Urteil des LSG Sachsen vom 15.11.2010

LSG Fss: industrie, ddr, produktion, elektronische datenverarbeitung, bauwesen, verordnung, montage, zugehörigkeit, volkswirtschaft, realisierung

Sächsisches Landessozialgericht
Urteil vom 15.11.2010 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Leipzig S 3 R 1573/05
Sächsisches Landessozialgericht L 7 R 178/07
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 23. Januar 2007 aufgehoben und die
Klage abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte und Berufungsklägerin (im Folgenden: Beklagte) als
Versorgungsträger für das Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 1 zum Anspruchs- und
Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) verpflichtet ist, die Beschäftigungszeit des Klägers und
Berufungsbeklagten (im Folgenden: Kläger) vom 01.09.1982 bis zum 29.02.1988 beim VEB Robotron Anlagenbau als
weitere Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) und die in
dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Der am 27.04.1954 geborene Kläger absolvierte die Ingenieurschule für Anlagenbau G. Er war nach den Angaben in
seinem SV-Ausweis ab 01.09.1979 beim VEB Maschinen- und Apparatebau Sch , sodann vom 01.09.1982 bis zum
29.02.1988 als Projektierungsingenieur Klimatechnik beim VEB Robotron Anlagenbau L und anschließend bis
30.06.1990 beim VEB RATIO L. als Projektingenieur Heizung beschäftigt. Er war der Freiwilligen
Zusatzrentenversicherung (FZR) zum 01.03.1983 beigetreten. Eine Versorgungszusage zur Einbeziehung in ein
Versorgungssystem war ihm bis zum 30.06.1990 nicht erteilt worden.
Auf Antrag des Klägers vom 11.02.2004 auf Feststellung und Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften in
der AVItech stellte die Beklagte mit Bescheid vom 28.07.2005 fest, dass die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 AAÜG
erfüllt seien und führte mit Ausnahme der Zeit von 01.09.1982 bis 29.02.1988 nachgewiesene Zeiten von 01.09.1979
bis 30.06.1990 und Arbeitsentgelte auf. Hinsichtlich der nicht berücksichtigten Zeit erhob der Kläger Widerspruch, weil
er selbstverständlich in dieser Zeit seine Berufstätigkeit in einem volkseigenen Produktionsbetrieb ausgeführt habe.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 27.10.2005 zurück, weil dem Begehren, weitere
Zeiten nach § 5 AAÜG festzustellen, nicht entsprochen werden könne. Der VEB Robotron Anlagenbau L sei weder ein
volkseigener Produktionsbetrieb (Industrie oder Bau) noch einem solchen im Sinne von § 1 Abs. 2 der Zweiten
Durchführungsbestimmung (2. DB) vom 24.05.1951 gleichgestellt gewesen. Industriebetriebe seien einem der
Indu¬strieministerien der DDR als staatlichem Leitungsorgan unterstellt gewesen. Nur derartige Industriebetriebe seien
von der Versorgungsordnung erfasst worden. Darüber hinaus hätten zu den Indu¬striebetrieben nur diejenigen gezählt,
deren Hauptzweck die industrielle Fertigung usw. von Sachgütern gewesen sei. Der Beschäftigungsbetrieb sei nach
der Systematik der Volkswirtschaftszweige der Wirtschaftsgruppe 16649 (Reparatur- und Montagebetriebe der
Datenverarbeitungs- und Büromaschinenindustrie) zugeordnet gewesen
Mit der am 15.11.2005 beim Sozialgericht Leipzig erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren zur Feststellung der
Beschäftigungszeiten vom 01.09.1981 bis 29.02.1988 als Zugehörigkeitszeiten zur AVItech weiterverfolgt. Er hat
geltend gemacht, im VEB Robotron Anlagenbau L seien sowohl elektronische Bauelemente als auch Geräte der
Datenverarbeitung produziert worden. Weiterhin seien diese Geräte zu Rechenanlagen (Anlagenbau)
zusammengefasst und komplex bauseitig in industrielle Produktionsbetriebe bzw. Produktionsstätten integriert
worden. Allen Mitarbeitern seiner ehemaligen Abteilung, die als Ingenieure gearbeitet hätten, sei die Zusatzversorgung
nach Antragstellung anerkannt worden. Der Kläger sei in der streitig gebliebenen Frist in einem Produktionsbetrieb der
Industrie tätig gewesen. Es habe sich um einen Finalproduzenten von Industrieanlagen gehandelt und die Leistungen
des Betriebes seien nach den Hauptkennziffern "Warenproduktion des Industrieanlagenbaus" und "industrielle
Warenproduktion" abgerechnet worden. Kernaufgabe sei es gewesen, die infrastrukturellen Bedingungen für den
störungsfreien Betrieb der Rechentechnik herauszuarbeiten, modular strukturierte Anlagen bis zu komplexen
Baukörpern sowie den Innenausbau zu planen und als Generalauftragnehmer zu errichten. So seien auf mehrere Jahre
gesehen 1711 standardmäßig errichtete komplette Anlagen für Nutzer in der DDR bzw. den Export hergestellt worden.
Dem Sozialgericht haben ein Auszug aus dem Register der volkseigenen Wirtschaft zum VEB Robotron Anlagenbau
(110-13-1857 bzw. 110-13-1994) und zum VEB Kombinat Robotron (105), die Anweisung zur Gründung des
Ministeriums für Elektrotechnik und Elektronik vom 29.12.1973, die Statuten des VEB Kombinat Robotron vom
19.12.1973 und 25.06.1984, die Nomenklatur der General- und Hauptauftragnehmer von 1980 sowie diverse
Altunterlagen aus dem Sächsischen Staatsarchiv Leipzig sowie weitere Unterlagen und Erkenntnisse vorgelegen.
Auf die mündliche Verhandlung hat das Sozialgericht der Klage mit Urteil vom 23.01.2007 stattgegeben, den Bescheid
der Beklagten vom 28.07.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.10.2005 aufgehoben und die
Beklagte verurteilt, die Beschäftigungszeit des Klägers vom 01.09.1982 bis zum 38.02.1988 als Zeit der Zugehörigkeit
zu dem Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz sowie die in diesem Zeitraum bezogenen Entgelte
festzustellen. Der Kläger habe gegenüber der Beklagten einen "Anspruch auf eine Versorgungszusage" erworben, so
dass das AAÜG auf ihn grundsätzlich anwendbar sei. An die Feststellungswirkung des Bescheides der Beklagten
vom 28.07.2005 sehe sich die Kammer gebunden. Auch für den hier streitigen Zeitraum lägen alle Voraussetzungen
für die Feststellung von fiktiven Zugehörigkeitszeiten zur AVItech vor. Der Kläger unterfalle auch dem betrieblichen
Geltungsbereich der Versorgungsordnung zur AVItech. Aufgabe des VEB Anlagenbau Robotron sei die Herstellung
kompletter Datenverarbeitungsanlagen mit allen damit in Zusammenhang stehenden Neben- und Begleitaufgaben
gewesen. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Erbringung von Reparaturleistungen dem Betrieb das Gepräge
gegeben haben könnte, habe die Kammer den vorliegenden Unterlagen nicht zu entnehmen vermocht. Die Erbringung
von Reparaturleistungen sei vielmehr eine zusätzliche Serviceleistung gewesen, die im Nachgang zur Errichtung der
Datenverarbeitungsanlage erbracht worden sei. Im Mittelpunkt habe entsprechend der Einordnung als
Generalauftragnehmer die Errichtung der Datenverarbeitungsanlage selbst gestanden. Nach Auffassung der Kammer
wäre es verfehlt, die Montageleistungen aus dem Produktionsbegriff auszugliedern. Allein aufgrund der Stückzahl sei
diese Produktion auch als massenhafte Produktion von Sachgütern vonstatten gegangen.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 15.02.2007 zugestellte Urteil am 01.03.2007 beim Sächsischen
Landessozialgericht Berufung eingelegt. Sie trägt vor, der Kläger erfülle entgegen den Feststellungen des
Sozialgerichts die betriebliche Voraussetzung des Versorgungssystems der technischen Intelligenz nicht. Bereits die
Zuordnung zur Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR bestätige, dass keine Beschäftigung in einem Betrieb
ausgeübt worden sei, der dem Geltungsbereich der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen
Intelligenz in volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben unterfallen sei. Der Beschäftigungsbetrieb sei der
Wirtschaftsgruppe 16649 (Reparatur- und Montagebetriebe der Datenverarbeitungs- und Büromaschinenindustrie)
zugeordnet worden. Bereits hieraus ergebe sich hinreichend, dass es sich nicht um einen Produktionsbetrieb der
Industrie gehandelt habe. Die Systematik der Volkswirtschaftszweige sei auch ein geeignetes Indiz für die
Feststellung des Hauptzweckes eines Betriebes im Wirtschaftssystem der DDR. Hinsichtlich der fehlenden
Zuordnung des Betriebes als volkseigener Produktionsbetrieb bezieht sie sich auf die ständige Rechtsprechung des
Sächsischen Landessozialgerichts (L 4 R 613/05 u.a.) und die Beweisaufnahme in diesen Verfahren, wo in der
mündlichen Verhandlung am 13.03.2007 der ehemalige Betriebsdirektor J ... U und der ehemalige Hauptbuchhalter E
H als Zeugen vernommen worden waren. Die Nichtzulassungsbeschwerden dagegen seien zurückgewiesen worden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 23.01.2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er bezieht sich auf die erstinstanzliche Entscheidung, die er für zutreffend hält. Nach Hinweis des Senats auf die
ständige und übereinstimmende Rechtsprechung des Sächsischen Landessozialgerichts zur fehlenden betrieblichen
Voraussetzung hat der Kläger eine Stellungnahme des Statistischen Bundesamtes vom 03.04.2009 und von V E ,
einen ehemaligen Mitarbeiter des Ministeriums für Elektrotechnik und Elektronik der DDR, vom 22.11.2008 vorgelegt
und diesen sowie den ehemaligen Direktor für Produktion, Dr. W K , wohnhaft in M , als Zeugen benannt. In der
mündlichen Verhandlung am 15.11.2010 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers hierzu zwei Beweisanträge
gestellt. Insoweit wird auf die Sitzungsniederschrift vom 15.11.2010 (Bl. 116 der Gerichtsakte) verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf
den Inhalt der Gerichtsakten aus beiden Rechtszügen und auf die beigezogene Verwaltungsakte, die vorlagen und
Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten (§§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2, 151 Abs. 1
Sozialgerichtsgesetz (SGG)) ist zulässig und begründet. Das Sozialgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben.
Der Bescheid der Beklagten vom 28.07.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.10.2005 ist rechtmäßig
und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Dem Kläger steht kein Anspruch auf
Feststellung der Beschäftigungszeiten vom 01.09.1982 bis 29.02.1988 als weitere Zeiten der Zugehörigkeit zur
AVItech zu.
Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gelten als Pflichtbeitragszeiten der Rentenversicherung auch solche Zeiten, in denen
der "Versorgungsberechtigte" eine entgeltliche Beschäftigung zu irgendeinem Zeitpunkt vor dem 01.07.1990 ausgeübt
hat, wegen der ihrer Art nach eine zusätzliche Altersversorgung in einem System vorgesehen war, das in den Anlagen
1 und 2 zum AAÜG aufgelistet ist (vgl. BSG, Urteil vom 27.07.2004 B 4 RA 11/04 R – und Urteil vom 18.10.2007 – B
4 RS 28/07 R, RdNr. 18, zitiert nach Juris). Diese Voraussetzungen sind erfüllt, wenn der Berechtigte nach den
tatsächlichen Gegebenheiten (1) eine "Beschäftigung" ausgeübt hat, die (2) "entgeltlich" und (3) ihrer Art nach von
einem Versorgungssystem erfasst war. In das Versorgungssystem der AVItech vom 17.08.1950 (GBl. S. 844) i. V. m.
§ 1 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur o. g. Verordnung vom 24.05.1951 (GBl. S.
487; im Folgenden: 2. DB) waren nach §§ 1, 5 AVItech Beschäftigungen unter folgenden Voraussetzungen
einbezogen: Der Beschäftigte musste die Berechtigung gehabt haben, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen
(persönliche Voraussetzung), eine dementsprechende Tätigkeit ausgeübt haben (sachliche Voraussetzung) und in
einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder in einem gleichgestellten
Betrieb (betriebliche Voraussetzung) beschäftigt gewesen sein (vgl. BSG, Urteil vom 24.04.2008, B 4 RS 31/07 R –
und Urteil vom 27.07.2004 – B 4 RA 11/04 R, RdNr. 16f.). Allerdings sollen nach der Rechtsprechung des
Bundessozialgerichts bei der im Rahmen des § 5 Abs. 1 AAÜG vorzunehmenden "Subsumtion" der im Einzelfall
festgestellten Tatsachen die abstrakt-generellen Regelungen der anzuwendenden Versorgungsordnung nicht im Sinne
von (sekundär) bundesrechtlichen Normen anzuwenden sein; sie tragen als "generelle Anknüpfungstatsachen" zur
Tatsachenfeststellung bei (vgl. BSG, Urteil vom 18.10.2007 – B 4 RS 28/07 R , RdNr. 18f).
Beim Kläger liegen diese Voraussetzungen nicht vor. Offen bleiben kann die Frage, ob er auf Grund der tatsächlich
beim VEB Robotron Anlagenbau ausgeübten Tätigkeit als Projektingenieur Klimatechnik die sachliche Voraussetzung
erfüllte. Denn der Kläger war jedenfalls im hier noch streitigen Zeitraum vom 01.09.1982 bis 29.02.1988 nicht in einem
volkseigenen Betrieb der Industrie i.S. der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts tätig. Für eine Gleichstellung
als Pflichtbeitragszeit fehlt die betriebliche Voraussetzung, da nach den Feststellungen des Senats keine Tatsachen
nachgewiesen sind, aus denen sich ergibt, dass der VEB Robotron Anlagenbau L ein volkseigener Produktionsbetrieb
im Bereich der Industrie oder des Bauwesens war.
Der Betrieb, in dem der Kläger in der hier noch streitigen Zeit beschäftigt war, war nach Überzeugung des Senats kein
volkseigener Produktionsbetrieb (der Industrie oder des Bauwesens) und auch kein diesem gleichgestellter Betrieb.
Nach der Rechtsprechung des BSG erfasst der Begriff "Produktionsbetrieb" nur solche Betriebe im Bereich der
Industrie, die Sachgüter im Hauptzweck industriell neu gefertigt haben (fordistisches Modell), also deren Hauptzweck
auf die industrielle Fertigung, Herstellung bzw. Produktion von Sachgütern ausgerichtet war. Die Maßgeblichkeit des
Merkmals "Produktionsbetrieb" folgt unmittelbar aus § 1 Abs. 2 der 2. DB. Dass es dabei auf Produktionsbetriebe nur
der "Industrie" und des "Bauwesens" ankommt, ergibt sich mit Blick auf die Produktionsbetriebe der Industrie unter
anderem schon aus der Einbeziehung des Ministeriums für Industrie in § 5 AVItech und für die Produktionsbetriebe
des Bauwesens aus der sprachlichen und sachlichen Gegenüberstellung von "Produktionsbetrieben der Industrie und
des Bauwesens" einerseits und allen anderen "volkseigenen Betrieben" andererseits, welche die DDR spätestens ab
den 1960er-Jahren und jedenfalls am 30.06.1990 in ihrem einschlägigen Gesetzestext vorgenommen hatte. Aus § 5
AVItech wie auch aus § 1 Abs. 2 der 2. DB ergeben sich zwei Forderungen für die Bedeutung des Wortes
"volkseigener Produktionsbetrieb": Es muss sich bei dem betroffenen Betrieb erstens um einen VEB handeln, der
organisatorisch dem industriellen Produktionssektor der DDR-Planwirtschaft zugeordnet war; ferner muss zweitens der
verfolgte Hauptzweck des VEB auf die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion von
Sachgütern ausgerichtet gewesen sein. Dem betrieblichen Anwendungsbereich der AVItech unterlagen als
"Produktionsbetrieb" somit nur VEB der Industrie, d.h. solche VEB, die als Hauptzweck industrielle Fertigung von
Sachgütern betrieben. Gleiches gilt für einen volkseigenen Produktionsbetrieb im Bauwesen. Industrie und Bauwesen
waren in der DDR die "führenden" Produktionsbereiche. Ihre Unterscheidung von den "anderen Bereichen der
Volkswirtschaft" wurde auch in den Regelungen zu den VEB, Kombinaten und VVG (z. B. § 16 der "Verordnung über
die Bildung und Rechtsstellung von Kombinaten" vom 18.10.1968, GBl. II Nr. 121 S. 963; § 2 Kombinatsverordnung
1973 und § 41 Abs. 1 Kombinatsverordnung 1979) deutlich. Dort werden ausdrücklich die VEBs in den Sektoren
Industrie und Bauwesen den Sektoren Handel, Dienstleistung, Landwirtschaft sowie allen anderen Bereichen der
Volkswirtschaft gegenübergestellt. Auch nach dem Sprachgebrauch der DDR waren daher im hier maßgeblichen
Kontext "volkseigene Produktionsbetriebe" nur solche dieser beiden Wirtschaftsbranchen: Industrie und Bauwesen.
Soweit der Prozessbevollmächtigte des Klägers unter Bezugnahme auf das Urteil des BSG vom 10.04.2002 (B 4 RA
10/02 R) meint, der hier betroffene VEB Robotron Anlagenbau entspreche der dortigen Definition eines volkseigenen
Produktionsbetriebes der Industrie, so kann der Senat dem nicht folgen. In dem zitierten Urteil wurde die Streitsache
auf die Berufung der Beklagten an das LSG zurückverwiesen, da für eine Einbeziehung in das Versorgungssystem
Voraussetzung ist, dass eine Beschäftigung in einem volkseigenen Produktionsbetrieb ausgeübt wurde und nicht –
wie das LSG meinte – in irgendeinem volkseigenen Betrieb (BSG, Urteil vom 10.04.2002 – B 4 RA 10/02, RdNr. 18).
Ferner hat das BSG folgende Maßgaben für die weitere Prüfung gegeben.
"Im Hinblick darauf, dass als volkseigener Produktionsbetrieb nur ein solcher in der Industrie (und im Bauwesen) in
Betracht kommt, wird das LSG Ermittlungen anzustellen haben, nach welchen Sachkriterien der Staat DDR
volkseigene Produktionsbetriebe in der Industrie (und im Bauwesen) von den volkseigenen Betrieben in den anderen
Bereichen der Volkswirtschaft unterschied. Nach dem Vortrag des Klägers, wie er vom LSG wiedergegeben worden
ist, erscheint es nicht ausgeschlossen, dass es sich bei dem VEB Reparaturwerk N (auch) um einen volkseigenen
Produktionsbetrieb gehandelt hat. Das LSG wird bei seinen Ermittlungen die Eintragung in dem Register der
volkseigenen Wirtschaft gemäß der Verordnung über die Führung des Registers der volkseigenen Wirtschaft vom 10.
April 1980 (GBl. I S. 115) heranzuziehen haben. Denn danach war nicht nur die Wirtschaftseinheit, sondern auch das
zentrale oder örtliche Staatsorgan, zu dessen Leistungsbereich die Wirtschaftseinheit gehört, einzutragen (§ 4 a.a.O.).
Demnach könnte auch die Zuordnung zu einem bestimmten Fachministerium ein Bewertungskriterium gewesen sein.
Ggf. könnte auch ein beim Registergericht zu hinterlegendes Statut, das Angaben zur wirtschaftlichen Tätigkeit zu
enthalten hatte, Aufschluss über die Aufgaben des volkseigenen Betriebes geben. Sofern eine eindeutige, einheitliche
Zuordnung i.S. einer industriellen Produktion (oder des Bauwesens) nicht feststellbar ist (und/oder eine Zuordnung zu
mehreren Fachministerien vorlag), kann es ggf. auch darauf ankommen, ob die industrielle Produktion dem VEB das
Gepräge gegeben hat, ob diese also überwiegend und vorherrschend war."
Diese Maßgaben enthalten lediglich Anhaltspunkte dafür, welche tatsächlichen Erkenntnisquellen zur Beurteilung
herangezogen werden sollten, um den betreffenden Betrieb als volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie
qualifizieren zu können. Diesen Vorgaben entsprechend hat der Senat vorliegend seine Feststellungen getroffen.
Der Kläger war von 01.09.1982 bis 28.02.1988 nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des
Bauwesens beschäftigt. Der Senat folgt insoweit der Rechtsprechung des 4. Senats des Sächsischen
Landessozialgerichts, wonach der VEB Robotron Anlagenbau L nach seinem Betriebsprofil kein Produktionsbetrieb im
Sinne des vom BSG für maßgeblich erachteten fordistischen Produktionsmodells (BSG, Urteil vom 09.04.2002 B 4
RA 41/01 R - a.a.O.) war. Hierzu hat der 4. Senat in seinem Urteil vom 13.03.2007 - L 4 R 761/06 - Folgendes
ausgeführt:
" Dabei lässt der Senat dahingestellt, ob die Annahme einer industriellen Produktion schon daran scheitert, dass die
Stückzahlen der Anlagen, an deren Fertigstellung der VEB Robotron Anlagenbau beteiligt war, nicht hoch genug waren
(nach Aussage des Zeugen H ca. 85 im Jahr), um noch als Ergebnisse industrieller Massenfertigung angesehen
werden zu können. Entscheidend gegen die Einordnung als Produktionsbetrieb spricht jedenfalls der Inhalt der dem
Beschäftigungsbetrieb des Klägers in der Gesamtschau obliegenden Aufgaben. Zu prüfen sind dabei insoweit allein
die Aufgaben des rechtlich selbständigen VEB Robotron Anlagenbau (§ 3 Abs. 2 sowie § 4 Abs. 1 des Statuts des
VEB Kombinat Robotron; in Kraft getreten am 01.07.1984) und nicht der Hauptzweck des übergeordneten VEB
Kombinat Robotron. Nach dem Statut des VEB Kombinat Robotron vom 19.12.1973 wird unter § 7 Abs. 1 letzter
Anstrich die Aufgabe des VEB Robotron Anlagenbau wie folgt ausgewiesen: "Der VEB Robotron Anlagenbau ist
Generalauftragnehmer und Generallieferant für elektronische Datenverarbeitungsanlagen sowie verantwortlich für die
sich daraus gemäß der Verordnung über Material-, Ausrüstungs- und Konsumgüterbilanzierung ... ergebenden
Aufgaben. Ihm obliegen dabei insbesondere die Projektierungs- und Montageleistungen für Erzeugnisse der
Datenverarbeitungs- und Rechentechnik." Obwohl in dem am 01.07.1984 in Kraft getreten Statut des VEB Kombinat
Robotron die Aufgaben der Kombinatsbetriebe nicht mehr einzeln beschrieben werden, ergeben die beigezogenen
Unterlagen sowie die Zeugeneinvernahmen eine identische Aufgabenzuweisung auch zum maßgeblichen Stichtag am
30.06.1990 im Vergleich zum Statut vom 19.12.1973. So haben die Zeugen U und H übereinstimmend ausgesagt,
dass der VEB Robotron Anlagenbau vom Staat beauftragt war, als Generalauftragnehmer für die Errichtung von
Datenverarbeitungsanlagen zu fungieren. Der Betrieb hat die Aufgaben von der Vorplanung über die Projektierung bis
zur Realisierung ausgeführt. Das Leistungsvolumen umfasste die gesamte Tätigkeit von der Bilanzierung bis zur
Übergabe der schlüsselfertigen und getesteten Anlage. Zur Realisierung der Aufgaben hat es ein straff organisiertes
Netz an Haupt- und Nachauftragsnehmern aus verschiedenen Wirtschaftsbereichen gegeben. So gab es
beispielsweise einen Hauptauftragnehmer Bau sowie einen für die Klimatechnik und Starkstromtechnik. Die Errichtung
einer kompletten Datenverarbeitungsanlage erfolgte aus einer von Vielzahl Einzelkomponenten von verschiedenen
Produzenten, mit denen der VEB Wirtschaftsverträge abschloss. Im Hinblick auf die Errichtung einer
Datenverarbeitungsanlage haben beide Zeugen übereinstimmend geschildert, dass zunächst auf der Grundlage der
Bilanzen die Anlage geplant und projektiert wurde. Sodann erfolgte die Zulieferung der Einzelkomponenten, aus denen
die Anlage bestand, von den Kooperationspartnern, d.h. anderen Betrieben, wobei dies teilweise auch
Kombinatsbetriebe waren. Solche Einzelkomponenten waren Geräte der ersten Peripherie wie u.a. Ketten für
Magnetbandgeräte, Ketten für Wechselplatten, Drucker, Ein- und Ausgabegeräte sowie die Zentraleinheit, die komplett
geliefert wurde. Diese Einzelkomponenten wurden durch den VEB Robotron Anlagenbau montiert, generiert, getestet,
in Betrieb genommen und an den Anwender schließlich übergeben. Importgeräte, die als Einzelkomponenten
erforderlich waren, wurden zunächst im so genannten ESER-Testfeld getestet. Der Zeuge U hat jede Anlage als ein
Einzelstück definiert, dass nach Kundenwünschen gefertigt wurde. Eigenleistungen des VEB Robotron Anlagenbau
erstreckten sich nach der Aussage des Zeugen U ... lediglich auf die Positionen, für die es keinen
Hauptauftragsnehmer in vollem Umfang gab oder bei Terminschwierigkeiten. Bereits nach dieser Darstellung kann
nicht von einer Sachgüterproduktion im Sinne des vom BSG für maßgeblich erachteten fordistischen
Produktionsmodells gesprochen werden. Dieses ist vielmehr geprägt von einem massenhaften Ausstoß
standarisierter Sachgüter und Warengruppen; demgegenüber genügt die Erstellung individueller, nach
Kundenwünschen gefertigter Einzelstücke dem nicht, auch wenn die zu Grunde liegenden, allerdings von
Drittanbietern bezogenen einzeln Komponenten der Datenverarbeitungsanlage ihrerseits den Anforderungen nach dem
fordistischen Produktionsmodell entsprochen haben mögen. Im Hinblick auf die Fertigung von Baukörpern, in denen
die Datenverarbeitungsanlage errichtet wurde, hat der Zeuge H erklärt, dass dies in den Jahren ab 1984 nur noch sehr
selten erforderlich gewesen ist. In den Jahren vorher hat es nach Aussage des Zeugen U seriell gefertigte Baukörper
gegeben, bei denen der VEB als Eigenleistung lediglich einzelne Komponenten wie die Dachkonstruktion hergestellt
hat. Massenhaft Bauwerke hat der VEB Robotron Anlagenbau L nicht errichtet. Aus dem von beiden Zeugen im
Hinblick auf die Errichtung von Datenverarbeitungsanlagen dargestellten Prozess ergibt sich nach Überzeugung des
Senats, dass Sachgüter nur insoweit "unmittelbar produziert" worden sind, als die Anlagen durch Zusammenfügung
der einzelnen - an anderer Stelle hergestellten - Komponenten errichtet (montiert) und bis zur Inbetriebnahme
bearbeitet (generiert, getestet etc.) worden sind. Da das Zusatzversorgungsrecht der DDR jedoch gerade an die
Herstellung von Sachgütern anknüpft hat, ist dieser Vorgang von der Projektierung, Montage, Inbetriebnahme und
Übergabe der Anlagen zu unterscheiden. Auf einen möglicherweise weiteren Produktionsbegriff der sozialistischen
Wirtschaftslehre in der DDR kommt es in diesem Zusammenhang nicht an, zumal der Kläger ausschließlich einen
Anspruch aus bundesdeutschem Recht geltend macht. Der Beschäftigungsbetrieb hat die notwendigen
Einzelkomponenten der Datenverarbeitungsanlagen nicht selbst hergestellt und auch nicht die hierfür notwendigen
Kapazitäten gehabt, sondern vielmehr auf Zulieferer zurückgegriffen. Er hat neben der Leitung lediglich Montage- und
Anpassungsarbeiten selbst vorgenommen. Sinn seiner Errichtung war nicht die Konzentration von
Fertigungskapazitäten, sondern vielmehr die Bündelung von Spezialwissen, mit dem auf fremde
Produktionskapazitäten zurückgegriffen werden konnte. Schwerpunkt des VEB Robotron Anlagenbau L war daher
nicht die Produktion im Sinne des fordistischen Produktionsmodells; bei ihm handelt es sich vielmehr um einen
Projektierungs- und Montagebetrieb.
Dies wird auch gestützt durch die vom Gesetzgeber der DDR definierten Aufgaben eines Generalauftragnehmers. Die
Aufgaben eines Generalauftragnehmers werden beschrieben in der Grundsatzordnung für die
Generalauftragnehmerschaft bei strukturbestimmenden Industrieinvestitionen vom 26.06.1968 (GBl. II S. 677 -
Grundsatzordnung -), die nach § 1 der Anordnung über die Generalauftragnehmerschaft bei Investitionen für
elektronische Datenverarbeitungsanlagen vom 28.11.1969 (GBl. II S. 695) grundsätzlich auch bei Investitionen auf
dem Gebiet der elektronischen Datenverarbeitung anzuwenden war. Nach Ziffer III der Grundsatzordnung sind
Generalauftragnehmer nach dem Erzeugnisprinzip spezialisierte Finalproduzenten von Industrieanlagen. Ihnen können
insbesondere auf dem Gebiet der Planung und Bilanzierung spezielle Rechte und Pflichten eines wirtschaftsleitenden
Organs übertragen werden. Sie sind verantwortlich für die Entwicklung und Produktion weltmarkfähiger
Industrieanlagen und sie übernehmen auf der Grundlage von Verträgen die Vorbereitung und Durchführung von
Investitionen sowie den Export von Industrieanlagen nach den gesetzlichen Bestimmungen. Die
Generalauftragnehmer schließen mit Haupt- und Nachauftragnehmern über die Entwicklung, Projektierung und
Realisierung von funktionsfähigen Teilanlagen beziehungsweise Leistungen Verträge ab. Bei der Wahrnehmung ihrer
Verantwortung haben sie insbesondere folgende Hauptaufgaben zu erfüllen: Forschung und Entwicklung; Abgabe
verbindlicher Angebote; Vorbereitung und Durchführung von Investitionen; Selbstkosten- und Preissenkung; Planung,
Bilanzierung und statistische Abrechnung; Anlagenexport; Anlagenimport; ingenieurtechnischer Beratungsdienst;
Kundendienst. Aus dieser Auflistung der Hauptaufgaben wird deutlich, dass die Generalauftragnehmer nicht selbst mit
der industriellen Fertigung von Sachgütern befasst waren, sondern dass sie Vorbereitungs-, Planungs- und
Beratungsleistungen für die Produktion erbracht und in diesem Sinne "für die Produktion verantwortlich waren". Diese
Leistungen sind indessen mit der tatsächlichen Herstellung von Sachgütern nicht gleichzusetzen und verleihen dem
Betrieb nicht den Charakter eines Produktionsbetriebes im Sinne der VO-AVItech und der 2. DB (vgl. auch: BSG,
Urteil vom 27.07.2004 – B 4 RA 8/04 R [zu Rationalisierungsbetrieben]).
Die Unterstellung des VEB Robotron Anlagenbau unter ein Industrieministerium, das Ministerium für Elektrotechnik
und Elektronik, und die Zuordnung zur Wirtschaftsgruppe 16649 in der Systematik der Volkswirtschaftszweige der
DDR sind dagegen keine hinreichenden Indizien dafür, dass der Betrieb - trotz der obigen Feststellungen zu den
tatsächlichen Verhältnissen - am 30.06.1990 durch die industrielle Fertigung von Sachgütern geprägt war. Da die
Montage, also das "Zusammenfügen einzelner Teile", hier nur ein Aspekt der vom VEB Robotron Anlagenbau in
seiner Eigenschaft als Generalauftragnehmer wahrgenommenen Aufgaben war, bedarf es keiner abschließenden
Klärung, ob die betriebliche Voraussetzung für die fiktive Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der
technischen Intelligenz durch die Beschäftigung in einem volkseigenen Montagebetrieb erfüllt sein kann. Jedenfalls
zeigt die Gruppenbildung und Wortwahl in der Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR die begriffliche
Unterscheidung zwischen Montage und Herstellung im Sprachgebrauch der DDR. In der Wirtschaftsgruppe 16649
waren die Reparatur- und Montagebetriebe der Datenverarbeitungs- und Büromaschinenindustrie erfasst. Dagegen
bezogen sich die Wirtschaftsgruppe 16641 (Datenverarbeitungsmaschinenindustrie) und die Wirtschaftsgruppe 16642
(Büromaschinenindustrie) auf die Herstellung von Anlagen und Geräten für die elektronische Datenverarbeitung
beziehungsweise auf die Herstellung von Büromaschinen. Zu den beiden letztgenannten Gruppen gehörte neben der
Herstellung der detailliert aufgelisteten Anlagen, Geräte und Büromaschinen auch jeweils die Herstellung von
Zusatzgeräten, Zubehör, Baugruppen, Einzel- und Ersatzzeilen und Ausrüstungen für die Datenverarbeitung
beziehungsweise Bürotechnik. Zur Wirtschaftsgruppe 16641 zählten unter anderem die Kombinatsbetriebe VEB
Robotron Elektronik in Dresden und Riesa, denen nach dem Statut von 1973 die (ausdrücklich so bezeichnete)
Produktion von Geräten und Baugruppen oblag.
Da im VEB Robotron Anlagenbau neben den oben beschriebenen Aufgaben - insbesondere ausweislich der Aussage
der Zeugen U und H - zwar bautechnische Projektierungsleistungen jedoch keine Massenproduktion im Bereich des
Bauwesens erbracht wurden, handelt es sich bei dem Beschäftigungsbetrieb des Klägers auch nicht um einen
volkseigenen Produktionsbetrieb des Bauwesens.
Der VEB Robotron Anlagenbau L war auch kein Betrieb, der durch § 1 Abs. 2 der 2. DB einem volkseigenen
Produktionsbetrieb gleichgestellt war. Dem abschließenden Katalog der gleichgestellten Betriebe und Einrichtungen in
§ 1 Abs. 2 der 2. DB zur AVItech sind Anlagenbaubetriebe nicht zu entnehmen. Der Betrieb ist auch kein
Konstruktionsbüro; die von ihm erbrachten Produktionsleistungen gehen über die Konstruktion weit hinaus (vgl. zur
Abgrenzung von Projektierungsbetrieb zu Konstruktionsbüro: BSG, Urteil vom 07.09.2006 - B 4 RA 39/05 R)."
Diese Rechtsprechung hat das Bundessozialgericht bestätigt (vgl. Beschlüsse vom 25.03.2008 – B 4 RS 98/07 – und
vom 18.10.2007 – B 4 RS 72/07), so dass für den Senat kein Anlass besteht, hiervon abzuweichen. Insbesondere hat
das BSG in einer Entscheidung, die dem vom Prozessbevollmächtigten des Klägers zitierten Urteil vom 10.04.2002
nachgefolgt ist, ausgeführt, dass es entscheidend davon abhänge, welche Aufgabe dem volkseigenen Betrieb das
Gepräge gegeben hat, so dass die Tatsacheninstanzen zu klären hätten, welcher Hauptzweck vom Betrieb
tatsächlich verfolgt worden sei (BSG, Urteil vom 18.12.2003 – B 4 RA 18/03 R, SozR 4-8570 § 1 AAÜG). Hierzu lagen
dem Senat die entsprechenden Statuten, Registerauszüge und die Niederschriften über die Zeugenaussagen u.a. des
letzten Betriebsdirektors U und des Hauptbuchhalters und späteren Direktors für Ökonomie H vor. Daraus ergibt sich,
dass der Hauptzweck der betrieblichen Tätigkeit des VEB Robotron Anlagenbau in der Tätigkeit als
Generalauftragnehmer lag (vgl. hierzu: BSG, Urteil vom 23.08.2007 – B 4 RS 3/06 R).
Die vom Prozessbevollmächtigten des Klägers beantragte Beweisaufnahme durch Einvernahme der Zeugen E und K
war abzulehnen, da die unter Beweis gestellten Tatsachen als wahr unterstellt werden können. Ob der mit Wohnsitz in
M ...benannte Dr. K ... überhaupt als erreichbares Beweismittel in Betracht gekommen wäre, musste demzufolge
nicht entschieden werden. Soweit der Zeuge E Angaben machen sollte, die belegen, dass der VEB Robotron
Anlagenbau zu industriellen Produktionssektor der DDR gehörte, so ist dies bereits dadurch nachgewiesen, dass der
Betrieb ausweislich der Registerauszüge dem Ministerium für Elektrotechnik und Elektronik bzw. dem Ministerium für
Maschinenbau, und somit einem Industrieministerium unterstellt war. Dies allein genügt jedoch nicht, um die
Einordnung als Produktionsbetrieb der Industrie i.S.d. o.g. Rechtsprechung des BSG zu bejahen. Ebenso kann als
wahr unterstellt werden, dass der VEB Robotron Anlagenbau über die Organisation eines Produktionsbetriebes
verfügte, die industriellen Charakter trug, wodurch der benannte Zeuge Dr. K ... als ehemaliger Direktor für Produktion
Auskunft zu den vorgehaltenen Ressourcen, der Art und Weise der Produktion einschließlich eingesetzter
Technologien und der Anwendung fordistischer Arbeitsprinzipien, der Stückzahl und Gewichtung geben sollte. Anders
als der Kläger und sein Prozessbevollmächtigter meinen, führt dies in der Gesamtschau dennoch nicht dazu, dass
aufgrund der Gesamtbetrachtung aller vorliegenden Erkenntnisse festgestellt werden könnte, dass die industrielle
(Massen-)Produktion von Sachgütern dem Beschäftigungsbetrieb des Klägers das Gepräge gegeben hätte. Hierbei
handelt es sich nämlich um eine rechtliche Bewertung, die der Senat anhand der vorliegenden tatsächlichen
Erkenntnisse vorzunehmen hat, so dass die Bewertung, welche Aufgabe dem Betrieb das Gepräge gegeben hat,
einem Zeugenbeweis nicht zugänglich ist. Ohne zu bezweifeln, dass die verwendeten Baugruppen und Einzelteile
ihrerseits in standardisierten Verfahren gefertigt wurden, ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass es
Hauptaufgabe des VEB Robotron Anlagen¬bau war, als Generalauftragnehmer komplette Datenverarbeitungsanlagen
vor Ort nach Kundenwunsch zu errichten. Obwohl diese dabei immer wieder – wie in der mündlichen Verhandlung
vorgetragen wurde – nach demselben vorgegebenen "Muster" aus z. T. vom VEB selbst industriell gefertigten
Einzelteilen zu Baugruppen und schließlich zu einer Gesamtanlage zusammen gefügt wurden, beschränkte sich die
Hauptaufgabe des Betriebes nicht auf die bloße Fertigung von Datenverarbeitungsgeräten unterschiedlichen
Ausmaßes und Umfangs, sondern als Generalauftragnehmer hatte der VEB in erster Linie alle Aufgaben von der
Bilanzierung über die Planung bis zur schlüsselfertigen getesteten Übergabe der Anlagen zu erbringen. Geprägt haben
den Betrieb daher nicht die – als wahr unterstellten – vorhandenen Organisationsformen industrieller Produktion,
sondern diese war nur ein Teil der im Rahmen der General¬auf¬trag¬nehmerschaft zu erbringenden Bilanzierungs-,
Projektierungs-, Fertigungs- und Montageleistungen. Selbst wenn der Beschäftigungsbetrieb des Klägers damit nicht
lediglich oder ausschließlich Dienstleistungen erbracht hat, so war sein Hauptzweck nach den Feststellungen des
Senats nicht die Herstellung von Datenverarbeitungsanlagen in Massenproduktion, sondern die Errichtung von
komplexen und kompletten Rechneranlagen als Investitionsgüter bei den Auftraggebern nach deren Bedürfnissen. Auf
die vom Prozessbevollmächtigten des Klägers zitierten Fundstellen zur fachlich-tech¬nischen Einordnung der
Arbeitsabläufe und Betriebsaufgaben im heutigen betriebswirtschaftlichen Verständnis kommt es in diesem
Zusammenhang nicht an. Weitere Ermittlungen waren auch sonst nicht veranlasst. Hinsichtlich der Einordnung als
Produktionsbetrieb lassen sich den jüngsten Entscheidungen des BSG keine Anhaltspunkte für eine Änderung der
Rechtsprechung entnehmen (vgl. Urteile vom 15.06.2010 – B 5 RS 9/09 und 10/09, jeweils RdNr. 40).
Daher hat die Berufung Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.