Urteil des LSG Sachsen vom 14.06.2001

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Sächsisches Landessozialgericht
Urteil vom 14.06.2001 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Chemnitz S 6 AL 218/97
Sächsisches Landessozialgericht L 3 AL 135/00
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 06. April 2000 wird zurückgewiesen. II.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht
zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist der Anspruch des Klägers auf Weiterzahlung von Arbeitslosenhilfe ab dem 16.07.1992
bis April 1994 streitig.
Der am ... geborene Kläger ist nach den vorliegenden Unterlagen seit April 1986 im Wesentlichen durchgehend
beschäftigungslos. Seit November 1986 bezog er von verschiedenen Dienststellen der Beklagten mit
Unterbrechungen Arbeitslosenhilfe. Zuletzt wurde ihm auf Grund eines Antrages vom 17.04.1990 von dem damals
zuständigen Arbeitsamt Traunstein diese Leistung (rückwirkend) im Hinblick auf Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit
befristet bis zum 20.06.1990 bewilligt (Bescheide vom 12.03.1991 und 25.08.1992). Eine Weiterzahlung der Alhi über
diesen Zeitpunkt hinaus erfolgte zunächst nicht, da der Eingang eines entsprechenden Weiterzahlungsantrages des
Klägers bei diesem Amt nicht festgestellt wurde.
Nachdem der Kläger in einem am 26.11.1992 vor dem Sozialgericht München (Az: S 34 AL 1428/98) anhängig
gemachten und von diesem mit Verweisungsbeschluß vom 28.12.1992 wegen der örtlichen Zuständigkeit für das
Verfahren an das SG Chemnitz verwiesenen Klageverfahren (S 9 AL 791/93) geltend gemacht hatte, einen erneuten
Bewilligungsantrag bereits am 15.04.1991 beim Arbeitsamt Traunstein gestellt zu haben, gewährte ihm die Beklagte
mit Bescheid dieses Amtes vom 05.12.1994 die Leistung rückwirkend begrenzt für den Zeitraum vom 08.04. bis
24.07.1991. Für die Zeit ab dem 25.07.1991 wurde gleichzeitig die Fortzahlung der Alhi wegen Eintritts einer
Säumniszeit abgelehnt. Auf die hiergegen nach erfolglosem Verwaltungsverfahren (Widerspruchsbescheid vom
06.12.1995) zum Sozialgericht Chemnitz erhobene Klage (Az: S 2 AL 331/95) hob die Beklagte die
Säumniszeitentscheidungen wieder auf und bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 13.08.1996 Arbeitslosenhilfe für
den anschließenden Zeitraum bis zum 15.04.1992. Eine Anfechtung dieses an die vom Kläger im Schriftwechsel mit
der Beklagten angegebene Postanschrift "Sch ...straße ..., ... C ..." gesandten Bescheides erfolgte nach Aktenlage
(zunächst) nicht. Mit einem Schreiben vom 30.08.1996 forderte der Kläger unter ausdrücklicher Bezugnahme auf
diese Weiterbewilligungsentscheidung vom Arbeitsamt Traunstein lediglich Antragsformulare für die Beantragung von
Arbeitslosenhilfe "für das Jahr 1992 zu 1993" und für "April 1993 zu April 1994" an. Ein beim Arbeitsamt am
06.12.1996 eingegangenes Schreiben, in welchem sich der Kläger gegen die Versagung der Weiterzahlung wandte,
wertete die Beklagte als Antrag auf Überprüfung der Entscheidung gemäß § 44 des Zehnten Buches
Sozialgesetzbuch -Verwaltungsverfahren - (SGB X), den sie mit Bescheid vom 03.01.1997 als unbegründet ablehnte.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 08.02.1997 zurück.
Am 17.03.1997 hat der Kläger gegen diese Entscheidungen der Beklagten Klage zum Sozialgericht Chemnitz erhoben
und weiterhin geltend gemacht, über den 15.04.1992 hinaus bis April 1994 in Freilassing gelebt zu haben. Er habe im
April 1992 dem Arbeitsamt Freilassing auch seine "Postadresse" gemeldet bzw. melden wollen. Diese sei vom
Arbeitsamt nicht entgegen genommen worden, da er von dort keine Leistungen beziehe. Er habe dann - ebenso wie
seine Lebenspartnerin, Frau K ..., zur Regelung ihrer eigenen Schwierigkeiten mit dem Arbeitsamt Freilassing - die
Anschrift von deren Mutter, Frau H ..., (in M ..., C ...) angegeben. Diese Frau H ... habe dann die Post sofort nach
Freilassing, Sch ... gesandt. Er selbst habe bis April 1994 "die Postadresse Sch ...straße ... in Freilassing" gehabt.
Im Verhandlungstermin vor dem Sozialgericht am 06.04.2000 wurden zur Klärung der tatsächlichen
Aufenthaltsverhältnisse des Klägers dieser persönlich befragt sowie die Zeuginnen K. K ... und I. H ... uneidlich
einvernommen. Im Hinblick auf die Bekundungen dieser Zeuginnen hat die Beklagte den vom Kläger geltend
gemachten Anspruch für die Zeit vom 16.04. bis 16.07.1992 anerkannt. Insoweit wurde der Rechtsstreit durch
Annahme des Teilanerkenntnisses erledigt. Das auf die Zahlung der Alhi auf die Zeit ab dem 17.07.1992 gerichtete
weitergehende Klagebegehren hat das Sozialgericht mit Urteil vom 06.04.2000 als unbegründet abgewiesen. Die
hierfür geforderten gesetzlichen Voraussetzungen seien nicht erfüllt. Der Kläger habe spätestens mit Wirkung ab dem
17.07.1992 zu den Akten der Beklagten eine Postadresse in Chemnitz angegeben, unter welcher er sich nicht
aufgehalten habe. Deshalb habe er der Beklagten nicht gemäß § 100 Abs. 1 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) zur
Verfügung gestanden. Verfügbarkeit in diesem Sinne setze gemäß § 103 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AFG voraus, dass der
Arbeitslose das Arbeitsamt täglich aufsuchen könne und für dieses erreichbar sei. Dies sei beim Kläger nicht der Fall
gewesen, da er für das von ihm als zuständig bezeichnete Arbeitsamt Traunstein nur über die in seinen Schriftsätzen
angegebene Anschrift "bei I ...H ..., M ..., C ..." zu erreichen gewesen sei. Damit seien die nach den Grundsätzen der
Rechtsprechung des Bundessozialgerichts aufgestellten Voraussetzungen einer unmittelbaren Erreichbarkeit im Sinne
von § 103 AFG nicht gegeben gewesen.
Gegen diese Entscheidung hat der Kläger am 31.07.2000 fristgemäß Berufung zum Sächsischen Landessozialgericht
eingelegt. Das Sozialgericht habe die Klage zu Unrecht abgewiesen, da durch die Zeugeneinvernahme nachgewiesen
sei, dass der die Leistung rechtzeitig beantragt habe und auch während des Zeitraumes ab 17.07.1992 für die
Beklagte postalisch erreichbar gewesen sei. Er habe die zutreffende Anschrift der Beklagten im April 1992 bekannt
gegeben und sich danach zu keinem Zeitpunkt weder beim Arbeitsamt noch polizeilich nach C ... abgemeldet. Das
Arbeitsamt selbst habe auf Grund einer unzutreffenden Annahme, er sei gemeinsam mit der Zeugin K ... nach C ...
verzogen, ihn über die Anschrift dieser Zeugin angeschrieben. Es habe nicht versucht, ihn unter der Anschrift in
Freilassing postalisch zu erreichen. Bei korrekter Bearbeitung seines Antrages vom 08.04.1991 wäre im Übrigen seine
neue Anschrift im April 1992 festgestellt worden. Die Versäumnisse der Beklagten dürften ihm nicht angelastet
werden.
Zur weiteren Überprüfung der tatsächlichen Aufenthaltsverhältnisse des Klägers hat der Senat die Klageakten des
Sozialgerichts München betreffend die dort am 14.06.1991 anhängig gewordenen Klageverfahren S 35 AL 616/91 und
S 34 Al 1428/92 zum Verfahren beigezogen. Die Innenrevision der Sparkasse Berchtesgadener Land hat auf Anfrage
des Senats mit Schreiben vom 24.01.2001 mitgeteilt, dass nach den dortigen Unterlagen der Kläger "bis Anfang 1992
bei seiner Lebensgefährtin in Freilassing" gewohnt habe und nach Auskunft des Einwohnermeldeamtes "dann mit ihr
nach Chemnitz zurückgekehrt sei, wo er aber nicht gemeldet" gewesen sei.
Einen Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren hat der Senat mit
Beschluss vom 19.02.2001 wegen mangelnder Erfolgsaussicht abgelehnt.
Auf eine an die Prozessbevollmächtigte des Klägers gerichtete vorsorgliche Aufforderung des Senats, für den Fall der
Fortsetzung des Verfahrens dem Gericht weitere Unterlagen vorzulegen und Auskünfte über ärztliche Behandlungen
im Zeitraum ab 1991/1992 zu geben, reichte diese nach Anberaumung des Termins zur mündlichen Verhandlung am
14.06.2001 mit Schriftsatz vom 11.06.2001 Ablichtungen eines Antrages des Klägers auf Kraftfahrversicherung bei
der Zürich Versicherungs-Gesellschaft vom 09.07.1992, eines Schreibens dieses Versicherungsunternehmens vom
06.10.1992 an den Kläger, eines Schreibens des Augenarztes Dr. med. G. I ..., Freilassing, vom 02.03.1994 sowie
einer Bescheinigung der Dr. med. R. L ..., Freilassing, vom 24.03.1994 ein.
Im Verhandlungstermin hat der Kläger bei der Befragung durch den Senat ergänzend angegeben, das Schreiben an
das Arbeitsamt Traunstein vom 08.12.1992 sei von der seinerzeit bereits in Chemnitz wohnhaften Lebensgefährtin,
Frau K. K ..., angefertigt worden, welche ihn jedoch oft bei ihrer Tochter in Freilassing besucht habe. Zu den sich aus
den Leistungsunterlagen ergebenden Krankheitszeiten in den Jahren 1992 und 1993 könne er keine näheren Angaben
mehr machen. Zu den zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Feststellungen über die Wohnort- bzw.
Aufenthaltsverhältnisse des Klägers im Juli 1992 in den Klageakten des Sozialgerichts München (S 35 AL 616/91 und
S 34 Al 1428/92) hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers Angaben zu den Hintergründen gemacht. Insoweit wird
auf den Inhalt der Niederschrift Bezug genommen.
Der Kläger hat beantragt,
1. das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 06.04.2000 wird aufgehoben.
2. Der Beklagte wird verurteilt, in Abänderung der streitigen Bescheide an den Kläger auch über den 16.07.1992
hinaus Arbeitslosenhilfe zu zahlen.
3. Die Kosten des Rechtsstreites trägt der Beklagte.
Die Beklagte hat beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der zum Verfahren beigezogenen Leistungsunterlagen der
Beklagten sowie der Verfahrensakten des Sozialgerichts München aus dem Klageverfahren S 35 Al 616/91 und S 34
Al 1428/92 sowie die Verfahrensakten aus den beiden Rechtszügen des hier anhängigen Rechtsstreites Bezug
genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte und fristgemäß eingelegte Berufung des
Klägers ist zulässig. Sie ist in der Sache jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage gegen die
angefochtenen Bescheide der Beklagten im Ergebnis zu Recht als unbegründet abgewiesen.
Streitgegenstand sind Entscheidungen der Beklagten über einen Antrag des Klägers auf Überprüfung der
vorausgehend mit Bescheid vom 13.08.1996 erfolgten Ablehnung der Weiterbewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi)
über den 16.07.1992 hinaus. Dieser Bescheid des Arbeitsamtes Freilassing, welcher dem Kläger ausweislich seines
Schreibens vom 30.08.1996 tatsächlich jedenfalls noch im August 1996 zugegangen war, ist mangels eines dagegen
in offener Frist eingelegten Widerspruchs bindend geworden. Eine Änderung dieser Ablehnungsentscheidung und
nachträgliche Bewilligung der Leistung ab dem 17.07.1992 war somit nur im Wege der Überprüfung nach § 44 Abs. 1
SGB X möglich. Von einem solchen Überprüfungsbegehren in dem Schreiben des Klägers von November bzw.
Anfang Dezember 1996 ist daher die Beklagte zu Recht ausgegangen.
Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass u.a. bei Erlass eines Verwaltungsaktes das
Recht unrichtig angewandt wurde, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht wurden, dieser
Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist.
Von einer Unrichtigkeit des angegriffenen Bescheides der Beklagten vom 13.08.1996, mit welchem dem Kläger Alhi
nur bis zum 16.07.1992 nachbewilligt, eine Weiterzahlung über diesen Zeitpunkt hinaus aber abgelehnt wurde, konnte
sich der Senat nach eigener Überprüfung des Sachverhaltes nicht überzeugen. Unter Berücksichtigung der im
Verwaltungs-, Klage- und Berufungsverfahren durchgeführten Ermittlungen war vielmehr in Übereinstimmung mit dem
Sozialgericht und der Beklagten eine Rechtswidrigkeit dieses bindend gewordenen Bescheides zu verneinen.
Das Sozialgericht hat im angegriffenen Urteil zutreffend die in §§ 134 Abs. 1 und Abs. 4 AFG auch für die Alhi
geltenden sachlichen Anspruchsvoraussetzungen nach §§ 100 Abs. 1, 103 Abs. 1 AFG benannt und zur Anwendung
gebracht. Insoweit wird zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Darlegungen in den
Entscheidungsgründen des Urteils Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG). Die mit der Berufung gegen die
tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen des Sozialgerichts vorgetragenen Angriffe waren nicht geeignet,
durchschlagende Bedenken gegen die Richtigkeit dieser Entscheidung zu wecken.
Nach der für das Begehren des Klägers maßgeblichen Regelung in § 103 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AFG setzte der
Leistungsanspruch voraus, dass der Arbeitslose das Arbeitsamt t ä g l i c h aufsuchen konnte und für das Arbeitsamt
erreichbar war. Diese Anspruchsvoraussetzung wurde in § 1 der vom Verwaltungsrat der Bundesanstalt für Arbeit (BA)
auf Grund der gesetzlichen Ermächtigung in § 103 Abs. 5 Satz 1 AFG erlassenen Anordnung über den Aufenthalt von
Arbeitslosen während des Leistungsbezuges (Aufenthalts-AO vom 03.10.1979, i.d.F. der Änderungs-AO vom
24.03.1993, ANBA 1993 769 -) dahingehend konkretisiert, dass der Arbeitslose während der üblichen Zeit des
Eingangs der Briefpost an der von ihm benannten, für die Zuständigkeit des Arbeitsamtes deshalb maßgeblichen
Anschrift (unmittelbar) erreichbar sein musste. Diese durch den gesetzlichen Zweck der Ermächtigung gedeckte sog.
"Residenzpflicht" bedeutete konkret, dass der Arbeitslose sich täglich zu einer bestimmten Zeit in der Wohnung,
deren Anschrift er dem Arbeitsamt bekanntgegeben hatte, aufhalten musste. Daraus folgte, dass der Arbeitslose
selbst dann für das Arbeitsamt nicht im Sinne von § 103 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AFG i. V. m. § 1 der Aufenthalts-AO
erreichbar war, wenn er sich zum Zeitpunkt des üblichen Eingangs der Briefpost nicht in der benannten Wohnung
aufhielt, vom Arbeitsamt aber dennoch auf andere Weise problemlos benachrichtigt werden konnte (so ständige
Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, vgl. z.B. Urteil vom 02.03.2000 - B 7 AL 8/99 R - NZS 2000 S. 570 -
m.w.N.). Rechtliche und tatsächliche Grundlage der in dieser Weise ausgestalteten "Residenzpflicht" war die
gesetzgeberische Erwägung, dass der Arbeitslose für die dem Leistungsbezug vorrangigen Vermittlungsbemühungen
der Arbeitsverwaltung "unmittelbar, d.h. ohne Verzögerung durch Nachforschungen, ohne Einschaltung dritter
Personen und ohne Abhängigkeit von Zufällen", erreichbar sein musste. Aus dieser Zweckbestimmung ergab sich
folgerichtig, dass es für die Anerkennung der Verfügbarkeit in diesem Sinne nicht ausreichte, wenn die Zustellung von
Schreiben an den Arbeitslosen von der bloßen Gefälligkeit Dritter abhängig war (vgl. BSG a.a.O.). Für Arbeitslose,
welche zusammen mit anderen Personen in einer Wohnung lebten, ergab sich daraus aber außerdem die
Obliegenheit, nicht nur durch entsprechende Informationen an die Beklagte sondern darüber hinaus auch durch
zumutbare und geeignete Maßnahmen (z.B. Anbringung des eigenen Namens am Hausbriefkasten oder dem
freizugänglichen Briefschlitz an der Wohnungstür) dafür Sorge zu tragen, dass Schreiben der Beklagten ihm durch den
Postdienst ohne weitere Nachfrage und ohne Verzögerung ausgeliefert werden konnten.
Eine umfassende Erreichbarkeit in den oben dargelegten, gesetzlich geforderten Sinn war bei dem Kläger im hier
streitigen Zeitraum nicht gegeben. Dies gilt nach Überzeugung des Senats auf Grund der festgestellten tatsächlichen
Verhältnisse unabhängig davon, ob der Kläger auch in der Zeit ab dem 17.07.1992 einen Wohnsitz oder ständigen
Aufenthalt unter der der Beklagten auch mitgeteilten Anschrift "o ... F ..., Freilassing" gehabt hat. Tatsächlich ist der
Kläger nach dem Ermittlungsergebnis in der Zeit ab dem 17.07.1992 nicht nur für die Beklagte sondern auch für
andere dritte Stellen nicht in dem oben dargelegten Sinne unmittelbar erreichbar gewesen und zwar auf Grund von
Umständen, die ihm selbst zuzurechnen waren.
Diese Bewertung der Verhältnisse ergibt sich für den Senat hinreichend sicher aus der Tatsache, dass der Kläger in
dem Klageverfahren vor dem Sozialgericht München (Az: S 35 AL 616/91), in welchem in der Klageschrift die o.g.
Anschrift des Klägers angegeben wurde, für die persönliche Ladung durch das Sozialgericht zum Verhandlungstermin
am 17. Juli 1992 nicht erreichbar war, so dass das Ladungsschreiben des Sozialgerichts vielmehr am 03.07.1992 mit
dem Vermerk "Empfänger unbekannt verzogen" an das Sozialgericht zurückgegeben wurde. Auf die daraufhin vom
Sozialgericht veranlasste Anfrage beim damaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers wurde dem Gericht als
akutelle Anschrift des Klägers die Anschrift "bei I ... H ..., M ...str ..., ... C ..." bekanntgegeben. Folgerichtig wurde die
Terminsmitteilung für den nachfolgenden Verhandlungstermin am 17.07.1992 an diese "neue Anschrift" des Klägers
gerichtet. Eine Richtigstellung seitens des Klägers ist zu keinem Zeitpunkt erfolgt. Spätestens ab dem 17.07.1992
durfte somit auch das an diesem Klageverfahren unmittelbar beteiligte Arbeitsamt Traunstein von der Richtigkeit
dieser Anschrift des Klägers ausgehen. Dies gilt um so mehr, als der Beklagten bereits im April 1992 auf Grund eines
Rücklaufes einer Leistungsüberweisung und einer fernmündlichen Rückfrage bei der Sparkasse Bad Reichenhall
(später Sparkasse Berchtesgadener Land) bekannt geworden war, dass das dort vom Kläger geführte Konto erloschen
und der Kläger für die Sparkasse nicht erreichbar gewesen war. Diese tatsächliche Gestaltung der Erreichbarkeit des
Klägers wird schließlich durch dessen eigene Schreiben an die Beklagte vom 18.09.1992 und 24.11.1992 bestätigt, in
welchen ausschließlich als Anschrift die "Postadresse M ...straße., 0-9 ... C ..." angegeben wird. Auch in seiner
gegen den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 28.10.1992 zunächst beim Sozialgericht München erhobenen
weiteren Klage (Az. beim SG München: S 34 AL 1428/92) hat der Kläger erneut ausschließlich die Anschrift "M
...straße., 0-9 ... C ..." angegeben und auch den nach ausdrücklicher Anhörung zur Zuständigkeitsfrage mit Schreiben
des Sozialgerichts München vom 02.12.1992 durch Beschluss dieses Gerichts vom 28.12.1992 erlassenen
Verweisungsbeschluss akzeptiert, ohne in irgend einer Weise eine Unrichtigkeit des dabei zu Grunde gelegten Wohn-
bzw. ständigen Aufenthaltsortes zu beanstanden oder zumindest darauf hinzuweisen. Auf Grund der sich somit aus
den Unterlagen ergebenden Feststellungen über die tatsächlichen Verhältnisse folgt für den Senat zweifelsfrei, dass
entgegen dem Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren nicht die Beklagte infolge einer unberechtigten
Annahme, der Kläger sei zusammen mit seiner damaligen Lebenspartnerin im Jahre 1992 von Freilassing nach
Chemnitz verzogen, diesen im hier maßgeblichen Zeitraum nicht unmittelbar und ohne Verzögerungen unter einer
Wohnanschrift in Freilassing erreichen vermochte, sondern sich gleiche Schwierigkeiten, den Kläger postalisch zu
erreichen, aus vom Kläger selbst gesetzten Gründen auch für andere Stellen, konkret die Sozialgerichte München und
Chemnitz sowie die Sparkasse Bad Reichenhall ergeben haben.
Die vom Kläger hierzu vorgetragenen Erwägungen vermochten dagegen im Hinblick darauf auch unter
Berücksichtigung der Aussagen der vom Sozialgericht angehörten Zeuginnen die für den Leistungsanspruch
geforderte Erreichbarkeit des Klägers für die Beklagte nicht entscheidend zu belegen. Hierbei war zusätzlich zu
berücksichtigen, dass die Angaben des Klägers selbst über den wirklichen Zeitpunkt des behaupteten
Wohnungswechsels, über Inhalt und Zeitpunkt seiner Mitteilungen über die jeweils aktuelle Anschrift an das
Arbeitsamt ebenso wie über seine Maßnahmen, seine Erreichbarkeit unter der Anschrift "O ...straße., F ..."
uneinheitlich, teilweise mit den schriftlichen Unterlagen nicht zu vereinbaren und in sich widersprüchlich waren. In
seinem Schreiben an das AA Traunstein vom 01.04.1996 hat der Kläger mitgeteilt, ab "01.05.1992" unter der Anschrift
"Sch ...str ...bei K ..." erreichbar gewesen zu sein und als Grund dafür die Zwangsräumung der bisherigen Wohnung
angegeben. Dies sei dann auch dem AA gemeldet worden. In dem Widerspruchsschreiben vom 30.01.1997 hat er
dann zunächst vorgetragen, seine neue Anschrift in Freilassing der dortigen Arbeitsamtsdienststelle im Mai 1992
persönlich in Begleitung der späteren Zeuginnen K. K ... und D. K ... mitgeteilt zu haben. Hierbei fällt allerdings auf,
dass in diesem Schreiben eine persönliche Vorsprache des Klägers mit den genannten Zeuginnen zunächst lediglich
für "Ende 1991" angeführt und erst nachträglich der Zusatz (+, ) "Mai 92" eingefügt worden ist. Abweichend davon hat
er in der Klageschrift vom 16.03.1997 angegeben, versucht zu haben, seine neue Anschrift in Freilassing dem
Arbeitsamt persönlich im April 1992 mitzuteilen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 06.04.2000
hat er davon abweichend die Zeugin K. K ... zu dem "Beweisthema" angeboten, dass "zum Jahresende 1992
telefonisch versucht" worden sei, dem Arbeitsamt Traunstein die Adresse Sch ...straße ..., in F ..., mitzuteilen.
Dementsprechend hat diese Zeugin, welche nach Angaben des Klägers bereits seit Anfang 1992 selbst ihre
Angelegenheiten mit dem AA Freilassing nicht am Ort selbst, sondern über eine Anschrift in Chemnitz erledigt hat -
ausweislich der Auskunft des Einwohnermeldeamtes Freilassing vom März 1996 hat sie sich mit Wirkung ab
15.04.1992 nach Chemnitz abgemeldet -, in ihrer uneidlichen Aussage angegeben, sie habe "nach dem 15.04.92
mehrmals versucht, dem Arbeitsamt die neue Adresse, Sch ...straße ... in F ..., mitzuteilen". An die genauen
Zeitpunkte dieser Gespräche hat sie sich nicht mehr erinnern können. Eine plausible Erklärung für diese
unterschiedlichen Angaben des Klägers über den Zeitpunkt der behaupteten Information der Beklagten ist nicht
erkennbar. Nach Überzeugung des Senats ist gerade bei den hier festzustellenden unklaren Vorbringen insbesondere
eine Verwechselung des angegebenen Zeitpunkts einer persönlichen Vorsprache mit einer sich aus den Akten
ergebenden Vorsprache des Klägers und der beiden Zeuginnen im AA Freilassing Ende 1991 nicht auszuschließen.
Wie bereits oben ausgeführt, hat der Kläger entgegen seinem Vorbringen auch in seinem Schriftverkehr mit dem
Arbeitsamt Traunstein im hier maßgeblichen Zeitraum die (neue) Anschrift in F ... nicht neben seiner Postanschrift in
C ... sondern jedenfalls bis Ende 1992/Anfang 1993 ausschließlich letztere angegeben. Schließlich sind auch nicht
unwesentliche Widersprüchlichkeiten auch zwischen dem Vorbringen des Klägers und den Angaben der vom
Sozialgericht vernommenen Zeuginnen zu den tatsächlichen Wohn- bzw. Aufenthaltsortverhältnissen der Beteiligten
sowie zu der Frage festzustellen, ob und auf welche Weise der Kläger Maßnahmen zur Sicherung der Zustellung von
Schreiben an die Anschrift Sch ...straße ... in F ... getroffen hat.
Während zur Stützung des Klagebegehrens mit Schriftsatz seiner Prozeßbevollmächtigten vom 15.10.1999 noch
ausgeführt wurde, der Kläger habe "ohne Kenntnis des Vermieters", welcher "keine weiteren Untermieter in der 1-
Raum-Wohnung geduldet habe, in der Sch ...straße ... gewohnt, weshalb es für die Mieterin D. K ... ein Risiko
dargestellt hätte", "auch den Kläger am Briefkasten zu benennen", wurde nach entsprechendem Hinweis der
Beklagten auf Auswirkungen für den Leistungsanspruch eine davon abweichende Darstellung gegeben und von der
Zeugin D. K ... bei ihrer Befragung am 06.04.2000 bekundet, dass der Kläger dort postalisch erreichbar gewesen und
sein Namensschild an ihrem Briefkasten angebracht gewesen sei. Soweit der Kläger diese Anschrift durchgehend
lediglich als postalische Adresse benutzt haben sollte, reicht dies für die Erfüllung der Voraussetzungen der
Verfügbarkeit für den Leistungsanspruch nicht aus.
Da die Ermittlungen den im Rahmen der Überprüfung gem. § 44 SGB X erforderlichen Nachweis der gesetzlich
vorausgesetzten Erreichbarkeit des Klägers für die Beklagte nicht erbracht haben, musste der Senat nicht
abschließend klären, ob die Verfügbarkeit des Klägers im streitigen Zeitraum auch infolge der gesundheitlichen
Verhältnissen in der für den Leistungsanspruch geforderten Weise gewährleistet war. Eine entsprechende Klärung der
Verhältnisse war grundsätzlich geboten, weil sich aus den Leistungs- und Verfahrensunterlagen konkrete Hinweise auf
Zeiten krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit des Klägers im Jahre 1991 und - ausweislich der Entschuldigung seines
Fernbleibens von dem Verhandlungstermin vor dem SG München am 17.07.1992 (S 35 Al 616/91) wegen Erkrankung
- gerade auch im hier maßgeblichen Zeitraum ergeben haben. Die für eine solche Überprüfung notwendigen Auskünfte
und Erklärungen hat der Kläger aber trotz ausdrücklicher Anforderung durch den Senat bis zum Abschluss des
Berufungsverfahrens nicht abgegeben.
Da nach alldem eine Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheides der Beklagten vom 13.08.1996 nach dem
Ergebnis der Ermittlungen nicht gerechtfertigt war, hat die Beklagte eine Überprüfung dieser Entscheidung zu Gunsten
des Klägers gemäß § 44 Abs. 1 SGB X zu Recht abgelehnt. Die Berufung des Klägers gegen das die Klage
abweisende Urteil des Sozialgerichts Chemnitz musste daher ohne Erfolg bleiben.
Die Entscheidung über die Kosten beruht unter Berücksichtigung des Verfahrensausganges auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.