Urteil des LSG Sachsen vom 09.01.2002

LSG Fss: verkäuferin, ausbildung, adipositas, berufsunfähigkeit, rente, arbeitsmarkt, gesundheitszustand, erwerbsfähigkeit, form, erleichterung

Sächsisches Landessozialgericht
Urteil vom 09.01.2002 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Chemnitz S 16 RA 526/98
Sächsisches Landessozialgericht L 4 RA 82/01
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 07. Februar 2001 aufgehoben und
die Klage abgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten. III. Die Revision wird
nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Die am ... geborene Klägerin absolvierte vom 1.9.1965 bis 31.8.1967 eine Lehre zur Fachverkäuferin für Eisenwaren
und war anschließend in diesem Beruf tätig bis Ende August 1972. Sodann arbeitete sie als Badführerin bis Ende
1973 und als Stanzerin, Schleiferin und Wartekraft bis zum 8.7.1980. Vom 17.9.1981 bis Juni 1982 nahm sie an
einem Weiterqualifizierungslehrgang teil, den sie als Facharbeiterin für Lagerwirtschaft abschloss. Diese Tätigkeit übte
die Klägerin bis zum 30.6.1990 aus. Sie wurde wegen Rationalisierungsmaßnahmen des Arbeitgebers entlassen. Die
am 1.1.1991 begonnene Arbeit als Verkäuferin verlor sie Mitte März 1991 aus demselben Grund. Vom 28.8.1991 bis
11.7.1992 nahm sie an einer von der Bundesanstalt für Arbeit eingerichteten kaufmännischen Übungsfirma teil. Vom
1.5.1994 bis 30.4.1995 wurde die Klägerin als Sachbearbeiterin beschäftigt bei der Stadtverwaltung Z ... im Rahmen
einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme. Anschließend bezog sie bis zum 31.8.1997 durchgehend Lohnersatzleistungen
von der Bundesanstalt für Arbeit bzw. ihrer Krankenkasse, wobei sie von 1996 bis 1997 von der Bundesanstalt
fortgebildet wurde in der Maßnahme "Büro 2000". Am 1.9.1997 bewilligte ihr die Bundesanstalt erneut
Arbeitslosengeld. Am 1.12.1997 beantragte die Klägerin bei der Beklagten eine Rente wegen verminderter
Erwerbsfähigkeit. Aufgrund ihrer Bandscheiben- sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen könne sie nicht mehr arbeiten.
Darüber hinaus leide sie an Rheuma, Gicht und Bronchitis. Beim Arbeitsamt Zwickau war die Klägerin seinerzeit
arbeitssuchend gemeldet für eine Tätigkeit als Verkäuferin.
Die Beklagte holte Befundberichte von Dr. H ... (16.1.1998) und Dr. K ... (29.10.1997) ein und beauftragte Dr. B ... mit
der Erstellung eines orthopädischen Gutachtens, das diese am 21.1.1998 vorlegte. Danach leidet die Klägerin an
einem Lokalsyndrom der LWS bei degenerativen Bandscheibenveränderungen bei L5/S1, einer Retropatellararthrose
beidseits bei Genua valgum (sog. X-Bein) sowie an einer Arthritis aus dem rheumatischen Formenkreis. Die Klägerin
könne ihre letzte Tätigkeit als Verkäuferin uneingeschränkt ausüben.
Daraufhin lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab mit Bescheid vom 2.3.1998. Die Klägerin sei weder erwerbs-
noch berufsunfähig, da sie noch vollschichtig als Verkäuferin arbeiten könne.
Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein am 19.3.1998, weil die Beklagte nicht sämtliche Erkrankungen
berücksichtigt habe. Letztere zog das MDK-Gutachten vom 15.7.1998 bei, das neben den bekannten Diagnosen eine
Hypertonie mit Rhythmusstörungen sowie eine beginnende Coxarthrose beidseits auswies. Anschließend legte Dr. R
... am 17.7.1998 im Auftrag der Beklagten ein internistisches Gutachten über die Klägerin vor. Er diagnostizierte eine
Adipositas, tachykarde Belastungsreaktion bei Untrainiertheit und Adipositas sowie eine Hyperurikämie. Die
tachykarde Belastungsreaktion führte der Arzt auf den untrainierten Körper und das Übergewicht der Klägerin zurück.
Zeichen einer kardialen Ischämie oder Rhythmusstörungen hätten nicht vorgelegen. Des Weiteren finde sich kein
Hinweis auf eine rheumatische Gelenkerkrankung. Die Klägerin sei in der Lage, leichte und zeitweise mittelschwere
Arbeiten ohne Heben und Tragen von Lasten vollschichtig zu verrichten. Die genannten Einschränkungen könnten
nach Ansicht des Gutachters sogar entfallen, wenn die Klägerin erheblich abnehmen und ihren Körper trainieren
würde.
Die Beklagte wies daraufhin den Widerspruch der Klägerin zurück mit Widerspruchsbescheid vom 1.10.1998. Die
Klägerin sei nicht vermindert erwerbsfähig, weil sie als Sachbearbeiterin vollschichtig arbeiten könne. Zudem sei sie in
der Lage, leichte bis mittelschwere Arbeiten in wechselnder Körperhaltung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt
vollschichtig auszuüben.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer am 21.10.1998 vor dem Sozialgericht Chemnitz (SG) erhobenen Klage.
Aufgrund ihrer bereits im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren beschriebenen Gesundheitsstörungen könne sie
nicht mehr als Verkäuferin oder Sachbearbeiterin tätig sein. Überhaupt könne sie keine vollschichtige Arbeit mehr
verrichten. Das SG zog zunächst das arbeitsamtsärztliche Gutachten von Dr. O ... vom 10.3.1998 bei. Der Arzt
gelangte zu den bereits bekannten Diagnosen und meinte ebenfalls, die Klägerin könne leichte und mittelschwere
Arbeit vollschichtig ausüben, ohne häufiges Bücken, schweres Heben und Tragen, unter Vermeidung von
Zwangshaltungen. Dr. H ... gelangte in seinem Befundbericht vom 15.2.1999 ebenfalls zu unveränderten
Einschätzungen. Anschließend ließ das SG die Klägerin orthopädisch begutachten durch Dr. G ... am 24.8.2000. Er
gelangte zu folgenden Diagnosen:
- lokal lumbales Schmerzsyndrom bei präsacraler Osteochondrose, mit pseudoradikulärer Schmerzausstrahlung bei
gleichzeitiger extremer Überlastung durch Adipositas, - Coccycodynie (durch Einatmen von Arthrosporen von
Coccidioi des immitis hervorgerufene Infektion der oberen Atemwege), - Cervicocephales Schmerzsyndrom bei
statischer Überlastung, - Epicondylopathie humeri radialis beidseits, - Schmerzen der Fingermittel- und endgelenke
ohne Funktionseinschränkungen, ohne Entzündungszeichen, - Trochantertendopathie beider Hüftgelenke, - monströse
Adipositas, - Angstzustände und depressive Episoden bei problematischer sozialer Situation (Arbeitslosigkeit).
Das Schmerzsyndrom an der LWS führe zu leichten Funktionseinschränkungen, verbunden mit schmerzhaften
Bewegungseinschränkungen. Der chronische Steißbeinschmerz sei am ehesten psychogen bedingt und zwinge zu
wiederkehrendem Wechseln der Sitzposition. Die Beschwerden an den Ellenbogen- und Hüftgelenken seien
tendinomuskulär; es handele sich um Veränderungen am Übergang zwischen Sehne und Knochen. Eine Arthrose
bestehe in diesen Gelenken nicht. Die Kniegelenksbeschwerden resultierten aus dem Übergewicht der Klägerin.
Obwohl der Blut-Rheumatest positiv verlaufen sei, bestünden keinerlei klinische oder anamnestische Zeichen dieser
Krankheit. Auch bei der Röntgenuntersuchung hätten keine Frühformen nachgewiesen werden können. Die
Angstzustände und zeitweiligen depressiven Episoden stünden bei der Bewertung des Leistungsbildes der Klägerin
nicht im Vordergrund. Diese seien vielmehr im Zusammenhang mit ihrer schwierigen sozialen Situation zu betrachten.
Es sei weiterhin ein extrem schlechter Trainingszustand zu beklagen. Die Klägerin leide an monströser Adipositas bei
schlechter muskulärer Gesamtsituation und geringer Leistungsmotivation. Gleichwohl könne sie leichte und zeitweise
mittelschwere Arbeit in wechselnder Körperhaltung vollschichtig verrichten. Sie dürfe aber keine schweren und nicht
ständig mittelschwere Lasten heben und tragen; ferner müsse sie Zwangshaltungen meiden. Es dürfe sich um keine
rein stehende bzw. sitzende Tätigkeit handeln. Die Einschränkungen des qualitativen Leistungsvermögens beruhten
auf einer Summation funktioneller Störungen, die für sich betrachtet allerdings nicht sehr schwerwiegend seien.
Dementsprechend könne die Klägerin aus ärztlicher Sicht nur noch bis zu zwei Stunden täglich als Lagerverwalterin
arbeiten.
Das SG hat die Beklagte daraufhin unter Abweisung der Klage im übrigen verurteilt, der Klägerin eine Rente wegen
Berufsunfähigkeit zu zahlen ab Januar 1998. Zuletzt habe die Klägerin als Lagerverwalterin gearbeitet; damit sei sie
als Facharbeiterin anzusehen. Da die Klägerin diesem Beruf nur noch bis zu zwei Stunden täglich nachgehen könne,
die Beklagte demgegenüber aber keine Verweisungstätigkeit benannt habe, liege Berufsunfähigkeit vor. Die Klägerin
sei jedoch nicht erwerbsunfähig, da sie aufgrund ihres vollschichtigen Leistungsvermögens regelmäßig mehr als 630
DM monatlich als Arbeitseinkommen erzielen könne.
Gegen das ihr am 30.3.2001 zugestellte Urteil hat die Beklagte Berufung zum Sächsischen Landessozialgericht
eingelegt am 27.4.2001. Das SG habe zwar zutreffend die Tätigkeit als Lagerverwalterin als zuletzt ausgeübte
zugrundegelegt. Da diese mit der Arbeit als Handelsfachpackerin vergleichbar sei, handele es sich nicht um die eines
Facharbeiters, sondern eines Angelernten im oberen Bereich. Daher könne die Klägerin zumutbar auf sämtliche
Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden, ausgenommen lediglich die allereinfachsten Arbeiten.
Jedenfalls sei sie auf die Tätigkeit einer Bürohilfskraft in einer Poststelle zumutbar verweisbar; diese Arbeit könne sie
auch im Hinblick auf ihre Gesundheitsstörungen ausüben.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 7.2.2001 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Nach dem vom Senat eingeholten Befundbericht von Dr. B ... (Hausärztin) vom 16.8.2001 war der
Gesundheitszustand der Klägerin unverändert.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogene
Verwaltungsakte verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Abs. 1 SGG) ist begründet. Das SG hat
die Beklagte zu Unrecht zur Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente verurteilt, da die Klägerin nicht berufsunfähig ist.
Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Gewährung einer Versichertenrente richtet sich noch nach § 43
Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung, da der Rentenantrag
bereits 1997 gestellt worden ist und sich somit auf die Zeit vor dem 1.1.2001 bezieht (§ 300 Abs. 2 SGB VI). Die
Klägerin ist allerdings nicht berufsunfähig im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI. Ausgangspunkt für die Prüfung der
Berufsunfähigkeit ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) der "bisherige Beruf", den
der Versicherte ausgeübt hat (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 107, 169). Ausgehend von dem in § 43 Abs. 2 SGB VI
verankerten Berufsschutz soll demjenigen Versicherten, der aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der
bisherigen Weise tätig sein kann, ein zu starkes Absinken im Beruf erspart bleiben (BSG, U.v. 30.7.1997 5 RJ 8/96;
U.v. 24.11.1998 B 13 RJ 95/97 R). Demnach ist die Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit nach der Wertigkeit des
bisherigen Berufs zu beurteilen.
Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat das BSG die Versicherten in Gruppen eingeteilt. Die Berufsgruppen sind
ausgehend von der Bedeutung, der Dauer und dem Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufes gebildet
worden. Entsprechend dem so genannten Mehrstufen-Schema werden die Arbeiterberufe durch Gruppen mit dem
Leitberuf des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des
Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten
Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von bis zu zwei Jahren) und des ungelernten
Arbeiters charakterisiert (vgl. BSG SozR 2200 § 146 Nr. 140 m.w.N.). In Anlehnung an das für Arbeiterberufe
entwickelte Mehrstufen-Schema gilt ausgehend von der erforderlichen Ausbildung auch für Angestellte folgende
Gruppenbildung: Ungelernte Angestellte, Angestellte mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren (Angelernte), Angelernte
mit einer längeren Ausbildung, regelmäßig von drei Jahren (Ausgebildete) und Angestellte hoher beruflicher Qualität.
Allerdings ist nicht allein die Dauer der absolvierten Ausbildung entscheidend. Vielmehr ist die Wertigkeit der
verrichteten Arbeit zu betrachten. Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die im § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI
genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung sowie des bisherigen Berufs, besondere Anforderungen der
bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird (BSG SozR 3-2600 § 43 Nr. 15, 17 m.w.N.). Davon ausgehend darf der
Versicherte im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf grundsätzlich auf die nächstniedrigere Berufsgruppe verwiesen
werden (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 5 m.w.N.).
Demnach ist als "bisheriger Beruf" der Klägerin nicht die bis Ende Juni 1990 ausgeübte Tätigkeit als Lagerverwalterin
anzusehen, denn von diesem hat sie sich aus anderen als gesundheitlichen Gründen gelöst: Ursächlich für den
Verlust des Arbeitsplatzes waren nach eigenen Angaben der Klägerin Rationalisierungsmaßnahmen ihres
Arbeitgebers. Anschließend hat sich die Klägerin der Arbeitsverwaltung für Tätigkeiten als Verkäuferin zur Verfügung
gestellt; diese übte sie schließlich auch aus von Januar bis Mitte März 1991. Darüber hinaus hat die Klägerin von
1994 bis 1995 als Sachbearbeiterin bei der Stadtverwaltung Zwickau gearbeitet und ist von 1991 bis 1992 und 1996
bis 1997 von der Bundesanstalt für Arbeit in diesem Bereich fortgebildet worden. Als bisheriger Beruf ist daher die
Tätigkeit der Klägerin als Sachbearbeiterin anzusehen. Dabei ist es unerheblich, dass sie diesen im Rahmen einer
Arbeitsbeschaffungsmaßnahme ausgeführt hat, denn auch dabei handelt es sich um eine versicherungspflichtige
Beschäftigung. Dafür, dass die Klägerin diese Tätigkeit auf Dauer ausüben wollte, spricht die anschließende
Anpassungsfortbildung von 1996 bis 1997. Auch die Arbeitsverwaltung hat ihre Vermittlungsbemühungen für die
Klägerin offensichtlich auf eine solche Beschäftigung ausgerichtet. Damit wäre die Klägerin im Mehrstufen-Schema
des BSG der Gruppe der Angelernten zuzuordnen. Die Benennung einer Verweisungstätigkeit wäre erforderlich, weil
die Klägerin unter Berücksichtigung der Fortbildung vom 28.8. 1991 bis 11.7.1992 eine Anlernzeit zwischen 12 und 24
Monaten (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45) absolviert hat. Selbst wenn man die Tätigkeit als Verkäuferin als
"bisherigen Beruf" zugrundelegte, ergäbe sich keine andere Bewertung. Dabei kann es dahinstehen, ob die Klägerin
als ausgebildete Fachverkäuferin der Gruppe der Facharbeiter oder der Gruppe der Angelernten des oberen Bereichs
zuzuordnen wäre, denn in beiden Fällen wäre der Klägerin zumindest eine Verweisungstätigkeit zu benennen.
In diesem Fall ist die Benennung von Verweisungstätigkeiten allerdings entbehrlich. Ausgehend von ihrem durch die
Gutachten dargestellten Gesundheitszustand kann sie ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Sachbearbeiterin ausüben.
Dabei handelt es sich um eine leichte körperliche Arbeit in geschlossenen Räumen, die zwar überwiegend, aber nicht
ausschließlich - nur dies hat der Gutachter Dr. G ... ausgeschlossen - sitzend ausgeführt wird.
Darüber hinaus könnte sie zumutbar verwiesen werden auf die Tätigkeiten einer Kassiererin an einer Sammelkasse.
Diese ist denen einer Kauffrau im Einzelhandel gleichwertig (SächsLSG, U.v. 5.12.2001 L 4 RJ 112/01; U.v.
28.1.1999 L 4 RA 18/98 R). Die Verweisung bedeutet keinen Abstieg um mehr als eine Gruppe (SächsLSG, U.v.
5.12.2001 L 4 RJ 112/01; U.v. 27.9.2000 L 4 RA 36/00). Die Klägerin ist auch objektiv in der Lage, die Arbeit im
Verweisungsberuf auszuüben. Als ausgebildete Fachverkäuferin verfügt sie über die Kenntnisse und Fähigkeiten, die
der Verweisungsberuf erfordert, denn dazu zählte auch das Kassieren. Zudem handelt es sich um leichte körperliche
Arbeit, wobei die Körperhaltung nach eigenem Belieben gewechselt werden kann; die Arbeit kann sowohl sitzend als
auch stehend und in gewissem Umfang auch gehend verrichtet werden. Entsprechende Arbeitsplätze sind in
Kaufhäusern, Schuh- und Textilkaufhäusern in großer Zahl vorhanden (SächsLSG, U.v. 5.12.2001 L 4 RJ 112/01; U.v.
28.1.1999 L 4 RA 18/98 R). Die gesundheitlichen Anforderungen der Verweisungstätigkeit entsprechen damit dem
Restleistungsvermögen der Klägerin.
Im Gegensatz zur Ansicht des SG liegt Berufsunfähigkeit nicht bereits dann vor, wenn der Versicherte seinen
bisherigen Beruf nicht mehr ausüben kann, aber vom Rentenversicherungsträger keine Verweisungstätigkeit benannt
wird. Rentenversicherungsträger und Gerichte sind vielmehr gleichermaßen dazu verpflichtet, im Bescheid bzw. im
Urteil darzulegen, welche auf dem Arbeitsmarkt zugängliche, konkrete Tätigkeit vorhanden ist, die den
gesundheitlichen und beruflichen Kräften und Fähigkeiten entspricht und nach der Qualität des bisherigen Berufs
zugemutet werden kann (Niesel in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 43 SGB VI, Rdnr. 121).
Liegt es nahe, dass der Versicherte noch zumutbar auf eine andere Tätigkeit verwiesen werden kann, ist es Sache
des Gerichts, darauf entsprechend hinzuweisen und dies mit den Beteiligten zu erörtern, und zwar auch dann, wenn
der Rentenversicherungsträger selbst keine Verweisungstätigkeit benannt hat. Anders ist dies lediglich, wenn das
Gericht Beweise "ins Blaue hinein" oder Ausforschungsbeweise erheben müsste. Allerdings kann der
Rentenversicherungsträger noch in der Berufungsinstanz Verweisungstätigkeiten benennen (BSG, U.v. 14.5.1996 - 4
RA 104/94).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG, die Nichtzulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 SGG.