Urteil des LSG Sachsen vom 10.04.2001

LSG Fss: diabetes mellitus, innere medizin, rente, facharzt, belastung, berufsunfähigkeit, klettern, gonarthrose, maurer, psychiatrie

Sächsisches Landessozialgericht
Urteil vom 10.04.2001 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Chemnitz S 9 RJ 924/96
Sächsisches Landessozialgericht L 5 RJ 9/99
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 07. Dezember 1998 wird zurückgewiesen. II.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Rente wegen Berufsunfähigkeit.
Der am ... geborene Kläger absolvierte in der Zeit vom 01. September 1958 bis 31. August 1961 eine Maurerlehre, die
er mit der Facharbeiterprüfung abschloss. Danach arbeitete er bis 30. September 1964 in seinem erlernten Beruf. Vom
14. September 1964 bis 29. Oktober 1965 war er als Betonbauer tätig. Nach anschließendem Dienst in der Nationalen
Volksarmee war er wiederum vom 05. November 1968 bis 02. April 1982 als Betonbauer beschäftigt. Im Anschluss
daran ging er bis 22. Januar 1986 einer Tätigkeit als Maschinen- und Ofenarbeiter nach. Vom 27. Januar 1986 bis 31.
Juli 1995 arbeitete er als Betriebshandwerker. Seine Vergütung erfolgte nach dem Entgeltrahmentarifvertrag zwischen
dem Verband der Holz und Kunststoffe verarbeitenden Industrie Sachsen e.V. und der Gewerkschaft Holz und
Kunststoff - Bezirksleitung Sachsen -; er war in die Lohngruppe IV dieses Vertrags eingestuft. Seit der Kündigung
dieses Beschäftigungsverhältnisses zum 01. August 1995 auf Grund der Eröffnung des
Gesamtvollstreckungsverfahrens über das Vermögen der früheren Arbeitgeberin des Klägers ist er ohne
Beschäftigung.
Am 09. Oktober 1995 beantragte er bei der Beklagten die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Nach Beiziehung eines ärztlichen Befundberichts vom 31. Oktober 1995 von der den Kläger behandelnden Fachärztin
für Allgemeinmedizin, Frau Diplom-Medizinerin K ..., und Einsichtnahme in weitere medizinische Unterlagen,
insbesondere in ein für das Arbeitsamt Chemnitz erstelltes Gutachten vom 11. September 1995 (Votierung für ein
halb- bis unter vollschichtiges Leistungsvermögen für überwiegend leichte und zeitweise mittelschwere Arbeit unter
Beachtung bestimmter Funktionseinschränkungen bei Einschätzung, der Kläger sei "allgemein normal leistungsfähig,
aber etwas minder belastbar, psychisch normal leistungsfähig und belastbar") und in im Rahmen eines am 09. März
1995 erlittenen Arbeitsunfalls erstellte ärztliche Unterlagen ließ die Beklagte ein Gutachten vom 11. März 1996 nach
einer Untersuchung des Klägers am 23. Februar 1996 bei Herrn Dr. S ..., Gutachterarzt, anfertigen. Er diagnostizierte
beim Kläger folgende Gesundheitsstörungen:
Bewegungseinschränkung des linken Handgelenkes nach Radius- Trümmerfraktur mit operativer Versorgung im März
1995,
Schmerzsyndrom im Bereich beider Kniegelenke sowie des rechten Hüftgelenkes,
insulinpflichtiger Diabetes mellitus Typ II b ohne Komplikationsnachweis.
Im Vordergrund der Beschwerden stehe die Bewegungseinschränkung im Bereich des linken Handgelenkes. Eine
wesentliche Beeinträchtigung der groben Kraft oder Feinmotorik bestehe nicht. Der Faustschluss sei beidseits
möglich. Es lasse sich aber eine mäßiggradige Einschränkung der Beweglichkeit nachweisen. Die vorgetragenen
Beschwerden seien glaubhaft und nachvollziehbar. Außerdem lägen Beschwerden im Bereich beider Kniegelenke
sowie des rechten Hüftgelenks vor. Der klinische Untersuchungsbefund sei praktisch unauffällig gewesen. Im
Röntgenbefund hätten nur diskrete bis maximal mäßiggradige Verschleißerscheinungen, die jedoch das hierfür übliche
Altersmaß keinesfalls wesentlich überschritten, festgestellt werden können. Somit bestehe für diese Beschwerden
prinzipiell ausreichende Behandlungs- und auch Besserungsfähigkeit. Außerdem liege ein insulinpflichtiger Diabetes
mellitus vom Typ II b vor, der unbefriedigend eingestellt sei. Stoffwechselspezifische Komplikationen ließen sich
jedoch nicht belegen. Bei einem beruflichen Einsatz sollten deshalb insbesondere Tätigkeiten mit Absturzgefahr
vermieden werden. Außerdem sollte der notwendige Spritz- und Essrhythmus entsprechende Beachtung finden. In
Zusammenschau der Beschwerden könne festgestellt werden, dass die objektive Belastbarkeit des Versicherten auf
Grund des beschriebenen Beschwerdebildes nur in begrenztem Umfang beeinträchtigt werde und damit eine leichte
bis mittlere körperliche Tätigkeit in wechselnder Körperhaltung durchaus vollschichtig weiterhin zumutbar erscheine.
Wegen der besonderen Belastung auch der linken Hand werde allerdings der bisherige Beruf als Betriebshandwerker
für nicht mehr sinnvoll erachtet. Nachtschicht, besonderer Zeitdruck, häufiges Klettern oder Steigen, Absturzgefahr
und Arbeit an laufenden Maschinen müssten vermieden werden. Die Tätigkeit als Betriebshandwerker könne seit dem
Bruch des linken Handgelenkes im März 1995 nur noch unter zwei Stunden täglich ausgeführt werden. Das
Leistungsbild für sonstige Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bestehe seit Rentenantragstellung.
Nach Einsichtnahme in ein für die Lederindustrie-Berufsgenossenschaft am 20. März 1996 erstelltes Rentengutachten
votierte Herr Dr. L ... in der Stellungnahme des Ärztlichen Prüfdienstes vom 17. April 1996 für ein vollschichtiges
Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Arbeiten in wechselnder Körperhaltung ohne Wechselschicht, ohne
Nachtschicht, ohne besonderen Zeitdruck, ohne volle Gebrauchsfähigkeit der linken Hand, ohne häufiges Klettern
oder Steigen, ohne Absturzgefahr und nicht an laufenden Maschinen. Insbesondere sei zu beachten, dass sich die
Handfunktion gebessert habe, weil nunmehr der Faustschluss auch mit der linken Hand möglich sei.
Mit Bescheid vom 26. April 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. Dezember 1996 wies die
Beklagte den Antrag des Klägers auf Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zurück. Zwar
bestehe für die Tätigkeit als Betriebshandwerker ein aufgehobenes Leistungsvermögen. Nach seinem beruflichen
Werdegang sei der Kläger aber in den oberen Bereich der Gruppe der angelernten Arbeiter einzustufen, so dass er auf
alle ungelernten Tätigkeiten, die sich durch die Qualität der Einweisung und Einarbeitung auszeichneten, verweisbar
sei. Für ihn kämen zum Beispiel Tätigkeiten als Baustellenmagaziner oder Pförtner in Betracht.
Die gegen die Bescheide der Beklagten am 12. Dezember 1996 beim Sozialgericht Chemnitz eingereichte Klage ist
durch Urteil vom 07. Dezember 1998 abgewiesen worden. Seine Entscheidung hat das Gericht nach Beiziehung
diverser medizinischer Unterlagen in erster Linie auf ein fachorthopädisches Gutachten von Herrn Dr. G ... vom 25.
Februar 1998 gestützt. Er hat beim Kläger folgende Diagnosen gestellt:
Retropatellararthrose mit leichten Bewegungseinschränkungen linksseitig, zur Zeit aktivierte Arthrose,
Wirbelsäulenschäden mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen im Lendenwirbelsäulenbereich,
posttraumatische Funktionseinschränkungen des linken Handgelenkes mäßigen Grades mit Kraftminderung.
Die Gebrauchsfähigkeit der linken Hand habe sich seit dem Zeitpunkt der Rentenantragstellung etwas gebessert. Die
Lendenwirbelsäulenbeschwerden hätten sich verschlechtert und stellten sich nun mehr als lokales lumbales
Schmerzsyndrom dar. Der Kläger sei noch dazu in der Lage, als Betriebshandwerker weniger als zwei Stunden täglich
zu arbeiten. Leichte körperliche Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung, in geschlossenen Räumen, ohne häufiges
mittelschweres Heben, ohne schwere körperliche Belastung, ohne Arbeiten mit vermehrt feinmotorischen
Anforderungen an die linke Hand, ohne Arbeiten mit ausgeprägter Kraft- und Drehbewegung der linken Hand, ohne
häufige Zwangshaltungen im Knien und Hocken, ohne Arbeiten auf Leitern und Gerüsten mit und ohne Lasten könnten
demgegenüber noch vollschichtig verrichtet werden. Die Wegefähigkeit sei zu bejahen. Dieses Leistungsbild bestehe
seit Antragstellung. Weitere fachärztliche Untersuchungen seien nicht erforderlich.
Das Sozialgericht hat argumentiert, dem Kläger stehe kein Anspruch auf Gewährung von Rente wegen
Berufsunfähigkeit zu. Als bisheriger Beruf sei seine zuletzt verrichtete Tätigkeit als Betriebshandwerker anzusehen,
die er nach dem Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme nicht mehr ausführen könne. Dies ergebe sich aus den
schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen von Herrn Dr. G ... Für leichte Tätigkeiten unter Beachtung
bestimmter Einschränkungen bestehe jedoch ein vollschichtiges Leistungsvermögen, welches Herr Dr. G ... ebenfalls
überzeugend begründet habe. Dem stünden auch die Befundberichte der Dres. N ..., G ... und K ... nicht entgegen.
Insbesondere folge aus der Diabeteserkrankung, die noch keine manifestierten Folgeerscheinungen hervorgerufen
habe, keine quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens. Nach nur einmaliger Vorstellung bei einem Facharzt
für Neurologie und Psychiatrie könne auch nicht von einem chronifizierten psychischen Leiden ausgegangen werden.
Als Betriebshandwerker sei der Kläger der Gruppe der angelernten Arbeitnehmer im oberen Bereich zuzuordnen und
somit zumutbar auf die Tätigkeit eines Pförtners verweisbar.
Gegen das am 10. Dezember 1998 zugestellte Urteil vom 07. Dezember 1998 hat der Kläger durch am 08. Januar
1999 beim Sächsischen Landessozialgericht eingegangenes Schreiben vom gleichen Tag Berufung eingelegt.
Der Kläger trägt vor, eine Pförtnertätigkeit könne nicht in wechselnder Körperhaltung ausgeübt werden. Er sei dieser
Tätigkeit gesundheitlich nicht gewachsen. Ferner ist er der Meinung, er müsse als Facharbeiter eingestuft werden,
weil er erst ab 01. Januar 1995 - trotz unveränderten Tätigkeitsfeldes - in die Lohngruppe IV eingruppiert worden sei.
Zuvor sei er nach der Lohngruppe V vergütet worden. Hätte er die Herabstufung nicht akzeptiert, wäre er entlassen
worden. Eigentlich habe seine Entlohnung sogar nach der Lohngruppe VI erfolgen müssen.
Der Klägervertreter beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 07. Dezember 1998 sowie den Bescheid der Beklagten vom 26. April
1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. Dezember 1996 aufzuheben und dem Kläger Rente wegen
Berufsunfähigkeit ab 09. Oktober 1995 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte trägt vor, die Ausführungen der erstinstanzlichen Entscheidung träfen zu. Der Kläger habe bis zur
Auflösung seines Betriebes die unterschiedlichsten Tätigkeiten ausgeführt, so dass die Einstufung in die
Entgeltgruppe IV auch sachlich gerechtfertigt gewesen sei.
Zur Aufklärung des Sachverhalts in medizinischer Hinsicht hat der Senat ein fachärztliches Gutachten vom 27.
September 1999 nach einer Untersuchung des Klägers am 27. August 1999 bei Herrn Dr. F ..., Facharzt für
Arbeitsmedizin, eingeholt. Er hat beim Kläger folgende Gesundheitsstörungen festgestellt:
mäßige Funktionseinschränkungen im linken Kniegelenk bei Gonarthrose,
mäßige Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule bei chronischem cervikokranialem, thoracalem und lumbalem
Schmerzsyndrom und nachgewiesenen deutlichen degenerativen Veränderungen im Lendenwirbelsäulenbereich,
mäßige posttraumatische Funktionseinschränkung im linken Handgelenk,
mäßige Einschränkungen der Schultergelenksbeweglichkeit rechts bei Verdacht auf beginnende Arthrose,
beginnende Funktionseinschränkungen im linken Hüftgelenk bei beginnender Coxarthrose,
reaktionsdepressives Syndrom mit leicht geminderter psychischer Belastbarkeit,
sekundärer insulinpflichtiger Diabetes mellitus Typ II B,
Bluthochdruck,
leichte Hörminderung im Flüstersprachbereich rechts,
Adipositas,
larvierte Hyperthyreose.
Der Kläger könne ohne unzumutbare Schmerzverstärkung der Knie-, Hüft-, Wirbelsäulen-, Schulter- und Handgelenks-
Syndrome nur noch körperlich leichte Arbeiten verrichten. Auf Grund der Wirbelsäulen-Schmerzsyndrome solle die
Möglichkeit zum häufigen Wechsel zwischen gehenden, stehenden und sitzenden Tätigkeiten gegeben sein. Der
Anteil an sitzender Tätigkeit solle jedoch mindestens zwei Drittel betragen, um den linksseitigen
Kniegelenksbeschwerden bei Gonarthrose gerecht werden zu können. Vermieden werden müssten häufiges Bücken,
Knien, Hocken, Heben und Tragen von Lasten, Arbeiten mit Zwangshaltungen sowie Arbeiten mit Absturzrisiko.
Arbeiten mit besonderen Anforderungen an beidseitiges Handgeschick könnten auf Grund der posttraumatischen
Funktionseinschränkungen im linken Handgelenk ebenfalls nicht mehr ausgeführt werden. Überkopfarbeiten kämen
wegen des zervikokranialen Syndroms sowie der eingeschränkten Schultergelenksbeweglichkeit nicht mehr in
Betracht. Auch die häufige Einwirkung von Nässe, Kälte und Zugluft müsse gemieden werden. Auf Grund des
reaktionsdepressiven Syndroms sei von einer leicht geminderten psychischen Belastbarkeit auszugehen. Arbeiten mit
besonderen Anforderungen an das Konzentrations- und Reaktionsvermögen oder Tätigkeiten unter besonderem
Zeitdruck könnten deshalb nicht mehr ausgeführt werden. Arbeiten in Wechsel- und Nachtschicht sollten ohnehin bei
sekundär insulinpflichtigem Diabetes mellitus gemieden werden, um die Möglichkeit einer stabilen Blutzuckerführung
zu erhalten. Auf Grund der depressiven Symptomatik seien die Merk- und Konzentrationsfähigkeit, die
Leistungsmotivation, das Verantwortungsbewußtsein, die Gewissenhaftigkeit, das Reaktionsvermögen, die
Umstellungsfähigkeit und die geistige Ausdauer sowie die Anpassungsfähigkeit an den technischen Wandel leicht
gemindert. Als nicht eindeutig gemindert seien das Unterscheidungs- und Beurteilungsvermögen, die
Selbstständigkeit des Denkens und Handelns sowie die praktische Anstelligkeit und Findigkeit zu werten. Trotz der
bestehenden Gesundheitsstörungen sei dem Kläger noch ein vollschichtiger Einsatz bei durchschnittlicher Belastung
zumutbar. Betriebsunübliche Pausen benötige er nicht. Die Wegefähigkeit sei zu bejahen. Die Tätigkeit eines Maurers
könne er nicht mehr realisieren. Gleiches gelte für eine Beschäftigung als Betriebshandwerker. Als Pförtner oder
Bürohilfskraft sei er noch vollschichtig leistungsfähig. Abgesehen von dem zervikokranialen und thoracalen
Wirbelsäulenschmerzsyndrom, dem Schultergelenkssyndrom links, dem reaktiven depressiven Syndrom sowie der
larvierten Hyperthyreose bestünden sämtliche Gesundheitsstörungen seit dem Zeitpunkt der Rentenantragstellung.
Weitere Fachgutachten seien nicht erforderlich.
In seiner Stellungnahme vom 20. Oktober 1999 hat Herr Dr. F ... seine Ausführungen im Gutachten dahingehend
korrigiert, dass der Kläger überwiegend stehende Tätigkeiten nicht mehr realisieren könne, ihm solche überwiegend
sitzender Art jedoch möglich seien.
Außerdem hat der Senat unter anderem einen Befundbericht von Herrn Dr. G ..., Facharzt für Neurologie und
Psychiatrie, vom 11. April 2000, welcher für das Versorgungsamt erstellt worden ist, beigezogen. Danach besteht
beim Kläger ein chronifiziertes larviert-depressives und psychosomatisches Erschöpfungsyndrom sowie ein
zervikokraniales Syndrom mit vasomotorischen Zephalgien und Vertigo.
Schließlich hat der Senat einen Befundbericht vom 10. Januar 2001 bei Frau Dr. H ..., Fachärztin für Orthopädie,
angefordert. Sie hat eingeschätzt, gegen leichte körperliche Tätigkeiten in sitzender oder wechselnder Haltung
bestünden aus orthopädischer Sicht keine Einwände. Es sei eine normale Wegefähigkeit gegeben.
Dem Senat haben die Verwaltungsakte der Beklagten, die Leistungsakte des Arbeitsamts Chemnitz sowie die
Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist unbegründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen.
Bis zum Zeitpunkt der Verkündung der erstinstanzlichen Entscheidung kann deshalb von einer weiteren Darstellung
der Entscheidungsgründe gemäß § 153 Abs. 2 SGG abgesehen und auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen
Entscheidung verwiesen werden.
Soweit der Kläger Facharbeiterschutz beansprucht, vermochte der Senat sich seiner Argumentation nicht
anzuschließen. Zum einen hat er selbst vorgetragen, dass andere als Betriebshandwerker beschäftigte Kollegen höher
als er eingruppiert waren, was dafür spricht, dass seine Tätigkeiten kein Facharbeiterniveau hatten, zum anderen ist
seine Tätigkeit in den arbeitsvertraglichen Unterlagen als Schlagscherenbediener (LSG 37) und als Handwerker (LSG
39) bezeichnet worden. Er selbst hat im erstinstanzlichen Verfahren mitgeteilt, vom 27. Januar 1986 bis 31. Juli 1995
als "Zuschneider/Schlagschere und Betriebshandwerker (Maurer)" gearbeitet zu haben. Eine spezielle Beschäftigung
als Maurer war also weder nach seinem eigenen Vortrag noch arbeitsvertraglich vorgesehen. Ausweislich des für das
Arbeitsamt Chemnitz erstellten ärztlichen Gutachtens vom 11. September 1995 hat der Kläger gegenüber dem
Gutachter Herrn Medizinalrat Dr. Olthoff, Facharzt für Innere Medizin, ebenfalls angegeben, den Maurerberuf erlernt, in
den letzten Jahren aber eine Tätigkeit als Betriebshandwerker ausgeübt zu haben. Dies steht im Einklang damit, dass
er völlig verschiedenartige Tätigkeiten auszuführen hatte. Fenstereinsetzen, Justierarbeiten, Unterstützungsarbeiten
für die Schlosser und Türeneinsetzen sind keine Tätigkeiten, die zum Berufsbild des Maurers gehören. Der Versuch
des Sozialgerichts Chemnitz, durch Befragung der Zeugen Pfeil und Menzel das Arbeitsniveau der vom Kläger
verrichteten Tätigkeiten zu ermitteln, ist erfolglos geblieben, weil beide keine sachdienlichen Angaben machen
konnten. Auch die Entlohnung des Klägers lässt keine Rückschlüsse auf eine Facharbeitertätigkeit zu. Dies gilt auch,
wenn unterstellt wird - wie der Kläger vorträgt -, seine Tätigkeit hätte angemessen nach Lohngruppe V eingestuft
werden müssen. Diese Lohngruppe stellt keine reine Facharbeitergruppe dar. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass
die konkrete tarifvertragliche Einstufung durch den Arbeitgeber stets nur ein Indiz für die qualitative Wertigkeit der
Tätigkeit darstellt (siehe nur KassKomm-Niesel, SGB VI, § 43, Rdnr. 58 a). Dieses Indiz wird jedoch schon widerlegt,
weil der Kläger ganz verschiedenartige Tätigkeiten ausgeführt hat. Hinzu kommt, dass der hier einschlägige
Entgeltrahmentarifvertrag ohnehin nur eine äußerst geringe Indizwirkung für die Beurteilung der Wertigkeit des
bisherigen Berufs des Versicherten entfalten würde. Denn Entgeltgruppe V erfasst "Tätigkeiten sich wiederholender
oder unterschiedlicher Art, die in der Regel eine vollendete Berufsausbildung oder entsprechende auf andere Weise
erworbene Fertigkeiten und Kenntnisse voraussetzen und nach Einweisung von Facharbeitern ausgeführt werden
können". Über die erforderliche Dauer der vollendeten Berufsausbildung findet sich gerade keine Aussage. Das aber
bedeutet - wie bereits erwähnt -, dass durchaus auch Berufsausbildungen, die nur dem angelernten Bereich des vom
Bundessozialgericht entwickelten Mehrstufenschemas zuzuordnen sind, von Lohngruppe V erfasst werden. Die
Indizwirkung der konkreten tarifvertraglichen Einstufung wird aber um so schwächer, je allgemeiner die
Tätigkeitsmerkmale in den einzelnen Tarifstufen formuliert sind. Insofern kann nichts anderes gelten als für die
abstrakte tarifvertragliche Einstufung; hierbei gilt: Je konkreter die berufsbezogenen Kennzeichnungen im Tarifvertrag
ausgefallen sind, desto aussagekräftiger ist die jeweilige tarifvertragliche Einstufung für die Beurteilung der Wertigkeit
des bisherigen Berufs des Versicherten (in diesem Sinne auch BSG, Urteil vom 22. Juli 1992, Az. 13 RJ 21/91, S. 8).
Allein aus dem Umstand, dass die Kollegen des Klägers zum Teil in die Lohngruppen VI oder VII eingestuft waren,
lässt sich nicht schließen, auch der Kläger hätte in Lohngruppe VI eingestuft werden müssen.
Aus sozialmedizinischer Sicht ergibt sich auch für die Zeit nach Verkündung des erstinstanzlichen Urteils keine
andere Beurteilung. Herr Dr. F ... hat nach gründlicher und sorgfältiger Untersuchung des Klägers schlüssig und
nachvollziehbar dargelegt, warum dieser dazu in der Lage ist, noch leichte Tätigkeiten in überwiegend sitzender
Körperhaltung - insbesondere auch als Pförtner - auszuführen. Dies überzeugt vor allem deshalb, weil bei einer
Pförtnertätigkeit ein jederzeitiger Haltungswechsel möglich ist und der Einwand des Klägers, er könne nur in
wechselnder Körperhaltung tätig werden, deshalb nicht verfängt. Selbst wenn beim Kläger auch eine gravierende
Einschränkung der Beweglichkeit des linken Armes im Bereich zwischen Schulter und Ellenbogen vorliegt, hindert
dies nicht seine Einsatzfähigkeit als Pförtner, weil hierbei kein belastender Gebrauch der oberen Extremitäten
erforderlich ist. Die beim Kläger bestehenden psychischen Beeinträchtigungen, die allesamt nur leichter Art sind,
spielen bei einer Pförtnertätigkeit keine Rolle. Dies gilt sowohl für seine Vergesslichkeit als auch für das bei ihm
vorliegende Erschöpfungsyndrom. Stress fällt bei einer Pförtnertätigkeit ebenfalls nur in geringerem Umfang an. Auch
Herr Dr. G ... hat in seinem Befundbericht vom 11. April 2000 lediglich von einem larviert-depressiven und
psychosomatischen Erschöpfungssyndrom, nicht aber von einer echten Depression gesprochen. Die
arbeitsmedizinische Einschätzung von Herrn Dr. F ... stimmt zudem mit derjenigen von Frau Dr. H ... aus
orthopädischer Sicht überein. Der vom Kläger nachgereichte Befundbericht von Frau Dr. V ... rechtfertigt keine andere
sozialmedizinische Beurteilung, da das Hüftleiden im Befundbericht von Frau Dr. H ... berücksichtigt wurde.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 SGG sind nicht ersichtlich.