Urteil des LSG Sachsen-Anhalt vom 10.11.2009

LSG San: aufschiebende wirkung, heizung, einstweilige verfügung, mietvertrag, rücknahme, anfechtungsklage, verwaltungsakt, rechtsschutz, kaufpreis, rechtswidrigkeit

Landessozialgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss vom 10.11.2009 (rechtskräftig)
Sozialgericht Stendal S 3 AS 555/07 ER
Landessozialgericht Sachsen-Anhalt L 5 B 445/07 AS ER
Der Beschluss des Sozialgerichts Stendal vom 27. November 2007 wird aufgehoben und die aufschiebende Wirkung
der Anfechtungsklage (S 2 AS 380/08) gegen den Bescheid der Beschwerdegegnerin vom 15. August 2007 in der
Gestalt des Änderungsbescheids vom 25. Januar 2008 sowie des Widerspruchsbescheids vom 6. Mai 2008 wird
angeordnet. Die Beschwerdegegnerin hat im Wege der Vollzugsfolgenbeseitigung für die Zeit vom 1. Juni bis zum 30.
September 2007 vorläufig Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 467,62 EUR/Monat
abzüglich bereits erbrachter Zahlungen an die Beschwerdeführer zu leisten. Die Beschwerdegegnerin hat die
außergerichtlichen Kosten der Beschwerdeführer für beide Rechtszüge zu erstatten.
Gründe:
I. Die Beschwerdeführer wenden sich gegen einen Beschluss des Sozialgerichts Stendal, das ihren Antrag auf
einstweiligen Rechtsschutz wegen der teilweisen Entziehung von Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung
nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsi-cherung für Arbeitsuchende (SGB II) in der Zeit vom 1. Juni bis
30. September 2007 abge-lehnt hat.
Die Beschwerdeführer zu 1. und 2. sind miteinander verheiratet und bilden mit ihren Kindern, den Beschwerdeführern
zu 3. und 4., eine Bedarfsgemeinschaft. Sie beziehen seit dem 1. Januar 2005 Leistungen nach dem SGB II.
Die Beschwerdeführerin zu 1. erwarb durch notariellen Grundstückskaufvertrag mit Auflas-sung vom 29. November
2004 von dem Verwalter einer LPG in Gesamtvollstreckung mit einem Wohnhaus, Stallungen, einer Scheune und
einem Schafstall bebaute Grundstücke zu einem Kaufpreis von 5.000,00 EUR. Die Besitzübergabe war zum 1.
September 2004 erfolgt, die Durchführung von Ausbaumaßnahmen hatte nach Angaben der Beschwerdeführer schon
im Frühjahr 2004 begonnen. Der Kaufpreis sowie die Renovierungskosten seien von der Groß-mutter des
Beschwerdeführers zu 2., Frau I. G., aufgebracht worden. Die Eintragung der Beschwerdeführerin zu 1. in das
Grundbuch erfolgte am 24. Januar 2006. Eintragungen zugunsten Frau G. erfolgten nicht. Die Beschwerdeführer zu 1.
und 2. hatten als "Mieter" mit Frau G. als "Vermieterin" bereits unter dem 20. Mai 2004 einen unbefristeten
Mietvertrag über das Wohnhaus mit Wirkung zum 1. Juni 2004 abgeschlossen. Als Mietzins waren für 83,6 m² 280,06
EUR Kaltmiete sowie Neben-/Betriebskosten i.H.v. 41,20 EUR/Monat vereinbart worden. Die Kosten für Müll, Wasser
und Abwasser, Strom, Schornsteinfeger und Heizung sollten von den Mietern aufgebracht werden. Für die ersten drei
Monate wurde Mietfreiheit gewährt, da der angemietete Wohnraum auf Kosten der Mieter renoviert werde. Mit Schrei-
ben vom 14. März 2005 ergänzte Frau G. den Mietvertrag. Danach sollten ab 1. April 2005 auch die Kosten für
Heizung und Schornsteinfeger Bestandteil der Betriebskosten sein und monatlich 425,76 EUR Miete gezahlt werden
(d.h. zusätzlich 4,50 EUR Kehrgebühren und 100,00 EUR Heizkostenvorauszahlung). Vertragsnehmerin für Wasser,
Abwasser sowie die Fäkalentsor-gung war die Beschwerdeführerin zu 1. Gegenüber dem Sozialgericht hat der
Beschwerdefüh-rer zu 2. allerdings im Termin am 5. November 2007 angegeben, Wasser-/Abwasser- und Abfallge-
bühren würden von Frau G. beglichen. Die Heizmaterialien (Kohle, Holz) haben nach Angaben der Beschwerdeführer
diese gekauft und Frau G. habe den Betrag dann erstattet.
Nach Angaben der Beschwerdeführer erfolgte die Begleichung des Mietzinses in der Zeit zwischen September 2004
und Mai 2007 durch Zahlung in bar. Von Oktober 2004 bis März 2005 seien 321,26 EUR und ab April 2005 425,76
EUR entrichtet worden. In den Monaten Mai bis August sowie Oktober und Dezember 2005 habe sich die Miete
reduziert um Beträge, die Frau G. nachträglich als von ihr zu tragende Sanierungskosten anerkannt habe. Die Be-
schwerdeführer haben auf Anforderung des Senats Quittungen der Frau G. über den Erhalt der Miete, eine Auflistung
der Umstände und Zeitpunkte der jeweiligen Geldübergabe sowie entsprechende Kontoauszüge vorgelegt, aus denen
sich in unmittelbarem zeitlichen Zusam-menhang erfolgte Barabhebungen entsprechender Summen von ihrem Konto
ergeben sollen. Insoweit wird auf die Beiakte zu Bl. 248 Gerichtsakte verwiesen.
Ihrem Erstantrag vom 28. Oktober 2004 legten die Beschwerdeführer den Mietvertrag bei und gaben nicht an,
Eigentümer eines Hauses zu sein. In dem Folgeantrag vom 22. März 2005 legten sie die Änderung des Mietvertrags
zum 1. April 2005 vor. Bei späteren Anträgen gaben sie ebenfalls nicht an, Eigentümer des Anwesens geworden zu
sein. Die Beschwerdegegnerin bewilligte Leistungen nach dem SGB II, zuletzt mit bestandskräftigem Bescheid vom
26. März 2007 vom 1. April bis 30. September 2007, und anerkannte dort als Kosten der Unter-kunft und Heizung
467,62 EUR/Monat.
Nachdem die Beschwerdegegnerin Kenntnis von den Eigentumsverhältnissen des Grund-stücks erlangt hatte, forderte
sie die Beschwerdeführer unter dem 8. Mai 2007 zur Vorlage eines Grundbuchauszugs auf und stellte die Leistungen
für Kosten der Unterkunft und Heizung vorläufig zum 1. Juni 2007 ein. Die Beschwerdeführer legten unter dem 9. Mai
2007 den angeforderten Grundbuchauszug vor und gaben an, Frau G. habe mit der Eintragung ins Grundbuch der
Erbfolge vorgegriffen und sie, die Beschwerdeführer zu 1. und 2., als Eigen-tümer eintragen lassen. Der Anspruch auf
Mietzahlung ende erst mit Frau G. Tod, danach werde die Beschwerdeführerin zu 1. einen entgeltfreien
Nutzungsanspruch haben. Frau G. gab unter dem 5. Juli 2007 auf Befragen an, die Eintragung der Beschwerdeführerin
zu 1. als Eigentümerin sei ausdrücklich unter Eigentumsvorbehalt erfolgt. Erst mit ihrem Ableben gehe das
Grundstück in das gemeinschaftliche Eigentum ihres Enkels und seiner Ehefrau über. Die vorzeitige Eintragung habe
ausschließlich der Klärung der Erbfolge gedient. Da sie den Kaufpreis von ihren Ersparnissen aufgebracht habe,
mache sie zu Lebzeiten von ihrem Recht Gebrauch und vermiete es an die Beschwerdeführer.
Mit Änderungsbescheid vom 15. August 2007 bewilligte die Beschwerdegegnerin den Beschwerdeführern für die Zeit
vom 1. Juni bis 30. September 2007 nur noch die Regelleis-tungen in Höhe von 728,00 bzw. 732,00 EUR und hob die
bisher in diesem Zusammenhang zur Leistungshöhe ergangenen Entscheidungen auf. Der bisher zu Grunde gelegte
Mietvertrag könne nicht mehr berücksichtigt werden. Es bestehe die Möglichkeit, sämtliche laufenden Nebenkosten
einzureichen.
Dagegen legten die Beschwerdeführer unter dem 28. August 2007 Widerspruch ein und verwiesen abermals darauf,
die Beschwerdeführerin zu 1. sei unter Vorbehalt ins Grundbuch eingetragen worden. Der Mietvertrag sei schon vor
der Einführung des SGB II geschlossen worden und zivilrechtlich verbindlich.
Parallel leitete die Beschwerdegegnerin ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts einer Ordnungswidrigkeit ein
und hörte unter dem 26. Oktober 2007 die Beschwerdeführerin zu 1. an. Diese nahm unter dem 29. Oktober 2007
Stellung und betonte wiederum die Rechtmäßig-keit des Mietvertrags.
Die Beschwerdeführer haben am 19. Oktober 2007 beim Sozialgericht Stendal einen "Antrag auf vorläufigen
Rechtsschutz/einstweilige Verfügung" wegen der rückwirkenden Leistungs-versagung ab dem 1. Juni 2007 gestellt.
Seit dem Ausbleiben der Mietzahlungen werde die Lieferung von Heizmaterial verweigert. Die Abschlagszahlungen an
die Wasserwerke seien eingestellt worden; es drohe die Einstellung der Wasserversorgung. Angesichts der Witte-
rungsbedingungen sei es notwendig, die Räume zu beheizen.
Im Laufe des gerichtlichen Verfahrens hat die Beschwerdegegnerin mit Änderungsbescheid vom 25. Januar 2008 für
die Zeit ab Oktober 2007 zusätzlich zu den Regelsätzen Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe
von 116,00 EUR/Monat (102,00 EUR Heizkosten-pauschale, 14,00 EUR Klärgrubenentleerung) bewilligt. Diese
Leistungen werden nach Angaben der Beschwerdegegnerin bis heute gewährt.
Den Widerspruch vom 28. August 2007 hat die Beschwerdegegnerin mit Widerspruchsbe-scheid vom 6. Mai 2008
zurückgewiesen. Der Mietvertrag könne nicht berücksichtigt werden. Schuldzinsen für das selbstbewohnte Eigenheim
fielen nicht an. Höhere laufende Nebenkos-ten als im Änderungsbescheid vom 25. Januar 2008 anerkannt seien trotz
mehrfacher Auffor-derung nicht vorgelegt worden. Für die Heizkosten sei eine Pauschale vorgesehen. Dagegen haben
die Beschwerdeführer Klage beim Sozialgericht Stendal (S 2 AS 380/08) erhoben, die noch anhängig ist.
Die Beschwerdeführer haben im gerichtlichen Eilverfahren eine eidesstattliche Versicherung von Frau G. vom 3.
November 2007 vorgelegt. Danach sei die Antragstellerin zu 1. nur deshalb als Eigentümerin eingetragen worden, weil
mündlich die Zahlung einer vereinbarten Miete bis zu ihrem Ableben vereinbart worden sei. Die freie Verfügung über
Haus und Hof beginne erst mit ihrem Tod. Zu ihren Lebzeiten stelle der Hauskauf keinen finanziellen Vorteil für die
Beschwerdeführer dar. Die Eintragung der Beschwerdeführerin zu 1. als Eigentümerin habe ausschließlich der
Abänderung der Erbfolge gedient. Einvernehmlich sei ihre Tochter I. F. von dem Anspruch auf das Haus
ausgeschlossen worden.
Die Beschwerdegegnerin hat zunächst im Rahmen einer nichtöffentlichen Sitzung vom 5. November 2007 ein
Darlehen in Höhe von 400,00 EUR zur Abwendung der gegenwärtigen Notlage bewilligt. In einer weiteren
nichtöffentlichen Sitzung vom 19. November 2007 ist Frau G. als Zeugin vernommen worden. Wegen der Einzelheiten
der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen. In diesem Zusammenhang hat die
Beschwerde-gegnerin weitere offene Abschlagszahlungen übernommen und ein weiteres Darlehen für Forderungen der
Stadtwerke Havelberg für die Trink- und Abwasserversorgung in Höhe von 277,68 EUR bewilligt.
Mit Beschluss vom 27. November 2007 hat das Sozialgericht den Antrag auf Gewährung von vorläufigem
Rechtsschutz zurückgewiesen. Die Beschwerdeführer hätten weder Anordnungs-anspruch noch Anordnungsgrund im
Sinne von § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) für weitergehende Kosten der Unterkunft und Heizung
glaubhaft gemacht. Der Mietvertrag begründe keine Rechtspflicht auf Zahlung des Mietzinses, da es sich offensicht-
lich um ein Scheingeschäft gemäß § 117 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) handele. Die Angabe, damit hätte eine
Erbfolge vorgezogen werden sollen, erscheine nicht plausibel. Eine Schenkung des Grundstücks bzw. des
Kaufpreises wäre zweckmäßig gewesen. Es sei auch fraglich, ob überhaupt Zahlungen an die Großmutter erfolgt
seien. Die Zeugin sei sich offensichtlich überhaupt nicht bewusst gewesen, dass sie Vermieterin sei. Der Mietvertrag,
der Nachtrag zum Mietvertrag und auch weitere Schreiben seien offensichtlich von den Beschwerdeführern selbst
erstellt worden. Sollten tatsächlich Leistungen an die Zeugin erbracht worden sein, sei dies gegebenenfalls als
Rückzahlung eines Vorschusses zu werten. Solche Zahlungen könnten allerdings nicht als Kosten der Unterkunft
Berücksichtigung finden. Im Übrigen sei das Abwarten der Hauptsache zumutbar, da die Nebenkosten mittler-weile
übernommen würden und keine Wohnungslosigkeit drohe.
Gegen den ihnen am 1. Dezember 2007 zugestellten Beschluss haben die Beschwerdeführer noch im gleichen Monat
Beschwerde beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Sie machen geltend, es habe kein
Scheinmietvertrag vorgelegen. Dieser habe die tatsächlichen Unterkunftskosten beziffert und diese seien auch
angemessen. Die Zeugin habe selbst angegeben, die Miete bis Mai 2007 bekommen zu haben. Eine
Nebenkostenabrechnung sei nicht erfolgt, weil dies Sache der Vermieterin sei.
Die Beschwerdeführer beantragen nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen,
den Beschluss des Sozialgerichts Stendal vom 27. November 2007 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der
Anfechtungsklage (S 2 AS 380/08) gegen den Bescheid der Beschwerdegegnerin vom 15. August 2007 in der Gestalt
des Änderungsbescheids vom 25. Januar 2008 und des Widerspruchsbescheids vom 6. Mai 2008 anzuordnen.
Die Beschwerdegegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Beschluss für zutreffend. Auf einen rechtlichen Hinweis des Berichterstatters hat sie
ferner ausgeführt, nach Auffassung des Landessozialgerichts Nord-rhein-Westfalen zählten Leibrenten, die als
Gegenleistung für den Erwerb eines Hausgrund-stücks zu zahlen seien, nicht zu den laufenden Kosten für die
Unterkunft. Es handele sich dabei um Tilgungsleistungen, die mit Darlehen zu vergleichen seien, mit denen
Eigenheime finanziert werden. Daher bestehe kein Anspruch auf Übernahme derartiger Kosten. Die vorgelegten
Quittungen seien nicht geeignet, die Zahlung von Kosten für Unterkunft und Heizung nachzuweisen. Selbst wenn
Zahlungen belegt wären, seien sie jedenfalls nicht notwendig gewesen, da die Beschwerdeführerin zu 1. Eigentümerin
des Hauses sei.
Mit Bescheid vom 15. Mai 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Septem-ber 2008 hat die
Beschwerdegegnerin für den Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis 31. Mai 2007 die Leistungsbewilligung in Höhe der
Grundmiete von monatlich 280,06 EUR aufgehoben und die Erstattung der überzahlten Beträge verlangt. Mit Bescheid
vom 17. Mai 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. September 2008 sind für die Zeit ab 1. Juli bis
30. September 2008 Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 116,00 EUR bewilligt worden.
Nach Angaben der Beschwerdegegnerin sind beide Wider-spruchsbescheide bestandskräftig geworden. Gegen die
Leistungsbewilligung für die Zeit vom 1. Oktober 2007 bis 31. März 2008 sei Klage beim Sozialgericht Stendal
erhoben worden (S 2 AS 420/08).
Der Senat hat vom Finanzamt S. die Einheitswertakte über das Grundstück beigezogen. Auf eine Anfrage des
Berichterstatters hat Frau G. unter dem 11. Juni 2008 angegeben, sie habe keine Auskunftspflichten gegenüber dem
Senat. Die Betriebskosten seien bis Jahreswechsel 2006/2007 abgerechnet worden. Seit Einstellung der
Mietzahlungen Mitte 2007 seien keine weiteren Abrechnungen mehr erfolgt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Verwaltungsverfahrens sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt
der Akten und Beiakten Bezug genommen.
II.
A. Die Beschwerde ist rechtzeitig erhoben und zulässig im Sinne von § 173 SGG. Sie auch statthaft gemäß § 172
Abs. 1 SGG in der hier maßgeblichen, bis zum 31. März 2008 gelten-den Fassung.
B. Die Beschwerde ist auch begründet, denn die Beschwerdeführer haben Anspruch auf Anord-nung der
aufschiebenden Wirkung ihrer Anfechtungsklage (S 2 AS 380/08) gegen den Bescheid vom 15. August 2007 in der
Gestalt des Änderungsbescheides vom 25. Januar 2008 und des Widerspruchsbescheids vom 6. Mai 2008.
1.a. Der Senat hat im wohlverstandenen Interesse der Beschwerdeführer ihren Antrag auf "vorläu-figen
Rechtsschutz/einstweilige Verfügung" vom 19. Oktober 2007 an das Sozialgericht Stendal dahingehend ausgelegt,
dass diese zunächst die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1
Ziffer 2 SGG gegen den Bescheid vom 15. August 2007 begehrt haben. In Ihrem Antrag haben sie sich ausdrücklich
gegen die rückwirkende Versagung der Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung ab Juni 2007 gewandt.
Zu Unrecht ist das Sozialgericht daher davon ausgegangen, dass im Rahmen des von den Beschwerdeführern
angestrebten vorläufigen Rechtsschutzes eine einstweilige Regelungsan-ordnung im Sinne von § 86b Abs. 2 Satz 2
SGG zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erforderlich gewesen wäre.
Denn die Beschwerde-gegnerin hatte mit Bescheid vom 26. März 2007 bestandskräftig Kosten der Unterkunft und
Heizung in Höhe von 467,62 EUR/Monat für den Zeitraum vom 1. April bis 30. September 2007 bewilligt. Mit dem
angefochtenen Änderungsbescheid vom 15. August 2007 hat sie die bestandskräftige Leistungsbewilligung mit
Wirkung zum 1. Juni 2007 teilweise zurückge-nommen.
Diese Auslegung des Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz ist unter entsprechender Anwen-dung des Gedankens von
§ 123 SGG sachgerecht. Danach entscheidet das Gericht über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die
Fassung der Anträge gebunden zu sein.
b. Angesichts der mittlerweile erhobenen Anfechtungsklage gegen den Widerspruchsbescheid vom 6. Mai 2008 ist die
begehrte Anordnung der aufschiebenden Wirkung insoweit auf diese zu erweitern. Dies ist entsprechend § 99 Abs. 3
Nr. 2 SGG ohne Weiteres zulässig, wenn der Widerspruchsbescheid zwischenzeitlich erlassen und eine
Anfechtungsklage erhoben worden ist (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 86b Rdnr. 9b).
c. Nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind Zeiträume ab dem 1. Oktober 2007, da der Widerspruch vom
28. August 2007 bzw. die Anfechtungsklage sich nur auf den Rücknahme-bescheid der Beschwerdegegnerin vom 15.
August 2007 in der Gestalt des Änderungsbe-scheids vom 25. Januar 2008 und des Widerspruchsbescheids vom 6.
Mai 2008 beziehen. Der Senat kann daher offen lassen, ob die weiteren für Zeiträume ab Oktober 2007 ergangenen
Leistungsbewilligungen teilweise bestandskräftig geworden sind, wie die Beschwerdegegne-rin angibt.
2. Das Rechtsschutzbegehren der Beschwerdeführer ist statthaft nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 SGG.
Danach kann das Gericht auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende
Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen (Satz 1). Ist im Zeitpunkt der Entscheidung
der Verwaltungsakt schon vollzogen, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen (Satz 2).
U.a. entfällt gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs in anderen durch
Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen. Nach § 39 Nr. 1 SGB II i.d.F. bis zum 31. Dezember 2008 haben der
Widerspruch und die Anfechtungsklage gegen einen Verwal-tungsakt, der über Leistungen der Grundsicherung für
Arbeitsuchende entscheidet, keine aufschiebende Wirkung. Da Widerspruch und Klage nur aufschiebende Wirkung
besitzen, wenn Entscheidungen der Leistungsträger mit einem bloßem Anfechtungsbegehren angeggrif-fen werden,
also nicht, wenn sie sich gegen Entscheidungen richten, mit denen eine (höhere) Leistung abgelehnt wird, kommen im
Wesentlichen im Rahmen des § 39 SGB II Rücknahme-, Aufhebungs- oder Absenkungsentscheidungen von bereits
bewilligtem Arbeitslosengeld II in Betracht (Eicher in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., § 39, Rz. 12). Ein solcher -
unter § 39 SGB II fallender - Sachverhalt ist vorliegend gegeben.
3. Das Rechtsschutzbegehren ist begründet.
a. Einen ausdrücklichen gesetzlichen Maßstab für die gerichtliche Anordnung der aufschieben-den Wirkung von
Widerspruch und Klage sieht § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG nicht vor. Das Gericht entscheidet auf Grund einer
Interessenabwägung (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgesetzbuch Kommentar, 9. Aufl. 2008, §
86b, Rz. 12). Das vom Gesetzgeber in § 39 SGB II angeordnete vordringliche Vollzugsinteresse hat für das Verfahren
des einstweiligen Rechtsschutzes die Bedeutung, dass die Beschwerdegegnerin von der ihr nach § 86a Abs. 2 Nr. 4
SGG obliegenden Pflicht entbunden ist, das öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehbarkeit gesondert zu
begründen. Das Gesetz normiert den Sofortvollzug jedoch keineswegs als stets, sondern nur als im Regelfall geboten
und verlagert somit die konkrete Interessenbewertung auf Antrag des Antragstellers in das gerichtliche Verfahren des
einstweiligen Rechtsschutzes (vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 17. September 2001, 4 VR
19/01, NZV 2002, 51, 52 unter Bezug auf BVerwG, Beschluss vom 21. Juli 1994, 4 VR 1.94, BVerwGE 96, 239 ff,
jeweils zu § 80 Abs. 2 Nr. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in der bis 31. Dezember 1996 gültigen Fassung, der
wortgleich zu § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG ist). Daraus folgt zugleich, dass im Rahmen der hier vorzunehmenden
Interessenabwägung die Anforderungen an das Ausset-zungsinteresse der Beschwerdegegnerin umso höher sind, je
höher die Erfolgsaussichten der Beschwerdeführer sind (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., Rz. 12c
ff., Beschluss des erkennenden Senats vom 12. Januar 2009, L 5 B 94/08 AS ER, nicht veröffent-licht).
Im vorliegenden Fall überwiegt das Interesse der Beschwerdeführer am Nichtvollzug des Änderungsbescheids vom
15. August 2007 in der Gestalt Änderungsbescheids vom 25. Januar 2008 und des Widerspruchsbescheids vom 6.
Mai 2008 gegenüber dem Interesse der Be-schwerdegegnerin an dem Bestand der sofortigen Vollziehung bis zum
Eintritt der Rechts-kraft. Der Senat hat Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Entscheidung hinsichtlich der Bewil-ligung
von Leistungen nur noch nach den Regelsätzen sowie für Nebenkosten i.H.v. 116,00 EUR/Monat für die Zeit vom 1.
Juni bis 30. September 2007.
b. Die Beschwerdegegnerin hat nach hier vorzunehmenden summarischen Prüfung möglicher-weise rechtswidrig den
bestandskräftigen Bescheid vom 26. März 2007 - der Rechtsgrund für die bewilligte Leistung für Kosten der Unterkunft
und Heizung in Höhe von 467,62 EUR/Monat für die Zeit vom 1. Juni bis zum 30. September 2007 ist - aufgehoben,
zurückgenommen oder die Leistungen entzogen.
aa. Das Schreiben der Beschwerdegegnerin vom 8. Mai 2007, mit dem die Leistungen "vorsorg-lich zum 01.06.07
eingestellt" wurden, ist kein Entziehungsbescheid im Sinne von § 66 Erstes Buch Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil
- (SGB I). Danach kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung einer
Mitwirkungshandlung ganz oder teilweise entziehen, soweit derjenige, der eine Sozialleistung erhält, seinen
Mitwirkungs-pflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nachkommt, hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts
erheblich erschwert wird, und soweit die Voraussetzungen der Leistungen nicht nachgewiesen sind. Die
Beschwerdegegnerin hat schon keine Entziehung im Sinne der Norm angeordnet. Vielmehr hat sie "vorsorglich", also
im Vorgriff auf eine von ihr prognostizierte spätere Entscheidung einfach die Zahlung eingestellt. Eine solche
Vorgehensweise mittels eines Entziehungsbescheids wäre aber auch rechtswidrig gewesen, da die Beschwerdeführer
im Schreiben vom gleichen Tag 2007 erstmals zur Mitwirkung im Sinne der Vorlage von Grundbuchauszügen
aufgefordert worden sind. Eine Verletzung von Mitwirkungspflichten konnte am 8. Mai 2007 noch gar nicht vorliegen.
Der Bescheid vom 15. August 2007 ist ebenfalls nicht als Entziehungsbescheid nach § 66 Abs. 1 SGB I erlassen
worden. Die Beschwerdegegnerin hat schon nach dem eindeutigen Wortlaut des Bescheides vom 15. August 2007
keine Leistung entziehen wollen, auf die nach Erfüllung der geforderten Mitwirkungspflichten wieder ein Anspruch
besteht. Vielmehr hat sie "die bisher in diesem Zusammenhang ergangenen Entscheidungen insoweit aufgehoben",
also anders als bei einer Entziehung auch den Rechtsgrund für die Leistungsbewilligung beseitigen wollen.
Eine Umdeutung des Bescheids i.S.v. § 43 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozial-verwaltungsverfahren und
Sozialdatenschutz - (SGB X) in einen Entziehungsbescheid kommt hier nicht in Betracht. Danach kann ein
fehlerhafter Verwaltungsakt in einen anderen Verwal-tungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel
gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen
werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind. Hier wäre eine Entzie-hung im Sinne
von § 66 SGB I schon deshalb nicht zulässig gewesen, weil die Beschwerde-führer den unter dem 8. Mai 2007
angeforderten Grundbuchauszug bereits vor der Erteilung des Änderungsbescheids vom 15. August 2007 vorgelegt
hatten.
bb. Die "Aufhebung" der Leistungsbewilligung für Kosten der Unterkunft und Heizung mit Wirkung für die
Vergangenheit und für die Zukunft kann nicht auf § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X gestützt werden. Danach soll unter
bestimmten Voraussetzungen ein Verwaltungsakt, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei
seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der
Verhältnis-se aufgehoben werden. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass der zugrunde liegende Verwaltungsakt
nicht rechtmäßig gewesen sein muss; allerdings muss sich auf Basis des rechtswidrigen Ausgangsbescheids eine
wesentliche Änderung ergeben haben (Bundesozial-gericht, Urteil vom 28. Oktober 2008, B 8 SO 33/07 R (20)).
Hier ist die Beschwerdegegnerin - entgegen des Wortlauts ihres Bescheids vom 15. August 2007 ("Änderung" und
"Aufhebung") - gerade nicht von einer nach Erlass des Bescheids vom 26. März 2007 eingetretenen Veränderung
ausgegangen. Vielmehr hat sie gemeint, dass den Beschwerdeführern mangels wirksamen Mietvertrags von Anfang
an, d.h. ab dem 1. Januar 2005, keine Leistungen entsprechend des angegebenen Mietzinses zustanden.
cc. Der Bescheid vom 15. August 2007 in der Gestalt des Änderungsbescheids vom 25. Januar 2008 und des
Widerspruchsbescheids vom 6. Mai 2008 genügt nach der hier maßgeblichen summarischen Prüfung und den
bisherigen Feststellungen möglicherweise nicht den Anforde-rungen an einen Rücknahmebescheid im Sinne von § 45
SGB X. Danach darf ein rechtswidri-ger Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil
begründet hat, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 - 4 ganz
oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenom-men werden. Nach Abs. 2 Satz 1,
2 der Vorschrift darf ein Verwaltungsakt nicht zurückge-nommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des
Verwaltungsakts vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme
schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrach-te Leistungen verbraucht
oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig
machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte gemäß Satz 3 u.a. nicht berufen, soweit der Verwaltungsakt
auf Angaben beruht, die er vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig
gemacht hat, oder soweit er die Rechtswidrigkeit des Bescheids kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht
kannte. Nach § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung (SGB
III) hat in den Fällen, in denen die Voraussetzungen gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X vorliegen, hinsichtlich einer
Rücknahme mit Wirkung für Vergangenheit keine Ermessungsabwägung stattzufinden.
1) Zweifel könnten bereits insoweit bestehen, ob der Bescheid vom 26. März 2007 hinsichtlich der Kosten der
Unterkunft und Heizung von Anfang an rechtswidrig gewesen ist.
Der Senat hält es nach den vorgelegten Unterlagen über die Zahlung des "Mietzinses" für glaubhaft gemacht, dass
tatsächlich Zahlungen in der angegebenen Höhe erfolgt sind und nicht etwa, wie das Sozialgericht angenommen hat,
ein Scheinmietvertrag vorgelegen hat und keine Geldzahlungen erfolgt sind. Zwar sind die vorgelegten Quittungen
allein kaum geeig-net, den tatsächlichen Geldfluss zu belegen, da sie allzu leicht manipuliert sein könnten. Allerdings
stimmen hier die Angaben der Beschwerdeführer zu den jeweiligen Umständen der Geldübergabe (Zeitpunkt, Ort,
Anlass der Begegnung mit der Zeugin) vollständig überein mit den vorgelegten Kontoauszügen, wonach jeweils
monatlich an diesem Tag oder allenfalls ein bis zwei Tage vorher ein entsprechender Geldbetrag vom gemeinsamen
Konto der Beschwer-deführer abgehoben wurde. Dies spricht dafür, dass die Angaben hinsichtlich der erfolgten
Zahlungen der Wahrheit entsprechen.
Auch der Umstand, dass ein Eigentümer - hier die Beschwerdeführerin zu 1. - nach den Vorschriften des BGB nicht
Miete für die Nutzung seines Eigentums zahlen kann, führt noch nicht zwangsläufig dazu, dass der Bescheid vom 26.
März 2007 insoweit rechtswidrig war. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass es sich bei dem als "Mietvertrag"
bezeichneten Vertragsverhältnis in Wirklichkeit um eine vertragliche Verpflichtung anderer Art gehandelt hat, aufgrund
derer die Beschwerdeführer zur Zahlung eines Nutzungsentgelts verpflichtet waren. Unter Umständen kann daraus ein
Anspruch auf Übernahme der Zahlungspflichten als Kosten der Unterkunft und Heizung entstehen. Nach ihrem
Vorbringen könnte die gewählte Konstellation (die Beschwerdeführerin zu 1. wird als Eigentümerin des Anwesens ins
Grundbuch eingetragen; die den Kaufpreis sowie die Renovierungskosten finanzierende Zeugin erhält zu Lebzeiten
monatliche finanzielle Leistungen) möglicherweise eine im Zweifel auf Lebenszeit zu gewährende Leibrente im Sinne
von § 759 Abs. 1 BGB darstellen. Ob Zahlungen auf eine solche Leibrente als Kosten der Unterkunft und Heizung
anerkannt werden können, ist noch nicht höchstrichterlich geklärt (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 20. August
2009 (B 14 AS 34/08 R), offen gelassen wegen fehlender konkreter Zahlungs-verpflichtung). Vorstellbar ist aber auch -
wie die Beschwerdegegnerin selbst einräumt - dass es sich um einen Darlehensvertrag mit monatlicher
Rückzahlungsverpflichtung gehandelt hat. Dann wäre nach der Rechtsprechung des BSG der auf die Zinsen
entfallende Anteil den Kosten der Unterkunft und Heizung zuzuordnen, nicht jedoch die Tilgungsleistungen. Insoweit
bedürfte es weiterer Feststellungen. Sollte ein Rechtsgrund für die an die Zeugin geleisteten Zahlungen bestehen,
wäre der Bescheid vom 26. März 2007 schon nicht rechts-widrig i.S.v. § 45 Abs. 1 Satz 1 SGB X.
2) Allerdings kann der Senat für die vorzunehmende Folgenabwägung diese Frage offen lassen. Es bestehen nämlich
auch Bedenken, ob die Rücknahme sowohl für die Vergangenheit als auch für die Zukunft den gesetzlichen
Erfordernissen entspricht.
Die Beschwerdegegnerin hat weder in dem Bescheid vom 15. August 2007 noch im Wider-spruchsbescheid vom 6.
Mai 2008 Feststellungen dazu getroffen, ob Vertrauensschutz einer Rücknahme entgegen steht (§ 45 Abs. 2 Satz 1
SGB X). Dies wäre der Fall, wenn die Be-schwerdeführer auf den Bestand des Verwaltungsakts vertraut haben und ihr
Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist.
Ein Regelfall der Verneinung von Vertrauensschutz gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X ist nicht geprüft worden. Der
Senat vermag zum jetzigen Zeitpunkt auch keine entsprechende Feststellung zu treffen. Denn es ist nach dem
Vorbringen der Beschwerdeführer und unter Würdigung der Angaben der Zeugin möglich, dass die Beschwerdeführer
bei Antragstellung am 28. Oktober 2004 und später hinsichtlich der Angabe eines "Mietverhältnisses" bzw. der
Nichtangabe der Eintragung als Eigentümer des Hauses nicht grob fahrlässige Falschangaben gemacht haben oder
die Rechtswidrigkeit des Bescheides nicht in grob fahrlässiger Weise nicht kannten bzw. die Leistungsbewilligung
nicht aufgrund arglistiger Täuschung erlangt haben. Der Senat hält es nicht für völlig ausgeschlossen, dass die
Beschwerdeführer in ihrer laienhaften Vorstellung die Absicherung einer Leibrente durch "Mietvertrag" für ausreichend
und zulässig angesehen hatten. Die Frage, ob ein Adressat vorsätzlich oder grob fahrlässig Falschangaben gemacht
hat bzw. die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder in Folge grober Fahrlässigkeit nicht kannte, hängt
vom subjektiven Einsichtsvermögen ab (Schütze in von Wulffen, SGB X, 6. Aufl., § 45 Rdnr. 58). Insoweit lässt sich
nicht ohne Weiteres unterstellen, dass die Beschwerdeführer zum einen die von ihnen vorgenommene Deklarierung
als "Mietvertrag" als fehlerhaft erkannten, und zum anderen erkennen mussten, dass ihnen deshalb Leistungen gegen
die Beschwerdegegnerin nicht zustanden.
Gegebenenfalls liegt auch ein Ermessensnichtgebrauch vor, der zur Rechtswidrigkeit des Rücknahmebescheids
führen kann. Nur wenn ein Fall des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X vorlie-gen sollte, hätte die Beschwerdegegnerin gemäß
§ 40 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 1 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 2 SGB III kein Ermessen hinsichtlich der Rücknahme der
Leistungsbewilligung auszuüben. Bei einer Rücknahme für die Vergangenheit ist aber, soweit ein Fall des § 45 Abs. 2
Satz 3 SGB X nicht vorliegt, zwingend Ermessen auszuüben. Dies ist bis zum Abschluss des
Widerspruchsverfahrens nicht erfolgt, weshalb für den Fall der Gutgläubigkeit der Beschwerdeführer die Aufhebung
nicht auf § 45 SGB X gestützt werden könnte.
Unter Anlegung der oben genannten Maßstäbe war die aufschiebende Wirkung der Anfech-tungsklage anzuordnen.
Der Zeitraum, für den die beantragte aufschiebende Wirkung des Widerspruchs Bedeutung gewinnen konnte, ist
bereits abgelaufen. Der Senat es hier für geboten, durch Verpflichtung zur vorläufigen Nachzahlung von 467,62
EUR/Monat abzüglich bereits ausbezahlter Leistungen für KdU die Aufhebung der Vollziehung anzuordnen. Bei seiner
nach pflichtgemäßem Ermessen auszuübenden Entscheidung (§ 86b Abs. 1 Satz 2 SGG) hat er berücksichtigt, dass
der Grundsatz der Gewährung effektiven Rechtsschutzes eine Wiederauszahlung gebietet, zumal die Leistungen ohne
Rechtsgrundlage ab dem 1. Juni 2007 eingestellt worden waren. Dies bedeutet, dass die Beschwerdegegnerin -
vorläufig - für die Zeit vom 1. Juni bis 30. September 2007 die bereits bewilligten KdU in Höhe von 467,62 EUR/Monat
abzüglich bereits geleisteter Zahlungen an die Beschwerdeführer auszuzahlen hat.
C. Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 193 SGG.
Der Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).