Urteil des LSG Sachsen vom 30.10.2008

LSG Fss: arbeitslosenhilfe, arbeitsentgelt, pauschal, form, bemessungszeitraum, ausnahme, zwischenbeschäftigung, streichung, verfassungsrecht, gefahr

Sächsisches Landessozialgericht
Urteil vom 30.10.2008 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Chemnitz S 6 AL 583/04
Sächsisches Landessozialgericht L 3 AL 66/07
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 05.10.2006 aufgehoben und die
Klage abgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. III. Die Revision wird
nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe von Arbeitslosengeld.
Die 1942 geborene Klägerin bezog bis zur Erschöpfung ihres Anspruchs am 19. Februar 2000 Arbeitslosengeld und
anschließend ab dem 20. Februar 2000 Anschlussarbeitslosenhilfe, jeweils nach einem gerundeten
Bemessungsentgelt von 810,00 DM. Vom 15. Mai 2000 bis zum 14. Mai 2002 war sie in einer
Arbeitsbeschaffungsmaßnahme tätig. Im Zeitraum vom 15. Mai 2001 bis zum 14. Mai 2002 erhielt die Klägerin ein
Bruttoarbeitsentgelt einschließlich Weihnachts- und Urlaubsgeld in Höhe von 24.615,28 DM (bis zum 31. Dezember
2001) und 7.051,96 EUR (ab dem 1. Januar 2002), insgesamt 19.637,55 EUR.
Am 15. Mai 2002 meldete sich die Klägerin arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld.
Ab dem 15. Mai 2002 bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 3. Juni 2002 für 420 Kalendertage Arbeitslosengeld
nach dem Bemessungsentgelt für die zuletzt bezogene Arbeitslosenhilfe (entspricht gerundet 415,00 EUR) in Höhe
von 23,11 EUR täglich (Leistungsgruppe A, allgemeiner Leistungssatz).
In ihrem Widerspruch monierte die Klägerin u. a., dass bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes die
Einmalzahlungen nicht berücksichtigt worden seien.
Durch Widerspruchsbescheid vom 20. Juni 2002 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Das im
Bemessungszeitraum vom 15. Mai 2001 bis zum 14. Mai 2002 bezogene Arbeitsentgelt einschließlich Weihnachts-
und Urlaubsgeld ergebe lediglich ein Regelbemessungsentgelt von 377,64 EUR. Da das für die zuletzt bezogene
Arbeitslosenhilfe maßgebliche Bemessungsentgelt höher gewesen sei, werde es der Bemessung des
Arbeitslosengelds nach § 133 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) zu Grunde gelegt.
Hiergegen richtet sich die am 18. Juli 2002 unter Verweis auf § 434c SGB III erhobene Klage. Danach sei das
Bemessungsentgelt pauschal um 10 % zu erhöhen. Die Klägerin habe im 3-Jahres-Zeitraum des § 133 SGB III vor
dem 15. Mai 2002 nicht nur Arbeitslosenhilfe, sondern auch Arbeitslosengeld bezogen, bei dessen Bemessung
Einmalzahlungen hätten berücksichtigt werden müssen.
Das Sozialgericht hat durch Urteil vom 5. Oktober 2006 den Bescheid vom 3. Juni 2002 dahingehend abgeändert,
dass das Bemessungsentgelt pauschal um 10 % erhöht werde. Die Erhöhung ergebe sich aus § 434c Abs. 1 SGB III
und der Auslegung dieser Vorschrift durch das Bundessozialgericht in dessen Urteil vom 21. Juli 2005 (B 11a/11 AL
37/04 R). Die Klägerin habe nach einer bis zum 30. April 1997 absolvierten Arbeitsbeschaffungsmaßnahme ab dem 1.
Mai 1997 einen Anspruch auf Arbeitslosengeld gehabt, dessen zu Grunde liegendes Bemessungsentgelt nach § 434c
Abs. 1 Satz 1 SGB III um 10 % zu erhöhen sei. Nach Sinn und Zweck des Einmalzahlungs-Neuregelungsgesetzes,
auf das § 434c SGB III zurückgehe, sei jedes Bemessungsentgelt, das aus einer Zeit stamme, in der
Einmalzahlungen noch nicht berücksichtigt worden seien, spätestens ab dem 22. Juni 2000 pauschal um 10 % zu
erhöhen. Es entspräche der Konzeption des Gesetzgebers, die leistungsrechtliche Berücksichtigung von einmalig
gezahltem Arbeitsentgelt beim Arbeitslosengeld ohne Ausnahme in pauschalierter Form sicherzustellen. Dies
geschehe, indem das über § 133 SGB III heranzuziehende "alte" Bemessungsentgelt für den ab dem 1. Mai 1997
entstandenen Arbeitslosengeldanspruch um 10 % erhöht werde.
Die Beklagte hat gegen das Urteil am 20. März 2007 Berufung eingelegt. Der vom Bundessozialgericht in seinem
Urteil vom 21. Juli 2005 entschiedene Fall sei mit dem vorliegenden Sachverhalt nicht vergleichbar, da die dortige
Klägerin vor der Arbeitsbeschaffungsmaßnahme Arbeitslosengeld bezogen habe. Soweit das Bundessozialgericht in
einem anderen Urteil vom 30. April 2003 (B 11 AL 45/02 R) in Bezug auf die Bemessung von Unterhaltsgeld nach
Maßgabe des § 434c Abs. 3 Satz 3 SGB III entschieden habe, dass das dem beitragsfinanzierten Unterhaltsgeld zu
Grunde liegende Bemessungsentgelt auch im Falle des Vorbezugs von Arbeitslosenhilfe pauschal um 10 % zu
erhöhen sei, könne dem nicht gefolgt werden. Eine Differenzierung danach, ob ein Vorbezug von Arbeitslosenhilfe
oder von Arbeitslosengeld vorliege, sei sachlich gerechtfertigt, da das Bundesverfassungsgericht in einem Beschluss
vom 26. September 2005 (1 BvR 1773/03) die Verfassungsmäßigkeit der Nichtberücksichtigung von Einmalzahlungen
bei der Bemessung der Arbeitslosenhilfe bestätigt habe. Eine Ungleichbehandlung ergebe sich im Übrigen auch dann,
wenn der Arbeitslosenhilfeanspruch erst ab dem 1. Januar 2001 entstanden sei, da in diesem Fall das
Bemessungsentgelt für die Arbeitslosenhilfe gemäß § 200 Abs. 1 SGB III um die Einmalzahlungen zu bereinigen sei,
wodurch sich auch das Bemessungsentgelt für den späteren Unterhaltsgeldanspruch entsprechend verringere.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 5. Oktober 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie schließt sich der angefochtenen Entscheidung an und verweist auf die oben genannten Urteile des
Bundessozialgerichts.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die
beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 153 Abs. 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes
(SGG) entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung.
Die gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte und gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist
zulässig.
Sie hat auch in der Sache Erfolg. Das Sozialgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Der Klägerin steht kein
höheres Arbeitslosengeld ab dem 15. Mai 2002 zu. Insbesondere war das Bemessungsentgelt für das
Arbeitslosengeld nicht pauschal um 10 % zu erhöhen. Der Bewilligungsbescheid vom 3. Juni 2002 ist rechtmäßig und
verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Die Höhe des an die Klägerin ab dem 15. Mai 2002 zu zahlenden Arbeitslosengeldes richtet sich nach § 129 SGB III
in der im Streitzeitraum geltenden Fassung. Maßgebend ist danach u. a. das Bruttoentgelt, das der Arbeitslose im
Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt). Dessen Höhe bestimmt sich bei Zeiten einer Beschäftigung
nach den §§ 133, 134 SGB III. Die Beteiligten streiten zu Recht allein darüber, ob das von der Beklagten für die
Berechnung des Arbeitslosengeldanspruchs der Klägerin zu Grunde gelegte Bemessungsentgelt zutreffend ermittelt
worden ist. Die Berechnung des Arbeitslosengeldes ist im Übrigen nicht zu beanstanden.
Die Beklagte hat das Bemessungsentgelt zutreffend auf 415,00 EUR bestimmt (1.). Für die von der Klägerin
geforderte pauschale Erhöhung des Bemessungsentgelts um 10 % gibt es keine rechtliche Grundlage (2.).
1. Nach § 134 Abs. 1 SGB III in der ab dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung des Einmalzahlungs-
Neuregelungsgesetzes vom 21. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1971) ist als Entgelt aus einer Beschäftigung das
beitragspflichtige Arbeitsentgelt zu berücksichtigen, das der Arbeitslose erzielt hat. Dazu gehören auch die
beitragspflichtigen Einmalzahlungen. Deren Berücksichtigung war nach der bis zum 31. Dezember 2000 bestehenden
Rechtslage ausgeschlossen, da der bis dahin geltende § 134 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 SGB III ausdrücklich bestimmt
hatte, dass Arbeitsentgelte, die einmalig gezahlt werden, bei der Ermittlung des maßgeblichen Arbeitsentgelts außer
Betracht zu bleiben hatten. Nachdem das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 24. Mai 2000 (1 BvL
1/98 u. a. = BVerfGE 102, 127 ff. = SozR 3-2400 § 23a Nr. 1) entschieden hatte, dass die Vorschrift mit Art. 3 Abs. 1
des Grundgesetzes (GG) unvereinbar sei, weil zu Sozialversicherungsbeiträgen herangezogene Einmalzahlungen bei
der Berechnung beitragsfinanzierter Lohnersatzleistungen nicht berücksichtigt würden, erfolgte die Streichung von §
134 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 SGB III durch das Einmalzahlungs-Neuregelungsgesetz. Maßgeblich für die Bestimmung des
Bemessungsentgelts auf Grund einer Beschäftigung sind nunmehr auch die beitragspflichtigen Einmalzahlungen.
Hat der Arbeitslose innerhalb der letzten drei Jahre vor der Entstehung des Arbeitslosengeldanspruchs
Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe bezogen, ist Bemessungsentgelt nach § 133 Abs. 1 SGB III in der bis zum
31. Dezember 2004 geltenden Fassung jedoch mindestens das Entgelt, nach dem das Arbeitslosengeld oder die
Arbeitslosenhilfe zuletzt bemessen worden ist.
Ausgehend von diesen gesetzlichen Vorgaben hat die Beklagte das Bemessungsentgelt für das Arbeitslosengeld der
Klägerin zutreffend ermittelt.
Da die Klägerin im Bemessungszeitraum von 52 Wochen vor der Entstehung des Anspruchs (§ 130 Abs. 1 SGB III)
einschließlich der Einmalzahlungen ein Bruttoarbeitsentgelt von 19.637,55 EUR erzielt hatte, ergibt sich nach § 132
SGB III ein Bemessungsentgelt von 377,64 EUR (19.637,55 EUR geteilt durch 52 Wochen). Dieses ist geringer als
das für die vom 20. Februar 2000 bis zum 14. Mai 2000 bezogene Arbeitslosenhilfe maßgebliche Bemessungsentgelt
von 810,00 DM bzw. (nach der Währungsumstellung) 415,00 EUR. Die Beklagte hat daher in Anwendung von § 133
Abs. 1 SGB III das Bemessungsentgelt zu Recht auf 415,00 EUR bestimmt.
2. Das Bemessungsentgelt von 415,00 EUR ist nicht pauschal um 10 % zu erhöhen. Für eine solche Erhöhung
existiert keine Rechtsgrundlage. Insbesondere lässt sie sich nicht aus § 434c SGB III herleiten.
§ 434c SGB III wurde durch das Einmalzahlungs-Neuregelungsgesetz mit Wirkung ab dem 1. Januar 2001 in das
SGB III eingefügt und enthält Übergangsregelungen, die infolge der oben genannten Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts zur Berücksichtigung von Einmalzahlungen bei der Berechnung beitragsfinanzierter
Lohnersatzleistungen notwendig wurden.
Nach § 434c Abs. 1 SGB III erhöht sich das Bemessungsentgelt bei Arbeitslosengeldansprüchen, die vor dem 1.
Januar 2001 entstanden sind, ab dem 1. Januar 1997 um 10 %, soweit sich die Höhe des Arbeitslosengeldanspruchs
nach § 112 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) in der bis zum 31. Dezember 1997 geltenden Fassung oder nach §
134 Abs. 1 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung richtet. Die Erhöhung gilt für Ansprüche,
über die am 21. Juni 2000 bereits unanfechtbar entschieden war, erst ab dem 22. Juni 2000.
Diese Voraussetzungen sind hier zwar nicht erfüllt, da der Anspruch der Klägerin erst nach dem 1. Januar 2001
entstanden ist. Das Bundessozialgericht hat jedoch am 21. Juli 2005 in einem Fall, in dem das ab 1. Juni 2001 zu
zahlende Arbeitslosengeld nach dem für das bis zum 31. Mai 2000 bezogene Arbeitslosengeld maßgeblichen
Bemessungsentgelt bemessen wurde, entschieden, dass die pauschale Erhöhung des Bemessungsentgelts nach §
434c Abs. 1 SGB III auch dann vorzunehmen sei, wenn das Arbeitslosengeld – wie hier – auf Grund des
Bestandsschutzes im Sinne von § 133 SGB III nach dem bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Recht bemessen
werde (B 11a/11 AL 37/04 R – JURIS-Dokument Rdnr. 15 ff. = SozR 4-4300 § 133 Nr. 2). Das Bundessozialgericht
hat seine Rechtsauffassung mit einer an Sinn und Zweck unter Einbeziehung der Entstehungsgeschichte orientierten
Auslegung des § 434c Abs. 1 SGB III begründet. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollte die leistungsrechtliche
Berücksichtigung von einmalig gezahltem Arbeitsentgelt beim Arbeitslosengeld ohne Ausnahme für sämtliche
Leistungsansprüche in pauschalierter Form sichergestellt werden. Diesem Willen werde nur entsprochen, wenn die
durch § 133 Abs. 1 SGB III vermittelte Anknüpfung an ein Bemessungsentgelt nach § 134 SGB III in der vor dem 1.
Januar 2001 geltenden Fassung in den Anwendungsbereich der Übergangsregelung einbezogen werde. Dies
entspreche auch Sinn und Zweck der "Besitzstandsregelung" des § 133 Abs. 1 SGB III, da der Gesetzgeber hiermit
die Bereitschaft von Arbeitslosen, Zwischenbeschäftigungen mit geringerem Arbeitsentgelt aufzunehmen, stärken und
bei Begründung eines neuen Anspruchs entstehende Nachteile ausschließen wollte. Dieses Ziel werde verfehlt, wenn
die pauschale Aufstockung des Bemessungsentgelts nach § 434c Abs. 1 SGB III in Fällen einer Verringerung des
Bemessungsentgelts durch die Zwischenbeschäftigung unterbliebe, denn ohne die Zwischenbeschäftigung hätte der
Arbeitslose nach § 434c Abs. 1 Satz 2 SGB III Anspruch auf höheres Arbeitslosengeld gehabt.
Das Sozialgericht hat seine Entscheidung auf diese Rechtsprechung gestützt. Es hat dabei jedoch übersehen, dass
sie auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar ist, da hier vor der Entstehung des Arbeitslosengeldanspruchs zuletzt
Arbeitslosenhilfe und nicht Arbeitslosengeld bezogen wurde. Der Senat kann deshalb dahinstehen lassen, ob dem
Urteil des Bundessozialgerichts vom 21. Juli 2005 uneingeschränkt zu folgen ist. Jedenfalls im Falle des Vorbezugs
von Arbeitslosenhilfe treffen die Erwägungen des Bundessozialgerichts nicht zu. Denn in diesem Fall kann das
Bemessungsentgelt für die zuletzt bezogene Arbeitslosenhilfe nicht wie beim Arbeitslosengeld nach § 434c Abs. 1
SGB III pauschal um 10 % erhöht werden. Eine solche Erhöhung war auf Grund der Regelung in § 434c Abs. 4 SGB
III in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung, nach welcher für Ansprüche auf Arbeitslosenhilfe, die vor
dem 1. Januar 2001 entstanden sind, einmalig gezahlte Arbeitsentgelte bei der Bestimmung des Bemessungsentgelts
für die Arbeitslosenhilfe außer Betracht bleiben, ausgeschlossen. Die Regelung verstößt nach der Rechtsprechung
des Bundessozialgerichts (Urteil vom 5. Juni 2003 – B 11 AL 67/02 R) und des Bundesverfassungsgerichts
(Nichtannahmebeschluss vom 26. September 2005 – 1 BvR 1773/03) nicht gegen Verfassungsrecht. Selbst wenn
also das von der Klägerin auf Grund von § 134 Abs. 1 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung
berechnete Arbeitslosengeld, das sie bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 19. Februar 2000 bezogen hat, nach §
434c Abs. 1 SGB III zu erhöhen wäre, führte dies nicht zu einem höheren Bemessungsentgelt für das ab dem 15. Mai
2002 zu zahlende Arbeitslosengeld. Denn nach § 133 Abs. 1 SGB III ist maßgeblich für dessen Bemessungsentgelt
das Entgelt, nach dem die Arbeitslosenhilfe "zuletzt" bemessen worden ist. Dieses kann jedoch nicht um
Einmalzahlungen erhöht werden.
Eine Erhöhung des Bemessungsentgelts kann auch nicht mit dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 30. April 2003
(B 11 AL 45/02 R) begründet werden. In dieser Entscheidung hat das Bundessozialgericht angenommen, eine
pauschale Erhöhung des Bemessungsentgelts für einen Anspruch auf Unterhaltsgeld, der erst nach dem 1. Januar
2001 entstanden ist, sei auch dann vorzunehmen, wenn der Teilnehmer vor dem Unterhaltsgeldbezug
Arbeitslosenhilfe erhalten habe und das zuvor bezogene Arbeitslosengeld nach § 134 Abs. 1 SGB III in der bis zum
31. Dezember 2000 geltenden Fassung bemessen worden sei. Es hat damit die Regelung in § 434c Abs. 3 Satz 3
SGB III, die eine pauschale Erhöhung des Bemessungsentgelts um 10 % für einen Anspruch auf Unterhaltsgeld über
§ 434c Abs. 3 Satz 1 SGB III hinaus nicht nur für die bis zum 31. Dezember 2000 entstandenen Ansprüche, sondern
in Fällen des Vorbezugs von nach § 134 Abs. 1 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung
berechnetem Arbeitslosengeld auch für nach dem 1. Januar 2001 entstandene Unterhaltsgeldansprüche vorsieht, auf
die Fälle des Vorbezugs von Arbeitslosenhilfe erweitert. Diese Entscheidung betrifft zwar nur den Fall der Berechnung
eines Unterhaltsgeldanspruchs; sie wird von der Klägerin aber zur Begründung ihres Anspruchs herangezogen, da die
Konstellationen vergleichbar seien. Der Gesetzgeber habe mit Rücksicht auf die Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts die Bemessungsvorschriften für Entgeltersatzleistungen generell dahingehend ändern
wollen, dass künftig einmalig gezahltes Arbeitsentgelt bei der Leistungsbemessung berücksichtigt werde. Dem kann
nicht gefolgt werden. Wie aus § 434c Abs. 4 SGB III deutlich wird, wollte der Gesetzgeber lediglich bei den
beitragsfinanzierten Entgeltersatzleistungen, deren Höhe sich nach dem beitragspflichtigen Arbeitsentgelt bemisst, die
Berücksichtigung von Einmalzahlungen sicherstellen, nicht aber bei der steuerfinanzierten Arbeitslosenhilfe. Dem
Willen des Gesetzgebers steht daher nicht entgegen, dass im Falle des Vorbezugs von Arbeitslosenhilfe wegen §
434c Abs. 4 SGB III (und für Leistungsansprüche, deren Höhe sich nach dem Bemessungsentgelt eines nach dem
31. Dezember 2000 entstandenen Arbeitslosenhilfeanspruchs bemisst, wegen § 200 Abs. 1 SGB III in der ab dem 1.
Januar 2001 geltenden Fassung) ein niedrigeres Bemessungsentgelt als bei zuletzt bezogenem Arbeitslosengeld
maßgeblich ist. Denn durch die Streichung von § 134 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 SGB III mit Wirkung ab dem 1. Januar 2001
wurde in sämtlichen Fällen, in denen Arbeitslosengeld oder Unterhaltsgeld nach dem Arbeitsentgelt aus einer
Beschäftigung zu berechnen ist, sichergestellt, dass die beitragspflichtigen Einmalzahlungen aus der Beschäftigung
Berücksichtigung finden. Da mit der Bemessung der Leistungen nach dem beitragspflichtigen Arbeitsentgelt unter
Einschluss der Einmalzahlungen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Rechnung getragen ist,
bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, bei der Bestimmung des Bemessungsentgelts nach der
zuletzt bezogenen Arbeitslosenhilfe deren niedrigeres Bemessungsentgelt heranzuziehen. Denn es handelt sich
immer noch um ein gegenüber dem Bemessungsentgelt aus dem Arbeitsentgelt höheres Bemessungsentgelt, das
zudem auch weiterhin mit dem Zweck der Besitzstandsregelungen in § 133 Abs. 1 und § 158 Abs. 1 Satz 1 SGB III,
die Bereitschaft zur Aufnahme von Zwischenbeschäftigungen mit geringerem Arbeitsentgelt zu stärken, vereinbar ist.
Da auch das Bemessungsentgelt nach der zuletzt bezogenen Arbeitslosenhilfe bei der Bemessung nach § 133 Abs. 1
SGB III noch höher ist als das sich aus dem Arbeitsentgelt ergebende Bemessungsentgelt, besteht kein Grund für
einen Arbeitslosen, geringer entlohnte Beschäftigungen wegen der Gefahr einer Absenkung des Bemessungsentgelts
nicht aufzunehmen (ähnlich insoweit Urteil des LSG Brandenburg vom 14. Januar 2005 – L 30 AL 98/02 – JURIS-
Dokument Rdnr. 39, 40). Soweit das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 30. April 2003 darauf abgestellt
hat, auch im Falle der Arbeitslosenhilfe richte sich die Höhe des Anspruchs nach § 134 Abs. 1 SGB III, da § 200 SGB
III an die Bemessung nach § 134 SGB III anknüpfe und das Bemessungsentgelt für die Arbeitslosenhilfe
grundsätzlich dem Bemessungsentgelt für das davor bezogene Arbeitslosengeld entspreche, kann auch dies nicht
überzeugen. Gerade im Hinblick auf die Berücksichtigung von Einmalzahlungen nach § 434c SGB III weicht § 200
SGB III von § 134 SGB III ab, da § 434c Abs. 4 SGB III insofern für die Arbeitslosenhilfe die Berücksichtigung von
Einmalzahlungen ausgeschlossen hat. Eine Erhöhung des Bemessungsentgelts für die Arbeitslosenhilfe um 10 %
kann demzufolge nicht mit der entsprechenden Erhöhung für das zuvor bezogene Arbeitslosengeld begründet werden.
Da auch keine anderen Rechtsgrundlagen für eine pauschale Erhöhung des Bemessungsentgelts für das
Arbeitslosengeld der Klägerin ersichtlich sind, musste ihrer Klage auf höheres Arbeitslosengeld der Erfolg versagt
bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
Die Revision war nicht gemäß § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung
hat (vgl. zur fehlenden Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage, wenn eine Übergangsvorschrift streitig ist: Meyer-
Ladewig, in: Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, SGG [8. Auflage, 2005], § 160 Rdnr. 7b, m.w.N.) und die Entscheidung
nicht von den oben genannten Entscheidungen des Bundessozialgerichts abweicht.