Urteil des LSG Sachsen vom 26.06.2001

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Sächsisches Landessozialgericht
Beschluss vom 26.06.2001 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Dresden S 14 RA 528/99
Sächsisches Landessozialgericht L 4 B 108/00 RA-PKH
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 24.07.2000 wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Die Beschwerde richtet sich gegen die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) mit Ratenzahlung.
In dem vor dem Sozialgericht (SG) anhängigen Klageverfahren (S 14 RA 528/99) geht es um einen
Rückforderungsanspruch der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte im Zusammenhang mit der der Klägerin
bewilligten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit wegen zu Unrecht ausgezahlter Rentennachzahlung in Höhe von 826,68
DM. Gleichzeitig beantragte die Klägerin die Bewilligung von PKH unter Beiordnung des Rechtsanwaltes M ... aus
Oppach. Ihre Erklärung über die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse überreichte sie dem Sozialgericht am
31.08.1999.
Mit Beschluss vom 24.07.2000 bewilligte das Sozialgericht der Klägerin für das Verfahren vor dem Sozialgericht
Dresden ab 31.08.1999 Prozesskostenhilfe und ordnete Rechtsanwalt M ... bei. Die Klägerin habe Monatsraten in
Höhe von 150,00 DM zu zahlen. Sie habe ein monatliches Einkommen in Höhe von 1.405,62 DM. Nach Abzug der
Beiträge gem. § 115 Abs. 1 Nr. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) und § 115 Abs. 1 Nr. 1 ZPO verbliebe ihr ein
einzusetzendes Einkommen in Höhe von 445,62 DM. Die Wohnkosten seien nicht berücksichtigt worden, da die
Klägerin trotz Aufforderung keinen Nachweis vorgelegt habe (§ 115 Abs. 1 Nr. 3 ZPO).
Gegen den dem Prozessbevollmächtigten am 31.07.2000 zugestellten Beschluss hat die Klägerin am 29.08.2000 am
SG Dresden Beschwerde eingelegt. Mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten vom 12.09.2000 wurden zur
Nachweisführung der Ausgaben der Klägerin weitere Unterlagen übersandt sowie eine neue Erklärung über die
persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 10.08.2000 eingereicht. Das Sozialgericht half der Beschwerde
am 29.09.2000 nicht ab und hat die Sache dem Sächsischen Landessozialgericht (LSG) am 10.10.2000 vorgelegt.
Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss des SG Dresden vom 24.07.2000 abzuändern und ihr für das Verfahren vor dem Sozialgericht Dresden
(S 14 RA 528/99) PKH unter Beiordnung von Rechtsanwalt M ... aus Oppach ohne Ratenzahlung zu gewähren.
Die Beschwerdegegnerin hat vorgetragen, dass das Beschwerdegericht im Beschwerdeverfahren neue Tatsachen
berücksichtigen und über die Bewilligung ab Zeitpunkt der Vorlage der vollständigen Unterlagen entscheiden könne.
Weitere Ermittlungen seien vorliegend erforderlich. Die Beschwerdeführerin habe versäumt, die Grundlage der
Kreditraten nachzuweisen. Der zur Akte gereichte Kreditvertrag vom 28.06.1983 über 32.000,00 Mark der DDR
vermag eine jetzt bestehende Zahlungspflicht nicht glaubhaft machen. Auch vor dem Hintergrund, dass in der
Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse die Fremdmittelbelastung mit 300,00 DM und
weitere Kosten mit 100,00 DM angegeben, nunmehr jedoch 800,00 DM Kosten für Unterkunft und Heizung beziffert
würden, seien weitere Ermittlungen erforderlich. Die Einreichung einer neuen Erklärung über die persönlichen und
wirtschaftlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerin sei als neuer Antrag auf Bewilligung von PKH zu werten. Der
Beschluss des SG Dresden vom 24.07.2000 sei nicht zu beanstanden und die Beschwerde gegen diesen Beschluss
unbegründet.
Der Senat hat die Klägerin mit Schreiben vom 16.03.2001 darauf hingewiesen, dass in vorliegender Beschwerdesache
weitere Ermittlungen notwenig sind. Die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom
10.08.2000 werde als Antrag auf Änderung der Ratenhöhe beurteilt, da die meisten Unterlagen aus der Zeit vor
Bewilligung der PKH stammen und als Dauerbelastung behauptet würden. Ergänzend sollte belegt und vorgetragen
werden, ob das Wohngeld für den Sohn Jens dem Konto der Klägerin gutgeschrieben werde und welche Kosten durch
den Sohn Jens durch Zahlung von Taschengeld sowie durch die Gewährung von Naturalunterhalt entstehen oder ob
der Sohn eine Tätigkeit habe aufnehmen können bzw. andere Leistungen monatlich bezieht. Weiterhin erging die
Auflage, die Grundlage der Kreditraten von 400,00 DM monatlich nachzuweisen, da der vorliegende Kreditvertrag vom
28.06.1983 über 32.000,00 Mark der DDR die jetzt bestehende Zahlungspflicht nicht glaubhaft erscheinen ließe. Zu
den erheblich voneinander abweichenden Angaben in den Erklärungen über die persönlichen und wirtschaftlichen
Verhältnisse vom 13.08.1999 sowie vom 10.08.2000 zu den Wohnkosten, Fremdmittelbelastung, Nebenkosten und
zum Gesamtbetrag sollte substantiiert und nachvollziehbar vorgetragen werden. Darüber hinaus erging der Hinweis, zu
allen Fragen Quittungen, Belege, Verträge, Erklärungen etc. einzureichen.
Der Prozessbevollmächtigte teilte mit Schreiben vom 12.04.2001 mit, dass der Sohn J ... im Zeitraum Juni bis August
2000 Sozialhilfe erhalten habe, weil er in dieser Zeit gemeinnützige Tätigkeit leisten konnte. In den anderen
Zeiträumen seien keine Leistungen vom Sozialamt erfolgt und die Klägerin habe den Sohn als allein erziehende Mutter
unterhalten müssen und habe ihm monatlich ein angemessenes Taschengeld gewährt. Der Sohn müsse ca. 230,00
DM monatlich für seine Ausbildung beim Institut für Lernsysteme in H ... zahlen. Als Anlagen wurden eine
Bestätigung in Sachen Sozialhilfe des Landratsamtes Z ... vom 10.04.2001 sowie der Rentenbescheid für die Klägerin
vom 25.07.2001 über eine monatliche Rente in Höhe von 1.304,40 DM vorgelegt.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde beim Sozialgericht ist statthaft (§§ 73 a, 172 Abs. 1, 173 Satz 1
Sozialgerichtsgesetz - SGG -, 127 Abs. 2 und 3 ZPO) und zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet.
Gemäß § 73 a Abs. 1 SGG i. V. m. § 114 ZPO ist auf Antrag PKH zu gewähren, soweit der Antragsteller nach seinen
persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten
aufbringen kann und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichend Aussicht auf Erfolg
bietet und nicht mutwillig erscheint. § 115 ZPO regelt näher, in welchen Fällen die PKH zu versagen, und in welchen
Fällen sie gegen Raten oder ohne Ratenzahlung zu bewilligen ist. Maßgebend sind im Ausgangspunkt die
Verhältnisse, wie sie bei Erlass des Bewilligungsbeschlusses bestanden haben (Thomas-Putzo, ZPO, 19. Auflage,
Rn. 8 zu § 115 ZPO), also am 24.07.2000.
Zwar ist die Beschwerdeführerin nach ihren nachgewiesenen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen im Sinne
von §§ 114, 115 ZPO prozesskostenhilfebedürftig. Indessen besteht kein Anspruch auf PKH-Bewilligung ohne
Ratenzahlung.
Zutreffend hat das SG mit Beschluss vom 24.07.2000 festgestellt, dass die Beschwerdeführerin über ein
einzusetzendes Einkommen in Höhe von 445,62 DM verfügt und entsprechend der Tabelle zu § 115 ZPO monatliche
Raten in Höhe von 150,00 DM aufzubringen hat. Aus der Beiakte des SG zur PKH ergibt sich, dass die Klägerin zum
Nachweis über die Höhe der angegebenen Wohnkosten aufgefordert wurde, jedoch von ihr kein Nachweis vorgelegt
worden ist. Stattdessen ist der im Beschwerdeverfahren übergebenen Erklärung über die persönlichen und
wirtschaftlichen Verhältnisse vom 10.08.2000 zu entnehmen, dass sich die Wohnkosten nunmehr auf 800,00 DM
belaufen sollen.
Bis zur Beschlussfassung des SG ist die Beschwerdeführerin der Aufforderung nicht nachgekommen, die
Wohnkosten hinreichend zu belegen. Das SG konnte daher die Bewilligung von PKH gem. § 118 Abs. 2 S. 4 ZPO
insoweit ablehnen, wenn vom Gericht geforderte Unterlagen nicht beigebracht werden.
Das Beschwerdegericht kann neue Tatsachen im Beschwerdeverfahren berücksichtigen und über die Bewilligung ab
Zeitpunkt der Vorlage der vollständigen Unterlagen entscheiden.
Bei einer Überprüfung der maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse nach § 120 Abs. 4 Satz 2
ZPO darf das Gericht nur Angaben über eine Veränderung der für die Prozesskostenhilfe maßgeblichen Verhältnisse
verlangen, nicht die Abgabe einer erneuten Erklärung über die persönlichen und wirtschatftlichen Verhältnisse (LSG
Erfurt, Beschluss vom 27.10.1999 L 6 B 38/99 SF). Vorliegend hatte die Klägerin jedoch eine weitere Erklärung über
die persönlichen und wirtschaftlichen Verhälnisse im Zusammenhang mit der eingelegten Beschwerde zum SG
eingereicht, worauf der Senat die neue Erklärung als Antrag auf Änderung der Ratenhöhe auslegte, da die Unterlagen
überwiegend aus der Zeit vor Bewilligung der PKH stammten.
Eine Partei, die trotz Aufforderung durch die erste Instanz nicht erklärt hatte, ob sich ihre wirtschaflichen Verhältnisse
geändert hätten, kann diese Erklärung im Beschwerdeverfahren nachholen. Da das Beschwerdegericht
Tatsacheninstanz ist, prüft es hinreichende Erfolgsaussicht und Hilfsbedürftigkeit selbstständig nach, wobei neue
Tatsachen und Beweismittel berücksichtigt werden müssen (Koblenz FamRZ 90, 537; LAG Köln JurBüro 90, 510;
Schneider MDR 89, 513 und 965). Ist PKH mit Raten bewilligt worden und greift wie vorliegend die Beschwerdeführerin
nur die Ratenanordung an, dann entscheidet das Beschwerdegericht nur im Rahmen dieser eben anfallenden
Beschwer. Es ist Aufgabe des Hilfsbedürftigen und nicht des Gerichts, die persönlichen und wirtschaftlichen
Verhältnisse darzulegen, glaubhaft zu machen und konkrete Fragen alsbald zu beantworten. Kommt er diesen
Anforderungen nicht nach und betreibt er sein eigenens PKH-Verfahren nachlässig, dann hat das Gericht sich nicht
um weitere Aufklärung zu bemühen, sondern die Bewilligung zu versagen, allerdings erst nach Aufforderung und
Fristsetzung. Nachgeholtes Vorbringen oder nachgereichte Belege müssen berücksichtigt werden. Es kann auch so
liegen, dass die Lücken in den Darlegungen oder in der Glaubhaftmachung sich nur auf die Beurteilung auswirken, ob
Ratenzahlung anzuordnen ist und gegebenenfalls in welcher Höhe. Dann ist PKH zu bewilligen, jedoch aufgrund des
dem Hilfsbedürftigen ungünstigeren Sachverhalts. Die Lücken in der Darlegung oder in der Glaubhaftmachung zur
Höhe gehen zu seinen Lasten. Dies wird inbesondere dann praktisch, wenn wegen der ungenügenden Mitwirkung des
Hilfsbedürftigen zweifelhaft bleibt, ob er ein höheres Einkommen als angegeben hat oder ob behauptete
Zahlungsverpflichtungen in der angegeben Höhe bestehen und getilgt werden (vgl. Zöller, Kommentar ZPO 17.
Auflage, § 118 Rn. 18 mit weiteren Nachweisen). Sind die vorgelegten Unterlagen lückenhaft oder genügen sie dem
Gericht nicht, dann muss es den Antragsteller (Beschwerdeführerin) zur Ergänzung oder zur Vorlage der gewünschten
Unterlagen auffordern. Die Beibringung der fehlenden Unterlagen ist gegebenenfalls nach Fristsetzung vorzunehmen
und das Gericht hat seine Entscheidung zurückzustellen, weil sonst Art. 103 I Grundgesetz (GG) verletzt wird. Das
Gericht braucht sich die Unterlagen nicht selbst zu beschaffen, muss aber auf das Fehlen hinweisen und darf nicht
kurzerhand den Antrag ablehnen (Stuttgart MDR 84, 58; Landgericht Tübingen JurBüro 90, 514). Bringt der
Antragsteller oder Beschwerdeführer die Belege nicht bei, dann fehlt die Entscheidungsgrundlage und der Antrag ist
als unbegründet abzuweisen (BGH KoRsp ZPO § 115 Nr. 8; BayOLG FamRZ 84, 73; LAG Hamm JurBüro 81, 1578).
Gemessen an diesen Maßstäben ist die Klägerin und Beschwerdeführerin sowohl im PKH-Verfahren vor dem
Sozialgericht als auch im Beschwerdeverfahren hinsichtlich des Antrages auf Änderung der Ratenhöhe den ihr
obliegenden Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen. Nach den aufgezeigten Grundsätzen bestand für die
Beschwerdeführerin die Gelegenheit, das bereits im sozialgerichtlichen Verfahren fehlende Vorbringen zu ergänzen
und durch Vorlage entsprechender Belege glaubhaft zu machen. Insoweit waren auch gegenüber dem SG zur
Nachweisführung der Ausgaben Belege über die Zahlung der Kreditrate für den Hauskredit, die Zahlung der
Grundsteuer und von Wasserkosten, Ankauf von Flüssiggas und die Zahlung von Wohngeld durch das Landratsamt
Löbau-Zittau vorgelegt worden.
Der Senat hatte der Klägerin mit Schreiben vom 16.03.2001 aufgegeben, bis zum 10.04.2001 zu den
widersprüchlichen Angaben in den Erklärungen über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom
13.08.1999 und vom 10.08.2000 substantiiert vorzutragen sowie zu Fragen des Wohngeldes für den Sohn J ... bzw.
zu dessen Lebensunterhalt und zum Kreditvertrag vom 28.06.1983 über 32.000,00 Mark der DDR auszuführen. Dazu
sollten die jeweiligen Quittungen, Belege, Verträge etc. vorgelegt werden. Mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten
vom 12.04.2001 sind lediglich der Rentenbescheid für die Klägerin vom 25.07.2000 sowie eine Bestätigung des
Landratsamtes Z ... vom 10.04.2001 über Sozialhilfe des Jens Oelschlägel vorgelegt worden. Im Übrigen fehlen
präzise Angaben zu den Fragestellungen des Senats, so dass sich unter Beachtung der nachgereichten Erklärungen
und Belege für das Beschwerdegericht keine Möglichkeit ergibt, eine andere Ratenzahlung als vom SG mit Beschluss
vom 24.07.2000 festgelegt, festzustellen, so dass zum einen die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den
Beschluss des SG zurückzuweisen war und zum anderen über einen Antrag auf Änderung der Ratenhöhe mangels
ausreichender Mitwirkung nicht anderweitig befunden werden konnte. Werden folglich die Belege nicht beigebracht,
dann fehlt die Entscheidungsgrundlage und der Antrag bzw. die Beschwerde sind als unbegründet zurückzuweisen.
Ausgehend von den konkreten Fragestellungen im Schreiben des Senats vom 16.03.2001 sah sich das
Beschwerdegericht nicht veranlasst, gegebenfalls unter nochmaliger Fristsetzung der Beschwerdeführerin
einzuräumen, ihren Vortrag zu ergänzen und glaubhaft zu machen.
Der Beschluss des SG vom 24.07.2000 ist aus den dargestellten Gründen nicht zu beanstanden und die Beschwerde
gegen diesen Beschluss ist unbegründet.
Dieser Beschluss ergeht kostenfrei. Er ist nicht anfechtbar (§ 183, 177 SGG).