Urteil des LSG Sachsen vom 24.06.2009

LSG Fss: ärztliche leitung, versorgung, genehmigung, autonome satzung, berufsausübung, beschränkung, vertragsarzt, ausnahme, vorrang, höchstzahl

Sächsisches Landessozialgericht
Urteil vom 24.06.2009 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Dresden S 11 KA 46/08
Sächsisches Landessozialgericht L 1 KA 8/09
I. Die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 27. Januar 2009 wird mit
der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut über die
Anträge der Klägerin auf Genehmigung von Nebenbetriebsstätten an den Standorten X Straße ... und Y Straße in D.
zu entscheiden hat.
II. Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 30.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Streitig ist die Genehmigung von Nebenbetriebsstätten.
Die Klägerin, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, betreibt ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ). Dieses
ist mit Vertragsarztsitz Z straße. in D. zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Nebenbetriebsstätten sind ihr
für die Standorte A in A. sowie B straße. in D. und waren ihr für den Standort C straße. in D. genehmigt.
Am 24.05.2007, 13.08.2007, 04.09.2007 und 25.10.2007 beantragte die Klägerin die Genehmigung zweier weiterer
Nebenbetriebsstätten an den Standorten X Straße. und Y Straße in D. sowie die Verlegung der Nebenbetriebsstätte C
straße. in D. an den Standort F straße in D ... Mit Bescheid vom 07.11.2007 genehmigte die beklagte Kassenärztliche
Vereinigung (KÄV) die Verlegung der Nebenbetriebsstätte und lehnte die Genehmigung weiterer Nebenbetriebsstätten
ab. Den gegen die Ablehnung gerichteten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 04.03.2008
zurück. Entsprechend § 24 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV), § 15a Bundesmantelvertrag-Ärzte
(BMV-Ä) in Verbindung mit § 17 Berufsordnung (BO) der Sächsischen Landesärztekammer (SLÄK) sei es dem MVZ
ge-stattet, über die Betriebsstätte hinaus an zwei weiteren Orten ärztlich tätig zu sein. Zwar träfen weder die Ärzte-ZV
noch der BMV-Ä konkrete Aussagen zu der Anzahl möglicher Nebenbetriebsstätten. Diese Vorgaben fänden sich
jedoch in § 17 Abs. 2 BO und seien auch auf ein MVZ anzuwenden.
Die Klägerin hat am 13.03.2008 beim Sozialgericht Dresden (SG) Klage erhoben. Sie hat vorgebracht, § 17 Abs. 2 BO
gelte nur für Ärzte, nicht aber für ein MVZ. Auch der ärztliche Leiter eines MVZ übe als solcher keine ärztliche
Tätigkeit aus, sondern nehme ausschließlich Verwaltungsaufgaben wahr.
Das SG hat eine Auskunft der SLÄK vom 14.08.2008 eingeholt und – nach Erörterung des Rechtsstreits am
21.11.2008 – mit Gerichtsbescheid vom 27.01.2009 der Klage stattgegeben. Die Beklagte habe die beantragte
Genehmigung zweier weiterer Nebenbetriebsstätten zu Unrecht abgelehnt. Das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz
(VÄndG) vom 22.12.2006 (BGBl. I S. 3439) habe mit der Neufassung des § 24 Ärzte-ZV die durch den 107.
Deutschen Ärztetag 2004 in der Musterberufsordnung für die deutschen Ärztinnen und Ärzte (MBO) vorgenommene
Lockerung der Bindung des Arztes an seinen Vertragsarztsitz nachvollzogen. Mit der Neufassung des § 17 Abs. 2
MBO sei es den Ärzten gestattet worden, über den Praxissitz hinaus an zwei weiteren Orten ärztlich tätig zu sein,
sofern sie Vorkehrungen für eine ordnungsgemäße Versorgung ihrer Patienten an jedem Ort ihrer Tätigkeit träfen.
Diese berufsrechtliche Änderung sei in § 24 Abs. 3 Ärzte-ZV in der Weise umgesetzt worden, dass dem Vertragsarzt
ermöglicht werde, neben der Tätigkeit an seinem Vertragsarztsitz an weiteren Orten tätig zu sein, wenn dies die
Versorgung der Versicherten an den weiteren Orten verbessere und die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten
am Vertragsarztsitz nicht gefährde; ein bestimmte Höchstzahl der weiteren Orte gebe das Vertragsarztrecht anders
als die MBO nicht vor. Entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung sei die von der Klägerin begehrte
vertragsärztliche Tätigkeit an zwei weiteren Nebenbetriebsstätten, also mit insgesamt fünf Nebenbetriebsstätten, nicht
unzulässig. Die Möglichkeit einer grundsätzlich unbegrenzten Anzahl von Nebenbetriebsstätten sei nicht schon Folge
der vertragsarztrechtlichen Regelungen, die eine zahlenmäßige Beschränkung nicht vorsähen. Auch soweit der
Gesetzgeber die Anzahl nicht habe beschränken wollen, sei dies nicht erheblich, weil die berufsrechtlichen
Regelungen, die eine Beschränkung auf zwei weitere Tätigkeitsorte vorsähen, zu beachten seien. Die mit § 17 Abs. 2
BO angeordnete Beschränkung gelte indessen für ein MVZ nicht. § 17 Abs. 2 BO knüpfe an die Person des Arztes
an. Der Teilnahmestatus des MVZ werde strukturell nicht in § 17 Abs. 2 BO abgebildet. Vom MVZ als
Teilnahmestatus seien die beruflichen Kooperationsformen zu unterscheiden, die in den §§ 18 bis 23d BO eine
eigenständige Regelung gefunden hätten. Die Beschränkung des § 17 Abs. 2 BO greife erst, wenn die Person eines
Arztes, etwa des ärztlichen Leiters des MVZ, an mehr als zwei weiteren Orten ärztlich tätig sein wolle. Stelle sich
demnach die wegen der Zahl der Nebenbetriebsstätten abgelehnte Genehmigung als rechtswidrig dar, habe die
Beklagte über die Anträge der Klägerin unter Prüfung der Voraussetzungen des § 24 Abs. 3 Satz 1 Ärzte-ZV
(Verbesserung der Versorgung der Versicherten an den weiteren Orten, keine Beeinträchtigung der ordnungsgemäßen
Versorgung der Versicherten am Vertragsarztsitz) erneut zu entscheiden, wobei für den einzelnen Arzt die
Beschränkung des § 17 Abs. 2 BO gelte.
Hiergegen richtet sich die Beklagte mit ihrer am 24.02.2009 eingelegten Berufung. Sie macht geltend, für ein MVZ
seien die berufsrechtlichen Vorgaben des § 17 Abs. 2 BO entsprechend anzuwenden.
Die Beklagte beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 27. Januar 2009 aufzuheben und die
Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
§ 17 Abs. 2 BO sei auf ein MVZ weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar. Für eine Regelungslücke
bestünden keine Anhaltspunkte, zumal die SLÄK nur Regelungsgewalt für approbierte Ärzte besitze.
Dem Senat haben die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen. Hierauf
und auf die in den Gerichtsakten enthaltenen Schriftsätze der Beteiligten sowie den übrigen Akteninhalt wird zur
Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Zu Recht hat das SG die Beklagte zur erneuten Entscheidung über den
Antrag der Klägerin auf Genehmigung zweier weiterer Nebenbetriebsstätten verpflichtet.
1. Rechtsgrundlage für die Genehmigung von Nebenbetriebsstätten eines MVZ ist § 24 Abs. 3, § 1 Abs. 3 Nr. 2 Ärzte-
ZV in Verbindung mit § 15a BMV-Ä/§ 15a Bundesmantelvertrag Ärzte/Ersatzkassen (EKV-Ä).
Die Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit erfolgt nach § 24 Abs. 1 Ärzte-ZV für einen bestimmten
Vertragsarztsitz als Ort der Niederlassung; dies gilt gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 2 Ärzte-ZV auch für ein MVZ. Dabei ist
unter Vertragsarztsitz der genaue Ort der Praxis zu verstehen, der durch die Anschrift gekennzeichnet ist
(Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 31.05.2006 - B 6 KA 7/05 R - SozR 4-5520 § 24 Nr. 2 Rn. 11; Urteil vom
10.05.2000 - B 6 KA 67/98 R - BSGE 86, 121, 122 = SozR 3-5520 § 24 Nr. 4). Grundsätzlich darf die vertragsärztliche
Tätigkeit nur am Vertragsarztsitz ausgeübt werden. Tätigkeiten außerhalb des Vertragsarztsitzes sind jedoch seit
langem in gewissem Umfang zulässig. Bis zum Inkrafttreten des VÄndG war unter bestimmten Umständen die
Führung einer Zweigpraxis oder die Unterhaltung ausgelagerter Praxisräume möglich (näher dazu Engelmann, MedR
2002, 561 ff.; ders., GesR 2004, 113 ff.). Nachdem die auch im ärztlichen Berufsrecht bestehende Bindung der
ambulanten ärztlichen Tätigkeit an einen bestimmten Ort mit Neufassung des § 17 Abs. 2 MBO durch den 107.
Deutschen Ärztetag 2004 gelockert worden war, erfolgte im Vertragsarztrecht eine Liberalisierung durch das VÄndG
mit Änderungen des § 24 Ärzte-ZV.
Nunmehr sind nach § 24 Abs. 3 Satz 1 Ärzte-ZV vertragsärztliche Tätigkeiten außerhalb des Vertragsarztsitzes an
weiteren Orten zulässig, wenn und soweit 1. dies die Versorgung der Versicherten an den weiteren Orten verbessert
und 2. die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragsarztsitzes nicht beeinträchtigt wird. Die
Tätigkeit an den weiteren Orten setzt, sofern sie im Bezirk der KÄV des Vertragsarztsitzes liegen, eine Genehmigung
durch diese KÄV und, sofern sie im Bezirk einer anderen KÄV liegen, eine Ermächtigung durch den für diesen Bezirk
zuständigen Zulassungsausschuss voraus (§ 24 Abs. 3 Satz 2 und 3 Ärzte-ZV). Lediglich anzeigebedürftig ist die
Unterhaltung ausgelagerter Praxisräume (§ 24 Abs. 5 Ärzte-ZV). Weitere Regelungen enthalten die
Bundesmantelverträge (vgl. § 24 Abs. 4 Satz 2 Ärzte-ZV). In diesen finden sich nicht nur Definitionen von
Betriebsstätte (Vertragsarztsitz), Nebenbetriebsstätte (weiterer Tätigkeitsort) und ausgelagerter Praxisstätte (§ 1a Nr.
20-22 BMV-Ä/EKV-Ä), sondern auch nähere Regelungen zur vertragsärztlichen Tätigkeit an weiteren Orten (§§ 15a ff.
BMV-Ä/EKV-Ä). Hierzu zählt auch die Bestimmung des § 17 Abs. 1a BMV-Ä/§ 13 Abs. 7a EKV-Ä, wonach der
Vertragsarzt seinen Versorgungsauftrag dadurch zu erfüllen hat, dass er an seinem Vertragsarztsitz persönlich
mindestens 20 Stunden wöchentlich in Form von Sprechstunden zur Verfügung steht (Satz 1), und in allen Fällen der
Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit an weiteren Orten die Tätigkeiten am Vertragsarztsitz die Tätigkeiten außerhalb
des Vertragsarztsitzes insgesamt überwiegen müssen (Satz 2); dies gilt auch für ein MVZ mit der Maßgabe, dass bei
ihnen die Mindestzeiten insgesamt unabhängig von der Zahl der beschäftigten Ärzte anzuwenden sind (Sätze 4 und
5).
Demnach legen weder die Bundesmantelverträge noch die Ärzte-ZV eine bestimmte Höchstzahl der
Nebenbetriebsstätten fest. Das Gleiche gilt für das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), das die Regelung dieser
Fragen dem Verordnungsgeber überantwortet (§ 98 Abs. 2 Nr. 13 SGB V). Die Bundesmantelverträge stellen lediglich
Beschränkungen in zeitlicher Hinsicht auf (§ 17 Abs. 1a BMV-Ä/§ 13 Abs. 7a EKV-Ä), die im Ergebnis zu einer
Limitierung der Zahl der Nebenbetriebsstätten führen (vgl. Pawlita in: jurisPK-SGB V, § 95 Rn. 232). Dagegen legt das
ärztliche Berufsrecht in § 17 Abs. 2 BO eine Höchstzahl fest; nach dieser Bestimmung ist es dem Arzt (nur)
gestattet, über den Praxissitz hinaus an zwei weiteren Orten ärztlich tätig zu sein (Satz 1); ferner hat der Arzt
Vorkehrungen für eine ordnungsgemäße Versorgung seiner Patienten an jedem Ort seiner Tätigkeiten zu treffen (Satz
2).
2. § 17 Abs. 2 BO führt – entgegen der Auffassung der Beklagten – nicht dazu, dass einem MVZ nur zwei
Nebenbetriebsstätten genehmigt werden dürfen.
a) Es kann offen bleiben, ob dem bereits entgegensteht, dass das Vertragsarztrecht in § 1 Abs. 3 Nr. 2, § 24 Abs. 3
Ärzte-ZV, § 15a Abs. 1 bis 3, § 17 Abs. 1a BMV-Ä, § 15a Abs. 1 bis 3, § 13 Abs. 7a EKV-Ä insoweit eine
abschließende Regelung enthält. Die vorgenannten Bestimmungen, insbesondere § 24 Abs. 3 Ärzte-ZV, enthalten
weder ihrem Wortlaut noch ihrer Systematik nach einen Vorbehalt für das ärztliche Berufsrecht. Insbesondere ergibt
sich dieser nicht daraus, dass nach § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Ärzte-ZV die "ordnungsgemäße" Versorgung der
Versicherten am Vertragsarztsitz nicht beeinträchtigt werden darf.
Wie der Blick auf die Entstehungsgeschichte zeigt, war das Fehlen eines Verweises auf das Berufsrecht durchaus
beabsichtigt. In der Begründung zum Entwurf des VÄndG, durch das § 24 Abs. 3 Ärzte-ZV seine gegenwärtige
Fassung erhielt, hat die Bundesregierung ausgeführt (BT-Drucks. 16/2474, S. 16): "Die neue (Muster-)Berufsordnung
Ärzte (MBO-Ä) erfüllt derzeit die ihr zugedachte Funktion, durch Empfehlung an die Ärztekammern als Normgeber der
Berufsordnungen eine Simultannormgebung auf dem Gebiet des allgemeinen Berufsrechts zu gewährleisten, nicht in
ausreichendem Maße; in zahlreichen Ärztekammern besteht noch Uneinigkeit, insbesondere über die Umsetzung des
neuen § 19 Abs. 2 MBO-Ä, der die Anstellung fachgebietsfremder Ärzte vorsieht. Deshalb ist es zur Transformation
von Regelungen der MBO-Ä ins Vertragsarztrecht nicht zweckmäßig, wie bisher in Form einer dynamischen
Verweisung auf "landesrechtliche Vorschriften über die ärztliche Berufsausübung" zu verweisen (vgl. § 33 Abs. 2 der
Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) zur Gemeinschaftspraxis und ähnlich § 15a Abs. 2 der
Bundesmantelverträge für die vertragsärztliche Versorgung zur ausgelagerten Praxisstätte). Die entsprechenden
Tatbestände werden daher zwar – grundsätzlich – inhaltlich gleichlautend, aber eigenständig ausformuliert. Darüber
hinaus ist es zur Herstellung effizienter und auch medizinisch sinnvoller Versorgungsstrukturen in einigen Bereichen
notwendig, im Vertragsarztrecht über die im ärztlichen Berufsrecht erfolgte Liberalisierung hinauszugehen. So wird z.
B. die Tätigkeit eines Vertragsarztes an mehr als zwei weiteren Orten, die Anstellung fachgebietsfremder Ärzte ohne
Verknüpfung mit einem nur gemeinsam durchzuführenden Behandlungsauftrag, die Möglichkeit,
Berufsausübungsgemeinschaften nicht nur mit anderen ärztlichen, sondern auch anderen heilkundlichen
Leistungserbringern einzugehen, zugelassen – unter Fortgeltung der weiterhin bestehenden Pflicht zur ausreichenden
Präsenz des Vertragsarztes an seinem Vertragsarztsitz sowie zur Leitung und Überwachung der Tätigkeit seiner
angestellten Ärzte." Ferner hat die Bundesregierung die Neufassung des § 24 Ärzte-ZV folgendermaßen begründet
(BT-Drucks. 16/2474, S. 29 f.): "Die neuen Absätze 3 und 4 vollziehen für den Vertragsarzt die durch den 107.
Deutschen Ärztetag 2004 in § 17 Abs. 2 MBO-Ä vorgenommene Lockerung der Bindung des Arztes an seinen
Vertragsarztsitz nach, soweit dies mit der spezifischen Pflicht eines Vertragsarztes, die vertragsärztliche Versorgung
an seinem Vertragsarztsitz zu gewährleisten (vgl. § 95 Abs. 1 Satz 4 und Absatz 3 SGB V i. V. m. den Regelungen
zur regionalen Bedarfsplanung), vereinbar ist ... Die berufsrechtliche Neuregelung in § 17 Abs. 2 MBO-Ä gestattet es
den Ärzten, über den Praxissitz hinaus an zwei weiteren Orten ärztlich tätig zu sein, sofern sie Vorkehrungen für eine
ordnungsgemäße Versorgung ihrer Patienten an jedem Ort ihrer Tätigkeit treffen. Diese berufsrechtliche Änderung wird
in Absatz 3 in der Weise umgesetzt, dass dem Vertragsarzt ermöglicht wird, neben der Tätigkeit an seinem
Vertragsarztsitz an weiteren Orten tätig zu sein, wenn diese die Versorgung der Versicherten an den weiteren Orten
verbessert und die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Vertragsarztsitz nicht gefährdet; eine
bestimmte Höchstzahl der weiteren Orte gibt das Vertragsarztrecht, anders als die MBO-Ä, nicht vor (Satz 1) ..."
Angesichts dessen hat der Bundesrat beantragt, in § 24 Abs. 3 Satz 1 Ärzte-ZV nach dem Wort "sind" die die Wörter
"im Rahmen der landesrechtlichen Vorschriften über die Berufsausübung der Ärzte oder Psychotherapeuten"
einzufügen, und dies folgendermaßen begründet (BT-Drucks. 16/2474, S. 38): " ... Der Vorrang des landesrechtlichen
Berufsausübungsrechts der betroffenen Heilberufe muss ausdrücklich gewahrt bleiben. Der Zugang zur
vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung ist nach herrschender Meinung und gefestigter Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts kein Zugang zu einem eigenständigen Beruf, sondern nur eine Ausübungsform
beispielsweise des einheitlichen Arztberufs. Das Recht der heilberuflichen Berufsausübung zu regeln, ist
ausschließlich den Ländern vorbehalten, die die Ausgestaltung im Detail den Kammern dieser Heilberufe durch
autonome Satzung (Berufsordnungen) übertragen haben. Der Bund ist schon nach dem verfassungsrechtlichen Gebot
der Bundestreue gehalten, diese Kompetenzverteilung bei der Normsetzung ausdrücklich zu respektieren. Er kann
sich dabei schon gar nicht – wie in der Begründung des Gesetzentwurfs ausgeführt – auf bloße
Zweckmäßigkeitserwägungen berufen. Im Übrigen gilt es, einem durch Unterlassen der gebotenen Bezugnahme auf
die vorrangigen landesrechtlichen Vorschriften über die einschlägige Berufsausübung (wie bisher in § 33 Abs. 2 Satz 4
Ärzte-ZV) erzeugten falschen Rechtsschein und dessen Verfestigung entgegenzuwirken." Die Bundesregierung hat
diesen Änderungsvorschlag abgelehnt (BT-Drucks. 16/2474): "Den im Gesetzentwurf enthaltenen Regelungen lässt
sich mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen, dass sie ausschließlich Aussagen zur vertragsärztlichen Zulässigkeit
treffen und evtl. berufsrechtliche Zulässigkeitshindernisse unberührt lassen." Aus dieser Gegenäußerung der
Bundesregierung lässt sich nicht der Schluss ziehen, dass damit nun doch ein Vorrang des Berufsrechts gelten solle
(so auch Wenner, Vertragsarztrecht nach der Gesundheitsreform, § 20 Rn. 59). Vielmehr ergibt sich das Gegenteil
aus der mit dem VÄndG erfolgten Streichung des Verweises auf das ärztliche Berufsrecht in § 33 Abs. 2 Satz 4
Ärzte-ZV. Bis zum Inkrafttreten des VÄndG war in § 33 Abs. 2 Satz 4 Ärzte-ZV bestimmt, dass die Genehmigung
einer Gemeinschaftspraxis nur versagt werden darf, wenn die Versorgung der Versicherten beeinträchtigt wird oder
landesrechtliche Vorschriften über die ärztliche Berufsausübung entgegenstehen (näher dazu: BSG, Urteil vom
16.07.2003 - B 6 KA 34/02 R - SozR 4-5520 § 33 Nr. 2 Rn. 12 ff.). Einen derartigen Verweis auf das Berufsrechts
enthält § 33 Ärzte-ZV nach seiner Neufassung durch das VÄndG nicht mehr. Angesichts dessen ist für ein Vorrang
des Berufsrechts im Rahmen des § 24 Ärzte-ZV ebenso wenig Platz wie im Rahmen des § 33 Ärzte-ZV (vgl.
Schallen, Zulassungsverordnung für Vertragsärzte, Vertragszahnärzte, Medizinische Versorgungszentren,
Psychotherapeuten, 5. Aufl., Rn. 1161; Wenner, Vertragsarztrecht nach der Gesundheitsreform, § 20 Rn. 59; anderer
Ansicht Orlowski/Halbe/Karch, Vertragsarztrechtsänderungsgesetz, 2. Aufl., S. 59).
Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht die Bestimmung des § 98 Abs. 2 Nr. 13 SGB V, wonach die
Zulassungsverordnungen Vorschriften enthalten müssen über der Voraussetzungen, unter denen "nach den
Grundsätzen der Ausübung eines freien Berufes" die Vertragsärzte angestellte Ärzte, Assistenten und Vertreter in der
vertragsärztlichen Versorgung beschäftigen dürfen oder die vertragsärztliche Tätigkeit an weiteren Orten ausüben
können. Abgesehen davon, dass § 24 Abs. 3 Ärzte-ZV nicht durch den Verordnungsgeber neu gefasst wurde, folgt
aus dieser Bezugnahme auf die "Grundsätze der Ausübung eines freien Berufes" in § 98 Abs. 2 Nr. 13 SGB V nicht,
dass die Zulassungsverordnung auf das jeweils geltende Berufsrecht verweisen muss.
b) Eine abschließende Regelung durch das Vertragsarztrecht dürfte nicht gegen die Kompetenzverteilung zwischen
Bund und Ländern verstoßen. Aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 Grundgesetz (GG) ergibt sich eine umfassende Zuständigkeit
des Bundes für das Vertragsarztrecht. Die Rechtsetzungskompetenz, die der Bund aufgrund Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG
für die gesamte Sozialversicherung und damit auch für die gesetzliche Krankenversicherung hat, schließt die
Befugnis ein, die vertragsärztliche Versorgung der Versicherten zu regeln. Demgegenüber steht die Regelung des
allgemeinen ärztlichen Berufsrechts – mit Ausnahme der Zulassung zum Arztberuf, hinsichtlich derer eine
Rechtsetzungskompetenz des Bundes besteht (Art. 74 Abs. 1 Nr. 19 GG) – allein den Ländern zu. Das allein
landesrechtlich geregelte Berufsrecht betrifft die Berufstätigkeit des Arztes allgemein, unabhängig davon, ob dieser
ausschließlich privatärztlich oder auch vertragsärztlich tätig ist. Hiervon zu unterscheiden ist die Einbindung des
Arztes in das System der vertragsärztlichen Versorgung. Aus der Rechtsetzungskompetenz des Bundes für das
Krankenversicherungsrecht ergibt sich die Befugnis, die rechtlichen Rahmenbedingungen für die vertragsärztliche
Tätigkeit festzulegen. Dabei kann der Bund nicht nur den Zugang der Leistungserbringer zu dem Versorgungssystem
regeln (vgl. Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 20.03.2001 - 1 BvR 491/96 - BVerfGE 103, 172 =
SozR 3-5520 § 25 Nr. 4), sondern auch die Versorgungsstrukturen in Bezug auf die vertragsärztliche Tätigkeit
normieren und nicht zuletzt Qualitätsanforderungen festlegen, die an die Erbringung ärztlicher Leistungen im Rahmen
der gesetzlichen Krankenversicherung zu stellen sind, selbst wenn sie vom ärztlichen Berufsrecht abweichen (vgl.
BSG, Urteil vom 09.04.2008 - B 6 KA 40/07 R - SozR 4-2500 § 87 Nr. 16 Rn. 27; s.a. BVerfG, Urteil vom 27.10.1998 -
1 BvR 2306/96 u.a. - BVerfGE 98, 265, 303 – anderer Ansicht: Pawlita in: jurisPK-SGB V § 95 Rn. 129, nach dem
das Vertragsarztrecht das ärztliche Berufsrecht nur ergänzen, nicht aber verdrängen darf). Entscheidend ist, dass die
sich aus dem Vertragsarztrecht ergebenden Einschränkungen des ärztlichen Berufsrechts so eng mit der
Leistungserbringung im System der gesetzlichen Krankenversicherung verknüpft sind, dass sie sich als notwendige
Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit des Versorgungssystems erweisen (Engelmann, MedR 2002, 561, 572;
ders., GesR 2004, 113, 117; noch weiter gehend: Quaas/Zuck, Medizinrecht, § 16 Rn. 9 f.). Unter diesen
Voraussetzungen stellt die auf Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG beruhende Kompetenz des Bundes zur Regelung des
Vertragsarztrechts gegenüber der Gesetzgebungszuständigkeit der Länder für eine Regelung der allgemeinen
Berufsausübung des Arztes eine speziellere Kompetenzzuweisung dar, die gegenüber der generellen den Vorrang hat
(so zum ärztlichen Bereitschafts- und Notfalldienst Bundesverwaltungsgericht [BVerwG], Urteil vom 09.06.1982 - 3 C
21/81 - BVerwGE 65, 362, 365; s.a. BVerwG, Urteil vom 23.06.1995 - 8 C 14/93 - BVerwGE 99, 10, 12). Hinsichtlich
der Aufgliederung der vertragsärztlichen Versorgung in eine hausärztliche und eine fachärztliche Versorgung, die das
BSG als von Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG gedeckt angesehen hat (Urteil vom 18.06.1997 - 6 RKa 58/96 - BSGE 80, 256,
259 f. = SozR 3-2500 § 73 Nr. 1), hat das BVerfG eine Verfassungsbeschwerde mit der Begründung nicht zur
Entscheidung angenommen, die für die Kompetenzwidrigkeit aufgeführten Argumente berücksichtigten nicht die
selbständige Bedeutung der Sozialversicherung, in der eigenständige Regelungen auf der Grundlage ihres Auftrages
jederzeit möglich seien (BVerfG, Kammerbeschluss vom 17.06.1999 - 1 BvR 2507/97 - SozR 3-2500 § 73 Nr. 3 S. 16;
dahingehend auch BVerfG, Urteil vom 27.10.1998 - 1 BvR 2306/96 u.a. - BVerfGE 98, 265, 303). Vor diesem
Hintergrund spricht viel dafür, dass die Rechtsetzungskompetenz für das Vertragsarztrecht es auch gestattet,
abweichend vom Berufsrecht keine Höchstzahlen für Nebenbetriebsstätten vorzusehen, wenn – wie hier in § 17 Abs.
1a BMV-Ä/§ 13 Abs. 7a EKV-Ä – vergleichbare Limitierungen vorgesehen sind (anderer Ansicht: Pawlita in: jurisPK-
SGB V § 95 Rn. 232).
c) Dies kann aber letztlich offen bleiben. Selbst wenn vertragsarztrechtlich nicht mehr erlaubt sein sollte, als
berufsrechtlich erlaubt ist (so Pawlita in: jurisPK-SGB V § 95 Rn. 232 – dagegen Wenner, Vertragsarztrecht nach der
Gesundheitsreform, § 20 Rn. 59, wonach nicht berufsrechtswidrig sein kann, was das Vertragsarztrecht gestattet,
soweit allein die vertragsarztrechtliche Tätigkeit betroffen ist), führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Der von der
Klägerin geltend gemachte Anspruch geht nicht über § 17 Abs. 2 Satz 1 BO hinaus. Sie will die bei ihr beschäftigten
Ärzte nicht an mehr als zwei weiteren Orten neben dem Praxissitz einsetzen.
Die Höchstzahlbestimmung des § 17 Abs. 2 Satz 1 BO beansprucht nicht für ein MVZ, sondern lediglich für die darin
tätigen Ärzte Geltung. Dies folgt bereits unmittelbar aus dem Wortlaut des § 17 Abs. 2 Satz 1 BO. Danach ist dem
"Arzt" gestattet, über den Praxissitz hinaus an zwei weiteren Orten ärztlich tätig zu sein. Unter "Arzt" im Sinne des §
17 Abs. 2 Satz 1 BO ist nur eine als Arzt approbierte natürliche Person zu verstehen. Hiervon geht auch die SLÄK
aus, die in ihren Hinweisen und Erläuterungen zur Neufassung des § 17 BO
(http://www.slaek.de/10ordnung/pdf/hinwkoop.pdf) ausführt: "Die zahlenmäßige Begrenzung auf zwei weitere Orte soll
dazu beitragen, eine ordnungsgemäße Versorgung der Patienten an jedem Ort sicherzustellen. Da die Regelung an die
Person anknüpft, kann auch jeder Arzt einer Berufsausübungsgemeinschaft an bis zu zwei weiteren Orten tätig sein."
Das MVZ findet dagegen in § 17 Abs. 2 BO keine Erwähnung. Dies ist mit Bedacht geschehen. Die BO beschränkt
sich darauf, die Berufspflichten der Mitglieder der SLÄK zu konkretisieren. Mitglied der SLÄK können nur natürliche
Personen sein, die als Arzt approbiert sind (vgl. § 2 Sächsisches Heilberufekammergesetz [SächsHKaG] in der
Fassung des Gesetzes vom 10.11.2005, SächsGVBl. S. 277). Aufgabe der SLÄK ist es, die beruflichen Pflichten
ihrer Mitglieder näher zu regeln und deren Einhaltung zu überwachen (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 16 Abs. 3, § 17 Abs.
1 und 2 SächsHKaG). Dementsprechend ist es kein Versehen, wenn die BO als Adressat der in ihr geregelten
Pflichten nur die "Ärzte" nennt. Vielmehr entspricht allein dies der Regelungskompetenz der SLÄK.
In der BO wird auch an anderer Stelle der Begriff "MVZ" nicht erwähnt. Ein MVZ stellt allenfalls dann eine Form der
beruflichen Kooperation selbständig tätiger Ärzte dar, für die die §§ 18 f., 23a ff. BO Regelungen enthalten, wenn die
fortbestehenden Zulassungen mehrerer teilnehmender Vertragsärzte durch die Zulassung des MVZ überlagert ist (zur
Problematik: Pawlita in: jurisPK-SGB V, § 95 Rn. 56, 73). Nur in diesem Falle könnte § 18 Abs. 3 Satz 3 BO zur
Anwendung kommen, der für eine Berufsausübungsgemeinschaft mit mehreren Praxissitzen lediglich verlangt, dass
an dem jeweiligen Praxissitz verantwortlich mindestens ein Mitglied der Berufsausübungsgemeinschaft hauptberuflich
tätig ist. Allerdings wäre auch dann Adressat dieser Berufspflicht nicht die Berufsausübungsgemeinschaft als solche,
sondern jeder einzelne der in ihr zusammengeschlossenen Ärzte.
Werden – wie hier – im MVZ ärztliche Leistungen durch angestellte Ärzte erbracht, beansprucht § 17 Abs. 2 BO auch
für diese Ärzte Geltung. Denn § 17 Abs. 1 BO, der die Ausübung ambulanter ärztlicher Tätigkeit außerhalb von
Krankenhäusern an die Niederlassung in einer Praxis bindet, verlangt keine "eigene" Praxis. Dementsprechend muss
die darin enthaltene Bindung der ärztlichen Tätigkeit an einen Praxissitz ebenso wie die auf zwei weitere Orte
begrenzte Ausnahme, die § 17 Abs. 2 BO hiervon macht, auch auf angestellte Ärzte anwendbar sein. Dies ergibt sich
auch aus § 23 Abs. 1 BO, wonach die Regeln der BO auch für Ärzte gelten, die ihre ärztliche Tätigkeit im Rahmen
eines privatrechtlichen Arbeitsverhältnisses ausüben. Daraus dass § 17 Abs. 2 BO für alle im MVZ tätigen Ärzte
Geltung beansprucht, lässt sich aber nicht ableiten, dass das MVZ selbst nur an zwei weiteren Orten tätig sein darf.
§ 17 Abs. 2 BO ist – anders als die Beklagte meint – auf ein MVZ selbst auch nicht entsprechend anwendbar. Die BO
enthält insoweit schon keine Regelungslücke. Da ein MVZ als ärztlich geleitete Einrichtung (vgl. § 95 Abs. 1 Satz 2
SGB V) nicht Mitglied der SLÄK sein kann, unterliegt ihre Tätigkeit als solche nicht der Regelungskompetenz der
SLÄK. Träger beruflicher Pflichten, die in der BO näher geregelt werden können (§ 16 Abs. 3, § 17 Abs. 1 und 2
SächsHKaG), kann eine MVZ nicht sein, weil es sich dabei immer um Berufspflichten der Mitglieder der SLÄK, die
ihren (ärztlichen) Beruf ausüben, handeln muss (vgl. § 16 Abs. 2 Halbs. 1 und Abs. 3 Satz 1 SächsHKaG). Die
analoge Anwendung des § 17 Abs. 2 BO auf das MVZ lässt sich auch nicht aus Bestimmungen des
Vertragsarztrechts ableiten, die für das MVZ die entsprechende Geltung der Bestimmungen anordnen, die sich auf
Ärzte beziehen (§ 72 Abs. 1 Satz 2 SGB V, § 1 Abs. 3 Ärzte-ZV, § 1 Abs. 6 BMV-Ä/§ 1 Abs. 8 EKV-Ä). Denn diese
Bestimmungen gelten nur für das Vertragsarztrecht. Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass sowohl beim
Vertragsarzt als auch beim MVZ die Zulassung für den Ort der Niederlassung (Vertragsarztsitz) erfolgt (§ 95 Abs. 1
Satz 7 SGB V). Hieraus lässt sich nicht schließen, dass die Bestimmung des § 17 Abs. 1 BO samt der dazu in § 17
Abs. 2 BO gemachten Ausnahme nicht nur für den darin ausdrücklich genannten Arzt, sondern auch für das nicht
erwähnte MVZ zu gelten hat. Ein derartiger Rückschluss aus § 95 Abs. 1 Satz 7 SGB V lässt sich mit der
beschränkten Regelungskompetenz der SLÄK nicht vereinbaren. Zudem steht ihm § 16 Abs. 4 Satz 6 und 7
SächsHKaG entgegen, wonach die Bestimmungen des Vertragsarztrechts zum MVZ durch die Regelung der
Berufspflichten in der BO unberührt bleiben.
Die Höchstzahlbestimmung des § 17 Abs. 2 Satz 1 BO beschränkt die Zahl der Nebenbetriebsstätten eines MVZ
auch nicht deshalb, weil die für ein MVZ erforderliche ärztliche Leitung (§ 95 Abs. 1 Satz 2 SGB V) eine ärztliche
Tätigkeit im Sinne dieser berufsrechtlichen Bestimmung darstellt. Die Klägerin hat zu Recht darauf hingewiesen, dass
unter "ärztlicher Tätigkeit" die Ausübung der Heilkunde unter der Berufsbezeichnung Arzt (§ 2 Abs. 5
Bundesärzteordnung) und unter "Ausübung der Heilkunde" jede berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit
zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen, auch wenn sie
im Dienste von anderen ausgeübt wird (§ 1 Abs. 2 Heilpraktikergesetz), zu verstehen ist. So verstanden entspricht die
"ärztliche Tätigkeit" der "ärztlichen Behandlung" im Sinne des § 28 Abs. 1 SGB V. Mit der von § 95 Abs. 1 Satz 2
SGB V für das MVZ verlangten "ärztlichen Leitung" ist eine "ärztliche Tätigkeit" im vorbenannten Sinne nicht
verbunden.
Bis zur Änderung des § 95 Abs. 1 Satz 1 SGB V durch Art. 6 Nr. 16 des Pflege-Weiterentwicklungsgesetzes vom
30.05.2008 (BGBl. I S. 874) konnten neben Ärzten nur ärztlich geleitete Einrichtungen an der vertragsärztlichen
Versorgung teilnehmen. Bei der "ärztlich geleiteten Einrichtung" handelte es sich bis zur Einfügung der Regelungen
über das MVZ durch das GKV-Modernisierungsgesetz vom 14.11.2003 (BGBl. I S. 2190) um einen Oberbegriff für
Hochschulambulanzen (§ 117 SGB V), psychiatrische Institutsambulanzen (§ 118 SGB V), sozialpädiatrische Zentren
(§ 119 SGB V) und fortbestehende Einrichtungen des DDR-Gesundheitswesens (§ 311 Abs. 2 SGB V). Was unter der
geforderten "ärztlichen Leitung" zu verstehen war, geht aus § 119 Abs. 1 Satz 1 SGB V und § 107 Abs. 1 Nr. 2 SGB
V hervor, wonach die Einrichtung (bei den Hochschulambulanzen und psychiatrische Institutsambulanzen das diese
betreibende Krankenhaus) fachlich-medizinisch unter ständiger ärztlicher Leitung zu stehen hat. Demnach muss sich
die ärztliche Leitung zum einen auf die Einrichtung als Ganzes beziehen und wird zum anderen nur in fachlich-
medizinischer Hinsicht verlangt. Zudem ergibt sich aus § 107 SGB V, dass zwischen leitungsbezogenen
Anforderungen und der fachlichen Verantwortung für die zu erbringenden Leistungen zu unterscheiden ist (näher dazu
BSG, Urteil vom 22.04.2009 – B 3 P 14/07 R - juris Rn. 12 ff.; s.a. Wahl in: jurisPK-SGB V, § 107 Rn. 22, 27, 45):
Während das Erfordernis der ärztlichen Leitung in § 107 Abs. 1 Nr. 2 SGB V auf die Einrichtung als Ganzes abstellt
und verlangt, dass die Organisation der gesamten Betriebsabläufe in fachlich-medizinischer Hinsicht ärztlich gesteuert
werden, bezieht sich das Merkmal der ärztlichen Verantwortung in § 107 Abs. 2 Nr. 2 SGB V auf die konkrete
Behandlung im Einzelfall. Dementsprechend wurde das Erfordernis der ärztlichen Leitung in § 95 Abs. 1 Satz 1 SGB
V gestrichen, als mit der Neufassung des § 119b SGB V auch stationäre Pflegeeinrichtungen unter bestimmten
Voraussetzungen in die vertragsärztliche Versorgung einbezogen wurden, obwohl diese als Ganzes regelmäßig nicht
ärztlich geleitet sind (vgl. BT-Druck. 16/7439, S. 98).
Mit dem ärztlichen Leitungsvorbehalt, der beim MVZ nach § 95 Abs. 1 Satz 2 SGB V weiterhin besteht, soll
sichergestellt werden, dass in fachlich-medizinischer Hinsicht die Organisation der Betriebsabläufe des MVZ ärztlich
gesteuert werden. Wie § 95 Abs. 1 Satz 5 SGB V zeigt, muss die ärztliche Leitung nicht notwendig durch eine
einzelne Person erfolgen. Entscheidend ist nur, dass in der Leitung des MVZ als Ganzem Ärzte allein für die fachlich-
medizinischen Aufgaben zuständig sind. Diese ärztliche Leitung muss in fachlich-medizinischen Fragen von
Gesellschaftern und Geschäftsführung des MVZ weisungsunabhängig sein (Pawlita in: jurisPK-SGB V § 95 Rn. 81).
Insoweit korrespondiert der ärztliche Leitungsvorbehalt mit dem Berufsrecht, nach dem der Arzt hinsichtlich seiner
ärztlichen Entscheidungen keine Weisungen von Nichtärzten entgegennehmen darf (§ 2 Abs. 4 BO). Sind die
leitungsbezogenen Anforderungen von der fachlichen Verantwortung für die zu erbringenden Leistungen zu
unterscheiden, hat der ärztliche Leiter eines MVZ die unmittelbare persönliche Verantwortung für jede konkrete
Behandlung im Einzelfall zu tragen. Die ärztliche Leitung des MVZ ist nicht als persönliche Leitung der Arztpraxis im
Sinne des § 1a Nr. 25 BMV-Ä/EKV-Ä zu verstehen, die Voraussetzungen erfordert, nach denen bei in der Arztpraxis
beschäftigten und angestellten Ärzten im Hinblick auf deren Zahl, Tätigkeitsumfang und Tätigkeitsinhalt sichergestellt
ist, dass der Praxisinhaber den Versorgungsauftrag im notwendigen Umfang auch persönlich erfüllt und dafür die
Verantwortung trägt. Vielmehr stellt das Erfordernis der ärztlichen Leitung in § 95 Abs. 1 Satz 2 SGB V auf die
Einrichtung als Ganzes abstellt und verlangt allein eine ärztliche Steuerung der Organisation der gesamten
Betriebsabläufe in fachlich-medizinischer Hinsicht. Eine ärztliche Behandlungstätigkeit im konkreten Einzelfall, wie sie
§ 17 Abs. 2 BO im Auge hat, ist damit nicht verbunden.
3. Die Berufung der Beklagte hat auch nicht deshalb Erfolg, weil die beantragte Genehmigung von vornherein zu
versagen wäre.
a) Nach § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Ärzte-ZV sind vertragsärztliche Tätigkeiten außerhalb des Vertragsarztsitzes an
weiteren Orten zulässig, wenn und soweit dies die Versorgung der Versicherten an den weiteren Orten verbessert.
Ob und inwieweit hierbei Gesichtspunkte der Bedarfsplanung zu berücksichtigen sind, ist umstritten. Wortlaut und
Entstehungsgeschichte sprechen dafür, dass mit der durch das VÄndG zum 01.01.2007 erfolgten Änderung des § 24
Ärzte-ZV die Filialtätigkeit erleichtert werden sollte. Nach der Rechtslage unter dem bis zum 31.12.2006 geltenden §
15a Abs. 1 BMV-Ä/EKV-Ä hing die Genehmigung einer Zweigpraxis davon ab, dass diese zur Sicherung einer
ausreichenden Versorgung erforderlich war. Demgegenüber genügt nach § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Ärzte-ZV eine
Verbesserung der Versorgung. Damit scheiden Sicherstellungsanforderungen im Sinne des § 116 Satz 2 SGB V aus.
Auch ein Bezug zur Bedarfsplanung im Sinne der §§ 99 ff. SGB V ist § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Ärzt-ZV nicht
unmittelbar entnehmen. Allerdings ist unverkennbar, dass mit der Genehmigung von Nebenbetriebsstätten die
Bedarfsplanung teilweise unterlaufen werden kann (Dahm/Ratzel in: MedR 2006, 555, 563). Ausgehend hiervon wird
vertreten, in einem gesperrten Planungsbereich stehe eine weitere vertragsärztliche Tätigkeit grundsätzlich im
Widerspruch zu den Zielen des Bedarfsplanungsrechts und könne deshalb keine Verbesserung der Versorgung
darstellen; eine Ausnahme sei unter Berücksichtigung von § 24 Satz Buchst. a und b Bedarfsplanungs-Richtlinie-
Ärzte nur entweder bei lokalem quantitativen Versorgungsbedarf in Teilen eines Planungsbereichs oder bei
besonderem qualitativem Versorgungsbedarf möglich (Schallen, Ärzte-ZV, § 24 Rn. 648 ff.). Auch wird vertreten, dass
eine Verbesserung der Versorgung eine Bedarfslücke voraussetze, die zwar nicht unbedingt geschlossen werden
müsse, die aber nachhaltig eine durch Angebot oder Erreichbarkeit veränderte und im Sinne der vertragsärztlichen
Versorgung verbesserte Versorgungssituation herbeiführe (Pawlita in: jurisPK-SGB V, § 95 Rn. 236). Dem wird
entgegengehalten, selbst eine solche nur abgeschwächte Bedarfsprüfung sei mit dem Willen des Gesetzgebers nicht
vereinbar, der eine Bedarfsprüfung gerade habe ausschließen wollen; eine Verbesserung der Versorgung sei daher
bereits dann gegeben, wenn Fahrt- und/oder Wartezeiten verkürzt oder neue Leistungen durch besondere
Qualifikationen bzw. entsprechende medizinisch-technische Ausstattungen vor Ort erbracht werden könnten
(Orlowski/Halbe/Karch, Vertragsarztrechtsänderungsgesetz, S. 34 f, 98; Wollersheim, GesR 2008, 281, 282).
Sicher wird die Versorgung am weiteren Orten dann verbessert, wenn in dem betreffenden Planungsbereich eine
bedarfsplanungsrechtliche Unterversorgung vorliegt (Pawlita in: jurisPK-SGB V, § 95 Rn. 238). Der Senat neigt zu der
Auffassung, dass in gesperrten Bereichen grundsätzlich auch bedarfsplanungsrechtliche Gesichtspunkte für die Frage
relevant sind, ob die Nebenbetriebsstätte zu einer Versorgungsverbesserung beiträgt (so auch Landessozialgericht
Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10.12.2008 - L 11 KA 47/08 - juris Rn. 52).
Selbst wenn Gesichtspunkte der Bedarfsplanung zu berücksichtigen sind, scheidet die Genehmigung der
Nebenbetriebsstätten im vorliegenden Fall nicht von vornherein aus. Soweit in den Nebenbetriebsstätten hausärztliche
Leistungen erbracht werden sollen, ergibt sich dies bereits daraus, dass der Planungsbereich D. -Stadt für Hausärzte
nicht gesperrt ist (Bekanntmachung des Landesausschusses der Ärzte und Krankenkassen vom 29.04.2009, KVS-
Mitteilungen 5/2009 S. III, IV). Soweit am Standort Y Straße radiologische Leistungen erbracht werden sollen, steht
der Genehmigung der Nebenbetriebsstätte nicht entgegen, dass der Planungsbereich D. -Stadt für Radiologen
gesperrt ist (Bekanntmachung des Landesausschusses der Ärzte und Krankenkassen vom 29.04.2009, KVS-
Mitteilungen 5/2009 S. III, IV). Denn insoweit ist zu berücksichtigen, dass für den Standort Y Straße. eine
Praxisnachfolge nach § 103 Abs. 4a SGB V erfolgt ist und aufgrund des in diesem Rahmen ergangenen Beschlusses
der Zulassungsgremien ein Versorgungsauftrag besteht, an den eine KÄV gebunden ist, die daher den
Versorgungsbedarf bei der Prüfung des § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Ärzte-ZV nicht verneinen darf (SG Marburg, Urteil
vom 16.07.2008 - S 12 KA 45/08 - juris Rn. 48 f.).
b) Nach § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Ärzte-ZV setzt die Genehmigung von Nebenbetriebsstätten voraus, dass dadurch
die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragsarztsitzes nicht beeinträchtigt wird. In diesem
Rahmen sind auch die Limitierungen zu berücksichtigen, die sich aus § 17 Abs. 1a BMV-Ä/§ 13 Abs. 7a EKV-Ä
ergeben.
Für die in § 17 Abs. 1a Satz 1 und 4 BMV-Ä/§ 13 Abs. 7a Satz 1 und 4 EKV-Ä geforderte Mindestpräsenz von 20
Wochensprechstunden am Vertragsarztsitz genügt, dass diese durch einen Arzt des MVZ erfüllt werden. Dies ist
nach den Angaben der Klägerin im Verwaltungsverfahren der Fall.
Zudem muss nach § 17 Abs. 1a Satz 3 bis 5 BMV-Ä/§ 13 Abs. 7a Satz 3 bis 5 EKV-Ä auch in einem MVZ die
Gesamttätigkeitszeit am Vertragsarztsitz alle Tätigkeiten außerhalb des Vertragsarztsitzes zeitlich insgesamt
überwiegen (Pawlita in: jurisPK § 95 Rn. 213 f. und 248). Auch dies trifft hier nach den Angaben der Klägerin im
Verwaltungsverfahren zu. Danach werden am Vertragsarztsitz 102,5 Wochensprechstunden erbracht und sind an den
Nebenbetriebsstätten – einschließlich der streitigen – 101,5 Wochensprechstunden geplant. Dies genügt gerade noch
den Anforderungen von § 17 Abs. 1a Satz 3 bis 5 BMV-Ä/§ 13 Abs. 7a Satz 3 bis 5 EKV-Ä.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 154 Abs. 2
Verwaltungsgerichtsordnung.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) bestehen nicht.
Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 47 Abs. 1 und 2, § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz und entspricht
demjenigen im erstinstanzlichen Verfahren.