Urteil des LSG Sachsen vom 20.09.2001

LSG Fss: berufliche tätigkeit, arbeitsunfall, chondropathia patellae, belastung, gutachter, unfallversicherung, bedingung, befund, vertreter, gesundheitsschaden

Sächsisches Landessozialgericht
Urteil vom 20.09.2001 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Dresden S 5 U 373/97
Sächsisches Landessozialgericht L 2 U 111/00
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 25.05.2000 wird zurückgewiesen. II.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht
zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Feststellung und Entschädigung eines Ereignisses vom 18.04.1995 als Arbeitsunfall.
Der am ...geborene Kläger war zum Zeitpunkt dieses Ereignisses als Transportarbeiter bei einer Möbelspedition
beschäftigt. Ausweislich eines Durchgangsarztberichtes vom 18.04.1995 stellte sich der Kläger an diesem Tage bei
dem Chirurgen Dr. Sch ... wegen starker Schmerzen und Bewegungseinschränkung des rechten Knies vor. Dr. Sch ...
gab als Diagnose "Verdacht auf Innenmeniskusläsion" an. Das Röntgenbild habe keinen sicheren Hinweis auf frische
knöcherne Verletzungen ergeben, jedoch fragliche degenerative Veränderungen im Bereich der medialen Patella. Ein
Erguss habe sich nicht gefunden, auch keine Schwellung und keine Prellmarke. Die Beweglichkeit bei der Streckung
sei endgradig schmerzhaft eingeschränkt gewesen. Bei Bewegung habe sich Knirschen der Patella gezeigt.
Im Nachschaubericht vom 24.04.1995 führte Dr. Sch ... aus, dass der Kläger weiterhin über Schmerzen und
Bewegungseinschränkungen im rechten Kniegelenk geklagt habe. Er habe nach nochmaliger Befragung angegeben, er
habe ein Möbelstück abgesetzt und beim Hochkommen aus der Hocke ein Knacken im Knie verspürt. Er sei hierauf
die Treppe hinuntergegangen und habe danach verstärkt Schmerzen im rechten Knie gehabt.
In der Unfallanzeige des Arbeitgebers vom 20.04.1995 wurde das Unfallereignis so geschildert, dass der Kläger beim
Abstellen eines Möbelstückes ein Knacken im Knie festgestellt habe. Einige Minuten später habe er bereits nicht
mehr auftreten können.
Gegenüber der Beklagten gab der Kläger mit Schreiben vom 15.04.1996 an, er habe in der Firma Möbel getragen. Als
er einen Schrank habe absetzen wollen, habe es es einen Knacks im rechten Knie gegeben und er habe nicht mehr
laufen können. Die Schmerzen hätten sich gleich bemerkbar gemacht und das rechte Knie sei dick geworden. Er habe
sofort aufgehört zu arbeiten, da nichts mehr gegangen sei. Früher habe er keinerlei Kniebeschwerden gehabt.
Wegen fortbestehender Kniebeschwerden wurde der Kläger am 01.05.1995 in das C ...-A ...-Krankenhaus in B ...
eingeliefert. Am 02.05.1995 wurde dort eine Arthroskopie durchgeführt. Ausweislich des OP-Berichtes wurden ein
Korbhenkelriss des Innenmeniskus rechts bei ausgeprägten degenerativen Verfranzungen und chondromalazische
Veränderungen I. und II. Grades des medialen Femurcondylus festgestellt.
Die Beklagte beauftragte Herrn Dr. B ... mit der Erstellung eines unfallchirurgischen Gutachtens. Im Gutachten vom
28.10.1996 kam der Gutachter zu dem Ergebnis, dass Folgen, die dem Ereignis vom 18.05.1995 angelastet werden
könnten, nicht vorlägen. Unfallunabhängig bestehe ein Innenmeniskuskorbhenkelriss am rechten Knie. Im
Arthroskopiebericht vom 02.05.1995 sei der Innenmeniskus als degenerativ verändert beschrieben worden. Außerdem
seien Knorpelveränderungen I. und II. Grades im Bereich der inneren Oberschenkelrolle festgestellt worden. Beim
dem als degenerativ verändert beschriebenen Innenmeniskus handele es sich um einen Vorgang, der über das Maß
der biologischen Abnutzung hinausgehe. Ein degenerativ veränderter Meniskus weise eine erhöhte Rissbereitschaft
auf. Das Ereignis vom 18.04.1995 sei diesbezüglich lediglich als Gelegenheitsursache anzusehen, die endgültig zur
Zusammenhangstrennung des rissbereiten Innenmeniskus geführt habe. Bei dem vom Kläger geschilderten
Unfallmechanismus (Einnehmen der Hocke beim Absetzen eines Möbelstückes, Hochkommen aus der Hocke) finde
ein physiologischer Bewegungsablauf im Gelenk statt. Diese Bewegungen kämen als Ursache für einen traumatisch
bedingten isolierten Meniskusschaden nicht in Betracht. Bedingung für eine isolierte Meniskusverletzung sei, dass
Bewegungsabläufe erfolgten, die mit der physiologischen Gelenkbeweglichkeit nicht in Einklang zu bringen seien.
Dies sei z.B. der Fall, wenn durch eine Fixierung der physiologischen Innenrotationsstellung bei Beugung des
Kniegelenkes eine Schlussrotation bei der Kniestreckung nicht erfolgen könne, z.B. eine fluchtartige
Ausweichbewegung unter Drehung des Oberkörpers, bei der der Fuß fixiert stehen bleibe, ein Sturz bei fixiertem Fuss
des Standbeines oder eine Schwungverletzung. Die Beweglichkeit der Kniegelenke wurde bds. mit 0/0/135
angegeben.
Mit Bescheid vom 14.01.1997 lehnte die Beklagte daraufhin die Gewährung einer Entschädigung aus Anlass des
Ereignisses vom 18.04.1995 ab. Nachdem der Kläger hiergegen Widerspruch eingelegt hatte, holte die Beklagte noch
eine Stellungnahme ihres Beratungsarztes Dr. M ... ein. Dieser stellte am 17.03.1997 fest, es sei aus ärztlicher Sicht
überzeugend und zutreffend, dass tatsächlich eine Gelegenheitsursache vorgelegen habe, zumal durch nichts
bewiesen sei, dass der Meniskus anlässlich des angeschuldigten Ereignisses rupturiert habe. Vielmehr müsse man
nach dem Operationsbericht davon ausgehen, dass sich bei diesem Ereigniss lediglich der Korbhenkel ins
Gelenkinnere verlagert habe. Man könne also keineswegs von einer wesentlichen Teilursache sprechen, zumal eine
solche Luxation jederzeit bei einer Kniebeugung eintreten könne. Es bestehe kein Zusammenhang zwischen dem
Ereignis vom 18.04.1995 und dem Meniskusschaden. Mit Widerspruchsbescheid vom 31.10.1997, per Einschreiben
abgesandt am 04.11.1997, wurde der Widerspruch zurückgewiesen.
Am 05.12.1997 hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Dresden (SG) erhoben. Das SG hat im Rahmen seiner
Ermittlungen insbesondere ein Gutachten auf unfallchirurgischem Sachgebiet eingeholt. Dr. P ... hat im Gutachten
vom 13.07.1999 ausgeführt, dass beim Kläger im Bereich des rechten Kniegelenkes ein belastungsabhängiges
Schmerzsyndrom nach Teilentfernung des Innenmeniskus 1995 bestehe. Die jetzt angegebenen Schmerzen seien
weitgehend typisch für die im März 1997 bei der Kontrollarthroskopie gefundene Chondropathia patellae:
Zohlenzeichen, Andruckschmerz der Kniescheibe. Bei dem Ereignis vom 18.04.1995 sei es offenbar zu einem
Einschlagen eines Teiles des Innenmeniskus rechts ins Gelenk gekommen (Korbhenkel). Möglicherweise sei auch
der Korbhenkelriss selbst zu diesem Zeitpunkt aufgetreten. Nach übereinstimmender Auffassung in der gesamten
Begutachtungsliteratur komme der isolierte Korbhenkelriss fast ausschließlich auf degenerativer Grundlage des
Meniskusgewebes vor, wobei dann ein beliebiger äußerer Anlass, meistens eine normale Bewegung des
Kniegelenkes, als auslösende Ursache für das Einreißen in dieser typischen Form angesehen werde. Nur in extrem
seltenen Fällen könne speziell beim Korbhenkelriss ein Unfallzusammenhang hergestellt werden, nämlich dann, wenn
ein sog. Drehsturz vorliege. Ein einfaches Aufrichten aus der Hockstellung sei dagegen nicht geeignet, einen
gesunden Meniskus zu zerreißen, da es sich hierbei um einen gelenktypischen Bewegungsablauf handele, der
außerdem willentlich gesteuert werde. Die Tatsache, dass es bei einem derartigen alltäglichen Bewegungsablauf
wahrscheinlich zur Meniskusverletzung gekommen sei, spreche für das Vorliegen einer degenerativen Vorschädigung.
Diese sei bei der Operation makroskopisch bestätigt worden. Dass offensichtlich keine histologische Untersuchung
durchgeführt worden sei, könne die gemachen Aussagen in keiner Weise relativieren. Eine
Zusammenhangsbeurteilung sei auch ohne histologischen Befund mit hinreichender Wahrscheinlichkeit möglich.
Weitere Indizien für das Vorliegen einer degenerativen Schadensanlage des betroffenen Meniskus seien das
gleichzeiige Vorliegen degenerativer Knorpelveränderungen, die bei der ersten Arthroskopie im Bereich des Condylus
femoris und bei der Kontrollarthroskopie an der Kniescheibengelenkfläche gefunden worden seien, die Tatsache, dass
auch am linken Kniegelenk ohne Unfall eine Meniskusoperation notwendig gewesen sei, ferner die klinisch beidseits
ausgeprägten Symptome der retropatellaren Chondropathie mit den typischen Befunden des Knieandruckschmerzes
und des positiven Zohlenzeichens sowie des umschriebenen Druckschmerzes am inneren Gelenkspalt.
Zusammenfassend müsse es als hinreichend wahrscheinlich angesehen werden, dass der Gesundheitsschaden
(Korbhenkelriss des Innenmeniskus rechts) auch ohne das Ereignis vom 18.04.1995 in absehbarer Zeit durch eine
austauschbare ähnliche alltägliche Belastung aufgetreten wäre. Es sei geradezu typisch für das Auftreten eines
Korbhenkelrisses, dass ein eigentliches Unfallereignis in den allermeisten Fällen nicht rekonstruierbar sei, sondern
dass es sich um alltägliche Bewegungsabläufe handele, wie z.B. Aufrichten aus der Hocke, Anheben eines
Gegenstandes u.ä ...
Auf Antrag des Klägers hat das SG ein weiteres Gutachten eingeholt. Der Arzt für Chirurgie/Sozialmedizin Dr. L ... hat
im Gutachten vom 29.10.1999 ausgeführt, dass das rechte Kniegelenk des Klägers am Menikus 1997, 1998 und 1999
erneut operiert worden sei. Auch vom Außenmeniskus sei zwischenzeitlich ein Teil entfernt worden. Mittlerweise sei
auch am linken Kniegelenk ein Eingriff erfolgt, dort sei "irgend etwas" am linken Meniskus erfolgt. Der Kläger habe
über laufende Beschwerden in beiden Kniegelenken geklagt, beide schmerzten gleichzeitig. Er könne nicht in die
Hocke gehen, weil er anschließend nicht mehr hochkomme. Die Beweglichkeit beider Kniegelenke sei frei (0/0/120
bds.), allerdings liege "ein Zustand zu voller Instabilität bei Lockerung des vorderen Kreuzbandes neigendes
Kniegelenk" vor. Bei dem Ereignis vom 18.04.1995 sei eine Zusammenhangstrennung am rechten Meniskus im
Bereich des Innenmeniskushinterhorns aufgetreten. Da es sich um eine willentlich gesteuerte und durch
entsprechende Kraftausführung durchgeführte Bewegung von Ober- gegen Unterschenkel gehandelt habe, liege ein
eigentlicher traumatischer Schaden nicht vor. Nach dem intraoperativen Befund könne zudem ein akutes
traumatisches Geschehen ausgeschlossen werden. So sei ein Bluterguss nicht beschrieben worden. Offensichtlich
sei es beim Kläger sehr frühzeitig zu fortgeschrittenen degenerativen Veränderungen gekommen. Diese
Schadensanlage sei als unfallunabängiger Kausalfaktor wesentlicher Bestandteil der Verletzung vom 18.04.1995. Die
Schadensanlage sei durch den Verlauf nach dem Unfallhergang und den intraoperativen Befund hinreichend
nachgewiesen und habe zu der Verletzung des rechten Kniegelenkes geführt.
Mit Urteil vom 25.05.2000 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass
die berufliche Tätigkeit des Klägers jedenfalls nicht wesentliche (Mit)Ursache für das Auftreten der
Korbhenkelmeniskusverletzung am rechten Kniegelenk geworden sei. Das Kniegelenk des Klägers sei schon vor dem
Ereignis am 18.04.1995 deutlich krankhaft verändert gewesen. Auch die Tatsache, das keine histologische
Untersuchung durchgeführt worden sei, könne den Vorschaden nicht in Frage stellen.
Gegen das ihm am 19.06.2000 zugestellte Urteil hat der Kläger am 19.07.2000 Berufung eingelegt und zur
Begründung insbesondere ausgeführt, dass ohne eine histologische Untersuchung des entfernten Innenmeniskusteils
Aussagen über das Vorhandensein und das Ausmaß von degenerativen Veränderungen bloße Mutmaßungen
darstellten. Sofern dennoch eine Krankheitsanlage bestanden habe, komme dieser Krankheitsanlage keine rechtlich
allein wesentliche Bedeutung in der Gestalt zu, dass das Unfallereignis demgegenüber als rechtlich unbeachtliche
Gelegenheitsursache vollständig zurücktrete. Dies ergebe sich schon daraus, dass der Kläger zwischenzeitlich auch
im linken Kniegelenk eine derartige Verletzung erlitten haben müsse. Bei dem Unfallhergang sei auch eine Verdrehung
oder Verkippung des Kniegelenkes i.S. einer Verkantung von Ober- zu Unterschenkel mit einseitiger Belastung
denkbar. Zudem stelle des Gewicht des abzusetzenden Schrankes eine von außen auf den Kläger einwirkende Kraft
dar, so dass das Ereignis im Ergebnis zu Gunsten des Klägers als Arbeitsunfall zu entschädigen sei.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 14.01.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.10.1997 und das Urteil des
Sozialgerichts Dresden vom 25.05.2000 aufzuheben, festzustellen, dass es sich bei dem Unfallereignis vom
18.04.1995 um einen Arbeitsunfall handelt und dass als Folge dieses Arbeitsunfalles ein
Innenmeniskuskorbhenkelriss am rechten Knie eingetreten ist und, ihm Leistungen aus der gesetzlichen
Unfallversicherung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Ihrer Ansicht nach liegen die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruches nicht vor.
Die Beteiligten haben sich mit Schreiben vom 28.05.2001 mit einer Entscheidung durch die Berichterstatterin als
Einzelrichterin gemäß § 155 Abs. 4 i.V.m. Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt. Daraufhin ist
Termin zur mündlichen Verhandlung für den 20.09.2001, 11.00 Uhr, anberaumt worden; die Ladung enthält einen
Hinweis auf die Möglichkeit der Entscheidung nach Lage der Akten im Falle des Ausbleibens von Beteiligten. Mit
Telefax vom 20.09.2001, abgesandt um 8.08 Uhr haben die Prozessbevollmächtigten des Klägers mitgeteilt, dass der
Termin nicht wahrgenommen werden könne und beantragt werde, nach Aktenlage zu entscheiden. Im Termin hat der
Vertreter der Beklagten ebenfalls eine Entscheidung nach Lage der Akten beantragt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten
aus beiden Rechtszügen und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Eine Entscheidung durch die Berichterstatterin als Einzelrichterin konnte erfolgen, da das gem. § 155 Abs. 4, 3
Sozialgerichtsgesetz (SGG) erforderliche Einverständnis vorliegt. Ferner konnte eine Entscheidung nach Lage der
Akten gemäß § 126 SGG ergehen, da für den Kläger niemand erschienen ist, der Vertreter der Beklagten eine
Entscheidung nach Lage der Akten beantragt hat und da in der Ladung auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach
Lage der Akten hingewiesen worden ist.
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruches sind nicht
gegeben, da es sich bei dem Ereignis vom 18.04.1995 schon nicht um einen Arbeitsunfall i. S. v. § 548 Abs. 1 Satz 1
Reichsversicherungsordnung (RVO) handelt.
Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch richtet sich noch nach den Vorschriften der RVO, weil sich das
streitgegenständliche Ereignis am 18.04.1995 und somit vor dem Inkrafttreten des Siebten Buches Sozialgesetzbuch
(SGB VII) am 01.01.1997 ereignete (Art. 36 des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes, § 212 SGB VII).
Arbeitsunfall i.S. des § 548 Abs. 1 Satz 1 RVO ist ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in §§ 539, 540 und 543
- 545 RVO genannten und danach versicherten Tätigkeiten erleidet. Dazu ist in der Regel erforderlich, dass das
Verhalten, bei dem sich der Unfall ereignet hat, einerseits zur versicherten Tätigkeit zu rechnen ist und dass die
Tätigkeit andererseits den Unfall herbeigeführt hat (Bundessozialgerichtsentscheidungen - BSGE - 63, 273, 274).
Zunächst muss also eine sachliche Verbindung mit der im Gesetz genannten versicherten Tätigkeit bestehen, der
sog. innere Zusammenhang, der es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen.
Der innere Zusammenhang ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der
Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht
(Bundessozialgericht - BSG -, Entscheidung vom 02.05.2001, Az.: B 2 U 18/00 R).
Der Kläger stand unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, als er im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit
am 18.04.1995 ein Möbelstück absetzte, indem er in die Hocke ging, sich nach dem Absetzen des Schrankes
wiederaufrichtete und hierbei eine Schädigung im rechten Kniegelenk erlitt. Dieser Vorgang stellt einen Unfall dar,
auch wenn eine äußere Einwirkung nicht gegeben ist.
Der Begriff des Unfalles ist in der RVO nicht bestimmt. Nach der in Rechtsprechung und Schrifttum im Wesentlichen
einhellig vertretenen Auffassung ist ein Unfall ein körperlich schädigendes, zeitlich begrenztes Ereignis (BSG, aaO.).
Soweit daneben zum Teil auch gefordert wird, das Ereignis müsse "von außen" auf den Menschen einwirken, soll
damit lediglich ausgedrückt werden, dass ein aus innerer Ursache, aus dem Menschen selbst kommendes Ereignis
nicht als Unfall anzusehen ist. Wesentlich für den Begriff des Unfalles sind hiernach ein (äußeres) Ereignis als
Ursache und eine Körperschädigung als Wirkung. Die Körperschädigung kann verursacht sein durch körperlich
gegenständliche Einwirkungen, aber auch durch geistig-seelische Einwirkungen in einem eng begrenzten Zeitraum
(aaO.). Um ein äußeres Ereignis bejahen zu können, reichen selbst körpereigene Bewegungen wie Heben, Schieben,
Laufen usw. aus, auch wenn sie gewohnt und üblich sind (Erlenkämper/Fichte, Sozialrecht, 4. Auflage 1999, S. 37 f.).
Jedoch handelt es sich nicht um einen Arbeitsunfall. Ein Unfall ist nämlich nur dann "infolge" einer versicherten
Tätigkeit eingetreten und somit als Arbeitsunfall anzuerkennen und zu entschädigen, wenn die berufliche Tätigkeit in
rechtlich wesentlicher Weise bei der Krankheitsentstehung mitgewirkt hat. Die Wertung als rechtlich wesentliche
Ursache erfordert hierbei nicht, dass der berufliche Faktor die alleinige oder überwiegende Bedingung ist. Haben
mehrere Ursachen (in medizinisch-naturwissenschaftlicher Hinsicht) gemeinsam zum Entstehen des Schadens
beigetragen, sind sie nebeneinander (Mit)Ursachen im Rechtssinne, wenn beide in ihrer Bedeutung und Tragweite
beim Eintritt des Erfolges wesentlich mitgewirkt haben. Der Begiff wesentlich ist nicht identisch mit den
Beschreibungen überwiegend, gleichwertig oder annähernd gleichwertig. Auch eine nicht annähernd gleichwertige,
sondern verhältnismäßig niedriger zu wertende Bedingung kann für den Erfolg wesentlich sein. Ein mitwirkender
Faktor ist nur dann rechtlich unwesentlich, wenn er von einer anderen Ursache ganz in den Hintergrund gedrängt wird.
Daher ist es zulässig, eine - rein naturwissenschaftlich betrachtet - nicht gleichwertige Ursache rechtlich als
wesentlich anzusehen, weil gerade und nur durch ihr Hinzutreten zu der anderen wesentlichen Ursache der Erfolg
eintreten konnte: letztere Ursache hat dann im Verhältnis zur ersteren keine überragende Bedeutung (Bereiter-
Hahn/Mehrtens, § 8 SGB VII, Rdnr. 8.2.3).
Darüber hinaus ist zu beachten, dass im Hinblick auf den Schutzzweck der gesetzlichen Unfallversicherung jeder
Versicherte in dem Gesundheitszustand geschützt ist, in dem er sich bei Aufnahme seiner Tätigkeit befindet, auch
wenn dieser Zustand eine größere Gefährdung begründet. Eingebunden sind alle im Unfallzeitpunkt bestehenden
Krankheiten, Anlagen, konstitutionell oder degenerativ bedingten Schwächen und Krankheitsdispositionen
(Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheiten, 6. Auflage, S. 81).
Dementsprechend darf eine Schadensanlage als allein wesentliche Ursache nur dann gewertet werden, wenn sie so
stark ausgeprägt und so leicht ansprechbar war, dass es zur Auslösung des akuten Krankheitsbildes keiner
besonderen, in ihrer Art unersetztlichen äußeren Einwirkung aus der versicherten Tätigkeit bedurft hat, sondern der
Gesundheitsschaden wahrscheinlich auch ohne diese Einwirkungen durch beliebig austauschbare Einwirkungen des
unversicherten Alltagslebens zu annähernd gleicher Zeit und in annähernd gleicher Schwere entstanden wäre (vgl.
Erlenkämper, Arbeitsunfall, Schadensanlage und Gelegenheitsursache, in SGb 1997, S. 355, 358, m. w. N.).
Vorliegend ist nicht abschließend geklärt, ob anlässlich des Ereignisses vom 18.04.1995 ein
Innenmeniskuskorbhenkelriss eintrat oder ob ein bereits abgerissener Teil des Innenmeniskus im Kniegelenk
eingeklemmt wurde. Jedoch kann dies dahinstehen, da auch dann, wenn davon ausgegangen wird, dass am
18.04.1995 ein Riss des Korbhenkels des Innenmeniskus eintrat, der geltend gemachte Anspruch nicht gegeben ist.
Ursächlich für die Schädigung des rechten Kniegelenkes bzw. den Innenmeniskuskorbhenkelriss waren (auch) die
zum Unfallzeitpunkt beim Kläger vorliegenden degenerativen Veränderungen im Kniegelenk. Dass diese
Veränderungen vorlagen, ergibt sich insbesondere aus dem Operationsbericht vom 02.05.1995. Das Gericht teilt
insoweit die Ansicht der befragten Gutachter, soweit diese das Vorliegen ausgeprägterer degenerativer Veränderungen
als nachgewiesen angesehen haben. Diese degenerativen Veränderungen, die sich über einen längeren Zeitraum
entwickeln, müssen auch schon am 18.04.1995 vorgelegen haben; sie sind i.S. eines Vollbeweises nachgewiesen.
Dass degenerative Veränderungen am Innenmeniskus des Klägers bereits am 18.04.1995 vorgelegen haben müssen,
ergibt sich auch daraus, dass ein gesunder Innenmeniskus bei dem beschriebenen Unfallereignis keine Schädigung
erlitten hätte. Das Gericht folgt auch insoweit den schlüssigen und überzeugenden Ausführungen der im Verfahren
gehörten Gutachter. Soweit zur Berufungsbegründung vorgetragen worden ist, es sei bei dem Unfallhergang auch eine
Verdrehung oder Verkippung des Kniegelenkes i.S. einer Verkantung von Ober- zu Unterschenkel mit einseitiger
Belastung denkbar, lässt sich den in den Akten vorhandenen Beschreibungen des Unfalles nichts derartiges
entnehmen. Der Kläger hat mehrfach gegenüber den behandelnden Ärzten bzw. Gutachtern und auch gegenüber der
Beklagten den Unfallhergang geschildert, ohne dass er eine Verdrehung des rechten Kniegelenkes angegeben hätte.
Auch ist nicht ersichtlich, wie beim Aufrichten aus der Hocke ohne zusätzlichen äußeren Anlass eine solche
Verdrehung erfolgen könnte.
Die beim Kläger am 18.04.1995 vorliegenden degenerativen Veränderungen im Kniegelenk des Klägers stellen die
rechtlich allein wesentliche Ursache für die Schädigung des rechten Kniegelenkes des Klägers dar. Die Schädigung
hätte sich auch ohne den Unfall vom 18.04.1995 zu ungefähr der gleichen Zeit und in annähernd gleicher Art und
Weise ereignet.
Das Gericht stützt sich insoweit insbesondere auf die schlüssigen und nachvollziehbaren Äußerungen in den
Gutachten von Dr. B ..., Dr. P ... und Dr. L ... Sämtliche Gutachter haben ausgeführt, dass es bei dem Ereignis vom
18.04.1995 nicht zu einer unphysiologischen Belastung des Kniegelenkes kam und dass bei lediglich physiologischer
Belastung eines Kniegelenkes ein gesunder Innenmeniskus nicht geschädigt werden kann. Dieser Einschätzung
schließt sich das Gericht nach eigener Prüfung an. Hieraus folgt, dass bei den vorliegenden degenerativen
Veränderungen es bei jeder anderen Tätigkeit zu einer Schädigung des Knies hätte kommen können. Damit ist -
unabhängig davon, ob am 18.04.1995 der Riss des Innenmeniskus eintrat oder lediglich ein bereits abgerissener Teil
im Kniegelenk einklemmte - der eingetretene Schaden jedenfalls nicht rechtlich wesentlich auf das Ereignis vom
18.04.1995 zurückzuführen.
Somit ist der Unfall nicht infolge der versicherten Tätigkeit eingetreten und kann nicht als Arbeitsunfall anerkannt
werden. Die berufliche Tätigkeit hat nicht in rechtlich wesentlicher Weise bei der Entstehung des Körperschadens
mitgewirkt. Damit kann der Innenmeniskuskorbhenkelriss nicht als Folge des Unfalles anerkennt werden; Leistungen
aufgrund des Unfalles hat die Beklagte nicht zu gewähren.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 160 Abs. 2
SGG.