Urteil des LSG Sachsen vom 04.09.2001
LSG Fss: berufliche tätigkeit, innere medizin, vorübergehende arbeitsunfähigkeit, zumutbare tätigkeit, wechsel, rente, erwerbsfähigkeit, arbeitsmarkt, anschlussberufung, erwerbsunfähigkeit
Sächsisches Landessozialgericht
Urteil vom 04.09.2001 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Leipzig S 7 RJ 755/98
Sächsisches Landessozialgericht L 5 RJ 62/00
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 25. November 1999 abgeändert und
die Klage abgewiesen. II. Die Anschlussberufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 25.
November 1999 wird zurückgewiesen. III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. IV. Die Revision wird nicht
zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Die am ... geborene Klägerin absolvierte in der Zeit von Juni 1966 bis Dezember 1968 eine Teilberufsausbildung als
Gärtnerin und war anschließend bis Januar 1971 in dem erlernten Beruf tätig. Von Februar 1973 bis Mai 1993 arbeitete
sie als Zeitungs- und Briefzustellerin. Nach zwischenzeitlicher Arbeitslosigkeit war sie von September 1996 bis
August 1997 als Reinigungskraft beschäftigt. Seither ist sie arbeitslos bzw. arbeitsunfähig und bezieht Leistungen der
Bundesanstalt für Arbeit bzw. Krankengeld.
Die Klägerin, die bereits am 12. Dezember 1994 erfolglos einen Rentenantrag gestellt hatte, beantragte am 19. August
1997 wegen Halswirbelsäulenbeschwerden erneut die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Im Verwaltungsverfahren lagen der Beklagten vor:
- der Entlassungsbericht der Reha-Klinik D ... H ... vom 24. Mai 1996 über eine stationäre Rehabiliation vom 23. April
bis zum 21. Mai 1996 (Diagnosen: Zervikobrachialgie, Cervikocephalgie, Stressinkontinenz 1. Grades, Hypotonie -
vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Arbeiten im Wechsel zwischen Sitzen und Stehen bzw. Gehen ohne
häufiges Bücken, Heben, Tragen, Bewegen von Lasten), - der Befundbericht des Facharztes für Chirurgie K ... vom
21. August 1997, - der Entlassungsbericht der Reha-Klinik D ... H ... vom 30. Januar 1998 über eine stationäre
Rehabilitation (Anschlussheilbehandlung) vom 31. Dezember 1997 bis zum 28. Januar 1998 (Diagnose:
Cervicobrachialgie bds. bei operativ behandeltem medialem Discusprolaps C5/6 - vollschichtiges Leistungsvermögen
für leichte bis mittelschwere Arbeiten im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen ohne ständiges Heben, Tragen
und Bewegen schwerer Lasten, ohne ständige Überkopfarbeiten und ohne ständige Erschütterungen).
Mit Bescheid vom 05. März 1998 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit
unter Verweis auf ein vollschichtiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ab.
Auf den Widerspruch vom 30. März 1998 holte die Beklagte Gutachten der Fachärztin für Orthopädie Dr. Sch ... vom
17. September 1998 (Diagnosen: chronisches Cervikobrachialsyndrom rechts mit motorischer Schwäche rechter Arm
bei Zustand nach Fusion C5/6 bei Bandscheibenprolaps, chronisches lumbales Schmerzsyndrom bei ausgeprägter
Bandscheibendegeneration L5/S1, initiale Coxarthrose rechts bei Dysplasiehüfte, Rumpfmuskelinsuffizienz - halb- bis
unter vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte körperliche Tätigkeiten im Wechsel von Sitzen, Gehen und
Stehen mit weiteren Einschränkungen) und der Fachärztin für Innere Medizin Dr. St ... vom 02. Oktober 1998
(Diagnosen: Cervicocranialsyndrom und geringes Cervicobrachialsyndrom bei Zustand nach Bandscheibenoperation
C5/6 12/97, Meralgia parästhica rechts bei chronischem Lumbalsyndrom - vollschichtiges Leistungsvermögen für
leichte und mittelschwere Arbeiten im Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen, ohne besonderen Zeitdruck, ohne
häufiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten, ohne Überkopfarbeit) ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 26.
November 1998 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Mit den bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen
könne die Klägerin nach den sozialmedizinischen Feststellungen zwar nicht mehr als Reinigungskraft tätig sein. Sie
sei jedoch in der Lage, vollschichtig leichte und außerdem mittelschwere Arbeiten mit Unterbrechung, mit wechselnder
Arbeitshaltung, ohne besonderen Zeitdruck, ohne volle Gebrauchsfähigkeit beider Hände sowie ohne Überkopfarbeiten
auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten. Die ihrem beruflichen Werdegang nach der Gruppe der angelernten
Arbeiter zuzuordnende Klägerin sei daher weder berufs- noch erwerbsunfähig.
Auf die am 15. Dezember 1998 erhobene Klage, zu deren Begründung die Klägerin auf starke Beeinträchtigungen und
Schmerzen im Bereich der Halswirbelsäule, des Rückens und der Hüfte verwiesen hat, hat das Sozialgericht Leipzig
(SG) einen Befundbericht des Facharztes für Chirurgie K ... vom 18. Mai 1999 eingeholt. Ferner hat das SG den
Facharzt für Chirurgie Medizinalrat Dr. M ... mit der Erstattung eines (Termins-)Gutachtens beauftragt. Medizinalrat
Dr. M ... hat in seinem nach ambulanter Untersuchung erstatteten Gutachten vom 25. November 1999 festgestellt, bei
der Klägerin läge ein rechtsbetontes C6-Wurzelkompressionssyndrom bei medialem Bandscheibenvorfall C5/C6 vor.
Wegen neurologischer Ausfälle sei deswegen eine Operation des Bandscheibenvorfalls C5/C6 am 03. Dezember 1997
notwendig geworden. Aktuell bestehe eine motorische Schwäche des rechten Armes nach Fusion der Halswirbelsäule
bei C5/6. Weiterhin sei ein Lumbalsyndrom bei Bandscheibendegeneration L5/S1 sowie eine Dysplasiehüfte rechts
festzustellen. Die Klägerin sei in der Lage, leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten im Wechsel von Sitzen,
Stehen und Gehen halb- bis unter vollschichtig zu verrichten. Diese Feststellung begründe sich aus den bestehenden
Krankheitsbildern. Dem Rentengutachten, in dem von einem vollschichtigen Leistungsvermögen ausgegangen werde,
könne nicht gefolgt werden. In ihm sei nicht dem Umstand Rechnung getragen, dass Bandscheibenvorfälle an der
Halswirbelsäule aufgrund ihrer Lokalisation Funktionsminderungen an den oberen Extremitäten zur Folge hätten, die
nicht ohne weiteres zu kompensieren sein, auch nicht durch einen so genannten Gewöhnungseffekt. Die Feinmotorik
und Greiffunktion der Hände sei nicht zu imitieren. Insofern sei ein Gleichsetzen von Bandscheibenvorfällen an der
HWS mit denen an der LWS aufgrund ihrer Wertigkeit nicht möglich. Insofern sei nach fast erfolglos durchgeführter
Operation nicht mit einer Befundbesserung zu rechnen und damit werde eine vollschichtige Erwerbstätigkeit
voraussichtlich nicht erreicht werden können.
Mit Urteil vom 25. November 1999 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 05. März 1998 in
der Form des Widerspruchsbescheides vom 26. November 1998 verurteilt, der Klägerin für die Zeit vom 01. März
1998 bis zum 28. Februar 2001 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu gewähren. Die Klägerin sei erwerbsunfähig, da sie
auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur noch unter vollschichtig einsatzfähig sei, d. h. nur noch Teilzeitarbeit verrichten
könne und der Teilzeitarbeitsmarkt verschlossen sei. Dies sei bei der Klägerin der Fall, wie aufgrund des am
Terminstage eingeholten medizinischen Sachverständigengutachtens feststehe.
Die Beklagte macht mit ihrer am 28. Februar 2000 beim Sächsischen Landessozialgericht eingelegten Berufung
geltend, das SG hätte sich nicht auf das Terminsgutachten von Dr. M ... stützen dürfen, da dieses Diagnosen zwar
erwähne, aber keine Befunde beschreibe und einer Anamnese sowie einer epikritischen Würdigung entbehre;
außerdem sei es nicht nachvollziehbar, wenn nach den medizinischen Ausführungen von Dr. M ... für die Klägerin
mittelschwere Arbeiten noch zu 30 % möglich sein sollten, jedoch nur ein unter vollschichtiges Leistungsvermögen für
leichte Tätigkeiten bestehen solle.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 25. November 1999 aufzuheben und die Klage vollumfänglich abzuweisen
sowie die Anschlussberufung der Klägerin zurückzuweisen.
Der Bevollmächtigte der Klägerin, der mit Schreiben vom 30. Mai 2001 Anschlussberufung eingelegt hat, beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen sowie die Beklagte zu verurteilen, auch über den 28. Februar 2001 hinaus
der Klägerin eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu gewähren.
Die Klägerin trägt vor, sie sei nicht nur wegen orthopädischer Erkrankungen sondern auch aufgrund von Beschwerden
auf internistischem Gebiet erwerbsunfähig.
Der Senat hat ein Gutachten von Prof. Dr. D ... vom 04. September 2000, einen Befundbericht der Hausärztin Dipl.-
Med. B ... vom 08. Dezember 2000 und des Facharztes für Chirurgie K ... vom 17. April 2001 eingeholt sowie
Epikrisen des Universitätsklinikums L ... vom 26. September 2000, vom 06. Oktober 2000 und vom 02. November
2000 beigezogen.
Dem Senat haben die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen. Im
Übrigen wird auf den gesamten Akteninhalt, insbesondere den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten, Bezug
genommen und verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist begründet, die Anschlussberufung der Klägerin dagegen unbegründet.
Zu Unrecht hat das Sozialgericht Leipzig (SG) die Beklagte zur Gewährung einer befristeten Rente wegen
Erwerbsunfähigkeit verurteilt, weil die Klägerin keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen verminderter
Erwerbsfähigkeit hat.
Die Klägerin ist weder berufsunfähig im Sinne des § 43 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) in der bis
zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (alte Fassung - a. F.) noch erwerbsunfähig im Sinne des § 44 Abs. 2
SGB VI a. F. und auch nicht voll oder teilweise erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Abs. 1 bzw. 2 SGB VI in der ab
dem 01. Januar 2001 geltenden Fassung (neue Fassung - n. F.).
Berufsunfähig sind nach § 43 Abs. 2 SGB VI a. F. Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder
Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit
ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach
denen die (Rest-)Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und
Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres
bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können.
Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige
Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Ausgangspunkt für die Prüfung der Berufsunfähigkeit ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
(BSG) der "bisherige Beruf", den der Versicherte ausgeübt hat (vgl. BSG, SozR 2200 § 1246 Nrn. 107, 169). In der
Regel ist dies die letzte nicht nur vorübergehende versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, von der auch
bei nur kurzfristiger Ausübung auszugehen ist, wenn sie zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben des
Versicherten gewesen ist (vgl. BSG, SozR 2200 § 1246 Nrn. 130, 164).
Es kann dahinstehen, ob als bisheriger Beruf der Klägerin die letzte versicherungspflichtige Beschäftigung als
Reinigungskraft oder die zuvor ausgeübte Tätigkeit als Briefzustellerin zugrunde zu legen ist (da die Klägerin die
Tätigkeit als Reinigungskraft während ihres ersten Rentenverfahrens aufgenommen und auch wieder aufgegeben hat,
könnte keine endgültige Lösung von dem zuvor ausgeübten Beruf einer Briefzustellerin vorliegen (vgl. BSG, SozR 3-
2600 § 45 Nr. 1): In beiden Berufen kann sie nach den überzeugenden Ausführungen in dem Gutachten von Prof. Dr.
D ... vom 14. September 2000 nicht mehr vollwertig arbeiten.
Dass die Klägerin weder als Reinigungskraft noch als Briefzustellerin vollwertig arbeiten kann, bedeutet jedoch noch
nicht, dass sie berufsunfähig ist. Berufsunfähig ist ein Versicherter nicht schon, wenn er seinen bisherigen Beruf nicht
mehr ausüben kann, sondern erst, wenn es nicht zumindest eine andere berufliche Tätigkeit gibt, die ihm sozial
zumutbar und für ihn sowohl gesundheitlich als auch fachlich geeignet ist.
Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufes. Um diese
Beurteilung zu erleichtern, hat das BSG in seiner Rechtsprechung die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt.
Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung gebildet worden, die Dauer und Umfang der Ausbildung für
die Qualität eines Berufes haben. Dementsprechend werden die Gruppen durch die Leitberufe des Vorarbeiters mit
Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter
Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger
Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters
charakterisiert (vgl. BSG, SozR 2200 § 1246 Nrn. 132, 138, 140). Die Einordnung eines bestimmten Berufes in dieses
Mehrstufenschema erfolgt aber nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung.
Ausschlaggebend hierfür ist vielmehr allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d. h. der aus einer Mehrzahl von
Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 43
Abs. 1 Satz 2 SGB VI a. F. genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung sowie des bisherigen Berufs,
besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird (vgl. BSG, SozR 3-2200 § 1246 Nrn. 27,
33). Grundsätzlich darf der Versicherte im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf die nächst niedrigere Gruppe
verwiesen werden (vgl. BSG, SozR 2200 § 1246 Nr. 143; SozR 3-2200 § 1246 Nr. 5).
Nach diesen Grundsätzen ist die Klägerin allenfalls der dritten Gruppe im Mehr-Stufen-Schema des BSG mit dem
Leitberuf des angelernten Arbeiters zuzuordnen. Selbst wenn als bisheriger Beruf der Klägerin nicht die zuletzt
ausgeübte ungelernte Tätigkeit als Reinigungskraft, sondern die frühere Beschäftigung als Briefzustellerin zugrunde
gelegt wird, kommt eine Zuordnung zu der zweiten Gruppe im Mehr-Stufen-Schema des BSG mit dem Leitberuf des
Facharbeiters nicht in Betracht. Denn die Klägerin hat nach ihren eigenen Angaben als Briefzustellerin weder eine
Ausbildung noch eine Prüfung absolviert, vielmehr war sie, nachdem sie von 1973 bis Februar 1991 als
Zeitungszustellerin gearbeitet hatte, nur knapp zwei Jahre, nämlich von März 1991 bis Mai 1993, als Briefzustellerin
tätig. Offen bleiben kann, ob die Klägerin mit dieser früheren Beschäftigung als Briefzustellerin dem oberen oder
unteren Bereich der Gruppe der angelernten Arbeiter zuzuordnen ist, da sie selbst als Angehörige des oberen
Bereichs der Gruppe der angelernten Arbeiter sozial zumutbar auf eine Tätigkeit als Pförtnerin verweisbar wäre.
Eine Tätigkeit als Pförtnerin ist der Klägerin auch gesundheitlich zumutbar. Nach den beigezogenen berufskundlichen
Unterlagen (Auszug aus dem Urteil des Senats in der Sache L 5 Ar 19/95) handelt es sich bei der Pförtnertätigkeit um
eine leichte Arbeit im Sitzen, bei welcher aber ab und zu aufgestanden und umhergegangen werden kann und die in
geschlossenen beheizten Räumen zu verrichten ist. Für derartige Tätigkeiten besitzt die Klägerin seit
Rentenantragstellung ein vollschichtiges Leistungsvermögen. Nach dem Gutachten von Prof. Dr. D ... vom 04.
September 2000 leidet sie auf orthopädischem Gebiet unter einem cervicalen vertebragenen pseudoradikulären
Postnukleotomiesyndrom nach interkorporeller Fusion C5/6, einem lokalen dorsolumbalen vertebragenen
Schmerzsyndrom sowie einer leichten Dysplasiecoxarthrose beiderseits. Die Halswirbelsäule ist in allen Ebenen leicht
bewegungseingeschränkt; es bestehen dabei Funktionsschmerzen. Die Reflexe an der oberen Extremität sind
seitengleich auslösbar. Motorisch besteht eine geringe Abschwächung der Kraft im gesamten rechten Arm sowie eine
leichte Hypästhesie des rechten Unterarms und der rechten Hand. Die Beweglichkeit der Brustwirbelsäule ist nur ganz
diskret eingeschränkt. Auch die Anteflexion der Lendenwirbelsäule ist frei; Reklination und Neigung sind leicht
eingeschränkt. Laségue und Pseudolaségue sind negativ. Motorik und Sensibilität an der unteren Extremität sind
intakt. Die globale Rumpfbeweglichkeit ist sehr gut. Die bisher eingetretenen sekundären degenerativen
Veränderungen an den Hüftgelenken sind gering. Schlüssig und nachvollziehbar ist Prof. Dr. D ... zu der Einschätzung
gelangt, dass die Klägerin orthopädischerseits in der Lage ist, leichte körperliche Arbeiten im Wechsel von Sitzen,
Stehen und Gehen in etwa zu gleichen Anteilen, jedoch auch bis zu 80 % im Sitzen, ohne Heben und Tragen von
Gewichten über 5 kg, ohne häufiges Bücken, ohne Tragen von Lasten auf der Schulter oder im Nacken, ohne Arbeiten
mit Kopf-in-Nackenposition, ohne ständige Fixierung auf ein sehr kleines Blickfeld (PC-Arbeitsplatz) vollschichtig zu
verrichten. Hinsichtlich der bei Erstattung seines Gutachtens noch nicht abgeschlossenen Diagnostik wegen
Verdachts auf Phäochromozytom ist Prof. Dr. D ... des Weiteren zu der Einschätzung gelangt, dass wegen der mit
dieser Erkrankung verbundenen hypertensiven Kreislaufdysregulation des Weiteren Arbeiten auf Leitern und Gerüsten
sowie Arbeiten am Fließband und an offenen Maschinen zu vermeiden sind. Wie aus der Epikrise des
Universitätsklinikums L ... vom 06. Oktober 2000 hervorgeht, konnte während eines stationären Aufenthalts der
Klägerin vom 18. Juli bis 15. August 2000 trotz eingehendster Diagnostik ein Phäochromozytom nicht eindeutig
diagnostiziert werden. Durch medikamentöse Optimierung konnte aber die Führung des Blutdrucks der Klägerin, die
aufgrund einer hypertensiven Krise in das Krankenhaus eingewiesen worden war, verbessert werden. Dies wird auch
durch den Befundbericht der Hausärztin Dipl.-Med. B ... bestätigt, die für die Zeit von August bis Dezember 2000
Blutdruckwerte angibt, die einer Grenzwerthypertonie entsprechen. Vor dem Hintergrund des Ergebnisses der
Untersuchung des Phäochromozytom-Verdachts und der Behandlung des Bluthochdrucks hat sich die Einholung
eines internistischen Gutachtens erübrigt. Auch die Adhäsionsbeschwerden nach abdominellen Operationen, über die
im Befundbericht der Hausärztin Dipl.-Med. B ... und in Epikrisen des Universitätsklinikums L ... vom 26. September
2000 und 02. November 2000 berichtet wird, boten keinen Anlass für weitere Ermittlungen, da aus ihnen allenfalls
vorübergehende Arbeitsunfähigkeit, nicht aber dauerhafte Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit resultieren. Nach
Überzeugung des Senats, der dem vom SG eingeholten Terminsgutachten von Dr. M ... vom 25. November 1999
schon wegen der darin fehlenden Angabe der Untersuchungsbefunde nicht zu folgen vermochte, ist die Klägerin
vollschichtig einsatzfähig für körperlich leichte Arbeiten im Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen, aber auch mit bis
zu 80 % Sitzen sowie unter den vorgenannten weiteren Einschränkungen. Mit einem derartigen Leistungsvermögen ist
ein vollschichtiger Einsatz als Pförtnerin möglich. Das von Prof. Dr. D ... in seinem Gutachten vom 14. September
2000 umschriebene Leistungsbild schließt entgegen der Auffassung der Klägerin gerade nicht einen vollschichtigen
Einsatz als Pförtnerin aus. Denn nach dem in diesem Gutachten beschriebenen Leistungsbild kann die Klägerin auch
überwiegend sitzende, nämlich bis zu 80 % im Sitzen zu verrichtende, Tätigkeiten vollschichtig verrichten. Um eine
derartige überwiegend im Sitzen zu verrichtende Tätigkeit handelt es sich aber nach den beigezogenen
berufskundlichen Unterlagen bei der Tätigkeit einer Pförtnerin.
Kann die Klägerin somit jedenfalls auf die Tätigkeit einer Pförtnerin - für die auf dem Arbeitsmarkt auch in
ausreichender Zahl Arbeitsplätze vorhanden sind - sozial und gesundheitlich zumutbar verwiesen werden, so ist sie
nicht berufsunfähig im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI a. F.
Die Klägerin ist aber nicht nur nicht berufsunfähig. Aufgrund ihrer vollschichtigen Einsatzfähigkeit für körperlich leichte
Arbeiten und mangels Vorliegens von Leistungseinschränkungen, die es ihr trotz vollschichtiger Einsatzfähigkeit
unmöglich machten, eine geeignete Erwerbstätigkeit aufzunehmen (vgl. zu diesen Fällen Großer Senat des BSG,
SozR 3-2600 § 44 Nr. 8), liegen bei ihr auch - und erst recht - die erheblich strengeren Voraussetzungen von
Erwerbsunfähigkeit im Sinne des § 44 Abs. 2 SGB VI a. F. nicht vor. Da die Klägerin auch über den 31. Dezember
2000 hinaus vollschichtig, d. h. acht Stunden täglich, einsatzfähig für körperlich leichte Arbeiten ist, sind bei ihr die
Voraussetzungen voller oder teilweiser Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 bzw. 2 SGB VI n. F. nicht erfüllt.
Die Anwendung der §§ 43, 44 SGB VI a. F. resultiert aus der Rentenantragstellung im August 1997 (vgl. § 300 Abs. 2
SGB VI).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen für die Zulassung nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG
nicht vorliegen.