Urteil des LSG Sachsen vom 21.06.2010

LSG Fss: abstufung der beiträge, unternehmen, veranlagung, rechtspflege, tarif, unfallversicherung, beitragspflicht, arbeitsentgelt, daten, abgrenzung

Sächsisches Landessozialgericht
Urteil vom 21.06.2010 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Dresden S 5 U 336/07
Sächsisches Landessozialgericht L 2 U 137/08
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 10.06.2008 wird
zurückgewiesen.
II. Der Kläger trägt auch die Kosten des Rechtsstreits für das Berufungsverfahren.
III. Der Streitwert wird auf 15.000,00 EUR festgesetzt.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Veranlagung des Klägers zu dem ab 01.01.2007 geltenden Gefahrtarif der Beklagten.
Der Kläger betreibt eine Rechtsanwaltskanzlei als Gesellschaft des bürgerlichen Rechts und wurde mit seinen beiden
Mitgesellschaftern in das Unternehmensverzeichnis der Beklagten aufgenommen. Mit Bescheid vom 27.06.2001
veranlagte die Beklagte die Gesellschafter nach dem ab 01.01.2001 geltenden Gefahrtarif zur Unternehmensart
"Rechtsanwalt, Notar, Rechtsbeistand, Rentenberater" mit der Gefahrklasse 0,57.
Unter Hinweis auf ihren ab 01.01.2007 geltenden Gefahrtarif und mit weiteren Erläuterungen versehen nahm die
Beklagte mit Bescheid vom 27.06.2007 eine Veranlagung des Klägers zur Gefahrtarifstelle 08 der Unternehmensart
"Rechts- und Wirtschaftsberatende Unternehmen, Organ der Rechtspflege" mit der Gefahrklasse 0,44 vor. Hiergegen
richtete sich der Widerspruch des Klägers. Der Gefahrtarif sei wegen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz
rechtswidrig. Durch den Gefahrtarif werde eine nicht nachzuvollziehende Differenzierung vorgenommen, da
insbesondere nicht zu erkennen sei, wieso er als Organ der Rechtspflege einer höheren Gefahrklasse zugeordnet
werde als Finanzdienstleister oder Unternehmen für Kommunikationsdienstleistungen oder Leasingunternehmen. Für
die Bildung eines Gefahrtarifs sei nicht auf die Art und den Gegenstand eines Unternehmens abzustellen. Vielmehr
seien die Gefährdungsrisiken maßgebend. Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid
vom 19.11.2007 zurück. Ihr Gefahrtarif sei als Gewerbezweigtarif ausgestaltet und fasse die Risiken bei allen
Arbeitstätigkeiten innerhalb der einzelnen Gewerbezweige zu Gefahrgemeinschaften zusammen. Dabei sei nach
ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) die Gefahrklasse nicht nach einer abstrakten Gefahr zu
bilden, sondern aufgrund der tatsächlichen Unfalllast des jeweiligen Gewerbezweigs. Ein Unternehmen
"Rechtsanwaltskanzlei" sei der Unternehmensart "Rechts- und Wirtschaftsberatendes Unternehmen, Organ der
Rechtspflege" zuzuordnen.
Der Kläger hat sein Begehren mit der am 18.12.2007 zum Sozialgericht Dresden (SG) erhobenen Klage weiter
verfolgt. Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 10.06.2008 abgewiesen. Die von der Beklagten
vorgenommene Zuordnung des Klägers zur Gefahrtarifstelle 08 mit der Gefahrklasse 0,44 sei rechtmäßig. In dieser
Unternehmensart würden Notare, Patentanwälte, Buchführungen, Buchprüfungen, Gerichtsvollzieher u. ä.
Unternehmen veranlagt. Auch wenn es hierbei unterschiedliche Gefährdungslagen geben sollte, sei es als Folge der
bei der Tarifbildung notwendigen Typisierung hinzunehmen, dass möglicherweise einzelne von ihnen stärker mit
Beiträgen belastet würden, als es ihrem tatsächlichen Gefährdungsrisiko entspreche. Zudem sei der Solidarausgleich
innerhalb des gesamten Systems der gewerblichen Berufsgenossenschaften auf den verschiedenen Ebenen zu
beachten, der vom Ausgleich innerhalb der Gefahrtarifstellen bis zum Ausgleich zwischen den
Berufsgenossenschaften reiche. Die Veranlagung des Klägers in die Gefahrtarifstelle 08 mit der Gefahrklasse 0,44 sei
im Übrigen niedriger als die Gefahrklassen, zu denen der Kläger bis zum 31.12.2006 veranlagt worden sei. Ein
Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Artikels 3 Abs. 1 Grundgesetz liege nicht vor.
Gegen den dem Kläger am 28.07.2008 zugestellten Gerichtsbescheid hat er am 26.08.2008 beim Sächsischen
Landessozialgericht Berufung eingelegt. Der Gefahrtarif der Beklagten entspreche nicht den gesetzlichen Vorgaben.
Der Betrieb einer inhabergeführten Rechtsanwaltskanzlei sei nicht schadensträchtiger als der Betrieb eines
Leasingunternehmens, eines Unternehmens für Informations- und Kommunikationsdienstleistungen oder
Finanzdienstleistungsinstituten. Zudem sei der Betrieb einer inhabergeführten Rechtsanwaltskanzlei nicht vergleichbar
mit weltweit organisierten Rechtsanwaltsgesellschaften oder Insolvenzverwaltungs- und/oder
Wirtschaftsprüfungsunternehmen.
Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 10.06.2008 und den Bescheid der
Beklagten vom 27.06.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.11.2007 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie erachtet den erstinstanzlichen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Dem Senat liegen die Verfahrensakten beider Instanzen sowie die Verwaltungsakte der Beklagten vor. Ihr Inhalt war
Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Zu Recht hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 10.06.2008
die Klage abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 27.06.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
19.11.2007 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten.
1. Die Beklagte hat die Veranlagung des Klägers rechtmäßig vorgenommen. Gemäß § 157 Abs. 1 Siebtes Buch
Sozialgesetzbuch (SGB VII) in der zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Bescheide geltenden Fassung setzt der
Unfallversicherungsträger als autonomes Recht einen Gefahrtarif fest. In dem Gefahrtarif sind zur Abstufung der
Beiträge Gefahrklassen festzustellen. Gemäß § 157 Abs. 2 SGB VII in der maßgeblichen Fassung wird der
Gefahrtarif nach Tarifstellen gegliedert, in denen Gefahrgemeinschaften nach Gefährdungsrisiken unter
Berücksichtigung eines versicherungsmäßigen Risikoausgleichs gebildet werden. Nach § 159 Abs. 1 Satz 1 SGB VII
in der genannten Fassung veranlagt der Unfallversicherungsträger die Unternehmen für die Tarifzeit nach dem
Gefahrtarif zu den Gefahrklassen.
a) Die von den Unternehmern aufzubringenden Beiträge berechnen sich gem. §§ 153 Abs. 1, 157 Abs. 1 Satz 2 SGB
VII in der maßgeblichen Fassung nach dem Finanzbedarf der Berufsgenossenschaft, den Arbeitsentgelten der
Versicherten und dem in der Gefahrklasse zum Ausdruck kommenden Grad der Unfallgefahr in den Unternehmen. Um
eine Abstufung der Beiträge nach dem Grad der Unfallgefahr zu ermöglichen, muss jede Berufsgenossenschaft einen
Gefahrtarif aufstellen und diesen nach Tarifstellen gliedern, denen jeweils eine aus dem Verhältnis der gezahlten
Leistungen zu den Arbeitsentgelten errechnete Gefahrklasse zugeordnet ist. In den Tarifstellen sind gem. § 157 Abs.
1 bis 3 SGB VII unter Berücksichtigung eines versicherungsmäßigen Risikoausgleichs Gruppen von Unternehmen
oder Tätigkeitsbereiche mit gleichen oder ähnlichen Gefährdungsrisiken zu Gefahrengemeinschaften
zusammenzufassen (BSG, Urteil vom 05.07.2005 – B 2 U 32/03 R –, zitiert nach JURIS; BSG, Urteil vom 21.03.2006
– B 2 U 2/05 R –, zitiert nach JURIS).
Die Beklagte hat diese gesetzlichen Vorgaben in ihrem am 01.01.2007 in Kraft getretenen Gefahrtarif in der Weise
umgesetzt, dass sie als Anknüpfungspunkt für die Bildung von Gefahrtarifstellen die Unternehmensarten gewählt hat.
Ein solcher Tarif basiert auf der Erkenntnis, dass technologisch artverwandte Unternehmen gleiche oder ähnliche
Unfallrisiken aufweisen und die Unternehmensart deshalb eine geeignete Grundlage für die Bildung möglichst
homogener Gefahrgemeinschaften darstellt. Die Risikobewertung nach diesem Prinzip ist damit im Grundsatz mit den
Zielvorstellungen und Wertentscheidungen des Gesetzes und der Verfassung vereinbar (BSG, Urteil vom 05.07.2005,
a. a. O., Rdnr. 25; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24.03.2010 – L 2 U 33/09 –, zitiert nach Juris, Rdnrn. 9 ff, 26
ff). Das setzt allerdings eine sachgerechte Abgrenzung der Unternehmensarten und ihre konkrete Zuordnung zu den
Gefahrtarifstellen voraus.
Die Abstufung der Beiträge nach dem Grad der Unfallgefahr ist Ausdruck des Versicherungsprinzips, das im
Beitragsrecht der gesetzlichen Unfallversicherung konsequenter als in anderen Zweigen der Sozialversicherung
verwirklicht ist. Die Veranlagung nach Gefahrklassen soll eine möglichst gerechte Verteilung der Unfalllast auf die
Beitragspflichtigen gewährleisten (Bundesverfassungsgericht – BVerfG –, Beschluss vom 04.03.1982 – 1 BvR 34/82
–, SozR 2200 § 734 Nr. 2). Sie muss sich deshalb an den Anforderungen des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art.
3 Abs. 1 Grundgesetz messen lassen. Für einen an dem Begriff der Unternehmensart orientierten Tarif bedeutet das,
dass nicht nur die zu einer Tarifstelle gehörenden Unternehmensarten, sondern grundsätzlich auch die die
Unternehmensart bildenden Unternehmen untereinander hinsichtlich der Unfallgefahren vergleichbar sein müssen. Die
Unternehmensarten müssen im Rahmen des Möglichen zugeschnitten und voneinander abgegrenzt werden, dass
diesem Gebot Rechnung getragen wird.
Anknüpfungspunkt für die Definition und den Zuschnitt von Unternehmensarten sind Art und Gegenstand der zu
veranlagenden Unternehmen. Da ein unternehmensartorientierter Gefahrtarif seine Rechtfertigung aus der
Gleichartigkeit der Unfallrisiken und Präventionserfordernisse bei technologisch verwandten Betrieben bezieht, kommt
es für die Bildung der Unternehmensarten und die Zuordnung zu ihnen entscheidend auf die in der jeweiligen
Unternehmensart anzutreffenden Arbeitsbedingungen an, die ihrerseits durch die hergestellten Erzeugnisse, die
Produktionsweise, die verwendeten Werkstoffe, die eingesetzten Maschinen und sonstigen Betriebseinrichtungen
sowie die gesamte Arbeitsumgebung geprägt werden. Dabei darf sich die Betrachtung nicht auf einzelne für oder
gegen eine Vergleichbarkeit sprechende Gesichtspunkte beschränken, sondern muss alle das Gefährdungsrisiko
beeinflussenden Faktoren einbeziehen (BSG, Urteil vom 05.07.2005, a. a. O., Rdnrn. 26 ff.).
Das BSG hat im Urteil vom 24.06.2003 (BSGE 91, 128) zur Veranlagung von Unternehmen der gewerbsmäßigen
Arbeitnehmerüberlassung darauf hingewiesen, dass die Gliederung der Unternehmensarten nach dem klassischen
Technologieprinzip, also in Anknüpfung an die Art der erzeugten Güter und die Art und Weise ihrer Herstellung oder
Bearbeitung, in der modernen Dienstleistungsgesellschaft zunehmend an Bedeutung verliert und dass deshalb für eine
sachgerechte Abgrenzung auch andere Merkmale wie einschlägige berufsrechtliche Regelungen oder bestehende
verbandsorganisatorische Strukturen herangezogen werden können. Dennoch bleiben auch unter den veränderten
Bedingungen der heutigen Berufs- und Arbeitswelt für den Zuschnitt der Unternehmensarten in erster Linie Art und
Gegenstand des Unternehmens maßgebend, da sie den zuverlässigsten Aufschluss über die Unfallgefahren in den
Unternehmen geben. Namentlich bei heterogen zusammengesetzten Unternehmensarten muss aber geprüft werden,
ob die nach technologischen Gesichtspunkten vorgenommene Zuordnung und die daran anknüpfende Vermutung einer
gemeinsamen unternehmensarttypischen Unfallgefahr die tatsächliche Risikosituation in den betroffenen Unternehmen
zutreffend widerspiegelt. Ergibt sich, dass bei einer bestimmten Art von Unternehmen ein vom Durchschnitt der
Unternehmensart erheblich abweichendes Gefährdungsrisiko besteht, kann daraus ein Anspruch auf
Verselbstständigung als eigene Unternehmensart oder auf Zuteilung zu einer anderen "passenderen" Unternehmensart
folgen (BSG, Urteil vom 05.07.2009, a. a. O., Rdnr. 28).
Indessen sind den Bestrebungen nach Differenzierung und Berücksichtigung des individuellen Gefährdungsrisikos bei
der Bildung von Unternehmensarten Grenzen gesetzt, die sich aus der Funktion und der Systematik eines
Gefahrtarifs ergeben (BVerfG, Beschluss vom 04.03.1982 – 1 BvR 34/82 –, SozR 2200 § 734 Nr. 2). Eine
Unternehmensart kann nur dann eigenständig geführt werden, wenn die zugehörigen Betriebe und Einrichtungen
zusammengenommen eine Größenordnung erreichen, bei der sich eine gewerbetypische Unfalllast nach
versicherungsmathematischen Grundsätzen (vgl. § 157 Abs. 2 Satz 1 SGB VII) berechnen lässt. Ist das nicht der
Fall, müssen die in Rede stehenden Unternehmen einer der im Gefahrtarif der Berufsgenossenschaft ausgewiesenen
Unternehmensart zugeordnet werden. Nach der einem an der Unternehmensart orientierten Tarif innewohnenden Logik
kommen dafür aber nur solche Unternehmensarten in Betracht, die technologisch verwandte Unternehmensarten
beherbergen. Eine Zuordnung zu einer Unternehmensart ohne Berücksichtigung technologischer Zusammenhänge
allein nach der Größe des Unfallrisikos scheidet dagegen aus, weil damit das Unternehmensartprinzip aufgegeben und
die Systementscheidung für einen Unternehmensarttarif konterkariert würde.
Die Forderung eines Unternehmens, wegen eines erheblich abweichenden Grades der Unfallgefahr einer anderen
Unternehmensart zugeteilt zu werden, kann danach überhaupt nur mit Aussicht auf Erfolg erhoben werden, wenn der
Gefahrtarif der Berufsgenossenschaft mehrere für das betreffende Unternehmen in Betracht kommende
Unternehmensarten ausweist und unklar ist, welchem von ihnen sie nach Art und Gegenstand zuzurechnen ist. Steht
dagegen die nach technologischen Kriterien richtige Zuordnung fest, kann die Zugehörigkeit zu einer Unternehmensart
nicht mit dem Hinweis auf eine unterschiedliche Belastungssituation infrage gestellt werden. Die Bildung von
Gefahrklassen nach dem an der Unternehmensart orientierten Prinzip hat zur zwangsläufigen Folge, dass es innerhalb
der Unternehmensarten nicht nur unternehmensarttypische, sondern auch vom Durchschnitt der Gruppe mehr oder
weniger deutlich abweichende Unternehmen gibt. Dass alle der jeweiligen Unternehmensart zugehörigen Betriebe und
Einrichtungen trotz unterschiedlicher Gefährdungslagen zur selben Gefahrklasse veranlagt und deshalb einzelne von
ihnen stärker mit Beiträgen belastet werden als es ihrem tatsächlichen Gefährdungsrisiko entsprechen würde, ist als
Folge der bei der Tarifbildung notwendigen Typisierung hinzunehmen (BVerfG, a. a. O.; BSG, Urteil vom 05.07.2005,
a. a. O., Rdnrn. 29 ff. m. w. N.).
b) Ausgehend von den dargestellten Grundsätzen ist die Zuordnung des Klägers zur Unternehmensart "Rechts- und
Wirtschaftsberatende Unternehmen, Organ der Rechtspflege" und darauf aufbauend die Veranlagung zur Tarifstelle 08
rechtlich nicht zu beanstanden (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24.03.2010 – L 2 U 33/09 –, zitiert nach JURIS,
Rdnr. 26; BSG, Urteil vom 09.05.2006 – B 2 U 34/05 R –, zitiert nach JURIS, Rdnrn. 32 ff.; LSG Baden-Württemberg,
Urteil vom 29.09.2005 – L 6 U 4639/03 –, zitiert nach JURIS, Rdnrn. 18 ff.; SG Dresden, Urteil vom 04.09.2003 – S 5
U 295/00 –, zitiert nach JURIS, Rdnr. 18). In der Tarifstelle 08 sind die Unternehmensarten "Rechts- und
wirtschaftsberatende Unternehmen" und "Organe der Rechtspflege" zusammengefasst worden. Es bestehen keine
Zweifel, dass der Kläger dieser Unternehmensart zuzuordnen ist. Sein Unternehmen stellt weder ein solches der
Finanzdienstleistung noch eines der Informations- und Kommunikationsdienstleistungen oder ein Leasingunternehmen
dar.
Darauf, wie die Tätigkeit ausgeübt wird, z.B. regional oder weltweit, kommt es nicht an, weil dies bloß
tätigkeitsbezogene Merkmale sind, die Veranlagung nach dem Gefahrtarif 2007 der Beklagten aber
unternehmensartbezogen zu erfolgen hat, die wiederum maßgeblich vom Ziel und Zweck der unternehmerischen
Tätigkeit bestimmt wird, welche vorliegend die Rechts- und Wirtschaftsberatung bzw. die Tätigkeit als Organ der
Rechtspflege sind. Ob die Zusammenfassung der verschiedenen rechts- und wirtschaftsberatenden Unternehmen und
Organe der Rechtspflege zu den jeweiligen Gefahrtarifstellen im Einzelfall immer sinnvoll ist und sachgerecht
erscheint, kann und darf wegen des weiten Regelungs- und Gestaltungsspielraums der Beklagten nicht Gegenstand
der gerichtlichen Überprüfung sein. Dafür, dass mit der Bildung der Gefahrtarifstelle 08 derart inhomogene
Gefährdungsrisiken in einer Gefahrtarifstelle zusammengefasst worden wären, dass dies unter Berücksichtigung des
Gebots, vergleichbare Gefährdungsrisiken zusammenzufassen, für die einzelne Unternehmensart nicht mehr
hinnehmbar wäre, bestehen vorliegend keine hinreichenden Anhaltspunkte.
Das Begehren des Klägers kann auch nicht sinnvoll dahingehend ausgelegt werden, dass er eine Veranlagung in der
gesonderten Unternehmensart "Rechtsanwälte, Notare, Rechtsbeistände, Rentenberater" begehrt, weil eine solche –
wie von der Vertreterin der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angesichts der durch die
Zusammenfassung der genannten Unternehmensart mit den Unternehmensarten "Steuerberatung, Wirtschaftsprüfung,
Buchprüfung, Buchführung", "Gerichtsvollzieher" und "Insolvenzverwalter, Zwangsverwalter" deutlich gesenkten
Gefahrklasse von 0,57 auf 0,44 im Vergleich zum Gefahrtarif 2001 schlüssig ausgeführt – eine höhere Gefahrklasse
nach sich ziehen würde.
Das LSG Berlin-Brandenburg hat mit Urteil vom 24.03.2010 – L 2 U 33/09 – (zitiert nach Juris -, Rdnrn. 27 ff.)
entschieden:
Tenor:
"Soweit die Kläger die Bildung der Gefahrklasse 0,44 deshalb für rechtswidrig halten, weil das Zahlenmaterial, das zu
ihrer Berechnung geführt habe, nicht nachvollziehbar sei, kann der Senat dem nicht folgen. Nach § 157 Abs. 3 SGB
VII werden die Gefahrklassen aus dem Verhältnis der gezahlten Leistungen zu den Arbeitsentgelten berechnet. Nach
der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, die bereits vom Sozialgericht zutreffend zitiert wurde, ist die
Bildung der Gefahrklassen kein bloßer Rechenakt, vielmehr spielen wertende Faktoren gerade bei der Bildung der in
der Gefahrtarifstelle zusammengefassten Unternehmensarten eine entscheidende Rolle, die wiederum Einfluss auf die
zu berücksichtigenden Rechenfaktoren Leistungen und Arbeitsentgelt haben Wenn die Kläger weiter bemängeln, dass
hinsichtlich der gewährten Leistungen und der berücksichtigten Arbeitsentgelte keine Unterlagen durch die Beklagte
vorgelegt worden seien, die die Richtigkeit dieser beiden Zahlen belegten, so ist auf die rechtliche und tatsächliche
Unmöglichkeit des klägerischen Begehrens hinzuweisen. Bei den berücksichtigten Arbeitsentgelten handelt es sich
um alle Entgelte, die alle in einer Unternehmensart zusammengefassten Betriebe im Beobachtungszeitraum von drei
Jahren an sämtliche Mitarbeiter im gesamten Gebiet der Bundesrepublik gezahlt haben. Es liegt auf der Hand, dass
die Beklagte die von den Unternehmen gemeldeten Entgelte weder insgesamt prüfen noch sonst die Gewähr dafür
übernehmen kann, dass diese fehlerfrei gemeldet wurden. Unrichtigkeiten der Meldungen dürften vielfältige Ursachen
haben, von einfachen Anwendungsfehlern der Unternehmen bis zu betrügerischer Absicht hin. Um Missbrauch
entgegenzuwirken, hat die Beklagte deshalb einen effektiven Prüfdienst zu organisieren, der die Richtigkeit der
gemeldeten Daten stichprobenartig auf Plausibilität kontrolliert und ggf. Betriebsprüfungen durchführt. Deshalb gilt,
dass nicht jeder Fehler bei der Aufteilung der Lohnsummen oder Unfalllasten Beachtung finden kann, andererseits das
Zahlenmaterial gesichert sein muss (vgl. so Urteil des erkennenden Senats vom 19. März 2008, Az.: L 31 U 475/08
mit Hinweis auf die einschlägige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts). Vorliegend ist nicht im Ansatz
ersichtlich oder vorgetragen, dass die Beklagte ihre so verstandene Pflicht zur Vorlage nachvollziehbarer Daten
verletzt hat. Mit In-Kraft-Treten des Gefahrtarifs 2007 hat sich die Gefahrklasse für Rechtsanwaltskanzleien von 0,57
auf 0,44 verringert, die Kläger sind zur drittniedrigsten Gefahrklasse dieses Gefahrtarifs veranlagt worden. Warum dies
ermessensfehlerhaft, unverhältnismäßig und unbillig sein soll, ist nicht ersichtlich. Warum die Kläger dieser
Auffassung sind, haben sie nicht dargelegt. Es ist bei der bloßen Rechtsbehauptung geblieben, die der Senat nicht zu
teilen vermag. An keiner Stelle ihres Vortrags haben die Kläger deutlich gemacht, warum eine Beitragslast von etwa
0,3 Prozent des Bruttoarbeitsentgeltes unbillig und unverhältnismäßig sein soll (Beitragslast im Jahre 2006: 1.069,91
Euro bei einem Entgelt von 392.540 Euro; Beitragslast im Jahre 2007 1.106,36 Euro bei einem Arbeitsentgelt von
515.954 Euro; Beitragslast im Jahre 2008 1.064,41 Euro bei einem Entgelt von 501.819 Euro)."
Diesen Ausführungen schließt sich der Senat nach eigener Prüfung an.
2. Die Bestimmungen des SGB VII über die Versicherungs- und Beitragspflicht in der gesetzlichen Unfallversicherung
sowie die konkrete Beitragspflicht des Klägers stehen im Einklang mit dem Grundgesetz und dem Europäischen
Recht (BSG, Urteil vom 09.05.2006 – B 2 U 34/05 R –, zitiert nach JURIS, Rdnrn. 24 ff.; LSG Berlin-Brandenburg,
a.a.O.).
3. Der Streitwert war auf 15.000,00 EUR festzusetzen. In sozialgerichtlichen Verfahren, in denen in einem Rechtszug
weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören, werden nach § 197a Abs. 1
Satz 1 SGG Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes (GKG) erhoben, wenn die Klage nach dem
01.01.2002 rechtshängig geworden ist (BSG SozR 3-2500 § 116 Nr. 24). Da keiner der Beteiligten hier die
Voraussetzung des § 183 SGG erfüllt, sind die Kosten nach den Vorschriften des GKG zu erheben.
Nach § 52 Abs. 1 GKG in der ab 01.07.2004 geltenden Fassung des Art. 1 des
Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 05.05.2004 (BGBl. I S. 718), die hier gemäß § 72 Nr. 1 GKG anzuwenden
ist, weil die Berufung nach dem 01.07.2004 eingelegt worden ist, ist in Verfahren vor den Gerichten der
Sozialgerichtsbarkeit der Streitwert, soweit nichts anderes bestimmt ist, nach der sich aus dem Antrag des Klägers
für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Betrifft der Antrag eine bezifferte
Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, ist – bis zur Obergrenze von 2.500.000,00 EUR (§ 52
Abs. 4 GKG) – deren Höhe maßgeblich (§ 52 Abs. 3 GKG). Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des
Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist gemäß § 52 Abs. 2 GKG ein Streitwert von 5.000,00 EUR
("Auffangstreitwert") anzunehmen.
Bei dem Streit über die richtige Veranlagung eines Unternehmens zu den im Gefahrtarif der Berufsgenossenschaft
ausgewiesenen Gefahrklassen geht es um ein Berechnungselement für den während der Tarifzeit von maximal sechs
Jahren zu entrichtenden Unfallversicherungsbeitrag, ohne dass sich das damit verbundene wirtschaftliche Interesse
des beitragspflichtigen Unternehmers beitragsmäßig beziffern ließe. Der Senat orientiert sich der Rechtsprechung des
BSG folgend bei derartigen Grundlagenentscheidungen, die für das Versicherungsverhältnis zwischen den Beteiligten
längerfristige Bedeutung haben, an dem zu erwartenden Jahresbeitrag und der zu erwartenden Beitragsdifferenz und
legt je nach Streitgegenstand diesen Betrag oder ein Mehrfaches davon zu Grunde. Wegen des erheblichen Gewichts
solcher Entscheidungen darf dabei ein Mindestbetrag nicht unterschritten werden, dessen Höhe wiederum abhängig
vom Streitgegenstand zu bestimmen ist. Für die Zuständigkeitsstreitigkeiten, in denen es um die Mitgliedschaft bei
einem bestimmten Unfallversicherungsträger geht, hat das BSG den Streitwert in Anwendung der genannten
Grundsätze auf das Dreifache des bei dem bisherigen Unfallversicherungsträger angefallenen Jahresbeitrags,
mindestens jedoch den vierfachen Auffangstreitwert aus § 52 Abs. 2 GKG (20.000,00 EUR) beziffert (BSG,
Beschluss vom 28.02.2006 – B 2 U 31/02 R). Der hier zu beurteilende Veranlagungsstreit hat für das betroffene
Unternehmen zwar nicht dieselbe umfassende Bedeutung, ist wirtschaftlich gesehen aber ebenfalls von erheblichem
Gewicht. Das BSG hält deshalb für derartige Fälle einen Streitwert in Höhe des Doppelten der streitigen
Beitragsdifferenz, mindestens jedoch in Höhe des dreifachen Auffangstreitwertes (15.000,00 EUR) für angemessen
(BSG, Beschluss vom 30.11.2006 – B 2 U 410/05 B –). Daher war der Streitwert vorliegend auf 15.000,00 EUR
festzusetzen.
Nach alledem war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
4. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 193 SGG. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.
2 SGG liegen nicht vor.