Urteil des LSG Sachsen vom 18.10.2001

LSG Fss: berufliche ausbildung, praktische ausbildung, abgrenzung, form, schulpflicht, vergleich, schüler, grundrecht, eltern, berufsausbildung

Sächsisches Landessozialgericht
Urteil vom 18.10.2001 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Chemnitz S 6 AL 1057/98
Sächsisches Landessozialgericht L 3 AL 66/01
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 30. November 2000 wird zurückgewiesen. II.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht
zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über das Bestehen eines klägerischen Anspruchs auf Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) für eine
vom 03.09.1998 bis 12.07.2000 absolvierte Ausbildung.
Der am ...geborene Kläger stellte am 27.08.1998 bei der Beklagten Antrag auf BAB, für eine vom 03.09.1998 bis
12.07.2000 dauernde Berufsausbildung zum Assistenten für Wirtschaftsinformatik an der Berufsfachschule für
Technik C ...
Nach der Bescheinigung der Ausbildungsstätte vom 07.09.1998 erhielt der Kläger während der Ausbildung keine
Vergütung. Gemäß dem am 03.09.1998 zwischen dem Kläger und dem Bildungsträger geschlossenen
Ausbildungsvertrag wurde der zeitliche Ablauf der Ausbildung einschließlich Ferienzeiten durch
Schuljahresablaufpläne geregelt. Grundlage der Ablaufpläne bildeten die Vorgaben des Sächsischen
Staatsministeriums für Kultus (Ziffer 1 Abs. 4 des Vertrages). Entsprechend des Sächsischen Schulgesetzes bestehe
Schulpflicht (Ziffer 3 des Vertrages). Ein monatliches Schulgeld in Höhe von 219,00 DM sei zu entrichten (Ziffer 5
Abs. 1 des Vertrages).
Mit Bescheid vom 06.10.1998 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Der Kläger besuche eine Berufsfachschule. Dieser
Ausbildungsgang unterliege dem Schulgesetz des Landes. Eine Förderung sei daher nicht möglich.
Gegen diesen Bescheid richtete sich der Widerspruch des Klägers vom 15.10.1998 (Schreiben vom 12.10.1998). Es
handele sich bei der angestrebten Ausbildung um eine berufliche Erstausbildung in einem staatlich anerkannten
Ausbildungsberuf nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG).
Mit Widerspruchsbescheid vom 19.11.1998 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Gemäß § 60
Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch -SGB III- sei eine berufliche Ausbildung förderungsfähig, wenn sie in einem
nach dem BBiG, der Handwerksordnung oder dem Seemannsgesetz staatlich anerkannten Ausbildungsberuf
betrieblich oder außerbetrieblich durchgeführt werde, und der dafür vorgeschriebene Berufsausbildungsvertrag
abgeschlossen worden sei. Der Kläger absolviere eine Ausbildung zum Assistenten für Wirtschaftsinformatik an der
Berufsschule für Technik Chemnitz. Es handele sich bei dem gewählten Beruf um einen staatlich anerkannten
Ausbildungsberuf. Die Ausbildung werde jedoch weder betrieblich noch außerbetrieblich durchgeführt. Vielmehr
handele es sich um eine schulische Ausbildung, die dem Schulgesetz des Landes unterliege, so dass eine
Förderungsfähigkeit nicht gegeben sei.
Am 03.12.1998 hat der Kläger zu Protokoll des Sozialgerichts (SG) Chemnitz Klage erhoben. Es handele sich nach
seiner Ansicht um eine außerbetriebliche Ausbildung.
Auf Nachfrage des SG hat die Berufsfachschule für Technik C ... mit Schriftsatz vom 02.11.2000 mitgeteilt, das
Arbeitsamt gewähre generell für Schüler ihrer Schule keine BAB.
Mit Urteil vom 30.11.2000 hat das SG die Klage abgewiesen. Anspruch auf BAB bestehe nicht, weil der Kläger eine
schulische Ausbildung absolviere. Kennzeichnend für eine schulische Ausbildung sei im Wesentlichen die
theoretisch-systematische Unterrichtung von Personengruppen an in der Regel zentralen Stellen, mit der methodisch
das Ziel verfolgt werde, allgemein als wichtig anerkannte Bildungs- und Erziehungsziele zu verwirklichen. Eine in
Schulform betriebene Ausbildung erfülle aber selbst dann nicht die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 SGB III, wenn
sie berufliches Wissen vermittle. Zudem spreche die förmliche Anerkennung als Schule stark dafür, dass es sich um
eine schulische Ausbildung handele. Ferner sei die Schule im Ausbildungsvertrag als staatlich genehmigte
Ersatzschule bezeichnet worden. Die Ausbildung erfolge nach Schuljahresablaufplänen. Grundlage für die Ablaufpläne
seien die Vorgaben des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus. Außerdem bestehe Schulpflicht entsprechend
dem Sächsischen Schulgesetz.
Gegen das an den Kläger am 14.02.2001 abgesandte und ihm am 17.02.2001 zugegangene Urteil hat dieser am
Montag, dem 19.03.2001, zu Protokoll des SG Chemnitz Berufung erhoben. Bei seiner Ausbildung handele es sich
um eine Berufs-, nicht um eine Schulausbildung.
Auf Nachfrage des Senats hat der Schulleiter der Berufsfachschule für Technik C ... mit Schriftsatz vom 28.08.2001
ausgeführt, die Ausbildung des Klägers habe sowohl aus theoretischem Unterricht als auch aus praktischer
Ausbildung bestanden. Der theoretische Unterricht habe eine Gesamtstundenzahl von 2556 Stunden, die praktische
Ausbildung (Firmenpraktikum) 320 Stunden (2x4 Wochen a 40 h) umfasst. Die Ausbildungseinrichtung stelle eine
staatlich genehmigte Ersatzschule (lt. Bescheid des Sächs. Staatsministeriums für Kultus vom 08.05.1998) dar. Die
Schüler der Einrichtung könnten - sofern Bedürftigkeit vorliege - Leistungen nach dem
Berufsausbildungsförderungsgesetz (BAföG) beantragen. An der Einrichtung würden auf der Grundlage der
Verordnung des Sächs. Staatsministeriums für Kultus vom 06.08.1996 Assistenten für Wirtschaftsinformatik
ausgebildet. Es handele sich um einen anerkannten Ausbildungsberuf. Der Unterricht erfolge nach staatlich
genehmigten Lehrplänen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 30.11.2000 und den Bescheid vom 06.10.1998 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 19.11.1998 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, Berufsausbildungsbeihilfe auf
den Antrag vom 27.08.1998 zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte ist der Auffassung, es handele sich bei der absolvierten Ausbildung um eine schulische Ausbildung, die
nach dem SGB III nicht förderbar sei. Hierfür käme allenfalls eine Förderung nach dem BAföG in Betracht. Ein
gewichtiges Indiz für das Vorliegen einer schulischen Ausbildung sei, dass die Berufsfachschule als staatlich
genehmigte Ersatzschule, die dem Schulgesetz des Freistaates Sachsen unterliege, anerkannt sei. Ferner hätte der
Kläger keinen Berufsausbildungsvertrag im Sinne des BBiG, der von einer zuständigen Stelle überwacht und in das
Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse eingetragen sei, abgeschlossen. Wie dem Ausbildungsvertrag
zwischen dem Kläger und der Berufsfachschule zu entnehmen sei, richte sich der Ablauf der Ausbildung nach
Schuljahresablaufplänen auf der Grundlage von Vorgaben des Sächsischen Kultusministeriums.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes hat der Senat auf die Verfahrensakten beider Instanzen sowie
die Leistungsakte der Beklagten, die er zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht hat, Bezug
genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte (§§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) sowie form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte
Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten
vom 06.10.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.11.1998 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger
daher nicht seinen Rechten.
Dem Kläger steht kein Anspruch auf BAB für die ab 03.09.1998 absolvierte Ausbildung zu. Gemäß § 59 SGB III in der
Fassung des Artikel 1 des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes vom 24.03.1997, BGBl. I S. 594, haben Auszubildende
Anspruch auf BAB während einer beruflichen Ausbildung oder einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme, wenn
die berufliche Ausbildung oder die berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme förderungsfähig ist (Ziffer 1), sie zum
förderungsfähigen Personenkreis gehören und die sonstigen persönlichen Voraussetzungen für eine Förderung erfüllt
sind (Ziffer 2) und ihnen die erforderlichen Mittel zur Deckung des Bedarfes für den Lebensunterhalt, die Fahrtkosten,
die sonstigen Aufwendungen und die Lehrgangskosten nicht anderweitig zur Verfügung stehen (Ziffer 3).
Nach § 60 Abs. 1 SGB III ist eine berufliche Ausbildung förderungsfähig, wenn sie in einem nach dem BBiG, der
Handwerksordnung oder dem Seemannsgesetz staatlich anerkannten Ausbildungsberuf betrieblich oder
außerbetrieblich durchgeführt wird und der dafür vorgeschriebene Berufsausbildungsvertrag abgeschlossen worden ist.
Es kann dahinstehen, ob es sich bei der von dem Kläger absolvierten Ausbildung zum "Assistenten für
Wirtschaftsinformatik" um einen anerkannten Ausbildungsberuf handelt. Ob ein anerkannter Ausbildungsberuf vorliegt,
bestimmt sich nach § 25 Abs. 1 BBiG, § 25 Handwerksordnung. Anerkannte Ausbildungsberufe sind nur solche, die
durch Rechtsverordnung anerkannt sind und eine Ausbildungsordnung besitzen, in der mindestens Ausbildungsdauer,
Ausbildungsberufsbild, Ausbildungsrahmenplan, Prüfungsanforderungen und Bezeichnung des Ausbildungsberufes (§
25 Abs. 2 BBiG, § 25 Handwerksordnung) festgelegt sind (Fuchslow, in Gagel: SGB III, Rdnr. 4 zu § 60; Mehnert, in
Niesel: SGB III, Rdnr. 3 zu § 60).
Ferner kann dahinstehen, ob der Ausbildung ein schriftlicher Ausbildungsvertrag, der gemäß § 23 BBiG von der
zuständigen Stelle, z.B. der Industrie- und Handelskammer, zu überwachen und in das dort zu führende Verzeichnis
der Berufsausbildungsverhältnisse einzutragen war (§ 31 BBiG), zugrunde lag.
Denn bei der vom Kläger absolvierten Ausbildung handelte es sich jedenfalls weder um eine betriebliche noch um eine
außerbetriebliche Ausbildung. Vielmehr lag eine schulische Ausbildung vor.
Eine Ausbildung ist nur dann nach dem SGB III förderungsfähig, wenn sie betrieblich oder außerbetrieblich
durchgeführt wird. Die Einschränkung dient vor allem der Abgrenzung zur schulischen Ausbildung, die nach dem
BAföG gefördert wird (Fuchslow, a.a.O., Rdnr. 19).
Mit dem SG ist davon auszugehen, dass in einigen Fällen ein Berufsabschluss sowohl im Rahmen eines überwiegend
schulischen als auch im Rahmen eines überwiegend arbeitsrechtlich-betrieblichen Ausbildungsverhältnisses erworben
werden kann. Eine konkrete Ausbildung kann jedoch schwerpunktmäßig nach Form und Inhalt nur entweder schulisch
oder betrieblich bzw. überbetrieblich durchgeführt werden. Tauglich zur Abgrenzung der beiden Ausbildungsformen ist
ausschließlich die Struktur der Kenntnisvermittlung. Schulische Ausbildung ist ihrer Struktur nach theoretisch-
systematisch aufgebaut, während im Mittelpunkt beruflicher Ausbildung das sog. "learning-by-doing", also der
konkrete Anwendungsbezug steht (Fuchslow, a.a.O., Rdnr. 23 f.).
Die Abgrenzung zwischen schulischer und beruflicher Ausbildung erfolgt im Wesentlichen nicht nach den Trägern der
Ausbildungseinrichtungen. Selbst wenn eine Einrichtung nach Landesrecht als Schule (z.B. Privat-, Ersatz- oder
Ergänzungsschule) anerkannt ist, ergibt sich hieraus lediglich ein Indiz dafür, dass die Einrichtung tatsächlich eine
Schule und keine überbetriebliche Einrichtung im Sinne des § 60 SGB III ist (BSG, Urteil vom 21.06.1977, SozR 4100
§ 40 Nr. 13).
Der Inhalt der Kenntnisse und Fertigkeiten, die vermittelt werden, ist ebenfalls nicht zur Abgrenzung zwischen
schulisch bzw. betrieblich geprägter Ausbildung geeignet. So ist die schulische Ausbildung insbesondere nicht auf die
Allgemeinbildung begrenzt, da beispielsweise zu den Schulen, die primär berufliche Bildung vermitteln, u.a.
Berufsfachschulen nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, 2 BAföG gehören. Dies zeigt auch die Tatsache, dass bestimmte
Berufsabschlüsse sowohl in schulischer als auch in betrieblicher Form erworben werden können. Das Bestreben,
bestimmte Bildungs- und Erziehungsziele zu verwirklichen, trifft gleichermaßen auf die berufliche wie die schulische
Ausbildung zu.
Das SGB III verwendet im Gegensatz zu § 40 AFG den Begriff der "außerbetrieblichen" und nicht mehr den der
"überbetrieblichen" Ausbildung. Eine inhaltliche Änderung sollte damit jedoch nicht verbunden sein, sondern nur eine
Anpassung an einen inzwischen üblicheren Sprachgebrauch (Fuchslow, a.a.O., Rdnr. 28 f.).
Die betriebliche Ausbildung ist am Bild der traditionellen Ausbildung im Einzel- oder Teilbetrieb orientiert.
Unter außerbetrieblicher Ausbildung ist eine Ausbildung zu verstehen, die ganz oder teilweise außerhalb des
Einzelbetriebes erfolgt, aber inhaltlich dem Modell der betrieblichen Ausbildung entspricht (Mehnert, a.a.O., Rdnr. 7).
Ein Kennzeichen zur Abgrenzung gegenüber der betrieblichen Ausbildung besteht darin, dass nicht für den
Eigenbedarf ausgebildet wird (Fuchslow, a.a.O., Rdnr. 41).
Außerbetrieblich ist nicht in dem Sinne zu verstehen, dass sie außerhalb von betrieblichen Lernstrukturen - etwa in
schulischer Form - durchgeführt wird. Betriebliche und außerbetriebliche Ausbildung ist im Vergleich zu der
schulischen mehr praktisch-fallbezogen angelegt. Im Betrieb werden Kenntnisse und Fertigkeiten durch jeweils
anfallende praktische Arbeitsaufgaben vermittelt (BSG, Urteil vom 31.08.1976, SozR 4100 § 40 Nr. 10). So erfolgt die
betriebliche Ausbildung z.B. bei handwerklichen Berufen in der Regel am Werkstück, bei kaufmännischen Berufen am
einzelnen Sachproblem.
Besteht eine Ausbildung aus theoretischem Unterricht und einer praktischen Ausbildung, kommt es darauf an, ob die
schulische oder betriebliche Ausbildung zeitlich überwiegt und damit prägend ist (Fuchslow, a.a.O., Rdnr. 31 f.).
Mit dem SG ist zunächst davon auszugehen, dass die Qualifizierung der Schule als staatlich genehmigte
Ersatzschule ein Indiz für eine schulische Ausbildung darstellt.
Auch die Tatsachen, dass die Ausbildung nach Schuljahresablaufplänen erfolgte und Grundlage für die Ablaufpläne
Vorgaben des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus waren, bilden Indizien für eine schulische Ausbildung.
Zudem besteht während der Ausbildung Schulpflicht nach dem Sächsischen Schulgesetz.
Weiterhin war die Ausbildung nicht am Modell der betrieblichen Ausbildung orientiert. Die Kenntnisvermittlung erfolge
regelmäßig durch theoretisch-systematischen Unterricht, nicht hingegen anhand praktischer Arbeitsaufgaben. Der
theoretische Unterricht überwog mit 2556 Stunden gegenüber der praktischen Ausbildung mit 320 Stunden stark.
Zudem können die Schüler für die Zeit dieser Ausbildung nach den hierfür maßgeblichen Voraussetzungen Leistungen
nach dem BAföG erhalten. Dies war auch dem Kläger bekannt.
Die Norm des § 60 SGB III verstößt nicht gegen Verfassungsrecht. Insbesondere liegt keine Verletzung von Artikel 3
Abs. 1 Grundgesetz (GG) vor. Die Verletzung des Gleichheitsgrundrechtes des Artikel 3 Abs. 1 GG setzt voraus,
dass eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl
zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchen Gewicht bestehen, das sie die ungleiche
Behandlung rechtfertigen könnten (BVerfGE 55, 72, 88). Ein Verstoß gegen Artikel 3 Abs. 1 GG liegt jedoch nicht
schon dann vor, wenn im konkreten Fall nicht die zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Lösung gewählt
worden ist, sondern erst dann, wenn die Entscheidung willkürlich ist (BVerfGE 4, 144, 155; 83, 395, 401). Dabei
enthält Artikel 3 Abs. 1 GG kein justiziables Optimierungsgebot: Artikel 3 Abs. 1 GG verlangt mithin nicht die
zweckmäßigste und gerechteste Lösung vom Gesetzgeber, sondern setzt seiner Gestaltungsfreiheit nur Grenzen.
Dabei besteht aber auch der Grundsatz weitgehender Freiheit des Gesetzgebers zu generalisierenden, typisierenden
und pauschalierenden Regelungen. Praktikabilität und Einfachheit des Rechts gehören gerade bei der Ordnung von
Massenerscheinungen zu den notwendigen Voraussetzungen eines gleichheitsgerechten Gesetzesvollzuges, denen
auch innerhalb gleichheitsrechtlicher Abwägungen erhebliches Gewicht zukommt. Der Gesetzgeber muss lediglich
sachgerecht und realitätsgerecht typisieren, also die Regelung nicht am atypischen, sondern an tatsächlich typischen
Fall orientieren.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass ein vernünftiger, sich aus
der Natur der Sache ergebender und sachlich einleuchtender Grund für die Ungleichbehandlung von Personen, die
eine betriebliche/überbetriebliche Ausbildung absolvieren im Vergleich zu jenen, die sich in einer schulischen
Ausbildung befinden, vorliegt. Personen, die eine schulische Ausbildung absolvieren, fallen unter den
Anwendungsbereich des BAföG. Gemäß § 2 Abs. 1 Ziffer 1 BAföG wird die Ausbildungsförderung nach diesem
Gesetz u.a. während des Besuchs von Berufsfachschulen gewährt.
Personen, die eine betriebliche/überbetriebliche Ausbildung absolvieren, steht hingegen kein Anspruch auf Leistungen
nach dem BAföG zu. Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber lediglich für diese Personengruppe in §§ 59 ff. SGB III
einen eigenständigen Förderungsanspruch geschaffen.
Der rechtfertigende Grund, dass Absolventen einer schulischen Ausbildung Leistungen nach §§ 59 ff. SGB III nicht
beanspruchen können, besteht folglich darin, dass für sie keine Lücke in der Förderung besteht, weil sie - u. a. bei
Bedürftigkeit - Leistungen nach dem BAföG beanspruchen können.
Eine Verletzung des Rechts auf freie Wahl des Berufes gemäß Artikel 12 Abs. 1 GG liegt ebenfalls nicht vor. Der
Kläger beabsichtigte, eine Ausbildung zum Assistenten für Wirtschaftsinformatik zu absolvieren. Durch die Tatsache,
dass eine Förderungsmöglichkeit lediglich nach dem BAföG, nicht jedoch nach dem SGB III bestand, ist sein
Grundrecht auf freie Berufswahl nicht beeinträchtigt. Zwar erhielt der Kläger keine Förderung nach dem SGB III, ihm
standen gleichwohl Ansprüche auf Unterhaltszahlung gegenüber seinen Eltern zu. Diese waren gesetzlich zur
Erbringung von Unterhaltsleistungen an ihren Sohn verpflichtet. Hätten die Eltern des Klägers ein geringes
Einkommen gehabt, das dazu geführt hätte, dass eine Unterhaltszahlung nicht möglich gewesen wäre, hätte dem
Kläger ein Anspruch auf Leistungen nach dem BAföG zugestanden. Die Rechtsordnung gewährleistet folglich, dass
der Kläger während der Ausbildung zum Assistenten für Wirtschaftsinformatik nicht ohne Einkommen dasteht. Dass
sein Grundrecht auf freie Berufsausübung nicht beeinträchtigt wurde, zeigt sich letztlich auch darin, dass sich der
Kläger trotz der Tatsache, dass er eine Förderung nach dem SGB III nicht in Anspruch nehmen konnte, von der
eingeschlagenen Berufsausbildung nicht abbringen ließ.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 193 SGG; Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2
SGG liegen nicht vor. Insbesondere handelt es sich nicht um eine Rechts- mehreren Entscheidungen die Kriterien zur
Abgrenzung zwischen schulischer und beruflicher/außerberuflicher Ausbildung dargelegt. Diese Kriterien hat der Senat
im vorliegenden Fall einzelfallbezogen umgesetzt.