Urteil des LSG Sachsen vom 31.08.2004

LSG Fss: ddr, berufliche tätigkeit, psychiatrisches gutachten, tarifvertrag, zumutbare tätigkeit, rente, arbeitsmarkt, erwerbsfähigkeit, leistungsfähigkeit, wechsel

Sächsisches Landessozialgericht
Urteil vom 31.08.2004 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Dresden S 4 RJ 540/98
Sächsisches Landessozialgericht L 6 RJ 83/03
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 21.01.2003 wird zurückgewiesen. II.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht
zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Die am ...1961 geborene Klägerin absolvierte nach Abschluss der 8. Klasse vom 01.09.1976 bis 15.02.1979 eine
Ausbildung zur Facharbeiterin für Warenbewegung und erwarb den Facharbeiterabschluss. Anschießend war sie
wegen eines höheren Lohnes bis 30.03.1979 als Expedientin tätig. Fortan ging sie bis zum 28.02.1986 einer
Beschäftigung als Produktionsorganisatorin nach, die sie wegen einer betrieblichen Umsetzung und der Einschulung
ihres Kindes aufgab. Vom 01.04.1986 bis 03.01.1994 arbeitete sie als BLP-Fertigerin I/Bestückerin. Von September
1988 bis zum 21.06.1989 absolvierte sie während der Arbeitszeit eine Ausbildung zur Elektromontiererin. Laut
Arbeitszeugnis vom 20.12.1993 war sie als BLP-Fertigerin mit dem Ausrüsten des Bestückungsplatzes mit
Einzelbauelementen, der Teil- und Komplettbeschichtung von Leiterplatten und nach Erwerb des
Facharbeiterabschlusszeugnisses Elektromontiererin auch mit der Endkontrolle der Bauteile befasst. Außerdem bog
sie nach eigener Angabe Schaltkreiswiderstände, las Schaltpläne, lackierte und lötete Teile. Nach einer Zeit der
Arbeitslosigkeit vom 01.02.1994 bis September 1995 absolvierte sie vom 30.10.1995 bis 25.10.1996 eine berufliche
Fördermaßnahme in den Bereichen Handel, Verkauf, Hauswirtschaft und Pflege mit Praktika im Verkauf. Ab
19.09.1996 war sie arbeitsunfähig geschrieben. Am 10.02.1997 beantragte sie bei der Beklagten Leistungen zur
medizinischen Rehabilitation.
Der Klägerin wurde 1998 eine Zehe wegen Fehlstellung entfernt. 1997 erfolgte eine Operation wegen eines
Leistenbruches links.
Am 09.03.1998 stellte die Klägerin einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.
Im Verwaltungsverfahren lagen der Beklagten neben medizinischen Unterlagen aus früheren Rehabilitationsverfahren
vor: - das für den medizinischen Dienst der Krankenkasse (MDK) am 20.02.1998 erstellte Gutachten, in dem bei
Zustand nach reaktiver Arthritis, Pityriasis lichenoides chronica und Raynaud-Syndroms eingeschätzt wurde, dass
wegen der noch nicht abgeschlossenen Diagnostik eine Beurteilung noch nicht möglich sei; - das vom
Sozialmedizinischen Dienst der Beklagten am 09.06.1998 nach Untersuchung am 29.05.1998 von Dr. R1 ... erstellte
Gutachten, in dem dieser bei rückfälligen Schmerzen und Schwellungen in den Hand- und Fußgelenken rechts
ausgeprägter als links (bei äußerlich unauffälligen Gelenkkonturen ohne entzündliche Zeichen), rezidivierenden
muskulär-statischen Wirbelsäulenbeschwerden, einer Hautinfektion im Sinne einer Pityriasis und hypertoner
Kreislaufregulationsstörung ein vollschichtiges Leistungsvermögen im Umschulungsberuf der Verkäuferin und eine
ebenfalls vollschichtige Leistungsfähigkeit für leichte und mittelschwere körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen
Arbeitsmarkt bescheinigte.
Die Beklagte lehnte unter Verweis auf ein vollschichtiges Leistungsvermögen als Verkäuferin mit Bescheid vom
25.06.1998 die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ab. Den hiergegen erhobenen
Widerspruch der Klägerin vom 15.07.1998 wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 14.10.1998 zurück. Die Klägerin
sei fähig, ihren Hauptberuf als Elektromontiererin (ohne Fließbandarbeit) vollschichtig weiter zu verrichten. Darüber
hinaus sei sie in der Lage, vollschichtig leichte und mittelschwere körperliche Arbeiten ohne Absturzgefahr auf dem
allgemeinen Arbeitsmarkt auszuüben. Der Bescheid vom 25.06.1998 werde insoweit korrigiert. Unabhängig davon
könne sie auch die Tätigkeit einer Verkäuferin (außer in der Textil- und Lebensmittelbranche), in die sie umgeschult
worden sei, vollschichtig verrichten.
Auf die am 11.11.1998 erhobene Klage, in der die Klägerin eine Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes und
eine nicht mehr ausreichende Leistungsfähigkeit für die Tätigkeiten der Verkäuferin und Elektromontiererin behauptet
hat, hat das Sozialgericht Dresden (SG) Befundberichte des Hautarztes Dr. K1 ... vom 25.01.1998, der
Allgemeinmedizinerin Dr. E1 ... vom 03.02.1999, des Chirurgen B1 ... vom 12.02.1999, der Orthopädin Dipl.-Med. G1
... vom 09.02.1999, des Gynäkologen Dr. M1 ... vom 10.09.1999 und der Internistin M2 ... vom 10.11.1999 eingeholt
sowie den Orthopäden Dr. J1 ... mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Dieser hat im Gutachten vom
18.05.1999 bei der Klägerin folgende Diagnosen gestellt: Polyarthritis rheumatica chronica, zur Zeit der
Gutachtenserstellung ohne klinischen oder röntgenologischen Befund, rezidivierendes Lumbalssyndrom bei
Osteochondrose L4/5 und Teilsakralisation des 5. Lendenwirbelkörpers, Patella bipartita rechts, Os acetabulum
rechts, Muskelinsuffizienz, Exarticulation der 4. Zehe rechts und psychosomatische Überlagerung.
Zusammenfassend sei die Belastungsfähigkeit für leichte körperliche Tätigkeiten im Wechsel zwischen Sitzen,
Stehen und Gehen ohne Anheben von Lasten über fünf Kilogramm, Zwangshaltungen, Arbeiten auf Leitern und
Gerüsten, ferner unter Meidung von Überkopfarbeiten vollschichtig gegeben. Ob Arbeiten unter besonderem Zeitdruck,
Schicht- und Nachtarbeit sowie solche mit geistiger Beanspruchung ausführbar seien, müsse durch ein neurologisch-
psychiatrisches Gutachten beurteilt werden. Die Wegefähigkeit sei gegeben.
Ferner hat das SG das für das Arbeitsamt Riesa von Dr. H1 ... erstellte Gutachten vom 26.04.1999 beigezogen, in
dem dieser bei wechselnden und wiederkehrenden Gelenkbeschwerden (Handgelenke, rechtes Kniegelenk,
Hüftgelenke, Nacken-Schulter-Bereich), nicht ansteckender Hauterkrankung, wiederkehrendem Verkrampfen
besonders der Gefäße im Fingerbereich bei Neigung zu niedrigem Blutdruck und Duftstoff-Mix-, Nickel-II-Sulfat- und
Glutalaldehydallergie ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte körperliche Tätigkeiten überwiegend gehend
mit der Möglichkeit zum Stehen und Sitzen ohne Nachtschichten auswies. Eine geistige Beanspruchung könne
ebenso wie eine Arbeit mit Publikumsverkehr verrichtet werden. Öffentliche Verkehrsmittel könnten benutzt werden.
Die Wegefähigkeit sei gegeben.
Zudem ist der Neurologe und Psychiater Dr. H2 ... mit der Erstellung eines neurologischen-psychiatrischen
Gutachtens beauftragt worden. In seinem Gutachten vom 21.12.1999 nach Untersuchung am 10.12.1999 hat er
keinerlei neurologisch-psychiatrische Erkrankungen der Klägerin feststellen können. Sie sei vollschichtig einsetzbar.
Auf den Antrag der Klägerin hat die Internistin M2 ... am 22.12.2001 ein Gutachten nach § 109 SGG erstellt, in dem
die Diagnosen - chronische Synovialitis des rechten Kniegelenks bei chronischem Reizzustand durch
Patellalateralisation und beginnender Gonarthrose mit Retropatellararthrose und Zustand nach zweimaliger
Arthroskopie und Korrekturoperation, - Polyarthralgie bei vermutlich reaktiver Arthropathie und Polyarthrose,
insbesondere Coxarthrose rechts mehr als links, Arthralgie besonders in den Hand-, Ellenbogen-, Schulter-, Hüft-,
Knie- und Sprunggelenken, - chronisches vertebragenes Schmerzsyndrom bei beginnenden degenerativen
Wirbelsäulenveränderungen, - Arthritis des rechten Ileosacralgelenks und - Pityriasis lichenoides chronica gestellt
wurden. Die Klägerin sei trotz der Gesundheitsstörungen noch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten vorwiegend
sitzend, möglichst in temperierten Räumen unter Vermeidung von Zwangshaltungen, häufigem Bücken, Heben von
Lasten, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, häufigem Treppensteigen sechs Stunden täglich auszuüben. Die
Einschränkung der Leistungsfähigkeit hat sie mit einem lokal entzündlichem Reizzustand des rechten Kniegelenkes
und einer schmerzhaften Coxarthrose beidseitig begründet. Die Schmerzsymptomatik nehme im Laufe des Tages zu
und führe zu Unkonzentriertheiten. Die Leistungsminderung bestehe seit Beginn des Jahres 1987. Sie habe sich im
Frühjahr 2000 verstärkt. Die Klägerin sei nicht mehr in der Lage, viermal täglich mehr als 500 Meter in weniger als 20
Minuten zurückzulegen. Die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel sei hingegen möglich.
In einem weiteren auf Veranlassung des SG vom Chirurgen MR Doz. Dr. M3 ... am 24.09.2002 nach einer
Untersuchung am 01.07.2002 erstellten Gutachten hat dieser bei Halswirbelsäulensyndrom ohne neurologische
Ausfälle, lumbalem vertebragenen Schmerzsyndrom ohne neurologische Ausfälle und Patelladysplasie vom Typ
WIBERG II bis III eine sieben- bis achtstündige Leistungsfähigkeit für leichte körperliche Tätigkeiten im Wechsel
zwischen Sitzen, Stehen und Gehen ohne häufige Kopfbewegungen in temperierten Räumen ohne häufiges Bücken,
unter Meidung längerer Wegstrecken, regelmäßigen Begehens von Treppen, Leitern und Gerüsten, dem Arbeiten mit
Chemikalien und infektiösem Material, dem Heben und Tragen von Lasten über 15 Kilogramm, regelmäßigen
Überkopfarbeiten bzw. vordergründigen Anforderungen an die Feinmotorik beider Hände bescheinigt. Die
Wegefähigkeit sei gegeben.
In der mündlichen Verhandlung vom 21.01.2003 hat die Klägerin erklärt, zusätzlich zu den in ihrem Arbeitszeugnis
vom 20.12.1993 aufgeführten Tätigkeiten habe sie auch Schaltkreise und Widerstände gebogen. Sie habe Schaltpläne
gelesen, Teile lackiert und gelötet. Die Tätigkeit in der Montage von Bauteilen in der Buselektronik sei an einem
Einzelarbeitsplatz durchgeführt worden. Nach Erlangung des Facharbeiterabschlusses in der
Erwachsenenqualifizierung habe sie auch die Endkontrolle durchführen dürfen, d.h. die Bauelemente und Leiterplatten
auf mechanische Beschädigung geprüft, wie dies auch im Arbeitszeugnis beschrieben sei.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 21.01.2003, der Prozessbevollmächtigten der Klägerin ausweislich
Empfangsbekenntnisses am 22.04.2003 zugestellt, abgewiesen. Die Klägerin sei ausgehend vom Hauptberuf der
BLP-Fertigerin der Gruppe der angelernten Arbeiter im oberen Bereich zuzuordnen. Bei in der ehemaligen DDR
erlernten Berufen komme der Facharbeiterstatus grundsätzlich zwar auch dann in Betracht, wenn nur eine zweijährige
Ausbildung vorgeschrieben gewesen sei, die Berufe aber im alten Bundesgebeit Facharbeiterstatus hätten. Für den
Beruf des Elektromontierers sei zu DDR-Zeiten eine zweieinhalbjährige Ausbildung vorgeschrieben gewesen, dies
allerdings nur deswegen, weil Voraussetzung lediglich der Abschluss der 8. Klasse der polytechnischen Oberschule,
nicht jedoch der übliche Zehnklassenabschluss, gewesen sei. Ausschlaggebend sei vorliegend, ob die Klägerin zum
einen die theoretischen und praktischen Kenntnisse für den DDR-Facharbeiterberuf der Elektromontiererin hatte und
ob sie in ihrer Tätigkeit als BLP-Fertigerin/Bestückerin Aufgaben ausgeführt habe, die mit Facharbeitertätigkeiten im
alten Bundesgebiet vergleichbar sind. Nach Auffassung des SG habe die Klägerin nur einen Teilbereich des Berufs
des Elektromontierers ausgeübt, der sich auf die unmittelbare Produktion und die mechanische Endkontrolle beziehe.
Arbeitsvorbereitende, planende, in weiterem Umfang kontrollierende Tätigkeiten (Arbeitssicherheit, Hygiene, Wartung
und Pflege etc.) und Nachbereitung habe sie dagegen nicht ausgeführt. Die von der Klägerin ausgeübte Tätigkeit sei
mit dem Beruf des Elektrogerätemontierers in den alten Bundesländern vergleichbar.
Gegenstand dieser Tätigkeit sei die Montage, Bestückung und Verbindung von vorgefertigten Bauelementen und
Baugruppen zu fertigen, elektrischen und elektronischen Einheiten, z.B. Leiterplatten, Schaltern, Gleichrichtern und
Antriebsaggregaten. Der Zugang zu diesem Beruf erfolge regelmäßig über Einarbeitung bzw. Anlernung. Es handle
sich nicht um einen Facharbeiterberuf. Die Tätigkeit der Klägerin als BLP-Fertigerin/Bestückerin sei nicht vergleichbar
mit den Berufen des Elektroanlagenmonteurs, Elektroinstallateurs, Elektromaschinenbauers, Energieelektronikers,
Industrieelektronikers oder Informationselektronikers, mithin mit den Facharbeiterberufen des alten Bundesgebietes.
Diese Facharbeiter arbeiteten in weit höherem Maße eigenveranwortlich als die Klägerin in ihrer Tätigkeit als BLP-
Fertigerin und nähmen sämtliche erforderlichen Arbeiten von der Planung über die vorbereitenden Arbeiten,
Vorbereitung der Mess- und Werkzeuge, Materialien, Hilfs- und Werkstoffe bis zur Inbetriebnahme durch. Die Tätigkeit
der Klägerin stelle lediglich einen Ausschnitt aus dem Aufgabenspektrum eines solchen Facharbeiterberufs dar. Ein
weiteres gegen eine Facharbeiterqualifikation sprechendes Indiz sei ferner die mit der letzten Änderung des
Arbeitsvertrages zum 15.05.1991 vorgenommene Einstufung der Klägerin in Lohngruppe 5. Dabei handle es sich
sowohl nach dem Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer der Sächsischen Metall- und Elektroindustrie
vom 07.03.1991 als auch dem Tarifvertrag für die Arbeitnehmer der Sächsischen Metall- und Elektroindustrie vom
01.12.1990 um Lohngruppen für angelernte Arbeitnehmer. Weil die Klägerin noch in der Lage sei, vollschichtig zu
arbeiten, könne sie auf die Tätigkeit einer Pförtnerin zumutbar verwiesen werden. Aus diesem Grunde stehe der
Klägerin kein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. voller oder teilweiser Erwerbsminderung zu.
Mit ihrer am 10.04.2003 beim Sächsischen Landessozialgericht eingelegten Berufung macht die Klägerin geltend, das
SG habe sie zu Unrecht nicht als Facharbeiterin angesehen. Der Abschluss der Facharbeiter-Qualifikation habe
ausweislich des vorliegenden Sozialversicherungsausweises zu einer Neueinstufung und einem höheren Verdienst
geführt. In die Lohngruppe 5 seien zu DDR-Zeiten Facharbeiter eingestuft worden. Zum 15.01.1991 sei eine Änderung
des Arbeitsvertrages erfolgt. Die weiterhin verrichtete Tätigkeit sei nunmehr als die einer Bestückerin bezeichnet
worden. Im Tarifvertrag sei der Beruf des Elektromontierers in Lohngruppe 8 ausgewiesen. Die Eingruppierung in die
Lohngruppe 8 zeige die Wertigkeit des Berufes für die Tarifparteien. Der von der Klägerin erlernte Beruf sei nicht mit
dem Elektrogerätemontierer bundesdeutscher Prägung vergleichbar. Da die Klägerin einen Facharbeiterabschluss
erlangt habe, komme es nicht entscheidend darauf an, ob sie nur in einem Teilbereich dieses Berufes gearbeitet habe.
Ferner reicht sie eine von der Meisterin der Abteilung W ... und der Produktionsvorbereiterin K ... unterzeichnetes
Schreiben ein, in dem alle von der Klägerin verrichteten Tätigkeiten aufgeführt sind. Zudem ergebe sich aus den
übersandten Sozialversicherungsausweisen eine Facharbeitertätigkeit. Nach der Wende habe die Klägerin eine neue
Arbeitskraft ohne abgeschlossene Berufsausbildung angelernt. Dies könne nur ein Facharbeiter. Zudem legt sie eine
Bescheinigung der IHK Dresden vom 03.03.2004 über die Gleichstellung der DDR-Ausbildung Elektromontierer mit der
bundesdeutschen Ausbildung Industrieelektronikerin, Fachrichtung Gerätetechnik, vor, nach der jedoch eine
"Zusatzbildung noch erforderlich sein" könne.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgericht Dresden vom 21.01.2003 abzuändern und die Beklagte unter Abänderung ihres
Bescheides vom 25.06.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.10.1998 zu verurteilen, der Klägerin
Rente wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das angegriffene Urteil bezüglich der Einstufung des bisherigen Berufs für zutreffend. Die
Auffassung des SG, die Klägerin könne nicht mehr im Hauptberuf arbeiten, sei jedoch nicht nachzuvollziehen.
Der Senat hat eine Stellungnahme der BuS E ... GmbH & Co. KG R ... eingeholt, die jedoch nicht Rechtsnachfolgerin
des ehemaligen Beschäftigungsunternehmens der Klägerin ist, in der jedoch zahlreiche ehemalige Kollegen, u.a. die
ehemalige Vorgesetzte M ... M ..., beschäftigt sind. Nach Auskunft dieser, habe die Klägerin zuletzt nicht als
Facharbeiterin, sondern als Angelernte im Beruf der Elektromontiererin gearbeitet. Die Ausbildungs- bzw. Anlernzeit
für diese Tätigkeit betrage bis zu einem Jahr.
Auf Veranlassung des Senats hat MR Doz. Dr. M3 ... in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 10.08.2004
eingeschätzt, die Klägerin sei zum Zeitpunkt der Gutachtenserstellung in der Lage gewesen, täglich 8 Stunden leichte
körperliche Tätigkeiten zu verrichten. Insbesondere sei sie fähig gewesen, als Pförtnerin bzw. Mitarbeiterin in der
Poststelle zu arbeiten. Die Allgemeinmedizinerin Dr. E1. hat im Befundbericht vom 27.07.2004 angegeben, die
Befunde der Klägerin hätten sich nicht gebessert, sie sei weiterhin in ihrer gesundheitlichen Leistungsfähigkeit
eingeschränkt. Eine Verschlechterung sei seit ca. 2 Jahren eingetreten. Als neue Leiden seien Hüftbeschwerden und
die Zehenamputation hinzugekommen. Sie sei nach ihrer Einschätzung nicht fähig, eine leichte körperliche Tätigkeit
vollschichtig auszuüben, weil sie nicht längere Zeit stehen, Treppen steigen und länger in andauernder Sitzhaltung
arbeiten könne.
Unter Beifügung der von Dr. E1. zur Begründung ihrer Auffassung übersandten Unterlagen hat der Senat MR Doz. Dr.
M3 ... um ergänzende Stellungnahme gebeten. Dieser hat in seiner Stellungnahme vom 27.08.2004 ausgeführt, der
Befundbericht von Dr. E1. werfe keine neuen medizinischen Befunde auf, die bisher nicht bekannt gewesen seien.
Eine Neuvotierung des Leistungsvermögens der Klägerin sei daher nicht erforderlich. Aus den Unterlagen gehe
lediglich hervor, dass die Klägerin an einer beginnenden Verschleißerkrankung mit Knorpelverlust am Pfannendach
leide. Eine Nekrose des Hüftkopfes habe ausgeschlossen werden können. Die Beschwerden am rechten Kniegelenk
resultierten aus einer widerkehrenden Patellaluxation, die artroskopisch gestützt durch eine Raffung des inneren
Kapselbandapperates und eine Spaltung der äußeren Kniegelenkkapsel sowie durch Knorpelglättung an der inneren
Kniescheibenfacette operativ im September 2003 behoben worden sei. Weiterhin habe eine
Innenmeniskushinterhornläsion links bestanden, die arthroskopisch am 27.02.2004 refixiert, mithin saniert werden
konnte. Die Kopfschmerzen resultierten aus der Bandscheibenvorwölbung im Bereich Halswirbelsäule, neurologische
Ausfälle bestünden jedoch nicht. Die von Dr. E1. beschriebene Rheumatoidarthritis der Hand- und Fußgelenke sowie
beider Kniegelenke sei nicht nachgewiesen. Im histologischen Befund vom 22.06.2000 stelle der untersuchende
Pathologe fest, dass es für ein rheumatisches Geschehen keinen Anhalt gäbe. Es handle sich lediglich um eine sehr
geringgradige uncharakteristische Reizsynovialitis. Die Röntgenaufnahmen der Beckenübersicht vom 11.02.1998
zeigten an den Hüftgelenken lediglich die durchaus nicht altersuntypischen Anbauten an den Pfannendachkernen
ohne sichere Arthrosezeichen. Auch die Röntgenaufnahmen des Kniegelenks zeigten keinen das alterstypische Maß
übersteigenden Befund. Ebenso wiesen die Röntgenaufnahmen beider Hände normale Verhältnisse auf. Die
beschriebene Hauterkrankung schränke die Vermittlungsfähigkeit der Klägerin dahingehend ein, dass sie keinen
Umgang mit chemischen Substanzen haben dürfe. Anhand der medizinischen Befunde sei es nicht wahrscheinlich zu
machen, dass die Klägerin nicht in der Lage sei, leichte körperliche Tätigkeiten im Wechsel zwischen Sitzen, Stehen
und Gehen, insbesondere als Mitarbeiterin Poststelle oder als Pförtnerin zu verrichten. Der behandelnde Orthopäde
Dr. K2 ... hat im Befundbericht vom 24.08.2004 ausgeführt, die Klägerin habe sich bisher nur einmal am 05.05.2004 in
seiner Praxis vorgestellt. Hierbei habe er röntgenologisch und klinisch eine initiale Koxarthrose rechts feststellen
können. Allerdings ergäbe sich hieraus keine Abweichung zu den im Gutachten von MR Doz. Dr. M3 ... vom
24.09.2002 gezogenen Schlussfolgerungen.
Dem Senat liegen die Verfahrensakten beider Instanzen sowie die Verwaltungsakte der Beklagten vor.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§ 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig, in der Sache jedoch
nicht begründet. Zu Recht hat das SG Dresden mit Urteil vom 21.08.2003 die Klage abgewiesen, weil der Bescheid
der Beklagten vom 25.06.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.10.1998 rechtmäßig war.
Der Klägerin steht kein Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu. Sie ist weder berufsunfähig im
Sinne des § 43 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung (alte
Fassung - a.F. -) noch voll oder teilweise erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Abs. 1, Abs. 2 SGB VI in der ab
01.01.2001 geltenden Fassung (neue Fassung - n.F. -). Die Anwendung des § 43 SGB VI a.F. resultiert aus der
Rentenantragsstellung am 09.03.1998.
Berufsunfähig sind nach § 43 Abs. 2 SGB VI a.F. Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder
Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit
ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach
denen die (Rest-)Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und
Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres
bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen in ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können.
Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige
Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Ausgangspunkt für die Prüfung der Berufsunfähigkeit ist nach der ständigen Rechtsprechung des
Bundessozialgerichts (BSG) der "bisherige Beruf", den der Versicherte ausgeübt hat (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 107,
169). Darunter ist im Allgemeinen diejenige der Versicherungspflicht unterliegende Tätigkeit zu verstehen, die zuletzt
169). Darunter ist im Allgemeinen diejenige der Versicherungspflicht unterliegende Tätigkeit zu verstehen, die zuletzt
auf Dauer, d.h. mit dem Ziel verrichtet wurde, sie bis zum Eintritt der gesundheitlichen Unfähigkeit oder bis zum
Erreichen der Altersgrenze auszuüben; in der Regel ist dies die letzte nicht nur vorübergehende
versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, von der auch bei nur kurzfristiger Ausübung auszugehen ist,
wenn sie zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben des Versicherten gewesen ist (BSG SozR 2200 § 1246 Nr.
130, 146; BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 55, 61).
Nach diesen Grundsätzen ist mit dem SG als bisheriger Beruf der Klägerin der einer BLP-Fertigerin/Bestückerin zu
Grunde zu legen. Diesen Beruf hat sie bewusst und gewollt zur dauerhaften Einkommenserzielung vom 01.04.1986
bis 03.01.1994 ausgeübt.
Diesen Beruf kann sie - wie vom SG zutreffend ausgeführt - entgegen der Auffassung der Beklagten nicht mehr
vollwertig verrichten. Nach den von der Bundesanstalt für Arbeit herausgegebenen Berufsinformationskarten nach
Berufsordnungen, BO 321, sowie dem Ausdruck aus dem von der Bundesagentur für Arbeit eingerichteten
BERUFEnet zur Tätigkeit des Elektromontierers handelt es sich bei dieser Tätigkeit um eine leichte körperliche
Tätigkeit in geschlossenen Räumen, überwiegend sitzend, häufig vorn übergeneigt, die zum Teil unter Zeitdruck,
häufig im Akkord, zum Teil am Fließband und zum Teil in Wechselschicht zu verrichten ist. Sie setzt u.a.
Handgeschicklichkeit und eine Funktionsfähigkeit der Wirbelsäule voraus. Diese Tätigkeit kann die Klägerin nicht
mehr verrichten. Nach den übereinstimmenden Einschätzungen von Dr. J1 ... im Gutachten vom 18.05.1999, Dr. H1
... im Gutachten vom 26.04.1999 und MR Doz. Dr. M3 ... im Gutachten vom 24.09.2002 ist der Klägerin lediglich eine
Tätigkeit im Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen, nicht jedoch eine überwiegend sitzende Tätigkeit (wegen
der Wirbelsäulenerkrankung) zumutbar. Zudem stellt die Tätigkeit der Elektromontiererin hohe Anforderungen an die
Handgeschicklichkeit, welche nach dem Gutachten von MR Dr. M3 ... nicht mehr vorhanden ist. Dass die Klägerin
ihren bisherigen Beruf nicht mehr vollwertig ausüben kann, bedeutet jedoch nicht, dass sie berufsunfähig ist.
Berufsunfähig ist ein Versicherter vielmehr erst dann, wenn es nicht zumindest eine andere berufliche Tätigkeit gibt,
die ihm sozial zumutbar und für ihn sowohl gesundheitlich als auch fachlich geeignet ist.
Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur
Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des BSG die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt.
Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines
Berufes haben, gebildet worden. Entsprechend diesem Mehrstufenschema werden die Arbeiterberufe durch Gruppen
mit den Leitberufen des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des
Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten
Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) mit
Unterscheidung in einen oberen und unteren Bereich und des ungelernten Arbeiters charakterisiert (vgl. z.B. BSG
Urteil vom 22.10.1996 SozR 3-2200 § 1246 Nr. 55; BSG, Urteil vom 18.02.1998 SozR 3-2200 § 1246 Nr. 61). Im
Rahmen der sozialen Zumutbarkeit kann auf eine Tätigkeit der jeweils nächstniedrigeren Gruppe verwiesen werden.
Die nach diesem Schema vorzunehmende Einordnung sowohl des bisherigen Berufs als auch der zumutbaren
Verweisungstätigkeit erfolgt aber nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten oder der erforderlichen
förmlichen Ausbildung. Entscheidend ist die Qualität der verrichteten oder zu verrichtenden Arbeit, d.h. der aus einer
Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch
die im § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung sowie des bisherigen
Berufes, besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird (BSG, Urteil vom 08.10.1992
SozR 3-2200 § 1246 Nr. 27).
Für die Ermittlung der Wertigkeit des bisherigen Berufs aber auch der Verweisungstätigkeit haben tarifliche
Regelungen unter zwei Gesichtspunkten Bedeutung: Zum einen wird eine "tarifliche" Eingruppierung des Versicherten
in eine Tarifgruppe des jeweils geltenden Tarifvertrages durch den Arbeitgeber als widerlegbarer Hinweis dafür
gewertet, dass die vom Versicherten ausgeübte Tätigkeit in ihrer Wertigkeit der Berufs- und Tarifgruppe entspricht,
nach der er bezahlt wird (BSG, Urteil vom 28.05.1991 SozR 3-2200 § 1246 Nr. 14; BSG, Urteil vom 17.12.1991 SozR
3-2200 § 1246 Nr. 22). Zum anderen wird davon ausgegangen, dass die abstrakte "tarifvertragliche" Einstufung der
einzelnen, in der Tarifgruppe genannten Tätigkeiten in der Regel auf deren Qualität beruht (BSG, Urteil vom
28.11.1985, BSGE 59, 201; BSG, Urteil vom 14.05.1991 SozR 3-2200 § 1246 Nr. 13).
Es ist demzufolge zunächst der zeitlich und örtlich einschlägige Tarifvertrag zu ermitteln, wobei für die Feststellung
der Wertigkeit des bisherigen Berufs die Fassung des Tarifvertrages maßgebend ist, die im Zeitpunkt der Beendigung
der versicherungspflichtigen Beschäftigung gegolten hat (BSG, Urteil vom 17.12.1991 SozR 3-2200 § 1246 Nr. 22;
BSG, Urteil vom 22.10.1996 SozR 3-2200 § 1246 Nr. 55). Der Tarifvertrag ist sodann daraufhin zu überprüfen, ob die
Lohngruppen allgemein nach Qualitätsstufen geordnet sind und ob der zu prüfende Beruf darin als solcher eingestuft
ist, oder ob der Tarifvertrag insoweit lediglich allgemeine Merkmale enthält, anhand deren der jeweilige Arbeitgeber
eine Eingruppierung der betreffenden Tätigkeit vorzunehmen hat. Auf der Suche nach der für die Wertigkeit des
bisherigen Berufs relevanten Lohngruppe sind alle Merkmale auszuscheiden, die im Wesentlichen auf
qualitätsfremden Gesichtspunkten beruhen. Analog gilt dies bei der tariflichen Einstufung durch den Arbeitgeber. Sie
kann für die Wertigkeit des bisherigen Berufs nicht herangezogen werden, wenn feststeht, dass die tarifliche
Einstufung dem qualitativen Wert nicht entspricht. Dies ist dann anzunehmen, wenn die Einstufung im Wesentlichen
auf den mit der Tätigkeit verbundenen Nachteilen und Erschwernissen (z.B. Akkord-, Nacht-, Schmutzarbeiten u.ä.)
oder auf sozialen Gründen wegen der in der Person des Versicherten liegenden Umstände beruht - z.B.
Bewährungsaufstieg - (BSG, Urteil vom 08.09.1982 SozR 2200 § 1246 Nr. 101).
Gemessen an diesen Kriterien ist der bisherige Beruf der Klägerin mit dem SG der dritten Gruppe im
Mehrstufenschema des BSG mit dem Leitberuf des angelernten Arbeiters zuzuordnen.
Eine Einstufung als Facharbeiterin kommt - wie vom SG zutreffend festgestellt - nicht in Betracht. Nach der
Rechtsprechung des BSG sind dem Leitberuf des Facharbeiters folgende Versicherte zuzuordnen: gelernte
Facharbeiter, d.h. Versicherte, die einen anerkannten Ausbildungsberuf im Sinne des § 25 Berufsbildungsgesetz mit
mehr als zweijähriger Ausbildung erlernt und ausgeübt haben; Versicherte die ohne Absolvierung der
vorgeschriebenen Ausbildung in einem nach dem Berufsbildungsgesetz anerkannten Ausbildungsberuf arbeiten und
sich durch die praktische Berufsausübung die Kenntnisse angeeignet haben, die sie befähigen, sich unter gelernten
Facharbeitern auf dem Arbeitsmarkt wettbewerbsfähig und damit vollwertig zu behaupten; Versicherte, die in
Tätigkeitsbereichen ohne anerkannten Ausbildungsgang oder mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren gearbeitet
haben, wenn diese Tätigkeit - insbesondere wegen ihrer Bedeutung für den Betrieb - den anerkannten
Ausbildungsberufen tarifvertraglich gleichgestellt sind und Versicherte, die eine Berufstätigkeit ausgeübt haben, für die
kein Ausbildungsgang im Sinne des Berufsbildungsgesetzes besteht, und die auch als solche in einem Tarifvertrag
nicht einer Lohngruppe zugeordnet ist, wenn der Umfang der erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten und/oder die
sonstigen Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit den Anforderungen an den Facharbeiter gleich zu achten sind
(BSGE 68, 277; Niesel, in Kasseler Kommentar, Stand: 9/1999, Rn. 40 zu § 43 SGB VI).
Die Klägerin ist nicht gelernte Facharbeiterin im oben genannten Sinne. Zwar erlangte sie nach einer Ausbildung nach
eigenen Angaben von ca. zehn Monaten (mithin nicht mehr als zwei Jahren) ein Zeugnis über das Bestehen der
Facharbeiter-Ausbildung zur Elektromontiererin. Zutreffend hat das SG ausgeführt, dass bei in der DDR erlernten
Berufen ein Facharbeiterstatus auch dann in Betracht kommt, wenn lediglich eine zweijährige Ausbildung absolviert
wurde, aber die Berufe in den alten Bundesländern den Status von Facharbeiterberufen haben (Niesel, a.a.O., Rn. 41
zu § 43 SGB VI). Nach dem von der Bundesanstalt für Arbeit herausgegebenen Heft DDR-Ausbildungsberufe, Heft 2,
Seite 175 ff., handelt es sich bei dem von der Klägerin erlernten Beruf um einen solchen mit zweieinhalbjähriger
Ausbildung nach DDR-Recht, der Absolventen der 8. Klasse der polytechnischen Oberschule vorbehalten war. Zu
berücksichtigen ist zunächst, dass Absolventen der 8. Klasse in der Regel lediglich Teilberufe erlernten. Lediglich
nach Absolvieren einer wesentlich längeren Lehrzeit war es ihnen möglich, einen Lehrberuf, der grundsätzlich den
Abschluss der 10. Klasse voraussetzte, zu erlernen. Nach der zitierten Literaturquelle sind als
vergleichbare/verwandte Berufe in der alten Bundesrepublik (zum Teil ist allerdings eine Zusatzausbildung erforderlich)
der Elektromaschinenwickler mit zweijähriger Ausbildungsdauer, der Elektroanlageninstallateur mit zweijähriger
Ausbildungsdauer, der Industrieelektroniker mit dreieinhalbjähriger Ausbildung und der Elektroteile- bzw.
Elektrogerätemontierer, der keinen anerkannten Ausbildungsberuf darstellt, genannt.
Ausgehend von den Berufen des Elektromaschinenwicklers, des Elektroanlageninstallateurs und des Elektroteile-
bzw. Elektrogerätemontierers liegen die Voraussetzungen eines gelernten Facharbeiters im oben genanntem Sinne
schon deshalb nicht vor, weil sie lediglich eine zweijährige Ausbildung oder gar keine Ausbildung voraussetzen. Die
Klägerin ist auch nicht mit einem Industrieelektroniker - Fachrichtung Gerätetechnik - bzw. nach neuer Bezeichnung
ab 01.08.2003 einem Elektroniker für Geräte und Systeme bzw. Energieelektroniker vergleichbar. Diese Berufe setzen
eine dreieinhalbjährige Ausbildung voraus. Nach den von der Bundesanstalt herausgegebenen
Berufsinformationskarten nach Berufsordnungen, BO 314/I, und Auszügen aus dem von der Bundesagentur für Arbeit
unterhaltenen BERUFEnet gehört zu den Aufgaben eines Industrieelektronikers bzw. Elektronikers für Geräte und
Systeme das Fertigen, Prüfen, Inbetriebnehmen, Instandsetzen und Warten elektrischer Geräte und Einrichtungen der
Energie- und Kommunikationstechnik, z.B. der Regelungs- und Steuerungstechnik, der Maß-, Prüf- und Zähltechnik,
der Signal- und Sicherungstechnik für medizin-, gewerbe- und haushalttechnische Zwecke. Industrieelektroniker bzw.
Elektroniker für Geräte und Systeme stellen Muster und Unikate her.
Nach der BO 321 der Berufsinformationskarte nach Berufsordnungen baut der Elektromontierer im Gegensatz dazu
vorgefertigte (elektrische) Bauteile zu Baugruppen und Geräten der Elektrotechnik zusammen. Er arbeitet nach
Muster, mündlichen Anweisungen, Arbeitsplänen, Zeichnungen, Verdrahtungslisten und beachtet
Sicherheitsvorschriften. Er führt diesbezüglich die Zwischen- und Endkontrolle aus und beseitigt kleinere Mängel.
Nach der von der Klägerin erstellten Tätigkeitsbeschreibung handelte es sich bei der von ihr verrichteten Tätigkeit um
die eines Elektromontierers, nicht eines Industrieelektronikers - Fachrichtung Gerätetechnik - bzw. Elektronikers für
Geräte und Systeme. So gehörte zum Tätigkeitsbereich der Klägerin nicht das vollwertige Prüfen, Inbetriebnehmen,
Instandsetzen und Warten aller Arten von elektrischen Geräten oder gar Einrichtungen der Energie- und
Kommunikationstechnik. Auch stellte sie keine Muster oder Unikate her.
Die Klägerin erlangte auch nicht in ihrer lediglich ca. zehnmonatigen Ausbildungszeit alle Fertigkeiten und Fähigkeiten,
die zur vollwertigen Ausübung des Berufes des Industrieelektronikers - Fachrichtung Gerätetechnik - bzw.
Elektronikers für Geräte und Systeme erforderlich sind. Ausweislich des Abschlusszeugnisses wurde sie lediglich in
fünf technischen Fächern unterrichtet. Auch spricht die Dauer der Ausbildung gegen eine vollwertige Erlangung aller
Fähigkeiten und Fertigkeiten.
Aus der Bescheinigung der IHK Dresden vom 03.03.2004 ergibt sich nichts anderes. Ausweislich der Stellungnahme
vom 24.06.2004 basiert die Bescheinigung auf dem von der Bundesanstalt für Arbeit herausgegebenen Heft DDR-
Ausbildungsberufe 2. Darin war der Hinweis enthalten, dass eine Zusatzausbildung erforderlich sein kann. Diesen
Hinweis beinhaltete auch die Gleichstellungsbescheinigung. Der von der IHK Dresden in der Stellungnahme vom
03.08.2004 vertretenen Auffassung, der DDR-Beruf des Elektromontierers sei dem bundesdeutschen Beruf des
Industrieelektroniker gleichzustellen, kann aus o.g. Gründen nicht gefolgt werden.
Da die Klägerin eine dem Industrieelektroniker/Elektronikers für Geräte und Systeme vergleichbare Ausbildung nicht
absolviert hat und nach ihrer Tätigkeitsbeschreibung auch nicht vollwertig alle von diesen Berufen umfassten
Tätigkeiten ausgeführt hat, handelt es sich bei der Klägerin auch nicht um eine Versichterte, die ohne Absolvierung
der vorgeschriebenen Ausbildung in einem nach dem Berufsbildungsgesetz anerkannten Ausbildungsberuf gearbeitet
und sich durch die praktische Berufsausübung die Kenntnisse angeeignet hat, die sie befähigen, sich unter gelernten
Facharbeitern auf dem Arbeitsmarkt wettbewerbsfähig und damit vollwertig zu behaupten.
Auch ein Facharbeiterstatus aufgrund tarifvertraglicher Gleichstellung kommt nicht in Betracht. Maßgebend ist die
letzte tarifliche Einstufung des bisherigen Berufs. Die Klägerin war - wovon das SG ebenfalls zutreffend ausgegangen
ist - nach dem übersandten Änderungsvertrag zum Arbeitsvertrag vom 26.06.2001 mit Wirkung zum 15.05.1991 in
Lohngruppe 5 (Bl. 410 SG-Akte) des gültigen Tarifvertrages eingeordnet worden. Sowohl nach dem Manteltarifvertrag
für die gewerblichen Arbeitnehmer der Sächsischen Metall- und Elektroindustrie vom 07.03.1991 (Bl. 444 ff. SG-Akte)
als auch dem Tarifvertrag über Lohn- und Gehaltsgruppenregelungen für die Arbeitnehmer der Sächsischen Metall-
und Elektroindustrie vom 10.11.1990 (Bl. 442 ff. SG-Akte) handelte es sich bei der Lohngruppe 5 um eine Lohngruppe
für angelernte Arbeitnehmer. Facharbeiter waren nach beiden Tarifverträgen in Lohngruppen 7 bis 10 eingestuft. Aus
der Einstufung in Lohngruppe 5 des einschlägigen Rahmenkollektivvertrages vor dem 15.05.1991 kann die Klägerin
keine Rechte herleiten. Dies bereits deshalb nicht, weil es sich nicht um einen Tarifvertrag im Sinne oben genannter
Rechtsprechung des BSG handelt. Des weiteren waren in die Lohngruppe 5 des Rahmenkollektivvertrages über die
Arbeits- und Lohnbedingungen der Werktätigen der volkseigenen Betriebe des Maschinenbaus und der
Elektrotechnik/Elektronik, registriert beim Staatssekretariat für Arbeit und Löhne unter Nr. 106/80, in der Fassung des
ersten Nachtrages, registriert unter Nr. 124/84, Arbeitnehmer mit abgeschlossener Berufsausbildung eingestuft. Dies
sagt nichts darüber aus, ob es sich um solche Versicherten handelte, die einen anerkannten Ausbildungsberuf nach
dem Berufsbildungsgesetz mit einer Ausbildungsdauer von mehr als zwei Jahren absolviert haben.
Indizien dafür, dass die konkrete tarifliche Einstufung unrichtig war, ergeben sich nicht. Dies bereits deshalb nicht,
weil die Klägerin - wie oben ausführlich dargelegt - gerade nicht dieselben Tätigkeiten wie ein
Industrieelektroniker/Elektroniker für Geräte und Systeme ausführte. Eine Unrichtigkeit ergibt sich auch nicht aus dem
Umstand, dass die Tarifvertragsparteien den Beruf des Elektromonteurs und des Elektrotechnikers abstrakt in die
Lohngruppe 8 eingestuft haben. Die Klägerin hat einen Abschluss als Elektromontierer, nicht als als Elektromonteur.
Bei der Tätigkeit des Elektromonteurs handelt es sich nach BO 311 der genannten Berufsinformationskarten und
einem Auszug aus dem BERUFEnet um eine Tätigkeit, die im Planen, Berechnen, Bauen, Errichten, Installieren,
Prüfen, Warten und Instandsetzen elektrischer Anlagen und Geräte, insbesondere der elektrischen Energietechnik,
der Mess-, Steuerungs- und Regelungstechnik sowie der Prozessleittechnik nach technischen Unterlagen
(Schaltplänen, Programmlisten, Handbüchern, Normen) besteht. Eine derartige Tätigkeit hat die Klägerin zu keinem
Zeitpunkt ausgeübt.
Die Klägerin ist auch nicht aus sonstigen Gründen als Facharbeiterin einzustufen. Die Vorgesetzte der Klägerin in der
Zeit von Januar 1992 bis 31.01.1994 M ... M ... sah die Klägerin in den Stellungnahmen vom 16.10.2003 und
15.07.2004 als Elektromontiererin lediglich als Angelernte an (Bl. 40 ff., 76, 188 LSG-Akte).
Die Klägerin kann - wie vom SG ebenfalls zutreffend ausgeführt - auf die Tätigkeit einer Pförtnerin in Büro- und
Verwaltungsgebäuden verwiesen werden, da es sich hierbei um eine Tätigkeit handelt, die sich aus dem Kreis völlig
unterqualifizierter Arbeiten durch Qualitätsmerkmale wie die Übernahme von Veranwortung heraushebt.
Zum Aufgabengebiet von Pförtnern in Büro- und Verwaltungsgebäuden gehört nach dem beigezogenen
berufskundlichen Gutachten der Diplom-Verwaltungswirtin H3 ... vom 07.01.2000 im Wesentlichen das Empfangen
und Weiterleiten von Besuchern, Betriebsangehörigen, Lieferanten u.ä., ggf. das Prüfen von Legitimationen, Anmelden
und Weiterleiten der Besucher, das Ausstellen von Besucherscheinen sowie Erteilen von Auskünften. Je nach
Arbeitsplatzgestaltung fallen auch das Bedienen der Telefonanlage, Postverteilung, Durchführung von Kontrollgängen
an. Die Arbeit ist generell körperlich leicht und wird in der Pförtnerloge überwiegend im Sitzen, mit der Möglichkeit des
Haltungswechsels zwischen Gehen, Stehen und Sitzen verrichtet. Aufgrund des Publikumverkehrs kommt es zum
Teil durch stoßweise Arbeitsbelastung (z.B. Schichtwechsel, Arbeitsende) zu Zeitdruck. In psychischer Hinsicht sind
Reaktionsvermögen, Entschlusskraft, Handlungsbereitschaft, Besonnenheit und Umsichtigkeit,
Verantwortungsbewusstsein, Zuverlässigkeit und Unbestechlichkeit erforderlich.
Für die Tätigkeit mit dem vorbezeichneten Anforderungsprofil besitzt die Klägerin seit Rentenantragsstellung ein
vollschichtiges Leistungsvermögen, denn sie ist in der Lage, zumindest leichte körperliche Arbeiten im Wechsel
zwischen Sitzen, Stehen und Gehen unter Meidung von Zwangshaltungen, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten,
Überkopfarbeiten, Heben und Tragen von schweren Lasten in temperierten Räumen ohne häufiges Bücken,
regelmäßiges Begehen von Treppen, Leitern und Gerüsten und ohne vordergründige Anforderungen an die Feinmotorik
vollschichtig zu verrichten. Das ergibt sich aus den vorliegenden medizinischen Unterlagen, insbesondere dem
Gutachten vom MR Doz. Dr. M3 ... vom 24.09.2002 und seiner ergänzenden Stellungnahme vom 10.08.2004, dem
Gutachten von Dr. H2 ... vom 21.12.1999, dem Gutachten von Dr. H1 ... vom 26.04.1999, dem Gutachten von Dr. J1
... vom 18.05.1999 und dem Gutachten von Dr. R1 ... vom 09.06.1998. Danach leidet die Klägerin im Wesentlichen
unter einem Halswirbelsäulensyndrom ohne neurologische Ausfälle, einem lumbalen vertebragenen Schmerzsyndrom
ohne neurologische Ausfälle, einer Patelladysplasie vom Typ WIBERG II bis III sowie Duftstoffmix-, Nickel-II-Sulfat-
und Glutalaldehydallergien.
Die Leistungseinschätzung wurde ebenso in der ergänzende Stellungnahme vom 27.08.2004 von MR Doz. Dr. M3 ...,
in der er sich ausführlich mit dem Befundbericht von Dr. E1 ... vom 27.07.2004 und den diesem beigefügten neueren
Unterlagen auseinandersetzte, sowie im Befundbericht des behandelnden Orthopäden Dr. K2 ... vom 24.08.2004
bestätigt.
Kann die Klägerin somit auf die Tätigkeit einer Pförtnerin in Büro- und Verwaltungsgebäuden sozial und gesundheitlich
zumutbar verwiesen werden, so ist sie nicht berufsunfähig im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI a.F., zumal bei ihr auch
keine Leistungseinschränkungen vorliegen, die es ihr trotz vollschichtiger Einsatzfähigkeit für derartige körperlich
leichte Tätigkeiten unmöglich machten, eine geeignete Erwerbstätigkeit aufzunehmen (vgl. zu diesen Fällen BSG
SozR 3-2600 § 44 Nr. 8), sie insbesondere hinsichtlich ihrer Wegefähigkeit nicht eingeschränkt ist.
Aufgrund ihrer vollschichtigen Einsatzfähigkeit für zumindest körperlich leichte Arbeiten bei ausreichender
Wegefähigkeit und ohne Vorliegen sonstiger Leistungseinschränkungen, aufgrund derer ihr trotz vollschichtiger
Einsatzfähigkeit der Arbeitsmarkt verschlossen wäre, liegen bei ihr auch - und erst recht - die erheblich strengeren
Voraussetzungen von Erwerbsunfähigkeit im Sinne des § 44 Abs. 2 SGB VI a.F. nicht vor. Da die Klägerin auch über
den 31.12.2000 hinaus vollschichtig, d.h. acht Stunden täglich, einsatzfähig für zumindest körperlich leichte Arbeiten
ist, sind bei ihr auch die Voraussetzungen voller oder teilweiser Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1, Abs. 2
SGB VI n.F. nicht erfüllt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG. Die Revision war, weil die Voraussetzungen für ihre Zulassung
nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegen, nicht zuzulassen.