Urteil des LSG Sachsen vom 23.09.2010

LSG Fss: abkommen über den europäischen wirtschaftsraum, fza, freizügigkeit der arbeitnehmer, avg, eugh, berufliche wiedereingliederung, dienstleistungsfreiheit, vergütung, arbeitsvermittler

Sächsisches Landessozialgericht
Urteil vom 23.09.2010 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Leipzig S 4 AS 2188/06
Sächsisches Landessozialgericht L 2 AS 8/09
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 14.11.2008 aufgehoben und die
Klage abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen.
III. Der Streitwert wird bis zum 14.11.2008 auf 2.000,00 EUR und ab dem 14.11.2008 auf 1.000,00 EUR festgesetzt.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Auszahlung einer Vermittlungsvergütung für die Vermittlung eines Arbeitssuchenden
an einen Arbeitgeber in der Sch ...
Die Klägerin betreibt in der Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts eine private Arbeitsvermittlung mit Sitz in L
... Der Beigeladene, R. P. , hatte die Klägerin beauftragt, ihn in ein festes Arbeitsverhältnis zu vermitteln. Die
vereinbarte Vermittlungsgebühr betrug 2.000,00 EUR. Die Beklagte stellte dem beigeladenen Arbeitssuchenden am
17.03.2006 einen Vermittlungsgutschein über 2.000,00 EUR mit Gültigkeit vom 17.03.2006 bis zum 16.06.2006 aus.
Am 03.05.2006 schlossen der Beigeladene und die Klägerin einen "Arbeitsvermittlungsvertrag". Die Klägerin stellte
am 19.06.2006 bei der Beklagten einen Antrag auf Auszahlung eines Vermittlungsgutscheins nach § 421g Drittes
Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) in Höhe von zunächst 1.000,00 EUR. Dem Antrag hatte die Klägerin eine Kopie
eines Vermittlungsgutscheins über 2.000,00 EUR (§ 16 Abs. 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) i.V.m. § 421g
SGB III) beigefügt. Des Weiteren hatte sie eine Kopie ihrer Gewerbeummeldung der Betriebsstätte ihres Gewerbes
beigefügt sowie eine Kopie des Vermittlungsauftrages des Beigeladenen und eine Beschäftigungsbestätigung der "O.
P. AG", St. G. , Sch. , über ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis, welches beginnend am 08.05.2006 mit dem
Beigeladenen geschlossen worden sei. Es handelte sich nach den Angaben auf der Beschäftigungsbestätigung um
ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis.
Mit Bescheid vom 13.07.2006 lehnte die Beklagte die Auszahlung eines Vermittlungsgutscheins nach § 421g SGB III
mit der Begründung ab, dass der Beigeladene eine Beschäftigung bei der Fa. O. P. AG in St. G. (Sch. )
aufgenommen habe. Ein Vergütungsanspruch bestehe nach der Systematik des Sozialgesetzbuches (SGB III und
SGB IV) nur bei Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung im Inland.
Gegen den ablehnenden Bescheid legte die Klägerin am 19.07.2006 Widerspruch ein. Auch der Beigeladene legte
gegen die ablehnende Entscheidung am 19.07.2006 bei der Beklagten Widerspruch ein.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29.11.2006 wurde der Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurückgewiesen.
Hiergegen hat die Klägerin am 27.12.2006 beim Sozialgericht Leipzig (SG) Klage erhoben.
Nachdem am 11.01.2007 (Az.: C-208/05) der EuGH ein Urteil erlassen hatte ("ITC"-Entscheidung, Slg. 2007, I-00181,
zitiert nach Juris), wonach eine Beschränkung des § 421g Abs. 1 Satz 4 SGB III auf Vermittlungen ins Inland
europarechtswidrig sei, hatte die Bundesagentur für Arbeit eine entsprechende Dienstanweisung im Laufe des
Verfahrens erlassen, wonach es zur Umsetzung des Urteils keiner gesetzlichen Öffnungsklausel in § 421g SGB III
bedürfe. Die Umsetzung könne im Wege der europarechtskonformen Auslegung des § 421g Abs. 1 Satz 4 SGB III
erfolgen. Die Dienstanweisung wurde daher wie folgt gefasst: "Vermittlungsgutschein (VGS) ist auch im Falle der
Vermittlung in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung im EU-/EWR-Ausland oder in der Sch. auszuzahlen."
(Bl. 27 SG)
Die Beklagte hatte sich zunächst mit Schriftsatz vom 04.09.2007 grundsätzlich bereit gefunden, die Vermittlung in die
Sch. zu vergüten. Noch bevor jedoch die Klägerin fehlende Unterlagen zum Nachweis der
Vergütungsvoraussetzungen zur Gerichtsakte gereicht hatte, wurde die entsprechende Dienstanweisung erneut
geändert, eine Vergütung für die Vermittlung in die Sch. wurde im Unterschied zur Vermittlung in EU- oder EWR-
Mitgliedsstaaten ausgeschlossen. Die Beklagte hat daraufhin die Vergütung für die Vermittlung in die Sch. abgelehnt.
Im Rahmen des Verfahrens hat die Klägerin den mit der Klageschrift begehrten Vermittlungsauszahlungsbetrag von
2.000,00 EUR auf 1.000,00 EUR reduziert.
Mit Urteil vom 14.11.2008 hat das SG der Klage stattgegeben und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 1.000,00
EUR zu zahlen. Die vom Beigeladenen in der Sch. aufgenommene Tätigkeit stelle ein sozialversicherungspflichtiges
Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 421g Abs. 1 Satz 4 SGB III dar. Unter Berücksichtigung des Abkommens
zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedsstaaten einerseits und der Sch. Eidgenossenschaft
andererseits über die Freizügigkeit (im Folgenden: FZA) sei § 421g Abs. 1 Satz 4 SGB III so auszulegen, dass nicht
nur sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen im Sinne der §§ 3, 4 und 5 SGB IV erfasst seien, sondern dass
auch eine Beschäftigung in der Sch. das Tatbestandsmerkmal der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung
erfülle. Nach der Entscheidung des EuGH vom 11.01.2007 (ITC, Az.: C-208/05, Slg. 2007, I-00181, zitiert nach Juris)
sei eine Auslegung des § 421g Abs. 1 Satz 4 SGB III, die auf den Geltungsbereich des bundesdeutschen
Sozialgesetzbuches beschränkt sei, europarechtswidrig und verstoße gegen die Artikel 39, 49 und 50 EGV. Die
Vorschrift sei daher europarechtskonform dahingehend auszulegen, dass auch eine Beschäftigung innerhalb von
Staaten der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraumes den Begriff der
sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung erfüllen könne. Zwar sei die Sch. weder Mitglied der Europäischen
Union, noch sei sie dem Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum beigetreten. In dem zwischen der
Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedsstaaten einerseits und der Sch. Eidgenossenschaft andererseits
abgeschlossenen Freizügigkeitsabkommen (FZA), welches am 21.06.1999 unterzeichnet und am 01.06.2002 in Kraft
getreten sei, sei in Artikel 4 i.V.m. Anhang 1, Artikel 6, 8, 9, Ziff. 1 aber ebenfalls eine umfangreiche
Arbeitnehmerfreizügigkeit vereinbart, so dass die vom EuGH in der "ITC-Entscheidung" (a.a.O.) ausgeführten
Grundsätze auch auf das Verhältnis Deutschlands zur Sch. übertragbar seien. Artikel 4 FZA i.V.m. Anhang 1, Artikel
8, 9 Nr. 1 garantiere den Arbeitnehmern im Geltungsbereich des FZA sowohl das Recht auf berufliche und
geografische Mobilität, als auch das Recht, hinsichtlich der Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen und im Hinblick
auf berufliche Wiedereingliederung oder Wiedereinstellung nicht diskriminiert zu werden. Nach der Rechtsprechung
des EuGH könnten diese Rechte nur dann ihre volle Wirkung entfalten, wenn die Arbeitgeber ein entsprechendes
Recht darauf hätten, Arbeitnehmer nach Maßgabe der Bestimmungen über die Freizügigkeit einzustellen. Da die
Arbeitnehmerfreizügigkeit somit auch auf die Phase der Anbahnung eines Arbeitsvertrages und der Einstellung eines
Arbeitnehmers ausstrahle, könne sich auch ein privater Arbeitsvermittler auf diese Rechte berufen. Diese
Rechtsprechung des EuGH sei auf den Anwendungsbereich des FZA übertragbar, so dass nach der gebotenen
völkerrechtsvertragskonformen Auslegung des § 421g Abs. 1 Satz 4 SGB III auch eine Tätigkeit in der Sch.
tatbestandsmäßig sein könne. Die Übertragbarkeit der Rechtsprechung des EuGH gelte insbesondere hinsichtlich der
Reichweite der Grundfreiheiten (hier: der Arbeitnehmerfreizügigkeit) und hinsichtlich des hieraus folgenden
Beschränkungsverbotes. Auch der von der Beklagten herangezogene Vorbehalt in Anhang 1, Artikel 22 Nr. 3 FZA,
stehe der Anwendung nicht entgegen. Denn Anhang 1 Artikel 22 berühre lediglich die gemäß Artikel 5 FZA
gewährleistete Dienstleistungsfreiheit, nicht aber die in Artikel 4 FZA verankerte Arbeitnehmerfreizügigkeit. Abschnitt
IV des Anhangs 1 zum FZA regele ausweislich seiner systematischen Stellung und seiner Überschrift ausschließlich
die Ausgestaltung der Dienstleistungsfreiheit. Demgegenüber werde die Ausgestaltung der Arbeitnehmerfreizügigkeit
in Abschnitt II des Anhangs 1 zur FZA geregelt. Da das Erfordernis der erweiternden Auslegung des Begriffs der
sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nicht aus der Dienstleistungsfreiheit, sondern aus der
Arbeitnehmerfreizügigkeit folge, lasse sich die einschränkende Ausgestaltung der Dienstleistungsfreiheit die oben
vorgenommene völkervertragliche Auslegung unberührt. Im Übrigen stellten die genannten Ausnahmevorschriften
auch ihrem Inhalt nach keine Einschränkung der gewährten Arbeitnehmerfreizügigkeit dar. Vielmehr gelte das sch.
AVG neben der in der FZA getroffenen Regelung weiter. Der Sch. stehe es frei, Verstöße gegen das AVG zu
sanktionieren. Der Bundesrepublik Deutschland und den ihr angegliederten Behörden bzw. Körperschaften werde
durch Anhang 1 Artikel 22 FZA nicht die Pflicht auferlegt, im Verwaltungsverfahren inzident die Einhaltung der
Vorschrift des sch. AVG zu überprüfen. Vielmehr sei die Bundesrepublik Deutschland aufgrund der vereinbarten
Arbeitnehmerfreizügigkeit grundsätzlich verpflichtet, die Vermittlungsvergütung ohne Überprüfung der Einschlägigkeit
und Erfüllung der sch. Normen des AVG auszuzahlen.
Gegen das am 16.12.2008 zugegangene Urteil hat die Beklagte am 08.01.2009 beim Sächsischen
Landessozialgericht Berufung eingelegt.
Sie vertritt die Auffassung, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Auszahlung einer Vermittlungsvergütung für die
direkte Vermittlung des beigeladenen Arbeitnehmers gemäß § 421g Abs. 1 Satz 4, Abs. 2 Satz 3 SGB III in der
Fassung bis zum 31.12.2007 in der Sch. habe. Die Sch. sei kein Mitgliedsstaat der Europäischen Gemeinschaft und
gehöre auch nicht dem EWR an. Zwischen der EU und ihren Mitgliedsstaaten einerseits und der Sch. andererseits sei
zwar das Freizügigkeitsabkommen geschlossen worden. Dies schließe aber die Honorierung einer
Beschäftigungsaufnahme in der Sch. aus. Das FZA sehe hinsichtlich der Dienstleistungsfreiheit (Artikel 5 des
Abkommens i.V.m. Artikel 17 ff. seines Anhangs 1) einen Ausnahmetatbestand für die Arbeitsvermittlung in Artikel 22
Abs. 3 i Anhang 1 vor. Danach blieben die jeweiligen Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Sch. im Bereich der
Arbeitsvermittlung unberührt. Eine Vermittlungsvergütung gemäß § 421g SGB III könne nur für eine Vermittlung
innerhalb Deutschlands bzw. in das EU-/EWR-Ausland ausgezahlt werden. Die Honorierung einer
Beschäftigungsaufnahme in der Sch. sei nach dem Freizügigkeitsabkommen EG/Sch. ausgeschlossen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 14.11.2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend und geht von einer Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung einer
Vermittlungsvergütung auch in die Sch. aus.
Dem Senat lagen die Verfahrensakten beider Instanzen sowie die Verwaltungsakte vor. Sie waren Gegenstand der
mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe:
Auf die Berufung der Beklagten war das Urteil des SG vom 14.11.2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen. Der
Bescheid der Beklagten vom 13.07.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.11.2006 ist rechtmäßig
und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung einer
Vermittlungsvergütung für die Vermittlung des Beigeladenen in die Sch ...
Die Berufung ist zulässig. Wie zutreffend vom SG ausgeführt, ist der Rechtsweg zu den Gerichten der
Sozialgerichtsbarkeit gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 4a SGG eröffnet, da die Klägerin für ihre Vermittlungstätigkeit des
Beigeladenen einen eigenen öffentlich-rechtlichen Anspruch auf Vermittlungsvergütung gegen die Beklagte geltend
macht (vgl. hierzu: BSG, Az.: B 7b AL 56/05 R, zitiert nach Juris, Rdnr. 11).
Die Voraussetzungen für einen Anspruch nach § 16 Abs. 1 SGB II i.V.m. § 421g Abs. 2 Satz 2 SGB III in der vom
01.01.2005 bis 07.11.2006 geltenden Fassung (im Folgenden a.F.) des Artikels 1 des Gesetzes vom 24. März 1997
(BGBl. I S. 594) liegen nicht vor.
Nach § 421g Abs. 1 Satz 1 SGB III haben Arbeitnehmer, die Anspruch auf Arbeitslosengeld haben und nach einer
Arbeitslosigkeit von sechs Wochen innerhalb einer Frist von drei Monaten noch nicht vermittelt sind, oder eine
Beschäftigung ausüben oder zuletzt ausgeübt haben, die als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme oder als
Strukturanpassungsmaßnahme nach dem 6. Abschnitt des 6. Kapitels gefördert wird oder wurde, Anspruch auf einen
Vermittlungsgutschein. Satz 4 - Mit dem Vermittlungsgutschein verpflichtet sich die Agentur für Arbeit, den
Vergütungsanspruch eines vom Arbeitnehmer eingeschalteten Vermittlers, der den Arbeitnehmer in eine
sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit einer Arbeitszeit von mindestens Stunden wöchentlich vermittelt hat,
nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu erfüllen. Satz 5 - Der Vermittlungsgutschein gilt für einen Zeitraum
von jeweils drei Monaten. Abs. 2 – Der Vermittlungsgutschein, einschl. der darauf entfallenen gesetzlichen
Umsatzsteuer, wird in Höhe von 2.000,00 EUR ausgestellt. Die Vergütung wird in Höhe von 1.000,00 EUR nach einer
sechswöchigen und der Restbetrag nach einer sechsmonatigen Dauer des Beschäftigungsverhältnisses gezahlt. Die
Leistung wird unmittelbar an den Vermittler gezahlt. Die Vorschrift setzt voraus, dass der Vermittler den Arbeitnehmer
in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit einer Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich
vermittelt hat.
Die Vorschrift setzt damit vorbehaltlich gemeinschaftsrechtlicher, zwischenstaatlicher oder sonstiger supranationaler
Verpflichtungen voraus, dass die Vermittlung im Inland erfolgt. Denn mit dem sozialversicherungspflichtigen
Beschäftigungsverhältnis ist ein solches im Sinne des Sozialgesetzbuches gemeint. Allerdings hat der EuGH
entschieden, dass eine solche Auslegung des § 421g Abs. 1 Satz 4 SGB III gegen die Artikel 39, 49 und 50 EGV
verstößt und europarechtskonform dahingehend auszulegen ist, dass auch eine Beschäftigung innerhalb von Staaten
der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums den Begriff der sozialversicherungspflichtigen
Beschäftigung erfüllen kann (EuGH, Urteil vom 11.01.2007 – ITC – Az.: C-208/05, Slg. 2007, I-00181, zitiert nach
Juris).
In dieser Entscheidung hatte der EuGH entschieden, dass sich nicht nur Arbeitnehmer, sondern auch private
Arbeitsvermittler auf diese Vorschriften berufen können (vgl. Romersbach, in: Aicher/Schlegel, SGB III, § 421g Rdnr.
42a, Stand: August 2007). Die Sch. ist jedoch weder Mitglied der Europäischen Union, noch ist sie dem Abkommen
über den Europäischen Wirtschaftsraum beigetreten.
Allerdings regelt das Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedsstaaten einerseits und
der Sch. Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit (im Folgenden: FZA, s. hierzu: Gesetz zu dem
Abkommen zwischen der EG und ihren Mitgliedsstaaten einerseits und der Sch. Eidgenossenschaft andererseits über
die Freizügigkeit vom 02.09.2001 [BGBl. II, S. 810]), in Art. 4 i.V.m. Anhang 1, Art. 6,8,9 Ziff. 1 ebenfalls eine
umfangreiche Arbeitnehmerfreizügigkeit, jedoch steht gerade dieses Abkommen einem Anspruch der Klägerin auf eine
Vergütung nach § 421g Abs. 2 Satz 2 SGB III entgegen (so auch: Sächsisches LSG, Beschluss vom 03.09.2008,
Az.: L 1 B 341/08 AL-ER, Rd-Nrn. 32 ff., zitiert nach Juris).
Wie bereits oben ausgeführt, erlaubt die Auslegung von § 421g SGB III nach nationalem Recht lediglich eine
Vermittlung in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse im Inland. Sofern hierunter auch eine
Vermittlung ins Ausland zu verstehen sein soll, setzt dieses voraus, dass entweder Gemeinschaftsrecht oder
sonstige zwischenstaatliche oder supranationale Verträge unmittelbar anzuwenden sind; letzteres nur soweit die
Verträge in bundesdeutsches Recht inkorporiert worden sind.
Sofern jedoch die Vorschrift des § 421g SGB III auf den Bereich des Auslands aufgrund des FZA-Abkommens
ausgedehnt werden soll, ist dies nur zulässig, sofern es sich im Bereich dessen bewegt, was der Vertrag regelt und
zulässt.
Anhang 1 Artikel 22 Abs. 3 Buchst i bestimmt, dass das Abkommen für die Erbringung von Dienstleistungen in Bezug
auf Tätigkeiten der Arbeitsvermittlungs- und Verleihunternehmen gilt. Danach bleiben die bestehenden Rechts- und
Verwaltungsvorschriften jeder Vertragspartei im Bereich der Tätigkeiten der Arbeitsvermittlungs- und
Verleihunternehmen unberührt. Das FZA erlaubt keine direkte Vermittlung von Arbeitnehmern aus Deutschland an
Arbeitgeber in die Sch. durch einen in Deutschland ansässigen Arbeitsvermittler.
Der 1. Senat des Sächsischen LSG hat in dem oben genannten Beschluss (a.a.O., Rdnr. 33) hierzu ausgeführt: "Der
Sch. als Vertragspartner kommt es aufgrund des in Anhang 1 Artikel 22 Abs. 3 Buchst i des Abkommens erklärten
Vorbehalts allein darauf an, dass die Interessen des sch. Arbeitsvermittlungsmonopols geschützt werden, nicht
jedoch will sie ausländische Privatarbeitsvermittler durch das Abkommen begünstigen. Daher verbietet sich aufgrund
der vorgenannten speziellen Abkommensregelung, unter Berufung auf die Förderung der Freizügigkeit der
Arbeitnehmer mittelbar gleichwohl, die nicht in der Sch. ansässigen privaten Arbeitsvermittler im Rahmen der
Auslegung des § 421g Abs. 1 Satz 4, Abs. 2 SGB III zu begünstigen."
Gemäß Anhang 1 Artikel 22 Nr. 3 Buchst i bleiben die zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Abkommens
bestehenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften jeder Vertragspartei im Bereich der Tätigkeit der Arbeitsvermittlung
unberührt. Insbesondere gelten damit die Artikel 2, 3, 39 des sch. Bundesgesetzes über die Arbeitsvermittlung und
den Personalverleih (Arbeitsvermittlungsgesetz, im Folgenden: AVG) vom 06.10.1989 (SR 823.11, AS 1991, 392) fort.
Der erkennende Senat schließt sich der Rechtssprechung des 1. Senats in diesem Punkt ausdrücklich an und hält sie
auch im hier zu entscheidenden Fall für zutreffend.
Dies bedeutet, dass nach dem sch. Bundesgesetz über die Arbeitsvermittlung private Arbeitsvermittlung eine
Bewilligungspflicht voraussetzt (Artikel 2 Abs. 1 AVG). Dies umfasst sowohl eine kantonale Betriebsbewilligung als
auch eine Bewilligung des sch. Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO). Gemäß Artikel 3 Abs. 1 a AVG wird die
Bewilligung nur erteilt, wenn u. a. der Betrieb im sch. Handelsregister eingetragen ist. Zudem müssen die für die
Leitung verantwortlichen Personen Sch. Bürger oder Ausländer mit Niederlassungsbewilligung sein (§ 3 Abs. 2 Buchst
a AVG), für eine fachgerechte Vermittlung Gewähr bieten (Artikel 3 Abs. 2 Buchst b AVG) und einen guten Leumund
genießen (Artikel 3 Abs. 2 Buchst c AVG). Die Bewilligung zur Auslandsvermittlung wird nur erteilt, wenn die für die
Leitung verantwortlichen Personen außerdem sicherstellen, dass im Betrieb ausreichende Kenntnisse der
Verhältnisse in den entsprechenden Staaten vorhanden sind (Artikel 3 Abs. 3 AVG). Artikel 39 AVG bewehrt die
vorgenannten Bestimmungen mit Bußgeld.
Die Klägerin verfügt nicht über eine derartige Bewilligung. Die Ausdehnung des Anwendungsbereichs des § 421g SGB
III kann jedoch nicht weiterreichen, als es der völkerrechtliche Vertrag – hier das FZA – erlaubt. Da dieser Vertrag
eine direkte Vermittlung von Arbeitnehmern aus Deutschland an Arbeitgeber in die Sch. durch einen in Deutschland
ansässigen Arbeitsvermittler nicht erlaubt, sofern nicht die entsprechende Bewilligung in der Sch. erteilt wurde, ist
vorliegend die Zahlung der Vermittlungsvergütung an die Klägerin ausgeschlossen.
Dies umso mehr, als die Klägerin nicht einmal eine weitere GmbH zwischengeschaltet hatte, der von der zuständigen
Sch. Behörde die Genehmigung zur privaten Arbeitsvermittlung von Personen aus dem Ausland in die Sch. sowie von
der Sch. ins Ausland erteilt worden war. Selbst in einem solchen Fall ist wegen Verstoßes gegen das FZA die
Vergütung nicht zu zahlen, weil es sich dann um eine rechtswidrige private Arbeitsvermittlung vom Ausland in die
Sch. gehandelt hätte, die durch das Abkommen nicht gedeckt wäre. Ist die GmbH nur pro forma eingebunden
gewesen, ohne eigenverantwortliche Vermittlungsbemühungen zu entfalten oder in einer sich dem Beschwerdeführer
als Erfüllungsgehilfin unterordnenden Weise, entspricht die von der Klägerin vorgenommene Arbeitsvermittlung nicht
den in der Sch. gültigen rechtlichen Vorgaben (vgl. Beschluss des Sächsischen LSG vom 03.09.2008, a.a.O., Rdnr:
44).
Die Regeln über die Freizügigkeit in Anhang 1, 4., Artikel 22 Abs. 3 Buchst i, sind hier als lex specialis zu verstehen,
durch die die Sch. die Tätigkeiten der Arbeitsvermittlungs- und Verleihunternehmen regelt. Eine Auslegung, die eine
Vermittlung mittels Zahlung einer entsprechenden Vermittlungsvergütung durch § 421g SGB III im deutschen Recht
zuließe, und daneben gleichzeitig eine Sanktion durch die sch. Behörden zuließe, ist nicht möglich. Denn mit dem
Freizügigkeitsabkommen hat die Sch ... in der genannten Bestimmung ausdrücklich und speziell den Fall der
Tätigkeiten von Arbeits- und Verleihunternehmen von der Einhaltung der entsprechenden Regelungen, d. h. hier dem
Erfordernis einer sch. Genehmigung, abhängig gemacht. Eine Auslegung, die dessen ungeachtet die deutsche
Vermittlung in die Sch. durch Vergütung unter Außerachtlassung dieser Bestimmung zuließe, würde gegen Sch.
Nationalrecht verstoßen und damit den völkerrechtlichen Vertrag verletzen. Auch wenn das Erfordernis der
erweiternden Auslegung des Begriffs der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nicht aus der
Dienstleistungsfreiheit, sondern aus der Arbeitnehmerfreizügigkeit folgt, kann hier nichts anderes gelten. Denn im
Rahmen des Anhang 1 Artikel 22 Abs. 3 Buchst i sind ausdrücklich die Tätigkeiten der Arbeitsvermittlungs- und
Verleihunternehmen geregelt. Die Arbeitnehmerfreizügigkeit kann hier nicht dazu führen, dass diese Vorschrift generell
missachtet wird.
Auf die Berufung der Beklagten war daher das Urteil des SG vom 14.11.2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Dem Beigeladenen sind keine Kosten aufzuerlegen (§ 154 Abs. 3 VwGO); auch ist es nicht veranlasst, die
außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen der Beklagten oder der Staatskasse aufzuerlegen (§ 162 Abs. 3 VwGO).
Der Streitwert bis zum 14.11.2008 auf 2.000,00 EUR, ab dem 14.11.2008 auf 1.000,00 EUR festgesetzt (§ 63 Abs. 2
Satz 1 GKG). Die Streitwerthöhe folgt aus dem Umfang des im Laufe des Klageverfahrens reduzierten Klageantrags.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.