Urteil des LSG Sachsen vom 23.10.2001

LSG Fss: innere medizin, psychiatrisches gutachten, hypertonie, erwerbsfähigkeit, arbeiter, arbeitsmarkt, hitze, berufsunfähigkeit, wechsel, who

Sächsisches Landessozialgericht
Urteil vom 23.10.2001 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Chemnitz S 15 RJ 1027/97
Sächsisches Landessozialgericht L 5 RJ 146/00
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 09. Februar 2000 wird
zurückgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. III. Die Revision
wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der am ... 1950 geborene Kläger erlernte in der Zeit von September 1967 bis Februar 1970 den Beruf eines
Elektroinstallateurs, erwarb am 27. Februar 1970 das entsprechende Facharbeiterzeugnis und war, unterbrochen durch
seine Wehrdienstzeit, bis Dezember 1973 als solcher beschäftigt. Nachfolgend arbeitete er bis zum 15. April 1983 als
Betriebselektriker, wobei er am 26. Juli 1980 das Facharbeiterzeugnis als Kraftfahrzeug-Elektromechaniker erlangte.
Von April 1983 bis April 1990 war der Kläger als Verkaufsstellenleiter (Lebensmittel), bis April 1995 als selbständiger
Lebensmittelhändler und bis zur Gewerbeabmeldung am 31. Juli 1996 als Vertreter für Spielwaren und für
Versicherungen (Finanzkaufmann) tätig. In der Zeit von November 1995 bis November 1996 entrichtete er freiwillige
Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung. Seitdem ist der Kläger arbeitslos und bezieht Leistungen der
Bundesanstalt für Arbeit bzw. Krankengeld.
Den am 10. September 1996 gestellten Rentenantrag begründete er mit einem bösartigen Nierentumor und
anschließender Operation.
Im Verwaltungsverfahren lagen der Beklagten vor:
- der Befundbericht des Facharztes für Urologie Dr. T ... vom 14. Oktober 1996 sowie - der Bericht der ...klinik Bad E
... vom 25. März 1996 über eine stationäre Anschlussheilbehandlung vom 21. Februar bis zum 20. März 1996, aus
welcher der Kläger zunächst noch arbeitsunfähig mit einem vollschichtigen Leistungsvermögen für die Tätigkeit als
Finanzkaufmann entlassen wurde.
Mit Bescheid vom 13. Januar 1997 lehnte die Beklagte den Rentenantrag unter Verweis auf ein vollschichtiges
Leistungsvermögen im angelernten Beruf als selbstständiger Finanzkaufmann ab. Auf den am 10. Februar 1997
eingegangenen Widerspruch zog die Beklagte das Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung
(MDK) vom 12. Dezember 1996 bei und ließ auf internistischem Gebiet ein Gutachten von Dr. V ... erstellen. Dr. V ...
attestierte nach ambulanter Untersuchung am 19. Juli 1997 in seinem Gutachten vom 25. Juli 1997 bei guter
körperlicher Belastbarkeit (Abbruch der Belastungsergometrie nach 1 Minute bei 175 Watt wegen allgemeiner
Erschöpfung) ein vollschichtiges Leistungsvermögen als Finanzkaufmann sowie für leichte körperliche Arbeiten im
Wechsel zwischen Sitzen, Stehen, Gehen, auch fortgesetzt im Sitzen und Stehen, ohne Wechselschicht, ohne
Nachtschicht, ohne besonderen Zeitdruck, ohne häufiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten sowie ohne
Gefährdung durch Kälte und Hitze. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Bescheid vom Bescheid vom 08.
September 1997 zurück. Der Kläger sei, unter Zugrundelegung der Tätigkeit als selbstständiger Lebensmittelhändler,
der Berufsgruppe der angelernten Arbeiter zuzuordnen und auf alle ungelernten Tätigkeiten im Bereich des
allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar. Mit den bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen könne er nach den
sozialmedizinischen Feststellungen weiterhin ganztägig leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten ohne häufiges
Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten, ohne häufiges Bücken und ohne Gefährdung durch Kälte, Hitze und Nässe
verrichten.
Auf die am 29. September 1997 erhobene Klage, in welcher der Kläger auf einen Grad der Behinderung (GdB) von 80
(wegen Heilungsbewährung der Nierenerkrankung), einen hohen Blutdruck und massive Narbenschmerzen hinwies,
hat das Sozialgericht Chemnitz einen Befundbericht der Fachärztin für Allgemeinmedizin S ... vom 12. Oktober 1997,
des Facharztes für Urologie Dr. W ... vom 13. Oktober 1997, der Fachärztin für Innere Medizin Dr. H ... vom 01.
November 1997 sowie die Gutachten des MDK vom 11. Juni 1996, 15. Oktober 1996 und 12. Dezember 1996 und den
Befundbericht der ...kliniken B ... vom 14. April 1997 eingeholt. Vom Kläger wurde am 13. Januar 1998 ein Gutachten
zur Berufsunfähigkeitszusatzversicherung, erstellt durch den Facharzt für Innere Medizin Dr. N ... (ohne Datum),
eingereicht, in welchem vollständige Berufsunfähigkeit bezüglich der Erwerbstätigkeit als Einzelhandelskaufmann auf
Grund einer offenbar therapierefraktären Hypertonie mit nur noch zweistündiger Arbeit bei leichter Schreibarbeit
angegeben wurde. Des Weiteren hat das Sozialgericht ein internistisches Gutachten von Dr. R ..., Chefarzt der Klinik
für Innere Medizin I des Klinikum A ..., erstellen lassen. Dieser erhob in seinem Gutachten vom 05. Mai 1998, in der
Ergänzung vom 06. Juli 1998, folgende Diagnosen/Feststellungen:
- Arterielle Hypertonie II nach WHO, - Hepatose mit Verdacht auf Fettleber bei Hypertriglyceridämie, - Zustand nach
apoplektischem Insult 1992 mit noch vorhandenem partiellem Gesichtsfeldsausfall sowie - Zustand nach Operation
eines Nierentumors links 1996 ohne Anhalt für Rezidiv.
Die kardio-pulmonale Leistungsfähigkeit sei sehr gut und mit I nach NYHA einzuschätzen. Der Kläger sei körperlich
gut belastbar. Für geistig und körperlich leichte Arbeiten ohne Heben und Tragen und ohne Arbeiten in großen Höhen
und in Zwangshaltungen sei er geeignet. Insgesamt sei der epikritischen Zusammenfassung und der sozial-
medizinischen Beurteilung des Gutachtens von Dr. V ... zu folgen und eine Gesundheitsverschlechterung nicht
festzustellen. Dem Gutachten des Dr. N ... sei nicht zu folgen, weil eine therapierefraktäre, das heißt, eine der
Behandlung nicht zugängige Hypertonie, nicht vorliege. Seit dem 28. Juli 1997 könne der Kläger vollschichtig einer
Tätigkeit als Einzelhandelskaufmann - mit Überwachungs- und Verwaltungstätigkeit leichten Charakters - nachgehen
sowie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt überwiegend körperlich leichte, zeitweise (zwei bis drei Stunden) auch
mittelschwere Arbeiten zu beliebigen Anteilen im Wechsel der Körperhaltung, ohne schweres Heben und Tragen, ohne
häufiges Bücken, ohne ständigen Zeitdruck, ohne Nachtschicht, ohne Einwirkungen von zu starker Hitze und Kälte
sowie ohne Arbeiten mit Absturzgefahr verrichten. Zusätzliche fachärztliche Untersuchungen seien nicht erforderlich
und der Kläger könne jeweils mehr als 500 Meter zu Fuß zurücklegen. Auf Antrag des Klägers hat das Sozialgericht
ein internistisches Gutachten von Dr. N ... eingeholt. Dieser gelangte in seinem Gutachten vom 05. September 1999,
in der überarbeiteten Fassung (Eingang bei Gericht am 01. Oktober 1999), zu der Einschätzung, es liege sowohl
Berufs- als auch Erwerbsunfähigkeit vor. Bei dem Kläger bestehe nach wie vor eine therapierefraktäre Hypertonie.
Nach der dritten Stufe und bei 75 Watt sei bei der durchgeführten Ergometrie das Abbruchkriterium erreicht worden,
somit der Kläger nicht mehr für mittelschwere Arbeiten geeignet sei. Anhaltende geistige und körperliche Belastungen
könnten dem Kläger nicht zugemutet werden, da auch eine Rezidivgefahr des Schlaganfalls bestehe. Entgegen dem
Gutachten des Dr. R ... bestehe ein Blutdruckstadium nach WHO III, da Organschäden bestünden (Hypertonie,
Linksherzhypertrophie). Der Kläger könne nur noch leichte Arbeiten unter zwei Stunden verrichten. Eine Arbeit als
Einzelhandelskaufmann könne er nicht aufnehmen, da Heben und Tragen nicht verrichtet werden könnten. Eine Arbeit
als Handelsvertreter sei wegen der unregelmäßigen Arbeitszeit nicht möglich. Die Tätigkeiten eines Pförtners,
Bürogehilfen oder Telefonisten könne er ohne unzumutbare Schmerzen und ohne Gefährdung seiner Gesundheit
(vollschichtig) ausüben. Das Leistungsbild bestehe vermutlich seit Juli 1997. Zur Besserung der Blutdruckeinstellung
solle eine Rehabilitationskur erfolgen. Dr. R ... führte in seiner Stellungnahme vom 26. Oktober 1999 zum Gutachten
des Dr. N ... an, die bestehende Linksherzhypertrophie begründe als Folgeerscheinung nur ein Stadium WHO II. Für
den im Jahr 1992 erlittenen Schlaganfall könne die 1996 erstmals festgestellte Bluthochdruckerkrankung nicht
verantwortlich gemacht werden, da dieser nicht auf Grund einer Hypertonie, sondern einer vaskulären Genese
(Gefäßerkrankung) eingetreten sei. Zur Bestimmung der Belastbarkeit eines Patienten sei als anerkannte
Standardmethode die Ergometrie gegenüber einer Langzeitblutdruckmessung, da hierbei eine präzise Belastung des
Patienten einem konkreten Blutdruckwert nicht zugeordnet werden könne, wesentlich aussagekräftiger. Eine
nochmalige Echokardiografie sei auf Grund der in dem Gutachten des Dr. V ... erhobenen Befunde und der "leeren"
Zwischenanamnese des Klägers nicht erforderlich gewesen, was durch den Echokardiografiebefund in dem Gutachten
von Dr. N ... zusätzlich bewiesen werde.
Mit Urteil vom 09. Februar 2000 hat das Sozialgericht Chemnitz die Klage abgewiesen. Ausgehend von der Tätigkeit
als selbstständiger Lebensmittelhändler hat es den Kläger der Gruppe der angelernten Arbeiter im oberen Bereich
zugeordnet und ihn auf die Tätigkeit eines Pförtners, eines Bürogehilfen oder eines Telefonisten verwiesen. Nach den
medizinischen Ermittlungen hat es ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte körperliche Arbeiten im Wechsel
von Sitzen, Stehend und Gehen, ohne schweres Heben und Tragen, ohne häufiges Bücken, ohne ständigen
Zeitdruck, ohne Nachtschicht, ohne Einwirkungen von zu starker Hitze oder Kälte und ohne Arbeiten mit
Absturzgefahr festgestellt.
Der Kläger macht mit der am 30. Mai 2000 bei dem Sächsischen Landessozialgericht eingelegten Berufung geltend,
das Sozialgericht habe ohne weitere Sachaufklärung zu den bestehenden Widersprüchen zwischen den Gutachten
von Dr. R ... und Dr. N ... das Begehren des Klägers auf Erwerbsunfähigkeitsrente zurückgewiesen. Ein
vollschichtiges Leistungsvermögen für körperlich leichte, zeitweise auch mittelschwere Arbeiten lasse sich aus dem
Bericht über den Verlauf der Heilbehandlung nicht ableiten. Aus seiner über zehn Jahre ausgeübten Tätigkeit als
Einzelhandelskaufmann genieße er Berufsschutz.
Der Bevollmächtigte des Klägers beantragt,
ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten einzuholen sowie das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 09. Februar
2000 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13. Januar 1997 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 08. September 1997 zu verurteilen, dem Kläger eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit,
hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil.
Die Beklagte hat eine stationäre Rehabilitation in der ...Klinik Bad Sch ... vom 08. August bis zum 29. August 2000
gewährt. Nach dem Bericht vom 01. September 2000 besteht beim Kläger ein vollschichtiges Leistungsvermögen für
leichte bis gelegentlich mittelschwere körperliche Tätigkeiten, ohne dauerhafte Akkordarbeit und Nachtschichten.
Der Senat hat einen Befundbericht des Facharztes für Innere Medizin Dr. Sch ... vom 02. April 2001 beizogen.
Des Weiteren hat der Senat zur Tätigkeit eines Pförtners das berufskundliche Gutachten der Diplom-Verwaltungswirtin
S ... H ... vom 07. Januar 2000, erstellt für das Sächsische Landessozialgericht zum Az. L 5 RJ 167/98, beigezogen
und den Beteiligten zur Kenntnisnahme übermittelt.
Zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden die Leistungsakten der Beklagten sowie die
Gerichtsakten beider Instanzen. Im Übrigen wird auf den gesamten Akteninhalt, insbesondere den Inhalt der
Schriftsätze der Beteiligten, Bezug genommen und verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist unbegründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht Chemnitz (SG) die Klage abgewiesen, weil dem Kläger ein Anspruch auf die
Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht zusteht.
Der Kläger ist weder berufs-, noch erwerbsunfähig (§§ 43 Abs. 2 Satz 1, 44 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch
Sozialgesetzbuch - SGB VI - in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung [a. F.]).
Berufsunfähigkeit im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI a. F. liegt nicht vor, da die Erwerbsfähigkeit des Klägers wegen
Krankheit oder Behinderung noch nicht auf weniger als die Hälfte desjenigen eines körperlich, geistig oder seelisch
gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist.
Die Beurteilung, wie weit die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten gesunken ist, wird danach getroffen, welchen
Verdienst er in einer Tätigkeit erzielen kann, auf die er nach seinem Gesundheitszustand und nach seinem bisherigen
Beruf zumutbar verwiesen werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 28. Februar 1963 - 12 RJ 24/58 - SozR Nr. 24 zu § 1246
RVO -). Für die Beurteilung, wie weit die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten gesunken ist, kommt es auf den
bisherigen Beruf an (vgl. BSG in SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 107 und 169). In der Regel ist dies die letzte
versicherungspflichtige Tätigkeit oder Beschäftigung, die vollwertig und nachhaltig verrichtet worden ist (vgl. BSG
SozR 2200 § 1246 Nrn. 130, 164).
Letzte Beschäftigung in diesem Sinne ist die Tätigkeit als selbständiger Lebensmittelhändler. Diese hat der Kläger
vollwertig, bewusst und gewollt von Mai 1990 bis April 1995 zur dauerhaften Einkommenserzielung ausgeübt.
Den Beruf als selbständiger Lebensmittelhändler kann der Kläger nicht mehr vollwertig verrichten. Die mit dieser
Tätigkeit verbundenen Hebe-, Trage- und Transportarbeiten sind mit seinem Gesundheitszustand nicht mehr
vereinbar. Hiervon geht auch die Beklagte aus.
Dennoch liegt Berufsunfähigkeit bei dem Kläger nicht vor. Er ist zumutbar auf andere Tätigkeiten verweisbar, bei
welchen er mehr als die Hälfte des Verdienstes einer gesunden Vergleichsperson erzielen kann.
Zur Bestimmung, auf welche Tätigkeiten ein leistungsgeminderter Versicherter zumutbar verwiesen werden kann, hat
das Bundessozialgericht ein Mehr-Stufen-Schema entwickelt und die Arbeiterberufe in Gruppen eingeteilt. Es gibt die
Gruppe der Facharbeiterberufe, der Anlerntätigkeiten und der ungelernten Tätigkeiten (vgl. BSG, Urteil vom 17. Juli
1972 - 5 RJ 105/72 - SozR Nr. 103 zu § 1246 RVO). Später hat das Bundessozialgericht zu diesen drei Gruppen noch
eine weitere Gruppe der "Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion" hinzugefügt (vgl. BSG, Urteil vom 30. März 1977 - 5
RJ 98/76 - BSGE 43, 243), zu welcher auch "besonders hoch qualifizierte Facharbeiter" gehören (vgl. BSG, Urteil vom
19. Januar 1978 - 4 RJ 81/77 - BSGE 45, 276). Die vielschichtige und inhomogene Gruppe der angelernten Arbeiter
gliedert sich in einen oberen und in einen unteren Bereich (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 109, 132, 143). Dem
unteren Bereich unterfallen alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen (auch betrieblichen) Ausbildungs- oder Anlernzeit
von drei bis zwölf Monaten und dem oberen Bereich dementsprechend Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- oder
Anlernzeit von über zwölf Monaten bis zu vierundzwanzig Monaten (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 RVO Nr. 45). Jeder
Versicherte kann auf Tätigkeiten zumutbar verwiesen werden, die eine Stufe tiefer einzuordnen sind, als es dem
bisherigen Beruf entspricht. Ein Facharbeiter kann daher auf Anlerntätigkeiten, ein angelernter Arbeiter im oberen
Bereich auf angelernte und ein solcher im unteren Bereich auf ungelernte Tätigkeiten verwiesen werden (vgl. BSG
SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 143 m. w. N.).
In Übereinstimmung mit der sozialgerichtlichen Entscheidung ist der Kläger der Gruppe mit dem Leitberuf des
angelernten Arbeiters im oberen Bereich zuzuordnen. Eine Einstufung in die Gruppe der Facharbeiter kommt nicht in
Betracht, da er eine Ausbildung als Einzelhandelskaufmann nicht durchlaufen hat und auch nicht über ein
Facharbeiterzeugnis in diesem Berufsbereich verfügt. Insoweit wird auf die entsprechenden Feststellungen des SG
Bezug genommen und verwiesen (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Zudem hat der Kläger selbst
vorgetragen, bereits nach kurzer Einarbeitungszeit am 16. Mai 1983 (Einstellung erfolgte am 18. April 1983) eine
Verkaufsstelle als Leiter übernommen zu haben. Auf die nachfolgend bis Juli 1996 verrichtete Tätigkeit als
selbständiger Finanzkaufmann kann nicht abgestellt werden, da hierfür nur freiwillige Beiträge zur gesetzlichen
Rentenversicherung entrichtet worden sind.
Angelernte Arbeitnehmer im oberen Bereich sind auf Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, mit Ausnahme
solcher, die nur einen ganz geringen qualitativen Wert besitzen und sich durch das Erfordernis einer Einweisung und
Einarbeitung oder die Notwendigkeit beruflicher oder betrieblicher Vorkenntnisse auszeichnen (vgl. BSG in SozR 2200
§ 1246 Nr. 143, Seite 473 m. w. N.), verweisbar. Dem Kläger ist objektiv und subjektiv die Tätigkeit eines Pförtners
zumutbar. Nach dem beigezogenen berufskundlichen Gutachten der Diplom-Verwaltungswirtin S ... H ... vom 07.
Januar 2000 für das Sächsische Landessozialgericht zum Az. L 5 RJ 167/98 gehört zum Aufgabengebiet im
Wesentlichen das Empfangen und Weiterleiten von Besuchern, Betriebsangehörigen u. ä., gegebenenfalls das Prüfen
von Legitimationen, Anmelden und Weiterleiten der Besucher, Ausstellen der Besucherscheine sowie das Erteilen von
Auskünften. Je nach Arbeitsplatzgestaltung fallen auch das Bedienen der Telefonanlage, Postverteilung,
Durchführung von Kontrollgängen an. Die Arbeit ist generell körperlich leicht und wird in der Pförtnerloge überwiegend
im Sitzen, mit der Möglichkeit des Haltungswechsels zwischen Gehen, Stehen und Sitzen verrichtet. Auf Grund des
Publikumsverkehrs kommt es zum Teil durch stoßweise Arbeitsbelastung (z. B. Schichtwechsel, Arbeitsende) zu
Zeitdruck. In psychischer Hinsicht sind Reaktionsvermögen, Entschlusskraft, Handlungsbereitschaft, Besonnenheit
und Umsichtigkeit, Verantwortungsbewusstsein, Zuverlässigkeit und Unbestechlichkeit erforderlich. "Einfache"
Pförtner, deren Aufgabenbereich in der Überwachung und Abwicklung des Besucherverkehrs einer Dienststelle oder
Einrichtung derselben besteht, werden z. B. im öffentlichen Dienst nach der Lohngruppe 2 Nr. 1.9 des
"Manteltarifvertrages für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Bundes und der Länder" (MTArb) bezahlt. Es
handelt sich um eine Lohngruppe, die sich aus dem Niveau der einfachen (Hilfs-) Arbeiten heraushebt und bestimmt
ist für "Arbeiter, für die eine eingehende Einarbeitung erforderlich ist". Eine besondere Berufsausbildung wird nicht
vorausgesetzt und die nötige Einarbeitungszeit übersteigt in keinem Fall die Dauer von drei Monaten. Im Gegensatz
zum gehobenen Pförtner (vgl. BSG, Urteil vom 28. Mai 1991, Az. 13/5 RJ 29/89) handelt sich hierbei nicht
ausschließlich um Schonarbeitsplätze. Arbeitsplätze für einfache Pförtner stehen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt
noch in genügender Anzahl zur Verfügung. Bei in Tarifverträgen genannten Tätigkeiten besteht die Vermutung, dass
es Arbeitsplätze in ausreichender Anzahl gibt (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 102 m. w. N.).
Der Kläger verfügt nach den medizinischen Ermittlungen über ein vollschichtiges Leistungsvermögen für körperlich
leichte Arbeiten im Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen, ohne schweres Heben und Tragen, ohne häufiges
Bücken, ohne ständigen Zeitdruck, ohne Nachtschicht und ohne Einwirkungen von zu starker Hitze oder Kälte. Auf
die zutreffenden Feststellungen des SG, welchen sich der Senat nach Überprüfung vollumfänglich anschließt, wird
Bezug genommen und verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG). Der Einwand des Klägers, das SG habe den Rentenanspruch
ohne weitere Sachaufklärung zu den Widersprüchen zwischen den Gutachten von Dr. R ... und Dr. N ...
zurückgewiesen, greift nicht durch. Denn eine solche ist nicht erforderlich gewesen. Die Gutachten weichen nicht
wesentlich in den erhobenen Befunden, sondern hinsichtlich der daraus abzuleitenden Beeinträchtigungen und
Funktionseinschränkungen voneinander ab. Erforderlich war nicht eine weitere medizinische Sachaufklärung, sondern
die Würdigung des Leistungsvermögens des Klägers. Diese hat das SG in Blatt 11 bis 13 des Urteils getroffen und
unter Belegung sozialmedizinischer Literatur (Sozialmedizinische Begutachtung in der gesetzlichen
Rentenversicherung) nachvollziehbar und ausführlich dargelegt, aus welchen Gründen es dem Gutachten des Dr. R ...
gefolgt ist. Dass die Einschätzung des Sachverständigen Dr. R ... zutreffend ist, wird durch den Rehabilitationsbericht
der ... Klinik Bad Sch ... vom 01. September 2000 belegt. Dort konnte eine therapierefraktäre Hypertonie nicht
festgestellt werden. Vielmehr ergab die Langzeitblutdruckmessung ein normotones Blutdruckverhalten. Lediglich bei
der Belastungsergometrie fiel in der Abbruchstufe bei 150 Watt, welche körperlich schwerer Arbeit entspricht, ein
erhöhter diastolischer Wert auf. Ein unter vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte körperliche Tätigkeiten lässt
sich auch nach dem Bericht des Dr. Sch ... vom 02. April 2001 nicht feststellen. Bei gleichbleibend normaler
Nierenfunktion und seit Juli 1997 nicht wesentlich gebesserten Blutdruckwerten ergeben sich gegenüber dem
Rehabilitationsbericht keine verschlechterten Befunde. Damit ist der Kläger in der Lage, vollschichtig eine Tätigkeit
als Pförtner zu verrichten. Insbesondere bestehen nach dem orthopädischen Konsil vom 11. August 2000 keine
wesentlichen Erkrankungen auf diesem Gebiet, so dass eine überwiegend sitzende Tätigkeit möglich ist. Nach der
psychologischen Einschätzung im Rehabilitationsverfahren ergab die Hirnleistungsdiagnostik keinerlei Hinweise auf
cerebral-pathologische Erscheinungen. Die allgemeine Intelligenz war nach den Testergebnissen durchschnittlich, die
Konzentrations- und Sorgfaltsleistung waren durchschnittlich bis überdurchschnittlich, so dass eine hohe
psychophysiologische Leistungsfähigkeit vorliegt. Anhaltspunkte dafür, dass nunmehr auf neurologisch-
psychiatrischem Gebiet nicht mehr therapierbare Erkrankungen mit wesentlichen Funktionseinschränkungen
eingetreten sind, werden in dem Bericht des Dr. Sch ... vom 02. April 2001 nicht mitgeteilt. Bei dieser Sachlage
besteht kein Grund zur Einholung eines neurologisch-psychiatrisches Gutachtens.
Mit dem vollschichtigen Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ist der Kläger nicht berufsunfähig. Bei
einem auf das allgemeine Arbeitsfeld verweisbaren Versicherten bedarf es nach dem Urteil des Bundessozialgerichtes
vom 01. März 1984 (4 RJ 43/83 - SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 117) nur dann der konkreten Benennung zumindest
einer Verweisungstätigkeit, wenn der Kläger selbst leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nur noch mit
vielfältigen und/oder erheblichen gesundheitlichen Einschränkungen ausführen kann. Dies ist jedoch nicht der Fall.
Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine sonstige schwerwiegende Behinderung, die es
dem Kläger auch bei vollschichtiger Einsatzfähigkeit unmöglich macht, eine geeignete Erwerbstätigkeit aufzunehmen,
sogenannte "Katalogfälle" (vgl. BSG, Urteil vom 25. Juni 1986 - 4a RJ 55/84 - SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 137) liegen
nicht vor. Insbesondere ist der Kläger nicht am Zurücklegen des Arbeitsweges, also des Weges von seiner Wohnung
bis zu einer etwaigen Arbeitsstätte (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991 - 13/5 RJ 43/90 - SozR 3-2200 § 1247
RVO Nr. 10), gehindert. Betriebsunübliche Pausen (vgl. BSG, Urteil vom 30. Mai 1984 - 5a RKn 18/83 SozR 2200 §
1247 RVO Nr. 43) muss er während der Arbeitszeit nicht einhalten.
Der Umstand, dass es in einer Zeit angespannter Arbeitsmarktlage schwierig ist, einen passenden Arbeitsplatz zu
finden, und die Bundesanstalt für Arbeit zu einer derartigen Vermittlung nicht in der Lage ist, ist kein Grund zur
Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit. Denn bei vollschichtiger Einsatzmöglichkeit ist der Arbeitsmarkt der
gesamten Bundesrepublik Deutschland zu berücksichtigen, und es kommt auf die Zahl der vorhandenen, nicht auf die
Zahl der gerade freien Arbeitsplätze an (vgl. BSG, Großer Senat, Beschluss vom 19. Dezember 1996 - GS 2/95 -
BSGE 80,24 -).
Nachdem der Kläger nicht berufsunfähig im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI (a. F.) ist, hat er erst recht keinen
Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach den strengeren Vorschriften des § 44 SGB
VI (a. F.). Bei einem Leistungsvermögen von mehr als sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sind
auch die Voraussetzungen zur Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gemäß § 43 Abs. 1 Satz
2 SGB VI (in der Fassung ab dem 01. Januar 2001 - BGBl. 2000, Teil I, Seite 1827) nicht erfüllt.
Die Anwendung der §§ 43, 44 SGB VI a. F. resultiert aus der Rentenantragstellung vom September 1996 (§ 300 Abs.
2 SGB VI).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen für die Zulassung nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG
nicht vorliegen.