Urteil des LSG Sachsen vom 06.09.2010

LSG Fss: vorläufiger rechtsschutz, berufliche ausbildung, behinderter, zuschuss, behinderung, internat, härtefall, eltern, heizung, erwerbsfähiger

Sächsisches Landessozialgericht
Beschluss vom 06.09.2010 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Leipzig S 15 AS 2227/08 ER
Sächsisches Landessozialgericht L 7 B 633/08 AS-ER
I. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird die Kostenentscheidung in Ziffer II des Beschlusses des
Sozialgerichts Leipzig vom 6. August 2008 geändert und der Antragsgegner verpflichtet, 60 vom Hundert der
außergerichtlichen Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens zu erstatten. Im Übrigen wird die Beschwerde
zurückgewiesen.
II. Der Antragsgegner hat dem Antragsteller dessen außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Leistungen nach den Vorschriften des Zweiten Buches
Sozialgesetzbuch (SGB II) ab 01.02.2008.
Der 1987 geborene Antragsteller und Beschwerdegegner (im Folgenden: Antragsteller) leidet an Epilepsie. Seine
Eltern sind geschieden; zuletzt lebte er bei seiner Mutter. Seit 2003 wurde die Familie vom Jugend- und Sozialamt
des damaligen Muldentalkreises betreut. Ab Mai 2003 war der Antragsteller stationär erst in einem Kinderheim
untergebracht, dann zur Behandlung im P ...krankenhaus und im Epilepsiezentrum R ... Das zuständige
Versorgungsamt stellte mit Bescheid vom 08.12.2004 wegen Anfallsleiden und Lernbehinderung mit
Verhaltensauffälligkeit einen Grad der Behinderung von 50 (ohne Merkzeichen) fest. Erstmals stellte der Antragsteller
am 08.02.2005 einen Antrag auf SGB II-Leistungen, da sein Anspruch auf Arbeitslosengeld am 28.02.2005 endete.
Da eine Fremdunterbringung des Jugendlichen unbedingt erforderlich war, wurde dem Antragsteller mit Bescheid des
damaligen Landratsamtes Muldenalkreis vom 04.04.2005 Hilfe für junge Volljährige gemäß § 41 Achtes Buch
Sozialgesetzbuch (SGB VIII) gewährt und er wohnte sodann ab 11.04.2005 für zwei Jahre in der
psychotherapeutischen Wohnstätte des D. Werkes in C ... Als Kostenbeitrag wurde der Kindergeldanspruch an das
Sozialamt abgezweigt. Daraufhin stellte der Antragsgegner und Beschwerdeführer (im Folgenden: Antragsgegner) die
zunächst gewährten Leistungen an den Antragsteller ein. Hinsichtlich der Gesundheits- und Vermögenssorge, der
Aufenthaltsbestimmung sowie Behörden- und Wohnungsangelegenheiten steht der Antragsteller seit Juni 2005 unter
Betreuung.
Am 23.07.2007 beantragte die Betreuerin beim Antragsgegner Leistungen zur Grundsicherung des Lebensunterhalts
für den Antragstellers ab 01.08.2007 sowie Wohngeld, Abzweigung des Kindergeldes an ihn und
Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) bei den dafür zuständigen Trägern, weil die Hilfe durch das Jugendamt zum
31.07.2007 ende und der Antragsteller nach wie vor wegen der häuslichen Konflikte nicht bei seinen Eltern wohnen
könne. Um ihn bei seinem Bemühen um Selbständigkeit zu unterstützen und dennoch flankierende Hilfe zu gewähren,
sei ein Untermietverhältnis gefunden worden. Für sein Zimmer und die Mitbenutzung der übrigen Wohnräume habe er
ab August 2007 113,22 EUR Grundmiete und eine Betriebskostenvorauszahlung in Höhe von 81,19 EUR, insgesamt
194,41 EUR zu zahlen; außerdem benötige er eine Erstausstattung. Ab 03.09.2007 beginne er eine zweijährige
Ausbildung beim D ...Werk in B ... Sie legte ein Schreiben des Landratsamtes Muldentalkreis vom 25.04.2007 vor,
wonach aus sozialpädagogischer und sozialpsychologischer Sicht eine Rückkehr des Antragstellers in den elterlichen
Haushalt ausgeschlossen werden müsse. Er erscheine aufgrund erneuter Begutachtung ausbildungsfähig und erhalte
die Möglichkeit eine Teillehre zu absolvieren. Da er während dieser Zeit in einem eigenen Haushalt leben könne, seien
die Chancen auf einen Abschluss der Lehre besser als in der Einrichtung, da er aufgrund Familienanschlusses
entsprechende Unterstützung und wenn nötig auch Motivation erhalten werde. Die D -Werk GmbH S. bestätigte am
12.09.2007, dass der Antragsteller seit 03.09.2007 an einer Maßnahme nach § 19 SGB III i.V.m. § 2 SGB IX
teilnehme; die Berufsausbildung zum Raumausstatterwerker werde voraussichtlich bis 02.09.2010 dauern.
Am 16.11.2007 legte die Betreuerin den Bescheid der Bundesagentur für Arbeit (BA) – Agentur für Arbeit Oschatz
vom 29.10.2007 über die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gemäß §§ 97 ff SGB III i.V.m. §
33 und §§ 44ff Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) vor. Danach erhielt der Antragsteller von 03.09.2007 an
monatlich 93,00 EUR Ausbildungsgeld gemäß § 105 Abs. 1 Nr. 2 SGB III sowie die Lehrgangkosten, die direkt an den
Träger der Maßnahme überwiesen werden. Es gebe keinen gesonderten Bescheid über die Ablehnung der Gewährung
von BAB. Laut Aktenvermerk (Bl. 127 der Verwaltungsakte) teilte die Bearbeiterin der Agentur für Arbeit auf
telefonische Nachfrage mit, dass wenn der Antragsteller Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben beziehe, er keinen
Anspruch auf BAB oder BAföG habe.
Mit Bescheid vom 19.11.2007 bewilligte der Antragsgegner 230,00 EUR für die Erstausstattung des Zimmers und mit
Bescheid vom 20.11.2007 monatliche Leistungen von 01.08.2007 bis 31.01.2008 in unterschiedlicher Höhe
einschließlich eines Mehrbedarfs nach § 21 SGB II und Kosten der Unterkunft in Höhe von monatlich 194,41 EUR, die
direkt an die Vermieterin gezahlt wurden.
Den Weitergewährungsantrag vom 20.12.2007 lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 28.01.2008 ab, weil der
Antragsteller einer Ausbildung mit Erhalt von Ausbildungsgeld nachgehe, die gemäß §§ 104 ff SGB III gefördert
werde. Aufgrund dessen bestehe dem Grunde nach Anspruch auf Leistungen nach dem
Bundesausbildungsförderungsgesetz und demnach gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II kein Anspruch auf Leistungen
zur Sicherung des Lebensunterhalts.
Dagegen wandte sich die Betreuerin des Antragstellers in dessen Namen mit Widerspruch vom 04.02.2008, weil dies
§ 104 Abs. 2 SGB III widerspreche. Maßgeblicher Grund für die Ablehnung von BAB und für die Gewährung von
Ausbildungsgeld sei die gesundheitliche Einstufung der jeweiligen Person. Nach Begutachtung durch den
medizinischen Dienst der Agentur für Arbeit sei der Antragsteller nicht BAB-förderfähig und damit auf Leistungen nach
dem SGB II angewiesen. Das Gutachten könne im Wege der Amtshilfe dort abgefordert werden. Seit Januar sei der
Antragsteller nicht mehr in der Lage, seine Miete zu bezahlen.
Den Widerspruch wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 16.05.2008 zurück. Der Antragsteller
absolviere ein nach § 60 Abs. 1 SGB III förderfähige Ausbildung, weil es sich beim Raumausstatterwerker um einen
staatlich anerkannten Ausbildungsberuf handele. Dem stehe nicht entgegen, dass er hierfür von der Agentur für Arbeit
Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erhalte. Nach § 98 Abs. 1 i.V.m. § 100 Nr. 5 SGB III gehörten dazu auch die
Leistungen zur Förderung der Berufsausbildung, wozu die in § 60 SGB III geregelte Ausbildung zähle. Dem
Ausschluss nach § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II stehe nicht Abs. 6 entgegen, weil der Antragsteller außerhalb des
Haushalts der Eltern wohne und in einem Internat untergebracht sei. Auch ein Härtefall i.S.d. § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB
II liege nicht vor, weil das Arbeitslosengeld II nicht allein zur Aufstockung vorrangiger Leistungen nach BAföG oder
SGB III herangezogen werden solle. Der Antragsteller könne schließlich auch keinen Zuschuss nach § 22 Abs. 7
SGB II beanspruchen, da er kein Ausbildungsgeld nach dieser Vorschrift erhalte; § 105 Abs. 1 Nr. 2 SGB III sei dort
gerade nicht aufgeführt.
Gegen den am 16.05.2008 abgesandten Widerspruchsbescheid hat der Antragsteller am 18.06.2008 Klage beim
Sozialgericht Leipzig erhoben (S 15 AS 2237/08), über die noch nicht entschieden ist. Gleichzeitig hat er die
Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beantragt, weil die Betreuerin nicht mehr wisse, wie sie die Finanzierung
des Lebensunterhalts des psychisch kranken Antragstellers sicherstellen solle. Der Erfolg der Ausbildung sei durch
die Versagung der Leistungen in Gefahr. Der Antragsteller benötige Rückzugsräume. Im Internat seien
Wochenendheimfahrten vorgeschrieben und auch der soziale Dienst befürworte den Aufenthalt des Antragstellers bei
der Familie X. Dem ist der Antragsgegner entgegen getreten: zum einen bestehe kein Anordnungsgrund für Zeiten vor
Antragstellung im Eilrechtsschutzverfahren, zum anderen bestehe aufgrund § 7 Abs. 5 SGB II kein Anspruch, was
durch die Entscheidung des Sächsischen Landessozialgerichts vom 16.07.2007 – L 3 B 381/06 AS-ER gestützt
werde.
Mit Beschluss vom 06.08.2008 hat das Sozialgericht den Antragsgegner verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig –
unter dem Vorbehalt der Rückzahlung – vom 18.06.2008 bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache,
längstens aber bis zum 18.12.2008 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 129,76 EUR für Juni
2008 und in Höhe von 328,41 EUR pro Monat für die Folgemonate zu gewähren. Ein Anspruchsausschluss liege nicht
vor, denn es sei entgegen der Entscheidung des Sächsischen Landessozialgerichts vom 16.07.2007 – L 3 B 381/06
AS-ER nicht ausreichend, dass die Leistungen zur Förderung der beruflichen Ausbildung gemäß §§ 60-62 SGB III
auch nach §§ 97ff. SGB III gewährt werden könnten. Lägen die Voraussetzungen für die Bewilligung besonderer
Leistungen nach §§102ff. SGB III vor, weil es sich um einen behinderten Menschen handele, so verdrängten diese
speziellen Regelungen die allgemeinen. Nach § 102 Abs. 1 Satz 1 SGB III seien die besonderen Leistungen anstelle
der allgemeinen Leistungen zu gewähren. Der Gesetzgeber hätte einen Anspruchsausschluss auch für diese
ausdrücklich klarstellen müssen. § 7 Abs. 5 SGB II sei als Ansprüche ausschließende Norm eng auszulegen. Der
Antragsteller entspreche dem Leitbild des Gesetzgebers von einem jungen, anpassungsfähigen und belastbaren
Auszubildenden, der sich etwas hinzuverdienen könne keineswegs, da er durch zusätzliche Belastungen gänzlich
überfordert wäre. Es handele sich auch nicht um vom Ausschluss des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II erfasste Leistungen
sondern um einen Bedarf, der aus besonderen behinderungsbedingten Umständen beruhe, die von der Ausbildung
unabhängig seien. Dieser zusätzliche Bedarf umfasse den nach Abzug von Kindergeld in Höhe von 154,00 EUR
abzüglich Versicherungspauschale von 30,00 EUR nebst Ausbildungsgeld von 93,00 EUR verbleibenden Regelbedarf.
Das Ausbildungsgeld sei so bemessen, dass Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung nicht berücksichtigt
seien. Damit sei lediglich der Aufenthalt im Internat abgedeckt, nicht die Kosten des Aufenthalts am Wohnort an den
Wochenenden und in den Ferien. So errechne sich ein monatlicher Bedarf von (351 217+194,41 EUR=) 328,41 EUR.
Hinsichtlich des vor der Antragstellung liegenden Zeitraums bestehe ein Anordnungsgrund nicht.
Gegen den am 11.08.2008 zugestellten Beschluss richtet sich die am 09.09.2008 eingegangene Beschwerde des
Antragsgegners. Zur Begründung trägt er vor, dem Anordnungsanspruch stehe § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II entgegen.
Dieser Leistungsausschluss betreffe auch Bezieher von Ausbildungsgeld, da nach § 104 Abs. 2 SGB III für
Ausbildungsgeld die Vorschriften über die BAB entsprechend gälten. Dies ergebe sich auch aus der Neuregelung in §
22 Abs. 7 SGB II, von dessen Wortlaut auch die Bezieher von Ausbildungsgeld erfasst würden, so die
Gesetzbegründung (BT-DRs. 16/1410 S. 24). Ebenfalls von Ausschluss umfasst sei der Mehrbedarf nach § 21 Abs. 4
SGB II; ein Zuschuss nach § 22 Abs. 7 SGB II komme auch nicht in Betracht. Sofern der Antragsteller die Wohnung
in S. tatsächlich benötige, habe er einen Anspruch auf Wohngeld. Bei der Kostengrundentscheidung hätte es
zumindest einer Kostenquote bedurft, da Leistungen ab 01.02.2008 begehrt waren.
Der Antragsgegner beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Leipzig vom 06.08.2008 aufzuheben und den Antrag abzulehnen.
Der Antragsteller hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend und beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten
und der beigezogenen Verwaltungsakte des Antragsgegners (Bl. 1-183) verwiesen.
II.
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts Leipzig vom ist gemäß §§ 172 Abs. 1
und 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig, aber unbegründet. Der Beschluss des Sozialgerichts ist im
Ergebnis nicht zu beanstanden.
Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG können die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit auf Antrag schon vor Klageerhebung
(§ 86b Abs. 3 SGG) eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht,
dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt
oder wesentlich erschwert werden könnte. Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen auch zur
Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung zur
Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dazu sind gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2
Zivilprozessordnung (ZPO) sowohl der geltend gemachte materielle Rechtsanspruch (Anordnungsanspruch) als auch
der Grund, weshalb die Anordnung so dringlich ist, dass dieser Anspruch vorläufig bis zur Entscheidung in der
Hauptsache gesichert oder geregelt werden muss (Anordnungsgrund), glaubhaft zu machen.
Ein Anordnungsanspruch ist gegeben, wenn nach summarischer Prüfung eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür
spricht, dass dem Antragsteller ein Rechtsanspruch auf die begehrte Leistung zusteht und er deshalb im
Hauptsacheverfahren mit seinem Begehren Erfolg haben würde. Die summarische Prüfung kann sich insbesondere
bei schwierigen Fragen auch auf Rechtsfragen beziehen (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., §
86b RdNr. 16c), wobei dann die Interessen- und Folgenabwägung stärkeres Gewicht gewinnt (Binder in Hk-SGG, 2.
Aufl. 2006, § 86b RdNr. 42). Ein Anordnungsgrund liegt vor, wenn sich aus den glaubhaft gemachten Tatsachen
ergibt, dass es die individuelle Interessenlage des Antragstellers unter Umständen auch unter Berücksichtigung der
Interessen des Antragsgegners, der Allgemeinheit oder unmittelbar betroffener Dritter unzumutbar erscheinen lässt,
ihn zur Durchsetzung seines Anspruchs auf das Hauptsacheverfahren zu verweisen (Finkelnburg/Jank, Vorläufiger
Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 4. Aufl. 1998, RdNr. 154-156 m.w.N.; ähnlich: Krodel, NZS 2002, 234
ff.).
Daran gemessen ist der Beschluss des Sozialgerichts im Ergebnis nicht zu beanstanden. Insbesondere bestehen
auch seitens des Senats Zweifel, ob der Antragsteller wegen des Bezuges von Ausbildungsgeld von Leistungen nach
dem SGB II ausgeschlossen ist.
Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II (in der ab 01.01.2008 gültigen Fassung des RV-Alters¬gren¬zenanpassungsgesetzes
vom 20.04.2007, BGBl. I S. 554, und des 22. Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes vom
23.12.2007, BGBl. I S. 3254) erhalten diejenigen Personen Leistungen nach dem SGB II, die das 15., nicht aber das
65. Lebensjahr vollendet haben, erwerbsfähig und hilfebedürftig sind sowie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der
Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Hilfebedürftige). Zu den zu gewährenden Leistungen gehören als
Arbeitslosengeld II insbesondere die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der
angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung (§ 19 Satz 1 Nr. 1 SGB II). Nach § 8 Abs 1 SGB II ist derjenige
erwerbsfähig, der nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit (gemeint ist "auf nicht absehbare Zeit";
vgl. Rixen, info also 2006, 153, 156) außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes mindestens
drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Dabei ist der rentenversicherungsrechtliche Begriff der Erwerbsfähigkeit mit
dem in § 8 Abs. 1 SGB II in Bezug genommenen grundsicherungsrechtlichen Begriff nicht völlig deckungsgleich (vgl.
BSG, Urteil vom 21.12.2009 - B 14 AS 42/08 R, RdNr. 16 m.w.N., zitiert nach Juris). Hilfebedürftig ist nach § 9 Abs. 1
SGB II, wer seinen Lebensunterhalt und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden
Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Mitteln oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder
Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern
anderer Sozialleistungen erhält. Gemäß § 7 SGB II erhalten nur erwerbsfähige Hilfebedürftige Leistungen nach dem
SGB II (vgl. BSG, Urteil vom 13.07.2010, - B 8 SO 14/09 R, RdNr. 13).
Dass der Antragsteller als erwerbsfähiger Hilfebedürftiger anzusehen ist, scheint zwischen den Beteiligten unstreitig
zu sein. Auf Grundlage der bisherigen aktenkundigen Feststellungen des Antragsgegners lässt sich dies allerdings
nicht abschließend beurteilen. Insbesondere liegt das vom ärztlichen Dienst der Agentur für Arbeit gefertigte
Gutachten zur Förder- und Ausbildungsfähigkeit nicht vor, das ggf. Aufschluss darüber geben könnte, ob der
Antragsteller im relevanten zeitlichen Umfang von mehr als drei Stunden täglich, eine Tätigkeit entsprechend dem
positiven und dem negativen Leistungsbild auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausüben kann (vgl. auch § 44a SGB II).
Die aus der Akte ersichtlichen Einschränkungen des Antragstellers (Anfallsleiden und Lernbehinderung mit
Verhaltenauffälligkeit, Suizidversuche) lassen weder in die eine (Erwerbsfähigkeit) noch in die andere Richtung
(Erwerbsunfähigkeit) eindeutige Rückschlüsse zu (vgl. auch Brühl in LPK-SGB II, 3. Aufl. 2009, § 8 RdNr. 6ff). Da der
Antragsteller in einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben gemäß §§ 97ff SGB III i.V.m. § 33 und § 44 SGB IX
gefördert wird, spricht zwar Einiges dafür, dass er erwerbsfähig i.S.d. § 8 Abs. 1 SGB II sein kann. Je nachdem, ob
der Antragsteller als erwerbsfähiger oder nicht erwerbfähiger Hilfebedürftiger einzuordnen ist, richten sich seine
Leistungsansprüche nach unterschiedlichen Vorschriften verbunden mit unterschiedlichen Zuständigkeiten. Diese
Unterscheidung ist nicht ohne Belang: fiele der Antragsteller als erwerbsfähiger (behinderter) Hilfebedürftiger
tatsächlich in das Leistungssystem des SGB II, hätte dies zur Folge, dass ihm ggf. Leistungen nach dem SGB III
gemäß § 16 Abs. 1 Satz 3 SGB II als Eingliederungsleistungen zu erbringen wären. Andernfalls wäre er auf
Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) angewiesen. Diese Feststellungen können und
müssen allerdings dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Wegen § 44a Abs. 1 Satz 3 SGB II ist vorläufig
von der Erwerbsfähigkeit des Antragstellers auszugehen.
Erst wenn feststeht, dass der Antragsteller Berechtigter i.S.d. § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II ist, stellt sich die Frage, ob er
als erwerbsfähiger behinderter Hilfebedürftiger allein wegen des Bezuges von Ausbildungsgeld nach § 104 SGB III (in
den hier maßgeblichen bis 29.12.2008 gültigen Fassung) für eine dem Grunde nach gemäß § 60 SGB III förderfähige
Ausbildung gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II vom Leistungsbezug ausgeschlossen sind. Der Senat hat Zweifel, ob die
Rechtsprechung des 3. Senats in dessen Beschluss vom 16.07.2007 – L 3 B 381/06 AS-ER, wonach es allein darauf
ankommt, ob die begonnene Ausbildung nach den §§ 60-62 SGB III gefördert werden kann, obwohl im Einzelfall die
Förderung tatsächlich nach §§ 97ff. SGB III erfolgt, aufrecht zu erhalten ist. Mit dem Vorrang der Eingliederung in
Arbeit als Grundvorstellung des Gesetzgebers wäre es nämlich nicht zu vereinbaren, behinderten Personen, die
(noch) imstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden
täglich erwerbstätig zu sein, die aber aufgrund ihrer Behinderung der Förderung nach §§ 97ff. SGB III bedürfen, von
Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur Eingliederung in Arbeit auszuschließen. Dieser Grundsatz
des Förderns steht hier in einem Widerstreit mit dem in § 7 Abs. 5 SGB II (und § 22 SGB XII) zugrunde gelegten
Prinzip, dass die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (nach SGB II wie nach SGB XII) weder verdeckt
noch zusätzlich der Ausbildungsförderung dienen sollen (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 17.03.2009 – B 14 AS 63/07 R,
RdNr. 26 m.w.N.).
Nach § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II haben Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des BAföG oder der §§ 60-62
SGB III dem Grunde nach förderungsfähig ist, keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.
Ein berufliche Ausbildung ist nach § 60 SGB II förderfähig, wenn sie in einem nach u.a. der Handwerksordnung (HwO)
staatlich anerkannten Ausbildungsberuf betrieblich oder außerbetrieblich durchgeführt wird und der dafür
vorgeschriebene Berufsausbildungsvertrag abgeschlossen worden ist. Beim Beruf des Raumausstatterwerkers
handelt es sich zwar um einen i.S.d. § 42m HwO bzw. § 66 Berufsbildungsgesetz anerkannten Ausbildungsberuf für
Menschen mit Behinderung. Die dreijährige Ausbildung, die durch die Vorschriften der Handwerkskammern geregelt
ist, wird außer in Betrieben des Raumausstatterhandwerks auch in Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation
durchgeführt (vgl. www.berufenet.de). Ob mit der D ...-Werk GmbH S ... ein Berufsausbildungsvertrag geschlossen
wurde, ist nicht ersichtlich.
Abweichend von § 7 Abs. 5 SGB II erhalten seit 01.08.2006 Auszubildende, die BAB oder Ausbildungsgeld nach dem
SGB III oder Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhalten und deren Bedarf sich u.a. nach §
65 Abs. 1, § 66 Abs. 3, § 101 Abs. 3, § 105 Abs. 1 Nr. 1, 4, § 106 Abs. 1 Nr. 2 SGB III bemisst, einen Zuschuss zu
ihren ungedeckten angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung i.S.d. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II (§ 22 Abs. 7
SGB II). Nach der Gesetzesbegründung zur Einführung des § 22 Abs. 7 SGB II soll damit Ausbildungsabbrüchen
vorgebeugt werden, die dadurch eintreten können, dass BAföG und BAB nur pauschaliert gewährt werden, so dass die
Leistungen für eine Existenzsicherung nicht ausreichen könnten und die Lernenden mit einem Zuschuss die
Möglichkeit erhielten, die Ausbildung vergleichbar unbelastet fortzuführen; in diesem Zusammenhang werden auch
Auszubildende angeführt, die Ausbildungsgeld nach dem SGB III beziehen, da diese gleichermaßen vom
Anspruchausschluss betroffen seien (vgl. BT-Drs. 16/1410, Buchst. d S. 24).
Es bestehen Bedenken, ob der Ausschluss der behinderten erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die Ausbildungsgeld
nach dem SGB III beziehen, von Leistungen nach dem SGB II vom Gesetzgeber tatsächlich beabsichtigt ist. Denn
ursprünglich waren auch die Leistungen zur Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben im 7. Abschnitt des SGB
III als Eingliederungsleistungen nach dem SGB II in § 16 Abs. 1 SGB II in der Fassung des Gesetzes vom
24.12.2003 (BGBl. I S. 2954) vorgesehen. In der Gesetzesbegründung zur Änderung infolge des kommunalen
Optionsgesetzes vom 30.07.2004 (BGBl. I S. 2014; BT-Drs. 15/2997 Zu Artikel 1 Nr. 9a, S. 24) heißt es im diesem
Zusammenhang:
"Die bislang in § 16 Abs. 1 enthaltene Verweisung auf bestimmte passive lebensunterhaltssichernde Leistungen
(Ausbildungsgeld) im Rahmen der Förderung der Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben ist nunmehr wieder
einheitlich im Leistungskatalog des Dritten Buches enthalten. Einheitlich im Leistungskatalog des Dritten Buches
verbleiben auch die Leistungen nach dem Fünften Abschnitt des Vierten Kapitels des Dritten Buches
(Berufsausbildungsbeihilfen), um wegen der Regelung des § 7 Abs. 5 des Zweiten Buches zu gewährleisten, dass
auch Leistungsberechtigte nach dem Zweiten Buch dem Grunde nach förderungsfähig entsprechend der Vorschriften
der §§ 60 bis 62 des Dritten Buches bleiben."
Dass die Empfänger von Ausbildungsgeld – wie die von BAB – auch dem Ausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II
unterfielen, wird dort nicht erwähnt. Der vom Gesetzgeber offenbar beabsichtigte Gleichlaut der jeweiligen Vorschriften
(vgl. Kruse in LPK-SGB III, § 22 RdNr. 15) kommt darin zum Ausdruck, dass § 22 Abs. 4 Satz 1 SGB III bestimmt,
dass im Einzelnen benannte (den jeweiligen Gesetzesfassungen entsprechende) Leistungen nach dem SGB III nicht
an oder für erwerbsfähige Hilfebedürftige im Sinne des SGB II erbracht werden. Dies betrifft insbesondere auch die
besonderen Leistungen zur Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben nach § 103 Nr. 1 und Nr. 3 SGB III. Das
Ausbildungsgeld nach § 103 Nr. 2 i.V.m. § 104 SGB III ist allerdings nicht genannt. Dies spricht dafür, dass
Ansprüche auf Ausbildungsgeld nach dem SGB III einerseits und Leistungen nach dem SGB II andererseits
grundsätzlich nebeneinander bestehen können. Auch sind gemäß § 16 Abs. 1 Satz 3 SGB II (in der von 01.01.2008
bis 31.12.2008 gültigen Fassung des Artikel 3d des Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch
u.a. vom 19.12.2007, BGBl. I S. 3024) Eingliederungsleistungen an erwerbsfähige behinderte Hilfebedürftige in
entsprechender Anwendung u.a. der §§ 97-99 SGB III zu erbringen, nicht jedoch Leistungen zur Förderung der
Berufsausbildung nach § 100 Nr. 3 i.V.m. §§ 59ff. SGB III. Dass Ausbildungsgeld nach § 104 SGB III nicht (mehr) als
Eingliederungsleistung nach dem SGB II erbracht werden soll, bedeutet indes nicht zwingend, dass der Anspruch
darauf zum Ausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II führt.
Demnach dürfte es – wie vom Sozialgericht zutreffend angenommen – auf eine vergleichende Betrachtung der in § 7
Abs. 5 Satz 1 SGB II ausgeschossenen Personengruppen mit den hier betroffenen behinderten erwerbsfähigen
Hilfebedürftigen ankommen. Die Gesichtspunkte, die für das Sozialgericht maßgeblich waren und die sich auch in der
Entscheidung des LSG Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 11.02.2008, - L 5 B 10/08 AS ER) finden, sind nicht von
der Hand zu weisen. Es liegen Anhaltspunkte dafür vor, es sich um eine reine Rechtsfolgenverweisung handeln
könnte, soweit § 104 Abs. 2 SGB III auf die Vorschriften über die BAB verweist, da die besonderen Leistungen (§ 103
SGB III) nach § 102 Abs. 1 Satz 1 SGB III anstelle der allgemeinen Leistungen zu erbringen sind. Die §§ 59ff. SGB
III sind nur entsprechend, nicht unmittelbar anzuwenden, weil die Besonderheiten der Förderung behinderter
Menschen zu berücksichtigen sind (vgl. Keller in NK-SGB III, § 104 RdNr. 13). Für das Ausbildungsgeld gelten daher
nicht nur andere Bedarfssätze und andere Einkommensgrenzen (§§ 105ff. SGB III), sondern es können gemäß § 102
Abs. 1 Satz 2 SGB III auch Aus- und Weiterbildungen außerhalb des Berufsbildungsgesetzes und der
Handwerksordnung als förderungsfähig angesehenen werden. Daher spricht viel dafür, dass diese spezielleren
Regelungen die allgemeinen verdrängen, wenn es sich – wie hier – um einen behinderten Menschen handelt und die
Voraussetzungen für die Gewährung von besonderen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach §§ 102ff. SGB III
vorliegen (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 11.02.2008, a.a.O., RdNr. 22: Ausbildungsgeld nach § 104
SGB II als aliud zur BAB). Jedenfalls bei erwerbsfähigen behinderten Hilfebedürftigen, die während einer Maßnahme
im Eingangsverfahren oder im Berufsbildungsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen Anspruch auf
Ausbildungsgeld haben (§ 104 Abs. 1 Nr. 2 SGB III), bestehen erhebliche Bedenken gegen einen Ausschluss nach §
7 Abs. 5 SGB II, weil diese Einrichtung als Ausbildungsstätte ausschließlich behinderten Menschen offen steht (vgl. §
102 Abs. 1 Satz 2 SGB III; § 39 i.V.m. §§ 136ff. SGB IX). Schließlich enthält die jüngste Rechtsprechung des BSG
(Urteil vom 23.03.2010 – B 8 SO 17/09 R), wonach das während der Teilnahme im Berufsbildungsbereich einer
Werkstatt für behinderte Menschen gezahlte Ausbildungsgeld wegen der besonderen sozialpolitischen Funktion des §
82 Abs. 3 SGB XII nicht als Einkommen zu berücksichtigen ist, Hinweise, dass allein die Förderfähigkeit der
konkreten Ausbildung bei behinderten Hilfebedürftigen nicht maßgeblich sein dürfte. Denn § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB XII
schließt unter denselben Voraussetzungen wie § 7 Abs. 5 SGB II die Ansprüche von Auszubildenden auf Leistungen
der Hilfe zum Lebensunterhalt und der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung aus. Ob der Bezug von
Ausbildungsgeld bzw. die abstrakte Förderfähigkeit einer Ausbildung grundsätzlich den Ausschluss von Leistungen
nach § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II nach sich ziehen, muss hier aber nicht entschieden werden.
Denn ein Anordnungsanspruch des Antragstellers jedenfalls für eine vorläufige Gewährung von Leistungen nach dem
SGB II ist auch nach Ansicht des Senats hinreichend glaubhaft. Falls der Antragsteller nicht nach § 7 Abs. 5 Satz 1
SGB II von Leistungen ausgeschlossen ist, wären seine Aufwendungen für das in Untermiete bewohnte Zimmer in S.
als Kosten der Unterkunft und Heizung i.S.d. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II als Zuschuss zu erbringen. Falls die
abschließende Prüfung in der Hauptsache ergäbe, dass der Antragsteller nach § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II keinen
Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts hat, wären Leistungen als Darlehen zu gewähren, weil in
seinem Fall ein besonderer Härtefall im Sinne des § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II vorliegt, zumal der Antragsteller nach §
22 Abs. 7 Satz 1 SGB II auch keinen Anspruch auf einen Zuschuss zu seinen ungedeckten Kosten für Unterkunft und
Heizung hätte, weil sich sein Bedarf nicht nach § 105 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 4 SGB III, sondern da er zumindest die
Woche über in einem Internat untergebracht ist nach § 105 Abs. 1 Nr. 2 SGB III bemisst.
Der Begriff der besonderen Härte unterliegt der vollen gerichtlichen Überprüfung (vgl. BSG, Urteil vom 06.09.2007 - B
14/7b AS 36/06 R). Entsprechend der Auslegung der Vorläuferregelung des § 26 Abs 1 Satz 2
Bundessozialhilfegesetz (BSHG) durch das Bundesverwaltungsgericht, der sich das Bundessozialgericht
angeschlossen hat (vgl. Urteil vom 30.09.2008 – B 4 AS 28/07 R), liegt ein "besonderer" Härtefall erst dann vor, wenn
im Einzelfall Umstände hinzutreten, die einen Ausschluss von der Ausbildungsförderung durch Hilfe zum
Lebensunterhalt auch mit Rücksicht auf den Gesetzeszweck als übermäßig hart, d.h. als unzumutbar oder in hohem
Maße unbillig erscheinen lassen (vgl. BSG, Urteil vom 30.09.2008, a.a.O., RdNr. 20). Allerdings muss auch im
Anwendungsbereich der Härtefallregelung des § 7 Abs 5 Satz 2 SGB II dem bereits in § 1 Abs 1 Satz 2 SGB II
verankerten Ziel der Grundsicherung, die erwerbstätigen Hilfebedürftigen bei der Aufnahme oder Beibehaltung einer
Erwerbstätigkeit zu unterstützen, hinreichend Rechnung getragen werden (vgl. auch BSG, Urteil vom 6.9.2007 - B
14/7b AS 36/06 R). Dasselbe gilt erst recht für erwerbstätige behinderte Hilfebedürftige, deren Förderung gerade
wegen der Behinderung erforderlich wird (vgl. Keller in NK-SGB III, § 97 RdNrn. 18 und 26).
Eine derartige Situation liegt beim Antragsteller vor: Der Antragsteller hat dadurch, dass er aus sozialpädagogischen
und sozialpsychologischen, letztlich aus gesundheitlichen Gründen während der Schließzeiten des Internats nicht bei
seinen Eltern wohnen kann, im Rahmen seines ausbildungsbedingten Bedarfs wegen der Untermiete besondere
Aufwendungen, die es ihm unmöglich machen, seinen Lebensunterhalt ohne zusätzliche Hilfe allein aus den
monatlichen Einkünften in Höhe von 93,00 EUR Ausbildungsgeld und dem Kindergeld in Höhe von 154,00 EUR zu
bestreiten. Es erscheint auch schwer möglich, ggf. unzumutbar, dass er seine Finanzen durch einen Hinzuverdienst
neben der Ausbildung aufbessern könnte. Nicht zugemutet werden kann ihm ein Abbruch der Ausbildung. Angesichts
seiner Einschränkungen ist seine Situation nicht vergleichbar mit der nicht behinderter Gleichaltriger. Der ungestörte
Fortgang der nun begonnenen, speziell auf seine Bedürfnisse ausgerichteten Ausbildung hat für den Antragsteller und
sein weiteres Leben eine noch größere Bedeutung als für andere junge Menschen. Nach alledem liegt ein besonderer
Härtefall vor, so dass die in das pflichtgemäße Ermessen des Antragsgegners gestellte Entscheidung nach § 7 Abs.
5 Satz 2 SGB II bei der im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung
sachgerecht nur in der Weise getroffen werden kann, dass dem Antragsteller Hilfe als Darlehen gewährt wird. Dies
entspricht der vom Sozialgericht formulierten vorläufigen Verpflichtung unter dem Vorbehalt der Rückzahlung.
Hinsichtlich der Höhe, in welcher dem Antragsteller monatlich Leistungen zustehen, bestehen keine Bedenken gegen
die vom Sozialgericht vorgenommene Berechnung. Insbesondere dürfte das Ausbildungsgeld als nicht
zweckbestimmte Einnahme anzurechnen sein (vgl. insoweit BSG, Urteil vom 23.03.2010, a.a.O., RdNr. 24). Ob dem
Antragsteller darüber hinaus ein Mehrbedarf § 21 Abs. 4 SGB II zusteht, ist nicht Gegenstand des
Beschwerdeverfahrens.
Die Kostenentscheidung des Sozialgerichts ist zu ändern, da keine Gründe mitgeteilt wurden, wieso das Gericht es
als billig und gerecht angesehen hat, den Antragsgegner zur Erstattung der gesamten außergerichtlichen Kosten der
erstinstanzlichen Eilverfahrens zu verpflichten. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die
Prozessbevollmächtigte des Antragstellers trotz richterlichen Hinweises im Erörterungstermin am 05.08.2008
vorläufige Leistungen ab 01.02.2008 beantragt hat, also ohne ihren schriftlich gestellten Antrag entsprechend
anzupassen. Folgerichtig hat das Sozialgericht die Gewährung von (vorläufigen) Leistungen vor dem 18.06.2008
abgelehnt. Dem Antragsgegner ist zuzugeben, dass ein Unterliegen in Bezug auf Leistungen für mehr als vier Monate
nicht mehr nur geringfügig und damit für die Kostenentscheidung unbeachtlich erscheint. Jedenfalls hätte es hierzu
einer gesonderten Begründung bedurft, da Anhaltspunkte, die eine volle Kostenerstattung sachgerecht erscheinen
lassen könnten, nicht ersichtlich sind. Vielmehr entspricht die Quote von 60 % dem Anteil des Antragsgegners am
Unterliegen. Die Kostenentscheidung im Beschwerdeverfahren beruht auf § 193 SGG in entsprechender Anwendung
und trägt dem Ausgang des Verfahrens Rechnung.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).