Urteil des LSG Sachsen vom 23.08.2007

LSG Fss: zumutbare arbeit, europäisches recht, universität, hochschule, besuch, sozialhilfe, rechtswissenschaft, bezirk, leistungsanspruch, steuerrecht

Sächsisches Landessozialgericht
Urteil vom 23.08.2007 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Leipzig S 5 AS 1042/05
Sächsisches Landessozialgericht L 3 AS 59/06
I. Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Leipzig vom 5. April 2006 sowie der
Bescheid vom 4. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. November 2005 aufgehoben und
die Beklagte verpflichtet, dem Kläger für die Zeit vom 14. April 2005 bis 31. August 2005 Arbeitslosengeld II in
gesetzlicher Höhe zu zahlen.
II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III. Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger macht Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch –
Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) für die Zeit vom 14. April 2005 bis zum 7. September 2005 geltend.
Der am 1978 geborene Kläger ist ledig und erwerbsfähig. In dem streitigen Zeitraum lebte er weder in einer Bedarfs-
noch in einer Haushaltsgemeinschaft. Vor dem streitigen Zeitraum bezog der – damals in L. wohnhafte Kläger vom
24. Januar 2005 bis 31. März 2005 Arbeitslosengeld II in Höhe von monatlich 446,11 EUR.
Am 14. April 2005 beantragte der Kläger die Fortzahlung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bei der
ARGE Bochum. Zu diesem Zeitpunkt lebte er in B. und bewohnte ein Zimmer in dem Studentenwohnheim S. M. e.V.
Hierfür zahlte er einen Mietzins in Höhe von monatlich 160 EUR.
Zudem legte der Kläger einen Ablehnungsbescheid des Amtes für Ausbildungsförderung der Universität L. vom 20.
Mai 2003 vor. Danach war die weitere Förderung des Studiums der Rechtswissenschaft durch Leistungen nach dem
Bundesgesetz über individuelle Förderung der Ausbildung (Bundesausbildungsförderungsgesetz – BAföG) wegen
Überschreitens der Höchstförderungsdauer gemäß § 15 Abs. 3 BAföG abgelehnt worden. Nach der Absolvierung des
Ersten Juristischen Staatsexamens hatte sich der Kläger ab dem Wintersemester 2004/2005 (beginnend im Oktober
2004) an der R. Universität B. für den weiterbildenden Studiengang Wirtschafts- und Steuerrecht als Gasthörer
immatrikuliert. Dieser Studiengang ist auf eine Mindeststudienzeit von zwei Semestern angelegt und umfasst
regelmäßig 36 Semesterwochenstunden. Es handelt sich um einen Präsenzstudiengang, der neun Pflicht- und
mindestens sieben Wahlpflichtveranstaltungen umfasst. Dies ist ein Studiengang auf der Grundlage von § 12 des
Hochschulrahmengesetzes (HRG). Bis zum 30. September 2005 war der Kläger noch an der R. Universität B.
eingeschrieben. Bereits ab 1. September 2005 wohnte er jedoch wieder in L ... Am 18. Oktober 2005 beendete er den
genannten Studiengang erfolgreich mit dem akademischen Grad eines Magisters der Rechte auf dem Gebiet des
Wirtschafts- und Steuerrechts.
Mit Bescheid vom 4. August 2005 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II ab, weil der
Kläger Auszubildender sei und die Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetz oder nach den §§
60 bis 62 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (SGB III) grundsätzlich förderungsfähig sei.
Diese Entscheidung beruhe auf § 7 Abs. 5 und 6 SGB II. Hiergegen legte der Kläger durch Schreiben vom 15. August
2005 Widerspruch ein. § 7 Abs. 5 SGB II beziehe sich auf die §§ 60, 61, 62 SGB III. Betroffen seien daher
Berufsausbildungen nach dem Berufsbildungsgesetz, der Handwerksordnung und dem Seemannsgesetz sowie
Berufsausbildungen im Ausland und berufsvorbereitende Maßnahmen. Bei dem von ihm absolvierten Studium handle
es sich nicht um eine solche Berufsausbildung. § 7 Abs. 6 SGB II schließe Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhalts nach dem SGB II aus, wenn die Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe oder
Berufsausbildungsförderung ausgeschlossen sei. Dem entspreche jedoch seine Ausbildung ebenfalls nicht. Auch § 7
Abs. 6 Nr. 2 SGB II greife nicht ein, da er weder Schüler sei noch eine berufsvorbereitende Maßnahme absolviere.
Seine Ausbildung sei gemäß § 7 BAföG dem Grunde nach nicht förderungsfähig. Zudem sei die
Höchstförderungsdauer mit Ablauf des Monats März 2003 abgelaufen.
Durch Widerspruchsbescheid vom 3. November 2005 wies die Beklagte diesen Widerspruch als unbegründet zurück.
Nach § 7 Abs. 1 SGB II hätten nur erwerbsfähige Personen, die hilfebedürftig seien, Anspruch auf Leistungen nach
dem SGB II. Nach § 7 Abs. 5 SGB II hätten Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des
Bundesausbildungsförderungsgesetzes oder der §§ 60 bis 62 SGB III dem Grunde nach förderungsfähig sei, keinen
Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II. Ausweislich der vorliegenden Studienbescheinigung sei der Kläger im
streitigen Zeitraum Student der R.universität B. im weiterbildenden Studiengang für Wirtschafts- und Steuerrecht
gewesen. Dieser Studiengang sei auf eine Mindeststudienzeit von zwei Semestern ausgelegt. Es handle sich um
einen Studiengang im Sinne des § 21 HRG (Doktoranden). Der Besuch von schulischen Einrichtungen nach § 2 Abs.
1 Nr. 1 bis 6 BAföG sei grundsätzlich nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz förderungsfähig. Hierzu zähle
auch der Besuch von Hochschulen. Aus § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 BAföG folge, dass
derjenige, der dort genannte Bildungseinrichtungen besuche, grundsätzlich kein Arbeitslosengeld II erhalten könne. An
dem Leistungsausschluss ändere sich auch dadurch nichts, dass die Ausbildung im konkreten Fall nicht gefördert
würde. Bei der Beurteilung der Regelung sei zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber den § 26 des
Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) identisch in die Vorschriften des SGB II übertragen habe. Die finanzielle
Förderung von Auszubildenden sei spezialgesetzlich und abschließend geregelt. Querverbindungen seien nach dem
Willen des Gesetzgebers nur in besonderen Härtefällen zugelassen. Ein solcher besonderer Härtefall sei hier nicht
ersichtlich.
Gegen den ablehnenden Bescheid vom 4. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. November
2005 hat der Kläger am 6. Dezember 2005 Klage zum Sozialgericht erhoben. Bis September 2005 sei er noch an der
R.-Universität B. immatrikuliert gewesen; erst ab Oktober 2005 habe er den weiterbildenden Studiengang
"Europäisches Recht" in L. begonnen. Der Besuch einer Hochschule nach § 2 Abs. 1 Nr. 6 BAföG führe noch nicht zu
einer Förderfähigkeit dem Grunde nach. Der "weiterbildende Studiengang" könne nicht unter die in § 7 BAföG
aufgeführten Ausbildungsarten subsumiert werden. Zudem müssten auch die persönlichen Voraussetzungen der §§ 8
ff. BAföG gegeben sein
Durch Gerichtsbescheid vom 5. April 2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Unabhängig davon, dass der
Kläger als Gasthörer an der R.-Universität B. eingeschrieben gewesen sei, habe er sich dort zu einer Ausbildung an
einer Hochschule befunden. Die Ausbildung an einer Hochschule sei dem Grunde nach gemäß dem
Bundesausbildungsförderungsgesetz förderungsfähig. Der Kläger erfülle die Förderfähigkeit aus persönlichen Gründen
nicht. Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz seien abgelehnt worden, weil der Kläger bereits die
Förderhöchstdauer überschritten habe. Im Übrigen solle eine Ausbildung nicht durch Sozialhilfe gefördert werden,
soweit bereits ein berufsqualifizierender Ausbildungsabschnitt erworben worden sei. Dies sei bei dem Kläger gegeben.
Es sei ihm damit zuzumuten, im Anschluss an diesen Abschluss eine Tätigkeit zur Sicherung seines
Lebensunterhalts aufzunehmen. Dieser Gerichtsbescheid ist am 24. April 2006 an den Kläger abgesandt worden.
Hiergegen hat der Kläger am 22. Mai 2006 Berufung eingelegt. Der weiterbildende Studiengang sei unter § 12 HRG zu
subsumieren. Eine Förderfähigkeit nach § 7 Abs. 1a Satz 1 Nrn. 1 und 2 BAföG bestehe nicht.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichtes Leipzig vom 5. April 2006 sowie den Bescheid vom 4. August 2005 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. November 2005 aufzuheben und dem Kläger für den Zeitraum vom 14.
April 2005 bis zum 7. September 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in
gesetzlicher Höhe zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz seien deshalb abgelehnt worden, weil die
Förderhöchstdauer überschritten gewesen sei. Dieser Umstand liege in der individuellen Ausbildungsbiographie und
beeinflusse die abstrakte Förderfähigkeit nicht.
Zum weiteren Vorbringen der Beteiligten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und
die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen. Ferner wird auf die Akte des Sächsischen Landessozialgerichts zu
Az. L 3 AS 62/06 und die dort beigezogene Verwaltungsakte der ARGE Leipzig verwiesen. Das vorliegende Verfahren
und das Berufungsverfahren mit dem Az. L 3 AS 62/06 waren in der mündlichen Verhandlung vom 5. Juli 2007 zur
gemeinsamen Verhandlung verbunden worden.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte gemäß § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung
entscheiden, da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben.
Die Berufung ist § §§ 143, 144 SGG statthaft, da sich für den Kläger nach den Angaben zu seinen Einkommens- und
Vermögensverhältnissen mindestens ein Anspruch für die streitigen fünf Monate in Höhe von 345 EUR bzw. 331 EUR
ergäbe. Zudem macht er noch einen Anspruch auf die Kosten der Unterkunft in Höhe von 160 EUR monatlich geltend.
Die Berufung ist auch im Wesentlichen begründet, denn der Kläger hat für die Zeit vom 14. April 2005 bis zum 31.
August 2005 einen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II.
Der Kläger ist Berechtigter im Sinne von § 7 Abs. 1 SGB II. Denn er hat das 15. Lebensjahr vollendet (Nr. 1), ist
erwerbsfähig (Nr. 2), hilfebedürftig (Nr. 3) und hat seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort in der Bundesrepublik
Deutschland (Nr. 4).
Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den
Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus
eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht 1. durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, 2. aus dem zu
berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen,
insbesondere nicht von Angehörigen oder Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Diese Voraussetzungen sind beim
Kläger erfüllt.
Der Kläger hatte im Zeitraum selbst weder Einkommen noch Vermögen. Er lebte auch nicht in einer
Bedarfsgemeinschaft; deshalb konnte kein Einkommen oder Vermögen eines Partners angerechnet werden. Es ist
auch nicht ersichtlich, dass er Hilfe von anderen – insbesondere von Angehörigen oder anderen
Sozialversicherungsträgern – erhielt.
Auch § 7 Abs. 5 SGB II steht dem Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung nicht entgegen. § 7 enthielt in dem
ursprünglichen Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen vom 5. September 2003 (BT-Drucks. 15/1516) lediglich vier
Absätze. Dessen Absatz 4 lautete zunächst: "Erwerbsfähige Hilfebedürftige, die sich in Ausbildung, einer Schule oder
Hochschule befinden oder stationär untergebracht sind, erhalten keine Leistungen nach diesem Gesetz." Die späteren
Absätze 4, 5 und 6 wurden durch den Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit ein- bzw. hinzugefügt (Ausschussbericht
vom 16. Oktober 2003, BT-Drucks. 15/1749, S. 31). Nach der ursprünglichen Fassung kam es daher lediglich auf die
Ausbildung sowie den Besuch einer Schule oder Hochschule an. Die nunmehr Gesetz gewordene Fassung entspricht
dem früheren § 26 des BSHG und dem neuen § 22 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialhilfe – (SGB XII). Die
Gesetzesbegründung führt hierzu an, mit den Absätzen 5 und 6 erfolge eine Angleichung an die Regelungen der
Sozialhilfe und die gesetzgeberische Zielvorstellung, "ein Referenzsystem steuerfinanzierter Fürsorgeleistungen zu
schaffen" (so BT-Drucks. 15/1749, S. 31). Nach § 7 Abs. 5 Satz 1 haben danach Auszubildende, deren Ausbildung im
Rahmen des Bundesausbildungsgesetzes oder der §§ 60 bis 62 des Dritten Buches dem Grunde nach förderungsfähig
ist, keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Hierbei kommt es – ebenso wie in § 26
BSGH und § 22 SGB XII – nur darauf an, dass die Ausbildung dem Grunde nach gefördert werden kann, auch wenn
der Betroffene konkret, aus den unterschiedlichsten Gründen wie etwa Fachrichtungs- oder Ausbildungswechsel
gemäß § 7 Abs. 2 und Abs. 3 BAföG oder Überschreitung der Höchstförderdauer nach § 15 a BAföG, keinen
Anspruch auf Ausbildungsförderung hat.
In Betracht kam hier nur eine Förderfähigkeit nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG). Eine solche
war jedoch für den Kläger nicht gegeben. Allerdings scheiterte dies nicht bereits an der Ausbildungsstätte. Nach § 2
Abs. 1 Nr. 6 BAföG wird Ausbildungsförderung für den Besuch von Hochschulen geleistet. Trotz der grundsätzlich
geeigneten Ausbildungsstätte war jedoch die Art der Studiengänge dem Grunde nach nicht förderfähig. Dies ergibt
sich aus den Regelungen des § 7 BAföG. Absatz 1 greift bereits deshalb nicht ein, weil es sich bei dem vom Kläger
besuchten Studiengang nicht um die Grundausbildung – als solche – handelte, sondern um Aufbaustudiengänge. Eine
Förderfähigkeit nach § 7 Abs. 1a BAföG, der speziell weiterführende Studiengänge betrifft, ist ebenfalls nicht
gegeben, weil es sich bei dem vorausgegangenen Studium der Rechtswissenschaft nicht um einen Bachelor- oder
Bakkalaureus-Studiengang handelte. § 7 Abs. 2 BAföG betrifft zwar die Gewährung von Ausbildungsförderungen für
eine weitere Ausbildung. Dennoch konnte der Studiengang auch danach nicht gefördert werden: Absatz 2 Nr. 2 betrifft
eine ergänzende Ausbildung, die für die Aufnahme eines angestrebten Berufes rechtlich erforderlich ist. Es existiert
jedoch kein konkretes Berufsbild, für welches der vom Kläger absolvierte Magisterstudiengang rechtlich erforderlich
wäre. Auch Absatz 2 Nr. 3 ist nicht einschlägig, denn diese Regelung greift nur ein, wenn die weitere Ausbildung auf
einer höheren Bildungsebene liegt, sodass der Förderungstatbestand nicht eingreift, wenn durch eine
Abschlussprüfung der Zugang zu einem Aufbaustudiengang derselben Bildungsebene eröffnet wird
(Ramsauer/Stallbaum/Sternal, BAföG [4. Auflage, 2005], § 7 Rdnr. 27). Vor dem 21. BAföG-ÄndG vom 2. Dezember
2004 (BGBl. I S. 3127) war unter bestimmten Voraussetzungen außerdem die Förderung unselbständiger Zusatz-,
Ergänzungs- und Aufbaustudiengänge nach einem Hochschulstudium möglich. Mit der Aufhebung von § 7 Abs. 2 Nr.
1 BAföG wurde jedoch das breite Angebot der Hochschulen an Studiengängen solcher Art nahezu vollständig von der
staatlichen Ausbildungsförderung ausgenommen (Ramsauer/Stallbaum/Sternal, a. a. O., § 7 Rdnr. 25). Die weiteren
Regelungen des § 7 BAföG kamen für eine etwaige Förderfähigkeit bereits vom Ansatz her nicht in Betracht.
Schließlich konnte der Kläger auch durch Aufnahme einer Arbeit seinen Lebensunterhalt nicht sichern (§ 9 Abs. 1
Satz 1 Nr. 2 SGB II), etwa durch die Bezüge aus einer Aufnahme des juristischen Vorbereitungsdienstes. Als
Umkehrschluss aus § 9 Abs. 1 Nr. 1 SGB II ergibt sich, dass derjenige, der seinen Lebensunterhalt durch die
Aufnahme einer zumutbaren Arbeit sichern kann, nicht hilfebedürftig ist. Dies entspricht den für das SGB II geltenden
Grundsätzen des Forderns und der Subsidiarität (§§ 2, 3 Abs. 1 und Abs. 3 SGB II), wonach der Hilfebedürftige und
die mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung der
Hilfebedürftigkeit zu nutzen haben und Leistungen nur erbracht werden dürfen, soweit die Hilfebedürftigkeit nicht
anderweitig beseitigt werden kann (Mecke, in: Eicher/Spellbrink, SGB II [2005], § 9 Rdnr. 14). Hier entfällt allerdings
die Hilfebedürftigkeit erst bei tatsächlicher Aufnahme einer bedarfsdeckenden Beschäftigung (Berlit, Zusammenlegung
von Arbeitslosen- und Sozialhilfe, info also 2003, 195 [198, 206]). Die bloße – ungenutzte – Möglichkeit zur
Arbeitsaufnahme genügt demgegenüber nicht. Dies folgt bereits aus § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c SGB II,
wonach Arbeitslosengeld II im Falle der Weigerung, eine zumutbare Arbeit aufzunehmen oder fortzuführen,
stufenweise abzusenken ist, der Leistungsanspruch jedoch bestehen bleibt. Auch wenn daher der Kläger bei
Aufnahme und/oder Fortführung der (Hochschul-)Ausbildung gerade nicht alle Möglichkeiten zur Beseitigung der
Hilfebedürftigkeit nutzt, sondern vielmehr in Kauf nimmt, dass diese vorübergehend aufrecht erhalten bleibt, kann aus
diesen Gründen der Leistungsanspruch nicht vollständig entfallen (anders noch Beschluss des SächsLSG vom 3. Mai
2006 – L 3 B 20/06 AS-ER– amtl. Umdruck S. 8). Die Beklagte hätte vielmehr mit dem Instrumentarium des § 31 Abs.
1 Nr. 1 Buchst. c SGB II – gegebenenfalls – eine Absenkung der Leistung herbeiführen können.
Somit hat der Kläger gegen die Beklagte ab Antragstellung (vgl. § 37 Abs. 1 SGB II), also ab dem 14. April 2005, dem
Grunde nach Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung nach § 19 Satz 1 SGB II i. V. m. § 20 Abs. 1 und 2, § 22
Abs. 1 SGB II. Dieser Anspruch gegen die Beklagte besteht nur bis zum 31. August 2005, da der Kläger bis zu
diesem Zeitpunkt in deren Bezirk seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hatte (vgl. § 36 SGB II). Ab dem 1. September
2005 wohnte der Kläger zum Bezirk der ARGE L ... Daher war die Berufung für den Zeitraum vom 1. September bis 7.
September 2005 zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Zeit vom 1. bis 7. September 2005 fiel hierbei nicht maßgeblich
ins Gewicht.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben (§ 160 Abs. 2 SGG).