigeladenen zu
1. eine Kapitalversicherung abgeschlossen, bei der allein der Beigeladene zu 1. oder seine Hinterbliebenen ganz oder
teilweise bezugsberechtigt waren. Als Versicherungsnehmer war allein der Kläger zur Zahlung der Prämie verpflichtet.
Somit war er berechtigt, einen Pauschalsteuersatz von 20 v.H. für die Beiträge zu erheben.
Die Versicherung ist auch nicht gemäß § 40 b Abs. 1 Satz 2 EStG auf den Erlebensfall eines früheren als des 60.
Lebensjahres abgeschlossen worden und eine vorzeitige Kündigung des Versicherungsvertrages durch den
Beigeladenen zu 1. war ausgeschlossen. Die Versicherung für den am 7. Januar 1972 geborenen Beigeladenen zu 1.
wurde auf den Erlebensfall am 1. November 2031 und damit auf das 60. Lebensjahr abgeschlossen. Eine vorzeitige
Kündigung durch den Beigeladenen zu 1. war ausgeschlossen.
b. Die vom Kläger geleisteten Beiträge zur Direktversicherung sind auch zusätzlich im Sinne von § 2 Abs. 1 Ziffer 3
ArEV zum vereinbarten Arbeitsentgelt geleistet worden.
An dem Merkmal der Zusätzlichkeit fehlt es dann, wenn die Beiträge aus Lohn- und Gehaltsbestandteilen finanziert
werden, das heißt vom Arbeitgeber anstelle der von ihm geschuldeten Lohn- und Gehaltsbestandteilen gezahlt
werden. Wenn einem Arbeitnehmer nicht der volle Lohn ausgezahlt wird, sondern Teile davon zur Finanzierung der
Beitragsprämie verwendet werden, entfällt die Beitragspflicht nicht. Die öffentlich-rechtliche Beitragsforderung ist
nämlich bereits mit der entgeltlichen Beschäftigung entstanden. Sie erlischt nicht, wenn das Arbeitsentgelt nur in
besonderer Form oder zu einem bestimmten Zweck verwendet wird. Dem gegenüber ist das Zusätzlichkeitserfordernis
aber erfüllt, wenn der Arbeitgeber die Prämien über das tarifvertraglich oder einzelvertraglich geschuldete
Arbeitsentgelt hinaus entrichtet (vgl. BSG, Urteil vom 14. Juli 2004, a.a.O.). Darüber hinaus liegt das
Zusätzlichkeitserfordernis auch dann vor, wenn die vom Arbeitgeber bezahlten Direktversicherungsbeiträge aus einer
Entgeltumwandlung stammen. Anders als die Vereinbarung über die Verwendung des laufenden Lohnes für Beiträge
zur Direktversicherung wird durch die Entgeltumwandlung die Gegenleistungspflicht des Arbeitgebers für die Zukunft
durch Änderung des Arbeitsvertrages allgemein geändert. Die Verpflichtung zur Zahlung des Arbeitsentgelts wird für
die Zukunft erneuert und im Umfang einer Zusage zur Erbringung der Prämie für eine Direktversicherung ersetzt.
Dadurch wird der zuvor vereinbarte Lohn abgesenkt, gleichzeitig aber durch die Prämienzahlung der Gesamtwert der
geldwerten Vorteile für den Arbeitnehmer in der Höhe nicht geändert. Auch in diesen Fällen bleibt das Arbeitsentgelt
von vornherein beitragsfrei. Allerdings ist für das Zusätzlichkeitserfordernis notwendig, dass die Entgeltumwandlung
einer Vereinbarung durch die Arbeitsvertragsparteien zugänglich ist. Wenn diese – rechtlich zulässig – vereinbaren,
dass der Arbeitnehmer in der Zukunft neben laufendem Lohn einen geldwerten Vorteil durch die Zahlung der Prämien
für die Direktversicherung durch den Arbeitgeber erhält, sind diese Prämien nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen und
damit beitragsfrei, soweit eine Pauschalbesteuerung durchgeführt wird. Unerheblich ist dabei, ob die Prämien im
Vergleich zum bisherigen Lohn zusätzlich aufgebracht werden oder ob sie aus einer für die Zukunft vereinbarten
Entgeltumwandlung stammen (BSG, Urteil vom 14. Juli 2004, a.a.O.).
Hier liegt eine Entgeltumwandlung im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vor. Der Kläger und der
Beigeladene zu 1. haben arbeitsvertraglich eine Reduzierung des Steuerbruttolohnes um 300,00 DM ab dem 1.
November 1999 vereinbart. Gleichzeitig hat sich der Kläger verpflichtet, für die Zukunft die Prämien für die zum 1.
November 1999 abgeschlossene Direktversicherung in Höhe von 200,00 DM zu zahlen. Dies ergibt sich für den Senat
aus dem schlüssigen Vorbringen des Klägers im Gerichtsverfahren. Danach ist ein schriftlicher Arbeitsvertrag wegen
des Verwandtschaftsverhältnisses nicht geschlossen worden. Insoweit hat sich die Zahlungspflicht des Klägers aus
dem Arbeitsvertrag aufgrund mündlicher Vereinbarung mit Wirkung zum 1. November 1999 geändert und der Kläger
konnte aus dem Arbeitsvertragsverhältnis für die von ihm geleistete Arbeit nur noch einen gegenüber Oktober 1999
geringeren Lohn fordern. Dafür, dass insoweit eine Entgeltumwandlung stattgefunden hat, spricht folgende
Überlegung: Wäre von dem Kläger die Beitragentrichtung zur Direktversicherung ohne Grund eingestellt worden, hätte
der Beigeladene zu 1. vor dem Arbeitgericht nicht eine Klage auf Zahlung von Lohn, sondern auf Beitragsleistung an
das Versicherungsunternehmen erheben müssen.
Der Senat hat keinen Zweifel, dass zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen zu 1. hinsichtlich der
Lohnreduzierung zum 1. November 1999 eine wirksame - wenn auch mündliche - Änderung des Arbeitsvertrages
zustande gekommen ist. Es gibt keine Hinweise darauf, dass der Beigeladene zu 1. nicht mit der vom Kläger
vorgeschlagenen Regelung einverstanden gewesen wäre. Der Beigeladene zu 1. hat die Reduzierung des Bruttolohnes
bei gleichzeitiger Übernahme von Prämien für eine Direktversicherung bis zu seinem Ausscheiden aus dem Betrieb
des Klägers nicht arbeitsgerichtlich zur Überprüfung gestellt. Vielmehr hat er - nach der Einigung mit dem Kläger - die
Änderung des Arbeitsvertrages akzeptiert. Da weder das Beschäftigungsverhältnis noch eine Änderung des
Arbeitsvertrages Formvorschriften unterliegen, geht der Senat hier von einer einvernehmlichen Änderung des
Arbeitsvertrages zum 1. November 1999 aus. Unerheblich ist deshalb auch der Einwand der Beklagten, es sei nicht
die Frage des Über-/Unterordnungsverhältnisses geklärt worden. Die Arbeitnehmereigenschaft des Beigeladenen zu 1.
ist hier nicht im Streit.
Der Kläger und der Beigeladene zu 1. waren auch berechtigt, die Lohnhöhe arbeitsvertraglich zu verändern. Eine dem
entgegen stehende tarifliche Bestimmung ist hier nicht vorhanden. Der Kläger war nicht tarifgebunden und hatte dem
Beigeladenen zu 1. auch keinen Tariflohn gezahlt. Auch insoweit legt der Senat das glaubhafte Vorbringen des
Klägers zugrunde.
Soweit die Beklagte einwendet, die Vertragsänderung sei mangels Nachweis im Sinne des Nachweisgesetzes
unwirksam, folgt der Senat dieser Auffassung nicht. Das Nachweisgesetz dient lediglich der
Beweissicherungsfunktion. Die Begründung oder die Änderung eines Arbeitsverhältnisses ist aber auch nach
Einführung dieses Gesetzes keinem konsekutiven Formerfordernis unterworfen und kann jederzeit mündlich erfolgen.
Die Nachweispflicht ist lediglich eine vom Arbeitnehmer einklagbare Nebenpflicht des Arbeitgebers (Preis, Der
Arbeitsprozess, 2. Auflage 2005, I A 30, 52; Hümmerich, Gestaltung von Arbeitsverträgen 2006 Kapitel 1 Rdnr. 134).
Damit steht für den Senat fest, dass die Prämien für die Direktversicherung nicht aufgrund einer Tilgungsbestimmung
als Teil des gezahlten Lohnes für die Finanzierung der Direktversicherung einbehalten wurden. Vielmehr hat sich der
arbeitsvertraglich vereinbarte Lohn für die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. reduziert und gleichzeitig hat der Kläger
dem Beigeladenen zu 1. einen geldwerten Vorteil im Sinne der Beitragszahlung zukommen lassen. Damit war dieser
Teil des Arbeitsentgeltes von vornherein beitragsfrei und nicht etwa als beitragspflichtiges Arbeitsentgelt nachträglich
beitragsfrei gestellt.
Der Senat folgt insoweit der überzeugenden Rechtsprechung des Bundessozialgerichts im Urteil vom 14. Juli 2004.
Die Privilegierung der Beiträge für die Direktversicherung ist sachlich gerechtfertigt, da diese einer Altersversorgung
dienen sollen und nach dem EStG auch bei der Lohnsteuer durch eine Pauschalbesteuerung von 20 % begünstigt
behandelt werden. Entgegen der Auffassung der Beklagten sind die vom Bundessozialgericht aufgestellten
Grundsätze - trotz der Zurückverweisung - auch auf vorliegenden Fall übertragbar. Denn in dem dort entschiedenen
Fall war allein noch klärungsbedürftig, ob die Arbeitgeberin tarifgebunden war und damit nicht vom Tariflohn abweichen
dürfte. Diese Frage stellt sich in vorliegendem Fall nicht, da eine Tarifbindung nicht bestand.
Da das Merkmal der "Zusätzlichkeit" hier vorliegt, kann auch offen bleiben, auf welche Weise durch das vom Kläger
beauftragte Lohnbüro der Beitrag zur Direktversicherung beim Beigeladenen zu 1. verrechnet worden ist.
3.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Da der Rechtsstreit vor dem 2. Januar 2002 rechtshängig geworden
ist, gilt für alle Instanzen noch § 183 SGG mit der Folge der Kostenfreiheit des Gerichtsverfahrens (Meyer-
Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 8. Auflage, vor § 183 Rdnr. 12).
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine
Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160
Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.