Urteil des LSG Sachsen vom 28.02.2002
LSG Fss: berufliche tätigkeit, karpaltunnelsyndrom, berufskrankheit, arthrose, druck, privatdozent, form, synovialitis, einwirkung, schmerzensgeld
Sächsisches Landessozialgericht
Urteil vom 28.02.2002 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Dresden S 5 U 186/99
Sächsisches Landessozialgericht L 2 U 141/00
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 15.08.2000 wird
zurückgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. III. Die
Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob es sich bei den Gesundheitsstörungen des Klägers im Bereich der rechten Hand und des rechten
Unterarmes um entschädigungspflichtige Berufskrankheiten handelt.
Der am ... geborene Kläger absolvierte nach seinen Angaben von September 1958 bis Februar 1960 eine
Maschinenschlosser-Lehre und war danach bis Dezember 1961 als Elektroschweißer tätig. Nach einer Zeit des
Wehrdienstes arbeitete er von Februar 1962 bis 1976 als Kaftfahrer und danach als Kraftfahrzeugschlosser. Vom
26.11.1993 bis 22.11.1996 war er insbesondere wegen Beschwerden im Bereich der rechten Hand und des rechten
Unterarmes arbeitsunfähig erkrankt. Vom 23.11.1996 bis 05.05.1998 arbeitete er als Kraftfahrer, ab 06.05.1998 war er
wegen eines Herzinfarktes arbeitsunfähig erkrankt.
Am 25.11.1993 hatte der Kläger beim Richten einer Runge plötzlich heftige und stechende Schmerzen im rechten
Handgelenk verspürt. Die Fachärztin für Chirurgie Dr. L ..., die er am nächsten Tag aufsuchte, diagnostizierte eine
Distorsion des rechten Handgelenkes. Wegen nicht nachlassender Beschwerden konsultierte der Kläger am
18.01.1994 den Orthopäden Dipl. Med. D ..., der eine ausgeprägte Synovitis im Handgelenksbereich feststellte. In der
Orthopädischen Klinik H ..., die der Kläger zur weitergehenden Diagnostik aufsuchte, wurde ein beginnendes
Karpaltunnelsyndrom festgestellt, das am 06.05.1994 operativ behandelt wurde. Nach der Operation traten sensible
Störungen im Bereich des Nervus ulnaris auf, wegen derer im August 1995 eine Arthroskopie des rechten
Handgelenkes durchgeführt wurde, ohne dass hiernach Beschwerdefreiheit eintrat. Am 22.05.1996 wurde eine
Arthrose im Gelenk im Dreiecksbein und Erbsenbein festgestellt und das Erbsenbein entfernt. Nach einer weiteren
Denervations-Operation am rechen distalen Unterarm im September 1997 im Kreiskrankenhaus Z ... trat eine
Besserung der Beschwerden ein.
Wegen des Ereignisses vom 25.11.1993 wurde von der Beklagten ein Feststellungsverfahren bezüglich der
Feststellung eines entschädigungspflichtigen Arbeitsunfalles durchgeführt. Nach Einholung eines fachchirurgischen
Gutachtens, das von Privatdozent Dr. med. St ... nach einer Untersuchung am 08.08.1995 erstellt worden war, wurde
mit Bescheid vom 27.11.1995 und Widerspruchsbescheid vom 22.10.1996 die Gewährung von
Entschädigungsleistungen aufgrund des Ereignisses vom 25.11.1993 abgelehnt. Nachdem der Kläger hiergegen unter
dem Az. S 5 U 383/96 Klage vor dem Sozialgericht Dresden (SG) erhoben hatte, erstellte Privatdozent Dr. P ...,
Krankenhaus D ..., auf Veranlassung des SG am 23.06.1997 ein Gutachten, in dem er zu dem Ergebnis kam, dass
das Ereignis vom 25.11.1993 nicht geeignet gewesen sei, das später vorgefundene Karpaltunnelsyndrom und die
Arthrose im Handgelenk auch nur vorübergehend zu verschlimmern. Auf der Grundlage dieses Gutachtens wurde mit
Gerichtsbescheid vom 07.10.1997 die Klage abgewiesen. Berufung wurde nicht eingelegt.
Ebenfalls im Oktober 1997 leitete die Beklagte ein weiteres Feststellungsverfahren ein, in dem geprüft wurde, ob es
sich bei den Beschwerden des Klägers im Bereich des rechten Unterarmes bzw. des rechten Handgelenkes um eine
BK nach der Nr. 2101 bzw. Nr. 2106 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) handele. Sie ermittelte
zunächst in medizinischer Hinsicht und zog u. a. das im Verfahren S 5 U 383/96 erstellte Gutachten bei.
In diesem Gutachten vom 23.06.1997 hatte Dr. P ... festgestellt, dass die Auswärtsdrehung und die
Handgelenksbeweglichkeit rechts eingeschränkt seien. Weitere krankhafte Befunde wurden nicht erhoben. Der
Faustschluss war normal, Sensibilitätsstörungen ließen sich nicht objektivieren. Ferner führte Dr. P ... aus, es habe
sich bei der Tätigkeit, die der Kläger ausgeführt habe, als die Schmerzen im Handgelenksbereich eintraten, um eine
Tätigkeit gehandelt, die der Kläger jahrelang ausgeführt habe und die als gewohnte schwere körperliche Arbeit
einzuschätzen sei. Dass es beim Schlagen auf Metallteile zu Rückstoßerschütterungen komme, sei verständlich.
Dabei seien Prellungen denkbar, die sich aus einem vorübergehenden lockeren Festhalten des Setzeisens erklären
ließen. Derartige Verprellungen könnten heftige Schmerzen verursachen, hinterließen aber keine strukturellen
Veränderungen an Knochen, Gelenken oder Weichteilstrukturen. Objektiv nachweisbar sei in der Folgezeit ein
Karpaltunnelsyndrom gewesen, bedingt durch die sonografisch gefundene erhebliche Synovitis in diesem Bereich.
Diese sei jedoch nicht als Folge einer einmaligen unfallähnlichen Krafteinwirkung zu erklären, sondern in der Regel die
Folge einer chronischen Überbeanspruchung und somit Ausdruck eines sogenannten Überlastungsschadens. Ein
Karpaltunnelsyndrom enstehe in der Regel durch chronische spezifische oder unspezifische Entzündungen im Bereich
der Sehnenscheiden oder posttraumatisch nach Radiusfrakturen. Die noch später aufgetretenen
Sensibilitätsstörungen im Ulnarisbereich ließen sich mit dem Unfallereignis in keinen kausalen Zusammenhang
bringen.
Der Technische A ... ( ...) der Beklagten führte im Schreiben vom 24.09.1998 aus, dass die arbeitstechnischen
Voraussetzungen zur Annahme ener gefährdenden Belastung der Nr. 2101 der Anlage zur BKV nicht gegeben seien.
Sowohl das Führen von Lkw ohne Servolenkung und mit mechanischem Schaltgetriebe als auchd die manuelle
handwerkliche Tätigkeit in der Kraftfahrzeugreparaturwerkstatt seien nicht geeignet, einseitige und langandauernde
mechanische Beanspruchungen der oberen Extremitäten zu bewirken.
Der Gewerbearzt Dr. N ... gab in einer gewerbeärztlichen Kurzstellungnahme hinsichtlich der BK Nr. 2101 an, dass
kein begründeter BK-Verdacht bestehe, da lt ... keine ausreichende Exposition gegeben sei. Bezüglich einer BK Nr.
2106 bestehe ebenfalls kein begründeter Verdacht. Kraftaufwendige Beuge-, Streck- und Greifbewegungen der Hand,
ggf. auch mit Druck auf den Bereich des Karpaltunnels kämen bei Kfz-Schlossern gelegentlich, jedoch im allgemeinen
nicht häufig bzw. in schneller zeitlicher Folge vor. Eine BK-relevante Exposition werde deshalb nicht angenommen.
Mit Bescheid vom 07.01.1999 wurde daraufhin das Vorliegen einer BK 2101 bzw. 2106 der Anlage zur BKV verneint.
Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde mit Bescheid vom 19.05.1999 zurückgewiesen. Am 21.06.1999 hat der
Kläger Klage vor dem SG erhoben. Im Rahmen seiner Ermittlungen hat das SG zunächst eine Stellungnahme des ...
bezüglich des Vorliegens der arbeitstechnischen Voraussetzungen einer BK Nr. 2106 eingeholt.
In der Stellungnahme vom 06.09.1999 hat der ... ausgeführt, dass Voraussetzung für das Vorliegen einer
Drucklähmung der Nerven ein von außen kommender anhaltender oder wiederholt auftretender Druck sei. Auch
ständig gleichartige Körperbewegungen könnten infolge von Überdehnung Drucklähmungen von Nerven hervorrufen.
Annahmekriterien seien für den Bereich der oberen Extremitäten das Arbeiten mit Aufstützen der Ellenbogen oder
Druck von Werkzeugen o. ä. gegen die Hohlhand durch Melken, Gravieren, Glasschneiden, Zuschneiden u. ä. Durch
Schlagen mit dem Fäustel und Gegenhalten mit dem Setzeisen werde Blech getrieben. Diese Arbeit werde im
Wesentlichen bei Karosserierepaturen an Kraftfahrzeugen ausgeführt. Beim leichten repetitiven Schlagen mit
Bewegung des Handgelenks entstünden durch den Aufprall des Hammers Druckkräfte, die über den Griff auf die
Innenhand im Bereich zwischen Daumen und Zeigefinger auf den umklammernden Ringfinger und den kleinen Finger
übertragen würden. Der Kläger habe angegeben, dass er die Arbeit mit Fäustel und Setzeisen seit 20 Jahren ausführe,
wobei ähnliche Anstrengungen wie am 25.1.1993 durchaus alltäglich gewesen seien. Zusammenfassend werde
festgestellt, dass die arbeitstechnischen Voraussetzungen zur Annahme einer gefährdenden Belastung im Sinne der
BK Nr. 2106 gegeben gewesen seien.
Ferner hat das SG nach Einholung von Befundberichten Prof. Dr. D ... mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt.
Im Gutachten vom 03.05.2000 hat Prof. Dr. D ... nach einer Untersuchung am 02.05.2000 folgende Diagnosen
gestellt:
1. Elektroneurologisch nachgewiesenes rezidivierendes Karpal tunnelsyndrom beiderseits bei Arthrose im Bereich
beider Handgelenke.
2. Elektroneurologisch nachgewiesenes Sulcus nervi ulnaris-Syn drom beiderseits bei röntgenologisch
nachgewiesener leichter humero-ulnarer Arthrose beiderseits.
3. Zervikales vertebragenes lokales bis pseudoradikuläres Schmerzsyndrom bei leichten polysegmentalen
degenerativen Veränderungen an der HWS.
Des Weiteren hat der Gutachter insbesondere ausgeführt, dass krankhafte Befunde im Sinne einer Erkrankung der
Sehnenscheiden oder des Sehnengleitgewebes sowie der Sehnen- oder Muskelansätze an der oberen Extremität nicht
vorlägen. Krankhafte Befunde im Sinne einer BK Nr. 2106 lägen formal als Karpaltunnelsyndrom und als Sulcus
ulnaris-Syndrom beiderseits vor. Jedoch sei das Sulcus ulnaris-Syndrom erstmals elektroneurologisch in Form
leichter sensibler Störungen im Ulnarisbereich am 31.08.1994, also über neun Monate nach dem Ende der beruflichen
Exposition aufgetreten. Auch das Karpaltunnelyndrom habe nicht am Anfang der Symptomatik gestanden. Vielmehr
seien die inititalen Symptome deutliche Hinweiszeichen für eine Synovialitis, wie sie bei einem degenerativen Prozess
im Handwurzelbereich wie auch an anderen Gelenken typisch seien. Noch am 08.02.1994 hätten nur diskrete
Veränderungen im Sinne eines Kompressionssyndroms des Nervus medianus rechts gefunden werden können. Dass
es Jahre später und somit Jahre nach dem Ende der haftungsbegründenden beruflichen Exposition dann auch
linksseitig zur Ausbildung eines Karpaltunnelsyndroms gekommen sei, spreche eindeutig gegen einen
Zusammenhang von beruflicher Tätigkeit und Karpaltunnelsyndrom. Die Arthroskopie des rechten Handgelenkes am
01.09.1995 habe eine leichte Arthrose im radialen Abschnitt des rechten Handgelenkes gezeigt. Diese sei geeignet,
eine Synovialitis, wie sie zuvor bereits sonographisch belegt worden sei, hervorzurufen. Die zwischenzeitlich auch
röntgenologisch eindeutig belegte Arthrose in beiden Handgelenken sei mithin Ausdruck des progeredienten
degenerativen Prozesses an den Handgelenken beiderseits.
Mit Gerichtsbescheid vom 15.08.2000 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen
ausgeführt, dass zum einen eine berufsbedingte Erkrankung der Sehnenscheiden oder des Sehnengleitgewebes sowie
der Sehnen- oder Muskelansätze mit der Folge einer erzwungenen Aufgabe der beruflichen Tätigkeit als KFZ-
Schlosser nicht nachgewiesen werden und somit eine BK Nr. 2101 der Anlage zur BKV nicht vorliegen könne. Auch
eine BK Nr. 2106 lasse sich nicht feststellen, da nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ein ursächlicher
Zusammenhang zwischen der Erkrankung des Klägers und seiner beruflichen Tätigkeit als KFZ-Schlosser nicht
festgestellt werden könne.
Gegen den ihm mit Einschreiben vom 11.09.2000 zugestellte Gerichtsbescheid hat der Kläger am 09.10.2000
Berufung eingelegt. Zur Begründung der Berufung hat er ausgeführt, seines Erachtens müsse gerichtlich geklärt
werden, ob er am 25.11.1993 einen Unfall erlitten habe oder ob seine Erkrankung eine Berufskrankheit darstelle.
Beides solle es nicht sein. Es seien beide Verfahren zu überprüfen. Denn es könne nicht sein, dass alles so formuliert
sei, dass beide Verfahren zu seinen Ungunsten ausgingen. Des Weiteren begehre er Schmerzensgeld und
Verdienstausfall seit dem Unfallereignis vom 25.11.1993. Mit gerichtlichem Schreiben vom 27.11.2000 ist der Kläger
darauf hingewiesen worden, dass streitgegenständlich nur das Verfahren bezüglich des Vorliegens einer
Berufskrankheit sei. Eine Reaktion hierauf ist nicht erfolgt.
Er beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des SG Dresden vom 15.08.2000 und den Bescheid vom 07.01.1999 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 19.05.1999 aufzuheben und das Vorliegen einer entschädigungspflichtigen
Berufskrankheit festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Ihrer Ansicht nach ist der geltend gemachte Anspruch nicht gegeben.
Mit Schreiben vom 04.09.2001 bzw. 03.09.2001 haben sich die Beteiligten mit einer Entscheidung durch die
Berichterstatterin als Einzelrichterin einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten
aus beiden Rechtszügen und die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte gemäß § 155 Abs. 4, 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch die Berichterstatterin als Einzelrichterin
entscheiden, da das hierfür erforderliche Einverständnis vorliegt.
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Die angefochtenen Entscheidungen sind zu Recht ergangen; der Kläger ist
hierdurch nicht beschwert. Er hat keinen Anspruch auf Feststellung und Entschädigung der Gesundheitsstörungen im
Bereich des rechten Unterarmes und rechten Handgelenkes als Berufskrankheit. Die Voraussetzungen der insoweit
allein in Betracht kommenden Nr. 2101 und 2106 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) sind nicht erfüllt.
Der Anspruch richtet sich, wie bereits das SG zu Recht ausgeführt hat, noch nach den Vorschriften der
Reichsversicherungsordnung (RVO), da der als entschädigungspflichtig geltend gemachte Versicherungsfall nur vor
dem Inkrafttreten des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) eingetreten sein kann (Art. 36 des
Unfallversicherungseinordnungsgesetzes, § 212 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VII -).
Eingetreten ist der Versicherungsfall Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, zu dem sich die Gefährdungen realisiert
haben, vor denen die gesetzliche Unfallversicherung Schutz gewähren soll, damit zu dem Zeitpunkt des Eintritts jedes
Gesundheitsschadens, der die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale einer Berufskrankheit erfüllt (Mehrtens/Perlebach,
Die Berufskrankheitenverordnung, Kommentar, Stand 22.11.2001, E § 9 SGB VII Rn. 42, S. 97 m. w. N.). Diese sind
gegeben, wenn die schädigende Einwirkung einen regelwidrigen Körper- oder Geisteszustand verursacht hat, der die
Krankheitsmerkmale eines Berufskrankheitentatbestandes erfüllt und wenn ggf. erforderliche besondere Merkmale,
insbesondere die Unterlassung aller gefährdenden Tätigkeiten, vorliegen (Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche
Unfallversicherung, Handkommentar, Stand 31.01.2001, § 9 SGB VII Rn. 7). Da vorliegend als gefährdende Tätigkeit
nur die Tätigkeit des Kfz-Schlossers in Betracht kommt und da der Kläger nach 1993 in diesem Beruf nicht mehr
gearbeitet hat, kann der Versicherungsfall nur vor 1997 eingetreten sein.
Gemäß § 551 Abs. 1 Satz 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) sind Berufskrankheiten die Krankheiten, die die
Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet - die BKV nebst Anlage - und
die ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO benannten Tätigkeiten erleidet. In Betracht
kommen vorliegend die BKen Nr. 2101 und 2106 der Anlage zur BKV.
Nach der Nr. 2101 der Anlage zur BKV sind Berufskrankheiten Erkrankungen der Sehnenscheiden oder des
Sehnengleitgewebes sowie der Sehnen- oder Muskelansätze, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen
haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder des Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder
sein können. Der Kläger leidet jedoch nicht an einer derartigen Erkrankung, so dass eine BK Nr. 2101 schon aus
diesem Grunde nicht bejaht werden kann. Insbesondere hat Prof. Dr. D ... in seinem schlüssigen und überzeugenden
Gutachten vom 03.05.2000, dem sich das Gericht anschließt, dargelegt, dass der Kläger (bezüglich der oberen
Extremitäten) lediglich an einem Karpaltunnelsyndrom beidseits bei Arthrose im Bereich beider Handgelenke und
einem einem Sulcus nervi ulnaris-Syndrom beidseits bei leichter humero-ulnarer Arthrose beidseits leidet. Diese
Erkrankungen erfüllen jedoch nicht den Tatbestand der BK Nr. 2101.
Nach der Nr. 2106 der Anlage zur BKV liegt eine Berufskrankheit bei einer (beruflich verursachten) Druckschädigung
der Nerven vor. Eine Druckschädigung eines Nervs im Sinne dieser BK setzt eine sich wiederholende mechanische
und durch Druck schädigende Einwirkung voraus. Als Gefahrenquellen kommen sich ständig wiederholende,
gleichartige Körperbewegungen im Sinne von z. B. mechanischen Überbelastungen oder Andrücken eines
Werkzeuges vor (Mehrtens/Perlebach, aaO., M 2106, S. 1 f.). Ob der Kläger in seiner Tätigkeit als Kfz-Schlosser
entsprechende Tätigkeiten ausführte, (vgl. die Ausführungen des ... der Beklagten im Schreiben vom 06.09.2001,
wonach der Kläger Arbeiten wie Blech treiben mit Fäustel und Setzeisen häufig ausführte), kann jedoch letztlich offen
bleiben, da jedenfalls nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden kann, dass die
Erkrankungen des Klägers im Bereich der rechten oberen Extremität auf seine berufliche Tätigkeit als Kfz-Schlosser
zurückzuführen sind.
Zwar liegen beim Kläger Nervenschädigungen vor (Karpaltunnelsydrom und Sulcus nervi ulnaris-Syndrom). Jedoch hat
die berufliche Tätigkeit des Klägers diese Erkrankungen nicht rechtlich wesentlich verursacht.
Eine Berufskrankheit ist nämlich nur dann infolge einer versicherten Tätigkeit eingetreten und somit als
Berufskrankheit anzuerkennen und zu entschädigen, wenn die beruflichen Belastungen in rechtlich wesentlicher
Weise bei der Krankheitsentstehung mitgewirkt haben. Die Wertung als rechtlich wesentliche Ursache erfordert nicht,
dass der berufliche Faktor die alleinige oder überwiegende Bedingung ist. Haben mehrere Ursachen (in medizinisch-
naturwissenschaftlicher Hinsicht) gemeinsam zum Entstehen der Erkrankung beigetragen, sind sie nebeneinander
(Mit-)Ursachen im Rechtssinne, wenn beide in ihrer Bedeutung und Tragweite beim Eintritt des Erfolges wesentlich
mitgewirkt haben. Der Begriff "wesentlich" ist nicht identisch mit den Beschreibungen "überwiegend", "gleichwertig"
oder "annähernd gleichwertig". Auch eine "nicht annähernd gleichwertige" sondern rechnerisch (prozentual), also
verhältnismäßig niedriger zu wertende Bedingung kann für den Erfolg wesentlich sein. Ein mitwirkender Faktor ist
vielmehr nur dann rechtlich unwesentlich, wenn er von einer anderen Ursache ganz in den Hintergrund gedrängt wird.
Unter Beachtung dieser Grundsätze ist vorliegend nicht davon auszugehen, dass die berufliche Tätigkeit des Klägers
das Karpaltunnelsyndrom und das Sulcus nervi ulnaris-Syndrom rechtlich wesentlich verursacht hat. Hiergegen
spricht insbesondere der fehlende zeitliche Zusammenhang: Das Karpaltunnelsyndrom wurde erstmals ca. sieben
Wochen nach dem Ereignis vom 25.11.1993, anlässlich dessen die Beschwerden erstmals auftraten, diagnostiziert.
Zu diesem Zeitpunkt bestand das Karpaltunnelsyndrom jedoch in einem nur geringen Umfang und wurde lediglich
anlässlich der Untersuchung des Klägers bezüglich der Folgen des Ereignisses vom 25.11.1993 festgestellt; die
damaligen Beschwerden des Klägers können, wie sich sowohl aus dem im Verfahren SG Dresden, S 5 U 383/96 am
23.06.1997 erstellten Gutachten von Privatdozent Dr. P ... und dem Gutachten von Prof. Dr. D ... vom 03.05.2000
ergibt, nicht auf das Karpaltunnelsyndrom zurückgeführt werden. Dass sich in der Folgezeit auch linksseitig ein
Karpaltunnelsyndrom entwickelte, weist ebenfalls auf den fehlenden Zusammenhang von beruflicher Tätigkeit und
Karpaltunnelsyndrom hin.
Auch die Nervenschädigung in Form des Sulcus nervi ulnaris-Syndrom kann nicht mit hinreichender
Wahrscheinlichkeit auf die berufliche Tätigkeit zurückgeführt werden. Zum einen wurde es erstmals erst im August
1994 diagnostiziert, zum anderen ist auch diese Schädigung beidseits aufgetreten.
Im Übrigen geht der Kläger fehl in der Annahme, dass seine Beschwerden entweder auf einem Arbeitsunfall beruhen
oder den Tatbestand einer Berufskrankheit erfüllen müssten. Berufskrankheiten können, wie bereits dargelegt, nur die
in der Anlage zur BKV aufgeführten Erkrankungen sein. Andere Erkrankungen, auch wenn sie berufsbedingt sind,
können in der Regel nicht als Berufskrankheiten anerkannt werden. Darüber hinaus können auch nicht alle
Gesundheitsstörungen, die bei Ausübung der beruflichen Tätigkeit (in Form eines Unfalles) eintreten, als
Arbeitsunfälle entschädigt werden. Auch insoweit ist Voraussetzung, dass die berufliche Tätigkeit die Schädigung
rechtlich wesentlich verursacht hat. Einem "Vergleich" der Entscheidungen des SG im Verfahren S 5 U 383/96 und im
Verfahren S 5 U 186/99 stand zudem die Rechtskraft des im Verfahren S 5 U 383/96 am 07.10.1997 ergangenen
Gerichtsbescheides entgegen. Darüber hinaus existieren keine Anspruchsgrundlagen, aufgrund derer im
sozialgerichtlichen Verfahren Schmerzensgeld und Verdienstausfall wegen erlittener Arbeitsunfälle beansprucht
werden könnte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2
SGG).