Urteil des LSG Sachsen vom 07.06.2001

LSG Fss: tschechische republik, auskunft, wartezeit, fahrschule, ausbildung, erfüllung, militärdienst, barvergütung, unterhalt, versicherter

Sächsisches Landessozialgericht
Urteil vom 07.06.2001 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Leipzig S 12 RJ 957/97
Sächsisches Landessozialgericht L 5 RJ 105/00
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Leipzig vom 07. Januar 2000 wird
zurückgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. III. Die
Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Möglichkeit der Zahlung freiwilliger Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung
sowie über die Berücksichtigung der Zeit vom 01. Januar 1941 bis zum 03. Februar 1941 bzw. bis zum 18. Juni 1949
und die Gewährung einer Altersrente.
Der am ... 1921 in H ..., Tschechische Republik, geborene Kläger ist deutscher Staatsangehöriger und befand sich
vom 01. Januar 1941 bis zum 03. Februar 1941 zur Ausbildung in der Reit- und Fahrschule W ... (bei L ...). Am 04.
Februar 1941 wurde er zur deutschen Wehrmacht einberufen, geriet am 03. Februar 1943 in russische
Gefangenschaft, aus der er am 18. Juni 1949 zurückkehrte.
Nach Abweisung eines Antrages auf Zahlung von Altersruhegeld durch die Landesversicherungsanstalt Rheinprovinz
mit bestandskräftigem Bescheid vom 24. Februar 1992 beantragte der Kläger mit Schreiben vom 22. Oktober 1995 bei
der vorbezeichneten Landesversicherungsanstalt die Zahlung eines freiwilligen Beitrages nach dem Sechsten Buch
Sozialgesetzbuch (SGB VI) zur Berücksichtigung seiner Militärdienst-/Kriegsgefangenschaftszeit. Diesen Antrag
lehnte die Landesversicherungsanstalt Rheinprovinz mit Bescheid vom 13. Februar 1996 ab. Nach § 7 Abs. 2 SGB VI
in Verbindung mit § 5 Abs. 3 SGB VI sei die Zahlung freiwilliger Beiträge zur deutschen Rentenversicherung unter
anderem deshalb ausgeschlossen, weil bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres eine Versicherung in der deutschen
Rentenversicherung nicht bestanden habe. In dem Widerspruchsschreiben vom 16. Juli 1996 bekundete der Kläger,
sämtliche Dokumente über seine Tätigkeit und Versicherung bei der Reit- und Fahrschule bei seiner Einberufung zur
deutschen Wehrmacht bei der Führung dieser Schule hinterlassen zu haben. Nach seiner Entlassung aus der
Kriegsgefangenschaft im Jahr 1949 habe er nach diesen Dokumenten erfolglos gefahndet. Nach Abgabe des
Verfahrens an die zuständige Landesversicherungsanstalt Sachsen teilte diese dem Kläger mit, für die Zeit vom 01.
Januar 1941 bis zum 03. Februar 1941 seien im Quittungskartenarchiv der LVA Sachsen keine Versicherungskarten
vorhanden. Mit Schreiben vom 08. Mai 1997 reichte der Kläger eidesstattliche Versicherungen der Herren Karel Kittel,
Ernst Schaffran und Karel Horak, welche bestätigen, dass der Kläger in der Zeit vom 01. Januar 1941 bis zum 03.
Februar 1941 an der Ausbildung in der Reit- und Fahrschule W ... (gemeint wohl W ...) teilgenommen habe, ein.
Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch mit Bescheid vom 20. Juni 1997 zurück. Ein Anspruch auf Anerkennung
einer Ersatzzeit von 1941 bis 1949 wegen Militärdienst und Gefangenschaft im Rahmen einer Regelaltersrente gemäß
§ 35 SGB VI bestehe nicht. Zwar habe der Kläger das 65. Lebensjahr vollendet, erfülle jedoch nicht die nach § 50
Abs. 1 Satz 1 SGB VI erforderliche allgemeine Wartezeit von fünf Jahren. Die Ersatzzeit vom 04. Februar 1941 bis
zum 19. Juni 1949 im Sinne des § 250 Abs. 1 Ziffer 1 SGB VI könne, mangels eines nachgewiesenen Pflichtbeitrages
oder freiwilligen Beitrages zur Rentenversicherung in der Zeit vom 01. Januar 1941 bis zum 03. Februar 1941, hierzu
nicht berücksichtigt werden. Eine Beitragsentrichtung zur gesetzlichen Rentenversicherung sei gemäß § 286a Abs. 1
SGB VI auch nicht überwiegend wahrscheinlich, da die drei Zeugen mangels eigenen Erlebens keine Aussage über
eine tatsächliche Beitragsentrichtung hätten treffen können.
In der Klage vom 19. September 1997 wies der Kläger darauf hin, er habe vom 01. Januar 1941 bis zum 03. Februar
1941 privat, auf Kosten seiner Eltern, an der Ausbildung in der Reit- und Fahrschule W ... (W ...) teilgenommen, wo er
auch pflichtversichert worden sei.
Das Sozialgericht Leipzig hat Auskünfte der Gemeinden R ... und W ... sowie des Sächsischen Staatsarchives
Leipzig, welche insgesamt ergebnislos verliefen (Bl. 44, 46,55 SG-Akte), eingeholt und die Klage mit
Gerichtsbescheid vom 07. Januar 2000 abgewiesen. Der Kläger sei nicht Versicherter im Sinne der deutschen
Rentenversicherung, da weder ein Pflichtbeitrag, noch ein freiwilliger Beitrag entrichtet worden sei. Ein Nachweis der
Beitragszahlung habe nicht erbracht werden können. Des Weiteren sei die Entrichtung von Beiträgen zur gesetzlichen
Rentenversicherung gemäß § 286a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in Verbindung mit § 23 Zehntes Buch
Sozialgesetzbuch (SGB X) nach den vorliegenden eidesstattlichen Versicherungen nicht überwiegend wahrscheinlich.
Daher komme eine Anrechnung von Ersatzzeiten gemäß § 250 SGB VI zur Erfüllung der allgemeinen Wartezeit für
eine Regelaltersrente nach § 35 SGB VI nicht in Betracht. Mangels der Erfüllung der allgemeinen Wartezeit seien
auch die Voraussetzungen zur freiwilligen Versicherung nach § 1233 Rentenverordnung (RVO), § 7 Abs. 1 und 2 SGB
VI nicht erfüllt.
Der Kläger macht mit der hiergegen am 12. April 2000 bei dem Sächsischen Landessozialgericht fristgemäß
eingelegten Berufung geltend, das Gericht habe die damaligen Umstände und seine "Blitzeinberufung" zur Wehrmacht
nicht berücksichtigt. Die Auskunft des Sächsischen Staatsarchives Leipzig sei nicht berücksichtigt worden.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Leipzig vom 07. Januar 2000 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung
des Bescheides vom 13. Februar 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 1997 zu verurteilen,
die Zahlung freiwilliger Beiträge zur deutschen Rentenversicherung zuzulassen, die Zeit vom 01. Januar 1941 bis zum
03. Februar 1941 als versicherungspflichtige Zeit anzuerkennen und ihm eine Regelaltersrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die ihrer Auffassung nach zutreffenden Ausführungen im erstinstanzlichen Verfahren und im
Gerichtsbescheid.
Der Senat hat hinsichtlich der Tätigkeit des Klägers vom 01. Januar 1941 bis zum 03. Februar 1941 eine Auskunft der
Bundesversicherungsanstalt für Angestellte eingeholt.
Zum Gegenstand der Verhandlung gemacht wurden die Leistungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider
Instanzen. Im Übrigen wird auf den gesamten Akteninhalt, insbesondere den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten,
Bezug genommen und verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten sich damit einverstanden
erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Die Berufung ist unbegründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht Leipzig (SG) die Klage abgewiesen, weil dem Kläger weder ein Anspruch auf die
Gewährung einer Regelaltersrente, noch auf die Berücksichtigung der Zeit vom 01. Januar 1941 bis zum 03. Februar
1941 oder auf Zahlung freiwilliger Beiträge zur deutschen Rentenversicherung zusteht.
Der Kläger erfüllt die für einen Anspruch auf eine Regelaltersrente gemäß § 35 Ziffer 2 Sechstes Buch
Sozialgesetzbuch (SGB VI) erforderliche allgemeine Wartezeit von fünf Jahren (§§ 50 Abs. 1 Ziffer 1, 51 Abs. 1 und 4
SGB VI) nicht, da weder die Entrichtung eines Pflichtbeitrages noch eines freiwilligen Beitrages zur deutschen
Rentenversicherung nachgewiesen oder glaubhaft gemacht worden ist (§§ 54, 55, 248 Abs. 3, 286a Abs. 1 SGB VI).
Aus diesem Grunde kommen eine Anrechnung von Ersatzzeiten gemäß § 250 SGB VI (Januar 1941 bis Juni 1949)
auf die allgemeine Wartezeit und die Entrichtung von freiwilligen Beiträgen zur Rentenversicherung nicht in Betracht.
Der Senat schließt sich nach Überprüfung den entsprechenden Ausführungen des SG vollumfänglich an und nimmt
zur Vermeidung von Wiederholungen darauf Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).
Soweit der Kläger behauptet, die Auskunft des Sächsischen Staatsarchives sei erstinstanzlich nicht berücksichtigt
worden, greift dieser Einwand nicht durch. Die dieser Auskunft beigefügten Anlagen betreffen nicht den Kläger und
enthalten keine Aussage darüber, ob Teilnehmer zur Qualifizierung als Instrukteur und Reitlehrmeister 1941 der
gesetzlichen Rentenversicherungspflicht unterlegen haben. Die im Berufungsverfahren eingeholte Auskunft der
Bundesversicherungsanstalt für Angestellte zum Nachweis einer Beitragsentrichtung verlief ergebnislos, da auch dort
keine Quittungskarten vorhanden sind. Eine Berücksichtigung der (Lehr-)Ausbildungszeit von Januar 1941 bis zum 03.
Februar 1941 in der Reit- und Fahrschule W ... kann auch deshalb nicht erfolgen, weil nach §§ 1226 Ziffer 4, 160
Reichsversicherungsordnung (RVO) bis zum 29. Juni 1942 Versicherungspflicht von Lehrlingen nur bestanden hat,
wenn eine Barvergütung mindestens in Höhe von 1/3 des Ortslohnes oder in Höhe von 1/6 des Ortslohnes und freier
Unterhalt gewährt wurde. Dass der Kläger in der vorbenannten Zeit eine Barvergütung erhalten hat, ist nicht behauptet
worden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen für die Zulassung nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG
nicht vorliegen.