Urteil des LSG Sachsen vom 21.02.2008

LSG Fss: treu und glauben, firma, arbeitsentgelt, auszahlung, grobe fahrlässigkeit, auflösende bedingung, aufschiebende bedingung, insolvenz, arbeitsamt, nummer

Sächsisches Landessozialgericht
Urteil vom 21.02.2008 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Dresden S 35 AL 882/04
Sächsisches Landessozialgericht L 3 AL 120/06
I. Auf die Berufung der Klägerin werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 15. Mai 2006 sowie der
Erstattungsbescheid der Beklagten vom 15. September 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.
März 2004 aufgehoben. II. Die Beklagte hat der Klägerin auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten des
Berufungsverfahrens zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung der Klägerin zu einer teilweisen Rückzahlung von Fördermitteln für
Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) in Höhe von 10.860,67 EUR wegen Lohnausfalls der geförderten ABM-Kräfte
in den Monaten März und April 2002.
Die Klägerin beabsichtigte, zur Erhöhung der touristischen Attraktivität ihrer Gemeinde verschiedene Projekte zur
Realisierung des Ortsentwicklungskonzeptes durchzuführen. Hierzu beantragte sie am 26. März 2001 bei der
Beklagten die Förderung einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für 11 Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen
wöchentlichen Beschäftigungszeit von 36,9 Stunden für ein Jahr, beginnend ab dem 1. Mai 2001. Der für die Klägerin
handelnde Bürgermeister bestätigte bei der Antragstellung, das ABM-Merkblatt erhalten zu haben. Ferner enthielt das
Antragsformular unter anderem folgende Erklärungen: "15.4 Ich/Wir verpflichte(n) mich/uns, im Falle einer Zahlung vor
der Prüfung der entsprechenden Unterlagen beim Unternehmer und dem Träger etwaige hierdurch zu Unrecht gewährte
Beträge zu erstatten." "15.16 Ich/Wir verpflichte(n) mich/uns, dem Arbeitsamt jede Änderung unverzüglich gegenüber
meinen/unseren Angaben im Antrag mitzuteilen, die sich auf die Zahlung der Förderung auswirkt, insbesondere - die
Lösung des Arbeitsverhältnisses während des Förderzeitraumes sowie die hierfür maßgeblichen Gründe, - eine
Verringerung der der Bemessung des Zuschusses zugrunde liegenden Arbeitszeit, - eine Veränderung des gezahlten
Arbeitsentgeltes, - den zweckfremden Einsatz eines zugewiesenen Arbeitnehmers."
Des Weiteren gab die Klägerin in diesem Zusammenhang auch an, dass sie mit der Durchführung der Arbeiten ein
Wirtschaftsunternehmen, das Vergabeunternehmen "E. C. (eingetragener Kaufmann)", beauftragt habe,. Mit
Werkvertrag vom 27. April 2001 hatte die Klägerin (als Auftraggeberin) die Firma "E. C. e. K." (als Auftragnehmerin)
mit der Ausführung der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen beauftragt. Als eine Gesamtvergütung wurde ein Betrag von
430.474,99 DM zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer vereinbart.
Ab dem 1. Mai 2001 wurden auf dieser Grundlage 11 Arbeitnehmer eingestellt, acht mit einem monatlichen
Bruttogehalt von 2.350,20 DM, zwei mit 2.478,19 DM und einer mit 2.606,13 DM. Hierzu gab die Klägerin eine
Erklärung zur Auszahlung der Zuschüsse ab, mit der sie erneut folgende Verpflichtung unterzeichnete: "Ich/Wir
verpflichte(n) mich/uns, alle für die Bemessung der laufenden Zahlungen wesentlichen Änderungen (insbes.
Arbeitsunfähigkeit eines Arbeitnehmers über 6 Wochen, vorzeitiges Ausscheiten eines Arbeitnehmers, Beschäftigung
des Arbeitnehmers mit anderen als den förderungsfähig anerkannten Arbeiten) unverzüglich dem Arbeitsamt
anzuzeigen."
Mit Anerkennungsbescheid vom 12. April 2001 erklärte die Beklagte die beantragte Arbeitsbeschaffungsmaßnahme
für ein Jahr im Zeitraum vom 1. Mai 2001 bis zum 30. April 2002 für 11 ABM-Kräfte als Vergabe-ABM für förderfähig.
Als Förderung (Zuschüsse) entsprechend dem berücksichtigungsfähigen Arbeitsentgelt von "voraussichtlich
392.000,00 DM" bewilligte die Beklagte "vorbehaltlich des Schlussbescheides" 392.000,00 DM als Zuschuss zum
berücksichtigungsfähigen Arbeitsentgelt sowie eine Gesamtförderung von 486.151,00 DM. Nach Punkt 6 des
Bescheides waren die Arbeiten von einem Wirtschaftsunternehmen durchzuführen. Die Punkte 9 und 10 des
Bescheides haben folgenden Wortlaut: "9. Bedingungen – Alle Zahlungen bis zur Erteilung des Schlussbescheides
erfolgen unter der Bedingung, dass 9.1 das Ergebnis der nachträglichen Prüfung die Richtigkeit Ihrer bzw. der
Angaben des Unternehmens bestätigt, 9.2 – bei Abschlagszahlungen zum Anlaufen der Maßnahme – die Maßnahme
wie geplant durchgeführt und das berücksichtigungsfähige Arbeitsentgelt erreicht wird. Etwaige zu Unrecht gezahlte
Beträge sind zu erstatten.
10. Auflagen Der Bescheid ergeht mit der Auflage, dass 10.1 dem umseitig bezeichneten Arbeitsamt unverzüglich
angezeigt wird, wenn a) die zugewiesenen Arbeitnehmer vorübergehend gegen im Betrieb beschäftigte Stammkräfte
auf andere als die durch die Maßnahme geschaffenen Arbeitsplätze ausgetauscht bzw. die zugewiesenen
Arbeitnehmer aus sonstigen Gründen nicht mit förderungsfähigen Arbeiten beschäftigt werden sollen oder die
Beschäftigung für längere Zeit unterbrochen wird (z. B. Krankheit über 6 Wochen, Mutterschutzfristen), b) das
Arbeitsverhältnis mit den zugewiesenen Arbeitnehmern vor Ablauf der vorgesehenen Beschäftigungsdauer gelöst wird
(bitte auch die Gründe hierfür benennen), c) die Maßnahme nicht in dem angegebenen Umfang durchgeführt oder
durch zusätzliche Arbeiten erweitert werden soll, d) über die Angaben im Antrag hinaus – auch nach
Gesamtabrechnung der Maßnahme – Zuwendungen Dritter zuerkannt oder erhöht oder Einnahmen erzielt wurden. 10.2
bei gewerblichen Arbeiten Tagesnachweise zu führen sind. Aus dem Tagesnachweis müssen die Art der
auszuübenden Tätigkeit in der ABM, die Stundenzahl sowie der Einsatzort hervorgehen."
In der Folgezeit wurde die Maßnahme durchgeführt; hierfür zahlte die Beklagte von Mai 2001 bis März 2002 an die
Arbeitnehmer auszuzahlende Arbeitsentgelte mit dem monatlichen Gesamtbetrag von jeweils 31.729,69 DM
(16.223,13 EUR) sowie einen Vergabemehraufwand von monatlich 6.012,58 DM (3.074,81 EUR). Insgesamt ergab
sich hierbei eine Auszahlung von 217.220,72 DM (183.404,73 EUR) als Zuschuss zum Arbeitsentgelt und 33.815,99
EUR für Vergabemehraufwand.
Die Auszahlung der Arbeitsentgelte durch die Klägerin an die Firma "E. C. e. K." erfolgte niemals im Voraus, sondern
grundsätzlich nach dem jeweiligen Arbeitsmonat, z. B. im Monat Februar 2002 für den Monat Januar 2002. Hierfür
erstellte die Firma "E. C. e. K." jeweils eine Rechnung an die Klägerin. Der Bürgermeister der Klägerin ließ sich von
den Arbeitnehmern der Firma "E. C. e. K." jeweils bestätigen, dass sie den Lohn des Vormonats erhalten hatten,
bevor er die Weiterleitung für den folgenden Monat - ebenfalls rückwirkend - auslöste. Im Anschluss an die Vorlage
der Rechnungen des Vergabeunternehmens zum jeweiligen Vormonat erstellte die Beklagte die
Kassenausgangsanzeigen und es erfolgte sodann die Überweisung. Die unmittelbare Auszahlung an die Arbeitnehmer
war der Klägerin nicht möglich, da diese das Vergabeunternehmen - als Arbeitgeberin - selbst vornahm. Die
Auszahlung des Gehalts für den Vormonat wurde jedoch jeweils von der Klägerin kontrolliert.
Auf Grund der Zahlungsanweisung vom 10. April 2002 überwies die Beklagte am 15. April 2002 an die Klägerin für den
Monat März 2002 den regelmäßigen monatlichen Zahlbetrag in Höhe von 19.297,37 EUR. Der Bürgermeister der
Klägerin hatte sich zuvor bei den Arbeitnehmern des Vergabeunternehmens darüber rückversichert, dass diese den
Lohn für den Vormonat, also für Februar 2002, erhalten hatten. Auf dieser Grundlage überwies die Klägerin am 16.
April 2002 den von der Beklagten erhaltenen Betrag an das Vergabeunternehmen zur weiteren Auszahlung an die 11
Arbeitnehmer für den Monat März 2002. Zu einer Auszahlung an die Arbeitnehmer kam es jedoch nicht mehr. Daher
überwies die Beklagte auch keinen weiteren Betrag, sodass für den Monat April 2002 keine Weiterleitung der Klägerin
an das Vergabeunternehmen mehr erfolgte.
Über einen Zeitungsartikel in der Sächsischen Zeitung erfuhr die Klägerin nachträglich von der Anordnung der
vorläufigen Insolvenzverwaltung durch das Amtsgericht Dresden am 19. April 2002. Durch Beschluss des
Amtsgerichts Dresden vom 28. November 2002 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Firma "E. C. e.
K." am 1. Dezember 2002 eröffnet. Von dieser Eröffnung des Insolvenzverfahrens erhielt die Klägerin erst durch
Schreiben des Insolvenzverwalters vom 8. Januar 2003, eingegangen bei der Klägerin am 9. Januar 2003, Kenntnis.
Bereits am 11. April 2002 war der Beklagten von der AOK mitgeteilt worden, dass die Firma "E. C. e. K." beim
Amtsgericht Dresden Insolvenz angemeldet habe. Ausweislich des Eingangsstempels des abgelichteten Beschlusses
war der Beklagten die Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung zumindest seit dem 30. April 2002 bekannt.
Mit Schreiben vom 10. April 2002 forderte die Beklagte die Klägerin zur Vorlage der vollständigen
Abrechnungsunterlagen bis zum 24. Mai 2002 auf. Dies geschah jedoch zunächst nicht. Am 31. Juli 2002 machte die
Beklagte die Klägerin erneut auf die Folgen einer fehlenden Abrechnung aufmerksam.
Nachdem die Klägerin die Schlussunterlagen nicht fristgerecht einreichte, hob die Beklagte mit Widerrufs- und
Erstattungsbescheid vom 7. November 2002 die ABM-Förderung ganz auf und forderte die Erstattung der
Abschlagszahlungen in Höhe von 228.469,14 EUR. Hiergegen legte die Klägerin am 5. Dezember 2002 Widerspruch
ein und beantragte zugleich die Verlängerung des Abrechnungszeitraumes für die Arbeitsbeschaffungsmaßnahme bis
zum 15. Januar 2003.
Nach Eingang sämtlicher Schlussunterlagen und -abrechnungen nahm die Beklagte mit Abhilfebescheid vom 18. Juli
2003 den Widerrufs- und Erstattungsbescheid vom 7. November 2002 zurück und teilte der Klägerin mit weiterem
Schreiben vom 18. Juli 2003 mit, die Gesamtabrechnung entspreche in wesentlichen Punkten nicht den tatsächlichen
Bedingungen der Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, denn es seien darin Lohnkosten enthalten, für die das Unternehmen
nicht mehr aufgekommen sei. Die Klägerin, als Trägerin der Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, habe sich im Antrag zu
einer ordnungsgemäßen Durchführung der Arbeitsbeschaffungsmaßnahme verpflichtet. Dazu gehöre auch die
Absicherung der Entlohnung der ABM-Arbeitnehmer und die Abführung der Sozialversicherungsanteile sowie der
Lohnsteuer durch das beauftragte Wirtschaftsunternehmen. Auf Grund der Insolvenz des Unternehmens hätten die
Arbeitnehmer antragsgemäß vom zuständigen Arbeitsamt Insolvenzgeld für die Monate März und April 2002 erhalten.
Deshalb könne für diese Monate - auf Grund der Zahlung des Insolvenzgeldes - kein Lohnkostenzuschuss gewährt
werden.
Hierzu hat die Klägerin mit Schreiben vom 21. August 2003 Stellung genommen. Sie als Träger der
Arbeitsbeschaffungsmaßnahme habe im Rahmen ihrer Möglichkeiten die Lohnzahlungen an die Arbeitnehmer
kontrolliert. Obwohl die Leistungen in vollem Umfang durch die Firma erbracht worden seien, sei jeweils erst nach
erfolgter Lohnzahlung die Rechnung für den Folgemonat an die Firma "E. C. e. K." überwiesen worden. Zum Zeitpunkt
der letzten Überweisung (Rechnung vom März 2002) an das Vergabeunternehmen am 16. April 2002 sei von einer
möglichen Insolvenz nichts bekannt gewesen. Nach Aussage der Arbeitnehmer sei die letzte Lohnzahlung im Monat
März für Februar erfolgt, daher sei nur von einer bezahlten Rechnung kein Lohn mehr gezahlt worden.
Mit Schlussbescheid vom 15. September 2003 setzte die Beklagte die förderfähigen Leistungen entsprechend den
Abrechnung auf 217.618,47 EUR fest. Dieser Gesamtförderung stünden bisherige Abschlagszahlung in Höhe von
228.469,17 EUR gegenüber, sodass sich eine Überzahlung in Höhe von 10.865,67 EUR ergäbe, die von der Klägerin
nach § 42 Abs. 2 Satz 1 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil - (SGB I) zu erstatten sei. Grund der
Rückforderung sei, dass die Beklagte in den Monaten März und April 2002 an die ABM-Kräfte Insolvenzgeld geleistet
habe.
Dem widersprach die Klägerin mit am 13. Oktober 2003 eingegangenem Schreiben. Sie habe im Rahmen ihrer
Möglichkeiten die Lohnzahlungen an die Arbeitnehmer regelmäßig kontrolliert und sei ihren Zahlungsverpflichtungen
gegenüber der Firma "E. C. e. K." auf Grund des Werkvertrages nachgekommen. Zum Zeitpunkt der letzten
Überweisung (Rechnung vom März 2002) am 16. April 2002 sei von einer möglichen Insolvenz der Firma "E. C. e. K."
nichts bekannt gewesen. Im Übrigen könne Rechtsgrundlage einer Rückforderung nicht § 42 Abs. 2 SGB I sein, da es
sich nicht um Vorschüsse, sondern um Zuschüsse gehandelt habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26. März 2004 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet
zurück und führte zur Begründung aus, sie habe mit Anerkennungsbescheid vom 12. April 2001 bindend über die
Förderfähigkeit, den Gegenstand der Förderung, die Anzahl der geförderten Arbeitnehmer, die Dauer der Maßnahme
und deren Förderungssatz entschieden. Bei der im Anerkennungsbescheid enthaltenen Angabe zur Höhe des
berücksichtigungsfähigen Arbeitsentgelts habe es sich um keine endgültige Entscheidung gehandelt, da erst nach
abschließender Abwicklung und Durchführung der Maßnahme die gesamten förderungsfähigen Kosten feststünden,
die der Höhe nach erst mit dem Schlussbescheid endgültig festgesetzt würden. Dieser habe daher eine gesonderte
rechtsgestaltende Wirkung für das Förderverhältnis und sei selbstständig anfechtbar. Im Rahmen der Schluss- und
Gesamtabrechnung habe sich ergeben, dass den zugewiesenen Arbeitnehmern lediglich in den Monaten Mai 2001 bis
Februar 2002 Entgelt in Höhe von 169.854,24 EUR gezahlt worden sei. Für die Monate März und April 2002 sei von
der Beklagten Insolvenzgeld gezahlt worden, sodass für diese Monate kein Arbeitsentgelt im Rahmen der ABM-
Förderung gezahlt werden könne. Auch wenn die Klägerin die Abschlagszahlungen der Beklagten auf der Grundlage
des Werkvertrages an die Firma "E. C. e. K." gezahlt habe, seien damit Förderbeträge als Abschlagszahlungen an
das Vergabeunternehmen geflossen, die nicht an die Arbeitnehmer weitergereicht worden seien. Nach den bis
einschließlich Februar 2002 geleisteten Entgeltzahlungen könnten sich die ABM-Zuschüsse zum Bruttoarbeitsentgelt
nur auf 169.854,24 EUR belaufen und der Vergabeaufwand sei auf 36.515,81 EUR festzusetzen. Da die geleisteten
Abschlagszahlungen diese Förderbeträge überstiegen hätten, sei der Betrag der Überzahlung in Höhe von 10.860,67
EUR von der Klägerin nach § 42 Abs. 2 SGB I zu erstatten, weil es sich um Vorschüsse handle, was die Klägerin
auch anhand der Antragsunterlagen habe erkennen können.
Die Klägerin hat hiergegen am 28. April 2004 Klage erhoben. Zur Begründung hat sie ausgeführt, im Zeitpunkt der
Zahlungen an die Firma "E. C. e. K." im April 2002 sei ihr nicht bekannt gewesen, dass das Unternehmen bereits
insolvent war. Andernfalls hätte sie den Zahlbetrag für den Monat März 2002 nicht weitergeleitet. Ihre Mitwirkungs-
und Kontrollpflichten habe die Klägerin vollumfänglich erfüllt. Der Bürgermeister der Klägerin habe persönlich
kontrolliert, ob die 11 Arbeitnehmer des Vergabeunternehmens jeweils ihren Lohn fristgemäß erhalten haben, bevor -
nach Leistung der Beklagten - die nächste monatliche Überweisung an das Vergabeunternehmen erfolgte. Der von der
Beklagten für den Monat März 2002 am 15. April 2002 gezahlte Betrag in Höhe von 19.297,32 EUR sei
ordnungsgemäß von der Klägerin an das Vergabeunternehmen am 16. April 2002 zur Lohnauszahlung überwiesen
worden. Das Vergabeunternehmen habe diesen Lohn an die 11 Arbeitnehmer nicht ausbezahlt. Die Insolvenzprobleme
der "E. C. e. K." seien der Klägerin nicht bekannt gewesen. Die Rückzahlungsforderungen seien nicht
nachvollziehbar, da eine ordnungsgemäße Aufgliederung fehle. Es handle sich nicht um eine Erstattung zu Unrecht
gewährter Beträge, da die Leistung ordnungsgemäß durch die Klägerin an das Vergabeunternehmen gezahlt worden
sei. Verantwortlich sei das Vergabeunternehmen, gegen dessen Inhaber die Staatsanwaltschaft G. als ursächlich
Schuldigen Anklage wegen Vorenthaltung und Veruntreuung von Arbeitsentgelt Anklage erhoben habe.
Demgegenüber hat die Beklagte geltend gemacht, bei den im Anerkennungsbescheid genannten Zuschüssen handle
es sich um keine endgültige Bewilligung. Die Förderung sei als voraussichtlich gekennzeichnet worden. Es könnten
während der Maßnahme Ereignisse eintreten, die dazu führen, dass das tatsächliche Arbeitsentgelt abweiche. Sie hat
insoweit auf die von der Klägerin im Antragsformular unterzeichneten Verpflichtungen zu Ziffer 15.4 und Ziffer 15.6
verwiesen. Im Anerkennungsbescheid sei unter Punkt 9 darauf hingewiesen worden, dass bei Abschlagszahlungen
während der Arbeitsbeschaffungsmaßnahme eine Gesamtabrechnung durchzuführen sei und zu Unrecht gezahlte
Beträge zu erstatten seien. Es habe sich bei den Abschlagszahlungen um Vorschüsse im Sinne von § 42 SGB I
gehandelt. Dies habe die Klägerin dem Anerkennungsbescheid entnehmen können. In den Monaten März und April
2002 sei den Arbeitnehmern kein Entgelt mehr ausbezahlt worden. Für beide Monate hätten sie Insolvenzgeld
erhalten. Die von der Beklagten geleisteten Abschlagszahlungen seien somit nicht vollständig für den bewilligten
Zweck verwendet worden. Die zu Unrecht gezahlten Beträge seien vom Träger der Arbeitsbeschaffungsmaßnahme zu
erstatten. Denn dieser habe die Abschläge auch ausgezahlt. Allein die Klägerin sei Partnerin der Beklagten, nicht das
beauftragte Vergabeunternehmen.
Durch Gerichtsbescheid vom 15. Mai 2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Rechtsgrundlage des
angefochtenen Schluss- und Erstattungsbescheides seien § 326 Abs. 1 Satz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch
- Arbeitsförderung - (SGB III), § 42 Abs. 1 und 2 SGB I. Nach § 236 Abs. 1 Satz 1 SGB III habe der Träger der
Maßnahme dem Arbeitsamt innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten die Unterlagen vorzulegen, die für
eine abschließende Entscheidung über den Umfang der zu erbringenden Leistungen erforderlich sind. Nach § 42 Abs.
1 Satz 1 SGB I könne, wenn ein Anspruch auf Geldleistungen dem Grunde nach bestehe und zur Festsetzung seiner
Höhe voraussichtlich längere Zeit erforderlich sei, der zuständige Leistungsträger Vorschüsse zahlen, deren Höhe er
nach pflichtgemäßem Ermessen bestimme. Nach § 42 Abs. 2 Satz 1 SGB I seien die Vorschüsse auf die
zustehenden Leistungen anzurechnen. Soweit sie diese überstiegen, seien sie vom Empfänger nach § 42 Abs. 2 Satz
2 SGB I zu erstatten. Der Anwendungsbereich des § 42 Abs. 2 Satz 2 SGB I sei eröffnet, wenn der Leistungsträger
für einen an Treu und Glauben orientierten Begünstigten hinreichend verdeutlicht habe, er treffe eine lediglich
einstweilige Regelung vom Typ eines Vorschusses im Sinne von § 42 Abs. 1 SGB I. Er habe daher zumindest zu
verdeutlichen, er bewillige wegen eines nach seiner Ansicht dem Grunde nach bestehenden "Anspruchs" auf
Geldleistungen, dessen genaue Höhe noch nicht zeitnah festgelegt werden könne. Da noch kein dauerhafter
Rechtsgrund für das Behaltendürfen des Gezahlten gegeben sei, sei die Leistung wirtschaftlich risikobehaftet. Eine
solche vorschussweise Gewährung im Sinne von § 42 Abs. 1 SGB I läge hier vor. Im Anerkennungsbescheid habe
die Beklagte hinreichend verdeutlicht, dass es sich um eine vorläufige Leistungsgewährung handle, für die noch ein
endgültiger Bescheid zu erlassen sei. Die konkrete Höhe der Förderung, die im Anerkennungsbescheid genannt sei,
sei vorläufig und bleibe dem Schlussbescheid vorbehalten. Dieser erginge erst auf der Grundlage der
Gesamtabrechnung. Dies sei mit dem Wort "voraussichtlich" und "vorbehaltlich" des Schlussbescheides deutlich
gemacht worden. Der Leistungsempfänger sei darauf hingewiesen worden, dass alle Zahlungen "bis zur Erteilung des
Schlussbescheides ( ) unter der Bedingung" erfolgten, dass das Ergebnis der nachträglichen Prüfung die Richtigkeit
der Angaben bestätige, die Maßnahme wie geplant durchgeführt und das berücksichtigungsfähige Arbeitsentgelt
erreicht werde. Damit sei hinreichend klargemacht worden, dass eine dauerhafte Entscheidung über die Zahlung noch
nicht vorliege. Hierbei sei ohne relevanten Belang, dass die Klägerin die Vorschüsse an das Vergabeunternehmen
weitergeleitet und dieses das Arbeitsentgelt nicht an die Arbeitnehmer ausgezahlt habe. Nicht entscheidungserheblich
sei ferner, dass die Klägerin im Zeitpunkt der Weiterleitung keine Kenntnis von der drohenden Insolvenz gehabt habe.
Und schließlich sei auch nicht erheblich, dass die Klägerin ihren Mitwirkungspflichten nachgekommen sei. Denn die
Erstattung nach § 42 Abs. 2 Satz 2 SGB I stelle nicht auf einen Verschuldenstatbestand ab.
Die Klägerin hat gegen den ihr am 23. Mai 2006 zugestellten Gerichtsbescheid am 20. Juni 2006 Berufung eingelegt.
Mit dieser verfolgt sie ihr Begehren weiter. Hierzu betont sie erneut, im Zeitpunkt der Weiterleitung an das
Vergabeunternehmen habe sie nichts von der drohenden Insolvenz gewusst. Ansonsten wäre diese nicht
vorgenommen worden. Ihre Mitwirkungspflichten habe die Klägerin ordnungsgemäß erfüllt. Der Förderzweck sei erfüllt
worden. Die von der Beklagten zur Verfügung gestellten Zuschüsse seien bis einschließlich März 2002
ordnungsgemäß an das Vergabeunternehmen ausgezahlt worden. Dass dieses den Arbeitnehmern im März keinen
Lohn gezahlt habe, liege weder im Verantwortungs- noch im Machtbereich der Klägerin. Zwischen der Klägerin und
den Arbeitnehmern hätten keine unmittelbaren Rechtsbeziehungen bestanden. Und die Klägerin sei auch nicht
berechtigt gewesen, den Arbeitnehmern den Lohn direkt auszuzahlen, da es sich nicht um Arbeitnehmer der Klägerin
gehandelt habe.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 15. Mai 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15.
September 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. März 2004 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Durch den Erlass des Anerkennungsbescheides habe die Beklagte lediglich über die Förderfähigkeit der
Arbeitsbeschaffungsmaßnahme abschließend entschieden. Hinsichtlich der Höhe habe sich die Beklagte ausdrücklich
den Erlass eines endgültigen Bescheides "vorbehalten". Auch unter Punkt 9 werde eine abschließende Sachprüfung
durch "Schlussbescheid" angekündigt. Die Klägerin sei durchaus darauf hingewiesen worden, dass etwaige zu
Unrecht gezahlte Beträge zu erstatten seien.
Zum weiteren Vorbringen der Beteiligten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge
sowie die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
I. Die gemäß §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Berufung ist zulässig; sie wurde insbesondere
form- und fristgerecht eingelegt (§ 151 Abs. 1 SGG).
Die Berufung ist auch begründet. Denn das Sozialgericht hat zu Unrecht den streitigen Bescheid nicht aufgehoben.
Dieser verletzt jedoch die Klägerin in ihren Rechten.
Die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides folgt - entgegen der klägerischen Auffassung - allerdings nicht
schon daraus, dass sie selber alles getan habe, um die Auszahlung der Arbeitsentgelte zu sichern und zu
kontrollieren. Weiter folgt dies auch nicht daraus, dass das Vergabeunternehmen, die Firma "E. C. e. K.",
verantwortlich für die Vorenthaltung des Arbeitsentgelts sei. Denn das sozialrechtliche Leistungsverhältnis auf der
Grundlage der §§ 260 ff. SGB III besteht allein zwischen der Klägerin und der Beklagten. Soweit im Übrigen die
Erstattung wirksam auf § 42 Abs. 2 SGB I oder auf § 50 Abs. 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch -
Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) i. V. m. § 32 Abs. 2 Nr. 2 SGB X gestützt werden
könnte, wäre die Frage eines Verschuldens der Klägerin unerheblich.
Die Beklagte hat gegen die Klägerin keinen Anspruch auf Erstattung von gezahlten ABM-Fördermitteln in Höhe von
10.860,67 EUR, weil von keiner der in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen die Voraussetzungen erfüllt sind.
1. § 42 Abs. 2 Satz 2 SGB I greift nicht als Anspruchsgrundlage ein. Danach sind Vorschüsse, die auf die
zustehenden Leistungen anzurechnen sind (§ 42 Abs. 2 Satz 1 SGB I), vom Empfänger zu erstatten, soweit sie die
zustehenden Leistungen übersteigen.
Diese Erstattungsregelung ist nicht anwendbar, weil die Beklagte bei der Bewilligung der ABM-Fördermittel keine
lediglich einstweilige Regelung vom Typ eines Vorschusses im Sinne von § 42 Abs. 1 SGB I getroffen hat.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (vgl. z.B. BSG, Urteil vom Urteil vom 29. April 1997 - 4 RA
46/96 - SozR 3-1200 § 42 Nr. 9 S. 36) kommt es bei der Prüfung des Geltungs- und Anwendungsbereichs von § 42
Abs. 2 Satz 2 SGB I nicht darauf an, ob die Beklagte den (angeblichen) "Zuschuss" (oder die angebliche
"Vorbehaltszahlung") berechtigt oder rechtswidrig bewilligt hat. Auch rechtswidrig gewährte Vorschüsse sind nach §
42 Abs. 2 SGB I rückabzuwickeln, falls der Tatbestand dieser Vorschrift erfüllt ist. Das Gesetz unterscheidet nämlich
nicht zwischen rechtmäßig und rechtswidrig bewilligten Vorschüssen, sondern - gemäß der Rechtsnatur dieses Typs
einstweiliger Verwaltungsakte - nur zwischen "Vorschuss" auf die Geldleistung und der (endgültig) "zustehenden
Leistung".
Der Anwendungsbereich des § 42 Abs. 2 Satz 2 SGB I hängt also nicht von der Rechtmäßigkeit der
Vorschussbewilligung ab. Er ist vielmehr eröffnet, wenn der Leistungsträger für einen an Treu und Glauben orientierten
Begünstigten hinreichend verdeutlicht hat, er treffe eine lediglich einstweilige Regelung vom Typ eines Vorschusses
im Sinne von § 42 Abs. 1 SGB I. Hierzu muss er wenigstens die typusprägenden Merkmale dieses einstweiligen
Verwaltungsaktes mitteilen (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 28. Juni 1990 - 4 RA 57/89 - BSGE 67, 104 [119]; BSG,
Urteil vom Urteil vom 29. April 1997 - 4 RA 46/96 - SozR 3-1200 § 42 Nr. 9 S. 37 f.; vgl. auch: Seewald, in: Kasseler
Kommentar [56. Erg.-Lfg., Dezember 2007], § 42 SGB I, Rdnr. 18, m.w.N.).
Für eine Vorschussbewilligung nach § 42 Abs. 1 SGB I muss der Leistungsträger daher zumindest verdeutlichen, er
bewillige wegen eines nach seiner Ansicht nach dem Grunde bestehenden "Anspruches" auf Geldleistungen, dessen
Höhe noch nicht zeitnah festgestellt werden kann, ein Recht auf Zahlungen, dass noch kein dauerhafter Rechtsgrund
für das Behaltendürfen des Gezahlten und dessen Ausübung somit wirtschaftlich risikobehaftet ist (vgl. BSG, Urteil
vom Urteil vom 29. April 1997 - 4 RA 46/96 - SozR 3-1200 § 42 Nr. 9 S. 38). Hierbei muss verdeutlicht werden, dass
der Vorschuss mit der endgültigen Förderung nicht identisch, sondern eine Leistung eigener Art ist. Der
Bewilligungsbescheid muss für den Empfänger unzweifelhaft klarstellen, dass es sich um eine vorläufige Leistung im
Vorgriff auf die erst künftig ergehende Bewilligung gehandelt, die bei dem noch notwendigen Erlass des endgültigen
Bewilligungsbescheides dort anzurechnen und gegebenenfalls zu erstatten ist (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 28. Juni
1990 - 4 RA 57/89 - BSGE 67, 104 [119]; BSG, Urteil vom Urteil vom 29. April 1997 - 4 RA 46/96 - SozR 3-1200 § 42
Nr. 9 S. 38).
Maßstab für die Auslegung eines Verwaltungsaktes ist die Sicht eines verständigen Empfängers, der als Beteiligter
die Zusammenhänge berücksichtigt, welche die Behörde nach ihrem Willen in die Entscheidung einbezogen hat (vgl.
BSG, Urteil vom 31. Mai 1989 - 4 RA 19/88 - SozR 1200 § 42 Nr. 4 S. 14; BSG, Urteil vom 28. Juni 1990 - 4 RA
57/89 - BSGE 67, 104 [110]). Da ein Verwaltungsakt gemäß § 33 Abs. 1 SGB X hinreichend bestimmt sein muss,
gehen Unklarheiten zu Lasten der Behörde (vgl. BSG, Urteil vom 19. März 1974 - 7 RAr 45/72 - BSGE 37, 155 [160] =
SozR 4600 § 143 Nr. 1). Dies gilt auch, soweit Inhalt und Umfang der Vorläufigkeit eines Bescheides betroffen sind
(BSG, Urteil vom 31. Mai 1989 - 4 RA 19/88 - SozR 1200 § 42 Nr. 4 S. 14; BSG, Urteil vom 28. Juni 1990 - 4 RA
57/89 - BSGE 67, 104 [110]).
Gemessen an diesen Kriterien ergibt sich aus dem Bescheid vom 12. April 2001 nicht mit der erforderlichen
Bestimmtheit, dass die Förderleistungen nur als Vorschuss im Sinne von § 42 Abs. 1 SGB I bewilligt werden sollten.
Es wird in dem formularmäßigen Bescheid weder der Begriff "Vorschuss" verwendet noch ausdrücklich auf § 42 SGB
I Bezug genommen noch. Das von der Beklagten mehrfach verwendete Wort "voraussichtlich" sowie die zweimal
verwendete Formulierung "vorbehaltlich des Schlussbescheides" lassen zwar erkennen, dass die
Fördermittelbewilligung mit Unsicherheiten behaftet ist. So musste auch der Klägerin bewusst sein, dass bei
Bewilligung der Maßnahme noch nicht abschließend festgestellt werden konnte, ob diese tatsächlich bis zum Ende
durchgeführt werden kann oder ob alle vorgesehenen Arbeitnehmer bis zum Schluss beschäftigt werden können. Ihr
musste deshalb auch bewusst sein, dass sich die vorgesehenen Förderungsleistungen reduzieren könnten oder
seitens der Beklagten keine weiteren Zahlungen erfolgen würden, soweit derartige Ereignisse - etwa ein Abbruch der
Maßnahme oder eine Reduzierung der Beschäftigtenzahl - eintreten würden. Jedoch wird aus dem
Bewilligungsbescheid nicht mit der erforderlichen hinreichenden Bestimmtheit deutlich, dass die Beklagte dieser
Unsicherheit bei der Leistungsbewilligung und der nachfolgenden Kontrolle und Prüfung der Leistungsvergabe gerade
mit dem Mittel der Leistungsbewilligung in Form der "vorläufigen" Bewilligung im Sinne von § 42 Abs. 1 SGB I
Rechnung tragen wollte.
Auch ein Rückgriff auf das Antragsformular führt im vorliegenden Zusammenhang nicht zu der erforderlichen
Bestimmtheit, weil sich auch daraus nicht der beabsichtigte Typus der Leistungsbewilligung ersehen lässt. Es kann
deshalb dahingestellt bleiben, ob zur Beantwortung der Frage, ob ein Bescheid mit der erforderlichen Bestimmtheit
erkennen lässt, dass die Leistungsbewilligung nach den Typus des Vorschusses im Sinne von § 42 Abs. 1 SGB I
erfolgt, überhaupt auf Antragsformulare oder sonstige Unterlagen zurückgegriffen werden kann, wenn der Bescheid als
solcher die hinreichende Bestimmtheit vermissen lässt.
Schließlich führen auch die Nebenbestimmungen, mit denen die Fördermittelbewilligung versehen wurde, zu keinem
anderen Ergebnis. Bedingungen (vgl. Nummer 9 des Anerkennungsbescheides) bewirken, dass nach dem ungewissen
Eintritt eines der dort beschriebenen zukünftigen Ereignisses die Begünstigung, hier die Fördermittelbewilligung,
wegfällt (vgl. § 32 Abs. 2 Nr. 2 SGB X). Mit Auflagen (vgl. Nummer 10 des Anerkennungsbescheides) wurden der
Klägerin genau bezeichnete Handlungs- und Duldungspflichten vorgeschrieben (vgl. § 32 Abs. 2 Nr. 4 SGB X). Wenn
die Klägerin die Auflagen nicht oder nicht rechtzeitig erfüllt hätte, hätte die Beklagte entweder deren Erfüllung mit den
Mitteln der Verwaltungsvollstreckung erzwingen oder gemäß § 47 Abs. 1 Satz 2 SGB X den Bewilligungsbescheid
ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft, nach Maßgabe von § 47 Abs. 2 SB X auch für die Vergangenheit,
aufheben können. Da die Begriffe "Bedingung" und "Auflage" Fachbegriffe des Verwaltungsverfahrensrechtes (vgl.
auch z.B. § 36 Abs. 2 Nr. 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes [VwVfG], § 120 Abs. 2 Nr. 2 der Abgabenordnung
[AO]) sind, lässt ihre Verwendung in einem Verwaltungsakt grundsätzlich nur die Auslegung zu, dass die den
Bescheid erlassende Behörde diese Begriffe auch in dem vom Gesetzgeber definierten verfahrensrechtlichen Sinne
verstanden wissen wollte - unbeschadet der Frage, ob diese Bescheidbestandteile den jeweiligen gesetzlichen
Anforderungen im Einzelfall genügen. Anhaltspunkte, die im vorliegenden Fall eine andere Auslegung als möglich
erscheinen lassen würden, sind nicht gegeben. Der Umstand, dass die Beklagte den Anerkennungsbescheid mit den
beschriebenen Nebenbestimmungen versehen hat, ist mithin nicht geeignet, die hinreichende Bestimmtheit dieses
Bescheides Vorschussbescheid im Sinne von § 42 SGB I zu begründen.
2. Das Erstattungsbegehren der Beklagten kann auch nicht auf § 50 Abs. 2 Satz 1 SGB X i. V. m. § 32 Abs. 1 Nr. 2
SGB X gestützt werden.
Nach § 50 Abs. 2 Satz 1 SGB X sind Leistungen, soweit sie ohne Verwaltungsakt erbracht worden sind, zu erstatten.
Eine Leistung ist unter anderem ohne Verwaltungsakte erbracht worden, wenn die Bewilligung wegen des Eintritts der
Voraussetzungen einer auflösenden Bewilligung wegfällt. Denn mit Eintritt der auflösenden Bedingung wird der
Verwaltungsakt entsprechend § 39 Abs. 2 SGB X unwirksam (vgl. Roos, in: von Wulffen, SGB X [5. Aufl., 2005], § 39
Rdnr.14). Bedingungen in diesem Sinne, die den Wegfall der Leistungsbewilligung durch die Beklagte an die Klägerin
hätten bewirken können, sind im Bescheid vom 12. April 2001 nicht enthalten.
Eine Bedingung liegt nach der Legaldefinition des § 32 Abs. 2 Nr. 2 SGB X vor, wenn der Eintritt oder der Wegfall
einer Rechtsfolge von dem ungewissen Eintritt eines zukünftigen Ereignisses abhängt. Entsprechend § 158 des
Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ist zwischen aufschiebenden und auflösenden Bedingungen zu unterscheiden. Tritt
die Rechtsfolge erst auf Grund eines zukünftigen ungewissen Ereignisses ein, handelt es sich um eine aufschiebende
Bedingung. Fällt die Rechtsfolge bei Eintritt eines Ereignisses weg, liegt eine auflösende Bedingung vor. Ungewiss ist
der Eintritt eines zukünftigen Ereignisses, wenn man nicht weiß, ob und/oder wann es eintreten wird. Keine
Bedingungen sind demgegenüber gegenwärtige oder vergangene Umstände, auch wenn sie den Beteiligten im
Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsaktes nicht bekannt sind oder ihnen ungewiss erscheinen (vgl. Engelmann,
in: von Wulffen, SGB X [5. Aufl., 2005], § 32 Rdnr.14).
Die unter Nummer 9 des Anerkennungsbescheides enthaltenen Regelungen sind für die geltend gemachte
Erstattungsforderung keine geeigneten Grundlagen.
Nach Nummer 9.1 des Anerkennungsbescheides erfolgen alle Zahlungen bis zur Erteilung des Schlussbescheides
unter der Bedingung, dass "das Ergebnis der nachträglichen Prüfung die Richtigkeit Ihrer bzw. der Angaben des
Unternehmens bestätigt". Hier ist bereits fraglich, ob diese Regelung dem Bestimmtheitsgebot des § 33 Abs. 1 SGB
X genügt. Denn es wird nicht deutlich, welche Angaben gemeint sind. In Betracht kommen zum einen die Angaben im
Förderantrag, zum anderen die nach der Fördermittelbewilligung von der Klägerin oder dem Vergabeunternehmen zu
machenden Angaben. Wären - jedenfalls auch - die Angaben bei der Antragstellung gemeint, läge - insoweit - bereits
deshalb keine Bedingung im Sinne von § 32 Abs. 2 Nr. 2 SGB X vor, weil es sich um vergangene Umstände handeln
würde. Wären hingegen die Angaben nach der Fördermittelbewilligung gemeint, wären die Regelung nicht mit § 32
Abs. 3 SGB X vereinbar. Danach darf eine Nebenbestimmung nicht dem Zweck des Verwaltungsaktes zuwiderlaufen.
Dies wäre hier aber der Fall. Mit dem Eintritt der Bedingung, d.h. dass sich im Rahmen der nachträglichen Prüfung
bestimmte Angaben der Klägerin oder des Vergabeunternehmens als unrichtig erweisen sollten, würde die gesamte
Fördermittelbewilligung unwirksam werden. Selbst wenn die ohne Beschränkungen formulierte Regelung
einschränkend dahingehend auszulegen wäre, dass nur Angaben, die für die Entscheidung über den
Fördermittelantrag relevant sind, gemeint sind, würde diese Regelung nicht mehr dem mit ihr verfolgten
Sicherungszweck - und gegebenenfalls Sanktionszweck - in einem Maße gerecht, der dem
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügt. Denn es ist unverhältnismäßig, der gesamten Fördermittelbewilligung die
Rechtsgrundlage auch dann zu entziehen, wenn unzutreffende Angaben sich allenfalls auf Teile der bewilligten
Fördermittel auswirken können.
Die Bedingung unter Nummer 9.2 ist für die von der Beklagten geltend gemachten Erstattungsforderung unerheblich.
Denn auf Grund des zeitlichen Verlaufes der geförderten Maßnahme handelt es sich bei den zurückgeforderten
Leistungen nicht mehr um Abschlagszahlungen "zum Anlaufen der Maßnahme".
3. Schließlich kann das Erstattungsbegehren des Beklagten auch nicht auf § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X i.V.m. § 48
SGB X gestützt werden.
Nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt
aufgehoben worden ist. In Betracht kommt vorliegend nur eine Aufhebung nach § 48 SGB X, weil die
Fördermittelbewilligung erst durch die eine nachträgliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse fehlerhaft geworden
ist.
Eine ausdrückliche Aufhebungsentscheidung nach § 48 SGB X ist nicht erfolgt. Ob der angefochtene Bescheid, der
nach dem Willen der Beklagten auf der Grundlage von § 42 SGB I ergangen ist, nach Maßgabe von § 42 SGB X dem
Gunde nach in einen Aufhebungsbescheid nach § 48 SGB X umgedeutet werden kann, kann dahingestellt bleiben.
Denn ein solcher umgedeuteter Bescheid wäre im vorliegenden fall seinerseits rechtswidrig und damit aufzuheben.
Eine Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung wegen veränderter tatsächlicher oder rechtlicher
Verhältnisse kann nämlich grundsätzlich nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben werden (vgl. § 48 Abs. 1 Satz 1
SGB X). Eine Aufhebung mit Wirkung für die Vergangenheit kann nur ausnahmsweise nach Maßgabe von § 48 Abs. 1
Satz 2 SGB X erfolgen. Ein solcher Ausnahmefall ist vorliegend nicht gegeben.
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Die Kostenerstattungspflicht der Beklagten für die Kosten beider
Instanzen beruht darauf, dass der angefochtene Bescheid in vollem Umfang aufgehoben worden und sie damit in
vollem Umfang unterlegen ist.
III. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG waren nicht gegeben. Die Kriterien für das
Vorliegen einer Vorschusszahlung nach § 42 Abs. 1 SGB I sind durch die höchstrichterliche Rechtsprechung bereits
mehrfach dargestellt worden. Deren Anwendung auf den Einzelfall sowie die Auslegung des Inhalts eines bestimmten
Bescheides ist eine Entscheidung im Einzelfall. Zwar hat der Senat zu dem Urteil vom 16. November 2006 (L 3 AL
29/06) die Revision zugelassen. Ursächlich hierfür war jedoch in diesem Fall, dass auch subjektive Kriterien (grobe
Fahrlässigkeit) für eine etwaige Rücknahme nach § 45 SGB X entscheidungserheblich waren. Speziell zu den
subjektiven Anforderungen an die Erkenntnis der unterbliebenen Auszahlung der Arbeitsentgelte bei Einschaltung
eines Vergabeunternehmens lag jedoch bislang keine höchstrichterliche Entscheidung vor. Solche subjektiven
Kriterien waren hier jedoch nicht zu behandeln, denn eine Aufhebung des Anerkennungsbescheides vom 12. April
2001 ist in keiner Weise ersichtlich.