Urteil des LSG Sachsen-Anhalt vom 11.01.2010

LSG San: gefahr im verzug, heizung, anspruch auf bewilligung, stadt, besondere härte, gefährdung, dach, zuschuss, erlass, zustand

Landessozialgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss vom 11.01.2010 (rechtskräftig)
Sozialgericht Magdeburg S 14 AS 487/09 ER
Landessozialgericht Sachsen-Anhalt L 5 AS 216/09 B ER
Der Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 3. Juni 2009 wird abgeändert. Die Antragsgegnerin wird
verpflichtet, dem Antragsteller Zug um Zug gegen a. die Vorlage von drei Kostenvoranschlägen für eine Sanierung der
obersten acht Schichten des Schornsteinkopfs seines auf dem Anwesen B.-weg 2X, 3XXXX W. befindlichen
Wohnhauses und b. den Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung mit der Antragsgegnerin vorläufig ein Darlehen
zur Finanzierung dieser Instandsetzungsmaßnahme zu bewilligen. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller 1/10 seiner außergerichtlichen Kosten für beide Rechtszüge zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller und Beschwerdeführer wendet sich gegen einen Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg, das
seinen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel der vorläufigen Übernahme einer
Straßenausbaubeitragsforderung i.H.v. 9.495,74 EUR sowie einer Schornsteinkopfsanierung seines Eigenheims als
Zuschuss abgelehnt hat.
Der am 1X. April 196X geborene Antragsteller ist selbstständig tätig und erzielt ferner Einnahmen aus Vermietung und
Verpachtung. Er bezieht seit 2005 ergänzend Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung
für Arbeitsuchende - (SGB II).
Der Antragsteller ist Eigentümer zweier Grundstücke mit einer Gesamtfläche von 1.874 qm. Diese sind mit einem
1949 erbauten, unsanierten Wohnhaus sowie Nebengelassen, unter anderem einer ehemaligen Waschanlage, bebaut.
2/3 der Fläche ist nach einer "Verwertungseinschätzung" der Firma M. Immobilien W. vom 27. April 1999 für eine
gewerbliche Nutzung geeignet. Der Antragsteller gibt einen aktuellen Verkehrswert i.H.v. 60.000 EUR an. Er bewohnt
nach seinen Angaben eine Wohnfläche von 75 qm und hat Teile der übrigen Flächen verpachtet. Seine Kosten für
Heizung und Nebenkosten bezifferte er im Weiterbewilligungsantrag vom 15. Januar 2009 mit insgesamt 125,00 EUR.
Mit Bescheid vom 10. Februar 2009 i.d.F. des Änderungsbescheids vom 6. April 2009 bewilligte die Antragsgegnerin
Leistungen vom 6. November 2008 bis 30. April 2009 in Höhe von 282,76 EUR/Monat ab Januar 2009. Für die Zeit
vom 1. Mai bis 31. Oktober 2009 hat sie mit Bescheid vom 16. April 2009 i.d.F. des Änderungsbescheids vom 11.
Juni 2009 296,78 EUR/Monat für die Monate Mai und Juni sowie ab Juli 304,78 EUR/Monat bewilligt. Für die Zeit vom
1. November 2009 bis zum 30. April 2010 sind mit Bescheid vom 21. Oktober 2009 monatlich 44,97 EUR bewilligt
worden. Dabei hat die Antragsgegnerin zuletzt - nach Abzug der Freibeträge - monatliche Einkünfte aus
selbstständiger Tätigkeit und aus Vermietung i.H.v. 419,66 EUR/Monat angerechnet und als anerkannte Kosten der
Unterkunft und Heizung 105,63 EUR/Monat berücksichtigt. Alle Leistungsbescheide sind vorläufig erteilt worden. Nach
Mitteilung der Antragsgegnerin hat der Antragsteller jeweils Widerspruch eingelegt. Mit Bescheid vom 5. Juni 2002
hatte die Stadt W. dem Antragsteller einen Straßenbaubeitrag in Höhe von 4.648,90 EUR gestundet und
Ratenzahlungen festgesetzt. Die Antragsgegnerin hatte diese Raten nicht als Kosten der Unterkunft und Heizung
anerkannt. Das Sozialgericht Magdeburg hatte mit Beschluss vom 16. November 2005 (S 28 AS 633/05 ER) die
Antragsgegnerin verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig 546,00 EUR (6 Raten à 91,00 EUR) zu bewilligen. Die Frage
der Berücksichtigung dieser Kosten bei der Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Januar
bis 30. Juni 2005 ist u.a. Gegenstand des beim Senat anhängigen Verfahrens L 5 AS 48/07.
Die Stadt W. erhob mit den Bescheiden vom 15. November 2007 einen weiteren Straßenausbaubeitrag für das
Anwesen des Antragstellers und setzte einen zu entrichtenden Straßenbaubeitrag i.H.v. von 9.151,49 EUR sowie
344,25 EUR für die Mehrkosten der Grundstückszufahrt fest. Die Fälligkeit trat einen Monat nach Bekanntgabe der
Bescheide ein. Aus den vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen ergibt sich, dass dieser sich gegen die
Heranziehung im Wege des einstweiligen Rechtschutzes und der Klage an das Verwaltungsgericht Magdeburg (VG)
gewendet hat (2 B 35/09 MD und 2 A 36/09 MD). Mit Beschluss vom 9. März 2009 ist der Antrag auf vorläufigen
Rechtsschutz vom VG rechtskräftig zurückgewiesen worden. Das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-
Anhalt (OVG) hat mit Beschluss vom 22. Juni 2009 den Beschluss des VG hinsichtlich der Ablehnung von
Prozesskostenhilfe geändert und dem Antragsteller teilweise Prozesskostenhilfe für seine Klage gegen die Erhebung
eines Straßenausbaubeitrags bewilligt (4 O 73/09). Das Hauptsacheverfahren vor dem VG ist noch anhängig.
Des Weiteren hat der Antragsteller - während des laufenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens - unter dem 5. Juli
2009 einen Antrag auf Erlass bzw. Stundung der Straßenausbaubeiträge bei der Stadt W. gestellt. Der Antrag auf
Erlass der Forderung ist mit Bescheid vom 18. August 2009 abgelehnt worden. Der Stundungsantrag ist mit Bescheid
vom 23. Oktober 2009 abgelehnt worden. Ausweislich des Bescheids hatte der Antragsteller Unterlagen über seine
Ein- und Ausgaben vorgelegt, aber trotz Aufforderung keinen Vorschlag zu einer Ratenhöhe für monatliche
Stundungsbeträge gemacht. Eine von der Stadt W. angebotene zinslose Stundung bei monatlichen Stundungsraten
von 10,00 EUR für vier Jahre habe der Antragsteller mit der Begründung abgelehnt, eine solche Zahlung sei ihm nicht
möglich. Ob gegen die Ablehnungen Widerspruch eingelegt worden ist, ist nicht bekannt. Der Antragsteller hat am 24.
Februar 2009 - ohne vorherige Durchführung eines Verwaltungsverfahrens - beim Sozialgericht Magdeburg den Erlass
einer einstweiligen Anordnung beantragt und "Gefahr im Verzug" geltend gemacht. Die Antragsgegnerin sei zu
verpflichten, die von der Stadt W. beanspruchten Straßenausbaubeiträge als Zuschuss zu bewilligen. Dazu hat der
Antragsteller eine eidesstattliche Versicherung vom 8. November 2008 über Vorfälle im Jahr 2005 beigefügt. Ferner
hat er geltend gemacht, es drohten bauseitige Gefahren durch eine unaufschiebbare Schornsteinkopfsanierung. Der
Antragsteller hat insoweit seine Anfrage vom 6. März 2009 an den Bezirksschornsteinfegermeister S. , C. vorgelegt.
Darin hat er ausgeführt: " nachdem dieser Winter ein doch recht harter und langwieriger war, ist mein maroder
Schornsteinkopf über Gebühr in Mitleidenschaft gezogen worden. Deshalb trage ich mich mit Gedanken zur
Sicherung, so daß umgangen wird, daß der Kopf auseinander birst und unkontrolliert über das Dach bodenwärts
stürzt." Der Bezirksschornsteinfegermeister S. hat ihm unter dem 16. März 2009 geantwortet: " Der Schornsteinkopf
über Dach befinden sich in einem schlechten baulichen Zustand. Es besteht die Gefahr, daß einzelne Mauersteine
sich lösen und herabstürzen. Dabei kann es zu Beschädigungen des Daches und Verletzungen von Personen
kommen. Der Schornsteinkopf muss repariert bzw. erneuert werden."
Das Sozialgericht hat unter dem 5. Mai 2009 darauf hingewiesen, dass Reparaturkosten allenfalls darlehensweise
übernommen werden könnten. Es seien mindestens drei Kostenvoranschläge vorzulegen. Hinsichtlich der
Straßenausbaubeiträge sei ein Nachweis über einen Stundungsantrag bei der Stadt W. notwendig.
Daraufhin hat der Antragsteller ausgeführt, er begehre einen Zuschuss für die Schornsteinsanierung. Es handle sich
um Erhaltungsaufwendungen und nicht um Vermögenszuwachs. Wegen der Straßenausbaubeiträge hat er auf sein
Klagebegehren vor dem OVG verwiesen. Es sei nicht kalkulierbar, wie die Stadt W. sich verhalten werde.
Mit Beschluss vom 3. Juni 2009 hat das Sozialgericht den Antrag auf Gewährung auf einstweiligen Rechtsschutz
zurückgewiesen. Es könne offen bleiben, ob Straßenausbaubeiträge Kosten der Unterkunft gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1
SGB II seien. Denn ein Anordnungsgrund sei nicht glaubhaft gemacht. Die Beiträge aus dem Bescheid vom 15.
November 2007 seien bereits im Dezember 2007 fällig geworden. Insoweit sei schon fraglich, ob ein aktueller Bedarf
bestehe. Darüber hinaus habe der Antragsteller nicht belegt, dass er die Möglichkeit einer Stundung genutzt habe. Ob
ein Anspruch auf Übernahme von Hausreparaturkosten bestehe, ggf. auch darlehensweise, habe nicht geprüft werden
können, da ein solcher Anspruch nicht glaubhaft gemacht worden sei. Entsprechende Kostenvoranschläge seien nicht
vorgelegt worden. Neben der fehlenden Glaubhaftmachung könne die Ablehnung daher auch auf § 66 Abs. 1 Erstes
Buch Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil (SGB I) gestützt werden.
Dagegen hat der Antragsteller am 5. Juni 2009 Beschwerde beim erkennenden Senat eingelegt. Der
Straßenausbaubeitrag sei den Kosten der Unterkunft hinzuzurechnen. Ein Wohnungsvermieter könnte diese
Aufwendungen aus seinen Mieteinnahmen bezahlen, wobei die Miete von der Antragsgegnerin zu tragen wäre. Die
notwendige Sanierung des Schornsteinkopfs sei keine wertsteigernde Maßnahme. Er hat drei Angebote für eine
komplette Schornsteinkopfsanierung mit Abriss des alten Schornsteinkopfs bis unter das Dach und Hochmauern
eines neuen Kopfs (16 bzw. 17 Schichten), Wiedereindeckung des Dachs, Einschalung des Schornsteinendes und
Aufsetzen einer Schornsteinhaube aus Edelstahl bzw. Kupfer in Höhe von 3.299,17 EUR bis 3.500,00 EUR vorgelegt.
Eines der Angebote stammt von der Firma J. B ... Zu einer fraglichen Teilsanierung/Ausbesserung des Schornsteins
hat er unter dem 16. August 2009 drei - identische - Schreiben dieser Firmen vorgelegt. Danach sei eine
Ausbesserung gegenüber einer Komplettsanierung wirtschaftlich nicht sinnvoll.
Der Senat hat von dem Bezirksschornsteinfegermeister S. die Auskunft vom 9. September 2009 eingeholt. Nach
seiner Einschätzung befinde sich der Schornsteinkopf in einem schlechten baulichen Zustand. Es bestehe die Gefahr
sich lösender Steine, die nach innen in den Schornstein oder auf das Dach unmittelbar unter dem Eingangsbereich
fallen könnten. Eine Sanierung des Schornsteinkopfes in acht Schichten sei erforderlich.
Daraufhin hat der Antragsteller ein weiteres Angebot der Firma J. B. vom 27. September 2009 i.H.v. 3.151,12 EUR
vorgelegt, das sich lediglich hinsichtlich der Anzahl der aufzumauernden Schichten (acht statt 16) von deren
ursprünglichem Angebot unterscheidet. Der Firmeninhaber führt in einem Begleitschreiben Bedenken gegen die
Sanierung nur eines Teils des Schornsteins an; auch sei die Kostenersparnis nur gering.
Der Antragsteller beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen,
den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 3. Juni 2009 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten,
vorläufig im Wege eines Zuschusses die Straßenausbaubeiträge der Stadt W. sowie die Kosten der Sanierung des
Schornsteinkopfes in 16 bzw. 17 Schichten seines Wohnhauses auf dem Anwesen B.-weg 2X, 3XXXX W. , zu
übernehmen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, die Sanierung des Schornsteinkopfs würde zu einer Verbesserung des Standards und zu einer
erheblichen Wertsteigerung des Hauses führen. Nach der Sanierung wäre der Schornsteinkopf neuwertig, was er bei
Beginn des Leistungsbezugs nicht gewesen sei. Leistungsempfänger mit einem maroden Eigenheim dürften nicht auf
Kosten der Steuerzahler im Leistungszeitraum ihr Haus nach und nach komplett sanieren. Die Sanierung des
Schornsteinkopfs verursache erhebliche Kosten. Es sei auch nicht zu erwarten, dass die Hilfebedürftigkeit des
Antragstellers dauerhaft entfallen könne. Angesichts des Zustands des Hauses sei mit weiteren, erheblichen Kosten
zu rechnen. Eine Privilegierung von Eigentümern gegenüber Mietern sei ausgeschlossen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Antragsgegnerin sowie die Gerichtsakte
L 5 AS 48/07 und vorliegende Gerichtsakte verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist form- und fristgerecht gemäß § 173 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erhoben worden und auch
statthaft im Sinne von § 172 Abs. 3 Ziff. 1 i.V.m. § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG. Der Antragsteller begehrt die
Kostenübernahme für eine Sanierung seines Schornsteins i.H.v. über 3.000,00 EUR sowie eine Übernahme von
Straßenausbaubeträgen i.H.v. über 9.000,00 EUR als Zuschuss. Damit ist der Beschwerdewert von 750,00 EUR
überschritten.
Die Beschwerde ist teilweise begründet. Das Sozialgericht hat im angefochtenen Beschluss vom 3. Juni 2009 zu
Unrecht das Vorliegen der Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung in Bezug auf die Sanierung
des Schornsteins in vollem Umfang verneint. Der Antragsteller hat insoweit einen Anspruch auf Bewilligung eines
Darlehens für einen Teil der geforderten Sanierungsmaßnahmen (A.). Nicht zu beanstanden ist der Beschluss
hinsichtlich der begehrten Übernahme von Straßenausbaubeiträgen (B.).
Das Gericht kann nach § 86b Abs. 2 SGG eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen,
wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts
des Antragsstellers erschwert oder wesentlich vereitelt wird. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines
vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur
Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer Regelungsanordnung ist
gemäß § 86b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) stets die Glaubhaftmachung des
Vorliegens sowohl eines Anordnungsgrunds (also die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher
Nachteile), als auch eines Anordnungsanspruchs (die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Hauptsache
gegebenen materiellen Leistungsanspruchs). Grundsätzlich soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen
Anordnung die endgültige Entscheidung der Hauptsache nicht vorweg genommen werden.
Das Rechtsmittel des einstweiligen Rechtsschutzes hat vor dem Hintergrund des Artikel 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG)
die Aufgabe, in den Fällen effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, in denen eine Entscheidung in dem
grundsätzlich vorrangigen Verfahren der Hauptsache zu schweren und unzumutbaren, nicht anders abwendbaren
Nachteilen führen würde, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der
Lage wäre (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschlüsse vom 22. November 2002, 1 BvR 1586/02, NJW 2003 S. 1236
und vom 12. Mai 2005, 1 BvR 569/05, Breithaupt 2005, S. 803). Dies bedeutet aber gleichzeitig, dass ein
Anordnungsgrund fehlt, wenn die vermutliche Zeitdauer des Hauptsacheverfahrens keine Gefährdung für die
Rechtsverwirklichung und -durchsetzung bietet, wenn also dem Antragsteller auch mit einer späteren Realisierung
seines Rechts geholfen ist.
Der Beweismaßstab im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erfordert im Gegensatz zu einem
Hauptsacheverfahren für das Vorliegen der anspruchsbegründenden Tatsachen nicht die volle richterliche
Überzeugung. Dies erklärt sich mit dem Wesen dieses Verfahrens, das wegen der Dringlichkeit der Entscheidung
regelmäßig keine eingehenden, unter Umständen langwierigen Ermittlungen zulässt. Deshalb kann im einstweiligen
Rechtsschutzverfahren nur eine vorläufige Regelung längstens für die Dauer des Klageverfahrens getroffen werden,
die das Gericht in der Hauptsache nicht bindet. Ein Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft
gemacht, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen überwiegend wahrscheinlich sind. Dies erfordert, dass mehr für als
gegen die Richtigkeit der Angaben spricht (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. § 86b Rn. 16b).
A. 1. Hinsichtlich der begehrten Sanierung des Schornsteins des von ihm bewohnten Wohnhauses im B.-weg 2X,
3XXXX W. hat der Antragsteller - teilweise - einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
Nach den Bescheinigungen des Bezirksschornsteinfegermeisters S. vom 16. März 2009 und vom 9. September 2009
befindet sich der Schornsteinkopf des Anwesens in einem schlechten baulichen Zustand. Der
Bezirksschornsteinfegermeister hat bestätigt, dass der gesamte Schornsteinkopf oberhalb des Dachs keinen festen
Verbund mehr aufweist; die Steine liegen lose übereinander und fehlen teilweise. Er sieht die Gefahr sich lösender
Steine, die nach innen in den Schornstein oder auf das Dach unmittelbar unter dem Eingangsbereich fallen können.
Insoweit liegt hier Eilbedürftigkeit für eine vorläufige Regelung vor, da ein Zuwarten bis zur endgültigen Entscheidung
über das Begehren des Antragstellers wegen der von dem sanierungsbedürftigen Schornstein ausgehenden
Gefährdung für Leib und Leben von Personen, welche das Haus betreten wollen, nicht zumutbar ist. Gleichfalls duldet
die Gefährdung der Funktion des Schornsteins für die Funktion der Heizung durch eventuell nach innen fallende
Steine kein längeres Zuwarten.
Zu Unrecht ist das Sozialgericht insoweit davon ausgegangen, dass mangels vorgelegter Kostenvoranschläge ein
Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht worden sei. Denn die fraglichen Kostenvoranschläge konnten allenfalls die
Höhe der begehrten Leistungen betreffen. Sie haben jedoch keinen Aussagewert für den Grund der Eilbedürftigkeit als
solche. Diese hat sich aber schon aus der Stellungnahme des Bezirksschornsteinfegermeisters S. vom 16. März
2009 ergeben. Darin sind die Sanierungsbedürftigkeit und die vom jetzigen Zustand ausgehende Gefährdung bestätigt
worden. Der Verweis des Sozialgerichts auf Mitwirkungspflichten i.S.v. § 66 f. SGB I geht hier fehl, da diese
Vorschriften nur im Verwaltungsverfahren zwischen Antragsteller und Behörde, nicht jedoch im gerichtlichen Verfahren
Anwendung finden. Hier gilt der Amtsermittlungsgrundsatz, der allerdings im Verfahren des einstweiligen
Rechtsschutzes durch den Beibringungsgrundsatz i.S.d. Glaubhaftmachung der anspruchsbegründenden Tatsachen
modifiziert wird. Dem Sozialgericht hätte es daher oblegen, ausgehend von der vom Antragsteller vorgelegten
Einschätzung des Bezirksschornsteinfegermeisters S. das Ausmaß der Gefährdung und den Umfang der notwendigen
Sicherungsmaßnahmen zu ermitteln. Kostenvoranschläge wären hierbei nur sehr eingeschränkt verwertbar gewesen,
da der betreffende Handwerksbetrieb naturgemäß ein Interesse an einem möglichst hohen Auftragswert hat.
Die Ermittlung der Höhe der Sanierungskosten obliegt wiederum nicht den Sozialgerichten. Diese haben nicht die
Aufgabe, die zivilrechtliche Abwicklung eines Werkvertrags durchzuführen, etwa das günstigste von mehreren
Angeboten zu ermitteln und ggf. Termins- oder Zahlungsvereinbarungen zu treffen. Diese Aufgabe obliegt
grundsätzlich dem Antragsteller selbst, wobei die Antragsgegnerin im Hinblick auf die Erforderlichkeit die Möglichkeit
der Überprüfung der von diesem vorzulegenden Kostenvoranschläge haben muss.
2. Der Antragsteller hat auch einen Anordnungsanspruch auf die begehrten Reparaturkosten - teilweise - glaubhaft
gemacht.
Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen
Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Zu den Kosten der Unterkunft und Heizung zählen
regelmäßig bei selbstgenutzten und im Sinne von § 12 Abs. 3 Ziff. 4 SGB II besitzgeschützten Immobilien auch die
Kosten für eine Instandsetzung oder Instandhaltung. Diese Maßnahmen dürfen aber nicht zu einer Verbesserung des
Standards des selbstgenutzten Eigenheims führen und müssen angemessen sein (vgl. Bundessozialgericht (BSG),
Urteil vom 3. März 2009, B 4 AS 38/08 R, (17)). a. Der Senat hat hier keinen Anhaltspunkt, dass das von dem
Antragsteller bewohnte Eigenheim nicht vermögensgeschützt im Sinne des § 12 Abs. 3 Ziff. 4 SGB II wäre. Nach der
Rechtsprechung des BSG sind vermögensgeschützt für alleinlebende Immobilienbesitzer Wohnflächen bis 90 qm
(BSG, Urteil vom 15. April 2008, B 14/7b AS 34/06 R (27)). Hier hat das Eigenheim nach Angaben des Antragstellers
eine Wohnfläche von 75 qm und bewegt sich im Rahmen der angemessenen Größe.
Fraglich ist jedoch die Angemessenheit des Hausgrundstücks. Im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens
war nicht zu klären, ob die Grundstücke des Antragstellers mit einer Gesamtfläche von 1.874 qm
vermögensgeschützt im Sinne von § 12 Abs. 3 Ziff. 4 SGB II sind. Dabei kommt es zunächst darauf an, ob die Größe
der Ortsüblichkeit entspricht und falls nein, ob das Grundstück teil- und auch verwertbar ist. Gegebenenfalls kommt
dann eine Vermögensverwertung in Betracht (vgl. BSG, Urteil vom 19. September 2008, B 14 AS 54/07 R (15)
m.w.H.).
b. Die geltend gemachten Kosten für die Schornsteinsanierung sind von der Regelleistung im Sinne von § 20 Abs. 1
SGB II nicht erfasst und daher nicht gemäß § 23 Abs. 1 SGB II als Darlehen zu bewilligen. In den Regelleistungen ist
zwar ein Anteil für die Instandhaltung der Wohnung enthalten. Nach der insoweit maßgeblichen Abteilung 04 der
Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) handelt es sich jedoch um Kosten für Instandhaltung und
Schönheitsreparaturen. Nach der Rechtsprechung des BSG gehören zur "Reparatur und Instandhaltung der Wohnung"
nur kleinere Aufwendungen, die in einer Mietwohnung üblicherweise auch außerhalb von Schönheitsreparaturen
anfallen (BSG, Urteil vom 19. März 2008, B 11b AS 31/06 R (18)). Darunter fallen erhebliche Sanierungsmaßnahmen
wie hier eine Sanierung des Schornsteins nicht.
c. Zu den Unterkunftskosten i.S.v. § 22 Abs. 1 SGB II gehören bei selbstgenutzten angemessenen
Hausgrundstücken grundsätzlich alle erstattungsfähigen tatsächlichen Ausgaben, soweit sie notwendig und
angemessen sind.
Nach der Rechtsprechung des 14. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) ist insoweit darauf abzustellen, welche
Ausgaben bei der Berechnung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung abzusetzen wären (BSG, Urteil vom
15. April 2008, B 14/7b AS 34/06 R; vgl. dazu Urteil des 4. Senats des BSG vom 3. März 2009, B 4 AS 38/08 R (15
f.)). Insoweit sei an § 7 Abs. 2 der Verordnung zur Durchführung des § 82 Abs. 2 Nr. 4 des Zwölften Buches
Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe (SGB XII) anzuknüpfen. Danach zählt zu den notwendigen Ausgaben, die bei
Vermietung und Verpachtung abzusetzen sind, der Erhaltungsaufwand. Darunter fallen Ausgaben für Instandsetzung
und Instandhaltung, nicht jedoch solche für Verbesserungen (§ 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Satz 2 der Verordnung).
Der Senat kann hier offen lassen, ob er dieser Auffassung folgt, oder ob ein Anknüpfungspunkt für die Zuordnung zu
den Kosten der Unterkunft i.S.v. § 22 Abs. 1 SGB II eher in den Bestimmungen des Wohngeldgesetzes (WoGG) zu
finden ist. Auch aus diesen Regelungen ergibt sich jedenfalls eine gesetzgeberische Wertung, Instandhaltungskosten
dem Grunde nach den erstattungsfähigen Aufwendungen für eine selbstgenutzte Immobilie zuzuordnen. Das WoGG
zielt auf die Ermöglichung der Beibehaltung der Wohnung, so lange die Allgemeinheit mit vertretbaren Kosten belastet
wird. Wie § 22 Abs. 1 SGB II dient auch das WoGG der Sicherung des Wohnens. Empfänger von Leistungen nach
dem SGB II sind nur deshalb nicht wohngeldberechtigt, weil das SGB II eine abschließende Regelung zur Höhe der
Kosten der Unterkunft und Heizung trifft (vgl. BSG, Urteil vom 18. Juni 2008, B 14/11b AS 67/06 R (29) zur
Anerkennung von Tilgungsleistungen als Kosten der Unterkunft und Heizung). Nach § 1 Abs. 1 WoGG können zur
wirtschaftlichen Sicherung angemessenen und familiengerechten Wohnens auch Immobilieneigentümern
Lastenzuschüsse zu den Aufwendungen für den selbst genutzten Wohnraum geleistet werden. Die Höhe der
anzuerkennenden Belastung bemisst sich gemäß § 6 Abs. 2 WoGG nach einer Wohngeld-Lastenberechnung.
Maßgebend ist dabei die Belastung aus dem Kapitaldienst und aus der Bewirtschaftung, wobei nach § 14 Abs. 1 der
Wohngeldverordnung (WoGV) auch die Instandhaltungskosten darunter fallen.
Die Aufwendungen müssen darüber hinaus in jedem Fall notwendig sein, um die Bewohnbarkeit der selbstbewohnten
Immobilie zu erhalten. Aus diesem Grund sind nur die Maßnahmen notwendig, die unmittelbar drohende oder schon
entstandene Schäden an der selbstgenutzten Immobilie mit daraus folgenden unzumutbaren Beeinträchtigungen der
Wohnqualität verhindern oder beseitigen sollen. Dabei ist es zumutbar, ein Absinken der Wohnqualität - bei ansonsten
gewährleisteter Bewohnbarkeit - bis zu den für Mieter vorgegebenen Merkmalen eines einfachen, aber nicht aller
einfachsten Wohnungsstandards hinzunehmen (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 26. Mai 2009, L 12 AS
575/09 (22) m.w.H. zur Rechtsprechung).
Einigkeit besteht in der Rechtsprechung, dass wertsteigernde Erneuerungsmaßnahmen nicht zum Erhaltungsaufwand
zählen und es auch nicht Aufgabe der Transferleistungen nach dem SGB II ist, durch grundlegende Sanierung eine
Wertsteigerung herbeizuführen. Keinesfalls darf die Immobilie nach Durchführung der Instandhaltungsarbeiten in einen
höherwertigen Zustand versetzt werden (vgl. Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 15. Oktober 2008, L 16 AS
330/07).
Nicht überzeugend ist hingegen die teilweise vertretende Auffassung, nur kleinere Reparaturarbeiten zählten zum
Erhaltungsaufwand, oder es könnten dabei nur periodisch anfallende Kosten berücksichtigt werden (so LSG für das
Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30. August 2007, L 9 B 136/07 AS ER (19)). Ausdrücklich sieht § 7 Abs. 2
der Verordnung zu § 84 SGB XII vor, dass sowohl Instandhaltung als auch Instandsetzung erfasst werden. Unter
Instandsetzung ist die Nachholung bisher nicht durchgeführter, aber laufend durchzuführender Instandhaltungsarbeiten
zu verstehen. Auf die Wiederkehr der Aufwendungen kann es demnach nicht ankommen. Eine betragsmäßige
Begrenzung der Aufwendungen ist in der Verordnung zu § 82 Abs. 2 Nr. 4 SGB XII nicht vorgesehen. Auf die
Vorschriften des WoGG kann insoweit auch nicht zurückgegriffen werden, da die Erhaltungskosten bei der
Lastenberechnung nach § 14 Abs. 2 WoGV pauschal angesetzt werden, was dem Grundsatz des notwendigen
tatsächlichen Anfalls der Kosten im SGB II widerspricht (vgl. BSG, Urteil vom 3. März 2009, a.a.O.). Darüber hinaus
könnte ein Gegenüberstellen der Höhe der Kosten für die Instandhaltung oder Instandsetzung zu dem Wert des
Eigenheims dazu führen, dass es zu einer Ungleichbehandlung von Leistungsbeziehern mit wertvollen gegenüber
denen mit geringwertigeren Immobilien kommt. Es ist auch für den Senat kein Kriterium erkennbar, das geeignet wäre,
verlässlich kleinere von größeren Reparaturarbeiten im Sinne einer Notwendigkeit abzugrenzen.
Allerdings fallen Erhaltungsaufwendungen im Rahmen des SGB II ferner nur dann unter die Kosten der Unterkunft und
Heizung, wenn sie auch angemessen i.S.v. § 22 Abs. 1 SGB II sind. Hierbei können - je nach Einzelfall -
verschiedene Faktoren zu berücksichtigen sein (etwa das bevorstehende sichere Ende des Leistungsbezugs, das
Ausmaß der Beeinträchtigung der Wohnqualität, der Gesamtzustand des Hauses, die Höhe der aktuellen sowie der
künftig zu erwartenden Sanierungskosten, die ansonsten aufzubringenden Kosten für Unterkunft und Heizung o. ä.).
d. Unter Anlegung dieser Maßstäbe sind nach Dafürhalten des Senats die Kosten für eine Sanierung der obersten
acht Schichten des Schornsteinkopfs erstattungsfähig i.S.v. § 22 Abs. 1 SGB II, notwendig und auch angemessen.
Nach der Schilderung des Bezirksschornsteinfegermeisters S. stellen die acht obersten Ziegelschichten keinen festen
Verbund mehr dar, sie werden nicht mehr durch den Mörtel zusammengehalten und der Schornsteinkopf treibt oben
auseinander. Insoweit ist es als Instandsetzungsarbeit erforderlich, diese acht Lagen so zu sanieren, dass eine
Gefährdung durch herabstürzende Ziegelsteine in den Kamin oder auf das Dach des Anwesens ausgeschlossen ist.
Nicht erforderlich sind die nach Meinung des Antragstellers für wirtschaftlich sinnvoll erachteten Sanierungsarbeiten
ab der 16. bzw. 17. Schicht des Schornsteins, beginnend unterhalb der Dachhaut. Zwar ist dem Antragsteller
zuzugeben, dass eine "Komplettsanierung" auf lange Sicht sinnvoller wäre. Für die Funktion des Schornsteins und die
Beseitigung des Gefährdungspotenzials ist dies jedoch nicht erforderlich. Eine Gefährdung geht nach den
Feststellungen des Bezirksschornsteinfegermeisters S. nur von den obersten acht Steinschichten aus. Soweit die von
dem Antragsteller mit der Erstellung von Kostenvoranschlägen betrauten Handwerker - teilweise wortgleich - gegen
eine Teilsanierung stimmen, ist dies unbeachtlich, da "Notwendigkeit" einer Sanierung im obigen Sinne nicht identisch
ist mit langfristiger Wirtschaftlichkeit. Aus den Argumenten der Handwerker lässt sich auch nicht ableiten, dass eine
teilweise Sanierung des Schornsteins z.B. aus statischen Gründen ausgeschlossen wäre. Gleichfalls wird die
Überlegung der Firma J. Bo. im Schreiben vom 27. September 2009, es könne bei einem schadhaften Schornstein
unterhalb des Dachs zu einer Gesundheitsgefährdung durch Abgase im Speicherraum kommen, nicht durch
Tatsachen belegt. Es handelt sich um eine reine Mutmaßung, so dass der Senat nicht der Frage nachzugehen hatte,
ob der Speicherraum überhaupt zu Wohnzwecken genutzt wird.
Dem entsprechend kommt den bislang vom Antragsteller vorgelegten Kostenvoranschlägen keine Bedeutung zu.
Diese beinhalten nämlich ein Abtragen des Schornsteins bis ca. 50 bzw. 60 cm unter das Dach mit entsprechend
aufwendiger Dachöffnung. Gleichfalls nicht erforderlich ist es, eine neue Schornsteinhaube aus Edelstahl bzw. Kupfer
zu montieren. Falls vorhanden und noch nutzbar, kann die bisher verwendet Haube wiederverwendet werden. Falls
eine Schornsteinhaube bislang gar nicht vorhanden war, geht von diesem Zustand offenkundig keine wesentliche
Funktionsbeeinträchtigung des Schornsteins aus. Dann ist es auch nicht notwendig, nun eine solche Haube
aufzusetzen. Denn auch der Bezirksschornsteinfegermeister S. hat in seinen Schreiben keine Angaben zur
Notwendigkeit einer neuen Haube gemacht. Das gleiche gilt für die in den Kostenvoranschlägen vorgesehene
Einschalung des Schornsteinendes mit Beton.
Soweit der Antragsteller sich auf das Angebot der Firma J. Bote vom 27. November 2009 bezieht und insoweit meint,
die Kosten für eine Sanierung von acht Steinschichten seien nur unwesentlich geringer, folgt der Senat dieser
Auffassung nicht. Aus dem Angebot lässt sich eindeutig erkennen, dass lediglich das ursprüngliche Angebot von 16
Schichten auf acht Schichten geändert und im Übrigen alle sonstigen Posten unverändert beibehalten wurden. Da
jedoch bei einer Sanierung von acht Ziegelschichten eine Dachöffnung nicht erforderlich ist, kommt diesem Angebot
insoweit keine Bedeutung zu.
Der Senat hält die begehrte Schornsteinkopfsanierung in dem genannten Umfang im Rahmen der hier
vorzunehmenden vorläufigen Würdigung auch für angemessen i.S.v. § 22 Abs. 1 SGB II. Es dürfte sich hier um einen
Kostenaufwand handeln, der deutlich unter den bisher vorgelegten Kostenvoranschlägen liegt (nur acht
Steinschichten, keine Dachöffnung, keine neue Schornsteinhaube, ggf. keine Betoneinfassung des
Schornsteinendes). Der Gesamtzustand des Hauses kann im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes nicht
ermittelt werden. Es bestehen aber keine Hinweise dafür, dass sich unmittelbar in näherer Zukunft weitere dringend
notwendige, kostenaufwendige Sanierungsarbeiten ergeben könnten, oder dass die Unbewohnbarkeit des Hauses
unmittelbar droht. Dazu hat auch die Antragsgegnerin keine konkreten Angaben gemacht. Darüber hinaus
berücksichtigt der Senat, dass die dem Antragsteller bislang gewährten Kosten der Unterkunft und Heizung deutlich
unter den Beträgen liegen, die ein alleinstehender Mieter als angemessene Miete erhalten könnte.
e. Die Kostenübernahmeverpflichtung der Antragsgegnerin ist verknüpft mit der Verpflichtung des Antragstellers,
vorab drei Kostenvoranschläge über den notwendigen Sanierungsaufwand im oben genannten Sinn vorzulegen. Dabei
ist zu beachten, dass die Antragsgegnerin nicht an die vorzulegenden Kostenvoranschläge gebunden ist. Vielmehr hat
sie die Möglichkeit, selbstständig die Höhe der für die Gefahrenbeseitigung und Sicherung der Funktion des
Schornsteins notwendigen Kosten zu ermitteln.
f. Die Leistungsbewilligung erfolgt im Rahmen eines Darlehens. Im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens
war nicht aufklärbar, ob die Grundstücke des Antragstellers mit einer Gesamtfläche von 1.874 qm
vermögensgeschützt im Sinne von § 12 Abs. 3 Ziff. 4 SGB II sind. Nach § 23 Abs. 5 SGB II sind Leistungen als
Darlehen zu erbringen, soweit den Hilfebedürftigen der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu
berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für sie eine besondere Härte bedeuten würde. Sollten Teile des
Grundstücks nicht angemessen sein, käme ggf. deren Verwertung in Betracht. In diesem Fall können die Leistungen
nur als Darlehen erbracht werden.
Sollten Teile der Grundstücke nicht als Vermögen zu berücksichtigen sein, wäre weiter zu prüfen, in welchem Umfang
der Antragsteller einen Anspruch auf eine Übernahme der Gesamtkosten hat. Möglich wäre ein Anspruch auf
einmaligen Zuschuss in dem Monat der Fälligkeit der Rechnung. Denkbar ist aber auch ein Anspruch auf Übernahme
der Kosten entsprechend der Differenz der bewilligten Kosten der Unterkunft und Heizung zu den für einen Ein-
Personen-Haushalt im örtlichen Bereich des Antragstellers maßgeblichen Kosten einer angemessenen Mietwohnung.
Aus diesen Gründen hat der Senat die Bewilligung eines Darlehens Zug um Zug mit der Verpflichtung des
Antragstellers, eine Rückzahlungsvereinbarung mit der Antragsgegnerin abzuschließen, verknüpft. Sollte die
Antragsgegnerin im Rahmen einer von ihr verlangten Rückzahlungsvereinbarung entsprechend der Regelung in § 23
Abs. 1 Satz 3 SGB II eine monatliche Aufrechnung i.H.v. bis zu 10% der zu zahlenden Regelleistung vorschlagen,
wird zu berücksichtigen sein, dass dem Antragsteller monatlich die Zahlung eines Betrags von 10,00 EUR zur Tilgung
des Straßenausbaubeitrags zugemutet wird (dazu B.).
B. Hinsichtlich des geltend gemachten Zuschusses für den von der Stadt Womirstedt geforderten
Straßenausbaubeitrag fehlt es nach Auffassung des Senats schon an einem Anordnungsgrund. Ausweislich des
Bescheids der Stadt W. vom 23. Oktober 2009 hat diese dem Antragsteller angeboten, den fälligen Betrag zinsfrei mit
monatlich 10,00 EUR für vier Jahre zu stunden. Nach Ablauf dieses Zeitraums ist ihm eine erneute Stundung der
Schlussrate in Aussicht gestellt worden.
Angesichts der im Bewilligungsbescheid der Antragsgegnerin vom 21. Oktober 2009 zu Grunde gelegten monatlichen
Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit bzw. aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 419,66 EUR/Monat geht
der Senat davon aus, dass dem Antragsteller die Aufbringung von 10,00 EUR/Monat zumutbar wäre. Nach ständiger
Rechtsprechung des Senats liegt regelmäßig keine Eilbedürftigkeit vor, wenn der Wert der geltend gemachten Summe
5% der Regelleistung nicht übersteigt (vgl. Beschluss vom 30. März 2009, L 5 B 121/08 AS ER). Hierbei handelt es
sich, ausgehend von der Regelleistung von 359,00 EUR, um einen Betrag von 17,95 EUR. Mit dem von dem
Antragsteller zumutbar einzusetzenden Betrag von monatlich 10,00 EUR könnte die angebotene Stundung des
Straßenausbaubeitrags erfolgen. Dann würden in den nächsten vier Jahren keine weiteren Forderungen seitens der
Stadt W. anfallen und drohten auch keine Zwangsvollstreckungsmaßnahmen. Gleichzeitig würde sich die Forderung
um die geleisteten Beträge reduzieren. Es ist dem Antragsteller zumutbar, dieses Stundungsangebot anzunehmen.
Hierbei hat der Senat auch berücksichtigt, dass dem derzeitigen Einkommen in Höhe von 419,66 EUR erhebliche
Freibeträge gegenüber stehen, weshalb das soziokulturelle Existenzminimum i.H.d. Regelleistung nicht tangiert wird.
Mangels eines Anordnungsgrunds kann daher offen bleiben, ob der von dem Antragsteller geforderten Übernahme des
Straßenausbaubeitrags als Zuschuss ein Anordnungsanspruch zur Seite steht.
C. Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 193 SGG. Dabei hat der Senat
berücksichtigt, dass der Antragsteller nur in einem geringen Maße mit seinem Begehren erfolgreich gewesen ist.
Der Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).