Urteil des LSG Sachsen vom 14.08.2001

LSG Fss: innere medizin, coxarthrose, wahrscheinlichkeit, belastung, leiter, akte, erwerbsfähigkeit, gonarthrose, maurer, befund

Sächsisches Landessozialgericht
Beschluss vom 14.08.2001 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Leipzig S 2 V 314/95
Sächsisches Landessozialgericht L 1 V 18/00
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 04.04.2000 wird zurückgewiesen. II.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung weiterer Schädigungsfolgen nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG)
und in Abhängigkeit hiervon um die Höhe der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) und um die Höhe einer
Beschädigtenversorgung nach dem BVG.
Der am ... geborene Kläger erlernte den Beruf des Maurers und war als solcher bis zu seiner Einberufung in die
Deutsche Wehrmacht Anfang 1938 tätig. Im Mai 1947 nahm der Kläger seine erlernte Tätigkeit auf. Seit Anfang 1948
war der Kläger als Technischer Leiter beim R ... der S ... E ... beschäftigt.
Am 04.02.1991 stellte der Kläger bei dem Beklagten einen Antrag auf Gewährung von Beschädigtenversorgung nach
dem BVG. Als kriegsbedingte Gesundheitsstörungen gab er einen Lungensteckschuss mit ausgedehntem
Schwartenbefund bei doppelter Frakterierung der 4. bis 8. Rippe sowie Granatsplitter an beiden Kniegelenken an. Die
Verwundung beider Kniegelenke habe er durch den Beschuss eines Panzers am 17.10.1944 in der Höhe zur Grenze
nach Litauen, die Verwundung der Brust (Lunge) bei der Abwehrschlacht in der Höhe von B ... (Ostpreußen) durch den
Beschuss eines Panzers erlitten. Dabei sei er so schwer verwundet worden, dass er ohne Besinnung gewesen sei
und daher keine weiteren Angaben machen könne (12.02.1945).
Dem Beklagten lagen der Heilfürsorgeschein der Allgemeinen Ortskrankenkasse E ... vom 13.08.1945, die
Wehruntauglichkeitsbescheinigung des Reservelazaretts Sch ... sowie eine Auskunft der D ... D ... ( ...) vor. Der
Anspruch auf Heilfürsorge wurde wegen Schmerzen an der linken Brustseite und Stechen in der Lunge anerkannt. Die
Feststellung der Wehruntauglichkeit erfolgte wegen ausgedehntem Schwartenbefund bei doppelter Frakterierung der 4.
bis 8. Rippe. In den Unterlagen der W ... ist unter Art der Schädigung "Beschuss eines Panzers (Grenze nach
Litauen) und Beschuss eines Panzers bei B ... angegeben.
Der Beklagte veranlasste die Begutachtung des Klägers durch den behandelnden Hausarzt Herrn Dipl.-Med. P ...
Dieser stellte beim Kläger eine erhebliche Bewegungseinschränkung des linken Kniegelenks (fast Versteifung), eine
schmerzhafte Bewegungseinschränkung des rechten Kniegelenkes, eine Lungen- und Herz- insuffizienz sowie eine
sekundäre Coxarthrose beidseits fest. Diese Gesundheitsstörungen seien mit Wahrscheinlichkeit durch die
schädigenden Ereignisse verursacht oder wesentlich mit verursacht worden. Der Grad der MdE betrage 80 v. H ...
Infolge der Verletzung sei ein Berufswechsel notwendig gewesen. Ergänzend führte er aus, dass die Fehlbelastung
der Kniegelenke (Versteifung des linken Kniegelenkes) zur Coxarthrose beidseits geführt habe. Gestützt hierauf
gewährte der Beklagte dem Kläger mit Vorbehaltsbescheid vom 03.04.1992 Rente nach dem BVG entsprechend einer
MdE um 80 v. H ...
Im Wege der weiteren Sachverhaltsermittlung holte der Beklagte einen Befundbericht von Herrn Dipl.-Med. P ... sowie
eine versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. W ... ein. Nach dem von Dipl.-Med. P ... vorgelegten Röntgenbefund
besteht eine Gonarthrose beiderseits und eine Retropartellararthrose rechts.
Mit Bescheid vom 07.01.1994 hob der Beklagte den Vorbehaltsbeschied auf und gewährte dem Kläger Rente nach
dem BVG entsprechend einer MdE um 25. v. H. unter Berücksichtigung folgender Schädigungsfolgen:
- untere Pleuraschwiele links, - Narbenbildung an der linken Thoraxseite, - Narbenbildung am rechten und linken
Kniegelenk.
Eine Erhöhung der MdE gemäß § 30 Abs. 2 BVG wegen einer besonderen beruflichen Betroffenheit müsse abgelehnt
werden, da der Kläger sich vom Maurer zum Technischen Leiter bei der Stadtwirtschaft habe qualifizieren können und
ihm somit keine Einkommensminderung entstanden sei.
Hiergegen legte der Kläger am 25.01.1994 Widerspruch ein. Die Schädigungsfolgen seien unvollständig genannt.
Infolge der Kriegsschäden sei es auch zu Funktionsbeeinträchtigungen sowie Störungen innerhalb des
Kreislaufsystems gekommen.
Im Widerspruchsverfahren holte der Beklagte einen Befundbericht von Dr. B ..., Facharzt für Innere Medizin/Lungen-
und Bronchialheilkunde, ein, der beim Kläger eine hochgradige Restriktion mit Obstruktion feststellte. Nach Anhörung
des Klägers zur Herabsetzung der MdE wies der Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom
27.09.1995 als unbegründet zurück.
Mit der am 23.10.1995 beim Sozialgericht Leipzig (SG) erhobenen Klage hat der Kläger sein auf Feststellung weiterer
Schädigungsfolgen und Gewährung einer höheren Beschädigtenversorgung gerichtetes Begehren weiter verfolgt. Er
hat die Ansicht vertreten, es bestehe eine hochgradige Lungenfunktionsstörung sowie eine Bewegungseinschränkung
in beiden Kniegelenken bzw. Versteifung und eine ableitbare Coxarthrose als Schädigungsfolge.
Das SG hat Beweis erhoben und ein Gutachten auf lungenärztlichem Fachgebiet durch Prof. Dr. L ..., auf
orthopädischem Fachgebiet durch Frau Dr. B ... und Prof. Dr. v ... S ... sowie auf kardiologischem Fachgebiet von Dr.
R ... eingeholt. Außerdem haben dem SG eine Stellungnahme von Herrn Dipl.-Med. P ... sowie ein Arztbericht von
Herrn Dr. W ..., Facharzt für Orthopädie und Rheumatologie, vorgelegen.
Prof. Dr. L ... hat beim Kläger infolge der Lungenfunktionseinschränkung, die Schädigungsfolge sei, eine MdE von 40
festgestellt. Nach den Angaben von Dr. R ... kann lediglich die restriktive Ventilationsstörung als Schädigungsfolge
angesehen werden. Es bestehe kein Anhalt für eine relevante koronare Herzerkrankung. Frau Dr. B ... diagnostizierte
beim Kläger eine versteifende Coxarthrose links und Coxarthrose rechts mit einer funktionellen Beinverkürzung links
von 3 cm sowie eine Gonarthrose beiderseits. Letztere sei als Spätschaden einschätzen. Es handele sich
gewissermaßen um Veränderungen im Sinne eines schicksalmäßigen Verschleißes, sie stünden nicht im
Zusammenhang mit den anerkannten Schädigungsleiden. Prof. Dr. v ... S ... stellte als Schädigungsfolge reizlose
Narben an beiden Kniegelenken nach Granatsplitterverletzung (1944) ohne Funktionsstörung fest. Die
Verschleißerkrankung des linken Hüftgelenkes mit starker Bewegungseinschränkung und funktioneller Beinverkürzung
links in Höhe von 3,5 cm, die beginnende Verschleißerkrankung beider Kniegelenke mit geringer
Bewegungseinschränkung und die beginnende Verschleißerkrankung des rechten Hüftgelenkes mit geringer
Bewegungseinschränkung seien nicht Schädigungsfolgen. Die hochgradige Bewegungseinschränkung des linken
Hüftgelenkes sowie die funktionelle Beinverkürzung sei auf den nachgewiesenen Hüftgelenkskopfverscheißdefekt
zurückzuführen. Auch im Bereich beider Kniegelenke bestehe eine Verschleißerkrankung. In den Weichteilen beider
Kniegelenke fänden sich keine Hinweise auf Metallsplitter oder auf knöcherne Absprengungen, die durch
Geschosssplitter verursacht worden wären. Auf das Gutachten von Prof. Dr. L ... vom 18.11.1996 (Bl. 34-48 SG-
Akte), von Frau Dr. B ... vom 30.09.1997 (Bl. 74-85 SG-Akte), von Dr. R ... vom 09.11.1998 (Bl. 108-121 SG-Akte)
und auf das von Prof. Dr. v ... S ... vom 23.11.1999 (Bl. 171 bis 175 SG-Akte) im Übrigen wird wegen der weiteren
Einzelheiten Bezug genommen. Dipl.-Med. P ... hat ausgeführt, dass bezüglich der der Splitterverletzungen in den
Kniegelenken der kausale Zusammenhang mit der Kriegsverletzung durch den Befund von Dr. W ... bestätigt sei. Dr.
W ... hatte beim Kläger ein chronisch-rezidivierendes Lumbalsyndrom bei gestörter Wirbelsäulenstatik wegen
versteifender Coxarthrose links mehr als rechts, einen funktionellen Beckenschiefstand links von 3 cm sowie ein
Reizknie bei Gonarthrose 1. Grades links mehr als rechts wegen chronischer Fehlbelastung festgestellt.
Mit Teilanerkenntnis vom 16.03.1999 hat der Beklagte einen Gesamt-Grad der MdE um 40 v. H. unter
Berücksichtigung folgender Schädigungsfolgen anerkannt:
1. Lungenfunktionseinschränkung bei ausgedehnter Brustfellverschwielung links nach Brustkorbverletzung, 2.
Narbenbildung an der linken Thoraxseite sowie am rechten und linken Kniegelenk.
Nach Annahme des Teilanerkenntnisses durch den Kläger hat der Beklagte am 01.04.1999 einen entsprechenden
Ausführungsbescheid erlassen.
Das SG hat im Übrigen die Klage auf mündliche Verhandlung mit Urteil vom 04.04.2000 abgewiesen. Die geltend
gemachten orthopädischen Funktionsbeeinträchtigungen seien nicht als Schädigungsfolgen anzuerkennen. Aus dem
Gutachten von Prof. Dr. v ... S ... ergebe sich, dass es nicht nur an der Wahrscheinlichkeit des ursächlichen
Zusammenhanges fehle, vielmehr müsse mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass ein ursächlicher
Zusammenhang zwischen einer unmittelbaren Kriegseinwirkung und den jetzt bestehenden orthopädischen
Funktionsbehinderungen nicht möglich sei.
Gegen das dem Kläger am 16.08.2000 zugestellte Urteil richtet sich seine am 12.09.2000 eingelegte Berufung. Der
Kläger vertritt die Ansicht, dass der Grad der Erwerbsminderung für den kriegsbedingten Lungenschaden mindestens
50 v. H. betragen müsse. Darüber hinaus seien die orthopädischen Funktionsbeeinträchtigungen als weitere
Schädigungsfolge anzuerkennen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 04.04.2000 sowie den Bescheid vom 07.01.1994 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 27.09.1995 in der Gestalt des Teilanerkenntnisses vom 16.03.1999 abzuändern und
den Beklagten zu verurteilen, als weitere Schädigungsfolge "Bewegungseinschränkung der Kniegelenke beidseits,
Bewegungseinschränkung des linken Hüftgelenkes und Beinverkürzung links um 3,5 cm" anzuerkennen und ihm eine
Beschädigtenversorgung nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50 v. H. zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Der Senat hat die Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) angehört, dass eine Entscheidung über
die Berufung im Beschlussverfahren beabsichtigt sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakten aus beiden Rechtszügen
sowie auf die Schwerbehindertenakte des Beklagten, die der Senat beigezogen hat, Bezug genommen, die
Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann die Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 SGG durch Beschluss
zurückweisen, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143,151 SGG), erweist sich in der Sache
jedoch als unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Der angefochtene Bescheid vom 07.01.1994 in
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.09.1995 in Gestalt des Ausführungsbescheides vom 16.03.1999 ist
rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Der Kläger hat weder
Anspruch auf Anerkennung der eingeklagten Gesundheitsstörungen als Schädigungsfolgen nach dem BVG noch auf
Gewährung einer Beschädigtenversorgung nach einer MdE von mehr als 40 v. H.
Gemäß § 1 Abs. 1 BVG erhält derjenige, der durch eine militärische oder militärähnliche Dienstverrichtung oder einen
Unfall während der Ausübung des militärischen oder militärähnlichen Dienstes oder durch die diesem Dienst
eigentümlichen Verhältnisse eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, auf Antrag wegen der gesundheitlichen und
wirtschaftlichen Folgen der Schädigung Versorgung.
Das schädigende Ereignis, die gesundheitliche Schädigung (Primärschaden) sowie daraus nunmehr resultierenden
Schädigungsfolgen müssen im Sinne des Strengbeweises nachgewiesen sein. Demgegenüber genügt es, wenn die
Schädigung mit Wahrscheinlichkeit auf das schädigende Ereignis und die Gesundheitsstörung wiederum mit
Wahrscheinlichkeit auf die Schädigung (§ 1 Abs. 3 BVG) zurückzuführen ist. Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn unter
Berücksichtigung der herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen
ursächlichen Zusammenhang spricht. Die bloße Möglichkeit des Bestehens eines Ursachenzusammenhanges neben
anderen, einen solchen Zusammenhang ausschließenden Möglichkeiten genügt nicht. Erforderlich ist zwar der
Vollbeweis im Sinne einer zur Überzeugung des Gerichts feststehenden Gewissheit der Kausalität; umgekehrt
müssen nach dem festgestellten Sachverhalt jedenfalls mehr Anhaltspunkte für als gegen den
Ursachenzusammenhang sprechen.
Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben hat der Kläger keinen Anspruch auf Zuerkennung einer
Bewegungseinschränkung der Kniegelenke beidseits, einer Bewegungseinschränkung des linken Hüftgelenkes und
einer Beinverkürzung links um 3,5 cm als Schädigungsfolge.
Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass der Kläger unter den geltend gemachten Gesundheitsstörungen leidet. Diese
wurden sowohl von Frau Dr. B ... als auch durch Prof. Dr. v ... S ... festgestellt. Auch hält der Senat eine
Granatsplitterverletzung an beiden Kniegelenken des Klägers für nachgewiesen. Hierfür sprechen bereits die Narben
des Klägers an beiden Kniegelenken. Im Übrigen stimmen die Angaben des Klägers zum Zeitpunkt der Verletzung
(12.02.1945) mit denen der Deutschen Dienststelle überein.
Die orthopädischen Gesundheitsstörungen sind indes nicht mit Wahrscheinlichkeit (§ 1 Abs. 3 BVG) auf die
Granatsplitterverletzung zurückzuführen. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus den Feststellungen der
gerichtlich bestellten Sachverständigen, die diejenigen von Dipl.-Med. P ... schlüssig und nachvollziehbar widerlegen.
Die gerichtlich bestellten Sachverständigen kommen übereinstimmend in ihren Gutachten zu dem Ergebnis, dass die
beim Kläger vorliegenden Bewegungseinschränkungen, insbesondere der Kniegelenke, nicht auf
Granatsplitterverletzungen zurückgeführt werden können, sondern vielmehr verschleißbedingt bestehen. Nach den
Feststellungen von Prof. Dr. v ...S ... finden sich röntgenologisch in den Weichteilen beider Kniegelenke keine
Hinweise auf Metallsplitter. Es bestünden auch keine Zeichen von knöchernen Absprengungen, die durch
Geschosssplitter verursacht worden wären. Das Verteilungsmuster der von außen sichtbaren und klinisch völlig
unauffälligen Narben schließe eine intraartikuläre Verletzung durch Geschosstrümmer in jedem Falle aus. So befinde
sich die Geschosssplitternarbe rechtsseitig deutlich oberhalb der inneren Kniegelenksschleimhauttasche. Linksseitig
sei das Geschossprojektil von der knöchernen Kniescheibe abgeprallt ohne sie durchschlagen zu haben. Somit könne
in jedem Fall gesagt werden, dass durch die Lage der Narben und das Fehlen von Metallsplittern in den Weichteilen
bzw. durch den Ausschluss von intraartikulären Verletzungen eine direkte kriegsbedingte Schädigung beider
Kniegelenke ausgeschlossen werden könne. Die Bewegungseinschränkung des linken Hüftgelenkes führt Prof. Dr. v
... S ... auf den Hüftgelenkskopfverschleißdefekt zurück, die er in Verbindung mit der bestehenden Anspreizkontraktur
auch für die nachgewiesene funktionelle Beinverkürzung für ursächlich hält.
Der Senat schließt sich ebenso wie das SG den gutachterlichen Ausführungen an. Das Gutachten von Prof. Dr. v ...
S ... ist in der Erhebung der Befunde, in der würdigenden Bewertung der Vorgeschichte und der bereits erhobenen
Befunde sowie in der Beantwortung der Beweisfragen des SG sachkundig erstellt, nachvollziehbar und schlüssig. Es
ist dem Gutachten von Dipl.-Med. P ... an Überzeugungskraft überlegen. Zum einen kommt Frau Dr. B ... zum
gleichen Ergebnis. Auch sie führt insbesondere die Funktionseinschränkung beider Kniegelenke auf
"schicksalsmäßigen Verschleiß" zurück. Zum anderen ergibt sich kein Anhalt aus der medizinischen Dokumentation,
dass es infolge der Granatsplitterverletzung zu einer erheblichen Bewegungseinschränkung des linken Kniegelenks
(fast Versteifung) des Klägers kam, die wiederum die Coxarthrose beidseits verursacht haben soll. Es fehlt bereits an
einer derartigen Einschränkung der Kniegelenksbeweglichkeit des Klägers. Die von Prof. Dr. v ... S ... gemessene
Kniegelenksbeweglichkeit im Bereich Streckung/Beugung beträgt nach der Neutral-Null-Methode rechts 0/0/120 und
links 5/0/120. Normalwerte eines gesunden Kniegelenkes sind 0/0/120 bis 150 (vgl. "Anhaltspunkte für die ärztliche
Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz 1996" - AHP - S. 15).
Die Bewegung der Kniegelenke liegt dementsprechend noch im Normbereich. Darüber hinaus werden weder im
Heilfürsorgeschein noch in der Wehruntauglichkeitsbescheinigung Feststellungen zu einer Einschränkung der
Beweglichkeit des linken Kniegelenkes des Klägers getroffen. Es bestehen daher keine Anhaltspunkte dafür, dass der
Kläger jahrelang eine Schonhaltung einnehmen musste. Schädigungsfolgen auf orthopädischem Gebiet können daher
nicht anerkannt werden.
Den Grad der MdE für die beim Kläger als Schädigungsfolge anerkannte Lungenfunktionseinschränkung hat der
Beklagte zutreffend mit 40 v. H. bewertet. Ein Anspruch auf Feststellung einer höheren MdE als 40 v. H. und
Gewährung einer entsprechend höheren Beschädigtenversorgung hat der Kläger nicht.
Gemäß § 31 Abs. 1 und 2 BVG erhalten Beschädigten eine monatliche Grundrente, wenn sie in ihrer Erwerbsfähigkeit
durch die Schädigungsfolgen mindestens um 25 v. H. gemindert sind; im Übrigen bestimmt sich die Höhe der
Beschädigtenversorgung nach der festgestellten MdE. Die MdE ist nach der körperlichen und geistigen
Beeinträchtigung im allgemeinen Erwerbsleben zu beurteilen. Dabei sind seelische Begleiterscheinungen und
Schmerzen zu berücksichtigen. Es kommt im Ganzen darauf an, um wie viel die Befähigung zu einer üblichen, auf
Erwerb gerichteten Arbeit und deren Ausnutzung im wirtschaftlichen Leben durch die als Folge einer Schädigung
anerkannten Gesundheitsstörung beeinträchtigt ist (§ 30 Abs. 1 BVG).
Grundlage für die Feststellung, in welcher Höhe eine MdE für eine Schädigungsfolge vorliegt, bilden die "AHP" (st.
Rspr. vgl. u. a. BSG, Urteil vom 18.12.1996 - 9 RV 7/95). Die AHP stellen eine der Entscheidungsfindung dienende
Grundlage der medizinischen Wissenschaften zur Bemessung sowohl des Umfanges als auch der Schwere einer
Beeinträchtigung dar. Denn in ihnen ist der medizinische Kenntnisstand für die Beurteilung von Behinderungen jeweils
aktualisiert wiedergegeben. Sie ermöglichen auf diese Weise eine nachvollziehbare, dem medizinischen
Kenntnisstand entsprechende Rechtsprechung sowohl hinsichtlich des Umfanges als auch der Schwere der
Beeinträchtigungen, die dem Gleichheitsgrundsatz genügt.
Der Begriff des MdE umfasst indes nicht einen medizinischen, sondern einen rechtlichen Begriff, so dass seine
Festlegung nicht Aufgabe von Sachverständigen ist. Diese beruht auch nicht auf medizinischen Erfahrungen, sondern
auf einer rechtlichen Bewertung von Tatsachen, die jedoch mit Hilfe von medizinischen Sachverständigen
festzustellen sind. Bei der erforderlichen rechtlichen Schlussfolgerung bilden zwar die Auffassungen der
Sachverständigen wertvolle Fingerzeige; doch ist stets zu beachten, dass es sich dabei nicht mehr um die Erörterung
medizinischer, sondern um eine solche rechtlicher Begriffe handelt, welche im Streitfall den Gerichten obliegt (vgl.
BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 = SozR 3-3870 § 4 SchwbG Nr. 1 S. 1, 5, 6).
Der gerichtlich bestellte Sachverständige Prof. Dr. L ... hat die beim Kläger vorliegende Lungenfunktionsstörung mit
einem MdE-Grad von 40 bemessen. Dies steht in Übereinstimmung mit den AHP. In Ziff. 26.8, S. 83 der AHP ist bei
Krankheiten der Atmungsorgane mit dauernder Einschränkung der Lungenfunktion geringen Grades (das gewöhnliche
Maß übersteigende Atemnot bei mittelschwerer Belastung [z. B. forsches Gehen (5-6 km), mittelschwere körperliche
Arbeit]; statische und dynamische Messwerte der Lungenfunktionsprüfung bis zu 2/3 niedriger als die Sollwerte,
Blutgaswerte im Normbereich einen GdB von 20 bis 40 und mit dauernder Einschränkung der Lungenfunktion mittleren
Grades (das gewöhnliche Maß übersteigende Atemnot bereits bei alltäglicher leichter Belastung [z. B.
Spazierengehen (3-4 km), Treppensteigen bis zu einem Stock, leichte körperliche Arbeit]; statische und dynamische
Messwerte der Lungenfunktionsprüfung bis zu zwei Drittel niedriger als die Sollwerte, respiratorische
Partialinsuffizienz) einen GdB von 50 bis 70 vorgesehen.
Die beim Kläger vorliegende Lungenfunktionsstörung infolge der ausgedehnten Pleuraverschwielung ist noch geringen
Grades. Den hierfür von Prof. Dr. L ... angegebenen MdE-Grad von 40 v. H. hält der Senat für angemessen. Prof. Dr.
L ... stellte beim Kläger eine restriktive Ventilationseinschränkung mäßigen Grades mit ventilatorischer
Verteilungsstörung fest. Zwar stellte Prof. Dr. L ... in der Bodyplethysmographie neben einem Atemwegswiderstand im
Normbereich eine deutliche Einschränkung der Vitalkapazität fest. Dies entspricht dem erhobenen Befund, der mit
53.2 Ist/Soll um fast die Hälfte reduziert ist. Andererseits jedoch trat unter Belastung eine deutliche Besserung der in
Ruhe erhobenen Werte auf. Es trat entsprechend den von Prof. Dr. L ... erhobenen Befunden eine
Vitalkapazitätserhöhung um das Doppelte auf. Der Senat hält daher die Einschätzung von Prof. Dr. L ..., dass die
Ruhewerte nicht als real einzuschätzen seien, für schlüssig. Ausgehend von den im Rahmen der forcierten
Vitalkapazität erhobenen Befunden einerseits, die mit gemessenen Werten von 80.9 (FVC) und 72.4 (FEV 1) Ist/Soll
weniger als ein Drittel von Normalmesswerten abweichen. Andererseits beim Kläger nach Belastung eine leichte
respiratorische Partialinsuffizienz auftrat, hält der Senat die Einschätzung von Prof. Dr. L ..., dass beim Kläger eine
Lungenfunktionsstörung geringen Grades im oberen Bereich vorliegt, die einen GdB von 40, aber noch nicht von 50
rechtfertigt, im Einklang stehend mit den AHP. Dies steht in weitgehender Übereinstimmung mit dem Gutachten von
Herrn Dr. R ..., der beim Kläger lediglich eine geringgradig ausgeprägte restriktive Ventilationsstörung feststellte. Eine
Verschlechterung der Lungenfunktion seit der Untersuchung durch Prof. Dr. L ... wurde im Übrigen vom Kläger nicht
geltend gemacht. Zu weiteren medizinischen Ermittlungen sah sich der Senat daher nicht veranlasst.
Schließlich hat der Kläger auch keinen Anspruch auf Erhöhung der festgestellten MdE gemäß § 30 Abs. 2 BVG
wegen besonderer beruflicher Betroffenheit. Gemäß dieser Vorschrift ist die MdE höher zu bewerten, wenn der
Beschädigte durch die Art der Schädigungsfolgen in seinem vor der Schädigung ausgeübten oder begonnenen Beruf,
in seinem nachweisbar angestrebten oder in dem Beruf besonders betroffen ist, den er nach Eintritt der Schädigung
ausgeübt hat oder noch ausübt. Das ist besonders der Fall, wenn er
a) infolge der Schädigung wieder seinen bisher ausgeübten, begonnenen oder den nachweisbar angestrebten noch
einen sozial gleichwertigen Beruf ausüben kann,
b) zwar seinen vor der Schädigung ausgeübten oder begonnenen Beruf weiter ausübt oder den nachweisbar
angestrebten Beruf erreicht hat, in diesem Beruf durch die Art der Schädigungsfolgen aber an einem wesentlich
höheren Grade als im allgemeinen Erwerbsleben erwerbsgemindert ist, oder
c) infolge der Schädigung nachweisbar am weiteren Aufstieg in seinem Beruf gehindert ist.
Als Tatbestand der besonderen beruflichen Betroffenheit kommt allein § 30 Abs. 2 Satz 2 Buchstabe a) in Betracht.
Der Senat konnte es dahingestellt lassen, ob der Kläger aufgrund der Schädigungsfolgen gezwungen war, seinen
erlernten Beruf aufzugeben. Jedenfalls hat der Kläger als technischer Leiter einen zumindest sozialen gleichwertigen
Beruf aufgenommen. Weder lag der Beruf des technischen Leiters in der sozialen Einschätzung erheblich hinter dem
früher ausgeübten Beruf als Maurer noch ist erkennbar, dass der Kläger eine erhebliche finanzielle und wirtschaftliche
Einbuße hinnehmen musste. So betrug der Verdienst des Klägers im Jahre 1950 als technischer Leiter 3.655,71 DM.
Demgegenüber betrug in der ehemaligen DDR das Durchschnittseinkommen eines Facharbeiters in der Bauwirtschaft
2.604,00 DM, das eines Meisters 3.543,00 DM (vgl. Anlage 13, Anlage 14 Tabelle 11 zum Sechsten Buch
Sozialgesetzbuch -SGB IV-). Ein Rückgriff auf die Anlage 13/14 war nach Auffassung des Senats zur Ermittlung des
Vergleichseinkommens geboten, nachdem die sich aus Anlage 13 und 14 ergebenden Tabellenwerte auf in der
ehemaligen DDR seit 1950 erhobenen statistischen Angaben basieren und die im Beitrittsgebiet erzielten
Durchschnittsverdienste darstellen.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.